Schreib- und Denkwerkstatt WS 2007/2008 Das Reiff

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Das Reiff-Museum der RWTH Aachen.
Schreib- und Denkwerkstatt
WS 2007/2008
Aufgabe: „Verfass einen Artikel zu einem
Gebäude deiner Wahl!“
Elisabeth Berner, 8. Semester
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
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2. Geschichte des Reiff-Museums
3-4
2.1 Woher hat das Reiff-Museum seinen Namen?
3
2.2 Warum wurde das Reiff-Museum erbaut?
3-4
3. Bau- und Planungsgeschichte des Reiff-Museums
4-8
3.1 Der Entwurf
4
3.2 Das vollendete Bauwerk
5-7
3.3 Das Reiff-Museum nach 1945 bis heute
7-8
4. Wo ist das Museum geblieben?
8
5. Faszination Reiff-Museum
9
Literaturverzeichnis
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Zitierte Internetseiten
11
Abbildungsverzeichnis
12
1. Einleitung
Die RWTH Aachen verfügt nicht wie viele andere Universitäten über einen Campus;
die Gebäude der Hochschule befinden sich in der ganzen Stadt.
Nach der Eröffnung des Polytechnikums im Jahre 1870 wurde als erstes Universitätsgebäude das Hauptgebäude am Templergraben errichtet. Es folgten in kurzen Abständen Gebäude der Bereiche Bergbau, Elektrotechnik, Maschinenbau, Bildhauerei
sowie die Bibliothek (s. Schörken 2006, 15, 16). Diese Bauaktivität hat bis heute nicht
nachgelassen, sodass die RWTH Aachen auf bald 140 Jahre Baugeschichte zurückblicken kann.
Das Reiff-Museum, erbaut 1908, ist somit eines der ältesten Hochschulgebäude. Bereits der Name lässt vermuten, dass es sich um ein Museum handelt; jeder Aachener
oder zumindest jeder Aachener Student weiß aber, dass dort die Fakultät für Architektur beheimatet ist.
Die einst im Reiff-Museum ausgestellte Kunstsammlung gibt es nicht mehr; nur wenige
Werke wurden wiedergefunden. Mit dem Verschwinden der Sammlung und aufgrund
der Tatsache, dass das Reiff-Museum dadurch seine ursprüngliche Funktion verloren
hat, ist auch ein Teil der Geschichte des Museums in Vergessenheit geraten. Der folgende Artikel soll diese „Gedächtnislücke“ schließen.
Abb. 1: Verteilung der Hochschulgebäude in Aachen 1939
(Schörken 2006, 18)
Abb. 2: Verteilung Hochschulgebäude in Aachen 1961
(Schörken 2006, 18)
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2. Geschichte des Reiff-Museums
2.1 Woher hat das Reiff-Museum seinen Namen?
Namensgeber des Reiff-Museums ist Franz Reiff (1835 – 1902), ein ehemaliger Professor, der an der Königlich Technischen Hochschule Aachen Figuren- und Landschaftszeichnen lehrte. Reiff besaß eine Kunstsammlung, die sich hauptsächlich aus
Duplikaten berühmter Werke, aber auch aus Originalen zeitgenössischer Kunst sowie
aus seinen eigenen Gemälden zusammensetzte. Zunächst nutzte der Professor seine
Sammlung zu rein didaktischen Zwecken: die Arbeiten dienten ihm, um Architekten
und Kunsthistoriker im Zeichnen und im perspektivischen Darstellen zu unterrichten
(s. RWTH Aachen 2008; Klenkes 2007).
Abb. 3: Franz Reiff, Selbstportrait
(Turck 1994, 20)
2.2 Warum wurde das Reiff-Museum erbaut?
Noch zu seinen Lebzeiten beschloss Franz Reiff, sich und seiner Sammlung ein Denkmal zu setzten. Sein Plan war es, der Technischen Hochschule in seinem Testament
die vollständige Sammlung zu vermachen. Die Schenkung sollte aber an eine Bedingung geknüpft sein: Reiff verlangte als Gegenleistung den Neubau eines Gebäudes,
welches seine Kunstsammlung gebührend ausstellen und zudem seinen Namen tragen sollte.
