Evangelische Stadtkirche Diessenhofen Die alte Stadtkirche fügt sich harmonisch in das malerische Bild unseres Rheinstädtchens ein. Zur Geschichte: Eine Kirche zu Diessenhofen ist in der Urkunde vom 27. März 757 erwähnt. Ihr Hauptpatron ist der heilige Dionysius (1517 «Kilchen Sant Dionisius»). Das weist auf das Kloster St. Denis bei Paris hin, von wo aus sich schon im 7./8. Jahrhundert die Verehrung des Heiligen ausgebreitet hatte. Damals schenkte der Priester Lazarus seinen Weiler Deozincova samt Kirche dem Kloster St. Gallen. Die Schenkungsurkunde ist im Stiftsarchiv in St. Gallen aufbewahrt. Die Stadtrechts-Verleihung und Befestigung der Stadt erfolgte erst gut 400 Jahre später, 1178 durch Graf Hartmann lll. von Kyburg. Zur Zeit der Stadtgründung besassen die Kyburger das Diessenhofer Gotteshaus als Eigenkirche. Im 13. Jahrhundert erfolgte etwa auf dem Grundriss der heutigen Kirche der Bau einer romanischen Basilika, die 1363 von einem Brand heimgesucht wurde. Das Gotteshaus wurde als gotische Staffelhalle wieder aufgebaut. Die 1969/70 eingebauten, in der Höhe gestaffelten Holzdecken entsprechen den damaligen Decken- Einbauten. Gegen Ende des 15. Jhr. ersetzte man im Schiff die fünf romanischen Bogenfolgen mit ihren prachtvollen Würfelkapitellen durch vier Spitzbogenarkaden mit polygonalen Pfeilern. Gleichzeitig wurde das Niveau der Decke vereinheitlicht und am Westende des Hauptschiffes eine Empore eingebaut. Aussen präsentiert sich das Gotteshaus als schlichter Giebeldachbau mit einem Chorflankenturm. Der massige Turm erstreckt sich mit schön geflügelten Sandsteineckquadern bis zum Spitzhelm, unter dem sich die doppelten gotischen Spitzbogen allseitig der zweigeschossigen Glockenstube öffnen. 1838/39 erfolgte die grösste Veränderung des Kirchenraumes. 2 Ein damals neugotischer Drang nach oben wandelte den Kirchenraum in eine Spitztonnenhalle. Etwa nach dem Slogan «jedem Dorf seine Kathedrale». Paritätische Nutzung: 1519 wurde Veit Kappeler als erster evangelischer Pfarrer gewählt. Im gleichen Jahr noch war die Mehrheit der Bürger für die Wegschaffung der Bilder und Altäre. Bis zum zweiten Landfrieden (1531) fand dann in Diessenhofen keine Messe mehr statt. Bereits im Jahre 1543 wurde aber wieder ein Altar für die Katholiken eingerichtet. Von da an dauerte das Simultanverhältnis mehr als 400 Jahre. Der Innenraum vor 1967: 1963 genehmigten die beiden Kirchgemeinden einen Auflösungs- und Abtretungsvertrag und die Katholiken bauten ihre eigene Kirche ausserhalb der Stadtmauern. Die paritätische Kirche vor der Restaurierung 3 Die Restauration: Mit der Restauration von 1968–1970, realisiert durch das Architekturbüro Scherrer & Hartung, hat die Kirche die Gestalt der schlichten gotischen Staffelhalle wiedergewonnen. Heute betritt man die Kirche durch den markanten Westeingang und hat das geräumige Mittelschiff vor sich. Südlich und nördlich sind die schmäleren Seitenschiffe angefügt. Zwei Reihen achtkantiger Säulen auf soliden Fundamenten tragen über gotischen Spitzbögen den ganzen Oberbau mit den bereits erwähnten Holzdecken. Ostwärts schliesst sich nach drei Treppenstufen der etwas höher liegende Chorraum an. Der Innenraum nach 1970: Die Stadtkirche nach der Restaurierung 4 Der Chorraum: Glasbild mit dem Jünger Petrus Glasbild «Elias mit dem Engel» Das Glasbild im Fenster der Ostwand wurde vom Bündner Künstler Gian Casty, damals wohnhaft in Basel, gestaltet. Es zeigt den Jünger Petrus, in dessen Netz Fische gefangen sind, (Menschenfischer), denHahn, der gekräht hat, die Tauben und den Baum der Erkenntnis. Ebenfalls schuf Gian Casty das kleine Glasbild in der Nordwand «Elias mit dem Engel». Die Kanzel wurde vom Künstler Emanuel Bosshard, Eschlikon aus massivem Nussbaumholz gestaltet. Dargestellt ist die grosse Krone Christi und die kleineren Kronen der Jünger. Die Kanzel 5 Der Abendmahlstisch wird an der Stirnseite von einem, ursprünglich an der Wand festgemachten, Epitaph geschmückt. Der Abendmahlstisch Sie zeigt eine Begräbniszeremonie einer adligen Familie aus dem 17. Jahrhundert. Der Taufstein von 1527 kam während der letzten Restauration bei archäologischen Untersuchungen in den Aussenmauern zum Vorschein. Die Bruchstücke wurden ergänzt und zusammengefügt. Seit 2004 steht er rechts vor dem Chorraum und wird wieder für Taufrituale benützt. Der Taufstein Die Orgel an der westlichen Rückwand wurde 1972 fertig eingebaut. Anstelle der viel grösseren Empore, welche die ganze Breite des westlichen Kirchenraumes einnahm, entschied man sich für eine kleinere Empore. Das Orgelwerk stammt vom Orgelbauer Schwenkedel in Strassburg. Die Orgel verfügt über 4 Manuale, 32 Register, das Pedal und als Besonderheit die spanischen Trompeten. 6 Die Orgel Der Glockenstuhl Am Glockenturm wurden bei der Restaurierung der Turmuhr, statt vormals zwei, nun vier Zifferblätter angebracht. Im Glockenstuhl wurde die alte Holzkonstruktion durch Stahlträger ersetzt. Die fünf Glocken wurden 1883 von der Glockengiesserei Keller in Zürich gegossen und ergeben einen reinen H-Dur Akkord: h, dis, fis, h, dis. Die grösste Glocke h trägt die Inschrift «Ehre sei Gott in der Höhe», die zweite dis «Friede auf Erden», die dritte fis «Bleibe bei uns, denn es will Abend werden», die vierte h «Bete und arbeite» und die fünfte dis «Lasset die Kindlein zu mir kommen». Das Geläute der kath. Kirche mit seinen cis moll und B Dur Akkorden wurde auf das Geläut der bisherigen paritätischen Kirche abgestimmt. Möge die Harmonie des Glockenklangs stets Symbol des inneren und äusseren Friedens für alle bleiben. 7 Quellennachweis: Zusammenstellung: Bilder: Herausgeberin: Druck: Dokumentation: «Zur Erinnerung an die Restaurierung 1968–1972» Brigitta Lampert in Zusammenarbeit mit Ernst Ott Brigitta Lampert Evang. Kirchgemeinde, Kirchgasse 1, 8253 Diessenhofen. [email protected] Bärendruckerei, Diessenhofen