1 Entwicklung und Sanierung des Wohnquartiers "Breul/Tibusstraße" Im Zeitraum von 1999 bis 2004 hat sich die Wohn+Stadtbau der Aufgabe gewidmet, das innerstädtische Quartier "Breul/Tibusstraße" mit sanierungsbedürftigen Gebäuden und Baulücken zu entwickeln. Hierbei galt es, die vorhandene Bausubstanz einzubeziehen und durch Erneuerung von Gebäuden eine städtebauliche Gesamtlösung zu entwickeln. Das Areal ist geprägt von heterogener Bebauung, es liegt zwischen der Innenstadt und der als Bodendenkmal eingestuften Promenade, die als grüner Gürtel mit vielfältigen Spielmöglichkeiten die gesamte Altstadt umfasst. Die Mischung von preisgünstigem Wohnraum bis zu hochwertigen Eigentumswohnanlagen bestimmt den Charakter des Umfeldes, das durch verschiedene soziale Einrichtungen (Evangelische Studentengemeinde Münster und verschiedene Kindergruppen) in direkter Nähe ergänzt wird. de ena m o r P Das Plangebiet besteht aus drei unterschiedlichen Grundstücken. Auf dem Grundstück Breul 32-38 befindet sich ein Gebäudekomplex aus dem Jahre 1887, welches ursprünglich als eines der ersten Arbeiterhäuser in Münster galt. Die hierin vorhandene Mieterstruktur war eine über Jahre gewachsene Bewohnerschaft, die sich in längeren Auseinandersetzungen mit dem vormaligen privaten Eigentümer für den Erhalt der Häuser erfolgreich eingesetzt hat. An dieses Grundstück angrenzend befanden sich ein unbebautes Grundstück und ein Gebäude mit 12 Mietern, welches aufgrund des baulichen Zustandes nicht mehr erhalten werden konnte. Gegenüber diesem Gebäudeensemble lag ein Grundstück mit einer Sporthalle und einem kleinen Sportplatz. Durch den Neubau einer Dreifachsporthalle in unmittelbarer Nähe wurde die vorhandene Sporthalle überflüssig und somit stand das direkt an der Promenade angrenzende Grundstück zur Bebauung frei. Die umfassende Altstadtsatzung der Stadt Münster sowie die Festsetzungen aus einem Bebauungsplan sind Grundlage für eine Bebauung, die sich in die Baustruktur entlang der ehemaligen Stadtbefestigung einfügt und das Bau- und Bodendenkmal "Promenade" respektiert. Das benachbarte Baudenkmal "Zum alten Pulverturm", das jenseits der Wegeverbindung zur Promenade liegt, muss in seiner Wirkung unbeeinträchtigt bleiben. 7-7a Tibus s traße 0c 30a-3 32, 33 , 34 35, 36 , 38 Breul Lageplan M 1:500 2 Entwicklung und Sanierung des Wohnquartiers "Breul/Tibusstraße" 1. Bauabschnitt Unter der politischen Zielsetzung, preisgünstigen Wohnraum in der Stadt Münster zu erhalten, wurden die Planungen zum Gebäudekomplex Breul 3238 durchgeführt. Ein Abriss und eine Neubebauung mit öffentlich geförderten Wohnungen wurden aufgrund der Qualitäten der vorhandenen Bebauung, der bestehenden sozialen Struktur der Bewohner und vor allem wegen der Grundstückssituation und seiner möglichen Bebaubarkeit nicht gewählt. Die Behandlung der vorhandenen Bausubstanz im Hinblick auf die bevorstehende Sanierung wurde mit der Zielsetzung vorgenommen, die bestehenden Wohnungen unter Beteiligung und Mitwirkung der vorhandenen Bewohner in einen Zustand zu versetzen, der kosten-minimiert einen WohnQualitätsstandard erreicht, der den heutigen Anforderungen des sozialen Wohnungsbaus möglichst nahe kommt. Der Erhalt und die Sanierung der Gebäude unter den vorgenannten Gesichtspunkten bietet den Bewohnern die Möglichkeit, ihr soziales Gefüge beizubehalten und weiter entwickeln zu können. Städtebaulich stellt sich die Anlage sowohl baulich wie von der Zusammensetzung ihrer Bewohnerschaft als außergewöhnlich dar. Der Erhalt fördert nachhaltig die Durchmischung des inneren Stadtgebietes in baulicher und sozialer Hinsicht und stellt damit einen Beitrag zu einer langfristig lebendigen Innenstadt dar. Geschaffen wurde letztendlich eine Wohneinheit, bestehend aus 21 Mietparteien mit insgesamt 45 Bewohnern, Erwachsenen und Kindern. Sämtliche Bewohner, die ursprünglich in den Häusern gewohnt haben, sind auch nach der mit erheblicher Eigenleistung durchgeführten Sanierung wieder in den Gebäudekomplex eingezogen und verwalten die Häuser in eigener Regie. 