18.01.2017BadischeZeitung PressespiegelEnsembleAventure 18. Januar 2017 Schwitzen bei den Terzen Freiburg: Ensemble Aventure mit "forward to the roots". Am Ende schnarchen drei Herren auf ihren Bühnenstühlen. Köpfe auf der Brust niedergesunken, jeder noch sein Instrument in der Hand. Ein kaum auflösbares Bild für ein komplexes Konzertthema: "forward to the roots". Ein Versuch der Aufdröselung: Das Ensemble Aventure nähert sich im Gewölbekeller der Freiburger Elisabeth-Schneider-Stiftung dem komplexen Beziehungsgeflecht aus Tradition und Fortschritt multiperspektivisch. Musikalisch, aber im Besonderen auch die künstlerischen Verbindungen des Ensembles betreffend: in die Ukraine, nach Israel, Luxemburg, Argentinien. Traditionssuche ist hier nicht nur ein Nachweisen von Altem im Neuen, sondern begreift auch das Wirken des Ensembles selbst ein: Was sind unsere musikalischen Wurzeln, was ist unser Antrieb? Dass dieses Nachspüren schweißtreibend sein kann, zeigt sich schon in Ludmila Yurinas "Geflimmer". In dieser Uraufführung verfolgen sich Wolfgang Rüdiger (Fagott), Alexander Ott (Oboe) und Walter Ifrim (Klarinette) in Repetitionen, flackernde Terzfloskeln bahnen sich ihren Weg nach vorn. So manche Schweißperle tropft da und versinnbildlicht den Drang, immer am Puls zu bleiben. Transformation allenthalben Ein weiterer Antrieb fürs Ensemble besteht im Dialog mit Komponisten. So ist Graciela Paraskevaídis "¿Y si fuerta cierto?" eine gemeinsame kaleidoskopische Klangsuche. Unerbittlich treiben die Bassschläge des Klaviers an (explosiv und doch facettenreich: Akiko Okabe), Altflöte (energisch: Martina Roth) und Englischhorn (formidabel: Alexander Ott) mäandern flirrend um das Fundament herum. Transformation allenthalben. So auch bei Ott, der mit der Oboe der Virtuosität in Volodymyr Runchaks "Homo ludens IX" glänzend nachspürt, indem er festgelegte Stationen im Raum mit neuen und alten Spielweisen füllt. Die innermusikalische Perspektive zum Thema Tradition und Fortschritt zeigt sich also auch. Besonders deutlich wird diese auch in Jeannot Heinens "In Sachen Mithras". In Episoden hört man etwa frühchristlich-folkloristisches Material, Tradition schimmert hier zwischen Nähe und Distanz oszillierend im teils martialischen Zusammenspiel von Violine (Dora Entcheva), Klarinette und Schlagwerk (Nicholas Reed) durch. Gilead Mishorys "Debka Fallastin" verweist auf eine spezifische Tradition: Die Flötistin zerfleddert das Debka-Thema aus einem palästinensischen Hirtentanz, angetrieben von Reeds exzellenten Darbuka-Soli, die vor filigraner Fingertechnik und energischen Einschlägen strotzen. Die Darbuka ist eine spezielle Trommel aus Nahost. Das Bild der Schlafenden zeigt die persönlichste aller Wurzeln des Ensembles: Vertrautheit untereinander. Wie ein metaphorisches Gespräch unter Freuden funktioniert Runchaks "My Sound Metaphors or For Three". Klarinette, Oboe und Fagott schnarren und brummen, bis ein Konsens entsteht, durch den alle Akteure fast kindlich naiv in gespielten Schlaf fallen. Erst der große Applaus hilft beim Aufwachen... Autor: Fabian Ober