Lösungen - Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht

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Einführung in die juristischen
Datenbanken, insbesondere in das
RECHTSINFORMATIONSSYSTEM
des Bundes
Öffentliches Recht I
Bruno Binder/Gudrun Trauner
I. BUNDESRECHT
1. Da Rauchen die Gesundheit gefährdet, darf für Tabakerzeugnisse nicht uneingeschränkt geworben werden. In welchen Rechtsnormen ist die Werbung für Tabakerzeugnisse geregelt ?
Suche in der Datenbank <Bundesrecht konsolidiert>, weil der Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen …“ nach Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG einschlägig ist, wenn die Tabakwerbung aus gesundheitlichen Gründen verboten wird.
Suchworte: Werbung Tabakerzeugnis*
Abkommen zur Gründung einer Assoziation EG – Chile.
EWR-Abkommen (Anl 2).
Freihandelsabkommen EU – Korea.
Grenzüberschreitendes Fernsehen.
Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen.
Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs.
Tabakgesetz.
Tabakmonopolgesetz 1996.
2. Was bedeuten die vier Symbole (Web-Browser, PDF, RTF-Dokument und §-Zeichen) rechts
neben den Suchergebnissen ?
Web-Browser: zeigt (nur) die gefundene Bestimmung als Web-Seite (in einem neuen Fenster) an.
PDF: öffnet (nur) die gefundene Bestimmung als pdf-Dokument (in einem neuen Fenster).
RTF-Dokument: öffnet (nur) die gefundene Bestimmung als RTF-Dokument (in einem neuen
Fenster).
§-Zeichen: Durch einen Klick auf „§“ wird – anders als bei den drei vorgenannten Symbolen
– nicht nur der einzelne gefundene § oder Artikel einer Rechtsvorschrift, sondern die
gesamte (zum Datum der Abfrage geltende) Rechtsvorschrift (in einem neuen Fenster) angezeigt.
3. a. Wozu dienen die Kästchen vor den Suchergebnissen ?
Sie können das Suchergebnis durch Anklicken einzelner Kästchen einschränken und sich
nur die ausgewählten (mit Häkchen) – durch einen weiteren Klick auf <Markierte Dokumente anzeigen> (auf einer einzigen Seite) anzeigen lassen.
b. Wozu dient der Paragraf 0 einer Rechtsvorschrift, was ist sein Inhalt ?
Paragraf „0“ ist das Titeldokument, es enthält den (Kurz- und Lang)Titel, das Datum des Inkrafttretens, des Außerkrafttretens, das Kundmachungsorgan (auch aller Novellierungen).
4. Das Tabakgesetz regelt die Werbung für Tabakerzeugnisse.
a. Nennen Sie den Langtitel und den Kurztitel des Tabakgesetzes !
Langtitel: Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz.
Kurztitel: Tabakgesetz.
b. Nennen Sie das Kundmachungsorgan, in dem die Stammfassung des Tabakgesetzes kundgemacht wurde !
BGBl 1995/431.
(Cyber)Öffentliches Recht I (Binder/Trauner)
Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 2
c. Wann trat das Tabakgesetz (Stammfassung) in Kraft und warum ? Wie können wir das in der
Datenbank <Bundesrecht konsolidiert> angegebene Inkrafttretensdatum verifizieren ?
In Kraft mit 1. Juli 1995 (wegen Art 49 Abs 1 B-VG, wonach Bundesgesetze „mit Ablauf des
Tages ihrer Kundmachung in Kraft“ treten [Kundmachung erfolgte am 30. Juni 1995]); einzig § 13 Abs 2 letzter Satz trat erst mit 01.09.1995 in Kraft (gemäß § 17 Abs 1 Tabakgesetz).
d. Wie wurde das Gesetzgebungsverfahren zum Tabakgesetz (Stammfassung) initiiert ?
Gesetzgebungsverfahren wurde durch eine Vorlage der Bundesregierung (= Regierungsvorlage) eingeleitet, konkret durch die Regierungsvorlage (RV) 163 der 19. Gesetzgebungsperiode des Nationalrats.
e. In welcher Gesetzgebungsperiode wurde das Tabakgesetz (Stammfassung) beschlossen ?
Die Beschlussfassung des Tabakgesetzes erfolgte in der 19. Gesetzgebungsperiode (im RIS
mit römischen Ziffern zitiert) des Nationalrats.
f. Nennen Sie das Kundmachungsorgan, in dem die Novelle 2004 kundgemacht wurde !
