19.06.2016 Verfahrensvorteile verbinden: innovative Kombinationen deliberativer, direkter und parlamentarischer l t i h D Demokratie k ti Vortrag auf der Fortbildung „Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur: Bürgerbeteiligung – ein Weg zu mehr oder weniger direkter Demokratie?“ Deutsches Institut für Urbanistik difu 16.06.2016 - Potsdam Dr. Birgit Böhm Dr nexus Institut für Kooperationsmanagement und interdisziplinäre Forschung, Berlin Technische Universität Berlin, Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre Inhalt 1. Herausforderungen demokratischer Verfahrenstypen 2. Notwendigkeit innovativer Kombinationen: Zwei Beispiele Schulreform, Hamburg Tempelhofer Feld, Berlin 3. Innovative Kombinationen: Verfahrensvorteile verbinden Hinweise: Ein Literaturverzeichnis findet sich am Ende der Präsentation. Aus Gründen besserer Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet, alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 2 1 19.06.2016 1. Herausforderungen demokratischer Verfahrenstypen Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 3 Drei demokratische Verfahrenstypen Parlamentarische Demokratie • Parteien in Parlamente wählen • formell, gesetzlich geregelt • alle 4 bis 5 Jahre • Ergebnis verbindlich Direkte Demokratie • über Vorschlag und Gegenvorschlag abstimmen • sich informieren, diskutieren, beraten, Empfehlungen abgeben • formell, gesetzlich geregelt • informell, gesetzlich nicht geregelt • Initiative von Bürgern oder Politik • meist Angebot von Politik und Verwaltung • Unterschiedliche Quoren • auch kurzfristig und häufig möglich • Ergebnis verbindlich Wahlen Deliberative Demokratie Bürgerentscheid und Volksentscheid • Ergebnis unverbindlich Verschiedene Formate Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 4 2 19.06.2016 Drei demokratische Verfahrenstypen: Vorteile Parlamentarische Demokratie • Legitimation, Verbindlichkeit, Planungssicherheit • größerer Einfluss von Mehrheiten • Schutz vor extremen Minderheitspositionen • Kompromissbildung durch Koalition möglich • Kritik und Alternativen durch Opposition Direkte Demokratie • Verbindliche Beteiligung zwischen Wahlen • direkter Einfluss Deliberative Demokratie • Information • Meinungsbildung durch intensiven Diskurs • hohes Aktivierungspotenzial durch konkrete Themen • Diskussionskultur • große Reichweite • Kompromissfindung • Schutz vor Missbrauch des Verfahrens durch Quoren und Negativkatalog • qualifizierte und quantifizierte Empfehlungen • Reflexion von Positionen und Interessen • zielgruppenspezifisch Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 5 Parlamentarische Demokratie: Herausforderungen Niedrige Wahlbeteiligung Beispiel: Statistisches Landesamt SachsenAnhalt 2016: Wahlbeteiligung ging zurück, stieg aber aktuell wieder Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 6 3 19.06.2016 Parlamentarische Demokratie: Herausforderungen Rückgang von Parteimitgliedschaften Niedermeyer 2015: Anteil Bevölkerung in Parteien: 1993: 3,0 % 2013: 1,8 % Mützenich 2013: unter gewählten Abgeordneten kaum Bürger aus armen Bevölkerungsgruppen Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 7 Parlamentarische Demokratie: Herausforderungen Vertrauensverlust TNS Infratest 2015: 70 % der Befragten vertrauen den politischen Parteien „eher nicht“. Nanz, Kamlage 2014: „Krise der repräsentativen Demokratie“ Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 8 4 19.06.2016 Direkte Demokratie: Herausforderungen Unterschiedliche Quoren Beispiele Zustimmungsquorum