2003 Textliche Beilage zu einem Vortrag am Forum Wolfgang Linnenberger; Bilder: Michael Kobylarz Finetuning von Märklin Motoren Stator-Optimierung Inhalt 1. Was ist bekannt? 1 2. Was sagte Märklin? 2 3. Eigene Versuche und Untersuchungen 4 3.1 3.2 3.3 4 6 7 Mechanische Anpassungen Fahrversuche Ergebnis 1. Was ist bekannt? Nachdem mich schon lange die unterschiedliche Geschwindigkeit bei Vorwärts- und Rückwärtsfahrt bei verschiedenen Märklinlokomotiven störte, setzte ich mich mit unserem Tinplate-Kollegen Ulrich Jaedicke zusammen, um dieses Phänomen zu ergründen. Um es vorweg zu nehmen, wir haben letztendlich noch keine schlüssige Erklärung gefunden, aber doch viele Dinge durch Versuche und Suchen in teils sehr alter Literatur verbessern und aufhellen können. Alte Hasen, in der Vergangenheit immer wieder auf dieses Problem angesprochen, hatten nur immer den Standardtipp auf Lager: Optimierung der Stellung des Kollektors zum Anker Die beiden Bürsten dürfen beim Drehrichtungswechsel nicht kippen. Eine Anzeige über die Problematik in der Spielzeugrevue, auf die nur eine einzige Antwort eines Kollegen aus der Schweiz kam, brachte mich auch nicht weiter. Bild 1.1: 1 Titel. In einem Anleitungsbüchlein (Bild 1.1) zum „Selbstbau eines elektrischen Triebwagens“1, welches aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts Dipl. Ing. William Seibt; Selbstbau eines elektrischen Triebwagens; Dresden. Tinplate Forum, Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturgutes, D Rendsburg Februar 2003 / Stator Seite 1 datiert, habe ich folgende Formulierung gefunden: „Die Stellung des Kollektors ist richtig, bei der eine Bürste auf einem Schlitz stehend das zugehörige Ankerhorn gerade vor einem Pol hat. Nur in diesem Fall läuft der Motor einwandfrei.“ – Soweit das Zitat. In „Elektrische Maschinen“ positionieren seien. 2 stand lediglich, dass die Bürsten in der sogenannten neutralen Zone zu 2. Was sagte Märklin? Bild 2.1: Titelblatt des Anleitungsbuches. Die Broschüre „Die elektrische Spiel Eisenbahn“3 zeigt in der Prinzipzeichnung zu einem Lokmotor die richtige Einstellung des Kollektors zu den Polschuhen. Auf den Seiten 24 und 29 ist dann die 66er-Schaltung und 70er-Schaltung Schaltungen ist die Stellung des Kollektors falsch dargestellt (Bild 2.2). 2 3 erläutert. Bei beiden Elektrische Maschinen; Europa Verlag; 2000. Gebr. Märklin & Cie, G.m.b.H.; Die elektrische Spiel-Eisenbahn; Göppingen 1937; Bestellnummer 2753. Februar 2003 / Stator Seite 2 Tinplate Forum, Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturgutes, D Rendsburg Bild 2.2: Schemazeichnungen aus dem Anleitungsbuch. Zur Zeichnung der 66er-Schaltung eines zweiachsigen Motors (Abb. 27) ist anzumerken, dass die Stellung des Kollektors richtig ist, aber dass das Feld nicht um ca. 10° nach rechts gedreht dargestellt wird. Diese Schrägstellung ist dagegen auf der Abb. 26 richtig gezeigt. Dagegen ist die Kollektorstellung in Abb. 26 vollkommen falsch. Der Zeichner Werner Reiche hat in dem Buch von Prof. Udo Becher „Bodenläufer-Spielbahn – Supermodell“4 die Märklin-Zeichnungen unverbessert und somit falsch übernommen. Einzig die Erklärung eines Zeuke Motors ist mit richtiger Stellung des Kollektors gezeichnet (alle Bild 2.3) 4 Udo Becher, Werner Reiche; Bodenläufer – Spielbahn – Supermodell; Alba-Buchverlag GmbH + Co. KG, Düsseldorf; 1981. Tinplate Forum, Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturgutes, D Rendsburg Februar 2003 / Stator Seite 3 Bild 2.3: Schemazeichnungen aus dem Buch von Becher-Reiche. Auch Carl Böhme aus Mannheim hat in seinen Artikeln „Alt-Antrieb“5 und „Umrüstung von Märklin 0Antrieben“6, die Zeichnungen entweder aus dem Märklin Heft oder von Udo Becher falsch übernommen. So sieht man auch bei unserem Hobby, dass immer wieder Falsches von Falschem abgeschrieben wird. 3. Eigene Versuche und Untersuchungen 3.1 Mechanische Anpassungen Zunächst versuchten wir an einer extrem schlecht vorwärts fahrenden HR 66/12920 eine Optimierung mittels eines verstellbaren Bürstenhalters zu erreichen. Es gelang uns aber nicht! 