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Herodes Atticus
Stella Wenger
[email protected]
Archäologie
© by www.schulnotizen.ch
Einführung
Ich möchte als erstes mit einer kurzen Einleitung über die zwei Odeien beginnen.
Danach möchte ich euch die Problematik der Verwendung des Begriffes „Odeion“
präsentieren und schliesslich über die architektonischen Begriffe, die man für die
Beschreibung eines Theaters benutzt zu sprechen kommen.
Die zwei Theaterstiftungen des Herodes Atticus, in Athen und Korinth, unterscheiden
sich grundsätzlich voneinander: Im ersten Fall handelt es sich um die Konstruktion
eines neuen Gebäudes. Das heisst, der Auftraggeber nahm Einfluss auf den
Bauentwurf als Gesamtkomplex, auf die Wahl des Bauplatzes und somit auf die
Ansiedlung im urbanistischen Kontext. Im zweiten Fall handelt es sich um eine
restaurative Massnahme, die den Ideen des Stifters durch die vorgegebenen
Strukturen Grenzen setzt. Doch obwohl beide Euergesien/Stiftungen sich somit
voneinander Unterscheiden, werden wir sehen, dass man auch Gemeinsamkeiten
erkennt, die die Zielsetzungen und die intendierte Aussage beider Bauentwürfe
betreffen.
Man muss hinzufügen, dass das Stiftungsobjekt „Theater“, zur Zeit des Herodes
Atticus eine Art Mode der Selbstdarstellung entspricht, wie wir es mit weiteren
Theaterstiftungen der antoninischen Zeit sehen werden.
Terminologische Problematik: Odeon (lateinisch odeum, griechisch odeion):
Bezeichnung (Bieber) für einen antiken griechischen überdachten Theater- oder
Konzertsaalbau mit ursprünglich quadratischen Grundriss für musikalische
Aufführungen. Seit dem Hellenismus haben die Odeien einen halbrunden
Zuschauerraum und ein Podium. Auch Meinel zitiert als Identifikationskriterium die
völlige Überdachung des Zuschauerraums. Doch diese Beschreibung trifft für die
Odeien von Athen und Korinth nicht zu, da die Existenz einer völligen Überdachung
oft bezweifelt wird, wie wir es später noch genauer sehen werden.
Der Begriff „Odeion“ wird also trotz seiner fragwürdigen Identifikationskriterien noch
häufig für die Theaterbauten des Herodes Atticus verwendet.
Und jetzt einige architektonische Begriffe:
Proskenion = Stützenhalle mit drei Türen für Schauspielerauftritte. Bühne.
Orchestra = Spielfläche. Chor.
Prohedria = Sitzreihe mit Ehrensesseln.
Parodoi = seitliche Eingänge für die Zuschauer.
Koilon = (lat. Cavea) Zuschauerraum.
Diazoma = eine Art Gürtelring, Gang zwischen den Sitzreihen.
Cunei (lat.) = Sitzreihen zwischen zwei Treppen.
In Griechenland besass das Theater anfangs eine Holztribüne und später wurde das
Koilon in einer Hangmulde integriert, im Gegensatz zum römischen Imperium, wo
das Theater nicht in der Natur eingebettet ist, sondern ein frei stehender städtischer
Bau entspricht, mit hochgemauerten Sitzreihen, die von zahlreichen Eingängen in
der Aussenmauer über Treppen zu erreichen sind. Bestes Beispiel dafür ist das
Colosseum (1. Jh. n. Chr.).
Doch wie wir sehen werden, gibt es auch Mischungen.
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Das Theater von Athen
Pausanias erwähnt das Odeion von Athen im Zusammenhang mit der Beschreibung
des Odeions von Patras. Ich zitiere „…“. Und wie Pausanias, betont auch Philostrat
in Herodes Biographie, die aussergewöhnliche Grösse und Ausstattung des
Odeions. Philostrat gibt und sogar sehr detaillierte Informationen über das kostbare
Baumaterial. Ausserdem deuten beide Schriftsteller darauf hin, dass Herodes das
Odeion zu Ehren seiner verstorbenen Frau bauen liess. Somit kann man behaupten,
dass der Bau zwei Adressaten hatte: Zum einen unmittelbar die Öffentlichkeit
Athens, zum anderen die verstorbene Ehefrau Regilla, der durch die Stiftung
eindrucksvoll gehuldigt wird. Diese Symbolik werde ich später nochmals aufgreifen.