Bürgerentscheid: S Saarland: l d 30 % Berlin (Bezirke): 10 % Hamburg (Bezirke): kein Quorum Quelle Daten: Mehr Demokratie 2016; Abb.: pixabay, people-309093_1280.png Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 9 Direkte Demokratie: Herausforderungen Wenig Zeit/Motivation für Wissensaneignung und Meinungsbildung Politische Meinungsbildung braucht Zeit! Zeitbedarf demokratischer Entscheidungsprozesse: „Nötig sind Zeit für Einbeziehung, Zeit fürs Argumentieren, Zuhören und Abwägen, also für Diskurs, Zeit für Ruhe und Gelassenheit.“ (Mückenberger 2014, S. 6) Abb.: pixabay, personal-1264693_1920.jpg Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 10 5 19.06.2016 Direkte Demokratie: Herausforderungen Polarisierte Positionen/Informationen und Kompromissblockade Zuspitzung auf zwei polarisierte Forderungen behindert sachorientierte Suche nach Kompromissen oder neuen Lösungen. „Unterschiedliche Deutungen der Akteure erschweren es … sich eine klare Meinung zu bilden“, nicht aktive Betroffene „delegieren Engagement und Verantwortung an bereits existierende zivilgesellschaftliche Akteure“. (Hielscher et al. 2014,, S. 2)) Abb.: pixabay, directory-106815_1280.jpg Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 11 Deliberative Demokratie: Herausforderungen Partizipationsparadox und langfristige Planungsprozesse Aufmerksamkeit, Betroffenheit und Interesse an einer Planung treten oft erst verspätet ein, wenn Möglichkeiten zur Einflussnahme nur noch gering sind. Abb.: Reinart 2009, S. 38, nach Stadt Mannheim 2009, S. 20 Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 12 6 19.06.2016 Deliberative Demokratie: Herausforderungen Unübersichtlichkeit und mangelnde Standardisierung der Verfahren Beispiele deliberativer Methoden: Bürgerpanel Planungszelle/Bürgergutachten Planning for Real World Café Open Space Bürgerdialog Bürgerforum Bürgerausstellung Charette Zukunftswerkstatt Bürgerversammlung Konsensuskonferenz Online-Bürgerbeteiligung gesetzlich nicht geschützte Verfahren unterschiedliche Verfahren mit gleichen Bezeichnungen gleiche Verfahren mit unterschiedlichen Bezeichnungen geringe Standardisierung Mangel an Evaluationen Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 13 Deliberative Demokratie: Herausforderungen „Alibiverdacht“ durch Unverbindlichkeit der Ergebnisumsetzung Befürchtungen der Beteiligten bei deliberativen Verfahren: Beteiligungsergebnisse landen in der Schublade, werden nicht weiter berücksichtigt Beteiligung nur „Scheinbeteiligung“ und „Akzeptanzbeschaffungsmaßnahme“, Entscheidungen stehen schon vor der Beteiligung fest und sollen nur „abgenickt“ werden Politik und Verwaltung führen Beteiligung durch, weil sie heute erwartet wird,, ohne Expertise p der Bürger wertzuschätzen und Ergebnisse aufzugreifen; Angst der Politik vor „falschen“ oder „fehlerhaften“ Entscheidungen der Bürger Abb.: pixabay, cabinet-41038_1280.png Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 14 7 19.06.2016 Ungleichheit als Herausforderung aller Verfahrenstypen „Gespaltene“ Demokratie „Gucci“Demokratie „Akademische“ Demokratie Wahlbeteiligung, Abstimmungsbeteiligung und Beteiligung an deliberativen Präsenz- und Online-Verfahren sind bei sozial Benachteiligten geringer. Bildungsferne und Einkommensschwache, für die es am wichtigsten wäre, dass ihre Interessen vertreten werden werden, beteiligen sich am wenigsten. Lit.: Bertelsmann Stiftung 2013; Möckli, 1994; Abb.: pixabay, people-850097_1920.jpg Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 