Hochschule Harz (Hrsg.) Wifö-Wissen Schriften zur Wirtschaftsförderung des Fachbereichs Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz Zentrum für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement Band 3 André Göbel, Nadine Reichert Einsatz von Social Media Instrumenten in der kommunalen Wirtschaftsförderung 2 Vorwort Vorwort Die vorliegende Studie ist das Ergebnis einer inzwischen vier Jahre bestehenden Kooperation zwischen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und dem Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz. In dieser Zusammenarbeit wurden bereits zahlreiche empirische Erhebungen im Rahmen der KGSt Vergleichsringarbeit durchgeführt, so auch die vorliegende Untersuchung. Ausgangspunkt dieser Erhebung wurde die gemeinsame Arbeit im Vergleichsring „Wirtschaftsförderung Städte“, deren Teilnehmer bei der Bewertung eines Engagements kommunaler Wirtschaftsförderungen im Bereich der sozialen Medien interessante Fragestellungen aufwarfen. Die sozialen Medien erlangten vor allem durch die mediale Aufmerksamkeit für das amerikanische Netzwerk „Facebook“ an Beachtung, das inzwischen über eine Milliarde Mitglieder zählt – knapp 25 Millionen Bürger und Unternehmen aus Deutschland inbegriffen. Aus diesem Grund setzen sich immer mehr kommunale und staatliche Einrichtungen mit den neuen Kommunikations- und Marketingmöglichkeiten auseinander. Die kommunale Wirtschaftsförderung steht diesem Trend nicht nach, sodass eine breite Analyse derzeitiger Praxiserfahrungen und Good Practice Beispiele sinnvoll erschien. Zum Einsatz sozialer Medien durch öffentliche Stellen bestehen nicht nur zahlreiche Vorurteile und Missverständnisse sondern auch tatsächliche Stolpersteine. Darüber hinaus existieren neben dem amerikanischen Branchenprimus Facebook unzählige weitere sehr facettenreiche Marketinginstrumente und Netzwerkmöglichkeiten, die für kommunale Wirtschaftsförderungen interessant sein können. Die vorliegende Studie gibt daher einen Einblick in den Diskussionsstand zum Einsatz von Social Media Marketing durch kommunale Wirtschaftsförderungen. Wir hoffen mit den nachfolgenden Ergebnissen einen Mehrwert für die weitere Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten sozialer Medien in kommunalen Wirtschaftsförderungen geschaffen zu haben. Über weiter gehende Hinweise und Anregungen würden wir uns freuen. Viel Freude beim Lesen wünschen Prof. Dr. Jürgen Stember Roland Fischer André Göbel Nadine Reichert Dekan, FB Verwaltungswissenschaften Forschungsprojektleiter OptimUSE Hochschule Harz Leiter des Wirtschaftsförderungslabors KAT-Forschungskompetenzzentrum Hochschule Harz Projektleiter KGSt Vergleichsring Wirtschaftsförderung Städte 80-150T EW Projektmitarbeiterin, Forschungsprojekt OptimUSE KAT-Forschungskompetenzzentrum Hochschule Harz Inhaltsverzeichnis 3 Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................................................. 2 Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................ 3 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ 4 1 Einführung...................................................................................................................... 5 1.1 Zielsetzung ............................................................................................................... 6 1.2 Methodik ................................................................................................................... 6 1.2.1 Qualitative Datenerhebung ................................................................................ 6 1.2.2 Quantitative Datenerhebung.............................................................................. 7 1.2.3 Triangulation ..................................................................................................... 7 1.3 Beteiligung und Repräsentativität ............................................................................. 8 1.4 Aufbau und Überblick ............................................................................................. 10 2 Hintergrund der Forschung......................................................................................... 11 2.1 2.2 2.3 3 Social Media und Social Media Marketing .............................................................. 11 Notwendigkeit von Social Media Marketing in der Wirtschaftsförderung ................. 14 Einsatzmöglichkeiten von Social Media in der Wirtschaftsförderung ....................... 15 Ergebnisse der Analysen ............................................................................................ 17 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 Akteursperspektive Wirtschaftsförderung ................................................................ 17 Akteursperspektive Kunden/Unternehmen .............................................................. 23 Ressourcenaufwand ............................................................................................... 28 Organisatorische Aspekte ....................................................................................... 34 Inhaltliche Aspekte.................................................................................................. 37 Technische Aspekte ............................................................................................... 41 Hinderungsgründe und Realisierungsbeispiele ....................................................... 45 4 Handlungsempfehlungen ............................................................................................ 54 5 Ausblick ........................................................................................................................ 56 Glossar ................................................................................................................................ 57 Kurzprofil der Kooperationspartner .................................................................................. 59 Autoren ............................................................................................................................... 60 Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 61 4 Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Organisationsformen der befragten Wirtschaftsförderungen...................................... 8 Abb. 2: Anzahl der Mitarbeiter in den befragten Wirtschaftsförderungen ............................... 9 Abb. 3: Anzahl der Mitarbeiter verteilt auf die Organisationform der Befragten .....................10 Abb. 4: Meistgenutzte soziale Netzwerke in Deutschland .....................................................12 Abb. 5: Bedeutung von Social Media Marketing in der Wirtschaftsförderung ........................17 Abb. 6: Einsatz in der Wirtschaftsförderung ..........................................................................19 Abb. 7: Social Media Engagement im Hinblick auf die Personaleinheit .................................20 Abb. 8: Eingesetzte oder geplante Social Media Instrumente ...............................................21 Abb. 9: Soziale Netzwerke in Anwendung oder in Planung ..................................................21 Abb. 10: Beweggründe für die Nutzung von Social Media ....................................................22 Abb. 11: Erfolgseinschätzungen zum Einsatz von Social Media Marketing...........................23 Abb. 12: Einschätzung der Erreichbarkeit von Unternehmen im Social Web ........................24 Abb. 13: Einschätzung der Erreichbarkeit bezogen auf den Nutzungsstand .........................25 Abb. 14: Kosten-Nutzen-Effekte von Social Media Marketing ...............................................29 Abb. 15: Kosten-Nutzen-Effekte bezogen auf den Nutzungsstand .......................................30 Abb. 16: Notwendige Kompetenzen .....................................................................................35 Abb. 17: Organisation von Social Media in der Wirtschaftsförderung....................................36 Abb. 18: Sinnvolle Themen und Formate .............................................................................37 Abb. 19: Geeignete Social Media Plattformen für die Wirtschaftsförderung ..........................42 Abb. 20: Hinderungsgründe für den Einsatz von Social Media .............................................45 Abb. 21: Auftritt der Stadt San Francisco bei Twitter ............................................................47 Abb. 22: Social Media Auftritte der hannoverimpuls .............................................................48 Abb. 23: Auftritt der Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH bei Facebook ........................49 Abb. 24: Weitere Facebook-Präsenz der Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH ..............50 Abb. 25: Postkarten im Rahmen der Imagekampagne der WfL ............................................50 Abb. 26: Xing-Präsenz der Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH....................................51 Abb. 27: Nutzung der Social Media Plattform „YouTube“ durch hannoverimpuls GmbH .......52 Einführung 5 1 Einführung Die Begriffe „Social Media“ und „Social Media Marketing“ sind derzeit in aller Munde und zieren zahlreiche Publikationen. Ob im Geschäfts- oder Privatleben; Facebook, XING und Co. beeinflussen in hohem Maße, wie die Menschen kommunizieren, konsumieren und sich vernetzen. Der Zugang zu Wissen, aktuellen Geschehnissen und geschäftlichen oder sozialen Kontakten, der zu jeder Zeit und an jedem Ort möglich ist, nimmt fortwährend an Bedeutung zu. Ganze Privat- und Geschäftsbereiche verlagern sich und werden digital „gelebt“. Das Internet bietet die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen und beschleunigt den Verlagerungsprozess. Die Menschen tauschen sich vermehrt über Diskussionsforen, soziale Netzwerke und ähnliche Kanäle zu Themen aus, die sie interessieren und bewerten Unternehmen, Institutionen, Produkte oder Dienstleistungen. Durch diese Vernetzung und soziale Interaktion definiert sich das heutige „Social Web“, dem sich unter anderem die KGSt in ihrem aktuellen Positionspapier „Social Media in der Kommune“ widmet, welches für Mitglieder kostenfrei zur Verfügung steht1. Diese fundamentale Entwicklung betrifft auch die Politik, die Verwaltung und die Wirtschaft. Da gerade diese Bereiche durch Kommunikation, Interaktion und speziell Information geprägt sind, entsteht hier zunehmender Druck, entsprechend zu handeln.2 Transparenz, Partizipation und Vernetzung sind verstärkt die Aspekte, durch die sich eine moderne Kommunikation auszeichnet. Verwaltungsprozesse werden daher bereits vermehrt via Internet abgewickelt.3 Auch Unternehmen setzen sich bereits vielfach mit den Veränderungen der Mediennutzung auseinander. Um die Kunden von heute erreichen und langfristig an sich binden zu können, sind viele Unternehmen bereits dabei, sich im Social Web einzubringen und somit neue Wege zu erkunden, Potentiale zu nutzen und der Zielgruppe in ihrem gewohnten Umfeld zu begegnen. Diese Entwicklung erfasst auch die Beziehung zwischen Wirtschaft und Verwaltung. Durch zunehmende Verankerung sozialer Medien in der Unternehmenskultur, werden im Hinblick auf die Nutzung derartiger Instrumente, ebenfalls vermehrt Anforderungen an die Verwaltung gestellt. Als Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Verwaltung rückt das soziale Netz auch für die Wirtschaftsförderung mehr und mehr in den Fokus der Betrachtung. Dies zwingt die kommunalen Akteure sich mit den Instrumenten des Social Media zu beschäftigen. Bleibt nur die Frage: Wie kann sich eine kommunale Wirtschaftsförderung die gegenwärtigen Veränderungen durch Social Media Marketing, zu Nutze machen? 1 Vgl. KGSt 2012. Vgl. Landsberg 2010, S. 15. 3 Vgl. ebd. 2 6 Einführung 1.1 Zielsetzung Im Rahmen der vorliegenden Studie wird eine praxisnahe Einschätzung sowie der Planungsstand von Social Media Marketingaktivitäten im Bereich der Wirtschaftsförderung untersucht. Im Auftrag der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) führte die Hochschule Harz im Rahmen der Arbeiten des WiföLABs (Labor für angewandte IT in der Wirtschaftsförderung)4 hierzu eine empirische Untersuchung durch, die den Status Quo und den Planungsfortschritt des Social Web Engagements von Wirtschaftsförderungen in ganz Deutschland erforscht. Dabei bezieht sich die Studie auf Kernfragen zu folgenden Bereichen: Perspektive der Wirtschaftsförderung, Kundenperspektive, Ressourcenaufwand sowie organisatorische, inhaltliche und technische Aspekte als auch weiterführende Betrachtungen. 1.2 Methodik Die Datenerhebung erfolgte mit primärstatistischen Methoden einerseits per qualitativen Interviews mit ausgewählten Experten kommunaler Wirtschaftsförderungen und einzelnen Beratungsakteuren für Social Media Marketing. Darüber hinaus wurde eine Online-Befragung kommunaler Wirtschaftsförderer realisiert. Als Basis für die Befragungen diente ein Fragenkatalog, den die KGSt gemeinsam mit der Hochschule Harz vor Beginn der Studie erstellte. Quantitativ sollten hierbei die geschlossen formulierten Fragen beantwortet werden, wohingegen das Ziel der qualitativen Befragung darin bestand, weitere Daten mittels offener Fragen zu erhalten. Das Vorgehen beider Verfahren wird im Folgenden näher beschrieben. 1.2.1 Qualitative Datenerhebung Im Rahmen der qualitativen Datenerhebung wurden 20 telefonische Interviews durchgeführt. Im Zeitraum vom 30. Juli bis 30. August 2012 wurden 18 Wirtschaftsförderungseinrichtungen und zwei Experten aus dem Marketingbereich befragt. Vorab sind dazu die entsprechenden Kontakte mittels Webscreening herausgefiltert und abtelefoniert worden. Ausschlaggebend für die Auswahl der Interviewpartner, war die Nutzung sozialer Medien bzw. die Auseinandersetzung mit der Thematik innerhalb der jeweiligen Wirtschaftsförderung. 4 Das WiföLAB ist eine Einrichtung des KAT-Forschungskompetenzzentrums, Projekt OptimUSE (Forschungsprojekt für optimierte Unternehmensförderung und Standortentwicklung) am Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz und wird gefördert durch das Land Sachsen-Anhalt sowie durch den europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE, Proj.-Nr. 1211 08 0007). Projektleiter ist Prof. Dr. Jürgen Stember. Einführung 7 Parallel zur Erstellung des Kontaktverteilers, wurden zwei teilstandardisierte Leitfäden erarbeitet; einer für die Wirtschaftsförderungseinrichtungen und ein weiterer für die Marketingexperten. Der entsprechende Interviewleitfaden führte durch die Telefongespräche, die eine durchschnittliche Länge von 29 Minuten hatten. Den Teilnehmern der telefonischen Befragung wurde eine anonymisierte Verwendung der Inhalte zugesichert. Darüber hinaus wurde das Einverständnis aller Gesprächspartner eingeholt, die jeweilige Wirtschaftsförderungseinrichtung in der Studie zu nennen. Nach Transkription der Interviews wurden die Aussagen zusammengefasst und den jeweiligen Schwerpunkten der Studie zugeordnet sowie gekennzeichnet. Bei Aussagen, die nicht zusammengefasst werden konnten, wurde zusätzlich die jeweilige Institution kenntlich gemacht. 1.2.2 Quantitative Datenerhebung Über die qualitative Befragung hinaus, wurde eine internetgestützte Befragung durchgeführt. Hierzu wurden 300 Wirtschaftsförderungen aus dem gesamten Bundesgebiet angeschrieben. Die Auswahl erfolgte mittels Zufallsprinzip auf Basis eines bestehenden Verteilers aller kommunalen Wirtschaftsförderungen in Deutschland. Die Online Befragung wurde in der Zeit vom 16. August bis 07. September 2012 durchgeführt. Die Datengewinnung geschah mit einem System für akademische Onlinebefragungen, welches den Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes entspricht. In einer Vorankündigung wurden die Probanden über die Studie informiert. Daraufhin hatten sie die Möglichkeit, die Teilnahme abzusagen oder einen anderen Kontakt zu benennen. Bei Mitteilungen zu Abwesenheiten während des Befragungszeitraums oder Austragung aus dem Verteiler, wurde per Zufall Ersatz aus dem Gesamtverteiler gesucht. Aufgrund dieses Vorgehens konnten insgesamt 303 Wirtschaftsförderungen zur Teilnahme eingeladen werden. Zum Starttag der Befragung bekamen die Kontaktpersonen eine Einladung per E-Mail zugesandt, die den codierten Zugriffslink beinhaltete. Eine Mehrfachbeteiligung einzelner Institutionen konnte dadurch ausgeschlossen werden. Nach den ersten zwei Wochen der Befragung ging den Teilnehmern ohne abgeschlossenen Online-Fragebogen eine Erinnerung via E-Mail zu. Neben der anonymen Erfassung wurden auch die Datenauswertungen auf mögliche Rückschlüsse, zum Beispiel durch Nennung von Städte- oder Firmennamen in Freitextfeldern, geprüft und entsprechend anonymisiert, sodass keine Rückschlüsse auf die einzelnen Wirtschaftsförderungseinrichtungen gezogen werden konnten. 