BGBl I 2004/167 (in Bundesgesetzblatt I, da gemäß § 3 Z 1 BGBlG Gesetzesbeschlüsse des
Nationalrats in diesem Teil kundzumachen sind). Die Dreiteilung in BGBl I, BGBl II und BGBl III
gibt es seit dem Jahr 1997.
g. Nennen Sie das Datum der Kundmachung der Tabakgesetz-Novelle 2004 !
Zur Beantwortung dieser Frage ist ein Wechsel in die Datenbank <Bundesgesetzblatt
authentisch ab 2004> erforderlich; dazu reicht allerdings ein Klick auf die Nummer des BGBl I
(2004/167), da eine Verlinkung zu den Bundesgesetzblättern besteht. Zunächst haben Sie
wieder auszuwählen (vgl 2.), in welcher Form (Web-Browser, PDF, RTF-Dokument und
Schlüssel-Symbol) das BGBl I 2004/167 angezeigt werden soll. Durch Klick auf das SchlüsselSymbol erhalten Sie (elektronisch signiert) die einzig authentische Fassung der TabakgesetzNovelle 2004: Datum der Kundmachung der Tabakgesetz-Novelle 2008 war der 30.12.2004.
h. Welche Richtlinie der EU wurde durch die Tabakgesetz-Novelle 2004 umgesetzt ?
Möglichkeiten (mindestens zwei) zur Beantwortung dieser Frage gibt es ?
Welche
[1. Variante]. Bei Nennung der Novelle BGBl I 2004/167 steht auch eine CELEX-Nummer. Diese Nummer zeigt uns den Bezug zu Unionsrecht. Wir könnten mit dieser Nummer daher im
Unionsrecht (<eur-lex.europa.eu>) suchen.
[2. Variante]. Wie 1.; allerdings ist das Suchen im Unionsrecht unnötig, da das RIS eine Verlinkung zu den entsprechenden unionsrechtlichen Rechtsvorschriften herstellt, sodass ein Klick
auf die CELEX-Nummer reicht: Es ist die Richtlinie 2003/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von
Tabakerzeugnissen.
[3. Variante]. Manche Rechtsnormen erwähnen in ihrem Text ausdrücklich die Bezugnahme auf Unionsrecht. Wir könnten daher im Tabakgesetz nach erwähnten Richtlinien suchen
(Suchworte), werden allerdings nicht fündig.
[4. Variante]. Suche in den Gesetzesmaterialien zur Novelle aus dem Jahr 2004. Das RIS
stellt eine Verlinkung zu den Gesetzesmaterialien her, sodass eine Suche über die Website
der Parlamentsdirektion zwar möglich, aber entbehrlich ist. Durch Klick auf <RV 700> werden
Sie auf die Seite der Website der Parlamentsdirektion geleitet, welche die Gesetzesmaterialien
zur Novelle 2004 enthält. Dort können Sie durch Klick auf <Materialien> ein pdf mit den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV) 700 zur Tabakgesetz-Novelle 2004 öffnen und auf Seite 1
Folgendes lesen: „Die Richtlinie 2003/33/EG, CELEX 32003L0033, des EP und des Rates vom
26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über
Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen führt weitreichende Verbote bzw.
Einschränkungen im Bereich Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen in den Mitgliedstaaten ein. Sie bedarf der innerstaatlichen Umsetzung bis spätestens 31. Juli 2005.“
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Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 3
Ans Ziel führt auch ein Klick auf <AB 717>. Auch dabei werden Sie auf jene Seite der Website
der Parlamentsdirektion geleitet, welche die Gesetzesmaterialien zur Novelle 2004 enthält. Dort
können Sie durch Klick auf <Berichterstattung> ein pdf (oder wahlweise html) mit den Ausführungen des jeweiligen Parlamentsausschuss zur Tabakgesetz-Novelle 2004 (Gesundheitsausschuss) öffnen. AB ist die Abkürzung für Ausschussbericht.
5. a. Wie lautet der Langtitel für „Grenzüberschreitendes Fernsehen“ ?
Langtitel: Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen
b. Um welche Art von Rechtsnorm handelt es sich dabei ?
Staatsvertrag (= völkerrechtlicher Vertrag).
c. Wurde der Abschluss des genannten Übereinkommen vom Nationalrat genehmigt ?
