ROJAVA Frühling der Frauen „Die Entwicklungen in der Region werden oftmals als ‚Frühling der Völker‘ bezeichnet. Uns geht es darum, dass dies auch zum ‚Frühling der Frauen‘ wird.“ Ilham Ahmed, Co-Vorsitzende des Kongresses für ein Demokratisches Syrien Rojava bedeutet in der kurdischen Sprache „Westen“ und bezeichnet die westlichen Gebiete von Kurdistan, die in Syrien liegen. Als der „arabische Frühling“ in Syrien begann, entschieden sich die KurdInnen im Norden des Landes sich von der jahrzehntelangen Unterdrückung des Baath Regimes zu befreien und für den sog. dritten Weg, den Aufbau des Demokratischen Konföderalismus. Der Demokratischen Konföderalismus ist ein politisches Modell, das die Gleichberechtigung von Ethnien, Religionen und Geschlechtern anstrebt. Die gesellschaftliche Organisierung im Demokratischen Konföderalismus ist die Selbstverwaltung, organisiert über Kommunen und Räte. Die Region ist in die drei Kantone Efrîn, Kobane und Cizîre aufgeteilt. Das Modell wurde von Abdullah Öcalan, als konzeptioneller Vorschlag für ein konföderales, friedliches Zusammenleben der zahlreichen Völker und Religionen im Mittleren Osten entwickelt. In der Region leben hauptsächlich KurdInnen, AraberInnen und AssyrerInnen sowie ArmenierInnen und TurkmenInnen. Es sind ChristInnen (hauptsächlich ChaldäerInnen), MuslimInnen, JüdInnen, EzidInnen und AlewitInnen. Ca. 4 Mio Menschen leben in der Region. Derzeit sind davon knapp ein Viertel auf der Flucht. Gemeinsam mit der christlichen Einheitspartei Suryoye (einer Assyrisch/Aramäischen Partei) und weiteren Kleinparteien im Norden Syriens stellte die Partiya Yekitîya Demokrat – Partei der Demokratischen Einheit (PYD) am 12. November 2013 eine Übergangsregierung, um den durch den Krieg entstandenen Missständen in Verwaltung und Versorgung der Bevölkerung zu begegnen. Am 21. Januar 2014 folgte die Etablierung der Verwaltung in Cizîrê, am 27. Januar in Kobanê und einige Tage später auch in Efrîn. Gleichzeitig mit Ausrufung der Demokratischen Autonomie in den drei Kantonen wurden die Übergangsregierungen gebildet. Die neuen drei Regierungen und ihre Ausschüsse (äquivalent zu „Ministeri- en“) sind multiethnisch nach dem Prinzip der Geschlechterbefreiung organisiert. Mehr als 14 Parteien, die bereit sind an diesem Modell zu partizipieren, bilden zusammen mit VertreterInnen der Zivilgesellschaft diese Institutionen. Damit sollte die aktive Partizipation der verschiedenen Kräfte besser gewährleistet werden. Die Übergangsregierung besteht aus drei Gremien der Legislative (dem Verfassungsrat), Judikative (den Kommissionen für Versöhnung und Konfliktlösung sowie Gerichten) und Exekutive (den drei Parlamenten der Kantone) und arbeitet eng mit der Selbstverwaltung in Form von Räten zusammen. Das System ist dual, repräsentativ und direkt demokratisch, um alle Formen der Beteiligung der Bevölkerung zu ermöglichen. Zur Grundlage der Organisierung des Zusammenlebens wurde der Gesellschaftsvertrag von Rojava erarbeitet, durch den eine gleichberechtigte Vertretung der Ethnien, Religionen und Geschlechter garantiert wird. Die Organisierung der Selbstverwaltung findet unter dem Dach Tev Dem statt (Tevgera Civaka Demokratik – Bewegung für eine Demokratische Gesellschaft – Koordinierendes Organ des Volksrats Westkurdistan (MGRK). Es gibt sie auf der Gebietsebene und für ganz Rojava. Sie umfasst auch die sie unterstützenden politischen Parteien, diverse NGOs, soziale Bewegungen und Berufsorganisationen. Die Frauen organisieren sich kommunal und kantonal in der Frauenbewegung Kongreya Star. Für die Geschlechtergleichberechtigung ist eine 40 %ige Geschlechterquote eingeführt worden und den Vorsitz aller Gremien stellt immer eine Doppelspitze, also eine Frau und ein Mann. Die Kommunen und Räte haben immer mindestens sechs Kommissionen: Kommission für Verteidigung, Bildung, Wirtschaft, Konfliktlösung und Versöhnung, Gesundheit und Ökologie. Für bestimmte Arbeitsbereiche sind zudem zusätzliche Bereichsräte aufgebaut worden, wie beispielsweise der Gesundheitsrat des Kantons und der Rat der Stadtverwaltung.