1.2.3 Triangulation Beide oben genannten Datenerhebungen wurden in der anschließenden Auswertung miteinander kombiniert, um die Ergebnisse der quantitativen Analysen durch sinnhafte und bereichernde Ergebnisse der Interviewbefragungen zu ergänzen. Darüber hinaus bauen verschiedene Aspekte auf den Ergebnissen einer zuvor abgeschlossenen Bachelorarbeit auf, 8 Einführung die von Frau Nadine Reichert zum Thema „Social Media Marketing in Wirtschaftsförderungen – Eine Analyse der Potenziale und Einsatzmöglichkeiten von sozialen Medien in Bezug auf das Marketing von kommunalen Wirtschaftsförderungen“ 2012 erfolgreich verteidigt wurde. Die methodische Breite aller genannten primärempirischen Erhebungen sichert die hier dargestellten Ergebnisse. 1.3 Beteiligung und Repräsentativität Als Gesamtsample ergab sich ein Einladungsverteiler von 303 Wirtschaftsförderungen aus dem gesamten Bundesgebiet. Einschließlich derer, die den Fragebogen lediglich in Teilen beantwortet haben (n = 119), beträgt die Ausschöpfungsquote 39,3%. Den Fragebogen vollständig ausgefüllt haben 104 Teilnehmer, sodass eine Rücklaufquote von 34,3% erreicht werden konnte. Kommunale Wirtschaftsförderungen weisen eine differenzierte Organisationsform auf, die abhängig von lokalen Anforderungen der Wirtschaftspolitik und organisatorischen Zwängen gewählt wird. Eine Aufschlüsselung, welche Arten von Wirtschaftsförderungsinstitutionen sich an der Studie beteiligt haben, wird durch nachfolgende Darstellung deutlich. Wie ist Ihre Institution organisiert? 10% 30% Amt Amt und GmbH 27% Eigenbetrieb 8% 26% GmbH 0% Stabsstelle Sonstiges n = 104 Abb. 1: Organisationsformen der befragten Wirtschaftsförderungen Es konnte nachgewiesen werden, dass die vorherrschenden Organisationsformen in der Beteiligung zu dieser Studie ähnlich stark vertreten sind. Das lässt darauf schließen, dass die Thematik nicht nur einseitig relevant erscheint und unabhängig der institutionellen Ausrichtung diskutiert wird. Darüber hinaus spiegelt diese Quotaprüfung nach der Organisationsform einen hohen Wert zur Repräsentativität der durchgeführt Studie wider. Lediglich als Eigenbetrieb war keine der befragten Wirtschaftsförderungen organisiert, was jedoch dem Einführung 9 Organisationspiegel von kommunalen Wirtschaftsförderungen in Deutschland weitestgehend entspricht. Als weiteres organisationsstatistisches Merkmal wurde nach der Anzahl der Mitarbeiter in der jeweiligen Institution gefragt. Hier gibt fast die Hälfte der Wirtschaftsförderungen an, weniger als 3 Mitarbeiter zu beschäftigen, dicht gefolgt von der nächsten Klassifizierung „3 bis 5 Mitarbeiter“, über die rund ein Viertel der Befragten verfügen. Fast drei Viertel der befragten Institutionen sind daher als kleinere Personaleinheiten organisiert, wie auch untenstehende Abbildung (Abb. 2) verdeutlicht. Die jüngste Untersuchung am Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz kam zu dem gleichen Ergebnis. Im Rahmen einer Marktanalyse für ein Institut für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement am Fachbereich, wurden 138 Wirtschaftsförderer mittels Fragebogen befragt. Hier gaben 74% der Teilnehmer an, über maximal fünf Mitarbeiter zu verfügen. Wie viele Mitarbeiter sind in Ihrer Wirtschaftsförderung beschäftigt? 9% 8% weniger als 3 11% 45% 3 bis 5 Mitarbeiter 6 bis 10 Mitarbeiter 11 bis 20 Mitarbeiter 27% mehr als 20 Mitarbeiter n = 104 Abb. 2: Anzahl der Mitarbeiter in den befragten Wirtschaftsförderungen Verteilt auf die jeweilige Organisationsform ergibt sich folgendes Bild: Ausgenommen von teils oder ganz privatwirtschaftlich organisierten Wirtschaftsförderungen, gab jeweils knapp die Hälfte der Institutionen an, ein oder zwei Mitarbeiter zu beschäftigen. Dieser Personalschlüssel entspricht auch den Ergebnissen bisheriger Untersuchen. Demnach ist es markant, dass privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaftsförderungen eine deutlich stärkere Personalausstattung vorweisen, als Wirtschaftsförderungen die in Amtsstrukturen eingebunden sind. 10 Einführung Größe der befragten Wirtschaftsförderungen nach Organisationsform Amt (n=31) 45% Amt und GmbH (n=8) 35% 50% GmbH (n=27) 19% 0% 22% Sonstiges (n=10) 25% 22% 25% 15% 60% Stabsstelle (n=28) 6% 3% 10% 0% weniger als 3 Mitarbeiter 20% 3 bis 5 Mitarbeiter 22% 30% 64% 10% 0%0% 29% 40% 6 bis 10 Mitarbeiter 60% 11 bis 20 Mitarbeiter 0% 80% 4%4% 0% 100% mehr als 20 Mitarbeiter Abb. 3: Anzahl der Mitarbeiter verteilt auf die Organisationform der Befragten 1.4 Aufbau und Überblick Der Abschlussbericht zum Forschungsgegenstand „Social Media Marketing in der Wirtschaftsförderung“ ist wie folgt aufgebaut: Einführung (Abschnitt 1) Hintergrund der Forschung (Abschnitt 2) Datenerhebung (Abschnitt 3) Handlungsempfehlungen (Abschnitt 4) Ausblick (Abschnitt 5) Für ein besseres Verständnis der beschrieben Instrumente und Plattformen des Social Media Marketings ist am Ende dieser Publikation ein Glossar zu finden. Hintergrund der Forschung 11 2 Hintergrund der Forschung 2.1 Social Media und Social Media Marketing Der Begriff „Social Media“ bezeichnet moderne Informationsträger und Publikationsmöglichkeiten innerhalb des Internets. Soziale Medien unterstützen die Kommunikation in der „virtuellen Welt“, indem sie technologische und inhaltliche Aspekte miteinander verbinden.5 Das neuartige an diesen Medien ist, dass sie sich vollkommen in das Web verlagern und einen sozialen Aspekt miteinbeziehen.6 Die soziale Komponente entsteht durch den Nutzer, der diese Medien nutzt, um zu kommunizieren oder sich zu informieren. Jeder Teilnehmer erzeugt damit zunehmend personenbezogene Inhalte.7 Die geläufigsten Social Media Anwendungen sind: Diskussionsforen, Online Foto- und Online Videoplattformen, Podcasts, Soziale Netzwerke, Web- und Microblogs sowie Wikis Diskussionsforen dienen dem virtuellen Austausch von Meinungen, Erfahrungen, Wissen und Informationen mittels sogenannter Postings durch die Nutzer. Im Gegensatz dazu ermöglichen es Online Foto- sowie Online Videoplattformen, Bilder und/oder Videos auf eine Internetseite zu stellen und diese darüber mit anderen Nutzern zu teilen. Die online gestellten Objekte können, eigens oder durch andere Nutzer, mit Notizen oder Kommentaren versehen werden. Auch das Einbinden der bereitgestellten Inhalte auf Profilseiten von sozialen Netzwerken ist möglich. Die bekanntesten Plattformen sind hier „YouTube“ und „Flickr“. Podcasts dienen zur Verbreitung von Audio- und/oder Videoinhalten. Es wird daher unterteilt in Audio-Podcasts und Video-Podcasts. Die Inhalte werden, ähnlich Radiosendungen, als Seriensendungen publiziert. Im Gegensatz dazu zielen soziale Netzwerke darauf ab, den Aufbau und den Erhalt sozialer Kontakte im Internet zu vereinfachen und die Akteure bei der Kommunikation und Interaktion untereinander zu unterstützen.8 Das wesentlichste Merkmal von Social Media kommt hier zum Vorschein: die Vernetzung der Akteure.9 Mittels der sogenannten Profilseite erfolgt in 5 Vgl. Hettler 2010, S. 14. Vgl. von Lucke, S. 7. 7 Vgl. ebd. 8 Vgl. Hettler 2010, S. 54. 9 Vgl. Renz 2007, S. 51. 6 12 Hintergrund der Forschung den Netzwerken die Selbstdarstellung.10 Persönliche Daten wie Name, Alter, Institution aber auch Tätigkeit und Interessen werden hier angegeben und anderen Nutzern zur Verfügung gestellt.11 Bei einigen Netzwerken besteht die Möglichkeit bestimmte Inhalte (wie Adresse, Geburtsdatum etc.) nicht öffentlich oder nur für eine bestimmte Gruppe, sichtbar zu machen.12 Plattformen sozialer Netzwerke im Internet basieren entweder auf privatfreundschaftlicher oder auf geschäftlicher Interaktion. In der Nutzung am weitesten verbreitet sind die in folgender Tabelle dargestellten Plattformen: Name Gründung Orientierung Nutzer in Deutschland Facebook 2004 privat 24,7 Millionen13 Google+ 2011 privat 3,6 Millionen14 LinkedIn 2003 geschäftlich15 1,7 Millionen16 VZ Netzwerke 2005 privat 16,0 Millionen17 XING 2003 geschäftlich 12,4 Millionen18 Abb. 4: Meistgenutzte soziale Netzwerke in Deutschland Social Media bietet mit Web- oder Microblogs darüber hinaus die Möglichkeit, im Internet Tagebücher zu führen. Diese werden online kreiert, sind von allen Nutzern einsehbar und können gegebenenfalls kommentiert werden. Durch die einfach gehaltene Bedienung der Blogging-Plattformen ist es jedem Nutzer möglich, kostenfrei Blogs zu erstellen. Den Inhalt, das Thema sowie den Stil gibt hierbei der jeweilige Autor vor. Während sich sogenannte „Watchblogs“ mit der kritischen Beobachtung von Medien und Firmen beschäftigen, leisten „Corporate Blogs19“ einen kostengünstigen und schnellen Beitrag zur Unternehmenskommunikation.20 In Weblogs können Beiträge beliebig lang sein, dagegen ist bei Microblogs die Länge eines Beitrages begrenzt.21 Der beliebteste Microblogging Dienst ist „Twitter“ (englisch für: Gezwitscher). Die aktuell rund 4,1 Millionen22 Nutzer haben hier die Möglichkeit ihre sogenannten Follower23 mit Textnachrichten, bestehend aus maximal 140 Zeichen, auf dem 10 Vgl. Renz 2007, S. 51. Vgl. ebd. 12 Vgl. Hettler 2010, S. 57. 13 Statista GmbH, Stand: August 2012. 14 Siehe Steuer. 15 LinkedIn bietet darüber hinaus die Möglichkeit, internationale Kontakte zu pflegen. 16 LinkedIn in Deutschland April 2012. 17 poolworks Ltd., Stand: November 2011. 18 Statista GmbH, Stand: Juni 2012. 19 Der Begriff „Corporate Blogs“ bedeutet übersetzt „Firmen- oder Unternehmensblogs“. 20 Vgl. Alby 2008, S. 21-24. 21 Vgl. Zarrella und Heidl 2010, S. 39. 22 FOCUS Online, Stand: März 2012. 23 Der Begriff „Follower“ bedeutet übersetzt „Folger“ oder „Verfolger“ und bezeichnet Personen die, die Beiträge anderer Nutzer beobachten bzw. abonniert haben und Aktualisierungen somit automatisch erhalten. 11 Hintergrund der Forschung 13 Laufenden zu halten.24 Dadurch können die Leser die Beiträge leichter aufnehmen und verarbeiten. Mittels eines Wikis können Beiträge zu einer bereits bestehenden Internetseite hinzugefügt und bestehende Inhalte bearbeitet oder gelöscht werden, ohne dabei über spezielle technische Kenntnisse verfügen zu müssen.25 Wikis sind weniger individuell geprägt als Weblogs. Die Beiträge sind bei dieser Form von Social Media nicht allein auf nur einen Autor und dessen persönliche Themen, Meinungen und Erlebnisse beschränkt. Sie dienen der gemeinschaftlichen Bearbeitung von Projekten und der Erweiterung von Wissen.26 Als bekannteste Wiki-Seite zählt die freie Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ mit inzwischen rund 1,5 Millonen27 deutschsprachigen Wissensartikeln und ebenso vielen28 registrierten bzw. insgesamt 21.68829 aktiven Nutzern in Deutschland.30 Als „Social Media Marketing“ wird folglich die Vermarktung von Produkten oder Dienstleistungen über speziell diese, vorgenannten Social Media Kanäle bezeichnet. Den Kern dieses Marketings bildet die Kommunikation.31 Social Media Marketing ermöglicht die Ansprache einer breiten Masse, die durch die klassischen Werbeinstrumente nicht zu erreichen gewesen wäre.32 Marketing im Social Web kann reaktiv oder proaktiv betrieben werden.33 Alle Aktivitäten, die Reaktionen auf Nennung der eigenen Institution im sozialen Netz darstellen, gehören dabei zur Kategorie des reaktiven Social Media Marketings. Reaktiv bedeutet, ein Anderer beginnt den Dialog. Im Gegensatz dazu handelt es sich beim proaktiven Social Media Marketing um Handlungen, die ihren Ursprung in der eigenen Organisation haben und von dort aus initiiert werden (Informationen zu Veranstaltungen, Statusmeldungen etc.).34 Marketingaktivitäten der Wirtschaftsförderung verfolgen meist eine proaktive Handlung, da ein Engagement in sozialen Medien überwiegend auf die schnelle und einfache Bekanntgabe von unternehmensspezifischen Informationen zu Stadtentwicklungen, kommunalen Wirtschaftsinitiativen oder Veranstaltungshinweisen abzielt. Sobald durch die wiederkehrenden Aktivitäten der Wirtschaftsförderungen oder der Kommunen im Allgemeinen ein Austausch über soziale Medien stattfindet, werden auch reaktive Handlungen notwendig. Diese „Antwort auf Nutzerfragen“ beinhaltet dann eine andere zeitliche Belastung der verantwortlichen Mitarbeiter in der Wirtschaftsförderung. Während proaktive Maßnahmen selbstständig und 24 Vgl. Zarrella und Heidl 2010, S. 39. Vgl. Ebersbach et al. 2011, S. 40. 26 Vgl. Ebersbach et al. 2011, S. 50-51. 27 Wikimedia Deutschland e. V. 28 ebd. 29 ebd. 30 Vgl. Renz 2007, S. 51. 31 Vgl. Weinberg 2011, S. 4. 32 Vgl. ebd. 33 Vgl. Heymann-Reder 2011, S. 17 34 Vgl. ebd. 25 14 Hintergrund der Forschung zeitlich flexibel durchgeführt werden können, wird bei reaktiven Antworten eine kurze Bearbeitungszeit von den Nutzern beziehungsweise von den Unternehmern erwartet. 2.2 Notwendigkeit von Social Media Marketing in der Wirtschaftsförderung Die kommunale Wirtschaftsförderung steht künftig neuen Anforderungen gegenüber, welche durch die aktuellen Veränderungen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich geprägt sind. Dieser Wandel hat erheblichen Einfluss auf den wirtschaftspolitischen Erfolg von Kommunen. Unternehmen können sich heute nur auf dem Markt behaupten, wenn sie sich den stets ändernden Bedingungen anpassen und sich anhaltend weiterentwickeln.35 Dies hat zur Folge, dass Betriebe mit ausreichend geringen Mobilitätskosten kaum noch an einen Standort gebunden sind. Somit wächst die Gefahr von betrieblichen Standortverlagerungen und dadurch folgenden kommunalen Entwicklungsnachteilen (sinkende Steuereinnahmen, geringeres Arbeitsplatzangebot, sinkende Kaufkraft und vieles mehr). Deshalb muss sich die kommunale Wirtschaftsförderung unter anderem damit auseinandersetzen, dass im Hinblick auf die rückläufige Entwicklung der Bevölkerungszahl und der Überalterung, in Zukunft weniger Arbeitskräfte und vor allem weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen werden.36 Dies wirkt sich zusammen mit weiteren Entwicklungen veränderter Standortbedingungen negativ auf Neuansiedlungen und Investitionen aus. Der Bevölkerungsrückgang zieht ebenfalls eine geringere Nachfrage und somit die Schwächung der Wirtschaft vor Ort nach sich.37 Es gilt daher die verschiedene weiche Standortfaktoren in den Fokus der Betrachtung zu rücken, um den Standort für qualifizierte Fachkräfte attraktiver zu machen und ebenso ansehnlicher für ansiedlungswillige Unternehmen.38 Um die Akteure vor Ort halten zu können und deren Einsatzbereitschaft für den Standort zu stärken, ist ein erfolgreiches Marketing durch die kommunale Wirtschaftsförderung unabdingbar.39 Darüber hinaus bedingt die vermehrte Internetnutzung sowie die Nutzung von Social Media, sowohl im Privat- als auch im Geschäftsleben, eine Neuausrichtung der kommunalen Wirtschaftsförderung hinsichtlich ihrer Marketingmaßnahmen. Denn die Zielgruppe verlagert sich mehr und mehr ins World Wide Web und ist mit klassischen Standortbroschüren nicht mehr erreichbar. Auch wenn beim künftigen Standortmarketing vermutlich kaum ein Weg an den sozialen Medien vorbeiführt, herrscht viel Unsicherheit im Umgang mit ihnen. Insbesondere die Frage, was die Wirtschaftsförderung angesichts (datenschutz-)rechtlicher Bestimmungen darf und was sie vermeiden sollte, wird kontrovers diskutiert. Bevor es allerdings zu einem Social 35 Vgl. Habbel 2010, S. 17-18. Vgl. Hohn 2005. 37 Vgl. ebd. 38 Vgl. ebd. 39 Vgl. Hohn 2008, S. 1. 