Ja, der Abschluss des genannten Übereinkommens wurde vom Nationalrat genehmigt
(„1. Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages samt Anhang wird genehmigt.“).
d. Beschloss der Nationalrat für das genannte Übereinkommen einen Erfüllungsvorbehalt ?
Ja, der Nationalrat beschloss einen Erfüllungsvorbehalt („2. Dieser Staatsvertrag ist im Sinne
des Art. 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.“).
e. Sind Werbung und Teleshopping für Tabakerzeugnisse nach dieser Rechtsnorm erlaubt ?
Nein, Werbung und Teleshopping für Tabakerzeugnisse sind nach Art 15 Abs 1 Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen ausdrücklich verboten.
f. Nennen Sie das Kundmachungsorgan, in dem die Stammfassung des Übereinkommens kundgemacht wurde !
BGBl III 1998/164 (weil es sich um einen Staatsvertrag handelt, war dieser gemäß § 5
Abs 1 Z 1 BGBlG im Bundesgesetzblatt III [BGBl III] kundzumachen).
g. Wann trat es in Österreich in Kraft ?
Durch Klick auf das §-Zeichen erhalten Sie die gesamte Rechtsvorschrift und sehen den
In Kraft mit 1. Dezember 1998 (Ratifikationstext).
6. a. Welche Art von Rechtsnorm stellt das „Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs“ dar ?
Durch Klick auf das §-Zeichen erhalten Sie die gesamte Rechtsvorschrift und sehen die Antwort:
Staatsvertrag (= völkerrechtlicher Vertrag).
b. Sind Burkina Faso, Costa Rica und die Seychellen Vertragsparteien des genannten Übereinkommens ?
Ja, Burkina Faso, Costa Rica und die Seychellen sind Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der WHO.
c. Wann trat das Übereinkommen in Kraft ?
In Kraft mit 14. Dezember 2005 (Ratifikationstext).
d. Welche Auswirkungen hätte ein umfassendes Verbot der Werbung nach dem genannten
Übereinkommen auf den Konsum von Tabakerzeugnissen ?
Ein umfassendes Verbot der Werbung würde den Konsum von Tabakerzeugnissen vermindern (Art 13 Abs 1 Rahmenübereinkommen der WHO).
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Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 4
7. Gemäß § 12 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen die
Vignettenpreise durch Verordnung (nach Fahrzeugkategorien und nach zeitlicher Geltungsdauer) festzulegen. In welcher Rechtsnorm finden wir den Vignettenpreis für das Jahr 2016 ?
[Suche über die Datenbank <Bundesgesetzblatt authentisch ab 2004>]. Nennen Sie
a. den Langtitel und den Kurztitel sowie
Langtitel: Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie
über die Festlegung der Vignettenpreise.
Kurztitel: Vignettenpreisverordnung 2015.
b. das Kundmachungsorgan dieser Rechtsnorm !
Kundmachungsorgan: BGBl II 2015/223.
c. Was kostet eine Zehntagesvignette 2016 für ein mehrspuriges Kraftfahrzeug, dessen
höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt ? Welcher Paragraf
regelt das ?
Preis für Zehntagesvignette für mehrspurige Kraftfahrzeuge bis zu höchst zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen: € 8,80; § 3 Z 2 Vignettenpreisverordnung 2015.
d. Was bedeutet der Name Stöger am Ende der kundgemachten Rechtsnorm ?
„Stöger“ ist der Name des der verordnungserlassenden Verwaltungsbehörde „Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie“ zugeordneten Organwalters.
II. LANDESRECHT
8. Adam aus Altenberg (OÖ) hat das Studium der Rechtswissenschaften aufgegeben, er will seinen
Lebensunterhalt fortan durch Betteln in der oberösterreichischen Landeshauptstadt bestreiten.
a. Welcher Gesetzgeber ist nach der bundesverfassungsgesetzlichen Kompetenzverteilung befugt, das Betteln zu regeln ?
Landesgesetzgeber, „örtliche Sicherheitspolizei“ ist nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung eine Kompetenz der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung (Art 15 Abs 1 iVm
Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG).
b. Welche Rechtsnorm (nennen Sie den Lang- und den Kurztitel) regelt das Betteln in der
oberösterreichischen Landeshauptstadt ?