Nach den Berichten von Pausanias und Philostrat zu entnehmen, soll der Bau für
den zeitgenössischen Betrachter nicht nur eine regionale Besonderheit gewesen
sein, sondern muss wohl im gesamten Imperium auf sich aufmerksam gemacht
haben. Das Gebäude ist mit dem Stadion das wichtigste Gebäude, dass Herodes
Atticus errichten liess.
Die ersten Ausgrabungen am Odeion von Athen wurden erstmals 1848 von
griechischen Archäologen durchgeführt und wurden bis um 1877 weitergeführt.
Wie Graindor nachgewiesen hat, besteht das Theater aus einer Mischung von
römischen und griechischen Elementen. Die topographische Nutzung ist typisch
griechisch, während die halbrunde Cavea ein römisches Charakteristikum darstellt.
Daher können wir zwei beabsichtigte Punkte erkennen:
- Ein bewusstes Aufgreifen antiker Vorbilder.
- Und eine moderne, zeitgenössische Bauweise.
Das Theater des Herodes Atticus liegt am Südabhang des Akropolisfelsens,
unterhalb der Terrasse die den Niketempel trägt. Es steht mit dem offenen DionysosTheater durch die Stoa des Eumenes in baulicher Verbindung. Derart in den
Akropolisfelsen integriert, wirkt das Monument von aussen organisch mit der
Landschaft verbunden.
Grundriss und Bau
Das Theater ist Nord-Süd orientiert, das heisst, der Bühnenkomplex befindet sich auf
der Südseite. Dem halbrunden Zuschauerraum war eine rechteckige Bühne
vorgelagert. Der Durchmesser der Cavea beträgt (mit Aussenmauern) ca. 81 m. (76
m?). Das Bühnengebäude hat eine Länge von etwa 92 m und eine Tiefe von über 20
m.
Wie schon erwähnt, Wurde die Lage am Hang des Akropolisfelsens für das
ansteigende Sitzhaus benutzt, daher gibt es keine Konstruktion unterhalb der
Sitzreihen. Der Zuschauerraum ist durch eine mittlere Diazoma in eine untere und
eine obere Cavea unterteilt. Die untere Cavea ist durch sechs Treppenaufgänge in
fünf Sitzkeile getrennt und die obere Cavea durch elf Treppen in zehn Sitzsegmente.
Die unterste Sitzreihe ist mit einer Rückenlehne und einer zur Orchestra hin
vorgesetzten Fussschwelle ausgestattet (Prohedria). Die letzte Reihe besitzt
ebenfalls eine Rückenlehne, und sie konnte entsprechend auch als Prohedria
dienen. Zu den Treppenaufgängen hin besassen die Sitzbänke Armlehnen und als
Schmuck ihrer Basen zu Löwenklauen ausgeformte Füsse.
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Einige Archäologen vermuten, dass sich am oberen Rand der Cavea eine
Säulenreihe mit Porticus befand. Diese Hypothese bleibt jedoch umstritten.
Das Problem des Publikumsverkehrs ist allein durch die Parodoi und die
Treppenhäuser nicht zu bewältigen. Möglicherweise gab es auch Zugänge auf der
Rückseite des Gebäudes, dies ist jedoch nicht nachzuweisen.
Laut Meinel besass das Theater eine Kapazität von knapp 4800 Sitzplätzen.
Die Gestaltung der Aussenfassade entspringt der römischen Tradition. So greift
Herodes Atticus auf Strukturen zurück, die sich schon beim Theater von Aosta und
bei der Theaterarchitektur des kleinasiatischen Raumes in antoninischer Zeit
nachweisen lassen, z. B. Aspendos, oder Ephesos; das heisst, ein kräftiges
Aussenbau, die Verwendung von grossen Quaderblöcken und Pfeilerverstärkungen.
Dennoch hat man den Eindruck, dass Herodes Atticus vermeiden will, dass die
zeitgenössischen Techniken seinen intendierten Traditionsbezug, den er sowohl
durch den Standort als auch durch die Verwendung des Baumaterials unterstrich,
verdecken.