15 Ungleichheit als Herausforderung aller Verfahrenstypen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) 2016: Amtliche Sozialberichterstattung zeigt gleichbleibend hohe Armutsquote bei Kindern Quelle und Graphik: WSI 2016, http://www.boeckler.de/wsi_50643.htm; Abb. Kinder: pixabay, stairs-1284511_1280.jpg Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 16 8 19.06.2016 Zwischenfazit: Jeder der drei demokratischen Verfahrenstypen kann allein nicht das leisten, was notwendig erscheint: frühzeitige, aufsuchende und aktivierende Beteiligung informationsbasierte Diskussion und Meinungsbildung breite Abstimmung mit verbindlicher Ergebnisumsetzung Orientierung an Gemeinwohl und Solidarität mehr Beteiligung sozial benachteiligter Gruppen insgesamt mehr Beteiligung, die sich, trotz Zurückhaltung bei P t i it li d h ft und Parteimitgliedschaften dW Wahlen, hl di die Bü Bürger wünschen ü h (F (Forsa 2015) politische und sozial-alltagsweltliche Beteiligungskultur Abb.: pixabay, people-309093_1280.png Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 17 2. Notwendigkeit innovativer Kombinationen: zwei Beispiele Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 18 9 19.06.2016 Schulreform, Hamburg Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 19 Beispiel Schulreform Hamburg April 2008: schwarz-grüner Koalitionsvertrag sieht Schulreform mit Zusammenlegung Haupt- und Realschulen zu Stadtteilschulen, Einführung sechsjähriger Primarschule (statt vierjähriger Grundschule) und Abschaffung Elternwahlrecht vor Mai 2008: Volksinitiative „Wir wollen lernen“ lernen kritisiert vorgesehene Schulreform und beginnt Kampagne 07. Oktober 2009: Bürgerschaft beschließt Schulreform November 2009: Volksbegehren „Wir wollen lernen!“ erfolgreich 18. Juli 2010 Volksentscheid: Initiative für Erhalt der vierjährigen Grundschule mit 58 % Ja- und 45,5 % Nein-Stimmen erfolgreich. Wahlbeteiligung 39,3%. Abb.: Fotolia_63410419_XS.jpg JiSign Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 20 10 19.06.2016 Beispiel Schulreform Hamburg Abstimmungsbeteiligung in % nach Wohnort Ausschnitt aus Graphik Statistikamt Nord Nord, http://www.statistikhtt // t ti tik nord.de/fileadmin/maps/referendum_hh_2010/atl as.html Blankenese 58,8 % Billbrook 12,5 % Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 21 Beispiel Schulreform Hamburg Arbeitslosenanteil in % (Juni 2009) Ausschnitt aus Graphik Statistikamt Nord, http://www.statistiknord.de/fileadmin/maps/referendum_hh_2010/a tlas.html Beachte: Briefabstimmungsquote 86,9 %, Korrelation zwischen Abstimmungsbeteiligung und Arbeitslosenanteil durch Auszählung der Abstimmungsbriefe in Bezirksämtern (nicht Stadtteilen) umstritten (Jung 2010b, S. 3). Blankenese 1,9 % Billbrook 15,6 % Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 22 11 19.06.2016 Zwischenfazit: Beispiel Schulreform Hamburg parlamentarisches Verfahren ohne ausreichende deliberative Beteiligung (vgl. Jung 2010a, 2010b) „Arroganz der Mächtigen“: späte Informationskampagne Verhinderungsdruck, keine Kompromissbildung möglich „Protestmythos“: Initiative erscheint als Retter vor falscher Entscheidung der gewählten Vertreter Volksentscheid ohne ausreichend umfassende und ausgewogene Information kein Spielraum für Kompromissbildung deliberativer und direktdemokratischer Verfahrenstyp nicht ausreichend verbunden Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 23 Tempelhofer Feld, Berlin Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 24 12 19.06.2016 Beispiel Tempelhofer Feld Berlin 1923 Eröffnung Flughafen Tempelhof, 1948/49 wichtige Rolle für „Luftbrücke“ bei Blockade Berlins, 1950er wieder zivile Nutzung 1975 - 1980er: Temporäre Schließung (Eröffnung Flughafen Tegel) 1996: Entscheidung Bau Flughafen BER und Schließung Tempelhof 2007: Volksentscheid zum Erhalt Flughafen scheitert am Quorum Ab 2007: Verschiedene Beteiligungsformate zur Entwicklung des Masterplans, Online-Dialog „Was braucht Berlin an diesem Ort?