T7 Versicherungen ABU B. Meier 2015 Versicherungen und Sterbekassen im alten Rom Die Zusammenhänge zwischen Arbeit und Gesundheitsgefährdung sind schon in der Antike erkannt worden. Darauf verweisen bereits die Mythologien 1 der Römer, Griechen und Germanen, deren vergötterte Schmiede hinkten, humpelten und Lähmungserscheinungen zeigten. Die Legierungszusätze der Bronze2, wie Arsen oder Wismut beispielsweise hatten tatsächlich jene Krankheitserscheinungen zur Folge, die allen Götterschmieden der Bronzezeit gemeinsam waren. Schließlich inhalierten die Bronzeschmiede die leicht verdampfenden giftigen Metalle bei ihrer Arbeit in großen Mengen. Hinweise auf die Kenntnis von Berufskrankheiten ergeben sich aber nicht nur aus der Mythologie. So stellte Plato3 (s. Abb., 4. Jahrhundert vor Christus) fest, dass der Körper eines Handwerkers durch seine Berufstätigkeit deformiert werden konnte, der antike Arzt Hippokrates beschrieb die Bleikolik4 eines Grubenarbeiters. Der römische Historiker Plinius der ältere, der antike Verfasser eines achtbändigen Werkes zur Medizin, Celsus und der griechische Arzt Galen wussten von Berufskrankheiten der Bergleute, Gerber, Tuchwalker5 und Lastenträger und Martial erwähnte Augenschäden bei Schwefelarbeitern. Gesetz zum Schadenersatz per Volksentscheid Trotz der Kenntnis von Berufskrankheiten gab es bei der sozialen Sicherung keinen Unterschied zwischen Berufskrankheit, Krankheit, Unfall, oder sonstigen Schäden. Die wohlhabenden beziehungsweise freien Bürger waren ohnehin in das soziale Netz der Familiengemeinschaft eingebunden. Und da die Arbeit in den klassischen antiken Gesellschaften in der Regel durch Sklaven geleistet wurde, galt zunächst der Grundsatz, dass die Folgen eines Unfalls oder anderen Schadens immer vom Betroffenen selbst zu tragen seien. Das Prinzip des persönlichen Risikos änderte sich grundlegend, als sich zum Ende der punischen Kriege6 in Rom ein schnell zunehmendes, mittelloses aber stimmberechtigtes Proletariat7 aus römischen Bürgern entwickelte. Etwa um 286 vor Christus entstand per Volksentscheid ein Gesetz, das erstmals dem Geschädigten Schadenersatz vom Schädiger zusprach. Darüber hinaus wurde die Masse der verarmten Arbeiter nach dem bekannten Prinzip des „Brot und Spiele“8 mit staatlichen 1 Mythos = eine Erzählung die behauptet wahr zu sein; dies ist jedoch nicht nachweisbar Bronzezeit von 2200 v. Chr. bis 800 v. Chr. 3 Griech. Philosoph 4 Kolik = krampfartige Schmerzen in der Bauchregion (meist Darm), die durch eine Blockade verursacht werden 5 Reinigten im alten Rom mit menschlichem und tierischem Urin Stoffe (damals gab es noch keine Seife) 6 Kriege zwischen Rom und Karthago um die Vorherrschaft im Mittelmeerraum 7 Landlose, besitzlose und lohnabhängige Bürger im alten Rom (aber keine Sklaven) 8 Im alten Rom lenkte man die Bürger von innenpolitischen Problemen ab, indem man Zirkusspiele zeigte und Brot verteilte. Man versuchte damit die Stimmung zu heben. 2 T7 Versicherungen ABU B. Meier 2015 Zuwendungen versehen, ein Versuch, soziale Unruhen von vornherein zu vermeiden. Die ersten Krankenkassen Aus den für das römische Reich lebenswichtigen Berufsgruppen der Seeleute und Bäcker, bildeten sich schnell zahlenmäßig starke Gilden9, die ihre Mitglieder auch gegen Krankheit und Unfall zu schützen versuchten. Weniger wohlhabende Bürger schlossen sich zu Krankenkassenvereinen und Sterbekassenvereinen zusammen. Die Leistungen der zunächst freiwilligen, zu Beginn des Kaiserreiches, etwa 27 vor Christus, in Zwangsgenossenschaften umgewandelten Zusammenschlüsse muteten recht modern an. Immerhin wurde bei Unfall oder Krankheit Ersatz des Verdienstausfalls durch Geld und Lebensmittel auf unbestimmte Dauer geleistet, Arzt und Arzneikosten übernommen, besondere Vereinsärzte unterhalten, sowie Gaben für Hinterbliebene und Waisen bis zum berufsfähigen Alter gewährleistet. Die Einrichtungen standen unter staatliche Aufsicht, das Mitbestimmungsrecht der Mitglieder war festgeschrieben und auch die Beiträge und zu gewährenden Leistungen waren nach Höhe und Dauer klar geregelt. Klöster und Ritterorden als Ersatz für Genossenschaften Die Genossenschaften verloren mit der Christianisierung10 und der Auflösung des römischen Reiches zunehmend ihre Bedeutung. Krankenversorgung wurde zur vornehmlichen Aufgabe der kirchlichen Einrichtungen, der Klöster (s. Abb. Kloster Einsiedeln) und Ritterorden, wofür diese nicht nur Spenden sondern auch staatliche Gelder erhielten.11 Zünfte im Mittelalter Nach der römischen Zeit im Mittelalter übernahmen die Zünfte (Zusammenschluss von Handwerkermeistern, unterteilt nach Berufsgruppen) z.T. soziale Funktionen und sorgten u.a. für Witwen in ihrer Zunftgemeinschaft (s. Abb. Safran Zunft Basel). Aufträge 1. 2. 3. 9 Markieren Sie farbig in jedem Textabschnitt ein zentrales Wort, welches den Text repräsentiert. Markieren Sie (z.B. durch Unterstreichen) alle Begriffe, die mit Versicherungen zu tun haben. Erstellen Sie unter Verwendung des PC einen Zeitstrahl, welcher die Versicherungen / Versicherungsarten vom alten Rom bis heute aufzeigt. Nutzen Sie die zentralen Wörter und die Versicherungsbegriffe aus den Teilaufgaben 1. und 2. Zusammenschluss von Kaufleuten, fahrenden Händlern Anstelle der Götter trat der christliche Glauben 11 Quelle: history magazin, 14.09.09 10 T7 Versicherungen ABU B. Meier 2015