Die Orchestra hat einen Radius von ca. 9,50 m und einen Bodenbelag aus
quadratischen Platten, abwechselnd aus weissem und graublauem Marmor. Die
Marmorpflasterung der Orchestra gehört zu den kostbaren Ausstattungselementen
damaliger Theaterbauten und wurde auch in den Theatern von Nysa, Troia, Cesare
maritima, Nikopolis, Argos oder Epidauros freigelegt. Unter der Orchestra befindet
sich ein komplexes Abflusssystem.
Der Zugang zur Orchestra wurde durch überwölbte Parodoi hergestellt. Die Parodoi
verlaufen in einer Länge von ca. 16 m, und einer Breite von 3 m.
Die Scaenae frons (Rückwand, Proskenion auf Griechisch) war mehrstöckig und
massiv gebaut, mit Strebepfeiler bis ins 2. Stockwerk. Die Hypothesen der
Archäologen schwanken zwischen 3 oder 4 Stockwerke. Archäologen der Mitte des
18. Jhs., Stuart und Revett, wollen Reste eines 4. Stockwerkes gesehen haben. Und
Meinel rechnet ebenfalls mit einer 4-geschossigen Buhnenrückwand. Dafür gibt es
aber heute keine Beweise mehr. Mehrere Nischen an der Bühnenrückwand
enthielten möglicherweise Statuen der kaiserlichen Familie und der Verwandten des
Herodes Atticus. Einige Nischen enden muschelförmig in einer Halbkuppel, und
andere, rechteckige, sind durch Rundbögen abgeschlossen. Laut Graindor befanden
sich in den vier rechteckigen Nischen Bildnisse Herodes Atticus selbst, seiner Frau
Regilla und seiner beiden Söhne, Bradua und Regillus. In den Rundnischen rechts
und links der Haupttür standen die Statuen von Marc Aurel und Lucius Verus
(Parallel zur Ausstattung des Nympheions in Olympia). Die Ausgrabungen brachten
eine Statue ans Licht, die eine männliche Figur nach dem bekannten Typus der
griechischen Mantelstatuen darstellt. Mehrere andere Statuenfragmente wurden im
Bereich der Bühne freigelegt.
Die Bühnenrückwand ist durch Säulen und Pilaster gegliedert.
Der Holzboden der Bühne ruhte auf insgesamt 33 Querbalken. Bei der Ausgrabung
konnten jedoch vom Holzboden keine Spuren entdeckt werden. Mangels jeglicher
Funde ist die ursprüngliche Ausstattung der Bühne nicht mehr mit Sicherheit
festzustellen. Doch neun Vertiefungen entlang der Balustrade weisen
möglicherweise auf ein raffiniertes Vorhangsystem hin, das die Szene vor Beginn des
Stückes vor dem Blick der Zuschauer verbarg. Dies ist also ein möglicher Beweis für
die theatralische Funktion des Baus.
Die Hinterbühne an der Rückseite der Scaenae frons ist bewölbt. Ist besteht aus
einen lang gestreckten Saal von nahezu 10 m Höhe, der mit der Bühne durch die
drei Durchgänge in der Scaenae frons verbunden war.
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Die Überdachung des Gebäudes ist in der Literatur mehrfach belegt. Philostrat, zum
Beispiel, nennt das Baumaterial aus dem die Überdachung gemacht wurde
(Zedernholz). Jedoch zweifeln einige Archäologen an der Existenz einer
Überdachung, da sie aus technischen Gründen in der römischen Zeit wohl noch nicht
realisierbar war. Die hypothetische Überdachung wird oft auf die Bühne beschränkt.
Laut Meinel steht die ursprüngliche Überdachung nicht in Frage. Doch in Frage steht
lediglich, auf welche Weise es den römischen Ingenieuren gelungen ist, die
Probleme zu lösen, die die Überdachung von Spannweiten, wie sie im Odeion des
Herodes Atticus vorhanden waren, aufzugeben.
Zwischen dem Odeion und dem Dionysos-Theater (4. Jh. v. Chr.) befinden sich die
Reste einer ursprünglich 2-geschossigen Säulenhalle, die Eumenes II von Pergamon
errichten liess. Die Stoa ist 163 m lang und ca. 17 m breit. Sie schliesst im Westen
direkt an dem östlichen Treppenhausflügel des Odeions an. Zur Zeit des Herodes
Atticus diente sie womöglich als Schutz gegen plötzlichen Regen oder als Abkühlung
gegen die starke Sonne.