5 6 Carl Böhme; Alt-Antrieb; Eisenbahnmagazin 12/89; Alba-Verlag. Seite 99 Carl Böhme; „Umrüstung von Märklin 0-Antrieben“; Spielzeug-Antik-Revue; 2-3/2001. Seite 70. Februar 2003 / Stator Seite 4 Tinplate Forum, Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturgutes, D Rendsburg Bevor wir aber einen Anker mit „richtig“ eingestelltem Kollektor einbauten, fiel uns der sehr grosse Luftspalt zwischen Anker und Feld auf. Er betrug ca. 2 x 1.3 mm, auch waren die Auflageflächen des geteilten Feldes (Bild 3.1.1) nicht ordentlich gearbeitet, geschweige denn waren sie parallel. Bei geschlossenem Joch war in beiden Richtungen ein deutlicher Luftspalt zu sehen. Luft ist aber für magnetische Kraftfelder sehr schwer durchdringbar und es muss bei elektrischen Maschinen darauf geachtet werden, dass Luftspalte ganz allgemein so klein wie möglich gehalten werden. Bild 3.1.1: Die normale Oberfläche bei der Statorteilung eines 66er-Motors. Rechts: Luftspalt. Mit einer Drahterosionsmaschine wurde nun die Fläche des beweglichen Joches absolut plan geschnitten und anschliessend poliert (Bild 3.1.2). Auf dem anderen Teil des Statoreisens wurde soviel Material weggeschnitten, dass nach dem Zusammenfügen der beiden Polschuhe der Luftspalt zwischen Feld und Anker auf ein Minimum reduziert wurde. Der Luftspalt sollte nicht mehr als 0.3 mm betragen. Bild 3.1.2: Bearbeitete Stossflächen. Die beiden Feldmagnetteile wurden mittels einer M2-Stahlschraube zusammengeschraubt, exakt ausgerichtet und die beiden jetzt vollkommen plan aufliegenden Polschuhflächen mit einem Tropfen Sekundenkleber weiter fixiert und vor Unterrostung geschützt (Bild 3.1.3). Damit war natürlich die 66erSchaltung stillgelegt. Der Motor wurde für Gleichstrombetrieb umgerüstet. Tinplate Forum, Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturgutes, D Rendsburg Februar 2003 / Stator Seite 5 Bild 3.1.3: Der „neue“ Stator. Der Einbau des Feldmagnetes erfolgte wie bisher. Es kann sein, dass Befestigungslöcher etwas ausgefeilt werden müssten, weil das Feld jetzt sehr genau zum Anker zentriert sitzen muss. Befestigungsschrauben und Abstandshülsen müssen zudem aus unmagnetischem Material bestehen, damit der Magnetfluss nicht unnütz abgeleitet wird. 3.2 Fahrversuche Nach Montage des Feldes und des Ankers – dessen Kollektor unbedingt tadellos abgedreht, oder durch einen neuen von der Fa. Hehr ersetzt sein sollte – werden die ersten Fahrversuche gemacht. Es ist selbstverständlich, dass sich die beiden Bürsten einwandfrei, aber keinesfalls mit Spiel, in ihren Führungen bewegen (wegen des Kippens beim Drehrichtungswechsel). Bei einer fest eingestellten Spannung von z. B. 15 V, wird nun der aufgenommene Strom gemessen und man vergleicht die Geschwindigkeit vorwärts und rückwärts. Ich benutze hierzu einen Geschwindigkeitsmesswagen, den ich aus einem Fahrradtachometer gebaut habe (Bild 3.2.1). Bild 3.2.1: Geschwindigkeit als Erfolgsbeurteilung. Werden Unterschiede in der Stromaufnahme und in den erreichten Geschwindigkeiten bei den Vergleichsfahrten festgestellt, so ist der Kollektor in ganz kleinen Schritten zum Anker zu verdrehen, bis ein optimiertes Ergebnis erzielt ist. Die Reaktion auf das Verdrehen kann u.a. sein: Februar 2003 / Stator Seite 6 Tinplate Forum, Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturgutes, D Rendsburg Bürstenfeuer in eine Drehrichtung mehr als in die andere, Unterschiedliche Stromaufnahme bei Drehrichtungswechsel. In welcher Richtung man verdrehen muss, kann nur durch Probieren ermittelt werden. Beim Verdrehen sollte man grösste Vorsicht walten lassen, damit keine Anschlussdrähte abreissen. Nach dem Auffinden der besten Position empfiehlt es sich, den Kollektor noch mit einem Tropfen Sekundenkleber zu fixieren. Auf zwei parallel zusammengeschraubten Teppichmesserklingen, die vollkommen planparallel sein müssen, wird dann der fertige Anker noch statisch ausgewuchtet (Bild 3.2.2). Als „Wuchtgewichte“ sind meist ein paar Tropfen Uhu Kompakt ausreichend. Die Inbetriebnahme des Ankers sollte erst nach vollkommenen Aushärten des Klebers vorgenommen werden, da sonst die ganze Mühe umsonst war und der Kleber abgeschleudert wird. Bild 3.2.2: Auswuchten. 3.3 Ergebnis Der so optimierte HR-66-Motor – es war mir sehr wichtig, an seinem Ursprungszustand möglichst wenig zu verändern – lief nun bei ca. 5,5 Volt an und zog nur den halben Strom. Dieses Verhalten ist einzig und allein auf den optimierten Magnetfluss zurückzuführen. Nach Einbau in das Gehäuse und mit Zugbelastung war dann allerdings wieder ein geringer Geschwindigkeitsunterschied feststellbar, den wir uns bis jetzt nicht erklären können. Versuche mit einem schräg genuteten Anker und einem Sechsfachkollektor werden zur Zeit durchgeführt. Abschliessend möchte ich mich bei meinem Tinplate-Kollegen Ulrich Jaedicke und Bernd Höpfner bedanken, die viel mit mir „herumgeknobelt“ haben und diesen Vortrag erst ermöglichten. Tinplate Forum, Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturgutes, D Rendsburg Februar 2003 / Stator Seite 7