36 Hintergrund der Forschung 15 Media Engagement kommt, interessiert sich ein Großteil der Wirtschaftsförderer zunächst dafür, welche Kosten-Nutzen-Effekte zu erwarten sind und ob die entsprechende Zielgruppe bei Facebook, XING und Co. aktiv ist. Damit eng verbunden ist der Aspekt der Unternehmenserwartungen. Als direkte Zielgruppe interessiert die Wirtschaftsförderung vorrangig, welche Erwartungen von Unternehmen ausgehen, die Anforderungen an einen entsprechenden Social Media Auftritt stellen. Weitere wesentliche Aspekte stellen geeignete und sinnvolle Social Media Plattformen sowie notwendige Kompetenzen innerhalb der jeweiligen Organisation dar. Eng damit verbunden ist nicht zuletzt die Frage nach der Notwendigkeit von interner und/oder externer Unterstützung bei der Realisierung von Social Media Marketingmaßnahmen. Die zentralen Impulse der Wirtschaftsförderer finden sich im Folgenden unter den Aspekten: Akteursperspektiven o Wirtschaftsförderung o Kunden/Unternehmen Ressourcenaufwand Organisatorische Aspekte Inhaltliche Aspekte Technische Aspekte Hinderungsgründe und Realisierungsbeispiele wieder. 2.3 Einsatzmöglichkeiten von Social Media in der Wirtschaftsförderung Soziale Netzwerke erfreuen sich im Privat- aber auch im Geschäftsbereich reger Beliebtheit. Im Hinblick auf die Nutzerzahlen, liegt Facebook weit vor denen der anderen Netzwerke. Von einem weiteren Anstieg der Zahlen kann ausgegangen werden. Es empfiehlt sich daher, diese Plattform für das Marketing der kommunalen Wirtschaftsförderung einzusetzen, um eine breite Öffentlichkeit über dieses Medium zu erreichen und diese z. B. auf den Standort aufmerksam zu machen, Veranstaltungen zu kommunizieren oder direkt Feedback einzuholen. Die geschäftlich orientierte Plattform Xing bietet sich ebenfalls für die Vermarktung der Dienstleistungen an. Bei diesem Netzwerk steht eher der Geschäftsgedanke im Vordergrund. Dies ermöglicht es z. B. im Vergleich zu Facebook zielgerichteter und vor allem zielgruppenorientierter vorzugehen. Google+ ist eine noch recht junge Plattform. Es ist nicht bekannt, ob sich dieser Kanal durchsetzen wird. Allerdings hebt sich Google+ durch einige Besonderheiten von den restlichen sozialen Netzwerken deutlich ab. Dieser Dienst verbindet alle anderen Google-Anwendungen z. B. Google Mail und die Google Suchmaschine miteinander. Das Gegenstück zu Facebooks „Gefällt mir“-Button ist hier die +1-Schaltfläche. Je öfter ein Profil „geplusst“ wird, desto höher fällt die Bewertung durch Google aus und erhöht 16 Hintergrund der Forschung damit das Ranking bei dem Suchmaschinen Dienst. Zukünftig könnte das bedeuten, dass diejenigen, die sich nicht mit Google+ verbinden, schlechter gefunden werden könnten. Darüber hinaus ermöglichen es die sog. „Kreise“ anderen Nutzern zu folgen (ähnlich Twitter) und somit die Zielgruppen für die eigenen Inhalte und die Privatsphäre für diese Bereiche zu definieren.40 So kann ein gezielteres Marketing als z. B. bei Facebook realisiert werden. Überdies gewinnt der Microblogging-Dienst Twitter deutschlandweit immer mehr an Bedeutung im Privat- und Geschäftsleben. Durch die Beschränkung auf 140 Zeichen pro Nachricht können bei Twitter die Informationen von der Zielgruppe schneller aufgenommen werden. Auch diese Plattform bietet daher Potential für Marketingaktivitäten der Wirtschaftsförderung. Es könnte z. B. kurz und knapp über Veranstaltungen informiert oder auf andere Social Media Seiten bzw. auf die eigene Webseite verwiesen werden. Twitter ist darüber hinaus bereits zu einem beliebten Medium in der Politik avanciert.41 Ferner nutzen bereits zahlreiche Unternehmen und vereinzelt auch bereits die Wirtschaftsförderung diesen Dienst. Als Vorteile sind hier zu nennen, dass Microblogging kaum Zeitaufwand und technisches Know-how voraussetzt. Via Twitter ist es möglich, die Zielgruppe direkt zu kontaktieren und diese über Veranstaltungen oder Dienstleistungen zu informieren.42 Fotoplattformen wie Flickr oder Videoplattformen wie YouTube, könnten das Marketing dahingehend unterstützen, dass online gestellte Bilder oder kurze Filme auf den Standort aufmerksam machen und ihn positiv gegenüber Ansiedlungswilligen darstellen. Einer Umfrage der euromarcom (European Marketing Communications) zufolge, nutzten 2010 bereits 42% der 100 Fach- und Führungskräfte YouTube für Marketingzwecke.43 Podcasts haben sich nicht nur im privaten Bereich etabliert. Auch in Bildung, Politik und Wirtschaft entwickeln sich diese immer mehr zu einem beliebten Medium. Ein Beispiel hierfür ist der Video-Podcast der Bundeskanzlerin. Seit Juni 2006 informiert Angela Merkel wöchentlich über aktuelle politische Ereignisse.44 Diese Art von Social Media könnte in Wirtschaftsförderungen für eine regelmäßige Berichterstattung aktueller Entwicklungen am Standort genutzt werden. 40 Vgl. Schwindt 2012, S. 146-153. Vgl. Zarrella und Heidl 2010, S. 39. 42 Vgl. ebd. 43 Vgl. Statista GmbH. 44 Vgl. Horn und Fiene 2007, S. 46. 41 Ergebnisse der Analysen 17 3 Ergebnisse der Analysen 3.1 Akteursperspektive Wirtschaftsförderung Ein primäres Interesse der Studie bezieht sich auf die Einschätzung der Wirtschaftsförderer, welche Bedeutung von Social Media für die eigenen Marketingaktivitäten ausgeht. Hierzu gaben 44% der Befragten an, soziale Medien als sehr wichtig (n = 16) oder wichtig (n = 30) zu erachten. Weitere 35% (n = 36) der Wirtschaftsförderer trafen eine eher neutrale (teils/teils) Aussage. Dies und die Tatsache, dass für lediglich ein Fünftel der Teilnehmer soziale Medien eine geringe Bedeutung haben, macht auch hier die Relevanz der Thematik im Bereich der Wirtschaftsförderung deutlich. Wie wichtig erachten Sie den Einsatz von sozialen Medien in der Wirtschaftsförderung? 1% 19% 1% 15% sehr wichtig wichtig 29% 35% teils/teils weniger wichtig unwichtig keine Angabe n = 104 Abb. 5: Bedeutung von Social Media Marketing in der Wirtschaftsförderung Im Rahmen der telefonischen Befragung wurden Gründe für die „teils/teils-Äußerungen“ zu diesem Schwerpunkt deutlich. Zu einem Großteil hängt ein Social Media Engagement von dem Tätigkeitsfeld der jeweiligen Wirtschaftsförderung ab. Dies verdeutlicht folgendes Ankerbeispiel: Eine klassische Wirtschaftsförderung, die primär Gewerbegrundstücke vermarktet und Unternehmen in der Bestandspflege hilft, wird Social Media Marketing vermutlich nicht brauchen. Eine Kommune, die ja im Dialog mit dem Bürger steht, und dazu gehört ja auch die Wirtschaftsförderung, sollte sich jedoch im Social Web bewegen. „Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH“ (2012) 18 Ergebnisse der Analysen Der Verzicht auf soziale Medien wurde weiterhin durch die Erfüllung der Kernaufgaben der Wirtschaftsförderung mittels anderer Kanäle begründet. Überdies stünden kleineren Wirtschaftsförderungen nicht genügend Informationen zur Verfügung, um die Plattformen ausreichend zu „bespielen“. In diesem Zusammenhang wurden auch die Rahmenbedingungen der Social Media Plattformen angesprochen. Dadurch, dass noch nicht alle Bedürfnisse der Wirtschaftsförderung abgedeckt werden, wäre es derzeit nicht sinnvoll einen Social Media Auftritt anzustreben: Ich habe mir auch andere Wirtschaftsförderungen angesehen, die im Social Media Bereich präsent sind und das fand ich extrem mager. Ich fand wirklich niemanden richtig vorbildlich. Außerdem ist es auch nicht [von den Plattformnutzern] angeguckt worden. Ich denke daher nicht, dass diese Medien für unsere wirtschaftsorientierten Themen die richtigen sind. Es ist etwas anderes, wenn man im Bereich Kultur oder Tourismus unterwegs ist. „Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH“ (2012) Dagegen vertreten andere Befragte die Meinung, dass Social Media Marketing für die Wirtschaftsförderung kein Muss, aber durchaus eine hilfreiche Ergänzung zum üblichen Marketing-Mix sein kann. Für einen entsprechenden Mehrwert durch soziale Medien sprechen einigen Interviewpartnern zufolge die Innovationsfähigkeit und somit das Image der Wirtschaftsförderung. Aufgrund des Generationswechsels sowie dem fundamentalen Medienund Kommunikationswandel kommt man, einigen Meinungen zufolge, in Zukunft kaum noch an den sozialen Kanälen vorbei, um die Zielgruppe zu erreichen: Ich muss dahin gehen wo meine Kunden sind und wo ich diese ansprechen kann. Es ist einfach ein notwendiges Instrumentarium, das politisch auch gewollt ist, da man ansonsten die Zielgruppen nicht bedienen kann. „Wirtschaftsförderung Stadt Ulm“ (2012) Vereinzelt wird sogar die Auffassung vertreten, dass die Wirtschaftsförderung eine Art Vorreiterrolle einnehmen und neue Entwicklungen erkunden und ausprobieren sollte. Als weiterer wichtiger Punkt wurde die Netzwerkarbeit angesprochen. Im Social Web könnte der Aufbau von Netzwerken erleichtert bzw. unterstützt und erweitert werden: Ergebnisse der Analysen 19 Social Media bilden im Internet das ab, was die Kernaufgabe der Wirtschaftsförderung ist, nämlich Netzwerke zu schaffen, Branchencluster zu pflegen. Also das, was man in der realen Welt macht, über Netzwerktreffen, über Veranstaltungen. Das lässt sich in den sozialen Medien sehr schön weiter spinnen. „Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH“ (2012) Des Weiteren wurde der Frage nachgegangen, ob bereits heute der Einsatz von Social Media in den Marketingaktivitäten von Wirtschaftsförderungen stattfindet. In den Erhebungsergebnissen überrascht, dass mehr als die Hälfte der Befragten den Einsatz von Social Media angibt (29%) oder diesen plant (26%). Setzen Sie bereits Social Media für Marketingaktivitäten der Wirtschaftsförderung ein oder ist dies geplant? 1% 29% ja geplant 44% nein keine Angabe 26% n = 104 Abb. 6: Einsatz in der Wirtschaftsförderung Verglichen mit den Ergebnissen einer Anfang des Jahres durchgeführten Studie zu dieser Thematik am Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz, verwundert diese Angabe. Die frühere Erhebung ermittelte durch ein sehr umfassendes Webscreening die Auffindbarkeit von Social Media Marketingaktivitäten kommunaler Wirtschaftsförderer. Diese Untersuchung zeigte, dass der Einsatz von sozialen Medien im Bereich der Wirtschaftsförderung noch eher eine Seltenheit darstellt.45 Damals wurden lediglich ein Auftritt bei Facebook und vier bei Google+ ermittelt. Einzig auf der businessorientierten Plattform XING präsentierten sich bereits 37 Wirtschaftsförderungen. Im Hinblick auf die Organisationsform ergab die vorliegende Erhebung, dass ein Großteil der überwiegend privatwirtschaftlich organisierten Wirtschaftsförderungen (GmbH oder Mischform aus GmbH und Amt) im Social Web aktiv ist oder mindestens ein Engagement plant. 45 Vgl. Reichert 2012, S. 47-48. 20 Ergebnisse der Analysen Dagegen sind über die Hälfte der als Amt organisierten Wirtschaftsförderungen (55%) im Social Media Bereich weder aktiv noch ist die Nutzung geplant. Gemessen an der Personalausstattung der Wirtschaftsförderungen setzen jene Institutionen mit 6-10 Mitarbeitern bereits heute am stärksten die sozialen Medien ein (58%). Großes Potenzial für ein Social Media Engagement vermuten auch sehr kleine Wirtschaftsförderungen mit weniger als drei Beschäftigten. Knapp ein Drittel (32%) dieser Institutionen planen Marketingaktivitäten mittels einer Social Media Nutzung. Hier zeigt sich, dass personell kleinere Wirtschaftsförderungen Social Media bislang noch eher verhalten einsetzen, ein entsprechendes Engagement allerdings sehr aktiv planen. Werden nur die Fakten tatsächlich bestehender Social Media Aktivitäten betrachtet, so scheinen diese Aktivitäten erst mit mehr als fünf Mitarbeitern umsetzbar zu sein. Umsetzungsstand im Hinblick auf die Anzahl der Mitarbeiter in der jeweiligen Wirtschaftsförderung weniger als 3 (n=47) 26% 3 bis 5 Mitarbeiter (n=28) 32% 18% 29% 6 bis 10 Mitarbeiter (n=12) 54% 58% 11 bis 20 Mitarbeiter (n=8) 8% 38% mehr als 20 Mitarbeiter (n=9) 33% 0% ja 40% 20% geplant 38% 11% 40% nein 0% 33% 25% 56% 60% 2% 0% 0% 0% 80% 100% keine Angabe Abb. 7: Social Media Engagement im Hinblick auf die Personaleinheit Angesichts der großen Zahl unterschiedlicher Marketingkanäle im Bereich der sozialen Medien wurden die Teilnehmer zur Nutzung oder Planung bestimmter Instrumente befragt. In der Auswertung sticht besonders die Relevanz der sozialen Netzwerke heraus, die von 86% der Wirtschaftsförderer angegeben wird. Interessant ist darüber hinaus, dass Videoplattformen bedeutender als Microblogging Dienste bewertet werden. Die Instrumente Blog und Podcast belegen bei diesem Ranking die letzten Plätze. Mit Blick auf die für sinnvoll erachteten Social Media Kanäle ergibt sich ein ähnliches Bild. Diese Aussagen werden im Abschnitt 3.6 Technische Aspekte ab S. 41 erörtert. Ergebnisse der Analysen 21 Welche Social Media Instrumente nutzen Sie bzw. planen Sie zu nutzen? (Mehrfachnennung möglich) soziale Netzwerke 86% Videoplattformen 28% Microblogs 19% Diskussionsforen 18% Fotoplattformen 7% Blogs 7% Podcasts 5% Sonstiges 2% keine Angabe (exklusiv) 7% 0% n = 57 20% 40% 60% 80% 100% Abb. 8: Eingesetzte oder geplante Social Media Instrumente Zusätzlich wurden die Teilnehmer zu den sozialen Netzwerken befragt, die sie konkret nutzen. Interessant ist, dass jeweils 70% der Befragten die Netzwerke Facebook und XING für ihre Wirtschaftsförderungstätigkeit einsetzen oder dies konkret planen. Im Hinblick auf die aktuellen Nutzerzahlen und die unterschiedliche Orientierung beider Plattformen, verwundert dieses Ergebnis allerdings nicht (vgl. S. 11f.). Wenn Sie soziale Netzwerke nutzen bzw. planen zu nutzen, welche sind das? (Mehrfachnennung möglich) Facebook 70% Google+ 11% LinkedIn 5% VZ-Netzwerke 4% Xing n = 57 70% 0% 20% 40% Abb. 9: Soziale Netzwerke in Anwendung oder in Planung 60% 80% 22 Ergebnisse der Analysen Im Weiteren wurden die Motive des Social Media Engagements hinterfragt. Hier gab ein Großteil (65%) der Befragten die Außenwirkung der eigenen Institution als maßgeblichen Treiber der Aktivitäten an; dicht gefolgt von der Aktualität, wie untenstehende Abbildung (Abb. 10) zeigt. An dieser Stelle überrascht, dass der Aspekt der Kostenersparnis einen der letzten Plätze einnimmt. Bei der Verbreitung von Informationen über soziale Medien entfallen beispielsweise die bislang hohen Druck- oder Portokosten traditioneller Printprodukte. Des Weiteren werden gegenüber klassischen Werbemaßnahmen Streuungsverluste vermieden. Diesen Vorteilen wird aktuell nur wenig Beachtung geschenkt. Auch der Aspekt der Einfachheit wird durch die Wirtschaftsförderer nicht sehr hoch eingestuft, obwohl die meisten Plattformen sehr benutzerfreundlich sind und wenig technisches Know-how voraussetzen. Die Aspekte zur Generierung von Kostenvorteilen sowie der Ansporn durch „Vorbilder“ sind keine relevanten Beweggründe für den Einsatz von Social Media Marketing. Was hat Sie dazu motiviert, Social Media Plattformen zu nutzen bzw. den Einsatz dieser Medien zu planen? (Mehrfachnennung möglich) Außenwirkung 65% Aktualität 63% Reichweite 53% Schnelligkeit 51% Zielgruppenansprache 47% Öffnung der Verwaltung 44% Kundenbindung 37% Einfachheit 26% Kostenersparnis 25% "Vorbilder" 14% keine Angabe (exklusiv) n = 57 5% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Abb. 10: Beweggründe für die Nutzung von Social Media Den bisherigen Erfolg realisierter Social Media Aktivitäten bewertet die Hälfte der Wirtschaftsförderungen mit tatsächlichen Erfahrungen als gut bis sehr gut. Nur wenige Befragte geben eine negative Einschätzung über die von Ihnen erzielten Effekte ab. Ferner bewertet keiner der Befragten seinen Erfolg im sozialen Netz als sehr schlecht. Ergebnisse der Analysen 23 Wie beurteilen Sie den bisherigen Erfolg Ihrer Social Media (Marketing-)Aktivitäten? keine Angabe (3) schlecht (3) gut (11) positiv (15) teils/teils (9) sehr gut (4) n = 30 Abb. 11: Erfolgseinschätzungen zum Einsatz von Social Media Marketing 3.2 Akteursperspektive Kunden/Unternehmen Im Fokus der Betrachtung zur Akteursperspektive der Kunden kommunaler Wirtschaftsförderungen standen hauptsächlich die Fragen, ob Unternehmen über ein Social Web basiertes Marketing überhaupt erreicht werden können und inwieweit diese Zielgruppen der Wirtschaftsförderung in den am stärksten frequentierten Social Media Plattformen aktiv sind. Für eine Analyse, ob die Unternehmen über Social Media Marketing erreicht werden können, bestehen verschiedene Datenquellen. Die BITKOM (Verband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche) befragte hinsichtlich dieser Problemstellung von Dezember 2011 bis Januar 2012 insgesamt 723 Unternehmen in ganz Deutschland. Insgesamt 47% aller Unternehmen gaben an, soziale Medien einzusetzen. Darüber hinaus haben 15% der Befragten bereits konkrete Pläne dieses Medium künftig zu nutzen.46 Dabei ist der Einsatz sozialer Kanäle bei Klein- und Mittelständischen Unternehmen (KMU) und bei Großunternehmen gleichermaßen verbreitet.47 Das Deutsche Institut für Marketing (DIM) fand in seiner Erhebung bei 587 Unternehmen im Jahr 2011 heraus, dass zwei Drittel (66,3%) der Betriebe Social Media Marketing betreiben.48 Beide Studien lassen allerdings offen, wie aktiv diese Nutzung erfolgt. Darüber hinaus bestätigten 83,7%, dass Social Media Marketing in den Unternehmen zukünftig deutlich an Relevanz gewinnen wird. Lediglich 0,7% sind der Meinung, dass die Bedeutung dieses Marketingkanals zukünftig abnehmen wird.49 Auf Basis 46 Vgl. BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, S. 4. Vgl. ebd. 48 Vgl. Deutsches Institut für Marketing 2011, S. 2. 