Die Verschlungenheiten von Religion, Politik und

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Die Verschlungenheiten von Religion, Politik und Kunst –
Buchneuerscheinungen des Beck Verlages
„Langeweile und Gelassenheit“ - diese Begriffe würden auf den ersten
Gedanken wohl nicht zum „Reformator als Revolutionär“ Thomas Müntzer
passen. Und doch sind sie zentral für sein theologisches Selbstverständnis. Für
Müntzer sind diese Ausdruck eines Bewusstseins grundlegender
Aufmerksamkeit und Empathie und damit kritische Mitte von Glauben und
Welt. Aus diesem Zustand entsteht ein handlungsorientierter Anspruch von
Engagement und Zuwendung, der sich dann allerdings bei Müntzer aufgrund
verschiedener politischer Affirmationen radikal verdichtet und in der Tragödie
endet.
Der Hamburger Universitätsprofessor und Vorsitzende der Thomas Müntzer
Gesellschaft lädt mit seiner Biographie „Thomas Müntzer – Revolutionär am
Ende der Zeiten“ zu einer spannenden wie bildenden Reise zu Lebensorten,
Schauplätzen, Entwicklungslinien und Rezeption dieses in vielem unbekannten
„Revolutionär“ der Reformation ein.
Um Politik und Religion geht es auch in der historischen Analyse Volker
Reinhardts („Die Tyrannei der Tugend – Calvin und die Reformation in Genf“),
in der sich der Historiker ausführlich den Hintergründen der reformatorischen
Ereignisse in Genf zur Zeit Johannes Calvins widmet. Der Autor versteht es, die
Ambivalenzen sozialen Anspruches theologischer Theorie und
gesellschaftlicher Praxis detailliert darzustellen und zeitlose Spannungen
grundlegend zu reflektieren. Die Reformationsgeschichte einer Stadt wird
damit zur kritischen Reflexion persönlichen Glaubensanspruches – Was kann,
darf und soll mein Glaube heute leisten?
Macht, Gewalt und Religion spielten auch im Leben von Herodes des Großen
eine wesentliche Rolle was sich unmittelbar in familiären Tragödien
manifestierte aber auch zum neutestamentlichen Sujet des Kindermordes
führte, dessen historisch zweifelhaftes Ereignen die Rezeptionsgeschichte
wesentlich bestimmte. Dem Historiker Ernst Baltrusch gelingt es mit seinem
Buch „Herodes – König im Heiligen Land“ Licht ins Dunkel der Lebens-, wie
politischen Geschichte eines Mannes zu bringen, der die religiös-politischen
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Voraussetzungen des Lebens Jesu wesentlich mitbestimmte. Ein Herrscher
zwischen prunkvoller Präsentation, skrupellosem Machterhalt aber auch einer
Religionspolitik (Förderung der Diaspora), die erstaunlich modern wirkt.
Epochenübergreifend schließt das Buch von Olaf B.Rader, Professor an der
Humboldt Universität von Berlin, „Friedrich II – Der Sizilianer auf dem
Kaiserthron“, an die Verbindungen von Politik und Religion in mittelalterlicher
Perspektive an. Friedrich II, der leidenschaftliche Büchersammler und Förderer
der Wissenschaft und Künste stellte auch erste Brückenpfeiler eines
interreligiösen Dialoges her, indem er Übersetzungen arabischer Denker und
Theologen herstellen ließ und so über die Sprache einen ersten Austausch
ermöglichte. Eine neue Seite des so von Legenden umrankten Herrschers
(„stupor mundi“ lat:Wunder der Welt ), der sich der Autor ausführlich widmet
und so spannende religiöse Zugänge eröffnet.
Um Staunen, Erleben geht es auch im Werk des Friedenspreisträgers des
deutschen Buchhandels, Navid Kermani. In seinem Bestseller „ Ungläubiges
Staunen“ führt er durch die kunsthistorischen Galerien religiöser Darstellung
der Jahrhunderte. In Unbefangenheit und Offenheit wird die Kunst als Mittler
von Glaubensgehalten zur kritischen „Brille“ des Betrachters von Religion und
Sinn. Psychologie, Kunsttheorie und Bibelkunde werden zum hermeneutischen
Rahmen darin sich sehr persönliches Verstehen bzw. Unverständnis äußert. Ein
kurzweiliges Blättern in der Kunstgeschichte und in den persönlichen
Glaubensseiten.
Walter Pobaschnig, 11_15
Besprochene Bücher:
Hans-Jürgen Goertz, Revolutionär am Ende der Zeiten, München 2015.
Volker Reinhardt, Die Tyrannei der Tugend – Calvin und die Reformation in
Genf, München 2009.
Ernst Baltrusch, Herodes – König im Heiligen Land, München 2012.
Olaf.B.Rader, Friedrich II – Der Sizilianer auf dem Kaiserthron, München 2010.
Navid Kermani, Ungläubiges Staunen – Über das Christetum, München 2015.
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