DCG-Informationen 6/1970, Seite 41 - 43 Liebes Mitglied. Sie werden sicher darüber erstaunt sein, daß an dieser Stelle nicht - wie üblich - die Urbeschreibung eines Fisches steht. Dieser Umstand hat zwei Gründe: Zum einen trugen viele Mitglieder den Wunsch an uns heran, auf die Urbeschreibungen zu verzichten und stattdessen mehr Pflegeberichte zu bringen. Da die DCGInformation das Veröffentlichungsorgan der Mitglieder ist, muß nie sich folglich in ihrem Inhalt nach diesen richten. Zum anderen sind wir heute in der Lage, unseren Mitgliedern Urbeschreibungen aus unserer eigenen, selbst aufgebauten Literatursammlung zur Verfügung zu stellen. In Kürze wird in der DCG-Information als Beilage ein Verzeichnis der vereinseigenen Literatur erscheinen, das durch weitere Beilagen stets auf dem neuesten Stand gehalten werden wird. Nach dieser langatmigen Erklärung lassen Sie uns in medias res gehen und mit einem Pflegebericht beginnen! TILAPIA LEUCOSTICTA TREWAVAS 1933 Ein Beitrag von Jochen Paulo Tilapia leucosticta ist ein Spezialist par cxcellence! Unser wertes Mitglied, Thys van den Audenaerde, teilt die Gattung Tilapia in 77 Arten ein, von denen eine Reihe wiederum in Unterarten unterteilt wird. Tilapia leucosticta stellt er in eine Gruppe, die den Namen Sarotherodon trägt. Diese Gruppe teilt er in zehn Untergattungen ein. Über die Untergattung III/G schreibt er: „Eine Gruppe von allopatrischen Tilapiaarten, wahrscheinlich nahe verwandt mit der Untergattung Oreochromis Günther 1894 (III/F) oder vielleicht auch mit Tilapia nilotica (III/II)." DCG-Informationen 6/1970, Seite 41 - 43 In die Gruppe III/G stellt er noch die beiden Arten Tilapia aurea (Steindachner 1864) mit den Unterarten Tilapia aurea aurea (Steindachner 1864) und Tilapia aurea exsul Steinitz 1951 und Tilapia esculenta Graham 1928. Als Vorkommen wird vor allem immer wieder Uganda genannt. Einzelne Fundstellen sind der Albertsee, der Eduardsee, der Viktoriasee mit seinen Zuflüssen, der Naivashasee (100 km östlich des Viktoriasees) sowie die östlichen Flüsse in Kenia. In der Literatur wird Tilapia leucosticta fast ausschließlich als Speisefisch behandelt. Wickler erwähnt sie in seiner Arbeit über die Funktion von männlichen Eiattrappen. Ernährung: Tilapia leucosticta ist Vegetarier, für den Aquarianer allerdings nicht im unangenehmen Sinn. Sie nimmt neben Detritus und Aufwuchs (Abraspeln von veralgten Gegenständen) vor allem Phytoplankton auf. Dies geschieht auf die Weise, daß die Tiere kräftig schnappend umherschwimmen und die Schwebealgen mit den Kiemenreusen aus dem Atemwasser herausfiltern. Dieses Verhalten zeigen sie auch beim Fressen von heruntersinkendem Trockenfutter. Vermehrung: Die Tiere sind Maulbrüter; das wesentlich kleinere Weibchen trägt die Eier. Aquaristisches Beckengröße: Absolutes Minimum: 100 x 40 cm Grundfläche. Da die Tiere schon in einer sehr geringen Größe (sechs cm) fortpflanzungsfähig sind, ist diese Beckengröße ausreichend. Männchen können über 20 cm, Weibchen bis zu 16 cm lang werden. Dies ist allerdings nur in weitaus größeren Becken möglich. DCG-Informationen 6/1970, Seite 41 - 43 Einrichtung des Reckens: Man sollte zu reichlicher Dekoration mit Steinen und Wurzeln greifen, damit die Tiere, ihrer Ernährungsart entsprechend, Algenrasen zum Abweiden vorfinden. Bepflanzt kann ohne Beschränkungen werden. Großflächige Pflanzenblätter (z. B. Echinodorus grandiflorus, fälschlicherweise oft Echinodorus radicans genannt) können allerdings durch das Abschaben von Algenaufwuchs beschädigt werden. Steine werden auch als Laichsubstrat gebraucht. Wasserbeschaffenheit: Völlig ohne Bedeutung! Tilapia leucosticta ist wohl mit einer der anpassungsfähigsten Fische. Umsetzen in Becken mit völlig anderem Wasser und extrem anderer Temperatur wird überhaupt nicht beachtet. Die übliche Reaktion von umgesetzten Fischen bleibt aus. Wasserhärte beliebig, pH-Wert zwischen 5 und 8, Temperatur möglichst nicht unter 20 C, sie kann jedoch auf 35 C ansteigen. Heftiges Atmen bei ruhelosem Umherschwimmen ist keine Reaktion auf die Temperatur, sondern Freßgewohnheit! Besatz eines Artenbeckens: Da die Männchen sich nach dem Laichakt nicht mehr um die Weibehen kümmern, sollte man einige Weibchen auf ein Männchen rechnen. Will man mehrere Männchen pflegen. muß das Becken ein Mehrfaches der angegebenen Mindestgröße enthalten. Vergesellschaftung mit anderen Tieren: Tilapia leucosticta ist recht friedlich. Vergesellschaftung selbst mit kleinen Fischen möglich. Futter: Die Tiere fressen alles. Angefangen vom kleinsten Cyclops über Wasserflöhe und Tubifex bis hin zu großen Regenwürmern wird alles Lebendfutter genommen, ebenso wie sie auch Kunstfutter gern annehmen. Wichtig ist allerdings die DCG-Informationen 6/1970, Seite 41 - 43 Zufütterung pflanzlicher Nahrung oder pflanzlichen Kunstfutters. Laichverhalten: Erstes Zeichen der beginnenden Laichreife ist das Erscheinen der Genitalpapille beim Weibchen. Nach einer kurzen Führungsbalz des Männchens, die sich in heftig wedelnder Schwimmweise bemerkbar macht, folgt das Weibchen recht schnell an den Laichplatz, wo es mit dem Putzen beginnt. Nach einigen Scheinpaarungen, bei denen die längere Genitalpapille des Männchens voll zum Vorschein kommt, beginnt dieses. zähflüssiges Sperma abzugeben. Das Weibchen nimmt erst das Sperma auf, indem es an der zur Eiattrappe verdickten Genitalpapille lutscht. Allmählich beginnt es auch zu laichen, wobei mehr als 100 Eier abgesetzt und nach jeder einzelnen Laichabgabe ins Maul aufgenommen werden. Das Weibchen ist nach dem Laichen auf sich allein gestellt und wird vom Männchen nicht mehr verteidigt. Die Zeit bis zum Freischwimmen der Jungen dürfte über 20 Tage dauern. Während des Tragens der Eier frißt das Weibchen. Färbung: Abgesehen von der Laichzeit sind die Tiere graugrün gefärbt. Typisch für die Art leucosticta sind die weißlichen Flecken oberhalb der Analgegend sowie die weißlichen, wulstigen Lippen.