49 Vgl. Deutsches Institut für Marketing 2011, S. 4. 47 24 Ergebnisse der Analysen dieser Ergebnisse kann festgehalten werden, dass die Chancen der Wirtschaftsförderungen steigen, ihre primäre Zielgruppe über soziale Medien zu erreichen. Darüber hinaus wurde das Nutzerverhalten der Unternehmen im Social Web auch im Rahmen der vorliegenden Studie hinterfragt. Deutlich mehr als die Hälfte (63%, n = 65) der befragten Wirtschaftsförderer gab an, die Unternehmen lediglich in Teilen durch soziale Medien zu erreichen. Zu fast gleichen Teilen sprachen sich die Befragten deutlich positiv und klar negativ zu diesem Aspekt aus. Dies ist jedoch eine Einschätzung, die in Teilen auf Vermutungen der Wirtschaftsförderer basieren, weil sich hier auch Teilnehmer ohne eigene Social Media Erfahrungen äußerten. Erreicht man Ihrer Meinung nach Unternehmen über soziale Medien? 4% 16% 17% ja teils/teils nein keine Angabe 63% n = 104 Abb. 12: Einschätzung der Erreichbarkeit von Unternehmen im Social Web Verglichen mit dem Nutzungsstand der teilnehmenden Wirtschaftsförderungen zeigt sich, dass sich die überwiegende Meinung (teils/teils) vor allem auf die Bereiche „in Planung“ und „weder noch“ verteilt. Wirtschaftsförderungen, die Social Media Marketing weder nutzen noch planen, gehen auch nicht davon aus, Unternehmen über soziale Medien zu erreichen (57%). Hier herrscht demnach eine Grundskepsis gegenüber sozial-kommunikativen Marketingmöglichkeiten. Der Nutzung von Social Media Marketing durch die betroffenen Wirtschaftsförderungen wird demzufolge wenig Bedeutung beigemessen. Überdies überrascht, dass 78% derer, die Social Media Marketingaktivitäten planen, nur zum Teil davon überzeugt sind, die primäre Zielgruppe über die entsprechenden Kanäle zu erreichen. Allerdings räumte hier auch keiner ein, Unternehmen durch soziale Medien gar nicht zu erreichen, was wiederrum für die konkreten Pläne dieser Gruppe spricht. Aber auch engagierte Wirtschaftsförderungen sind nicht vollständig von der Erreichbarkeit der Unternehmen überzeugt. Lediglich die Hälfte der Teilnehmer mit praktischen Erfahrun- Ergebnisse der Analysen 25 gen bestätigen, dass die Unternehmen per Social Media Marketing erreichbar sind. Knapp ein Viertel kann diese Erfahrung nicht bestätigen (24%). Vergleich der Einschätzung der Erreichbarkeit von Unternehmen über Social Media und dem Umsetzungsstand Nutzung (n = 30) 50% in Planung (n = 27) 26% 19% weder noch (n = 46) 57% keine Angabe (n = 1) 0% 0% ja 0% 78% 9% 0% 24% 28% 100% 20% teils/teils 40% 7% 0% 0% 60% nein 4% 80% 100% keine Angabe Abb. 13: Einschätzung der Erreichbarkeit bezogen auf den Nutzungsstand Auch im Rahmen der qualitativen Erhebung kommen die Marketingexperten und Wirtschaftsförderer bei der Frage der Erreichbarkeit von Unternehmen über soziale Medien zu dem gleichen Ergebnis: Unternehmen sind noch wenig, aber zunehmend immer häufiger über die verschiedenen Social Media Plattformen zu erreichen. Ein weiterer Bestandteil der Analysen betrifft die Differenzierung zwischen „Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU)“ und größeren Betrieben. Bei den KMUs ständen der enorme Zeit- und/oder Personalaufwand sowie die Ungewissheit im Umgang mit dem Medium einer Nutzung entgegen. Hingegen könnten größere Firmen kostenintensivere Marketingstrategien erarbeiten und umsetzen. Darüber hinaus sei die Wahrscheinlichkeit größer, Unternehmen, die sich im Social Web engagieren, in geschäftsorientierten Netzwerken wie z. B. XING oder LinkedIn anzutreffen. Einen Hauptgrund für das eher noch verhaltene Engagement durch Unternehmen im Social Web verdeutlicht folgendes Ankerbeispiel der Interviewanalysen: Die sehen das alle noch nicht so. Da fehlt zum Teil noch der Weitblick, weil die alle noch sagen: „Naja da sind die ganzen Teenies und die machen da ihre Partys.“ und das, was in den Medien breit getreten wird. Die sehen noch nicht diesen Nutzen, dass man sich einmal was ausdenkt und das flächendeckend in den Markt reinstreut. „Marketingberater 2“ (2012) 26 Ergebnisse der Analysen Hinsichtlich der Facebook-Nutzung erklärte der überwiegende Teil der Interview-Partner, dass auf dieser Plattform keine breite Zielgruppe erreicht werden könnte. Aufgrund des privatmotivierten Aspekts dieses Netzwerkes, kann zwar an eine interessierte Öffentlichkeit heran getreten werden, allerdings besteht diese eher weniger aus Unternehmenspräsenzen. Ist hingegen das Ziel der Wirtschaftsförderer, Bürger und insbesondere junge Menschen anzusprechen, eignet sich Facebook hervorragend für Marketingaktionen, wie auch folgendes Zitat aus der Praxis zeigt: Wir haben unsere Zielgruppen so gesplittet, dass wir sagen: „Was wir auf Facebook machen, geht primär an Gründungsinteressierte und am Standort Interessierte.“ Ich glaube, dass sich Unternehmen als Unternehmen weniger bei Facebook tummeln. „Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH“ (2012) Daraus ergibt sie die interessante Analyse, was die Unternehmen von einem Social Media Marketing Engagement der Wirtschaftsförderung erwarten würden. Wie bereits ausgeführt, nutzt fast die Hälfte der Unternehmen aktiv Social Media oder plant dies konkret. Als Ziele der Nutzung werden in den Studien des DIM, der BITKOM und des Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) primär folgende Aspekte benannt: Kundenbindung und Kundenpflege, Steigerung der Marken-/Produktbekanntheit, Imageverbesserung, Kundengewinnung und Marktforschung/Produkteinführung. In der Erörterung dieser Fragestellung wurde in den Interviews deutlich, dass sowohl die Erwartungen an die Wirtschaftsförderer als auch die Reaktionen der Unternehmen sehr breit gefächert sind, was das folgende Ankerbeispiel veranschaulicht: Ja das reicht von: „Social Media, was ist das?“, bis hin zu: „Warum hast du mich nicht über Twitter informiert?“ „WFG für den Kreis Borken mbH“ (2012) Darüber hinaus wurde in den Interviews vereinzelt deutlich, dass die Erwartungshaltung der Unternehmer branchenabhängig ist. Es wurde deutlich, dass vor allem diejenigen Gewerbetreibenden auf die bisherigen Aktivitäten der Wirtschaftsförderungen im sozialen Netz aufmerksam wurden, die beruflich oder privat mit derartigen Medien zu tun haben: Ergebnisse der Analysen 27 Die Diskussion, also der direkte Austausch, ist immer ein schwieriges Thema, weil das eher in den kommunikationsaffinen Branchen angenommen wird. Aber die einseitige Kommunikation, das Verbreiten von Information, das wird auch bei vielen anderen Branchen angenommen. Inzwischen wird das von vielen auch erwartet. „Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH“ (2012) Einzelne Interviewpartner sind der Meinung, dass die grundsätzliche Social Media Thematik in die Unternehmen zunehmend hineinwächst. Das untermauert wiederum die Ergebnisse der vorgenannten Studien zu diesem Thema. Infolgedessen kann vermutet werden, dass die Erwartungen der Unternehmen an ein Social Media Engagement der Wirtschaftsförderung künftig steigen werden. In diesem Zusammenhang sei allerdings erwähnt, dass kein Marketinginstrument, auch nicht die Möglichkeiten des Social Media, den persönlichen Kontakt zu den Kunden ersetzen kann. Diesen Aspekt betonten viele Wirtschaftsförderer während der Erhebungen besonders. Eine Erwartungshaltung könnte den befragten Marketingexperten zufolge auch sein, dass die Wirtschaftsförderung durch spezielle Schulungsangebote das Social Media Engagement der Unternehmen unterstützt. Gerade kleine Organisationseinheiten, die nicht die Zeit und das Personal zur Verfügung hätten, könnten somit das Social Web als weiteres Marketinginstrument nutzen. Dieses Angebot ist daher nicht auf eine Verlagerung der Kommunikation zwischen Wirtschaftsförderung und Unternehmen ausgerichtet, sondern soll den Unternehmen bei der Selbstvermarktung ihrer Produkte auf dem jeweiligen Zielmarkt dienen. Im Folgenden soll eruiert werden welche Effekte Unternehmenseinladungen über soziale Medien hervorrufen. Als Folgen nannten die interviewten Wirtschaftsförderer hier zunächst höhere Zugriffszahlen auf die Homepage und eine Erweiterung des Kommunikationsverteilers für Newsletter und ähnliche Produkte der Wirtschaftsförderung. Des Weiteren dienten sie als „Türöffner“ in die Unternehmen, wie die folgende Aussage veranschaulicht: Facebook ist ein Medium, das von der Sprache her sehr persönlich ist und nicht so bürokratisch, wie ansonsten eine Wirtschaftsförderung kommuniziert. Insofern ist Facebook vielleicht auch oftmals ein Türöffner für Unternehmer, das die sagen: „Mensch da ist ab und an mal ein Bild von Herrn/Frau XY gepostet und ich ruf da jetzt einfach mal an.“ Dadurch werden eben auch andere Kommunikationskanäle erschlossen. „Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH“ (2012) In seltenen Fällen seien die Kontaktanfragen gar nicht beantwortet wurden. Den Befragten zufolge stelle dies allerdings eine Ausnahme dar. Dagegen wurden bei Unternehmenseinla- 28 Ergebnisse der Analysen dungen zu Veranstaltungen die direkten Zusagen und die direkten Rückmeldungen in kürzester Zeit sehr positiv bewertet. Selbst kritische Rückmeldungen, könnten als Pulsmesser dienen, um Aussagen darüber zu treffen, was die Zielgruppe möchte. Darüber hinaus konnten auch Personen außerhalb der Kommune oder Region erreicht werden. Auch die Anmeldung oder Abmeldung erfolgt schnell und unkompliziert über dieses Medium. Die enorme Reichweite wurde durch die Wirtschaftsförderer allerdings nicht nur positiv bewertet: Es hat aber auch den Effekt, dass nicht nur Unternehmer aus dem Landkreis Esslingen gekommen sind, sondern die sind von überall her gekommen. Da sind manche 150 km gefahren, um bei der Veranstaltung dabei sein zu können. Das war jetzt auch nicht unbedingt die Zielrichtung, weil wir eine Veranstaltung für die Unternehmer aus dem Landkreis anbieten wollten. Die Reichweite kann daher sowohl fördernd sein, sie kann aber auch negativ sein. „Wirtschaftsförderung im Landkreis Esslingen“ (2012) Die Zusagen zu Veranstaltungen zeigen darüber hinaus auch, dass die Kommunikationskanäle und das allgemeine Social Media Engagement der jeweiligen Institution Beachtung findet. Dennoch sieht ein Großteil der Befragten eine komplette Veranstaltungsabwicklung über entsprechende Social Media Kanäle kritisch. Hierbei könne nicht garantiert werden, dass alle relevanten Gruppen über die neuen Medien erreicht werden. Sinnvoll wäre daher eine Kombination von allen Medien und Marketingkanälen. 3.3 Ressourcenaufwand Im Zusammenhang mit der Bewertung benötigter Ressourcen für ein Engagement von kommunalen Wirtschaftsförderungen in den neuen Medien wurden auch Einschätzungen zu Kosten-Nutzen-Effekte eingeholt. Im Rahmen der quantitativen Befragung gab hierzu fast die Hälfte der Teilnehmer (46%) an, lediglich in Teilen entsprechende Effekte absehen zu können. Darüber hinaus sind 26% der Wirtschaftsförderungsvertreter der Meinung, Kosten-Nutzen-Effekte im Voraus nicht abschätzen zu können. Ein im Vergleich dazu eher geringer Teil der Befragten (16%) ist dagegen der Auffassung, diese Effekte zu erzielen. Ergebnisse der Analysen 29 Sind Ihrer Meinung nach Kosten-Nutzen-Effekte bei der Nutzung von sozialen Medien für (Marketing-)Aktivitäten der Wirtschaftsförderung absehbar? 12% 16% ja teils/teils 26% nein 46% keine Angabe n = 104 Abb. 14: Kosten-Nutzen-Effekte von Social Media Marketing Optional konnte die jeweilige Angabe zusätzlich über ein Freitextfeld im Fragebogen näher erläutert werden. Als entsprechende Gründe für Kosten- oder Nutzeneffekte bei Social Media Aktivitäten wurden hierbei unter anderem genannt: schnelle und bessere Informationsweitergabe und –verbreitung um alle Zielgruppen, z. B. Fachkräfte, Studenten usw. zu erreichen. wichtig für ein Unternehmen ist die positive Außendarstellung eines Wirtschaftsstandortes und hier erfährt man, wo die Schwachstellen sind. besser man redet mit als dass über einen geredet wird. (zukünftig) wesentlich mehr Personen günstig erreichen. Bekanntheitsgrad muss erhöht und auf Vorzüge der Region verwiesen werden. zusätzliche kostenlose Ausspielungskanäle für Informationen größerer digitaler Vernetzungseffekt statt/ergänzend zu klassischen Vernetzungsmaßnahmen und flexiblere Reaktion auf Marketingaktivitäten und Anpassungsmöglichkeiten (z.B. im Vergleich zu Printmedien) Der Meinung, dass entsprechende Effekte lediglich teilweise abschätzbar sind, lag zugrunde, dass zum einen noch zu wenig Erfahrungswerte vorliegen und dass sich zum anderen ein direkter (messbarer) Zusammenhang zwischen den Marketingmaßnahmen und dem Nutzen kaum herstellen lässt. Des Weiteren gaben die Befragten an, dass einerseits via Social Media Zielgruppen erreicht werden könnten, die sonst nie erreicht werden würden, mit der Nutzung allerdings ein hoher Pflege- und Aktualisierungsaufwand einhergeht. Wirtschaftsförderer, die keine Kosten- oder Nutzeneffekte sehen, begründen dies unter anderem mit der Auffassung, dass die Wirkungen über Social Media schwer messbar und damit kaum darstellbar sind. Ferner sei eine Überprüfung von jenen Effekten in der Wirtschafts- 30 Ergebnisse der Analysen förderung aus ihrer Sicht allgemein kaum möglich. Auch würde die Gefahr bestehen, nur messbare Daten mit geringer Aussagekraft zu erhalten. Interessant ist überdies, dass ein Großteil derer, die Social Media beziehungsweise auch Social Media Marketing aktuell noch nicht nutzen bei dieser Fragestellung angaben, keine (37%) oder nur teilweise (39%) entsprechende Effekte abschätzen zu können. Möglicherweise resultiert daraus die Angabe und die skeptische Haltung gegenüber einem Social Media Engagement. Mit knapp 30% bilden die Wirtschaftsförderer die größte Gruppe die sich für das Abschätzen entsprechender Effekte ausgesprochen hat, welche bereits Social Media für Marketingaktivitäten einsetzen. Vergleich Einschätzung Kosten-Nutzen-Effekte und Umsetzungsstand Nutzung (n = 30) 27% in Planung (n = 27) 43% 15% weder noch( n = 46) 59% 11% absehbar 15% 39% 37% keine Angabe (n = 1) 0% 0% 20% 10% 11% 13% 100% 20% teils/teils 40% 0% 60% nicht absehbar 80% 100% keine Angabe Abb. 15: Kosten-Nutzen-Effekte bezogen auf den Nutzungsstand Von den 18 Wirtschaftsförderungen in der qualitativen Erhebungsphase positionierten sich 15 Befragte klar positiv zu dieser Fragestellung. Zwei Wirtschaftsförderer gaben an, lediglich teilweise und eine Wirtschaftsförderung derzeit keine Kosten/Nutzen-Effekte durch Marketingaktivitäten über Social Media Kommunikationskanäle abschätzen zu können. Als Gründe gaben sie hierbei an, entsprechende Effekte als schwer greifbar und nicht direkt bezifferbar einzuschätzen, da ein geeignetes Messinstrument fehle. Des Weiteren würden sie sich entsprechender Social Media Instrumente nicht oder noch nicht lange genug bedienen. Daher besteht auch hier ein direkter Zusammenhang zwischen Nutzung beziehungsweise Planung und der Einschätzung zur Kosten-Nutzen-Problematik. Ferner gaben zwölf der Interviewten an, im Social Web aktiv zu sein und die Effekte benennen zu können. Demnach ergibt ein entsprechender Nutzen für die Wirtschaftsförderung vor allem durch: die direkte Interaktion mit der Zielgruppe, unmittelbare Feedbacks, eine Art Pulsmesser, der angibt, wie die Zielgruppe „tickt“, schnelle, einfache und zielgerichtete Ansprache, Ergebnisse der Analysen 31 Informationen werden breiter gestreut, Hemmschwelle Kontakt aufzunehmen ist geringer, Netzwerke können leichter gebildet und gepflegt werden zusätzlicher Kommunikationskanal, Ausstrahlungseffekte (innovativ und kompetent), Werbung günstig platzieren, junge Menschen erreichen, permanent Informationen streuen zu können, Weiterentwicklung anderer Marketinginstrumente, präsent sein und gefunden werden sowie eine Vertrauensbasis schaffen. Dabei wurde vor allem die fehlende Erreichbarkeit jüngerer Zielgruppen in den Interviews betont, wie folgendes Ankerbeispiel verdeutlicht: Weil Facebook heutzutage genutzt wird, wie andere Leute oder ältere Generationen Suchmaschinen benutzen. Wer bei Facebook nicht aufzufinden ist, existiert sozusagen nicht für diese Zielgruppe. Das ist sicherlich ein Problem. „Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH“ (2012) Darüber hinaus sprachen die befragten Marketingexperten an, dass über Social Media etwa Marktforschung betrieben werden könnte. Ferner wäre auch denkbar, die Tätigkeit anderer Wirtschaftsförderungen im Rahmen einer Konkurrenzanalyse zu beobachten. Ebenso gut könnten die Nutzer animiert werden, positiv über die Region zu berichten und hierdurch ein sogenanntes Botschaftermarketing zu initiieren. Die Fachzeitschrift „eGovernment Computing“ geht noch einen Schritt weiter und erklärt, wie mittels sozialen Medien Stimmungslagen erörtert werden können um dadurch möglichen wirtschaftlichen Krisen entgegenzuwirken.50 In den meisten Fällen wird Social Media heutzutage allerdings zur reinen Informationsübermittlung genutzt. Vor allem der Politik fehlt derzeit noch das Verständnis für die Chancen und Potenziale eines Social Media Engagements. 