TIERHALTUNG 13 Hornlos züchten seit 15 Jahren Seit 15 Jahren züchtet Ernst Uhlmann aus Härkingen SO genetisch hornlose Kühe. Das bringt Vorteile: Die Kä lber müssen nicht mehr enthornt werden und we il sie eine schma lere Kopfform haben, ka lben die Kühe leichter ab . e n Ti eren s ieht man ni chts a n, we nn man es nicht we iss. Sie m achen de n Eindru ck eine r ganz normal en H e rd e hornlos e r Red-Hols te in- und Hol s te in-Kühe. Auch we nn m a n ge nau e r hin sch a ut, e rkennt de r Lai e nicht, dass die Tiere ge net isch hornlos s ind. Rund hunde rt Küh e und gle ic hviel J ungv ieh befind e n sich in Ern st Uhlm a nn s Stall. Davon sind die m e iste n gen etisch h o rnlos, viele davon soga r re ine rbig, also zu hunde rt Proze nt. Seit rund 15 Ja hren züchte t Erns t Uhlrn a nn a us Hä rkinge n SO ge n etisch ho rnlose Mi lchküh e. De n Ausschl ag da m a ls gab, dass er di e Kä lber nicht m ehr entho rne n wollte . Enthorne n ve rursac ht Arbeit und Koste n b eim La nd wirt und Stress ode r soga r Schmerzen b eim Kalb. «Warum e nthorne n , we nn es do ch mögli ch ist, ge ne ti sch hornlo se Ti e r e z u züchten 7», fra gte er sich. Da m als hat ten die Sch we izer Ge netikanbie te r noch kaum gene ti sch hornlose Stiere i 111 Angebot . Die Zucht schenk te diesem Merkmal zu dieser Ze it noch ka um Bea chtung. Hornlosge ne tik war abe r nicht ne u, sie führt e nu r ein Sch at te nd asein, we il jahrhundertela n g auf b ehornte T ie re gezüchte t w urde. Ganz ursprüngli ch schei nt das Rind ab er hornlos gewese n zu sein, das b ezeugen Höhl e nmalereien und Knochenfu nde (s ieh e Kasten a u f Se ite 16). Au s diesem Urrind sind d ie he ute D ge n e ti sc h hornl ose n Rind e rrasse n w ie Ab erdeen Ang us oder Ga lloway entstand e n. Au ch b ei de n Sch afe n und Ziege n gibt es gene ti sch hornlose Rasse n . Das Harnlos-Ge n «Pollee! » (P) w ird zude m domin a nt vere rbt gege nüb e r des Horn -Ge ns (p) und liesse sich schnell in eine gehörn te Popul a tion e inbringe n . Ka rl-Heinrich Gö pel, der Begründe r von Gö pel-G e ne tik in De utschland , wa r Pio nie r in Sache n ge ne ti sch e r Ein genetisch hornloses Ri nd. Hornl os igke it. In De utschl a nd und Holl a nd gab es b e reits früh e r ge neti sch hornlose Holste in schl äge, welch e Göpel a uf die Id ee der Hornlosz ucht brachten . Vo n nun a n se tzte e r sich für die Hornlosge ne tik bei de n Milch- und Fle ischra ssen ein . Üb er de n Ge ne tik-Anbie te r Triple-Ge netics-Se rvices (T GS) b ezog Uhlma nn e rste Spe rmadosen von Göpels hornlosen Stie re n . Zwa r wa re n das noch h e terozygot h o rnlo se Sti e re. Das 14 TIERHALTUNG h eisst, 50 Prozent de r Kälber werde n horn los gebore n . Sie s ind selb er mi sch e rbig hornlos, tragen also das Horn- als auch das Harnlos-Gen in sich. Sie können wieder behornte Tiere her vo rbringen , we nn sie mit einem gehörnten oder misch erbig hornlosen Stier gekre uzt werden. Hornlos durch Natursprung Au s diese n Anpaarungen s ta mmte n die erste n Kälber, die Uhlmann nich t m ehr e nthorne n mu sste. Bald nahm er da s e rs te 111 ischerbig hornlo se Stierkalb na ch , um d as Hornlo sGen im Nat ursprung in se iner Herde weite r zu verbre ite n. Denn da s Angebot a n hornloser Genetik wa r nach wie vor b esch eide n und die Linie nführun g der ve rfü gba re n Stiere oft eng. Von da an n a hm Uh lma nn immer wiede r eigene Stie re n ach und bald schon w urden die e rste n reinerbig hornlosen Kälber geboren. Se it siebe n Ja hre n setzt Uhlm ann zu hunde rt Prozent auf Nat ursprung. Die Tiere in seinem Stall sind einander e ng ve rwa ndt und b efinden sich auf einem gleichmässig hohe n genetisch e n Nivea u . Bereits Uhlmanns Vater setz te e rfolg reich auf Linie nzucht. So führ e n h e ute alle Tiere im Stall Blut