Spurdetektoren - Vortrag im Rahmen des Seminars von Timo Stengler Spurdetektoren Spurdetektoren sind Detektoren die den Weg elektrisch geladener Teilchen sichtbar machen. Daher sind sie unerlässlich um Produkte einer Teilchenreaktion nachzuweisen und finden sich Spurdetektoren somit auch Heute noch in den großen Versuchsanlagen, wie im LHC am CERN. Entwicklung der Spurdetektoren Die Entwicklung der Spurdetektoren begann bereits Anfang des letzten Jahrhunderts. Im Jahre 1911 wurde die Nebelkammer von Charles Wilson vorgestellt. Grundprinzip hierbei ist die Ionisierung eines Mediums. Im Falle der Nebelkammer wird übersättigter Wasserdampf verwendet. Durch den Einfall der zu detektierenden, ionisierenden Teilchen werden die Wassermoleküle ionisiert. Die so entstehenden Atomrümpfe dienen nun als Kondensationskeime, sodass entlang der Spur der ionisierenden Teilchen eine Spur von Wassertropfen entsteht. Diese lässt sich optisch nachweisen. Dies führte zur Entwicklung der Blasenkammer, die im Jahre 1952 von Donald A. Glaser vorgestellt wurde. Diese basiert auf einem flüssigen Medium. Hierfür wird zumeist Wasserstoff verwendet, jedoch sind auch andere verflüssigte Gase als Medium möglich. Zur Detektion wird der Druck verringert, sodass die Flüssigkeit den Siedepunkt überschreitet. Tritt nun ein zu detektierendes Teilchen ein wird der Wasserstoff ionisiert, sodass Gasblasen entstehen. Diese lassen sich wieder optisch nachweisen. Um Informationen über den Impuls zu erhalten, lässt sich ein Magnetfeld anlegen und über den Radius der Bahnkrümmung berechnen. Abbildung 2: Rechts: Aufnahme einer Blasenkammer, Links: Reinschrift der Reaktion aus Quelle [4] Sowohl die Spuren aus der Blasenkammer, als auch die Spuren aus der Nebelkammer müssen fotografisch ausgewertet werden. Eine Abbildung 1: Funktionsprinzip der klassischen solche Auswertung ist in Abbildung 2 zu sehen. Es handelt sich hierbei um eine AufnahNebelkammer me einer Proton-Neutrino Reaktion, bei der Um höhere Nachweiswahrscheinlichkeiten zu ein D-Meson entdeckt wurde. Auf der rechten erhalten, wird ein dichteres Medium benötigt. Seite ist die Fotografie zu erkennen, auf der Spurdetektoren - Vortrag im Rahmen des Seminars von Timo Stengler Linken die Reinschrift der Reaktion. Die Ortsauflösung der Nebel und Blasenkammer liegt im Bereich von σ ∼ = 1mm und ist durch die Tröpfchen- bzw. Blasengröße begrenzt. Abbildung 3: Typischer Aufbau einer Viel- Spurdetektoren mit scher Auslesetechnik elektroni- drahtproportionalitätskammer. Die Drähte Um die Fülle von Ereignissen nachzuweisen, wie sie aktuell an großen Beschleunigeranlagen entstehen, sind Fotografische Auswertungen unmöglich zu bewältigen. Daher verwendet man Spurdetektoren mit einer automatisierten Auslesetechnik. Man verwendet hierbei immer noch ein zu ionisierendes Gas. Als Grundlage kann hierfür das Proportionalzählrohr betrachtet werden. Ein zylindrisches Volumen ist mit einem Gas gefüllt. Im Zentrum des Volumens befindet sich ein Draht. Nun wird eine Spannung angelegt, sodass der Draht als Anode, die Kammerwände als Kathode verschaltet sind. Wird das Gas ionisiert, so wandern die entstehenden Elektronen zum Anodendraht und können so ausgelesen werden. Gas und Spannung werden so eingestellt, dass die entstehenden Ionenpaare proportional zur Energie der einfallenden Teilchen ist. Um große Detektorflächen zu erhalten und eine Ortsauflösung zu gewährleisten, wurde die Vieldrahtproportionalitätskammer (MWPC, engl. multi wire proportional chamber) entwickelt. Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Anodendrähten die parallel im selben Volumen liegen, wie in Abbildung 3 gezeigt ist. Hierdurch gelingt es den Ort des Durchgangs eines ionisierenden Teilchens einem Draht zuzuordnen. Betrachtet man das elektrische Feld einer solchen Kammer, so erkennt man, dass in der Nähe der Anodendrähte ein zylindrisches Feld vorliegt, während in der Nähe der Wände sind als Anoden, die Wände als Kathoden geschaltet. Quelle: [5], S. 82 ein konstates Feld existiert, wie in Abbildung 4 zu erkennen ist. Dadurch werden die entstehenden Elektroden in der Nähe des Anodendrahtes beschleunigt, sodass eine Verstärkung, wie im Fall der Proportionalkammer, stattfindet. Abbildung 4: a) Feldlinienverlauf in der Vieldrahtproportionalitätskammer, b) Feldstärke als Funktion des Abstands zum Anodendraht. Es zeigt sich das in der Nähe des Anodendrahtes die Feldliniendichte steigt. Quelle:[5] S.85 Die Ortsauflösung einer solchen Kammer liegt bei σ = 0, 6mm. Sie wird bei diesem Aufbau dadurch begrenzt, dass ein zweites Signal im selben Abstand zum Draht dasselbe Signal auf dem Draht erzeugt. Geht man von einer Gleichverteilung der Ereignisse aus, so erhält man die oben genannte Ortsauflösung. Um dieses Problem zu beseitigen, wird eine zweite Kammer um 90◦ verdreht unter der ersten angebracht, sodass ein Gitter entsteht. Damit lässt sich der Ort genauer lokalisieren, aber es Spurdetektoren - Vortrag im Rahmen des Seminars von Timo Stengler können bei gleichzeitigen Durchgängen Schein- Elektronen erst in unmittelbarer Nähe der Ansignale entstehen wie in Abbildung 5 zu erken- odendrähte beschleunigt werden. nen ist. Abbildung 5: a) Zwei Kammern bilden bei der Aufsicht ein Gitter. Ein Durchgang eines Teilchens spricht in jeder Kammer einen Draht an, sodass am Kreuzpunkt das Signal lokalisiert werden kann. b) Bei mehreren Gleichzeitigen Ereignissen entstehen Scheinsignale durch Überlagerung der echten Signale Abbildung 6: Aufbau einer Driftkammer. Hierbei werden negative Potentialdrähte zwischen die Signaldrähte gespannt um das elektrische Feld zwischen den Signaldrähten zu homogenisieren. Der Feldverlauf ist in Abbildung 7 gezeigt, wobei hier die Homogenisierung des Feldes durch eingefügte Potentialstreifen entstehen. Dieser Detektortyp erlaubte erstmalig einen großflächigen Nachweis von geladenen Teilchen. Driftkammer Um genauere Aussagen über die zu detektierenden Teilchen zu treffen, musste die Ortsauflösung verbessert werden. Der Weg hierzu ist die Bestimmung der Geschwindigkeit, mit der die Ionen sich im Gas bewegen. Um genaue Aussagen darüber zu treffen, muss in der gesamten Kammer gleiche Bedingungen geschaffen werden. Hierzu wird zum einen ein spezielles Gasgemisch aus Argon und Isobutan verwendet, sodass eine von der elektri- Abbildung 7: Feldverlauf in einer Driftkammer schen Feldstärke unabhängige Driftgeschwin- nach Quelle [6] digkeit erzeugt wird, wie in Abbildung 8 zu Dies erreicht man dadurch, dass zwischen sehen ist. Ebenso muss das Feld zwischen den