Pontius Pilatus - Kirche

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Pontius Pilatus
Menschen der Bibel
Dass über 2000 Jahre hinweg fast jedermann seinen Namen kennt, verdankt Pontius Pilatus nicht sich selbst. Er war
einer dieser römischen Politiker, die ihrem Kaiser zu Gefallen waren und dafür auf einige Jahre eine gute Pfründe
erhielten, die sie reich werden ließ, so dass sie den Rest ihres Lebens sorglos genießen konnten. Kaiser Tiberius, der
Nachfolger des großen Augustus, regierte von 14–37 n.Chr. das Weltreich der Römer. Hatte Augustus sich an Herodes d.Gr. gehalten, um die unruhige Provinz der Juden im Zaum zu halten, entschied sich Tiberius, weite Teile des
Landes unter unmittelbare römische Verwaltung zu stellen. Dazu ernannte er einen Statthalter, der im Namen des
Kaisers für Ordnung, Steuern und Gehorsam zu sorgen hatte. In den Jahren 26 bis 36 n.Chr. war dieser Prokurator
in Judäa und Samaria der Römer Pontius Pilatus. Nur in Galiläa und um den See Genezareth herum behält ein Sohn
des großen Herodes, Herodes Antipas, einen winzigen Herrschaftsbezirk von Roms Gnaden.
Pontius Pilatus geht forsch an die Arbeit. SeineSoldaten zeigen allen Juden unmissverständlich, wer jetzt das Sagen hat. Er selber nimmt die Paläste des Herodes in Besitz und scheut sich auch nicht, über den Tempelschatz für
kommunale Zwecke rücksichtslos zu verfügen. Schnell hat er in alle nur möglichen Fettnäpfe getreten und sich im
Lande unmöglich gemacht. Einflussreiche Juden, wohl auch der junge Herodes Antipas, haben dem Kaiser ihre Sorgen
schriftlich vorgetragen. Der Kaiser pfeift den Heißsporn zurück, ohne ihn abzusetzen. Aber seine Stellung wackelt.
Da schleppen im Jahre 30 n.Chr. die Juden kurz vor ihrem Passahfest vor seinen Palast einen Mann, den sie
schon böse zugerichtet haben. In einer Nacht- und Nebelsitzung hat der jüdische Hohe Rat diesen Mann kurzerhand als Gotteslästerer verurteilt, weil er sich in seinen Predigten und seinen Taten als Gottes Sohn bekannt hatte.
Nun aber sind sie in großer Verlegenheit. Seitdem die Römer die politische Gewalt im Lande übernommen hatten,
durften sie kein Todesurteil mehr vollstrecken. Genauso aber wussten sie, dass bei diesem römischen Statthalter
Gotteslästerung nie als Rechtsgrund für ein Todesurteil Zustimmung finden würde. So kommen sie heimtückisch
mit politischen Argumenten. „Wir haben gefunden, dass dieser unser Volk aufhetzt und verbietet, dem Kaiser Steuern zu geben und spricht, er sei Christus, der König.“
Pilatus tritt als gelernter Politiker und Jurist in die Vernehmung ein. Immerhin geht es hier vielleicht um einen
revolutionären Tatbestand, der den Römern gerade in dieser Provinz immer wieder Ärger bereitete. Aber schnell ist
ihm klar, dass dieser Mann dort vor ihm politisch ungefährlich ist. „Bist du der Juden König?“ Antwort: “Ich bin
ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeugen soll.“ Da kann der
gewiefte Politiker nur lächeln: „Was ist Wahrheit?“ Seine Antwort an die jüdische Behörde ist klar: „Ich finde keine
Schuld an diesem Menschen.“ Was nun? Die Juden fangen an zu schreien. Sie wollen das Todesurteil für den Mann
aus Nazareth, Jesus.
Da freut sich Pilatus über einen guten Einfall. Wenn Jesus aus Galiläa kommt, soll doch der politisch zuständige Herodes Antipas den Fall übernehmen, zumal dieser zum Passahfest in Jerusalem weilt. Es kommt zu einem
denkwürdigen Gespräch zwischen dem König und dem Angeklagten. Aber auch Herodes will sich die Finger nicht
schmutzig machen. Er schickt Jesus zurück zu Pilatus. Inzwischen hat sich vor dem Palast des Herodes eine große
Volksmenge gesammelt, die nach dem Todesurteil für Jesus ruft.
Noch einmal versucht Pilatus, einen Ausweg zu finden. Das Passahfest steht vor der Tür, und er pflegt als
freundliche Geste, dem Volk einen Gefangenen frei zu geben. Gerade sitzt ein Revolutionär und Mörder im Gefängnis. „Wen wollt ihr, dass ich euch freigebe, den Mörder oder euern König?“ Scheinheilig und gegen ihren Glauben
brüllen sie im Chor: „Wir haben keinen König als den Kaiser.“ „Gib uns Barrabas frei!“ Und was soll mit Jesus
werden? „Kreuzige ihn, kreuzige ihn.“ Vor dieser aufgebrachten Menge kapituliert der Römer. Was nützt es, dass er
nach der Folterung Jesu und der Verspottung mit einer Dornenkrone an das Mitleid der Menge appelliert – „Sehet,
welch ein Mensch“ – und sich feierlich die Hände wäscht. „Ich bin unschuldig an seinem Blut.“
Der brutale Machtmensch Pontius Pilatus versagt in der wichtigsten Stunde seines Lebens. Wenige Jahre nach
dem Justizmord in Jerusalem wird Pontius Pilatus vom Kaiser nach Rom zurückberufen. Wahrscheinlich endet seine
Karriere wie bei vielen Römern im Selbstmord.
***
Das Glaubensbekenntnis der Christen aber bezeugt mit den schlichten Worten „gelitten unter Pontius Pilatus“:
Auch der ungerechte Schuldspruch des Pilatus diente dazu, dass Jesus nach Gottes Willen seinen Weg vollendete,
der uns Menschen Freiheit und Leben schenkt.
Dr. Horst Gienke
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