Die Datierung des Baus schwankt zwischen der 2. Hälfte des 2. Jhs, das Ende des 2.
Jhs oder sogar Anfang des 3. Jhs. Regilla, die Ehefrau des Herodes Atticus ist um
160 n. Chr. Gestorben und einige Archäologen vermuten, dass Herodes das Theater
schon kurz nach ihrem Tod bauen liess. Doch Meinel schätzt die Bauzeit erst
während der zweiten Hälfte der sechziger Jahre des 2. Jh. ein, das heisst, zwischen
165 und 170.
Stiftung von Herodes Atticus
Der charakteristische Zug der Stiftung liegt auf jeden Fall in der Wahl der oben
erläuterten architektonischen Lösungen, die, wie schon erwähnt, eine Mischung aus
griechischen und römischen Elementen verkörpert.
Das Areal zwischen dem Dionysos-Theater und dem Bau von Herodes Atticus, vor
dem Hintergrund des Peripatos und des Akropolisfelsens, zeichnet sich vor allem
durch die Gegenwart einiger Sakralbezirke aus. Unterhalb des Herodes-Theaters war
wahrscheinlich ein Nymphenheiligtum errichtet, das erste durch Ausgrabungen im
Jahre 1955 gegenüber der Südfassade des Herodes-Baus bekannt wurde. Zum
Nymphenheiligtum gibt es noch keine exakten Studien. Aber die Errichtung des
Theaterbaus des Herodes Atticus scheint mit der Zerstörung dieser bedeutenden
Sakralstätte zusammenzuhängen. In diesem Sinne erscheint Herodes’ Bau bewusst
eingebettet in ein komplettes sakrales Gesamtareal, und es gewinnt fast den
Charakter eines Heroons. Galli behauptet, dass die Gedenkstätte die Person Regillas
in der Erinnerung der Öffentlichkeit als Gottheit verankert und stiftet so die
Verbindung zu den mythischen Vorgängern.
Da das Theater am äussersten Rand des Akropolisfelsens lag und zudem die sehr
individuelle Handschrift des Stifters trug, stellt sich die Frage, wie es Herodes Atticus
dennoch gelang, das Gebäude an die vorgefundenen Bauanlagen anzubinden. Auch
den Peripatosweg, die älteste Strasse Athens und bevorzugter Begegnungsraum für
Philosophen, benutzt Herodes Atticus um einen weiteren Zugang zu seinem
imposanten Theaterbau zu schaffen. Die Umleitung des Peripatos bleibt nicht ohne
Konsequenzen: Nicht nur, dass der Peripatos seine Funktion als Hauptverkehrsader
und als Fahrweg verlor, sondern dass die Stiftung das Herodes Atticus zum End- und
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Höhepunkt des Wegverlaufs avanciert. Das Theater wird zur letzten Station einer
Strecke, die einem Prozessionsweg gleich den Zuschauer von Osten über das
Theater des Dionysos an zahlreichen antiken Kultstätten vorbeiführt, bis sie endlich
zum eindrucksvollen Ehrenmal der Regilla gelangte.
Vergleiche
Das Dionysos-Theater, ebenfalls am Südhang der Akropolis kann als Vorbild für den
Bau des Herodes Atticus genommen werden. Und damit wird die gesuchte räumliche
Nähe Herodes zur ältesten Theaterstätte Athens deutlich. Er suchte eine Kontinuität
der Tradition. Zur Zeit der Antoninen erfährt das Dionysos-Theater eine
Veränderung: die Orchestra wird vom Zuschauerraum durch eine Art Balustrade
abgegrenzt. Dieser Eingriff in der Baustruktur zeugt von einer Anpassung an den
Erfordernissen der Zeit, denn er steht in direktem Bezug zu der in römischer Zeit neu
aufgekommenen Funktion des Baus als Austragungsort der immer populärer
werdenden Gladiatorenspiele. Auch die Räume hinter der Bühne werden verändert:
sie dienen nicht mehr nur als Durchgangsräume, sondern auch als Möglichkeit zur
kommunikativen Bewegung und zum Aufenthalt. Diese baulichen Umgestaltungen
bringen Spezifikationen mit sich. In seiner jahrhundertelangen Baugeschichte
durchlief der Bau zahlreiche Veränderungen, doch das Gebäude verlor nie seinen
ursprünglichen Charakter. Wie im Theater von Athen, findet man auch hier diese
Dialektik zwischen Tradition und Moderne.