Drähten möglichst konstant sein, sodass die die Signaldrähte der Vieldrahtproportional- Spurdetektoren - Vortrag im Rahmen des Seminars von Timo Stengler kammer weitere Drähte mit negativer Spannung geschaltet werden. Diese Potentialdrähte krümmen die Feldlinien soweit, dass das Feld zwischen den Signaldrähten konstant wird. Abbildung 9: Verwendung der Driftkammer in den Spektrometern des Mainzer Microtrons (MAMI), Quelle:[7] Abbildung 8: Driftgeschwindigkeit in verschiedenen Gasgemischen und Feldstärken Hat man nun konstante Driftgeschwindigkeiten, so kann man nun den Abstand des Teilchendurchgangs bestimmen, wenn man die Zeitdifferenz zwischen dem Auslesen des Signals und dem Zeitpunkt der Ionisierung des Gases kennt. Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen ist die Übertragunggeschwindigkeit der Elektronik ein Faktor der bestimmt werden muss. Ebenso muss der Zeitpunkt der Ionisierung des Gases durch einen externen Trigger ermittelt werden. Hierfür wird zumeist ein Szintillator verwendet, der durch den Einfall des ionisierenden Teilchens Photonen emittiert, die über einen Photomultiplier ausgelesen werden können. Anwendung findet die Driftkammer noch immer im MAMI, dem Mainzer Microtron. Hier werden drei Spektrometer zum Nachweis der Teilchenreaktionen verwendet. In jeder dieser Spektrometer befinden sich Driftkammern wie in Abbildung 9 zu sehen ist. Spurdriftkammer In Kollidern ist es nicht möglich mit planaren Driftkammern zu arbeiten, da diese nicht den kompletten Wechselwirkungspunkt umschließen. Hierfür wurde die Spurdriftkammer (Time projection chamber, TPC) eingeführt. Bei einer TPC handelt es sich um ein zylindrisches, mit Driftgas gefüllten Volumen, das um den Wechselwirkungspunkt in der Strahlführung angeordnet ist (vgl. Abbildung 10). Es liegt ein elektrisches Feld an, sodass die entstehenden Ionen zu den Endkappen des Zylinders wandern. Die Endkappen selbst bestehen aus Vieldrahtproportionalkammern, sodass sie eine zweidimensionale Projektion der Trajektorie des ionisierenden Teilchens liefern. Die dreidimensionale Information erhält man wie bei der Driftkammer aus der Berechnung der Driftzeit. LITERATUR Spurdetektoren - Vortrag im Rahmen des Seminars von Timo Stengler [6] Kolanoski, Hermann, Detektoren der Elementarteilchenphysik, HU Berlin, 2007 [7] MAMI A1 Kollaborationshompage http://wwwa1.kph.uni-mainz.de/A1 /pictures, zuletzt geprüft April 2013 Abbildung 10: Aufbau einer Spurdriftkammer, Quelle:[6], S.94 Spurdriftkammern werden zum Beispiel im LHC im ALICE Detektor verwendet. Vorteil dieser Bauart ist, das er nahezu alle Winkel um den Wechselwirkungspunkt abdeckt. Für mehr Informationen über Spurdetektoren und deren Umsetzungen und Spurdetektoren, die auf Halbleitertechnik beruhen, seinen die nachfolgenden Quellen empfohlen. Literatur [1] Sauli, Fabio, Principles of operation of multiwire proportional and drift chambers, CERN, 1977 [2] Kleinknecht, Konrad, Detektoren für Teilchenstrahlung, Teubner Verlag, 4.Auflage [3] Leo, William, Techniques for Nuclear and Particle Physics Experiments, Springer 1994 [4] CERN Courier, cerncourier.com/cws /article/cern/27925/1/cern2 12-98, 27.11.1998, zuletzt geprüft April 2013 [5] zur Nedden, Martin, Detektoren der Elementarteilchenphysik, HU Berlin, 2003