Suche in der Datenbank <Landesrecht in konsolidierter Fassung, Oberösterreich>
Langtitel: Gesetz vom 21. März 1979 über polizeirechtliche Angelegenheiten;
Kurztitel: Oö Polizeistrafgesetz (Oö PolStG).
(Cyber)Öffentliches Recht I (Binder/Trauner)
Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 5
c. Was ist nach dieser Rechtsnorm im Zusammenhang mit dem Betteln verboten ? Nennen Sie
den Paragrafen !
Verboten sind aufdringliches oder aggressives Betteln, gewerbsmäßiges Betteln, Veranlassen zum Betteln, das Organisieren des Bettelns, das Mitführen eines unmündigen Minderjährigen beim Betteln. § 1a Oö PolStG.
d. Welche Strafe/n sieht die Rechtsnorm für aggressives Betteln vor ? Nennen Sie den Paragrafen !
Im Fall einer Verwaltungsübertretung nach § 1a Abs 1, 3 und 4: Geldstrafe bis 720 Euro, im
Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche (§ 10 Abs 1 lit b Oö PolStG).
Im Fall einer Verwaltungsübertretung nach § 1a Abs 2: Geldstrafe bis 14.500 Euro, im Fall
der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen (§ 10 Abs 1 lit c Oö PolStG).
e. Welche Behörde ist zuständig, Strafen wegen aggressiven Bettelns in der oberösterreichischen Landeshauptstadt zu verhängen (Wer ist die zuständige Verwaltungsstrafbehörde ?)
Strafen wegen aggressiven Bettelns in Linz verhängt die Landespolizeidirektion Oberösterreich (§ 10 Abs 1 lit b Oö PolStG iVm § 8 Z 5 SPG). Nach § 8 Z 5 Sicherheitspolizeigesetz
(SPG) ist die jeweilige Landespolizeidirektion für das Gebiet der Gemeinde Linz zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz.
f. Wo und wann wurde das Gesetz kundgemacht (Stammfassung) ?
Kundmachung: 30. Mai 1979 im oö Landesgesetzblatt (LGBl).
g. Wann trat es in Kraft ? Warum ?
Inkrafttreten: Das Oö PolstG trat mit 31.08.1979 in Kraft, § 11 Abs 2 Oö PolstG enthält die
bezügliche Anordnung (Gesetzgeber ordnete drei Monate Legisvakanz an).
h. Wann (mit welcher Novelle) erließ der Gesetzgeber erstmals eine Regelung betreffend das
Betteln in Oberösterreich ?
Oö Polizeistrafgesetz-Novelle 2011 (LGBl 2011/36).
i. Warum vermeinte der Gesetzgeber, aufdringliches und aggressives Betteln unter Strafe
stellen zu müssen ? [Suche in den Gesetzesmaterialien].
Das Betteln unter Strafe zu stellen, begründet der Ausschussbericht (Bericht des Ausschusses
für innere Angelegenheiten) AB 317/2011 BlgLT 27. GP 1 folgendermaßen: „Die Bettelei
nimmt in Oberösterreich zum Teil nicht gewünschte Formen an: so fühlen sich, insbesondere im
städtischen Bereich, viele Passanten durch aufdringliches Betteln belästigt; im – überwiegend –
ländlichen Bereich wird die Bevölkerung mit dem großteils unerwünschten Betteln von Haus zu
Haus konfrontiert. Oft werden auch Kinder zum Betteln veranlasst oder mitgenommen, um die
Freigiebigkeit der potenziellen Spenderinnen und Spender zu forcieren. Den genannten Erscheinungsformen der Bettelei ist durch eine entsprechende Regelung entgegenzutreten.“
(Cyber)Öffentliches Recht I (Binder/Trauner)
Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 6
9. Nachdem Adam von den Regelungen des oö Gesetzgebers betreffend ein Verbot des Bettelns
hört, verlässt er Oberösterreich zieht mit seiner Eva Anfang 2012 in die Steiermark. Fortan wollen
sie ihren Lebensunterhalt durch Betteln in Graz bestreiten.
a. Welche Rechtsnorm (nennen Sie den Lang- und den Kurztitel) regelte 2012 das Betteln in
Graz [historische Fassung für das Stmk Landesrecht erst ab 01.01.2014 !] ?
Langtitel: Gesetz vom 18. Jänner 2005, mit dem ein Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz erlassen wird;
Kurztitel: Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz (StLSG).
b. Was ist nach dieser Rechtsnorm im Zusammenhang mit dem Betteln verboten ? Nennen Sie
den Paragrafen !
