S_016-018 16.01.2007 13:29 Uhr Seite 16 Paar von Crenicichla sp. aff. lugubris „Orinoko“, Foto: U.Werner enn man Hechtbuntbarsche erfolgreich züchten will, ist es sinnvoll, eine Jungfisch-Gruppe aus sechs bis acht Exemplaren zu erwerben. Solange die Tiere ein eindeutiges Jungfisch-Zeichnungsmuster zeigen, gibt es untereinander nur Streitigkeiten um die Rangfolge, wer als erstes ans Futter darf. Bei diesen Kämpfen kann es zu Flossenschäden kommen, aber nur in den seltensten Fällen werden die Tiere stärker geschädigt. Die Strukturierung des Aquarium mit Wurzelholz und Steinen in verschiedene Reviere ist hilfreich. Wie bei vielen räuberisch leben- W den Cichliden wachsen auch hier die Weibchen meist etwas vor. Mit etwa einem Dreivierteljahr tritt bei Crenicichla reticulatus, Crenicichla saxatilis und Crenicichla wallacei die Geschlechtsreife ein. Die Männchen holen nun den Wachstumvorsprung der Weibchen auf, da sie ansonsten von ihnen nicht akzeptiert würden. Die Jungfischfärbung weicht nun der Erwachsenentracht, bei der es einfach ist, die Geschlechter zu erkennen. Während die Männchen der C.-reticulatus- und C.wallacei-Gruppe ihre Färbung nahezu beibehalten, entwickeln sich bei den Balzendes Paar von Crenicichla acutirostre vor einer Tonröhre 16 AF 193 Männchen der C.-saxatilis-Gruppe mehr und mehr Glanzflecken. Bei den Weibchen der C.-saxatilis- und C.-wallaceiGruppe bildet sich eine deutlich erkennbare Rückenflossenzeichnung heraus und der Bauchbereich färbt sich hellrosa ein. Die Weibchen der C.-reticulatus-Gruppe zeigen auf den Körperseiten eine rote Zone, die teilweise auf der Seitenlinie liegt, aber deutlich breiter ist. Helle Bauchbereiche kommen eher selten vor. Die Balz geht stets vom Weibchen aus, das sich schlängelnd vor dem Männchen präsentiert. Hierbei streckt es dem Männchen die helle, füllige Bauchseite entge- Crenicichla-sveni-Weibchen vor einem oben geschlossenen Tontopf S_016-018 16.01.2007 13:29 Uhr Seite 17 gen. Die Männchen reagieren auf diese Balz eher verhalten und Drohen den Weibchen sogar mitunter. Wenn das Weibchen dann die Flucht antritt, folgt ihm das Männchen und zerbeißt das Schwanzflossenende – die Paarungseinleitung endet abrupt. Wenn das Weibchen dem Drohen und eventuellen Beißversuchen geschickt ausweicht, geht die Balz weiter. Häufig ist danach einen Kräftemessen der Partner zu beobachten, bei dem das zum Teil deutlich größere Männchen das Weibchen bis zum Kiemendeckel im Maul hält. Wenn die Fronten geklärt sind, kommt es zur Eiablage. Hechtbuntbarsche produzieren polhängende Eier, die sie unter die Decke eines Substrates heften. Fehlt eine solche Möglichkeit für die Eiablage, hofft man vergeblich auf Nachwuchs. Die Tiere schaffen sich geeignete Stellen, indem sie Wurzeln oder große Steine einfach teilweise unterhöhlen. Ich verwendete früher große Tontöpfe, in die ich in mühevoller Kleinarbeit ein kreisrundes Loch mit ca. 7 cm Durchmesser geschlagen habe. Da diese Töpfe jedoch nicht sehr dekorativ sind, ging ich dazu über, auf zwei Findlinge einen dritten flachen zu schichten und ein „Carport“ für meine Crenicichla zu schaffen. Wird ein Substrat akzeptiert, dann beginnt das Weibchen, die Eier Reihe für Reihe an die Decke zu heften. Das Männchen besamt im Idealfall nach jeder Reihe das Gelege. So können Gelegegrößen von 150 bis 500 Eiern, je nach Größe der Weibchen, zustandekommen. Da die Entwicklung der Gelege temperaturabhängig ist, sind die folgenden Zeiträume nur bei 26,5°C (die Temperatur meiner Zuchtaquarien) zutreffend. Je wärmer das Wasser ist, um so schneller entwickelt sich das Gelege. Ein Pärchen der Crenicichla -saxatilisVerwandtschaft laichte bei oben genannter Temperatur, einer Gesamthärte von 15°dH, einer Karbonathärte von 5°dH und einem pH-Wert von 7,3. Die Larven begannen nach 78 Stunden zu schlüpfen. Das Weibchen bettete die Larven in die Vertiefung einer Wurzel um. Es wich keine 10 cm vom Aufbewahrungsort der Larven. Das Männchen war 40 cm entfernt und hielt die übrigen Beckenbewohner in Schach. Zehn Tage nach der Eiablage schwammen