DCG-Informationen 4 (4): 41-46 4/1973 PSEUDOTROPHEUS ZEBRA Boulenger 1899 Variante „bright blue" oder „Das strahlendste Blau meines Lebens" Ein Bericht von Günter Otto Ps. zebra „bright blue" war bis Mitte vorigen Jahres in Kreisen von CichlidenFreunden ein Zauberwort. Die glücklichen Besitzer hüteten sie wie blaue Diamanten. Und das mit Recht. Denn diese Variante zeigt eine wahrhaft sehenswerte Farbenpracht. Da Importe bis dahin so gut wie nicht nach Europa kamen, wurden die vorhandenen Exemplare - wenn überhaupt - teilweise zu Fabelpreisen gehandelt. Selbst reine Nachzuchten erreichten noch Preise, wie ausgewachsene Importtiere anderer Arten aus dem Malawi-See. Was also rechtfertigte diesen „bright-blue"-Rummel? Nun, wer reine Importtiere in ihrer ganzen Farbenpracht gesehen hat, mag die Begeisterung verstehen; zum anderen kam hinzu, daß die Variante so gut wie nicht importiert wurde. Nachdem im Herbst vergangenen Jahres dann endlich die heiß ersehnten Importe eintrafen, konnte sich fast jeder interessierte Cichliden-Fan das „strahlendste Blau seines Lebens" ins eigene Aquarium holen. Der Körper von Ps. zebra „bright blue" ist verhältnismäßig hochrückig und gedrungen. Die unpaaren Flossen sind blau. Im weichen Teil der Afterflosse befinden sich bis zu 5 leuchtend gelb-orange Eiflecken. Am hinteren Rand der Rückenflosse können ebenfalls eine Reihe kleinerer Flecken vorhanden sein. Am gesamten Körper zeigen Ps. zebra „bright blue" ein strahlendes Hellblau, wobei die Männchen - auch wenn sie mal nicht imponieren - die Weibchen an Farbintensität noch übertreffen. Leider werden in letzter Zeit Kreuzungen als echte Nachzuchten angeboten. Diese Tiere zeigen aber kaum etwas von den leuchtenden Farben der Importe. Nachdem ich meine Jagd nach Ps. zebra „bright blue" abgeschlossen hatte, besaß DCG-Informationen 4 (4): 41-46 4/1973 ich 15 an der Zahl, davon 6 weiße und 9 blaue Tiere; jeweils 1 Männchen und 5 bzw. 8 Weibchen. Dafür aber auch ein Loch im Geldbeutel, eine unverschämte Telefonrechnung und per Automobil einen vorher nicht gekannten Eindruck von der Schönheit verschiedener deutscher Landschaften. Als Heimstatt dienen meinen „bright blue"2 Becken von 125 x 50 x 40 cm bzw. 110 x 50 x 40 cm. Die Gesamthärte beträgt ca. 10 - 12° dH. Der pH-Wert liegt bei 6,4 6,6. Das Wasser wird regelmäßig jede Woche zu 4/5 gewechselt. Für die Temperatur gibt es keinen Festwert. Sie schwankt zwischen 25 - 27 °. Zur mechanischen Filterung benutze ich 2 Turbellen 500 mit Kombi-Außenfilter. Als Filtermasse verwende ich Schaumgummi. Die Zubehörindustrie bemüht sich zwar unablässig endlich das ideale Filtermaterial auf den Markt und an den Mann zu bringen; doch bei etwas Kenntnis der Materie wird jeder das für ihn geeignete Filtermaterial gefunden haben. Es muß nämlich gar nicht die teure - und nach spätestens 8 Tagen wertlose - Filterkohle sein. Das Schaumgummi wasche ich täglich aus, wobei mir immer aufs Neue diese Notwendigkeit der Filterreinigung vor Augen geführt wird. Wer nun meint, das sei mit viel Arbeitsaufwand verbunden, kennt die einfache aber elegante Konstruktion - wenn auch teure - der Tunze Kombifilter nicht. In Bezug auf schnelle und bequeme Reinigung - noch mehr in Bezug auf die Leistung - ist dieser Filter unschlagbar. Es ist ja nun eine bekannte Tatsache, daß alles was mit Arbeit verbunden ist, gerne mal verschoben, wenn nicht sogar vergessen wird. Gerade das Saubermachen des Filters. Hier wird auch heute noch viel gesündigt. Dem wirkt die Konstruktion der Tunze Kombi-Filter geradezu entgegen. Beleuchtet wird mit je 2 x 40 Watt Warmton de Luxe Leuchtstoffröhren, 15 Stunden täglich. Bei diesen Lichtverhältnissen gedeihen Aponogeton crispus, Ap. ulvaceus und diverse Echinodorus-Arten. Nach ungefähr 4 Wochen hatten meine „bright blue" ihre neue Heimstatt ohne DCG-Informationen 4 (4): 41-46 4/1973 große Umbauten angenommen. Das blaue Männchen hatte zwar sein „Freudenhaus" am Boden etwas vergrößert, aber ansonsten waren Baggereien unterblieben. An Verstecken mangelte es auch nicht. Da nach FRYER Ps. zebra in den felsigen Regionen des Malawi-See vorkommt, benötigen die Tiere Höhlen und Verstecke. Ich hatte von der Rückseite der Becken bis hin fast zur Mitte Aufbauten aus Schieferplatten geschaffen. Es bestand somit eine reiche Auswahl an Versteckmöglichkeiten. Dabei sollte man - meinen Beobachtungen nach - aber auf folgenden Punkt achten. Die Höhlen dürfen unbedingt nur einen Ein- und Ausgang haben. Bei der Einrichtung des Beckens etwas mühselig, aber unbedingt lohnend. Ansonsten kann es passieren, daß das Männchen durch alle Höhlen hindurchschwimmt und schnell das ganze Becken als Revier beansprucht. Die Unterscheidung der Geschlechter macht keine Schwierigkeiten. Das Männchen ist meistens etwas größer, zeigt das intensivere Blau, weiterhin die kräftigeren Eiflecken in der Afterflosse, und oft besitzt der hintere Rand der Rückenflosse eine Reihe schwächer gefärbter Flecken. Außerdem ist die Rückenflosse bei männlichen Tieren spitz ausgezogen. Futterprobleme sollten einen Aquarianer, der auch die hohe Schule der Züchterei betreiben will, nicht plagen. Bei Ps. zebra „bright blue" taucht das Problem nicht auf. Die Tiere sind schon fast als verfressen zu bezeichnen und nehmen fast jedes Futter willig an. Dieses bestand bei mir aus Glasstäbchen, Daphnien, Cyclops und Tubifex. Im Winter gab ich selbiges Futter tiefgefroren, nebst den dann erhältlichen roten Mückenlarven. Aber auch Trockenfutter wurde stets gern genommen. Um die Tiere zum Ablaichen zu bringen, habe ich in puncto Futter die Erfahrung gemacht, daß alle Arten von Mückenlarven das beste sind, damit die Weibchen Laich ansetzen. Bei der ständigen Freßlust der Tiere besteht die Gefahr einer Überfütterung, bzw. Verfettung, welches einem Ablaichen äußerst abträglich ist. Um dieser Gefahr zu begegnen, fütterte ich also so abwechslungsreich wie irgend möglich und legte pro Woche immer einen Fastentag ein. DCG-Informationen 4 (4): 41-46 4/1973 Nach 14 Wochen durfte ich hoffen, daß die Tiere sich eingewöhnt hatten und mir etwas von ihrer natürlichen Verhaltensweise zeigen würden. Die Männchen hatten feste Reviere - ohne für sichtbare Bezugspunkte Aufschluß zu geben. Auch die Weibchen hatten ihre Lieblingsplätze, doch möchte ich hier keinesfalls von Revieren sprechen. Das Verhalten der Weibchen in meinen Becken widerspricht den Beobachtungen von PAULO erheblich. Meine Weibchen - weder die blauen noch die weißen - bildeten nie Gruppen oder schwammen gar gruppenweise durchs Becken. Von Gruppenbildung keine Spur. Auch konnte ich nicht beobachten, daß etwa eine Rangordnung aufgebaut oder eingehalten wurde. Intensiver Erfahrungsaustausch mit anderen "bright blue"-Pflegern ließen solche Beobachtungen ebenfalls nicht erkennen. Außerdem würde ein solches Verhalten bisher gemachter Beobachtungen über die Lebensgewohnheiten dieser Tiere in Freiheit widersprechen. Das Bilden von Gruppen, Aufbau und Einhaltung einer Rangordnung (soziale Verhaltensweise) habe ich in sehr ausgeprägter Form bisher nur bei Ps. moorei - die ich seit fast 3 Jahren pflege und züchte - beobachten können. Ausführliche Beschreibungen darüber hat WICKLER vor längerer Zeit bereits veröffentlicht, die ich voll und ganz bestätigen kann. Meine Männchen erwiesen sich mit der Zeit als überaus feurige Liebhaber. Das artete ab und an fast in Brutalität aus. Die Weibchen wurden gejagt und verprügelt, daß einem Angst und Bange werden konnte. Selbst einem Cichliden-Freund konnte die Sehnsucht nach einem friedlich dahinschwimmenden Schwarm roter Neon kommen. Doch jetzt machte sich die Vielzahl an Höhlen und Verstecken angenehm bemerkbar und bewahrte die