51 Der Autor des Artikels beruft sich hier auf eine Studie des Instituts für Publizistik der Fachhochschule Kiel. Laut dieser Untersuchung sind zwar alle Parteien bei Twitter und Facebook vertreten, allerdings bleibt eine rege Teilnahme noch aus. Darüber hinaus wirken einige Auftritte gekünstelt und wenig überzeugend.52 Der Leiter des Instituts benannte als Fazit, dass 50 Vgl. eGovernment Computing 21.05.2012, S. 15. Vgl. Klein 2012, S. 1. 52 Vgl. Institut für angewandte Publizistik an der Fachhochschule Kiel. 51 32 Ergebnisse der Analysen durchaus von der schlechten Social Media Strategie des überwiegenden Teils der Parteien auf den erfolgreichen Verlauf der Landtagswahl für die anderen geschlossen werden kann.53 Hinsichtlich der Kosten und weiteren Aufwände für Marketingaktivitäten über das soziale Netz, waren fast alle Befragten der Auffassung, dass hier vor allem ein hoher Arbeitsaufwand für die Wirtschaftsförderung zu beachten ist. Die monetären Kosten spielten eine eher untergeordnete Rolle, wie folgendes Ankerbeispiel der Interviews verdeutlicht: Wenn man die reinen Schaltkosten oder auch die Aufbaukosten für Social Web Seiten betrachtet, sind diese im Vergleich zu klassischen Anzeigen ein Scherz. „Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH“ (2012) Allerdings müssten, um einen ansprechenderen und professionelleren Auftritt im Social Web zu garantieren und/oder Werbung dort zu schalten, gegebenenfalls zusätzliche Programmier- beziehungsweise Werbekosten berücksichtigt werden. Die zu erwartenden Aufwände beim Einsatz von Social Media unterteilte ein Großteil der Wirtschaftsförderer zunächst in Aufwendungen vor und in Aufwendungen während der Nutzung sozialer Plattformen. Im Vorfeld müsste zusätzlich Zeit für eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik investiert werden, um eine entsprechende Strategie und ein Konzept für die künftige Nutzung der sozialen Medien zu entwickeln. Eventuell würden hier auch Aufwendungen für eine entsprechende Expertise anfallen, um sich bei der Konzeptionierung durch Externe unterstützen zu lassen. Der spätere Betrieb eines Social Media Auftritts rufe zusätzlichen zeitlichen und personellen Aufwand hervor. Soziale Medien sind Kanäle, in denen direkt und schnell mit der Zielgruppe interagiert werden kann und auch sollte. Es ist daher unerlässlich die Kanäle regelmäßig mit interessanten Inhalten zu füllen. Nicht selten war in den Interviews die Rede von einer Halbtagsstelle, die sich, aufgrund des hohen Arbeits- und Pflegeaufwandes, allein auf die Social Media Aktivitäten in der Institution konzentrieren müsste. Das folgende Zitat macht hierfür den Grund deutlich: Wenn, dann muss man mit ganzem Herzen dabei sein. Sonst ist das ein Bumerang für jeden, der da meint: „Kurz aufspielen und dann lassen wir das vor sich hinvegetieren.“ Was Schlimmeres kann ich fürs eigene Image eigentlich nicht tun. Dann lieber gar nicht. „Wirtschaftsförderung Stadt Ulm“ (2012) 53 Vgl. Klein 2012, S. 1. Ergebnisse der Analysen 33 Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund kommt in seiner neusten Veröffentlichung zu einem ähnlichen Ergebnis. Ein überwiegender Teil der Großstädte plant für einen Auftritt im sozialen Netz eine Vollzeitstelle ein, die im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt wird. In kleineren Städten hingegen pflegt und bespielt die Plattformen zumeist eine Halbtagskraft. Allerdings handelt es sich in der Praxis häufig um zwei Halbtagsstellen, um eine qualifizierte Vertretung gewährleisten zu können.54 Die Qualifikation der Mitarbeiter ist ein weiterer Aspekt, der im Rahmen der Interviews als weiterer Aufwand benannt wurde. Gerade was die Vorgaben der Plattformbetreiber und den Umgang mit kritischen Kommentaren angeht, müsste das Personal geschult werden. Hinsichtlich des hohen Arbeitsaufwandes, der durch Social Media Aktivitäten hervorgerufen wird, gibt es allerdings auch andere Auffassungen. Der zeitliche und personelle Mehraufwand wäre lediglich zu Beginn sehr hoch. Nach der Orientierungs- und Konzeptionierungsphase könnte das Bespielen und Pflegen der Plattformen dann aus dem Tagesgeschäft heraus erfolgen. Unverzichtbar wäre dabei allerdings eine intelligente Umsetzung: [Hilfreich ist es, wenn] man vorhandenes Personal nutzt und so eine Aufgabe sinnvoll verteilt. Nehmen wir an, sie haben einen Pressesprecher im Haus oder eine Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit, sodass man dort schaut, wie man die Arbeit am besten auf mehrere Schultern verteilen kann. Damit nicht 40 Stunden an einer Stelle dazu kommen, sondern vielleicht ein oder zwei Stunden pro Abteilung […]. „Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH“ (2012) In diesem Zusammenhang könnten auch entsprechende Tools den personellen und zeitlichen Aufwand klein halten. Einem Großteil der Interviewpartner zufolge, können mittels Social Media Tools Inhalte gleichzeitig auf mehrere Plattformen gespielt werden, was eine effizientere Arbeitsweise ermöglicht. Die befragten Marketingexperten halten darüber hinaus Programme für sinnvoll, die zeigen, auf welchen Internetseiten welche Beiträge über die Institution veröffentlicht wurden. Damit könnte auf Inhalte, falls nötig, direkt reagiert werden. Dabei machten die Gesprächspartner deutlich, dass es für Wirtschaftsförderer kaum ideale Werkzeuge gibt. Es gibt eine ganze Reihe von kostenlosen oder kostenpflichtigen, bedienerfreundlichen oder bedienerunfreundlichen Tools. Bei der Auswahl sollte insbesondere auf die eigenen Ziele und die Bedienerfreundlichkeit geachtet werden. Beispiele für kostenfreie Social Media Tools sind beispielsweise „Hootsuite“ und „Tweetdeck“. Ein häufig genutztes Tool zum Veranstaltungsmanagement über soziale Medien bietet der gleichnamige Hersteller „Amiando“ an. 54 Vgl. Bullerdiek und Schäffer 2012, S. 47. 34 Ergebnisse der Analysen 3.4 Organisatorische Aspekte Die bisher dargestellten Aspekte des allgemeinen Ressourcenaufwands verdeutlichen auch spezifische Anforderungen und Aufwendungen im organisatorischen Bereich der kommunalen Wirtschaftsförderungen. Dies betrifft beispielsweise die Frage, welche Kompetenzen in der Wirtschaftsförderung für Social Media Marketing-Angebote notwendig sind. Ein erfolgreiches Marketing über Social Media Kanäle ist nur durch ein gezieltes Vorgehen mit ausreichenden Kompetenzen und einer klaren Kommunikationsführung erreichbar. Die Komplexität des Social Media Marketings stellt hier die größte Herausforderung für die Nutzung dieses Marketinginstruments dar.55 Allen voran ist ein spezielles Know-how im Umgang mit sozialen Medien erforderlich. Empfehlenswert wäre hierzu, bereits versierte Mitarbeiter einzusetzen, die möglicherweise auf Erfahrungen im Umgang mit den neuen Medien aufbauen können. Ferner ist das Personal dahingehend zu schulen oder gar aufzustocken. Darüber hinaus trägt eine gewisse Affinität oder ein persönlicher Bezug der verantwortlichen Führungsebene zu einer erfolgreichen Realisierung von Social Media Aktivitäten bei. Im Rahmen der Onlinebefragung wurde hier vor allem der Aspekt der kommunikativen Kompetenz hervorgehoben (72%). An zweiter Stelle ordneten die Befragten die Schnelligkeit der Mitarbeiter als Schlüsselkompetenz ein (60%). Da soziale Medien von der Aktualität und der Schnelligkeit der Beiträge leben, wie im Folgenden noch deutlicher wird, ist dies eine nachvollziehbare und realistische Einschätzung. Als weniger wichtige Qualifikationen stuften die Teilnehmer die Fähigkeit mit Kritik umzugehen (30%) und die Zuständigkeit für den Bereich ein (17%). Insbesondere die letztgenannten Aspekte bieten jedoch Potenzial für ein Misslingen der Social Media Aktivitäten. Die Erfahrungen bisheriger Gespräche mit Wirtschaftsförderungen im Rahmen der Arbeiten im Labor für angewandte IT in der Wirtschaftsförderung an der Hochschule Harz weisen darauf hin, dass vor allem die Fähigkeit mit undifferenzierter Kritik auf Social Media Plattformen umgehen zu können ein wesentlicher Aspekt in der Außendarstellung ist. Tritt beispielsweise ein Amt für Wirtschaftsförderung als erste öffentliche Stelle der Stadtverwaltung in den sozialen Medien auf, kann die Interaktion technisch und praktisch nicht auf die Zielgruppe „Unternehmen“ beschränkt werden. So ist es bereits vorgekommen, dass im Marketingsauftritt der Wirtschaftsförderung auch Beschwerden über andere Verwaltungsbereiche eingegangen sind. Dies reichte von klassischer Bürokratiekritik (Langsamkeit der Stadtverwaltung, schlechte Erreichbarkeit, unverständliche Auskünfte) bis hin zu Beschwerden über kaputte Straßenlampen oder Problemen mit der Abfallbeseitigung. Diese Beispiele verdeutlichen auch, dass die von lediglich 17% der befragten Wirtschaftsförderer genannte Kompetenz klarer Zuständigkeiten bei weitem wichtiger ist, als die dargestellten Einschätzungen der Befragten vermuten lassen. Für die oben genannten Herausforderungen 55 Vgl. Reichert 2012, S. 62. Ergebnisse der Analysen 35 bedarf es beispielsweise klarer Dienstanweisungen, wie mit solchen Eingaben verfahren werden soll. Welche Kompetenzen sind in der Wirtschaftsförderung für Social Media (Marketing-)Aktivitäten notwendig? (Mehrfachnennung möglich) kommunikative Kompetenz 72% Schnelligkeit 60% Internetaffinität 57% Auskunftsfähigkeit 57% zeitliches Engagement 50% Zugriff zu Informationen 49% Flexibilität 45% Selbständigkeit 38% Offenheit 34% Kritikfähigkeit 30% Zuständigkeit 17% Sonstige 3% keine Angabe (exklusiv) n = 104 5% 0% 20% 40% 60% 80% Abb. 16: Notwendige Kompetenzen Für den traditionellen Wirtschaftsförderer sind die Anforderungen im Umgang mit sozialen Medien und einem Social Media Marketing meist Neuland. Aus diesem Grund wurde analysiert, ob für die strategische oder auch operative Arbeit an einem Engagement in sozialen Medien auch eine erweiterte interne Unterstützung oder eine externe Beratung für die Realisierung der Vorhaben notwendig erscheint. Mehr als die Hälfte der Wirtschaftsförderer (56%) geben an, bei der Realisierung auf externe Agenturen oder Berater angewiesen zu sein. Darüber hinaus sehen 49% der Befragten eine Berücksichtigung interner Schnittstellen zu anderen Ämtern als wichtiges Kriterium an. Immerhin noch über ein Drittel der Teilnehmer ziehen externe Wirtschaftsförderungen und/oder Verwaltungen als mögliche Unterstützung für die Umsetzung in Betracht. Als sonstige Angaben wurden durch die Befragten unter anderem Medienpartner oder eigene Mitarbeiter, die sich in diesem Bereich fortbilden, genannt. 36 Ergebnisse der Analysen Welche interne und/oder externe Unterstützung ist Ihrer Meinung nach für die Realisierung von Social Media in der Wirtschaftsförderung notwendig? (Mehrfachnennung möglich) Agenturen/Berater (extern) 56% andere Wirtschaftsförderer/Verwaltungen (extern) 37% Schnittstellen zu anderen Ämtern (intern) 49% Sonstige 6% keine Angabe (exklusiv) n = 104 11% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Abb. 17: Organisation von Social Media in der Wirtschaftsförderung In einer tiefer gehenden Analyse dieser Antworten auf Basis der personellen Größe von Wirtschaftsförderungen, fällt auf, dass eine externe Unterstützung durch Agenturen oder Berater in allen Einrichtungen gleichermaßen für notwendig erachtet wird. Lediglich in Wirtschaftsförderungen mit 11 bis 20 Mitarbeitern befürworten nur knapp ein Viertel der Befragten eine externe Beratungsleistung zur Realisierung eines Social Media Engagements. Dagegen sehen personell deutlich stärker ausgestatte Wirtschaftsförderungen (mehr als 20 Mitarbeiter) mit 67% und kleinere Einrichtungen (weniger als fünf Mitarbeiter) mit 57-62% der Antworten den häufigsten Bedarf externer Unterstützungen. Entsprechenden Schnittstellen zu anderen Ämtern der eigenen Kommune wird von klein bis mittelgroßen Institutionen (1-20 Mitarbeitern) eine durchschnittlich hohe Bedeutung beigemessen (53%). Einzig die Wirtschaftsförderungen mit mehr als 20 Mitarbeitern gaben hier eine geringere Relevanz (22%) an. Prinzipiell kann gesagt werden, dass die Organisation von Social Media Marketing in der Wirtschaftsförderung stark von der Größe, den verfolgten Zielen und den finanziellen Mitteln der jeweiligen Institution abhängt. Fast alle Interviewpartner sprachen sich allerdings dafür aus, Marketingmaßnahmen über Facebook, XING und Anderen generell intern zu organisieren. Dafür sprechen: die Einfachheit der Plattformen, kein zusätzlicher finanzieller Aufwand, authentische Inhalte, schnelle, aktuelle Reaktionen und vorhandenes Fachwissen. Überdies sprachen die Befragten die private Affinität für soziale Medien an, über die der verantwortliche Mitarbeiter verfügen sollte. Ergebnisse der Analysen 37 Ferner könne den Befragten zufolge in bestimmten Fällen nicht auf eine externe Expertise verzichtet werden. So beispielsweise bei der konzeptionellen Gestaltung oder der Beratung hinsichtlich geeigneter Plattformen. Darüber hinaus empfiehlt sich eine externe Unterstützung auch dann, wenn innerhalb der Institution auf nicht ausreichendes oder nicht genügend qualifiziertes Personal zurückgegriffen werden kann. Eine Unterstützung externer Agenturen oder Berater ist überdies meist in kleineren Kommunen unerlässlich, sobald ein professioneller Social Media Auftritt und mit aufwendigen grafischen Elementen und komplexen technischen Verknüpfungen zwischen verschiedenen Plattformen erfolgen soll. Letzteres ist beispielsweise bei automatisierten und gleichzeitigen Veröffentlichungen auf der Stadt-Homepage, in Facebook, in Google+ und Twitter sowie weiteren Kanälen der Fall, wobei der Redakteur die Information meist nur einmal erstellt und somit den Bearbeitungsaufwand minimiert. Hierbei sind sowohl inhaltliche als auch technische Aspekte zu beachten, die in den folgenden Abschnitten beleuchtet werden. 