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Dieses Angebot unterbreitet Franz Reiff drei Städten gleichzeitig: Bonn, Düsseldorf
und Aachen. Bonn sagt direkt zu, Aachen zögert, da „der Kunstsammlung für das Studieninteresse der Hochschule, deren Schwerpunkt vornehmlich auf dem Gebiet des
Ingenieurwesens liegt, kein hoher Wert beizumessen sei.“ (Turck 1994, 29)
Nach dem Tode Reiffs im Jahre 1902 wird lange darüber verhandelt, ob auf das Angebot eingegangen werden soll oder nicht. Insbesondere über die Finanzierung des
Gebäudes können sich die Hochschule und die Stadt Aachen nicht einigen.
Im Dezember 1903 wird jedoch nach langer Diskussion die Genehmigung für den
Bau eines Museums erteilt: Die Geburtsstunde des Reiff-Museums (s. Turck 1994,
27-29).
3. Bau- und Planungsgeschichte des Reiff-Museums
3.1 Der Entwurf
Die Königlich Technische Hochschule Aachen beauftragt drei Professoren der Architektur-Abteilung –Karl Henrici, Georg Frentzen und Ludwig Schupmann- mit den Entwurfsarbeiten. Allein Professor Ludwig Schupmann reicht von 1902 bis 1903 sechs
Entwürfe für den Neubau des Reiff-Museums ein, die jedoch alle zurückgewiesen werden, da die Finanzierung des Bauwerkes noch nicht geklärt ist. Nachdem der Bau des
Reiff-Museums im Dezember 1903 endlich genehmigt wird, werden dem Ministerium
für öffentliche Arbeiten weitere Entwürfe der drei Professoren vorgelegt (s. Turck 1994,
30).
Die Bauplanung sieht zunächst vor, die Sammlung Franz Reiffs und das Institut für
Kunstgeschichte gemeinsam in einem mit „Reiff-Museum“ bezeichneten Gebäude unterzubringen. Die Abteilung für Architektur soll in einem separaten, jedoch an das Museum angegliederten Gebäude Platz finden. Dieses Konzept wird von der Aachener
Hochschule allerdings abgelehnt, sodass die bereits erteilte Entwurfsgenehmigung im
Laufe des Jahres 1904 zunächst zurückgezogen wird. Nach der Wiederaufnahme des
Projektes und einer für die Hochschule zufrieden stellenden Lösung, welche vorsieht,
das Museum, das kunsthistorische Institut sowie die Abteilung für Architektur in einem
einzigen Gebäudekomplex unterzubringen, wird im Dezember 1905 der Entwurf des
Reiff-Museums endgültig bestätigt. Etwa sechs Monate später wird mit dem Bau des
Gebäudes begonnen. Am 5. November 1908 kann das Reiff-Museum endlich feierlich
eröffnet werden (s. Turck 1994, 31-32; RWTH Aachen 2008).
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3.2 Das vollendete Bauwerk
Das Grundstück, auf dem das Reiff-Museum errichtet werden soll, steht schon zu Beginn der Verhandlungen im Jahre 1902 fest. Abbildung 1 zeigt die Standorte der Königlich Technischen Hochschule Aachen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das ReiffMuseum (in der Abbildung rot eingefärbt) liegt am Templergraben, in direkter Nähe
zum Hauptgebäude. Durch diese Positionierung ist es gut an den Kernbereich der
Hochschule angegliedert.
Abb. 4: Reiff-Museum Lageplan
1909 (RWTH Aachen 2008)
Der ursprüngliche Gebäudekomplex besteht aus einem Sockelgeschoss, drei Hauptgeschossen und einem Dachgeschoss. Im Erdgeschoss und im ersten Stockwerk befinden sich vornehmlich Zeichen- und Hörsäle sowie Räumlichkeiten für Hochschulmitarbeiter. Das zweite Stockwerk dagegen ist hauptsächlich der Ausstellung der Sammlung
vorbehalten. Es existieren insgesamt sechs unterschiedlich große Museumssäle, die
verschiedenen Themen zugeordnet sind und über mansardenartige Glasaufbauten
belichtet werden. Des Weiteren enthält das zweite Obergeschoss vier Säle, die dem
künstlerischen Studieren und Arbeiten vorbehalten sind. Im Dachgeschoss sind nur
einige Nebenfunktionen untergebracht, wie zum Beispiel eine Dunkelkammer und Magazine (s. Turck 1994, 33-34; RWTH Aachen 2008).