“ 2008: Schließung Flughafen 2010: Öffnung Tempelhofer Feld, Zwischennutzung Pionierprojekte, Besuchermonitorings; Auswahl von 6 aus 78 Wettbewerbsentwürfen 2011 IInitiative 2011: iti ti „100% 100% T Tempelhofer lh f F Feld“ ld“ ((ab b 2012 e.V.) V) Abb.: Fotolia_63408344_XS.jpg, JiSign Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 25 Beispiel Tempelhofer Feld Berlin Freizeit auf dem Tempelhofer Feld Quelle: Tempelhof Projekt GmbH, www thf berlin de www.thf-berlin.de http://www.thfberlin.de/presse/dow nload-bildmaterialparknutzung/ Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 26 13 19.06.2016 Beispiel Tempelhofer Feld Berlin Masterplan 2013, Randbebauung Quelle: Tempelhof Projekt GmbH, www.thf berlin.de www.thf-berlin.de http://www.thfberlin.de/presse/dow nload-masterplan/ Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 27 Beispiel Tempelhofer Feld Berlin Deliberative Beteiligung 2007 - 2012 Online-Dialog Workshops Sammlung und Diskussion von Ideen Bürgerforen Ideen, 2007 Parkbesuche, Untersuchungen, Pläne entwerfen 2008 2009 Information Bürgergespräche Präsentation der Wettbewerbsergebnisse 2010 2011 Bürgerbefragung Dialogwochenenden Befragungen, Interviews Dialog zwischen Bürgern und Planern Ergebnisse der Bürgerbeteiligung gehen in die Formulierung der Ausschreibung des Wettbewerbs ein 1. Phase Wettbewerb 2. Phase Wettbewerb Präsentation Masterplan, Arbeitsgruppen 2012 Vorentwurf Entwurf Abb.: nexus Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 28 14 19.06.2016 Beispiel Tempelhofer Feld Berlin 25.04.2014 Volksentscheid: Tempelhofer Feld Gesetz schließt Bebauung aus Ab Sommer 2014: Beteiligung zu Entwicklungs- und Pflegeplan 2015: Unterbringung Flüchtlinge im Flughafengebäude 2016: Beschluss befristeter Anlagen zur weiteren Unterbringung Flüchtlinge Übergabe Entwicklungs- und Pflegeplan Initiative „Volksentscheid retten“ will Gesetzesänderungen verhindern Quelle Graphik: https://www.wahlenberlin.de/abstimmungen/VE2014_TFeld/ErgebnisUe berblick.asp?sel1=6053&sel2=0797 Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 29 Zwischenfazit: Beispiel Tempelhofer Feld Berlin Beteiligung an Auswahl Wettbewerbsentwurf nicht ausreichend aufsuchend und inkludierend Beteiligung nach Masterplan mit wenig Spielraum „Robin-Hood-Mythos“ der Initiative: steht symbolisch als Retter für Mehrheit der Bevölkerung Bevölkerung, Partikularinteressen nicht transparent transparent, „Arroganz der Mächtigen“: schwache Senats-Informationskampagne nach Volksbegehren keine ausreichende Information und Deliberation „Proteststimmung“ (z.B. wegen Flughafen BER) und Misstrauen gegenüber Ankündigung günstiger Mieten von Seiten des Senats (Hielscher et al. 2014, S. 6) beeinflussen Abstimmungsverhalten deliberativer und direktdemokratischer Verfahrenstyp nicht ausreichend verbunden Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 30 15 19.06.2016 3. Innovative Kombinationen: Verfahrensvorteile verbinden Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 31 Gegenüberstellung: Demokratiematrix Parlamentarische