Suche in der Datenbank <Landesgesetzblätter nicht authentisch, Steiermark>
Verboten ist das „Betteln an einem öffentlichen Ort um Geld oder geldwerte Sachen“
nach § 3a Abs 1 Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz (StLSG), LGBl 2011/37.
c. Ein Blick in das Rechtsinformationssystem (RIS) zeigt Adam, dass das Steiermärkische Landesrecht ein noch rigoroseres Bettelverbot enthält als das oberösterreichische. Er ficht die Bestimmung betreffend das Bettelverbot daher beim Verfassungsgerichtshof an, weil er sie für verfassungswidrig hält. Nach welcher Bestimmung der Bundesverfassung kann Adam einen bezüglichen Antrag beim VfGH stellen ?
Suche in der Datenbank <Bundesrecht konsolidiert>.
Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG (Individualantrag auf Gesetzesprüfung).
d. [JUDIKATUR] Wie entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Gesetzesprüfungsantrag ? Wie lautet Spruchpunkt I. der bezüglichen Entscheidung des VfGH vom 06.12.2012 ?
Suche in der Judikaturdatenbank <Verfassungsgerichtshof (VfGH)>.
VfGH hob das Bettelverbot auf. Spruchpunkt I der Entscheidung des VfGH vom 06.12.2012
lautet: „§ 3a des Steiermärkischen Landes-Sicherheitsgesetzes idF 2011/37 wird als
verfassungswidrig aufgehoben.“
e. Wie lautet die Geschäftszahl dieser Entscheidung ?
G 64/11.
f. Finden wir diese Entscheidung des VfGH vom 06.12.2012 auch in der „Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs“ (VfSlg) ? Wenn ja, nennen Sie
die Nummer der Sammlung !
VfSlg 19.719/2012.
g. Entschied der VfGH durch Beschluss oder durch Erkenntnis ?
Erkenntnis.
h. Was bedeutet der Buchstabe „G“ in einer Geschäftszahl des VfGH ?
Die Geschäftszahl „G“ bedeutet „Gesetzesprüfungsverfahren“; also ein Verfahren nach
Art 140 B-VG.
i. Welche Entscheidung trifft der VfGH, wenn er zum Ergebnis kommt, dass ein Paragraf des
geprüften Bundesgesetzes der Bundesverfassung widerspricht ?
VfGH hebt den Paragrafen wegen Verfassungswidrigkeit auf (Art 140 Abs 3 erster S B-VG).
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Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 7
j. Welchen beiden Grundrechten widersprach das Bettelverbot in der Steiermark ? Nennen Sie
die jeweilige Rechtsgrundlage der Grundrechte und erläutern Sie, warum der VfGH eine
Grundrechtsverletzung annahm !
Gleichheitssatz gemäß Art 7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG: § 3a Stmk L-SG hatte ausnahmslos
alle (auch stille) Formen der Bettelei an öffentlichen Orten verboten. Eine solche umfassende,
die Bettelei schlechthin – ohne jegliche Differenzierung – verbietende, Regelung ist
nach Auffassung des VfGH sachlich nicht zu rechtfertigen.
Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art 10 EMRK: verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht, nicht im Rahmen des Eingriffsvorbehalts (Art 10 Abs 2 EMRK).
III. JUDIKATUR
10. a. Nennen Sie Datum und Geschäftszahl der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs
VwSlg 17.262 A/2007 !
Suche in der Judikaturdatenbank <Verwaltungsgerichtshof (VwGH)>.
Datum: 06.09.2007.
Geschäftszahl: 2005/09/0168.
b. Weshalb hob der VwGH den angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates
des Landes Vorarlberg auf (lesen Sie den Spruch der Entscheidung !) ?
Wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.
c. Der Bezirkshauptmann Bregenz hatte mit Straferkenntnis über die Beschwerdeführerin eine
Geldstrafe in der Höhe von € 100,– (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) verhängt. Welche Verwaltungsübertretung hatte die Beschwerdeführerin (nach Auffassung der Behörde) begangen ? Nennen Sie auch die Rechtsgrundlage !
Störung der öffentlichen Ordnung nach § 81 Abs 1 SPG (Sicherheitspolizeigesetz).
d. Worin bestand die der Beschwerdeführerin zum Vorwurf gemachte Tathandlung ?
Anschreien des amtshandelnden Organs (war im Zug im Bahnhof Bregenz vom amtshandelnden Gendarmeriebeamten aufgefordert worden auszusteigen, worauf sie diesen anschrie).
11. Der Polizeibeamte P wurde vom Dienst suspendiert, weil er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hatte. Die von ihm gegen den Suspendierungsbescheid erhobene Bescheidbeschwerde entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis BVwG 15.04.2014, W208
2006738-1. Warum nahm das BVwG eine Verletzung der Dienstpflicht an (RS) ?
Suche in der Judikaturdatenbank <Bundesverwaltungsgericht (BVwG)>.
Das BVwG war der Auffassung, dass ein außer Dienst befindlicher am Boden herumkriechender Polizeibeamter, der gleich zwei Frauen beim Tanzen in die Beine beißt, sodass sie dabei Blutergüsse erleiden, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung
seiner dienstlichen Aufgaben gefährdet. Daher lag unzweifelhaft eine Verletzung der
Dienstpflicht vor und die Suspendierung gerechtfertigt.
(Cyber)Öffentliches Recht I (Binder/Trauner)
Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 8
12. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns Linz-Land vom 28.04.2014 wurde über B eine
Geldstrafe von € 60,– verhängt, weil er am 13.10.2013 auf einem Parkplatz in L uriniert und damit
den öffentlichen Anstand verletzt und § 1 Abs 1 und 2 Oö Polizeistrafgesetz übertreten
hatte.
a. Welches Rechtmittel kann B gegen die verhängte Geldstrafe erheben ?
B steht gegen das Straferkenntnis als Rechtsmittel die Bescheidbeschwerde (Art 130 Abs 1
Z 1 B-VG) an das Verwaltungsgericht offen.
b. Welches Verwaltungsgericht ist für sein Rechtsmittel zuständig ?
B hat seine Bescheidbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht (Art 131 Abs 1 B-VG)
Oberösterreich (§ 3 Abs 2 Z 1 VwGVG: „nach dem Sitz der Behörde, die den Bescheid erlassen“) zu richten.
c. Setzt eine Verletzung des öffentlichen Anstands nach § 1 Abs 1 und 2 Oö Polizeistrafgesetz voraus, dass das anstandsverletzende Verhalten tatsächlich von anderen Personen
wahrgenommen wird ?
Die tatsächliche Wahrnehmung des anstandsverletzenden Verhaltens durch andere
(dritte) Personen ist keine Voraussetzung der Verletzung des öffentlichen Anstands
nach § 1 Abs 1 und 2 Oö Polizeistrafgesetz. Ausschlaggebend ist, ob andere (dritte) Personen das anstandsverletzende Verhalten hätten wahrgenommen werden können.
d. Nahm das von B angerufene Gericht eine Verletzung des öffentlichen Anstands an und warum ?
Suche in der Judikaturdatenbank <Landesverwaltungsgerichte (LVwG)> bleibt ohne Ergebnis. Warum ?
Die LVwG bestimmen, welche ihrer Entscheidungen sie dem Bundeskanzleramt übermitteln.
Insbesondere das Oö LVwG ist mit der Weitergabe von Entscheidungen äußerst zurückhaltend
(das RIS enthält daher nur wenige Entscheidungen des Oö LVwG).
Suche unmittelbar über die Website des <Oö Landesverwaltungsgerichts> [<Rechtsprechung>, <Entscheidungen>]
Landesverwaltungsgericht OÖ nahm Verletzung des öffentlichen Anstands an, weil das Verhalten (Urinieren) auf einem für jedermann zugänglichen und einsehbaren Parkplatz gesetzt wurde; eine entsprechende Wahrnehmung hätte daher auch durch (minderjährige) weibliche Personen erfolgen können, was einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten
Grundsätze der guten Sitten bildet. B handelte daher tatbestandsmäßig und schuldhaft.
e. Wie bewertete das Landesverwaltungsgericht OÖ B’s Behauptung, er habe sich im Tatzeitpunkt
in einer unausweichlichen und zudem nicht von ihm selbst verschuldeten Notlage iSd § 6 VStG
befunden ?
Landesverwaltungsgericht OÖ qualifizierte die Behauptung als unglaubwürdig, weil B dies
während des gesamten Verfahrens bloß behauptet, nicht jedoch anhand tauglicher Beweise (wie zB solcher über das Vorliegen einer entsprechender physischer oder psychischer Beeinträchtigung [Inkontinenz oÄ]) konkret belegt hatte.