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Die Erschließung des Gebäudekomplexes erfolgt über zwei Eingänge. Ein separater
Eingang für das kunsthistorische Institut und für das Museum befindet sich in Form
eines Treppenhausvorbaus an der Ostseite des Komplexes, welcher sich den Templergraben entlang nach Nordosten hin ausdehnt. Die Architektur-Abteilung ist dem
Hauptgebäude der Technischen Hochschule zugewandt und ist leicht hinter das Museumsgebäude zurückgesetzt. Das Eingangsportal liegt mittig in der Fassade. Abbildung
2 zeigt die beiden separaten Eingänge und die in der Fassade abzulesende optische
Trennung der Nutzungseinheiten; Abbildung 3 stellt die Ansicht des Museums vom
Templergraben aus dar.
Abb. 5: Reiff-Museum Ansicht
Nordost, 1909 (Turck 1994, 32)
Abb. 6: Reiff-Museum Ansicht
Südost, 1909 (Turck 1994, 33)
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Die gleiche Geschosszahl und Gliederung der Fassade vereinigen die verschiedenen
Nutzungen zu einem architektonisch einheitlichen Baukörper. Auf die unterschiedlichen
Funktionen verweisen in den Stein gehauene Schriften (s. Turck 1994, 33-34). Auch
im Innern des Gebäudes sind die verschiedenen Nutzungseinheiten funktional miteinander verknüpft: Teile der Kunstsammlung liegen unmittelbar über einem Hör- oder
Zeichensaal. Mit Hilfe eines Lastenaufzugs können die Werke bei Bedarf problemlos
in den Unterrichtsraum transportiert werden (s. RWTH Aachen 2008).
Abb. 7: Reiff-Museum,
Fotografie 1909
(Klenkes 1994, 10)
3.3 Das Reiff-Museum nach 1945 bis heute
Im Juni 1955 reagieren Stadt und Hochschule auf die steigenden Studentenzahlen
und die florierende Baubranche der Nachkriegszeit mit dem Beschluss, das Reiff-Museum zu erweitern. 1961 wird dieses Vorhaben in Form eines Neubaus, der die Baulücke zwischen Architekturfakultät und Bauforschungsinstitut schließt und durch eine
Aufstockung umgesetzt (s. Schörken 2006, 40-43). In den 60er und 70er Jahren folgen
weitere Um- und Anbaumaßnahmen.
Abb. 8: Ansicht Altbau, Erweiterungsbau, Bauforschungsinstitut
(Schörken 2006, 42)
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Ein weiterer Erweiterungsbau wurde 2001 zur Nutzung freigegeben: Das „Baumhaus“,
benannt nach dem der Fakultät angehörigen Architekten Mirko Baum, der für Planung
und Entwurf verantwortlich ist. Das zweigeschossige Gebäude dient als Arbeits- und
Seminarraum (s. Schörken 2006, 63-64). Aktuell wird das Reiff-Museum einer Komplett-Sanierung unterzogen.
4. Wo ist das Museum geblieben?
Nach dem Tod Franz Reiffs übernimmt Max Schmid-Burgk die museumsdidaktischen
Tätigkeiten und macht das Museum auch der Öffentlichkeit zugänglich. Bis zu Burgks
Tode im Jahre 1925 finden zahlreiche Ausstellungen im Reiff-Museum statt. 1913 erwirbt er sogar ein Kandinsky-Werk, welches jedoch als verschollen gilt. Nach dem
Ausscheiden Burgks beginnt die sukzessive Verwahrlosung des Museums. Dies ist
einerseits auf mangelndes Interesse der Hochschule (s. Kap. 2.2) anderseits auf die
Folgen des Zweiten Weltkrieges zurückzuführen (s. Klenkes 1994, 10-11). Immer noch
ungeklärt sind aber die genauen Umstände, unter denen die Sammlung abhanden gekommen ist. Der Kunsthistoriker Martin Turck veröffentlicht Mitte der 90er Jahre eine
Studie, in der er sich mit den Gründen für die Vernichtung der bedeutenden Kunstsammlung befasst. In erster Linie gibt Turck der Hochschule die Schuld an dem Verlust
der Sammlung. Dies führt er unter anderem darauf zurück, dass das Anstellen von
Nachforschungen, wie zum Beispiel die Untersuchung des Kellers des Hauptgebäudes, in dem im Zweiten Weltkrieg Kunstwerke eingemauert wurden, die Hochschule
nicht zuließ (s. Aachener Nachrichten 1994). Der ehemalige Ordinarius für Kunstgeschichte Hans Holländer spricht von einer „Kumulation aus Geschichtsverachtung,
Desinteresse und Habgier“ (Holländer 1994, 11) der die Sammlung zum Opfer fiel.