die Jungfische frei und wurden vom Weibchen betreut. Es dirigierte den Schwarm flossenzuckend durch das Aquarium und führte die Jungen gezielt zu Steinen, an denen sich Mulm abgelagert hatte. Mit bloßem Auge war er nicht zu erkennen, doch die Jungfische pickten eifrig in dem vom Weibchen aufgewirbelten Mulm. Mehr und mehr gab das Männchen seine Außenverteidigung auf und das Paar wechselte sich bei der Brutpflege ab. Nach weiteren zehn Tagen erlosch der Brutpflegetrieb und es wurden von Tag zu Tag weniger Jungfische. Zwei Tage später waren alle Jungfische verschwunden. Die gegenseitige Schuldzuweisung über den Verlust der Jungfische fiel harmlos aus, so dass das Weibchen ohne Hetzjagd und eventuelles Verstecken für zwei Wochen sofort wieder einträchtig mit dem Männchen zusammen stand. Zwei Wochen später kam es zu einem erneuten Ablaichen dieses Pärchens. Aus dem Gelege schlüpften 400 Jungfische (die Schlupfquote lag bei nahezu 100%). Das Weibchen maß zu dem Zeitpunkt 23 cm Gesamtlänge, das Männchen 28 cm. Die Wasserwerte sind bei der Zucht von Crenicichla-saxatilis-Verwandten relativ unentscheidend, mit Ausnahme we- S_016-018 16.01.2007 13:29 Uhr Seite 18 Crenicichla sp. aff. saxatilis „Paru“,Weibchen mit sichtbarer Legeröhre Crenicichla sp. aff. saxatilis „Paru“,Weibchen mit Bisspuren bewacht die Larven niger Schwarzwasserbewohner kommen die Tiere im Aquarium gut zur Fortpflanzung und auch die Gelege entwickeln sich ohne wesentliche Ausfälle. Vermutlich wäre es im weichen, leicht sauren Wasser einfacher, doch birgt das weniger gepufferte Wasser auch die Gefahr eines Säuresturzes. Gleiches gilt für viele Vertreter der Crenicichla-reticulata-Verwandten. Auch die bereits nachgezüchteten Vertreter der Crenicichla-lacustrisGruppe ließen sich so vermehren. Ein Gelege von Crenicichla marmorata entwickelte sich leider bei solchen Wasserwerten nicht. Die wenigen Zuchtberichte von Vertretern der C.-lugubris-Gruppe geben übereinstimmend sehr weiches, leicht saures Wasser als geeignetes Milieu an. Auch ist die Balz einiger Vertreter dieser Gruppe leicht modifiziert. Die Männchen schwimmen ruckartig auf fast gleiche Höhe des vor ihnen befindlichen Weibchen auf. Dann beginnt das Weibchen dem neben ihm befindlichen Männchen die helle Bauchseite entgegenzustrecken. Die Gelegegröße kann bis zu 700 Eier betragen. Ebenfalls höhere Ansprüche stellen die Arten der C.-wallacei-Verwandtschaft an die Wasserwerte. Auch sie laichen nicht ohne weiteres bei zu hartem Wasser. Je extremer man jedoch den pH-Wert und die Temperatur Crenicichla sp. aff. saxatilis „Paru“,Weibchen mit Gelege Crenicichla sp. aff. saxatilis „Paru“, Paar beim Führen der Jungfische verändert, um so einseitiger kann das Geschlechterverhältnis bei der Nachzucht werden. Ich hatte einmal bei 500 Crenicichla-regani-Nachkommen nur zehn Männchen. Bei höherer Temperatur und niedrigerem pH-Wert entfernt man sich deutlich von einem ausgewogenem Verhältnis. Entschließt man sich, eine Brut aufzuziehen, so sind die Jungfische nach dem Heraussaugen mittels Schlauch am besten separat in einem eigens dafür aufgestellten Becken unterzubringen. Die Jungfische wachsen am besten durch die Fütterung mit frisch geschlüpften Artemia-Nauplien. Haben sie 2,5 cm erreicht, kann man den Speiseplan um tiefgefrorene Rote Mückenlarven erweitern. Etwas später fressen die jungen Crenicichla bereits gefrostete Mysis und Krill. Nach circa drei Monaten sollten die Jungfische 5 bis 6 cm erreicht haben. Mit Flockenfutter oder auch Granulat wird man wenig Erfolg bei der Aufzucht haben. Selbst wenn 10% der Jungfische extrudiertes Granulat fressen, hat man das Problem, dass diese Tiere extrem vorwachsen und eventuell ihre zurückgebliebenen Geschwister verspeisen. Ein weiteres Phänomen besteht darin, dass bei guter Füt- 18 AF 193 terung der Unterschied zwischen den Größten und den Kleinsten nur knapp 10% Körperlänge beträgt. Bei weniger guter Fütterung mach der Unterschied bis zu 50% aus. Literatur: STAWIKOWSKI, R.& U.WERNER (2004): Die Buntbarsche Amerikas Band 3. – Stuttgart