Einführungsansprache für die Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017 Ratsvorsitzender Dr. h.c. Nikolaus Schneider 27. April 2012, Berlin Achtung! Es gilt das gesprochene Wort. Mit diesem Gottesdienst wird Frau Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann in ihren Dienst als Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017 eingeführt. Die Amtsbezeichnung „Botschafterin“ findet man in den Stellenplänen der ev. Kirche normalerweise nicht. Bekannt ist sie aus dem staatlichen diplomatischen Dienst. „Ein Botschafter“ – so heißt es z.B. in Wikipedia – „…ist der beamtete oberste Beauftragte eines Staates in einem anderen Land oder bei einer internationalen Organisation. … Seine Aufgabe ...ist die Vertretung der Interessen seines Landes gegenüber dem Gastland, was enge Beziehungen zu Regierung, Opposition und gesellschaftlichen Organisationen im Gastland erfordert.. (…) Ein Botschafter befindet sich in einem teilweise schwierigen Spagat, da er einerseits für die Politik in seinem Heimatstaat mit verantwortlich gemacht wird (obwohl er darauf aus dem Ausland kaum Einfluss hat), andererseits soll er gute Beziehungen pflegen. Ausländische Botschafter werden üblicherweise mit „Exzellenz“ angeredet. Ein Apostolischer Nuntius, ein päpstlicher Gesandter im Botschafterrang, wird traditionell mit „Hochwürdigste Exzellenz“ angeredet.“ Wir Protestanten haben Mühe mit Titeln. So vermute ich, dass sich auch bei Margot Käßmann Anreden wie „Hochwürdigste Exzellenz der Reformation“ nicht recht durchsetzen werden. Und das hat einen ebenso einfachen wie guten Grund. „So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ schreibt der Apostel Paulus im zweiten Brief an die Korinther. Das Wort Botschafter steht bei Paulus im Plural. Wenn überhaupt, dann sind alle Christen und alle Christinnen Hochwürdigste Exzellenzen. Denn sie alle sind beauftragt, diese eine, wunderbare Botschaft von der Versöhnung des Menschen mit Gott weiter zu sagen. Die Botschaft von der Versöhnung war und ist das Entscheidende. Versöhnung mit Gott heißt: durch Christus ist der Himmel für alle Menschen geöffnet. Himmel und Erde begegneten sich in Jesus Christus. Durch Christus versöhnt ist es möglich, die Gegenwart Gottes auf Erden zu erfahren, als Menschen neu zu werden und anderen Menschen diese gute Botschaft weiter zu geben. Paulus und später auch die Reformatoren wussten zu unterscheiden zwischen der Botschaft und den mit der Verbreitung der Botschaft betrauten Menschen. Gottes Wort ist wirkmächtig aus sich selbst heraus. Aber es beruft und befähigt Menschen dazu, Zeugnis zu geben von seinem lebendigen Wort. In unserer Bindung an Jesus Christus sind wir alle Botschafter und Botschafterinnen an Christi statt und bitten: Lasst Euch versöhnen mit Gott, auch jetzt, auch heute, auch im 21. Jahrhundert. Liebe Margot, bei Deiner Beauftragung zur Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum geht es um einen ganz konkreten Botschaftsdienst. Er soll nicht nur an ein wichtiges geschichtliches Ereignis erinnern, sondern auch die inhaltlichen Anliegen der Reformation ‚allem Volk’ vergegenwärtigen. Mit Deinem Auftrag sollst Du die ganze Reformation in den Blick nehmen: die lutherische ebenso so wie die oberdeutsche und die Genfer Reformation. Von Wittenberg ausgehend wirkte die Reformation zunächst in ganz Europa, schließlich auch weltweit. Vieles, was Menschen heute selbstverständlich ist, gründet in der Reformation, zum Beispiel manche Weichenstellungen, die für unseren demokratischen Staat konstitutiv sind und viele Impulse, die unser staatliches Bildungswesen voran gebracht haben. Aber auch die Schattenseiten dürfen wir nicht verschweigen: In den Glaubenskriegen des 16. Jahrhundert hat Europa schwer geblutet. Und man wird nicht sagen können, dass die Reformation zu einer Toleranz aufrief, für die wir uns heute einsetzen. Als Botschafterin des Rates warten vielfältige Aufgaben auf Dich: Gottesdienste und Predigten, Vorträge und Reden zu den Themen der Lutherdekade und dem Reformationsjubiläum 2017. Im In- und Ausland wirst Du Kirchen und Gemeinden besuchen und Einladungen zur Teilnahme und Mitgestaltung des Reformationsjubiläums aussprechen. Wie hieß es noch bei Wikipedia über den Dienst eines Botschafters: „Ein Botschafter befindet sich in einem teilweise schwierigen Spagat, da er einerseits für die Politik in seinem … Heimatstaat mit verantwortlich gemacht wird, andererseits soll er gute Beziehungen (im Ausland) pflegen.“ Diesem Spagat musst Du Dich stellen. Vor allem aber wirst Du ihn in wesentlichen Teilen mit gestalten. Der Rat freut sich auf die Zusammenarbeit mit Dir. Gott segne Dich und Deinen neuen Dienst. Amen