Von den ursprünglich knapp 300 Kunstwerken sind heute noch ca. 50 Objekte –teilweise in desolatem Zustand- erhalten. Das Institut für Kunstgeschichte ist derzeit damit
beschäftigt, unter der Leitung von Professor Markschies den Nachlass Franz Reiffs zu
inventarisieren und zu restaurieren (s. Aachener Nachrichten 2007).
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5. Faszination Reiff-Museum
Das Reiff-Museum ist nicht nur eines der ältesten Gebäude der RWTH Aachen; die
geheimnisvolle Geschichte, die es in sich birgt, macht es auch zweifelsohne zu einem
der interessantesten Bauwerke der Aachener Hochschullandschaft. Spannend ist vor
allem die Tatsache, dass ein Kulturgut, welches zudem das Andenken an einen Lehrenden der Hochschule sichern sollte, sich nur wenige Jahrzehnte nach seiner Eröffnung bereits beginnt aufzulösen und nach fast 100 Jahren fast spurlos verschwunden
ist. Mit der Museums-Funktion gingen leider auch die Erinnerungen an die nationale
und sogar internationale Annerkennung, die das Gebäude den Aachenern als damals
größte Kopiensammlung Deutschlands einbrachte, verloren. Geblieben ist dem Gebäude zum Glück sein Name, der die Erinnerung zurückrufen kann.
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Literaturverzeichnis
Turck, Martin (1994): Das Reiff-Museum der Technischen Hochschule Aachen.
Akademisches Kunstmuseum und zeitgenössische Avantgarde in der Provinz. Alfter
Holländer, Hans (1994): Vorwort.
In: Turck, Martin: Das Reiff-Museum der Technischen Hochschule Aachen.
Akademisches Kunstmuseum und zeitgenössische Avantgarde in der Provinz.
Alfter. S. 9-13
Schörken, Gerhard (2006): Hochschulbau in Nordrhein-Westfalen 1945 bis 2006.
Tönning, Lübeck, Marburg
Fusenig, Thomas (1994): Museumsschwund: Das Reiff-Museum an der RWTH.
In: Sonderausgabe des Klenkes - Magazin für Aachen, SS 1994, S. 10-11
Scholl, Helga (1994): Wie ein Krimi: Das sang- und klanglose Ende des Reiff-Museums. Martin Turcks Studie zur Vernichtung einer einst bedeutenden Bildersammlung.
In: Aachener Nachrichten, Ausg. 93, 22. April 1994
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Zitierte Internetseiten
http://www.reiff-museum.rwth-aachen.de/
Seite des virtuellen Reiff-Museums, Zugriff 29.01.08
http://www.klenkes.de/aacheninfo/lange_nacht_der_museen/1683.nach_langem_
t%FCren_wieder_ge%F6ffnet.html
Online-Auftritt des „Klenkes“, Zugriff 29.01.08
http://www.an-online.de/sixcms/detail.php?template=an_detail&_wo=Suche:
Onlinearchiv&id=322410
Online-Auftritt der Aachener Nachrichten, Zugriff 29.01.08
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Schörken, Gerhard (2006), S. 18, Verteilung der Hochschulgebäude in Aachen
1939.
Abb. 2: Schörken, Gerhard (2006), S. 18, Verteilung der Hochschulgebäude in Aachen
1961.
Abb. 3: Turck, Martin (1994), S. 20, Franz Reiff, Selbstportrait.
Abb. 4: http://www.reiff-museum.rwth-aachen.de, Reiff-Museum Lageplan 1909.
Abb. 5: Turck, Martin (1994), S. 32, Reiff-Museum Ansicht Nordost, 1909.
Abb. 6: Turck, Martin (1994), S. 33, Reiff-Museum Ansicht Südost, 1909.
Abb. 7: Sonderausgabe des Klenkes - Magazin für Aachen, SS 1994, S. 10, ReiffMuseum, Fotografie 1909
Abb. 8: Schörken, Gerhard (2006), S. 42, Ansicht Altbau, Erweiterungsbau, Bauforschungsinstitut.
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