3.5 Inhaltliche Aspekte Ein Engagement in sozialen Medien lebt selbstredend von den bereitgestellten Inhalten. In diesem Zusammenhang muss die Frage geklärt werden, welche Themen und Formate für Wirtschaftsförderungen sinnvoll erscheinen und im Social Web veröffentlicht werden sollten. Aus Sicht der befragten Wirtschaftsförderer zählen hierzu vor allem Veranstaltungen (83%) und Standortinformationen (80%). Unternehmensansiedlungen und die Bekanntgabe von verfügbaren Gewerbeflächen messen die Befragten eine geringe Bedeutung bei. Welche Themen/Formate sollte die Wirtschaftsförderung über Social Media Plattformen publizieren? (Mehrfachnennung möglich) Veranstaltungen 83% Informationen zum Standort 80% Tourismusinformationen 54% Gewerbeflächen 36% Unternehmensansiedlungen 29% Sonstige 9% keine Angabe (exklusiv) n = 104 5% 0% 20% Abb. 18: Sinnvolle Themen und Formate 40% 60% 80% 100% 38 Ergebnisse der Analysen Als geeignete Marketingkanäle für die Themenbereiche der Wirtschaftsförderung sehen die Befragten die Plattformen der sozialen Netzwerke prädestiniert für die Bekanntgabe von Veranstaltungen (76%) und Standortinformationen (72%) sowie Videoplattformen für die Veröffentlichung von Veranstaltungen (33%) und Standortinformationen (30%). In diesem Zusammenhang wird häufig die Frage aufgeworfen, wie aktuell die jeweiligen Informationen sein müssen und welche Reaktionszeiten notwendig sind. Grundsätzlich gilt hier die Aussage, dass Social Media von der Aktualität und der Schnelligkeit bereitgestellter Informationen lebt. Marketing über diese neuen Kanäle kann nur dann erfolgreich sein, wenn es regelmäßig und flexibel gestaltet wird. Dies verdeutlicht auch folgendes Ankerbeispiel aus den Interviewbefragungen: Man muss sich ein Zeitfenster in der täglichen Arbeit schaffen in dem man das macht. Das muss nicht jeden Tag sein aber es muss regelmäßig sein. Denn wenn man der hungrigen Gemeinschaft da draußen nichts gibt, wird man langweilig und man ist weg. „Marketingberater 2“ (2012) Als durchschnittliche Empfehlung gilt eine Aktualisierung oder Neueinstellung von relevanten Informationen zu Themen der Wirtschaftsförderung bzw. auch der wirtschaftlichen Standortentwicklung mit einer Frequenz von mindestens einer Aktion im 14-tägigen Rhythmus. Dies gilt jedoch nicht für die Reaktion von Nutzeranfragen. Hier werden Antwortzeiten von einem Tag (24 Stunden) von den Nutzern bereits als langsam wahrgenommen. Den öffentlichen Stellen ist daher eine Reaktion binnen eines Arbeitstages zu empfehlen. Da diese nicht in jeder Hinsicht dem privatwirtschaftlichen „Standard“ entspricht, ist ein Hinweis im jeweiligen Profil des Netzwerks sinnvoll. Somit wird transparent dargestellt, welcher Service von den öffentlichen Stellen beziehungsweise den Wirtschaftsförderungen auf diesem Kommunikationskanal erwartet werden kann. Darüber hinaus birgt ein Engagement im Social Web neben zahlreichen Chancen auch gewisse Risiken. Vor allem generelle datenschutzrechtliche Fragen werden aktuell sehr präsent in den Medien diskutiert. So stehen beispielsweise die Datenschutzbestimmungen der Plattform „Facebook“ öffentlich stark in der Kritik. Die daraus resultierende Zurückhaltung und Verunsicherung wurde auch in den Interviews deutlich. Bemängelt wurde vor allem, dass es nur schwer nachvollziehbar sei, welche Daten wo gespeichert und wie weiterverwendet würden. Darüber hinaus sei nicht bekannt, ob und wie die Inhalte je gänzlich gelöscht werden könnten. Es wurde deutlich, dass diese Bedenken zwar Beachtung im Bereich der Wirtschaftsförderung finden, aber aus Sicht der bisherigen Anwender nicht überbewertet werden sollten. Dies verdeutlichen die folgenden zwei Ankerbeispiele aus den Interviews: Ergebnisse der Analysen 39 […] die Stadt und die Region sagen: „Wir machen nichts, was eine IP erfasst und speichert.“ Ich sehe die rechtlichen Bedenken jedoch nicht so extrem. Wenn ich mich diesem Diktat beuge, schließe ich wichtige Instrumente aus; ich komme um die Unternehmen wie Google einfach nicht umhin. „Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH“ (2012) Genauso gut könnten Sie mich fragen: „Gibt es rechtliche Bedenken wenn ich mit einem Auto über eine Straße fahre?“ Natürlich gibt es die immer. Die Frage ist, wie tief man sich damit beschäftigen will. Man muss natürlich aufpassen, welche Informationen man an welche Klientel freigibt. Auf der anderen Seite gibt man über andere mediale Kanäle bestimmte Informationen ja auch frei. Wenn wir an die Presse Veranstaltungseinladungen geben, werden die ja auch in der Zeitung abgedruckt und das ist ja auch gewollt. Man muss eben ein bisschen aufpassen, wer was in diese Kanäle oder in diese Medien einspeisen kann und darf. WFG für den Kreis Borken mbH Grundsätzlich müssen hierzu immer die Rahmenbedingungen der Plattformbetreiber beachtet werden. Weitere Aspekte, die in diesem Zusammenhang angesprochen worden sind betreffen rechtliche Vorgaben im Rahmen der klassischen Öffentlichkeitsarbeit. Hier unterscheiden sich Social Media Aktivitäten im Hinblick auf Persönlichkeits- und Urheberrechte kaum von anderen PR Maßnahmen. Aufgrund der Schnelligkeit des Mediums besteht darüber hinaus die Gefahr, dass Informationen nicht abschließend geprüft beziehungsweise im endgültigen Wortlaut freigegeben werden können, bevor sie auf die Plattformen gespielt werden. Hierzu bedarf es im Zweifelsfall interner Dienstanweisungen oder schriftlicher Absprachen zwischen dem verantwortlichen Redakteur und den jeweiligen Fachvorgesetzten in den öffentlichen Einrichtungen. Ferner sind im Social Web die geltenden wettbewerbsrechtlichen Vorgaben, die Bestimmungen des Maklerrechts und rechtliche Voraussetzungen für Gewinnspiele zu beachten. In diesem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, dass sich bereits zahlreiche Juristen darauf spezialisiert haben, Internetseiten gezielt nach derartigen Rechtsverletzungen zu filtern und die Betroffenen anschließend mit hohen Geldstrafen abzumahnen. Mit Blick auf die Inhalte, die im Bereich der Wirtschaftsförderung rechtlich gesehen möglichst vermieden werden sollten, fielen unter anderem folgende Aussagen: Interna, vertrauliche Informationen, 40 Ergebnisse der Analysen Informationen zu Projekten, die sich in einem „Zwischenstatus“ befinden, rechtsverbindliche Auskünfte (z. B. zu Bebauungsplänen), personen- und grundstücksbezogene Daten, kritische Äußerungen und politische (Meinungs-)Äußerungen. Hingegen sind allgemeine Daten, die beispielsweise auf der Homepage der Wirtschaftsförderung oder in anderen öffentlichen Kommunikationskanälen ohnehin schon öffentlich publiziert wurden unstrittig. Auch die Verbreitung wirtschafts- und standortrelevanter Inhalte läge im Interesse der Wirtschaftsförderung und sei daher unbedenklich. Darüber hinaus erscheinen den Befragten zufolge auch Absprachen mit Partnern (Kunden, Verbände etc.) als unverzichtbar, wenn es darum geht, Beiträge gegenseitig zu teilen beziehungsweise interaktiv zu verlinken oder zu kommentieren. Abschließend ist festzuhalten, dass jede Organisation im Social Web selbst steuern kann, welche Informationen sie sichtbar macht und damit öffentlich publizieren möchte. Über die differenzierten Konfigurationen der Privatsphäre ist es möglich die entsprechenden Einstellungen vorzunehmen. Sind die jeweiligen Informationen auf den Portalen oder in anderen Social Media Kanälen eingestellt, so zielen diese Aktivitäten meist auf eine Interaktion mit den Nutzern ab. In diesem Zusammenhang wird häufig die Frage nach einem angemessenen Umgang mit kritischen Kommentaren in sozialen Medien gestellt. Hierbei ist es in jedem Fall wichtig, Kommentare jeglicher Art nicht zu ignorieren. Gerade Beschwerden oder „Nörgeleien“ sollten ernst genommen und deren Ursachen hinterfragt werden.56 Eine konstruktive Reaktion auf kritische Bemerkungen wird auch von anderen Nutzern wahrgenommen und meist positiv verstanden, selbst wenn der betreffende Kritiker möglicherweise nicht umgestimmt werden kann. Gelegentlich ist auch zu beobachten, dass die Kritik im Social Media Auftritt der Wirtschaftsförderungen gar nicht an diese adressiert ist. In diesen Fällen werden die Auftritte der Wirtschaftsförderungen für teils institutionsfremde Beschwerden (Kritik an anderen Verwaltungsbereichen der Stadt) oder für allgemeine Beanstandungen (kaputte Straßen oder ähnliches) zweckentfremdet. Dies geschieht insbesondere dann, wenn den betroffenen Bürgern oder Unternehmen ein anderer informeller Beschwerdekanal nicht bekannt ist oder dieser nicht existiert. Die Einfachheit der Kommunikation beziehungsweise der schnellen Bekanntgabe im Social Web ist dann meist ein willkommenes Instrument für die Betroffenen. 56 Vgl. Schindler 2011, S. 159. Ergebnisse der Analysen 41 Diese Offenheit sollte jedoch nicht als Nachteil empfunden werden oder als generelles Hindernis vor einem Social Media Engagement. Die jeweiligen Plattformen bieten vielmehr eine einmalige Chance kostenfrei Feedback von außen zu erhalten. Auch negative Reaktionen können als weiteres Marketinginstrument eingesetzt, beispielsweise wenn Missstände schnell und vor allem für alle sichtbar behoben werden können.57 3.6 Technische Aspekte Soziale Netzwerke wie Facebook oder XING erfreuen sich im privaten aber auch im geschäftlichen Bereich reger Beliebtheit. Daher wird häufig die Frage aufgeworfen, welche Plattformen für die Wirtschaftsförderung am ehesten geeignet sind. In diesem Zusammenhang wurden die Teilnehmer der Online-Umfrage nach geeigneten Social Media Instrumenten für Aktivitäten der Wirtschaftsförderung gefragt. Im Rahmen der quantitativen Erhebung sticht sofort die hohe Bewertung der sozialen Netzwerke heraus. Deutliche 72% der Befragten sehen diese Plattformen als geeignetes Instrument für die Wirtschaftsförderung. Dieser Wert entspricht auch dem im Abschnitt 3.1 (S. 17) erhobenen Wert des tatsächlichen Nutzungsverhalten: Hier gaben 86% der Befragten Institutionen mit aktiver Social Media Erfahrung an, die sozialen Netzwerke zu nutzen. Auch die unten angegebene Befürwortung von Videoplattformen (28%) entspricht der erhobenen tatsächlichen Nutzung von aktiven Wirtschaftsförderern (ebenfalls 28%). Einzig Blogs werden höher bewertet (15%), als sie dann tatsächlich eingesetzt oder geplant werden (7%). Überdies verwundert bei beiden Fragen die geringe Bewertung von Microblogs. Twitter, als beliebtester Microblogging Dienst, verzeichnet aktuell 550.000 Nutzer58 im deutschsprachigen Raum und ist überdies zu einem beliebten Medium in der Wirtschaft und der Politik avanciert.59 Ebenso wird Podcasts wenig Bedeutung beigemessen. Auch dieser Kanal findet in der Politik Anwendung, nicht zuletzt durch die regelmäßige Berichterstattung der Bundeskanzlerin seit 2006 über dieses Medium. Überraschend ist auch die vermeintlich hohe Bedeutung von Diskussionsforen. Zahlreiche soziale Netzwerke bieten diese Funktion als zentralen Kommunikationskanal. Außerhalb dieser Plattformen werden Diskussionsforen dagegen zunehmend als Relikt aus vergangenen Internetzeiten angesehen, als es die weltumspannenden Netzwerkplattformen noch nicht gab. Diese losgelöste Form der Diskussionsforen verwaisen mehr und mehr und genießen allenfalls als bereits etablierte Fachforen noch einen ausreichenden Zulauf beziehungsweise eine ausreichend stattfindende Kommunikationsdichte. Selbst auf bestehenden geschäftsorientierten Plattformen, wie beispielsweise XING im deutschsprachigen Raum, 57 Vgl. Reichert 2012, S. 63. Statista GmbH, März 2012. 59 Vgl. Zarrella und Heidl 2010, S. 39. 58 42 Ergebnisse der Analysen finden nur in einem Bruchteil der existierenden Foren aktive und regelmäßige Kommunikationen statt. Daher ist der Erfolg von Diskussionsforen sehr stark vom Engagement und der Attraktivität ihrer Teilnehmer abhängig. Welche Social Media Plattformen sind aus Ihrer Sicht für die Wirtschaftsförderung sinnvoll? (Mehrfachnennung möglich) soziale Netzwerke 72% Videoplattformen 28% Microblogs 22% Diskussionsforen 22% Blogs 15% Fotoplattformen 7% Podcasts 6% Sonstiges 1% keine Angabe (exklusiv) n = 104 18% 0% 20% 40% 60% 80% Abb. 19: Geeignete Social Media Plattformen für die Wirtschaftsförderung Die starke Präsenz der sozialen Netzwerke spiegelt sich auch in den Nutzerzahlen der Plattformen wieder. Hier liegt Facebook mit rund 25 Millionen60 Nutzern in Deutschland weit vor den anderen Netzwerken. Da von einem weiteren Anstieg der Zahlen auszugehen ist, empfiehlt sich zumindest auf Grund der potenziellen Reichweite diese Plattform besonders für das Marketing der kommunalen Wirtschaftsförderung. Über Facebook ist es möglich eine breite Masse der jeweiligen Zielgruppe(n) zu erreichen und diese zum Beispiel auf den Standort aufmerksam zu machen, Veranstaltungen zu kommunizieren oder direkt Feedback einzuholen. Die geschäftlich orientierte Plattform XING bietet diese Instrumente zur Vermarktung der Dienstleistungen von Wirtschaftsförderungen ebenfalls. Bei diesem Netzwerk steht der Geschäftsgedanke im Vordergrund, sodass hier gegenüber dem Netzwerk Facebook meist eine seriösere Kommunikationsatmosphäre wahrgenommen wird. Darüber hinaus ermöglicht XING zum Beispiel im Vergleich zu Facebook eine feingliedrigere Zielgruppenorientierung. 60 Statista GmbH, Stand: August 2012. Ergebnisse der Analysen 43 Google+ ist eine recht junge Plattform. Es kann noch nicht abgeschätzt werden, ob sich dieser Kanal durchsetzen wird. Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal zu den oben genannten Netzwerken stellt die Funktion der „Kreise“ in Google+ dar. Diese ermöglichen es bestimmte Zielgruppen visuell sehr einfach zu strukturieren. So können Informationen, die nicht für die breite Öffentlichkeit gedacht sind, durch zuvor definierte Zielgruppen, zum Beispiel nur Unternehmen bestimmter Branchen oder bestimmter Ortslagen (Gewerbegebiete, Innenstädte etc.), zur Verfügung gestellt werden. Hierdurch ist ähnlich wie bei XING ein zielorientierteres Marketing möglich als es beispielsweise mit Facebook betrieben werden kann. Der Microblogging Dienst Twitter gewinnt deutschlandweit immer mehr an Bedeutung.61 Durch die Beschränkung auf 140 Zeichen pro Nachricht können die Informationen schneller von der Zielgruppe aufgenommen werden. Auch diese Plattform bietet daher Potenzial für Marketingaktivitäten der Wirtschaftsförderung. Häufig informieren Wirtschaftsförderungen hierdurch kurz und knapp über Veranstaltungen oder verwiesen auf andere Social Media Kanäle beziehungsweise auf die eigene Webseite. Fotoplattformen wie zum Beispiel Flickr und andere oder Videoplattformen wie YouTube und Vimeo können das Marketing zusätzlich unterstützen. Hierüber online gestellte Bilder oder kurze Filme lenken die Aufmerksamkeit auf den Standort und können bei ansiedlungswilligen Bürgern und Unternehmen einen umfassendere und moderneren Eindruck hinterlassen – vorausgesetzt die Fotografien und Videos sind entsprechend attraktiv aufbereitet. Aus der telefonischen Befragung ging hervor, dass für die Wahl einer geeignete Plattform oder eines geeigneten Marketingkanals keine Idealempfehlung gegeben werden kann. Zunächst sollte vor einem Social Media Engagement klar sein, welche Inhalte generiert und welche Zielgruppen damit angesprochen werden sollen. Anschließend müssen die ausgesuchten Plattformen professionell bespielt werden, auf denen sich der entsprechende Personenkreis aufhält. Die überwiegende Meinung der Befragten zeigt jedoch, dass sich aufgrund des Aufgabengebietes der Wirtschaftsförderung insbesondere geschäftsorientierte Plattformen eignen. Das folgende Interviewbeispiel verdeutlicht die stellvertretend: Ich glaube, dass man Unternehmen per Social Media Marketing stärker über XING und/oder über LinkedIn erreicht, also über die eher businessgetriebenen Plattformen. Über die eher privatmotivierten Plattformen wie Facebook, Twitter et cetera erreicht man glaube ich eher eine interessierte Öffentlichkeit und weniger die Unternehmer. Wir haben unsere Zielgruppen […] gesplittet. Was wir auf Facebook machen, geht primär an Gründungsinteressierte und am Standort Interessierte. „Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH“ (2012) 61 Vgl. FOCUS Online, 28.08.2012. 