Gedanken zur politischen Lage in Deutschland und zur Problematik der Politikberatung durch Wissenschaftler und akademische Institutionen (November 2015) 1. Die multiple Krisensituation spitzt sich objektiv zu. Verschiedene Großprojekte sind vom Scheitern bedroht, insbesondere ,,Energiewende", ,,Eurorettung" und ,,Flüchtlingskrise". Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus kommt jetzt hinzu. Wenn Frankreich nun den Notstand ausruft und den ,,Krieg" erklärt, befindet sich Deutschland als engster Verbündeter und direkter Nachbar de facto in derselben Lage, obwohl das allgemein herunterspielt wird. Diese desaströsen Entwicklungen sind seit Jahren absehbar, ohne dass korrigierend eingegriffen worden wäre. 2. Das Vertrauen der Bevölkerung in die politische Führung, die demokratischen Mitwirkungsrechte, die Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien im Sinne des Grundgesetzes ist an einem 'Tiefpunkt angelangt. Was in großen Teilen der Bevölkerung gedacht und diskutiert wird, findet im Diskurs der politischen Parteien und in den Medien keinen Widerhall. Im Gegenteil: Politik -und Medien diffamieren alle m6glichen Meinungen, die vom politisch korrekten Mainstream abweichen, pauschal als ,,rechtsextrem“, „rassistisch“, „nazistisch“, „rechtspopulistisch“ usw. 3. Die Meinungsfreiheit ist bedroht. Sehr viele Menschen haben, wie neuere Umfragen ergeben, Angst, ihre Meinungen und Sorgen öffentlich zu äußern, die Rede von der ,,DDR 2.0" macht inzwischen die Runde. Wissenschaftler haben wie alle Staatsbürger die Aufgabe, für Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Bildung einzutreten. Dabei darf das Aussprechen unbequemer Wahrheiten nicht deologischen Vereinnahmungen und damit verbundenen ökonomischen Vorteilen geopfert werden. Wir sollten uns den Mund nicht verbieten lassen. 5. Es ist die Frage, inwieweit man es als Wissenschaftler (und Bürger) 1änger mit seinem Gewissen vereinbaren kann, mit einer politischen Klasse zu kooperieren, deren Handeln bzw. Nichthandeln man als fundamentale Gefahr für das Gemeinwohl der in Deutschland lebenden Menschen empfindet. Wer hier im Sinne der Politikberatung wider besseres Wissen Stellungnahmen abgibt, die von der Politik zur Legitimation von fragwürdigen Entscheidungen herangezogen werden (können), handelt unverantwortlich und verstößt gegen den Grundsatz der Wahrhaftigkeit. 6. Was ist zu tun? Wir sollten überprüfen, inwieweit wir unser politisches Handeln als (etablierte) Wissenschaftler, die eine privilegierte Stellung in der Gesellschaft genießen, mit unserem Gewissen vereinbaren können. Es kann der Zeitpunkt kommen, wo man zur Politik auf Distanz gehen und statt der Politiknähe, wie derzeit, eine Politikferne anstreben muss. Manchmal ist Schweigen besser, als angepasstes Reden. Manchmal kann es aber auch notwendig sein, laut und deutlich in der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen.