Exo-Planeten Max Camenzind Senioren-Uni Würzburg @ 20.6.2011 Motivation • Eine der ältesten Fragen der Menschheit: • Sind wir allein im Universum? • Ist unser Planetensystem einmalig? – Sternentstehung – Planetenbildung – Entwicklung von Planetensystemen – Wechselwirkung Stern – Planet • Die Suche nach Planeten ist eine experimentelle Herausforderung. Zur Geschichte der P-Suche • Die Vorstellung, dass unser Sonnensystem nicht einmalig ist, ist schon alt, z.B. Epikur (341-270 v. Chr.). • Es gibt keinen Grund, warum es nicht eine unendliche Anzahl von anderen Welten geben sollte. • Dagegen stand die dogmatische Vorstellung von Aristoteles (384-322 v.Chr.): • „Es kann nicht mehr als eine Welt geben.“ • Erst Giordano Bruno hat im 16. Jh. die Vorstellung wieder aufgegriffen, dass es viele Sonnen mit Planetensystemen geben könnte Scheiterhaufen. Zur Historie 2 • Kurz nach der Entwicklung des Teleskops begann die Suche nach extrasolaren Planeten (Christian Huygens 1698). • Aus über 2000 Photoplatten aus der Zeit 1916-1969 schließt van de Kamp 1969 auf die Existenz von einem bzw. zwei jupiterähnlichen Begleitern um Barnards Stern (AJ 74, 238; AJ 74, 757). • Die Beobachtungen wurden nicht bestätigt. • D.W. Latham et al. entdecken 1989 einen massearmen Begleiter von HD114762 (Nature 339, 38), der möglicherweise knapp unter der Grenzmasse für Planeten liegt. • Das Objekt wurde noch nicht als Planet bezeichnet. Zur Geschichte der P-Suche • Wolszczan & Frail 1992 entdecken „Planeten“ um einen Pulsar (Nature 355, 145). eher exotisch! • Mayor & Queloz (Universität Genf) entdecken 1995 den ersten Planeten um den sonnenähnlichen Stern 51 Peg (Nature 378, 355). • 2011: über 530 Planeten bekannt + erste Ergebnisse von Kepler (1235 Pl). Wonach suchen wir ? • Sterne: Selbstgravitierende Gaskugeln, Energiebedarf wird/wurde durch (Wasserstoff-) Fusion gedeckt (davon 300 Mrd. in der Galaxis). Grenzmasse von 0,08 M Braune Zwerge: Energiebedarf wird anfänglich durch Deuteriumfusion gedeckt. Grenzmasse von 0,013 M=13 M • Planeten: Keine Fusionsprozesse, Umwandlung nur von potentieller Gravitations-Energie bei Kontraktion + Einstrahlung vom Stern. Das Problem • Braune Zwerge und Planeten sind extrem lichtschwach: L R Teff L R Teff, 2 • Leuchtkraft: • Brauner Zwerg: • Planet: 4 L 2 4 0.1 0.3 104...105 L L 2 4 0.1 0.1 106 L 109 Planetensysteme d < 300 pc Unsere Themen • • • • • • • • Warum Exoplaneten ? Wie kann man Planeten finden ? Radialgeschwindigkeitsmethode Transit-Methode erste Ergebnisse Direkte Abbildung Astrometrische Methode Wie und warum entstehen Planeten ? Wieviele Planeten erwarten wir ? Methoden Planetensuche • Direktabbildung – Interferometrie, Nulling • Astrometrie • Dopplerspektroskopie • Photometrie – Sternbedeckungen (Transits) – Reflektion – Microlensing • [Timing (nur 2 Entdeckungen)] – Pulsare, Weiße Zwerge – Timing residuals Exo-Planeten-Suche > 1989 Exo-Planeten Mikrolensing Transit-Methode Dopplermethode Direkte Methode nur bei Braunen Zwergen Stern muss lichtschwach sein Doppler-Methode Doppler-Verschiebung durch Sternbewegung Dopplermessungen Beispiele Mayor & Queloz 1995, Nature 378, 355 Dopplermessungen • Technologische Grenze bei etwa 3 m/s • ~0,21 sin i M in 1 AU bei 1 M-Stern • Physikalische Grenze durch Geschwindigkeitsfelder auf dem Stern. • Nur Massenuntergrenze bei unbekanntem Inklinationswinkel. • Bevorzugt enge Systeme • Erste Detektion: 51 Peg, Mayor & Queloz 1995 • (Nature 378, 355) • Sehr erfolgreiche Methode ~400 Planeten gefunden. • Auf G-K-M Sterne beschränkt. Bahnen sind i.a. elliptisch Sterne mehrere Planeten Butler et al. 1999, ApJ 526, 916 Sterne mehrere Planeten Periodensuche Fourier Dopplermessungen Masse • 3. Keplersches Gesetz zusammen mit Impulserhaltung liefert 2 GMs MPl sin i Msvs sin i P 3 • Sternmasse aus Spektroskopie, Geschwindigkeit über Dopplereffekt messen, Periode bestimmen • Jedoch: der Effekt ist sehr klein: • Jupiter auf Sonne: 15 m/s oder 0,0003Å bei 6000Å • Saturn auf Sonne: 2,7 m/s oder 0,00006Å bei 6000Å Visuelle Helligkeit Sterne Distanz aus Parallaxe K-Sterne G-Sterne Histo Sternmassen Histo Sterntemperaturen Histo Sternradien Merkur Erde Histo Bahnperioden Merkur Erde Histo Bahn-Halbachsen Instrumentelle Grenze Histo Doppler-Amplituden Histogramm Planetenmassen Jupiters Terrestr Neptuns Gibt es Korrelationen ? Sonnensystem Gibt es Korrelationen ? - nein 4 innere Planeten Photometrie von Transits • Periodische Helligkeitsänderung durch Sternbedeckung • Helligkeitsänderung ist proportional zum Radiusverhältnis2 (Rpl/R*)2 ~ 0,01 – 0,0001 Transit - Photometrie • Periodische Helligkeitsänderung aus Sternbedeckung. • Helligkeitsänderung ist proportional zum Radiusverhältnis2 • (Rpl/R*)2 ~ 0,001 • Begrenzt durch intrinsische Sternvariationen und Erdatmosphäre. • sin i in engen Grenzen bekannt. • Bevorzugt enge Systeme. • Kann mit Dopplerspektroskopie kombiniert werden, d.h. Dichte bekannt. • Erster Transit-Planet (Charbonneau & Brown 2000, ApJ Letter 529, 45; Henry et al. 2000, ApJ Letter 529, 41) • 2 Planeten gefunden (Konacki et al, 2003; Dreizler et al. 2003). 1999 - Der erste Transit-Planet HD 209458 V = 7,6 mag 1,6% “Einsenkung” dauert 3 Stunden alle 3,5 Tage STARE: 10 cm Teleskop Charbonneau & Brown (2000) HST/STIS HD 209458 Transits Brown et al. (2001) Rp = 1,35 ± 0,06 RJup i = 86o,6 ± 0o,2 1% Tenerifa SuperWASP 50 Jupiters d SuperWASP Nord (Wide Angle Search for Planets) La Palma SuperWASP Süd (Wide Angle Search for Planets) South Africa Planet-Eating – P = 1,09 d Transit Information Transit Frequenz ergibt BAHN-GRÖSSE a Bahnachse zusammen mit Stern-Temperatur sagt uns, ob der Planet in der Habitablen-Zone. Transit Dauer, Tiefe, PLANETENRADIUS Radius und Masse (mit Doppler-Messung des “wobble”) DICHTE Dichte des Planeten chemische Zusammensetzung. CoRoT COnvection ROtation and planetary Transits 2006 CoRoT 1b – 2b „Hot Jupiter“ CoRoT 2b: Masse = 3,31 MJ Radius = 1,43 RJ Temp = 1537 K CoRoT 1b: Masse = 1,03 MJ Radius = 1,49 RJ Temp = 1898 K CoRoT 3b CoRoT 3b: Masse = 21,66 MJ Radius = 1,01 RJ Temp = 1537 K CoRoT 7b Super-Erde Masse = 0,015 MJ Radius = 0,15 RJ Temp ~ 1500 K Stern : G9V Temp = 5270 K Alter = 1,2–2,3 Gyr Erde - Super-Erde Was ist eine „Super-Erde“ ? • Wir definieren Erd-ähnlich zwischen 0,5 and 2,0 Erdmassen (0,8 RE to 1,3 RE) und große terrestrische Planeten als zwischen 2 to 10 Erdmassen (1,3 RE to 2,2 RE) Super-Erden. • Planeten mit Massen unter 0,5 ME nahe der HZ verlieren wahrscheinlich ihre lebenswichtigen Atmosphären wegen ihrer geringen Gravitation und des Fehlens von Plattentektonik. • Planeten mit über 10 ME (R>2,2 RE) werden als „giant Cores“ betrachtet (Uranus und Neptun). Diese Planeten attraktieren Wasserstoff-Helium Atmosphären und werden daher zu Gas-Riesen wie Jupiter und Saturn. Kepler Mission March 6, 2009 Kepler – 1,4m Schmidt Teleskop • Kepler ist im wesentlichen ein Schmidt Teleskop mit 0,95-Meter Apertur und 105 deg² Field-of-View (FOV). .. ist ausgerichtet und misst Daten von einer einzigen Gruppe von Sternen während vier Jahren Mission. • Das Photometer ist ein einziges „Instrument," ein Array von 42 CCDs. Jedes 50 x 25 mm CCD hat 2200 x 1024 Pixel. • to detect an Earthsize transit around a G2 6. März, 2009 10:48 PM Liftoff! Kepler Bahn Eine Handbreit am Himmel Erstes Licht Kepler Feld • Ziel 1: Bestimme die Häufigkeit der terrestrischen und Jupiter Planeten in oder nahe der habitablen Zone für verschiedene spektrale Stern-Typen. • Ziel 2: Bestimme die Verteilung der Größe und Bahnhalbachsen aller Planeten. • Ziel 3: Bestimme die Häufigkeit von Planeten und ihrer Bahnelemente in multiplen stellaren Systemen. • Ziel 4: Bestimme die Verteilung von Halbachsen, Albedo, Größe, Masse und Dichte von kurzperiodischen Riesenplaneten Transit Methode Kepler 7b Masse = 1,776 MJ Radius = 1,363 RJ Temp = 2730 K Stern : F8 March 6, 2008 02-2011 02-2011 Planetensystem Kepler-11 Histogramm Planetenradien Kleine Planeten sind häufiger als große Howard et al. 2011 Histogramm Bahnperioden Howard et al. 2011 # Planeten vs Temperatur Total: 156.000 Sterne im Kepler-Feld / 1235 Planeten detektiert Howard et al. 2011 Anzahl Planeten mimmt zu mit abnehmender Masse Planetenradius vs Masse „Kern-Akkretion“ Planetenradien Hot Jupiters „aufgebläht“ Mordasini et al. 2011 Chemische Zusammensetzung Planetenradien Sonnensystem Kepler Planeten Andere Messungen Howard et al. 2011 Ist unser Panetensystem einzigartig? Immanuel Kant “Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels” (1755) Solar System is evolving Planets are formed from rotating gas disks Massenverteilung IMF Planeten Grafik: M. Camenzind Sterntemperatur Planeten Grafik: M. Camenzind W‘keit erdähnlicher Planet Stern lebt zu kurz Grafik: M. Camenzind Irdische Planeten – Nadel im Heuhaufen • Alle isoliert lebenden Sterne zwischen 0,6 und 2 Sonnenmassen (4000 – 8000 K) dürften Planetensysteme entwickelt haben. • Massereiche Sterne leben zu kurz und sind zu heiß, um Planetensysteme auszubilden. • Sehr massearme Zwerg-Sterne sind zu kühl. • Es könnte in der Milchstraße damit etwa einige Milliarden terrestrische Planeten in der habitablen Zone geben. • Wieviele von diesen Planeten tatsächlich höheres Leben entwickelt haben, ist noch schwer abzuschätzen < 0,01% > 100.000 Sterne beobachten, um Planeten mit Leben zu finden. Warum entstehen Planeten? Andromeda Staub & Gas in Galaxien Spiralarmen Spitzer Telescope Der Orion-Nebel Geburtsstätte Sterne Spitzer & Hubble MGas > 100´000 MS Dist ~ 414 pc, D ~ 10 pc Alter: ~ 2 Mio Jahre ProtoPlanetare Scheiben McCaughrean et al. 1996 Sterne bilden sich in riesigen Molekül-Wolken (GMCs) Giant H II Region in Messier 33 (HST) Messier 33 Galaxie, ein nahes Mitglied der Lokalen Gruppe Geburt der Sterne in sog. „Starburst“ Messier 33 NGC 604 Dreiecksnebel ~ 100 x Orion Hubble + Chandra ~ 500 LJahre Sternfabriken Messier 16 Adler Nebel Kitt Peak/0.9 m Stellares Massenhistogramm (IMF) Potenzgesetz IMF mit Expo -1,35 bezeichnet ”Salpeter IMF” ”Sterne” mit weniger als ~ 0,075 Sonnenmassen haben keine H-Fusion ~ MachZahl Turbulenz Sterne in 20 LJahr 2 A Sterne 1 F Stern 6 G Sterne 16 K Sterne 75 M Sterne 1 BZ M Typ 1 BZ L Typ 4 BZ T Typ 6 WZwerge Sub-mm Massearme Sterne 4 Phasen der Sternentstehung „Cores“ FIR ~ Mio Jahre IR-opt 10 Mio Jahre Debris Disk NIR-opt Fakten der Sternbildung • Sternbildung setzt sich fort unterhalb der HFusionsgrenze ~ 0,075 MS zu Braunen Zwergen • Die IMF („Massen-Histogramm“) hängt nicht stark von Umgebung ab ~ universelle Form. • Sternbildung ist ein relativ schneller Prozess ~ einige 100.000 Jahre in Molekülwolken. • Die stellare IMF ~ prästellares Massenspektrum (sog. Cores) Massenspektrum wird durch die protostellare Core-Verteilung schon bestimmt. • Diese zeigen supersonische Turbulenz (M~6) Turbulenz-getriebene Fragmentierung (Padoan et al. 2002, 2004, 2009/ENZO-Code). Sterne entstehen in Cores von rotierenden Molekülwoken durch Kollaps unter Eigengravitation Protostern + Gasscheibe Jet HH Objekte Staub Scheibe Sonnensystem im Alter von ~ 1 Mio. Jahre; Drehimpuls durch Jets abtransportiert; Scheibe Planeten ~ 100 AE Heutige Vorstellungen zu Planetenbildung Materie fällt auf Stern (magnetische Akkretion) nur Gas optisch dünn Staub Sublimations-Front ~ 0,1 – 1,0 AE (~ 0,7 – 7 mas VLTI) Art Credit: Luis Belerique Turbulente Gas und Staub Kepler-Scheibe Planetenbildung ~ 1 – 40 AE HD MPIA/MIDI 2007 Multi-Grain Size Simple Dust Direkter Nachweis in Staubscheibe HST Aufnahme Der Stern Fomalhaut Fomalhaut: Sterntyp: A3V Helligkeit: 1,17 Temperatur: 8500 K Entfernung: 7,7 pc Masse: 2,59 MS Rotation: 0,6 d Alter: 200 Mio a Beta Pictoris b Masse: 11 MJ Temp: 1100 – 1700 C ESO VLT/NACO 2010 Beta Pictoris A5V – Planet 2003 - 2009 Debris Disk Streulicht Scheibe in Blickrichtung Planeten entstehen in Scheiben Staub spielt die entscheidende Rolle 1. Protoplanetare Scheibe 4. Feste Planeten 2. Staub Sedimentation 5. Gasförmige Planeten 3. Bildung Planetesimalen 6. Dissipation der Gas-Scheibe Planetesimale bilden sich über Gravitationsinstabilität der Staubschicht Typische Größe der Planetesimale ~ km Objekte Planetenbildung aus Planetesimalen Planeten Lücke „Debris Disk“ Kuiper Gürtel ~ 30 – 55 AE “Kern-Akkretions-Modell” Heutiges Standard-Modell dM/dt 10-4 M/a ~1 Mio. Jahre Zeit Schnelle GasAkkretion auf “10 x Erde” Abnahme der Akkretion, da sich eine Lücke bildet. Bildung von Satelliten Zeit in Jahren „Kern-Akkretion“ Jupiter-Bildung Alternatives Modell Scheibe ist Gravitationsinstabil (Boss 2002) Akkretionsscheibe Gravitativ instabil Spiralarme Verdichtungen Planeten Planetenbildung durch Gravitationsinstabilitäten Planeten bilden sich in Verdichtungen Dichte Planet-Scheibe Wechselwirkung Typ-II Migration Typ-I Migration M (10 100) M M (0.1 1) M Störung durch Planeten Viskose Diffusion Planet erzeugt Spiralwellen (Dichte) mig, I 3 2 3 2 g,SN M M * a 0.05 Myr g M p M o 1AU mig, II g,SN M p 10 M g J 3 M o M * 1 2 1 2 a Myr 1AU Viskose Akkretion Migration Zusammenfassung • Planeten entstehen bei fast allen sonnenartigen Sternen: 0,6 – 2 Sonnenmassen. • Doppler-Methode findet vor allem massereichere Planeten bisher keine systematischen Untersuchungen. • Transit-Methode beste Methode erste Ergebnisse von Kepler für P < 50 Tage ergaben 1235 Kandidaten aus 156.000 Sternen. • Ergebnisse für P ~ 1 Jahr erst am Ende Mission • Irdische Planeten mit Leben sehr selten!