44 Ergebnisse der Analysen Darüber hinaus sollte die Wirtschaftsförderung es vermeiden mehrere Kanäle mit den gleichen Inhalten zu füllen. Es besteht hier das Risiko, dass auf mehreren Plattformen registrierte Nutzer mit Informationen überhäuft werden und sich dies negativ auf das Image der Institution auswirkt: Ich habe ja nichts davon, wenn ich 10.000 XING-Kontakte habe, die vielleicht auch alle noch bei Facebook sind und versorge die alle auf einmal doppelt mit Informationen. Dann sagt der: „Was will der denn von mir?“ Der schickt mir hier 1.000 Mails und die kriege ich alle sechsmal. Das will ich nicht.“ und dann schalten die mich ja auch logischerweise alle weg. Dann habe ich das, was ich vorher aufgebaut habe, eingerissen. „Marketingberater 2“ (2012) Im Hinblick auf die bestmögliche Organisation von Social Media Aktivitäten der Wirtschaftsförderung sind auch notwendige Schnittstellen zu anderen Ämtern zu prüfen. Hierzu gaben knapp die Hälfte (49%) der Befragten im Rahmen der Online-Umfrage an, Verknüpfungen zu anderen Ämtern als sinnvoll zu erachten (vgl. 3.4 Organisatorische Aspekte, ab S. 34). Dennoch spiegelt die qualitative Untersuchung ein anderes Bild wider. Hier gab ein Großteil der befragten Wirtschaftsförderungsgesellschaften an, eine Verbindung zu anderen Ämtern kaum zu nutzen beziehungsweise auch nicht für notwendig zu erachten. Als Gründe wurden die teilweise (noch) fehlende Affinität und das fehlende Know-how in Bezug auf soziale Medien in den Behörden genannt. Des Weiteren seien entsprechende Absprachen zwischen der Wirtschaftsförderung und den Ämtern sehr fallabhängig. Insbesondere die Wirtschaftsförderungen, die als Amt organisiert sind sprachen sich für die Unterstützung durch andere Ämter aus. Ausschlaggebend für diese Einschätzung sind der bessere Informationsfluss, mögliche aufgabenübergreifende Kommentare und die Vermeidung von Dopplungen auf den Plattformen. Die Informationen könnten an einer Stelle gesammelt, gefiltert und anschließend über die entsprechenden Kanäle ins soziale Netz gestreut werden: Es muss natürlich eine Schnittstelle zu den Abteilungen intern geben, die die Informationen liefern können. […] Am besten ist es, wenn es eine Art Filtersystem gibt, wo […] die Informationen entsprechend aufgearbeitet werden, [zum Beispiel jeweils] für die Pressemitteilung, die Internetseite und entsprechend für die Facebook-Profile oder andere Plattformen […]. (Fortsetzung nächste Seite) Ergebnisse der Analysen 45 (… Fortsetzung) Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit ist dann sozusagen der Trichter, wo alles reinkommt an Informationen und dort muss gesagt werden: „Hey das ist wichtig für unseren nächsten Newsletter.“ „Das ist wichtig und ganz aktuell, das können wir auf die Facebook-Seite stellen.“ Dort muss es dann einfach einen Austausch geben. „Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH“ (2012) 3.7 Hinderungsgründe und Realisierungsbeispiele Aufgrund der durchschnittlich noch geringen Nutzung sozialer Medienkanäle besteht ein Interesse an den verantwortlichen Hinderungsgründen, die gegen einen Einsatz von Social Media Marketing in den kommunalen Wirtschaftsförderungen sprechen. In der Auswertung der quantitativen Angaben sticht insbesondere der von insgesamt 70% der Befragten am häufigsten genannte Aspekt des vermeintlich problematischen Zeitaufwandes heraus. Darüber hinaus bestehen Befürchtungen vor einer Informationsüberflutung (54%) sowie (datenschutz-)rechtliche Bedenken (45%). Welche Hinderungsgründe sprechen gegebenenfalls gegen einen Einsatz von Social Media in der Wirtschaftsförderung? (Mehrfachnennung möglich) Zeitaufwand 70% Informationsflut 54% (datenschutz-)rechtliche Gründe 45% zusätzliches Personal 38% Ziegruppe(n) nicht vertreten 30% Umgang mit Kritik 23% Komplexität 22% zusätzliche Qualifikation der Mitarbeiter 17% ungewisse Entwicklung 17% öffentliche Kommunikation 11% Kosten 11% Sonstiges 5% keine Angabe (exklusiv) n = 104 2% 0% 20% 40% Abb. 20: Hinderungsgründe für den Einsatz von Social Media 60% 80% 46 Ergebnisse der Analysen Über diese Ergebnisse hinausgehende Analysen zeigen, dass vor allem personell kleine Wirtschaftsförderungen (bis fünf Mitarbeiter) überdurchschnittlich häufig den vermeintlichen Zeitaufwand respektive das fehlende Personal als Hindernisse für ein Engagement in sozialen Medien angeben. Dies korreliert mit der eingangs (S. 17ff.) geschilderten Darstellung eines weitestgehend fehlenden Social Media Angebots in dieser Kohorte. Die Ergebnisse stützen somit die Annahme, dass Social Media Aktivitäten mit weniger als sechs Mitarbeitern in kommunalen Wirtschaftsförderungen nur schwer umsetzbar sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass einige Gesprächspartner bei der telefonischen Befragung angaben, Social Media aufgrund des geringen Zeitaufwandes für ein ideales Marketinginstrument zu halten. Hierzu sei insbesondere auf Abschnitt 3.3 Ressourcenaufwand (ab S. 28) verwiesen, welche mit folgendem Ankerbeispiel verdeutlicht werden: Eine Stärke ist sicherlich, wenn man erst mal das Ganze zum Laufen gebracht hat […], mit vergleichsweise sehr wenig Arbeitsaufwand durchaus imagesteigernd tätig zu sein und auch in bestimmten Zielgruppen sehr affin für gewisse Themen zu werben. „Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH“ (2012) Im Folgenden soll ein kurzer Überblick ausländischer und inländischer Beispiele zeigen, wie mit einer bestehenden Social Media Strategie das Potenzial sozialer Medien erfolgreich genutzt werden kann. Ein erstes prominentes Beispiel aus den Vereinigten Staaten bietet die Stadt San Francisco. Seit 2007 hat die Stadt eine Behördenrufnummer etabliert, unter der die Bürgerinnen und Bürger Behördenauskünfte bekommen und Missstände melden können. Rund um die Uhr sind über die Rufnummer 311 Servicemitarbeiter erreichbar. In den ersten beiden Jahren sind im Servicecenter über 5 Millionen Anrufe angenommen worden.62 Im Juni 2009 ergänzte die Kommune diesen Service auch um den Kommunikationskanal „Twitter“ und konnte bis Oktober 2012 über 9.400 Meldungen (Tweets) und rund 9.300 Follower verzeichnen. Mit der Nutzung von Twitter werden durch die Kommune folgende Ziele verfolgt:63 62 63 Einführung eines zusätzlichen Kommunikationskanals für Bürgerinnen/Bürgern sowie den Unternehmen zur Verwaltung, besserer Service und höhere Transparenz im Verwaltungshandeln, schnellere Reaktion auf Missstände und damit Verbesserung des Erscheinungsbildes der Stadt, Kosteneinsparung durch reduzierte Kommunikationskosten mit den Verwaltungskunden im Vergleich zum Briefversand. Vgl. Freie und Hansestadt Hamburg 2012, S. 43. Vgl. ebd. Ergebnisse der Analysen 47 Abb. 21: Auftritt der Stadt San Francisco bei Twitter64 Über Twitter können die Bürgerinnen und Bürger Anfragen an die Verwaltung stellen oder beispielsweise auch Infrastrukturprobleme anzeigen. Darüber hinaus informiert die Stadt über aktuelle Themen, wie zum Beispiel politische Entscheidungen oder Veranstaltungen. Durch das Servicecenter 311 werden alle Anfragen entgegengenommen. Die Stadt verspricht über die Bearbeitung der Meldung innerhalb von drei Tagen zu informieren.65 Ein ähnliches Beispiel bietet hierzu auch das oft zitierte britische Pendant „www.fixmystreet.com“ bei dem Bürger und Unternehmen ihre Postleitzahl angeben, das Problem (Straßenschäden, Graffiti, kaputte Beleuchtungen et cetera) melden, welches dann den direkt zuständigen örtlichen Behörden gemeldet wird. Hierüber wurden allein im September 2012 insgesamt 2.066 öffentliche Belange abschließend bearbeitet, im gesamten Zeitraum seit 2007 wurden so 230.242 Anliegen durch die Kommunen abgeschlossen.66 Ein inländisches Beispiel bietet die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft der Stadt und Region Hannover, die hannoverimpuls GmbH. Diese verfolgt überwiegend klassische Wirtschaftsförderungsziele: Gründung, Wachstum und Ansiedlung von Unternehmen im Raum Hannover.67 Seit 2010 ist die Wirtschaftsförderungsgesellschaft auf den Plattformen Facebook, Twitter, XING und LinkedIn vertreten. 64 Bildschirmfoto von https://twitter.com/SF311, 20.08.2012. Vgl. Freie und Hansestadt Hamburg 2012, S. 44. 66 http://www.fixmystreet.com/, 18.10.2012 67 Vgl. Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH. 65 48 Ergebnisse der Analysen Abb. 22: Social Media Auftritte der hannoverimpuls68 Die hannoverimpuls verfolgt auf allen Kanälen folgende Ziele:69 Aufwertung des Images zu einer modernen, aufgeschlossenen und flexiblen Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft, Standortwerbung im internationalen und nationalen Bereich, Sensibilisierung für Themen wie Gründung und Ansiedlung, Werbung für Veranstaltungen, Seminare und Wettbewerbe. Wenngleich alle Auftritte die gleichen Ziele verfolgen, soll über jeden Kanal eine andere Zielgruppe angesprochen werden. Während via Twitter und Facebook eher Gründungsinteressierte erreicht werden sollen, ist XING auf Unternehmen im Bestand, ansiedlungsinteressierte Unternehmen und ebenfalls Gründungsinteressierte ausgerichtet. Über LinkedIn sollen ausländische Ansiedlungsinteressierte angesprochen werden. Durch entsprechende Schnitt68 69 Middendorf 2012, S. 35. Vgl. Ebd. Ergebnisse der Analysen 49 stellen publiziert die hannoverimpuls ihre News, Termine, Imagefilme und Pressemitteilungen automatisch. Bei XING verfügt die hannoverimpuls über die folgenden drei Gruppen: „Region Hannover“ (2.111 Mitglieder)70, „Existenzgründung in der Region Hannover“ (405 Mitglieder)71, „German Indian Business Center - Hannover (GIBC)“ (16 Mitglieder)72. Die Plattform LinkedIn dient der hannoverimpuls zur internationalen Vernetzung. Entsprechende Beiträge werden hier in englischer Sprache eingestellt. Zusätzlich wird derzeit ein Controlling System aufgebaut, das die Social Media Auftritte auf Quantität und Qualität überprüfen soll.73 Weiterhin ist geplant, Werbeanzeigen bei Facebook zu platzieren, um Fans zu gewinnen und die Reichweite zu erhöhen. Ebenfalls befindet sich bereits der Aufbau einer internationalen Facebook-Seite in Planung. Parallel dazu werden auch Seiten in russischer und englischer Sprache bei XING und eventuell auch LinkedIn erörtert, um hier einen Austausch mit Indien, Russland und der Türkei zu begünstigen. Ein weiteres Social Media Marketing Beispiel im Bereich der Wirtschaftsförderung bietet die Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH. Seit 2011 unterhält die WfL zwei Facebook Seiten und ein Xing Profil. Abb. 23: Auftritt der Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH bei Facebook Mittels der Unternehmensseite bei Facebook (siehe Abb. 23), soll der Standort positiv beworben, die Außenwirkung als innovative und offene Wirtschaftsförderung unterstützt sowie über Veranstaltungen und Wettbewerbe informiert werden. Die zweite Facebook-Präsenz (siehe Abb. 24) ist eine Imagekampagne, die ebenfalls von der WfL betreut wird. Im Mittel70 https://www.xing.com/net/prib3de95x/region-hannover, 18.10.2012. https://www.xing.com/net/prib3de95x/gruendungswerkstatt, 18.10.2012. 72 https://www.xing.com/net/prib3de95x/gibc, 18.10.2012. 73 Vgl. Middendorf 2012, S. 36. 71 50 Ergebnisse der Analysen punkt steht hier der Gedanke: „[…] Leverkusen mit all seinen Facetten in die Welt hinaus zu tragen und den Vorurteilen über Leverkusen entgegen zu wirken […].“74 Die WfL versucht sich hier via Story-Telling-Marketing von der Masse abzuheben und herauszustechen. Abb. 24: Weitere Facebook-Präsenz der Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH Diese Zielsetzung verfolgt die WfL z. B. mithilfe von Postkarten, die jeweils ein Vorurteil aufgreifen und mit einer mit einem Augenzwinkern formulierten Antwort versehenen (siehe Abb. 25). Abb. 25: Postkarten im Rahmen der Imagekampagne der WfL 74 WfL Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH, 2012. Ergebnisse der Analysen 51 Auch Xing wird von der WfL als zusätzlicher Kommunikations- und Informationskanal genutzt (siehe Abb. 26). Nach eigenen Angaben75 informiert die WfL über Xing hauptsächlich über Veranstaltungen und erinnert an diese. Die komplette Veranstaltungsabwicklung läuft allerdings nicht über die sozialen Netzwerke. Abb. 26: Xing-Präsenz der Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH Neben diesen ausgewählten Einzelbeispielen sollen nachfolgende Einblicke in die Wirtschaftsförderungspraxis in Form von interessanten Beispielen den Abschluss zu diesem Themenkomplex bilden. Unter anderem berichtet die Wirtschaftsförderung der Stadt Dachau über eine Social Media Veranstaltung: Wir haben beispielsweise während unserer letzten Verbrauchermesse für zwei Tage einen Social Media Berater engagiert. Er hat zwei Tage lang den Dachauer Ausstellern und Unternehmen viele Fragen zum Thema Social Media beantwortet, konkrete Hilfestellung angeboten und geleistet, teilweise wurden direkt vor Ort neue Facebook-Konten eingerichtet oder bestehende Profile überarbeitet. Für viele Aussteller war dies vollkommenes Neuland, andere hatten zwar einen Account angelegt, wussten aber nicht, wie sie in der täglichen Praxis (Fortsetzung nächste Seite) 75 Interview mit der WfL Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH, 2012. 52 Ergebnisse der Analysen (… Fortsetzung) damit umgehen sollten. Als Leistung der Wirtschaftsförderung haben wir die Kosten des Social Media Beraters übernommen. Insgesamt hatte er an zwei Tagen knapp 30 Firmenkontakte. Diese Aktion ist insgesamt sehr gut angenommen worden und wurde auch als gelungene Aktion der Wirtschaftsförderung bewertet. „Wirtschaftsförderung Stadt Dachau“ (2012) Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft hannoverimpuls GmbH verfolgt darüber hinaus eine interessante Idee zur Vorstellung von Existenzgründern im Social Web: Wir machen mittlerweile seit zwei Jahren sogenannte Elevator Clips. Das kommt aus den USA. Da kann man jungen, aufstrebenden Unternehmern die Möglichkeit bieten in einer Fahrstuhlfahrt von A bis C, Stockwerk XY so und so lange, in der Zeit ihre Unternehmensidee deutlich zu machen. Das dauert zwischen 25 und 30 Sekunden. „Wirtschaftsförderung hannoverimpuls GmbH“ (2012) Eine Weiterentwicklung der Elevator Clips stellen seit Neuestem die Escalator Clips der Wirtschaftsförderung dar. Hier wurde aus dem Fahrstuhl als Ort des Geschehens eine Rolltreppe eines Einkaufszentrums in Hannover. Alle vier bis fünf Werktage wird bei YouTube ein neuer Clip eingestellt. Darüber hinaus werden die Clips den Gründern zur Verfügung gestellt, damit diese die Videos für ihr eigenes Marketing nutzen können.76 Abb. 27: Nutzung der Social Media Plattform „YouTube“ durch hannoverimpuls GmbH 76 Interview mit der hannoverimpuls GmbH, 2012. Ergebnisse der Analysen 53 Ein anderes Beispiel verdeutlicht, wie Social Media der kommunalen Wirtschaftsförderung auch zwischen verschiedenen teils intrakommunalen Institutionen organisiert werden könnte und untermauert dies gleichzeitig mit Finanzierungsoptionen: Zum Beispiel kann die Wirtschaftsförderung der Stadt mit einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft der nächst höheren Ebene, also des Landkreises, zusammenarbeiten. Man müsste natürlich viel Vertrauen in die Arbeit haben, denn die Gesellschaft hat dann nicht nur uns als Vertragspartner sondern andere Städte. […] Hat man aber dieses Vertrauen und gibt die Social Media Leistungen raus, dann könnten die für den ganzen Landkreis ein großes System aufbauen. Sie würden vielleicht jemanden einstellen, der sich mit dem Thema auskennt und nur für diese Tätigkeit verantwortlich ist. Das wäre sehr effizient. Kosten für diese Person müssten sich die Städte dann teilen und so wäre es für keinen eine so sehr große finanzielle Hürde. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises das als Service anbietet und dann eine Umlage verlangt. „Wirtschaftsförderung Stadt Staßfurt“ (2012) 54 Handlungsempfehlungen 4 Handlungsempfehlungen Sowohl die Befragungsergebnisse als auch die Praxisbeispiele haben einen Einblick in die Potenziale und Stolpersteine eines Social Media Engagements durch kommunale Wirtschaftsförderungen aufzeigen können. Dennoch sei hier angemerkt, dass Aktivitäten in sozialen Netzen nur ein begleitendes Element einer ganzheitlichen Kommunikations- und Servicestrategie der Wirtschaftsförderung und der Kommune darstellen können. Es wird künftig umso bedeutender sein, gemeinsame Leitlinien zur Weiterentwicklung folgender Schwerpunkte zu definieren: Ausbau der Unternehmensbeteiligung an der Kommunalentwicklung, Sicherung einer multikanal-basierten Interaktion und Kommunikation zwischen Unternehmen, Verwaltungen und Politik, Integration der Instrumente zur Verwaltungsmodernisierung und des E-Governments. Durch diese Handlungsfelder und ihre resultierenden Modernisierungen wird eine neue Standortkommunikation und unternehmerische Teilhabe ermöglicht, die vor allem der Imageverbesserung des Wirtschaftsstandorts und der Akzeptanzsteigerung wirtschaftspolitischer Maßnahmen dienen wird. Des Weiteren muss ein großzügiger und rechtssicherer Kommunikationsspielraum für die öffentlich Beschäftigten gewährleistet werden. Dieser ist durch interne Richtlinien zur Nutzung der neuen Medienkanäle mit den entsprechenden Freiheiten und den notwendigen Rahmenbedingungen zwischen Vorgesetzten und den Redakteuren transparent zu regeln (Media Guidelines). Andernfalls sind die von den Nutzern der sozialen Medien gewohnten Reaktionszeiten nicht realisierbar und es würde eine Übertragung der allgemeinen Bürokratiekritik auf die digitalen Kanäle stattfinden. Dies schadet dem Ansehen der Wirtschaftsförderer und dem Image des Standortes. Die oftmals vermuteten rechtlichen Risiken können durch einen sensiblen Umgang mit den Daten, die Nutzung von Media Guidelines und der Beschränkung auf einige wenige Netzwerke minimiert werden. Auch durch die Unterstützung von Juristen aus dem Gebiet des Medienrechts können vermeintliche lokalspezifische oder einzelfallbezogene Hinderungsgründe ausgeräumt werden. Die Kanäle sollte danach ausgewählt werden, welche Zielvorstellungen mit der Nutzung verknüpft und welche Zielgruppen damit angesprochen werden sollen. Es erscheint sinnvoller eine Plattform aktiv zu betreiben als mehrere Kanäle, auf denen die Zielgruppe nicht vertreten ist. Dadurch kann vermieden werden, dass unnötige Ressourcen investiert werden und möglicherweise der Überblick verloren geht. Gleichwohl gehört eine veränderte, aufgeschlossene und aktive Kommunikationsart zum „guten Ton“ im sozialen Netz. Dies stellt zweifelsfrei einen Wandel in der traditionellen Interaktion zwischen kommunalen Behörden und Unternehmen, aber auch in der Kommunikation zwischen Wirtschaftsförderungen und Unternehmen dar. Da soziale Medien von der Handlungsempfehlungen 55 Aktualität und der Schnelligkeit leben, kann ein Marketing über diese Kanäle nur dann erfolgreich sein, wenn es regelmäßig und flexibel gestaltet wird. Hier empfiehlt es sich die Nutzer mindestens einmal pro Woche über aktuelle Informationen zu informieren und innerhalb von 24 Stunden auf Kommentare zu reagieren. Hierzu gehören auch der Umgang mit Kritik und die Fähigkeit auf diese konstruktiv zu reagieren. Es sei jedoch angemerkt, dass öffentliche Stellen und eben auch Wirtschaftsförderungen in klassischen Verfahren des Beschwerdemanagements meist nur die negativen Kritiken erfahren konnten, weil der Zugang bislang formalisiert (schriftlich) oder im direkten Gespräch erfolgte. Social Media bietet hier eine neue Transparenz. Einerseits kann auf Kritik für alle sichtbar reagiert und somit das Vertrauen gestärkt werden, zum anderen können Nutzer sehr einfach mit einem Mausklick auch positive Bekundungen abgeben, siehe zum Beispiel die Facebook-Funktion des „gefällt mir“Buttons. In diesem Zusammenhang ergibt sich aufgrund der Fülle von Informationen, die mithilfe von Web 2.0 generiert werden können, dass nicht ausschließlich die Masse oder die Aktualität der Beiträge entscheidend ist. Es kommt vor allem darauf an, originelle und spannende Themen zu teilen. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die Zielgruppe die Botschaften eher wahrnimmt und auf die Institution aufmerksam wird. Eine effiziente Umsetzung ist darüber hinaus ebenso unerlässlich. Zunächst ist für den Bereich Social Media spezielles Know-how erforderlich. Empfehlenswert wäre hier, bereits versierte Mitarbeiter im Umgang mit Social Media einzusetzen, das Personal dahingehend zu schulen oder aufzustocken. Darüber hinaus könnte eine gewisse Affinität oder ein persönlicher Bezug der Verantwortlichen zu dem Thema zu einer erfolgreichen Realisierung beitragen. In den Fällen in denen die Wirtschaftsförderung als Teil der Stadtverwaltung organisiert ist, empfiehlt es sich, den Social Media Auftritt über eventuell bestehende Plattformen der Kommunen abzuwickeln. Da hier auf Erfahrungswerte und auf Personal zurückgegriffen werden kann, könnte der zeitliche und personelle Mehraufwand gering gehalten werden. Aufgrund der Nähe zu den Bereichen Stadt- und Tourismusmarketing empfiehlt sich dieses Vorgehen, um der Zielgruppe gegenüber als einheitlicher Kommunikationspartner aufzutreten. Einen weiteren Vorteil stellen dabei die besseren Reaktionsmöglichkeiten auf themenübergreifende Kommentare dar (z. B. Angelegenheiten des Bauamtes). Effiziente Lösungen gewährleisten auch sogenannte Social Media Tools wie z. B. „HootSuite“ oder „TweetDeck“. Mit diesen Onlinediensten können bspw. Nachrichten gleichzeitig auf alle oder nur auf bestimmte Plattformen gestreut werden. Der Zeitpunkt für das Versenden ist dabei frei wählbar. Derartige Werkzeuge gibt es vermehrt im Web zu finden. Sie werden größtenteils kostenlos zur Verfügung gestellt und können dazu beitragen, den Zeitaufwand bei der Nutzung von Social Media erheblich zu minimieren. Abschließend empfiehlt sich, die Kenntlichmachung der aktiv genutzten Social Media Kanäle auf der eigenen Webseite. Die Symbole der einzelnen Plattformen sollten gut sichtbar auf der Seite platziert werden, damit die Nutzer direkt darauf aufmerksam werden. 56 Ausblick 5 Ausblick Das Internet, mit seiner Vielfalt und Dynamik, ist aus dem Alltag der Menschen nicht mehr wegzudenken. Derzeit vollzieht sich ein Wandel der Nutzung von Kommunikations- und Informationsmedien. Während sich beispielsweise aktuell nur noch ein verschwindend geringer Teil der Bevölkerung via Zeitung informiert, steigen die Internetzugriffe via Smartphone und die Nutzerzahlen vieler Social Media Kanäle kontinuierlich an. Social Media wird den Alltag der Kommunen und die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern sowie mit den Unternehmen in Zukunft immer stärker prägen und schließlich zur Normalität der Kommunikation und Interaktion werden. Möglicherweise wird Social Media auch neben anderen neuen Kommunikationskanälen eine Ablösung der heutigen E-Mail vorantreiben, die für eine schnelle Kommunikation mit Behörden zu statisch und für einen formalen rechtssicheren Austausch zu informell ist. Gleichfalls ist in Zukunft mehr denn je darauf zu achten, dass sich die digitale Kluft zwischen einzelnen Kommunikationskanälen nicht vergrößert. Vor allem auch die gesellschaftliche Schere zwischen „Onlinern“ und „Non-Linern“ darf durch öffentliches Handeln im Internet und die Weiterentwicklung digitaler Kommunikationskanäle nicht noch weiter geöffnet werden. Es sind daher auch in Zukunft zwingend verschiedene Zugangs- und Kommunikationskanäle zwischen den öffentlichen Akteuren und ihren Kunden erforderlich. Glossar 57 Glossar Diskussionsforen In sogenannten Diskussionsforen können sich Nutzer im Internet über Meinungen, Erfahrungen, Wissen und Informationen zu verschieden Themen austauschen. Zu den entsprechenden Themen werden Diskussionsbeiträge, sog. Postings, erstellt. Diese werden veröffentlicht und gegebenenfalls durch andere Nutzer kommentiert bzw. beantwortet. Die Kommunikation in Internetforen läuft asynchron, also zeitversetzt, ab. Je nach Themengebiet, können die Foren offen oder geschlossen, zeitlich begrenzt oder unbegrenzt gestaltet sein. Microblogs Microblogs sind, ähnlich wie Weblogs, eine Art Online-Tagebuch. Während bei Weblogs ein Beitrag beliebig lang sein kann, ist bei Microblogs die Länge eines Beitrages begrenzt.77 Der beliebteste Microblogging Dienst ist „Twitter“ (englisch für: Gezwitscher). Newsfeeds (RSS) Der Begriff „Feed“ bedeutet übersetzt „Einspeisung“ oder „Zufuhr“ und bezeichnet die Bündelung von Online Inhalten. Das meistgenutzte Verbreitungsformat ist „RSS“.78 Es steht für „Really Simple Syndication“, was so viel bedeutet wie „wirklich einfache Verteilung“. RSS kann neben Text Inhalten auch Audio- und Video-Inhalte (z.B. Podcasts) abbilden.79 Die Feeds können von Nutzern abonniert werden. OnlineFotoplattformen Online Fotoplattformen ermöglichen es Bilder und Videos auf eine Internetseite zu stellen und diese darüber mit anderen Nutzern zu teilen. OnlineVideoplattformen Bei Online Videoplattformen steht die Veröffentlichung von Videos im Vordergrund. Podcasts Podcasts sind Serien-Sendungen, die mit Radiosendungen verglichen werden können.80 Sie werden online angeboten und können von jedem Nutzer zu verschiedenen Themen erstellt werden.81 Es wird unterteilt in Audio- und Video-Podcasts. Audio-Podcasts beinhalten gesprochene Beiträge. Durch Video-Podcasts werden hingegen digitale Filme publiziert.82 77 Vgl. Zarrella und Heidl 2010, S. 39. Vgl. Heidecke 2008, S. 58. 79 Vgl. Heidecke 2008, S. 56. 80 Vgl. Röchert-Voigt und Berg 2010, S. 25. 81 Vgl. Alby 2008, S. 73. 82 Vgl. Hettler 2010, S. 1. 78 58 Glossar Soziale Netzwerke Soziale Netzwerke zielen darauf ab, den Aufbau und den Erhalt sozialer Kontakte im Internet zu vereinfachen und die Akteure bei der Kommunikation und Interaktion untereinander zu unterstützen.83 Ausgangspunkt ist immer die sogenannte Profilseite, die jeder Teilnehmer anlegt. Persönliche Daten wie Name, Alter, Institution etc. werden hier angegeben und anderen Nutzern zur Verfügung gestellt.84 Bei einigen Netzwerken besteht die Möglichkeit bestimmte Inhalte nicht öffentlich oder nur für eine bestimmte Gruppe, sichtbar zu machen.85 Nach dem „jeder kennt jeden über sechs Ecken“-Prinzip bekommen die Teilnehmer automatisch mitgeteilt, welche noch unbekannte Person sie über welchen bereits bestehenden Kontakt kennen könnten.86 Plattformen sozialer Netzwerke im Internet basieren entweder auf privat-freundschaftlicher oder auf geschäftlicher Interaktion. Weblogs Ein Weblog (auch kurz „Blog“ genannt) ist eine Art Tagebuch. Es wird online kreiert, ist von allen Nutzern einsehbar und kann gegebenenfalls kommentiert werden. Die aktuellsten Beiträge erscheinen dabei immer auf der Startseite.87 Durch die nutzerfreundliche Bedienung ist es jedem Nutzer möglich, kostenfrei Blogs zu erstellen. Den Inhalt, das Thema sowie den Stil gibt hierbei der jeweilige Autor vor. Die Nutzer eines Blogs können lediglich die Beiträge des Autors kommentieren.88 Wikis Der Begriff Wiki leitet sich von dem hawaiianischen Wort „wikiwiki“ ab und bedeutet übersetzt „schnell“.89 Mittels eines Wikis können Beiträge zu einer bereits bestehenden Internetseite hinzugefügt und bestehende Inhalte bearbeitet oder gelöscht werden ohne dabei über spezielle technische Kenntnisse verfügen zu müssen.90 Die Beiträge sind bei dieser Form von Social Media nicht allein auf nur einen Autor und dessen persönliche Themen, Meinungen und Erlebnisse beschränkt. Sie dienen der gemeinschaftlichen Bearbeitung und der Erweiterung von Wissen.91 83 Vgl. Hettler 2010, S. 54. Vgl. ebd. 85 Vgl. Hettler 2010, S. 57. 86 Vgl. Alby 2008, S. 102. 87 Vgl. Hettler 2010, S. 43. 88 Vgl. ebd. 89 Vgl. Renz 2007, S. 50. 90 Vgl. Ebersbach et al. 2011, 2011, S. 40. 91 Vgl. Ebersbach et al. 2011, 2011, S. 50–51. 84 Kurzprofil der Kooperationspartner 59 Kurzprofil der Kooperationspartner Hochschule Harz – Fachbereich Verwaltungswissenschaften Der Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz (FH) in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) bildet seit 1998 für den gehobenen, nicht-technischen Verwaltungsdienst aus. Hierfür werden seit 2008 vier akkreditierte Bachelor-Studiengänge und ein berufsbegleitender Masterstudiengang angeboten, mit derzeit über 1.030 Studierenden. Die Hochschule Harz beschäftigt sich darüber hinaus intensiv mit der angewandten und praktischen Forschung, z.B. seit 2005 fortwährend mit Forschungsprojekten zur Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung. Seit 2012 gehört zum Forschungsportfolio des Fachbereichs auch das bundesweit einmalige Labor für angewandte IT in der Wirtschaftsförderung, welches durch das KAT-Forschungskompetenzzentrum und zahlreichen Unternehmen und Verbänden gemeinsam getragen wird. Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) ist das von Städten, Gemeinden und Kreisen gemeinsam getragene Entwicklungszentrum des kommunalen Managements. Sie wurde 1949 in Köln gegründet. Gemeinsam mit ihren Mitgliedern und für ihre Mitglieder befasst sich die KGSt mit Führung, Steuerung und Organisation der Kommunalverwaltung. Sie wird finanziert aus den Beiträgen der Mitglieder und Erlösen für besondere Leistungen, zum Beispiel Seminare und Vergleichsringe. Das macht die KGSt unabhängig vom Staat und von politischen Organisationen. Über 1.770 Kommunalverwaltungen und Träger öffentlicher Aufgaben - darunter nahezu alle Städte über 25.000 Einwohner, einschließlich der drei Stadtstaaten, die meisten Landkreise und einige große österreichische Städte arbeiten in der KGSt zusammen, um mit ihr die eigene Leistungsfähigkeit zu verbessern und so zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung beizutragen. 60 Autoren Autoren André Göbel, Diplom-Verwaltungsinformatiker (FH), Studium der Verwaltungsinformatik und öffentliches Medienmanagement (2001 bis 2006). Nebenberuflicher IT-Planungsbeauftragter der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (2003 bis 2006). In den Jahren 2005 und 2006 in verschiedenen Gesellschaften der Bayer AG in Shanghai (VR China) tätig. 2006 Entwicklung der IT Strategie für die Bayer (China) Ltd. in einer Diplomarbeit, prämiert durch den Förderpreis der Hochschule Harz sowie den besten Diplomabschluss im Jahr 2007. Seither wissenschaftlicher Mitarbeiter, Mitglied im Vorstand von PubliCConsult (Institut für Verwaltungsmanagement). Promotionsstudent zum Thema „Verwaltung als Standortfaktor für Unternehmen“ an der Universität Osnabrück. Seit 2009 wissenschaftlicher Beauftragter für Kommunalstudien mit der KGSt und seit 2011 Leiter des Labors für angewandte IT in der Wirtschaftsförderung (WiföLAB) an der Hochschule Harz. Nadine Reichert, gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte (2001 bis 2004) und Bachelor of Arts (FH), Studium der Verwaltungsökonomie (2008 bis 2012). Bachelorarbeit zum Thema „Social Media Marketing in Wirtschaftsförderungen“. Parallel dazu seit 2011 Masterstudentin (Business Consulting) an der Hochschule Harz in Wernigerode. Seit März 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „OpitmUSE“ (optimierte Unternehmensförderung und Standortentwicklung) am Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz in Halberstadt. Literaturverzeichnis 61 Literaturverzeichnis Alby, Tom (2008): Web 2.0. Konzepte, Anwendungen, Technologien. 3. Aufl. München: Hanser. BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V (Hg.): Social Media in deutschen Unternehmen. Online verfügbar unter http://www. bitkom.org/files/documents/Social_Media_in_deutschen_Unternehmen.pdf. Bullerdiek, Thorsten; Schäffer, Michael (2012): Städte und Gemeinden in sozialen Netzwerken. Motivation, Nutzen und Kosten. Hg. v. Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund (Heft 70). Deutsches Institut für Marketing (2011): Social Media Marketing (SMM) in Unternehmen. Köln. Online verfügbar unter http://www.marketinginstitut.biz/media/studie_-_social_media_ marketing_in_unternehmen.pdf, zuletzt geprüft am 09.07.2012. Ebersbach, Anja; Glaser, Markus; Heigl, Richard (2011, 2011): Social Web. 2. Aufl. 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