Das Theater von Korinth
Philostrat schreibt, dass Herodes Atticus den Korinthern ein überdachtes Theater
baute, das an Pracht nur noch von dem übertroffen wurde, welches er den Athenern
baute. Während Philostrat beide Odeien erwähnt und vergleicht, die Herodes Atticus
bauen liess, und auch den Bauherrn namentlich nennt, erscheint der Name des
Herodes Atticus im Zusammenhang mit dem Korinther Theater bei Pausanias nicht.
Gegen 1907 hat die amerikanische Ausgrabungsschule versucht, auf Grund der
Beschreibungen des Pausanias, die Lage des Odeions festzustellen. Pausanias
selber besichtigte die Stadt um 155 n. Chr. Die römische Kolonie war damals die
Hauptstadt der Provinz Achaïe.
Das Gebäude liegt nach Norden ausgerichtet am Hang der Erhebung, die vom
Apollontempel bekrönt wird, zwischen dem Brunnenhaus der Glauke und dem
grösseren offenen Theater. Mit dem offenen Theater stand das Odeion durch einen
Vorhof in baulichem Zusammenhang. Die Lage der zusammenhängenden Gebäude
ähnelt derjenigen von Athen, wo Herodes ebenfalls zwei Theater miteinander
verbunden hat.
Der gründliche Umbau des Odeions auf Kosten des Atheners Herodes Atticus fand
nicht lange vor dessen Ableben statt, wahrscheinlich gegen oder nach 175 n. Chr.,
jedenfalls vor 178 n. Chr., dem Todesjahr des Herodes.
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Baugeschichte
Der Archäologe Oskar Broneer unterscheidet für das Theater von Korinth drei
Bauphasen:
1) Die erste nennt er Poros-Phase. Sie entspricht dem Bau des ersten Theaters,
datiert um den Anfang des 1. Jhs.
2) Die zweite Phase entspricht der Bautätigkeit des Herodes Atticus. Diese
Phase endet mit einem Brand, ungefähr 50 Jahre nach Herodes Umbau. Die
zweite Bauphase, auch Marmorphase genannt, bildet also eine
Neugestaltung: Herodes Atticus ordnete eine Marmorverkleidung für die
Sitzreihen und die Wände, die Errichtung einer neuen Scaenae frons mit
Verwendung des opus sectile, die Marmorpflasterung der Orchestra und die
Anbringung qualitätvoller Mosaiken.
3) Der Umbau des Theaters in einer Arena stellt die dritte Bauphase dar. Die
Änderungen fanden um 225 n. Chr. statt. Bei der Ausweitung der Orchestra
zur Arena wurde die Bühne beseitigt und der Kampf-Platz bis direkt an die
Scaenae frons ausgedehnt. Die untersten Sitzreihen wurden ebenfalls
beseitigt, um mehr Platz für den Kampf zu schaffen.
Grundriss und Bau
Die Fassade beträgt eine Länge von ca. 64 m. In ihrer Mitte befindet sich ein Porticus
von einer Breite von 2, 65 m. Hinter der Fassade verläuft ein langer Flur, dessen
Überwölbung von Mosaiken beschmückt ist. Im Westen und im Osten befinden sich
zwei Flügeln von je drei Räume. Der Bühnenkomplex hat eine Länge von ca. 63 m
für etwa 15 m Breite. Die Cavea bildet weniger als die Hälfte eines Kreises, und die
Sitzreihen sind zum Teil im Hang integriert, wie auch im Theater von Athen. Doch in
Korinth waren auch einige Substruktionen für die Anlage der Sitzreihen notwendig.
Der untere Teil der Cavea wurde durch drei Treppen in vier Cunei geteilt. Was
Aussehen und Anlage des mittleren Umganges und der oberen Cavea betrifft, so
können bei fehlenden Resten nur Vermutungen angestellt werden.
Nach Broneers Einschätzungen bot die Cavea insgesamt etwa für 3000 Zuschauern
Platz.