von Triple. «Wir arb eite n mit Genen, nicht mit Ein zeltiere n», s o Uhlm a nn. Er is t z ud e m üb erzeugt, dass Kä lbe r a us Na tursprung Die jüngsten Aufzuc httiere auf dem Betri eb von Ernst Uhlmann. Seit drei Jahren ist bei ihm kein Kalb mehr mit einer Hornan lage zur Welt gekommen. robu ster s ind als kün stli c h geze ugte. Jä hrli c h n imm t e r m e hre re St ie rkälbe r nac h, vo n de ne n in de r Rege l 10 bi s 20 we ibli c he Nac hkomm e n resulti e re n . Er achtet dab e i s treng dara uf, nur St ie rk ä lbe r vo n Küh e n nach zun ehm en, di e erste ns ä lte r a ls ze hn Jahre und zwe ite ns re in e rbig ho rnlos s ind . «Wen n e in e Kuh a lt w ird, dann h at sie s ich a u f un se rem Be tri eb bewährt, ist robust und la nglebi g», erklärt Uh lm ann . Auc h s ind ihm gute Fundamente mit viel Trachten höhe w ichtig. Gentest liefert Gewissheit Se it nunm ehr dre i Jahren ist bei Uh lma nn kein Ka lb me hr mit Hörn e rn Immer mehr Hornlosgenetik von Schweizer Genetik-Anbietern In den letzten Jahren hat das Angebot an genetisch hornlosen Milchrassestieren bei den Schweizer Genetik-Anbietern zugenommen, vor allem bei Red Holstein, Holstei n, Brown Swiss und Jersey. Die meisten angebotenen Stiere sind noch heterozygot hornlos, es sind aber auch erste homozygot hornlose Stiere im Einsatz. Weniger Beachtung erhält das Harnlos-Gen bei den Zweinutzungsrassen Simmental und Original Braunvieh. Dort bevorzugen die Landw irte nach wie vor Kühe mit Horn. Sobald aber die Sta llhaltung ändert (von Anbinde- in Laufsta ll), könnte auch bei diesen Rassen das Bed ürfnis Bei Select Star SA ist das Angebot an nach hornloser Genetik zunehmen. Hornlosgenetik anza hl- und rasse- Beim grössten Genetik-Anbieter Swissgenetics macht der Antei l der verkauften Horn losgenetik über alle Milch- und Zweinutzu ngsrasse n knapp vier Prozent aus. Dabei ist das Angebot bei Red Holstein und Brow n Swiss mit 22 bzw. 17 Stieren am grössten. Swissgenetics bietet aber auch Hornlosgenetik bei Swiss Fleckvieh, Sim menta l (Deutsches Fleckvieh) und Holstei n an. Der Anteil an homozygot hornlosen Stieren ist bei Swissgenetics noch klein . mässig vergleichbar w ie bei Swissgenetics und deren Entwick lung t en denziell steigend. Zu r Verf ügu ng steht zusätzlich Horn losgenetik von Jersey und Norweg ischem Rotfleckvieh. Insgesa mt bietet Se lect St ar SA bei den Milchrassen neun ho mozygot hornlose Sti ere an. Bei A lta Genetics machte die Anzahl verkau fter hornloser Genetik 2016 kna pp acht Prozent aus. Di es bei Holstein, Red Holste in und Jersey. Es wird keine Horn losgenetik bei Swiss Fleckvieh und Original Braunvieh angeboten. die grüne I Nr. 24/2016 TIERHALTUNG 15 Das Hornlos-Gen wird dominant vererbt Das Harn los-Gen «Polled » (P) ist dominant gegenüber dem Horn-Gen (p). Homozygot horn lose Tiere (reinerbig horn los) werden mit «PP» bezeichnet, heterozygot hornlose Tiere (mischerbig horn los) mit «Pp ». heterozygot horn loser Stier Pp - gehörnte Kuh PP 50% aller Kälber sind heterozygot horn los Pp 50% sind gehörnt PP Wird ein heterozygot hornloser Stier (Pp) mit einer gehörnten Kuh (pp) gekreuzt, sind 50% der Kä lber heterozygot hornlos (Pp) und 50% sind gehörnt (pp). zur Welt gekomm e n. Ob e in Kalb mit ode r ohne Hornanlage geboren worde n ist, stellt de r ge übte Landwirt ba ld e inm a l fest. Zudem ve rfü ge n genet isch hornlose Kä lb e r über e ine etwas schm alere Kopfform. Ob e in Kalb jedo ch rein e rbi g ( PP) oder mi sch erbig (Pp) hornlos ist, da s s ie ht der Züchter ihm nicht an. Uh lmann lä sst desh alb jedes Stierkalb, da s als potenzielle r Natursprungstier in Frage kommt, ge netisch testen. Denn er will nur rein e rbi g hornlose St ie re ein setze n. Um die 200 Kä lber ha t er seither b e re its testen lassen, di e Resultate se ie n