2. Bauabschnitt Eine etwas andere Ausgangssituation war bei dem Grundstück 30 a-c vorhanden. Das sich auf diesem Grundstück befindliche Gebäude war aufgrund von baulichen Mängeln nicht mehr zu sanieren. Hinzu kommt, dass sich im Kreuzungspunkt der Straßen Breul/Tibusstraße ein so genanntes Trümmergrundstück befand, welches aufgrund des besonders kleinen und schwierigen Grundstückszuschnittes nicht einzeln hätte bebaut werden können. Somit galt es, eine Lösung zu finden, die eine Verbindung mit der bereits sanierten Wohnanlage Breul 32-38 sowie den an der Tibusstraße angrenzenden Neubauten aus den siebziger Jahren aus städtebaulicher Sicht zu finden. Gewählt wurde eine Lösung aus einer Kombination aus sozial gefördertem Wohnungsbau und frei finanzierten Miet- und Gewerbeflächen. Insgesamt entstanden 10 neue Wohnungen, wobei 9 Wohnungen als Sozialwohnungen mit unterschiedlichen Wohnungsgrößen und 1 frei finanzierte Wohnung mit ca. 100 qm über zwei Geschossen geplant wurden. Im Erd- und Obergeschoss der Eckbebauung wurde eine Gewerbefläche geschaffen, die zur Versorgung der näheren Umgebung dient. Die ruhige und klar ausgebildete Architektursprache vermittelt städtebaulich gut zwischen den viergeschossigen Gebäuden aus den siebziger Jahren und dem 2,5-geschossigen Wohnkomplex Breul 32-38. Durch den Nutzungsmix innerhalb des Gebäudes Tibusstraße 30 a-c wird auch unter sozialen Gesichtspunkten ein in sich abgeschlossenes Ensemble geschaffen. Grundrisse, Ansicht M 1:200 3 Entwicklung und Sanierung des Wohnquartiers "Breul/Tibusstraße" 3. Bauabschnitt Als Ergänzung zur vorhandenen bzw. neu geschaffenen Struktur des Gebietes war es die Aufgabe, auf der Promenadenseite des Breuls einen Gebäudekomplex mit 17 Eigentumswohnungen zu errichten. Dabei soll durch die unterschiedlichen Größen der einzelnen Wohnungen eine möglichst breite Käuferschicht angesprochen werden, um so auch eine Mischung der Bewohnerschaft zu erreichen. Durch die behinderten- und altengerechte Ausgestaltung eines Großteils der Wohnungen soll gewährleistet werden, dass die Bewohner auch ihren Alterssitz oder Behinderte ihren dauernden Wohnsitz nahe der Innenstadt und an der attraktiven Promenade nehmen können. Zwölf der 17 Einheiten wurden von gerade solchen Menschen bezogen, die nach ihrem Erwerbsleben die Vorzüge des innenstadtnahen Wohnens in einem entsprechend heterogenen Umfeld zu schätzen wussten. Grundidee des Gebäudes war es, die vorhandenen Strukturen aufzunehmen und zu stärken. Bei der Entwicklung der Architektur war die besondere Lage zwischen Promenade und Altstadt zu berücksichtigen. Charakteristisch für die Promenadenbebauung ist insbesondere der Wechsel zwischen geschlossener Bebauung und einzelnen Fugen, die den Durchblick zur Promenade freigeben. Somit entstand ein zweigeteilter, in sich verschränkter Baukörper, unterteilt in ein großes Haus, welches die Proportionen der westlich anschließenden Häuser aufnimmt, sowie ein Gebäude mit deutlich geringerer Dominanz, welches sich neben das denkmalgeschützte Gebäude des Pulverturms als "kleines Haus" stellt. Die äußere Gestalt leitet sich aus den bestehenden Strukturen her und schafft gleichzeitig einen spannenden, halböffentlichen (Außen-) Raum. Der Platz zwischen den beiden Haushälften öffnet sich zur Promenade und erhält somit Aufenthaltsqualität. Fast beiläufig entsteht ein Kommunikationsraum mit städtischer Qualität. Zugleich wird über die Fuge eine Blickbeziehung zum Grün der Promenade ermöglicht, die auf die herausragende Lage der Wohnbebauung an diesem Grünraum hinweist. Der zentrale gemeinsame Erschließungsbereich lässt die Gebäude funktional zusammen wachsen und verleiht der Bebauung Identität. Die kompakten Gebäudekörper sind in einer einfachen Sprache mit traditionellen Baumaterialien proportioniert und gestaltet. Die Grundrisse der Wohnungen sind mehrheitlich so gewählt, dass ein Durchwohnen und somit ein Erleben des städtischen Innenraums sowie des Grünraums Promenade möglich ist. Geschaffen werden insgesamt 17 Wohneinheiten mit Wohnungsgrößen zwischen 60 und 140 qm. Die notwendigen Stellplätze für Autos und Fahrräder werden in zwei Untergeschossen nachgewiesen. Durch die umfangreichen Baumaßnahmen, die im August 2004 abgeschlossen werden konnten, schaffte die Wohn+Stadtbau ein Ensemble, welches sich harmonisch in die vorhandene Struktur einbindet. Insbesondere das Zusammenspiel der unterschiedlichen sozialen Strukturen sowie das Zusammenspiel der alten und neuen Gebäude schafft einen städtebaulichen Raum mit überdurchschnittlicher Qualität. Vorhandene Strukturen sind erfolgreich aufgenommen und nachhaltig gestärkt worden. Somit ist an historischer Stelle innerhalb des Stadtzentrums von Münster ein Stadtraum entstanden, der bei der Münsteraner Bevölkerung eine hohe Akzeptanz genießt. Grundrisse M 1:200