Nach Meinel war das Gebäude zweifellos vollständig überdacht, doch in Korinth,
noch mehr als in Athen, wird die völlige Überdachung von den Archäologen stark
bezweifelt denn die archäologischen Funde kaum Anlass für eine solche Annahme
geben. Meinels Theorie beruht auf die Tatsache, dass als brennbares Material,
während dem Brand nach dem Umbau des Herodes Atticus, nur ein hölzerner
Dachstuhl in Frage kommt, um solche verheerende Schäden anzurichten.
Die absichtsvolle Ausweitung der Stiftungstätigkeit auf das umliegende Areal des
Theaters in Korinth lässt sich durch die Resultate der amerikanischen Ausgrabungen
weiter konkretisieren: Bei den amerikanischen Untersuchungen wurden an der
Nordseite des Theaters Baureste freigelegt, die die Rekonstruktion eines grosszügig
dimensionierten trapezförmigen Hofes erlauben.
Dieser Hof ist ein geschlossenes Peristyl, von Prunkräumen flankiert und mit
Marmorplatten gepflastert. Es ist auf drei Seiten durch Säulenreihen eingefasst. Die
vierte Seite wurde durch die nördliche Aussenwand des eigentlichen Theaterbaus
gebildet. Durch die Neuerrichtung des Peristylshofes schafft Herodes Atticus eine
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bauliche Verbindung zwischen seinem renovierten kleinen Theater und dem
benachbarten, aus klassischer Zeit stammenden Theater.
Wichtig für die Datierung des Baus, sind vor allem Münzen die während den
Ausgrabungen freigelegt wurden und die ein terminus post quem für die
Arenaperiode liefern. Genauere Daten habe ich leider nicht gefunden.
Funktion
Es scheint bei der Bewertung der von Herodes Atticus gestifteten Restrukturierung
des Theaters in Korinth viel dafür zu sprechen, dass die Umgestaltung darauf
abzielte, die Stadt mit einem exklusiveren öffentlichen Raum für die Versammlung
einer sich intellektuell deutlich profilierenden Elite zu versehen.
Ein Hinweis auf die spezifische Gestaltung der Hofanlage und ihre Funktion
innerhalb
des
von
Herodes
Atticus
angestrebten
kultischen
Bedeutungszusammenhangs, der auch seine Restrukturierung des Südtheaters
bestimmte, ist der Fund einer Panzerstatue des Kaisers Hadrian, die eine
unmittelbare Verbindung der Stiftungen des Herodes Atticus mit einer postumen
Verehrung des panhellenischen Kaisers herstellt. (Leider habe davon keine Bilder).
Die Rekonstruktion des gesamten Areals macht deutlich, wie sehr man bei der
Analyse des Korinther Theaters im Hinblick auf eine solche Deutung den
urbanistischen Kontext beachten muss. Pausanias hebt hervor, dass das von
Herodes Atticus renovierte Theater in unmittelbarer Nähe des Grabmonuments der
„Kinder der Medeia“ lag. Dieses Denkmal nimmt eine zentrale Position in der
mythologischen Historie der Stadt ein und markiert eine Station der jährlichen
Festzüge und Opferrituale zum Gedenken an deren Schicksal. Von daher kann die
Wahl des Theaterbaus als Stiftungsobjekt des Herodes Atticus nur eine bewusste
und intentionale gewesen sein.
Vergleiche
Die Gestaltung der Bühne des Theaters von Korinth lässt sich mit derjenigen vom
athenischen Agrippeion vergleichen. Das von Agrippa gestiftete Gebäude ist anhand
schriftlicher Quellen und archäologischer Untersuchungen auf 13 oder 14 v. Chr. zu
datieren.
Wir haben gesehen, dass während der dritten Bauphase, die Bühne entfernt wurde
und dass daher die genaue Rekonstruktion des Bereiches hypothetisch bleibt.
Dennoch weisen die Reste auf ein hohes Niveau des Baudekors. Die ehemalige
Bühnensituation ist als eine Art offener Porticus zu rekonstruieren, die in funktionaler
Hinsicht gleichzeitig ein Podium und eine „Passage“ zwischen Zuschauerraum und
den hinter den Bühnen gelegen Räume bildete. Diese Gestaltungsprinzipien findet
man ebenfalls am Agrippeion. Auch dort wurde der ehemalige Bühnenraum in eine
Art offene Porticus verwandelt, und eine zusätzliche Begegnungsstätte schafft.