zu hundert Prozent verlässlich. Uh lmann e rhält nicht nur Aufschluss darüber, ob es sich um e in re in erbig oder rn ischerbig hornloses oder sogar ein gehörntes Tier handelt, e r erfährt aus dem Test auch, ob es sich um die friesische oder di e keltische Hornlosvar iante hand elt. Erstere ist laut akt uellen Erkenntnissen durch Holsteineinfluss entstanden , letztere durch Einkreuzung vo n Zweinutzun gs- und Fleischrassen. homozygot hornloser Stier PP - gehörnte Kuh PP all e Kä lber sind heterozygot hornlos Pp W ird ein homozygot horn loser Stier (PP) mit einer gehörnten Kuh (pp) gekreuzt, sind al le Kä lber heterozygot horn los (Pp). heterozygot hornloser Stier Pp - heterozygot hornlose Kuh Pp 25% aller Kälber sind homozygot hornlos PP 50% aller Kälber sind heterozygot hornlos Pp 25% sind gehörnt pp W ird ein heterozygot hornloser Stier (Pp) mit einer heterozygot hornlosen leichtere Geburten Die Hornl osigkeit ge ht b ei Uhlma nn mit einem weiteren positiven Neben- Kuh (Pp) gekreuzt, sind 25% der Kälber homozygot hornlos (PP), 50% heterozygot horn los (Pp) und 25% gehörnt (pp). Nr. 24/ 20161 die grüne Betriebsspiegel der Familie Uhlmann Ernst und Martha Uhlmann, Marest, Härkingen SO Ernst Uhlmann (rechts) und sein Angestellter Ernst Muster mit einem neugeborenen Stierkalb. Der Gentest w ird zeigen, ob es einen rein- oder mischerbigen Harnstatus trägt. LN: 3 5 ha Kulturen: 10 ha Mähw eide, 11 bis 12 ha Gerste, 11 bis 12 ha Mais, 2 ha Ökoausgleichsfläche Ökogemeinsch aft (80 ha) für die Futter- und Hofdüngerflächen Tierbestand: 100 Kühe, 100 Stück Jungvieh Arbeitskräfte: Betriebsleiter, ein Angestel lter e ffekt e inh er: Wege n de r sc hma le re n Kopfform d e r Kä lb e r ve rläuft di e Geburt b e i de n Küh e n leic hte r. Ern st Uhlm a nn sch enkt di ese m funktione ll e n Me rkm a l ohnehin se it J a hre n e ine sehr g rosse Beac htun g. Er h a t imme r nur Stie re e ingese tzt, welc he kl e in e Kälber ver e rb e n. «Me ine Küh e mü sse n ohne Hilfe und selbstä ndig abkalbe n könn e n», sag t e r. So habe n e r und se in Angeste llte r Ern st 1\tluste r im laufend en Jahr von 50 abka lbende n Rind e rn be i zwei Tie re n Geburtshilfe le is te n mü sse n - b e i be id e n Rind ern hatte cl as Kalb Hinte rendlage . Ge rade ebe n ist wieder ein vie lve rspreche nd es schwa rzes Stie rk a lb zur Welt ge komme n. Wenn sich se in Hornstatu s a ls r e ine rbig hornlos h e rausste llt, wird de r Kle ine seine n Einflu ss in de r He rd e Uhlmann s hinte rlasse n könn e n. IA lin e K iienzi Ci) Weitere Informationen: www. goepelgeneti k. de www.swissgenetics .ch www.selectstar.ch www.a ltagenetics.ch Das Urrind war hornlos Höhlenzeichnungen als auch Zudem gab es schwarzbunte Schläge konnten. Die Kraft übertragung Knochenfunde belegen, dass es in Deutschland und Holland. Während erfolgte dabei über das Joch, hornlose Urrinder (Auerochsen) sich die Harnlosigkeit bei einigen welches an den Hörnern angeschna llt gegeben hat. Aus diesen hornlosen Fleischrinderrassen durchsetzte, wurde. Ein weiterer Grund, weshalb Wildrinderpopu lationen sind gene- blieben hornlose Milchrasseschläge hornlose Tiere nicht gewünscht tisch hornlose Rassen w ie Aberdeen lange unbeachtet. Ungehörnte Tiere waren, stellte die Anbindeha ltun g Angus und Ga lloway in Schottland waren bei den Bauern nicht beliebt. dar. Harnlose Tiere schlüpften viel oder das Fjällrind in Norwegen und Sie bevorzugten Dreinutzungsrassen, eher aus den Ketten als behornte Schw eden entstanden. Harnlose welche neben der Produktion von Tiere. Diese Gründe führten dazu, Populationen haben sich auch in Fleisch und Milch auch für die Arbeit dass jahrhundertelang auf behornte Finnland und Russl and entw ickelt. auf den Feldern eingesetzt w erden Tiere gezüchtet wurde. d,e grüne I Nr. 24/2016