Weibchen vor Schaden. Ein laichbereites Weibchen erkennt man daran, daß es plötzlich dem stürmischen Werben des Männchens nicht mehr ausweicht oder gar flieht. Früher oder später folgt es sogar dem lockenden Männchen. Dabei schwimmt das Männchen das Weibchen an, dreht kurz vor ihm ab und verteilt wilde Schläge mit der Schwanzflosse, bei denen das Weibchen regelrecht zur Seite geworfen wird. Unter DCG-Informationen 4 (4): 41-46 4/1973 heftigem Flossenflattern und Zittern des ganzen Körpers führt der Mann seine Auserwählte zum Ablaichplatz. Hier können stundenlang Scheinpaarungen - auch nach Erscheinen der Laichröhre - stattfinden, ohne daß tatsächlich abgelaicht wurde. Das Ablaichen geschieht unter ständigem Kreisen und Drehen. Beide Partner erzittern heftig und das Männchen stößt dem Weibchen mit dem Maul sanft in die Aftergegend. Hat das Weibchen dann ein Ei ausgestoßen, nimmt es dieses sofort ins Maul. Danach schnappt es nach den Eiflecken der vom Männchen präsentierten Afterflosse. Dabei werden die aufgenommenen Eier befruchtet, da das Männchen dann seinen Samen ausstößt. Ein Ablaichen kann zwischen 12-42 Eier - je nach Größe und Fütterung des Weibchens - ergeben. Das Weibchen verzieht sich anschließend in stille Höhlen und ist für ca. 7 - 8 Tage nicht mehr zu sehen. Später erscheint es dann meistens zur Fütterung und es kann passieren, daß es ganz vorsichtig sogar Lebendfutter zu sich nimmt, ohne die Jungen zu verschlucken. Während die Weibchen ansonsten untereinander recht friedlich sind bis auf gelegentliches Maulzerren - ändert sich dies Verhalten während der Brutzeit. Dann tun kinderlose Geschlechtsgenossinnen besser daran, der werdenden Mutter aus dem Weg zu gehen. Nach von mir gemachten Beobachtungen hängt die Dauer der Brutzeit stark von der Wassertemperatur ab. Bei ca. 25 - 26° beträgt sie zwischen 23 - 26 Tagen. Schon bei 29 - 31° verkürzt sie sich auf ca. 19-23 Tage. Die Jungen werden dann meist in einer schmalen Felsspalte zusammengehalten und bewacht. Sie sind schon ungefähr 10 mm groß und fressen sofort feinstes Trockenfutter, Artemia und kleine Cyclops. Wer bisher noch nicht von der Farbenpracht der Tiere angetan ist. wird es spätestens beim Anblick eines Schwarmes junger "bright blue"! Durch Zufall fielen in einem Ablaichbecken die Trennscheiben um. Dabei gerieten die Jungen von 2 noch pflegenden Muttertieren durcheinander. Die Fassung der beiden Weibchen ebenfalls. Sie versuchten wie wild ihre (?) Jungen wieder aufzunehmen. Nach 1/4 Stunde hatten sie es auch geschafft. Die vollen Kehlen DCG-Informationen 4 (4): 41-46 4/1973 bewiesen es. Nun war ich aber neugierig geworden. Konnten die Weibchen ihre leiblichen von fremden Jungen unterscheiden? Beide Tiere hatten am selben Tag die Brut ausgespuckt. Größe, Farbe und Aussehen war meiner Ansicht nach völlig gleich. Als versuchte ich den großen Täuscher zu spielen. Doch vergeblich versuchte ich über Tage hinweg, fremde Junge einer der Mütter einzuschmuggeln. Sie wurden sofort als Eindringlinge behandelt und wütend verjagt. Dabei waren die eigenen Jungen längst in der Kehle der Mutter verschwunden. Wie und woran die Weibchen ihre leiblichen Jungen von fremden unterscheiden, dürfte wohl eines von vielen noch ungelöstes Rätseln und Problemen bei diesen ansonsten problemlosen Malawi-See-Burschen sein. Haben die Fische erst einmal abgelaicht, klappt es praktisch am laufenden Band, ohne den Pfleger vor das Problem zu stellen: Wohin mit den Nachzuchten. An Abnehmern mangelt es bei dieser herrlichen Art bestimmt nie! Literaturhinweis: FRYER Trophic interrelationships of litoral communities of Lake Nyasa. PAULO Ps. zebra Boulenger 1899. DATZ Nr. 8/1972 WICKLER Beobachtungen über das soziale Verhalten von Tr. moorei, Aquarienmagazin 6/1970 Pseudotropheus zebra Variante „bright blue" DCG-Informationen 4 (4): 41-46 4/1973