Meinel weist, um seine Theorie des überdachten Theaters von Korinth zu bestätigen,
auf die besser erhaltenen Odeien von Patras und Aphrodisias, die Auskunft über die
Art der Überdachung geben können. Bei beiden Bauten sind die halbrunden
Aussenmauern gegenüber der Scaenae frons durch Pilaster verstärkt. Ihre Funktion
war es nicht allein, die Aussenmauern zu stützen, sondern sie dienten offensichtlich
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auch und vor allen Dingen als Auflage für lange Spannbalken, die zu
Hängewerksbindern ergänzt, die Entfernung zwischen Scaenae frons und
Aussenmauer überbrückten.
Theater der antoninischen Zeit
Die Antoninen: Name einer Dynastie von sieben römischen Kaisern die nach den
Flaviens zwischen 96 und 192 regierten. (Nerva, Trajan, Hadrien – 76/138 –,
Antonin le Pieux, Marc Aurèle, Lucius Verus, Commode)
Um den besonderen Charakter der beiden herodischen Stiftungen bestimmen zu
können, ist es hilfreich, die Stellung der beiden Theaterbauten im Vergleich mit
ähnlichen Stiftungsprojekten derselben Zeit zu erarbeiten und die Stiftung im
Verhältnis zum kanonisierten Formenrepertoire, aus dem die Stifter gemäss ihren
Zielen auswählten, zu betrachten.
Als Beispiele für private Stiftungen kleinerer Versammlungsräume lassen sich einige
Theaterbauten Kleinasiens nennen, wie zum Beispiel Nysa und Iasos. Die sorgfältige
und aufwendige Ausführung dieser Bauten ist ein deutlicher Hinweis auf die
Wichtigkeit der Stiftung.
Sextus Iulius Maior Antonius Pythodorus stiftete seiner Heimatstadt Nysa am
Mäander ein Theater. Die architektonische und statuarische Ausstattung ist prunkvoll
inszeniert. Das Theater zeigt einen quadratischen Grundriss und eine Orchestra die
deutlich vom Zuschauerraum getrennt ist. Laut epigraphischen Quellen wurde das
Theater auf den testamentarischen Wunsch der Mutter des Antonius Pythodorus
gebaut. Hier tretet ebenfalls in den Vordergrund den Verweis auf die gestorbene
Mutter hervor. Es gibt also auch ein Parallel mit dem herodischen Theater in Athen
als postumes Ehrenmal für die verstorbene Ehegattin Regilla.
Das Bouleuterion (städtischer Versammlungsraum, Rathaus der griechischen und
hellenistischen Antike) von Iasos entstand kurz vor dem Theater von Nysa, das
heisst, um 136 n. Chr. Auch hier ist der Grundriss quadratisch. Ein Ambulacrum,
bildet die Substruktion des Zuschauerraums. Während dies als typisches Element
römischer Architekturformen erfasst werden kann, zeigt die Gestaltung der Orchestra
einen Rückgriff auf die griechische Tradition. Gegenüber den Beispielen aus der
früheren Kaiserzeit, werden die qualitativen Werte der Bauten von Nysa und Iasos
besonders durch eine reiche Bauornamentik erheblich gesteigert.
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Schlusswort
Die wichtigsten Punkte für den Theaterbau in Athen sind:
- die Dialektik des Traditionskontinuums und der Zeitgenossenschaft des
Bauentwurfs.
- Die Einbeziehung der Eumenesstoa und des Peripatos in der Konstruktion, die
dem Zugang zum Theater einen rituellen Charakter verleihen.
Und für Korinth:
- Die Einbettung des Gebäudes in einem sakralen Bereich.
- Die Gestaltung des Bühnenkomplexes als Versammlungsort.
Der Hauptgrund für Herodes Atticus’ Stiftungen besteht darin, dass er nicht
vergessen werden wollte und dafür setzte er lieber auf Baustiftungen als auf seine
sophistischen Schriften. Graindor vermutet, dass er sogar vielleicht versuchte, sich
mit dem Kaiser Hadrian zu messen.
Zum Schluss ist noch wichtig zu erwähnen, dass die zwei Theaterstiftungen nicht
ohne Grund Odeien waren. Herodes Atticus war Sophist und wollte vor allem
Versammlungsräume für Ansprachen stiften, deswegen auch die Wahl der Odeien
anstelle von offenen Theatern.
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