38 Coopzeitung · Nr. 33 vom 16. August 2016

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Die Liebe zum Beruf
spiegelt sich im
Tattoo. Es geht bis
zur Schulter hoch.
38 Coopzeitung · Nr. 33 vom 16. August 2016
Essen&
Trinken
Lokalpatriot
SWISSNESS PUR
IM PARKHOTEL
N
enad Mlinarevic (35) ist GaultMillau-Koch des Jahres. Und
trotzdem auf dem Boden geblieben. Er betritt die Lobby des
Park Hotels Vitznau LU, gibt die Hand
und bietet gleich das «Du» an.
Der gebürtige Zürcher kocht seit fünf
Jahren im Restaurant «focus». Seit März
2015 ausschliesslich mit Schweizer Produkten. Was das bedeutet, wird einem
klar, wenn man die Küche betritt:
Grundzutaten, die in jedem Haushalt zu
finden sind, fehlen hier. Kein Pfeffer,
und kein Olivenöl.
Foto: Christoph Kaminski
Mut zu lokalen Produkten
«Schon als ich hier in Vitznau anfing, bemerkte ich die grosse Vielfalt regionaler
Produkte. Ich möchte, dass meine Gäste
diese probieren», erzählt Mlinarevic. Jakobsmuscheln und argentinisches Entrecôte könne man auf der ganzen Welt
essen. «Wenn ich auf Reisen bin, esse ich
auch lieber lokale Spezialitäten.»
Um die richtigen Zutaten zu finden,
scheut er keine Mühe. Geht auch mal persönlich auf Produzentensuche und besucht einmal wöchentlich mit den ande-
♦ Innovativ Mit regionalen Produkten hat es der
Zürcher Nenad Mlinarevic (35) zum Gault-Millau-Koch
des Jahres gebracht. Für Coop kocht er mit
DEBORAH LACOURRÈGE
Produkten von Pro Specie Rara.
Zuerst wähle
ich die Zutaten,
dann schreibe ich
das Rezept.
Nenad Mlinarevic (35), Chef des
Restaurants «focus» im Parkhotel Vitznau
ren «focus»-Köchen den Markt. Andere
Produzenten liefern auch direkt nach
Vitznau. Der Spitzenkoch sucht aus, was
zu seiner Küche passt, auch in kleinen
Mengen: «Wenn mir eine Zutat gefällt,
habe ich die Freiheit, dass ich das Gericht
nur für wenige Tage auf die Karte setzen
kann», sagt er. Mlinarevic arbeitet mit einem Bauern im benachbarten Weggis zusammen, der exklusiv für das «focus» anbaut. Unter anderem Chilis, Kumquats,
Orangen oder blauen Mais.
«Wir haben eine grosse Vielfalt an Gemüse hier in der Schweiz. Ich möchte,
dass die Leute erfahren, dass es nicht
nur Gurken und Tomaten gibt, sondern
über 30 unterschiedliche Sorten davon.»
«From farm to table» (vom Bauernhof
auf den Tisch) lautet seine Philosophie.
Eine Mindmap mit Zutaten
An diesem verregneten Tag kocht Mlinarevic mit Pro-Specie-Rara-Produkten
von Coop. Eine Einkaufsliste schickte er
im Vorfeld keine: «Bring einfach einige
Lebensmittel, ich koche spontan etwas.»
Er stellt alle Zutaten auf einen Tisch,
riecht am Frischkäse, probiert die Ziegenmilch, drückt auf das Fleisch. Ein
kritischer Blick. Dann entscheidet er
sich für fünf Zutaten: den Ziegenfrischkäse, das Bio-Lamm, die Tomaten «Black
Cherry» und «Baselbieter Röteli» sowie
die Stangenbohnen.
Der gross gewachsene Koch greift zum
Notizblock und kreiert etwas, das wie
eine sogenannte Mindmap ausschaut.
«So kreiere ich meine Rezepte. Zuerst
wähle ich die Zutaten aus, dann überlege
ich mir, was ich daraus mache.»
Gummig oder knusprig
Beizen, grillieren, im Ofen braten – im
Rezept (Seite 41) setzt der
●●●
Coopzeitung · Nr. 33 vom 16. August 2016 39
Essen&
Trinken
Mlinarevic schreibt
zuerst die Zutaten auf.
Danach überlegt er sich,
was er damit machen
will. In diesem Fall wird
das Lamm kurz
angrilliert und die
Bohnen werden kurz
blanchiert.
«focus»-Chef auf unterschiedliche Konsistenzen. «Natürlich ist der Geschmack essenziell, aber auch unterschiedliche Beschaffenheiten sind mir
sehr wichtig. Ich mag es, wenn ein Gericht eine knusprige Komponente hat.»
In diesem Fall kommt diese vom Frischkäse, der im Ofen – ähnlich wie Parmesan-Chips – knusprig gebacken wird.
Auch die Konsistenz des Lamms will
Mlinarevic durch Beizen verändern: «So
bekommt es eine spezielle Struktur, einen charakteristischen Biss, Beef Jerky
nicht unähnlich.»
In der Küche läuft Musik. Mlinarevic
trägt seine Röhrenjeans, ein dunkelblaues Hemd und Sneakers – seine Kochuniform. «Ich muss mich wohlfühlen,
um richtig kreativ sein zu können. Wenn
ich zufrieden bin und mich wohlfühle,
bin ich auch ein guter Teamleader.»