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IV. EU-RECHT (UNIONSRECHT)
13. a. Von welchem Organ stammt die Verordnung (EU) Nr 97/2010 (CELEX-Nummer
32010R0097) ?
Suche in EUR-Lex <eur-lex.europa.eu> [das RIS verlinkt unter <EU-Recht> dorthin].
Europäische Kommission.
b. Welchen Durchmesser darf die traditionelle Pizza Napoletana maximal haben ?
Durchmesser: höchstens 35 cm (Anhang II Pkt 3.5 Verordnung).
V. GERICHTSHOF DER EUROPÄISCHEN UNION
14. a. Mit welchem Datum entschied der EuGH in der Rechtsache C-367/12 ?
Suche in EUR-Lex <eur-lex.europa.eu> oder <curia.europa.eu>.
13.02.2014.
b. Schildern Sie kurz den Verfahrensgegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH
in der Rechtssache C-367/12 !
EuGH beantwortete Fragen des Unabhängigen Verwaltungssenats OÖ betreffend Auslegung
von Art 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) sowie der Art 16 (unternehmerische Freiheit)
und Art 47 (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf) EU-Grundrechtecharta (GRC). Die für
die Neuerrichtung von Apotheken angewandten demografischen Kriterien waren nach Auffassung des EuGH nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar.
VI. EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE (EGMR)
15. a. Mit welchem Datum entschied der EGMR die Individualbeschwerde Nr 19010/07 bezüglich der Adoption des leiblichen Kindes des Partners in gleichgeschlechtlichen Beziehungen ?
Suche in <www.echr.coe.int> HUDOC (Human Rights Documentation), der Onlinedatenbank des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte;
einzelne Urteile auch unter <egmr.org> sowie
im RIS unter <https://www.ris.bka.gv.at/Jus/>.
Datum des Urteils des EGMR: 19. Februar 2013 (NJW 2013, 2173; ÖJZ 2013, 476).
b. Wer war der beklagte Staat ?
Beklagter Staat: Republik Österreich.
c. Wurde der beklagte Staat zur Zahlung von immateriellem Schadenersatz verurteilt (Nennen Sie
den Betrag !) ?
Ja, Österreich wurde zur Zahlung von € 10.000,– immateriellen Schadenersatz verpflichtet
(„gerechte Entschädigung“ iSv Art 41 EMRK).
d. Welche/s Recht/e sah der EGMR als verletzt an ?
Art 14 iVm Art 8 EMRK (vergleicht man die Situation der Beschwerdeführerin mit der eines
unverheirateten verschiedengeschlechtlichen Paares, bei dem ein Partner das Kind des anderen
Partners adoptieren möchte).
(Cyber)Öffentliches Recht I (Binder/Trauner)
Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 10
VII. LITERATURDATENBANKEN
16. Suchen Sie in der RDB den Beitrag „Die Bettelverbote in der Judikatur des VfGH. Fragen
des öffentlichen Rechts im Jahr 2012“ und nennen Sie AutorIn und Fundstelle !
Autorin: Barbara Weichselbaum.
Fundstelle: Jahrbuch Öffentliches Recht 2013, 37.
17. Suchen Sie in der Datenbank LexisNexis Online das Buch „Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft. Rechtliche Folgen der Ehescheidung und Auflösung einer Lebensgemeinschaft11 (2013)“ und nennen Sie den/die AutorIn !
Welcher Teil und welches Kapitel handelt von „Gleichgeschlechtlichen Partnerschaften“ ?
Autorin: Astrid Deixler-Hübner.
Dritter Teil: III. Kapitel.
18. Suchen Sie in rida online den Kommentar zum Tabakgesetz von Gerhard Strejcek und
nennen Sie den Titel !
Rauchen im Recht. Tabakrecht und Tabakmonopol.
19. Suchen Sie in Lindeonline nach dem Beitrag „Keine verfassungsrechtlichen Bedenken
gegen neues Tabakgesetz“. In welcher Zeitschrift wurde dieser Beitrag veröffentlicht ?
Steuer- und WirtschaftsKartei SWK 32/2009.
(Cyber)Öffentliches Recht I (Binder/Trauner)
Rechtsinformationssystem (RIS) – Lösung/Seite 11
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