Mlinarevic arbeitet sehr strukturiert. Vor
dem Kochen legte er sich alles zurecht:
Messer, Schneidebrett, sogar der Putz●●●
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lappen hat seinen Platz. «Ich brauche Rituale, eine gewisse Auslegeordnung»,
sagt der Sternekoch.
Eine Hommage an den Beruf
Als er sich die Ärmel seines Hemdes zurückkrempelt, zeigt sich ein Kunstwerk.
Ein Tattoo aus alten botanischen Darstellungen – vom Handgelenk bis zur Schulter. 34 Stunden musste er dafür hinhalten. Eine Hommage an seinen Beruf.
Dann wirft der leidenschaftliche Koch
den Grill, ein «Big Green Egg», an. Dieser wird im «focus» das ganze Jahr über
benutzt. «Durch das Grillieren auf Holzkohlen bekommen die Zutaten Röstaromen und werden viel aromatischer, als
wenn man sie in der Pfanne brät», erklärt der Koch des Jahres.
Dass er diese Auszeichnung bekommen
hat, bedeutet Mlinarevic viel: «Sie ist
eine besondere Anerkennung für mein
Team und mich. Wir arbeiten schliesslich dann, wenn andere Freizeit haben.
Wenn ich gegen 1 Uhr nach Hause
komme, schaue ich mir noch Kochbücher an und überlege, wie wir uns noch
weiter verbessern können.»
Stets neue Herausforderungen
Besser werden, ein ständiges Ziel des
Spitzenkochs – ein Gault-Millau-Punkt
und ein Guide-Michelin-Stern zusätzlich,
das wäre noch möglich. Ist das denn
überhaupt noch nötig? «Mein persönliches Glück hängt nicht von Auszeichnungen ab. Aber ich gehe gerne ans
Limit, suche ständig neue Herausforderungen», erklärt der Mittdreissiger.
Ab und zu werde er gefragt, wie lange er
gedenke, sein Schweiz-Konzept durchzuziehen. Dann wiegelt Mlinarevic ab:
«Für mich ist kulinarische Swissness
kein Modegag. Ich habe 18 Jahre lang mit
Luxusprodukten aus aller Welt gekocht.
Jetzt hoffe ich, dass ich mindestens genauso lange mit Schweizer Produkten
kochen kann.» ●
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LAMM-TATAR À LA NENAD
Raffiniert Für dieses Lamm-Tatar wird das Fleisch gebeizt,
mit Rosmarin geräuchert und kurz angrilliert.
Fotos: Christoph Kaminski
Für 4 Personen
Vor- und Zubereitungszeit: ca. 70 Min.
Zutaten
R 250 g Bio-Lammgigotsteak
R 1 Knoblauchzehe
R Je 1 Zweig Thymian und Rosmarin
R 2 Zweige Estragon
R 100 g Pro-Specie-RaraAppenzellerziegen-Frischkäse
R 8 Pro-Specie-Rara-Stangenbohnen
Trebona
R 10 Pro-Specie-Rara-Tomaten
(Baselbieter Röteli und Black Cherry)
R 220 g Zucker
R 120 g Salz
R Je 15 g Petersilie und Schnittlauch
R 3 EL Rapsöl
R 200 ml Apfelessig
R 4 EL Crème fraîche
Zubereitung
Zuerst den Holzkohlegrill anfeuern.
Dann das Fleisch für das Beizen
vorbereiten: Das Fett vom Lamm
abtrennen. Die Knoblauchzehe in feine
Scheiben schneiden. Die Blätter von
Estragon und Thymian abzupfen.
Aus 120 g Zucker und 80 g Salz die
Beizgrundlage herstellen. Knoblauch
und Kräuter hinzugeben. Das Lamm
in die Mischung geben. Zugedeckt
während 30 Min. im Kühlschrank ruhen
lassen.
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Im
Tiefküh
lr
egal
In der Zwischenzeit den
Ziegenfrischkäse in kleine Stücke
zerbröckeln und auf ein Backpapier
legen. In den auf 170 Grad (Umluft)
vorgeheizten Backofen geben und
insgesamt 20 Min. backen, bis der Käse
schön knusprig ist. Nach 10 Min.
wenden.
Die Bohnen rüsten und während 3 Min.
in Salzwasser blanchieren. Danach im
Eiswasser abschrecken. Beiseitestellen.
Einen Rosmarinzweig auf die Holzkohlen
geben. Das Lamm zugedeckt grillieren,
maximal 1 Min. pro Seite. Das Fleisch
vom Grill nehmen und fein hacken.
Den Essig mit 100 g Zucker und 25 g
Salz aufkochen und auskühlen lassen.
Je 15 Gramm Petersilie, Schnittlauch
und Estragon fein hacken, dazugeben.
Danach zusammen mit dem Öl unter das
Lamm mischen. Mit Salz abschmecken.
Die Tomaten in feine Scheiben
schneiden. Die Bohnen in ca. 1 cm breite
Stücke schneiden.
Das Tatar auf dem Teller anrichten.
Zuerst die Frischkäse-Chips, dann die
Bohnen und die Tomaten darauflegen.
Mit einem Esslöffel Crème fraîche
servieren.
Coopzeitung · Nr. 33 vom 16. August 2016 41
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