Demokratie Direkte Demokratie Deliberative Demokratie Einfluss auf Entscheidung mittel hoch niedrig Deliberative Qualität mittel niedrig hoch Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 32 16 19.06.2016 Innovation „hybride Partizipation“ Deliberative Demokratie VORTEILE • Meinungs- und Wissensaustausch im Zentrum • Offenlegen verschiedener Perspektiven und Interessen Innovation: Institutionalisierte Kombination deliberativer und direktdemokratischer Verfahrenstypen Direkte Demokratie VORTEILE • hohe Verbindlichkeit der Ergebnisse HYBRIDE PARTIZIPATION • großes Potenzial zur Aktivierung • hohes Engagement • große Reichweite • Intensiver Diskurs • Zufallsauswahl Begriff „hybride Partizipation“ nach Kersting 2013 Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 33 Kombination 1: Bürgerrat und Bürgerentscheid Bürgerrat Zufallsstichprobe 15-20 Bürger bringen g wichtige g Themen selbst ein und/oder geben Empfehlungen zu konfliktären Themen, bei denen es zu einem Bürgerentscheid kommen könnte Moderation mit Dynamic Facilitation kontinuierlich wechselnde Zusammensetzung ggfs. Bürgerentscheid vgl. Büro für Zukunftsfragen 2010 und 2014; Leggewie, Nanz 2016; Abb.: partizipation.at, BMLFUW, http://www.partizipation.at/buergerinnenrat.html und http://www.allmersbach.de/index.php?id=177 Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 34 17 19.06.2016 Kombination 2: Bürgerjury und Bürgerentscheid Bürgerjury im städtebaulichen Planungsprozess wird im Rahmen der gesetzlichen frühzeitigen Beteiligung auch aufsuchend und inklusiv beteiligt der Wettbewerbsjury wird eine Bürgerjury an die Seite gestellt gestellt, die per Zufallsauswahl aus Betroffenen und Allgemeinheit zusammengestellt ist ggfs. Bürgerentscheid Begriff „Bürgerjury“ in Abgrenzung zu Bürgerjury bei Bürgerhaushalten, die über Anträge zum Kiezfonds berät und für Mittelverteilung verantwortlich ist, z.B. Bürgerhaushalt Lichtenberg (https://www.buergerhaushalt-lichtenberg.de/termine); Abb.: nexus Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 35 Kombination 2: Bürgergutachten und Bürgerentscheid Bürgergutachten nach erfolgreichem Bürgerbegehren per Zufall ausgewählte Bürger erarbeiten in Planungszellen Empfehlungen zu Informationen, die der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden und/oder für Kompromisse und neue Lösungen standardisiertes Verfahren Bürgerentscheid s.a. Böhm 2015a und 2015 b; Abb.: nexus Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 36 18 19.06.2016 Fazit Qualitätsstandards und Leitlinien für Bürgerbeteiligung sind gut, aber es braucht innovative Kombinationen direktdemokratischer und verbindlicher deliberativer Verfahren für mehr frühzeitige, aufsuchende, inkludierende Beteiligung, informationsbasierte Diskussion und Meinungsbildung, Kompromisse und neue Lösungen im Sinne des g , Allgemeinwohls, und breite Abstimmung mit verbindlicher Ergebnisumsetzung. Beteiligungskultur = mehr, bessere und verbindlichere Bürgerbeteiligung! Abb.: Fotolia_101516368_S.jpg whitehoune Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 37 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 38 19 19.06.2016 Literatur Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2013). Prekäre Wahlen. Milieus und soziale Selektivität der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013. Schäfer, A.; Vehrkamp, R.; Gagné, J.F. http://www.wahlbeteiligung2013.de/fileadmin/Inhalte/Studien/Wahlbeteiligung‐2013‐Studie.pdf. [25.05.2016] Böhm, B. (2015a): Die Kombination ist entscheidend: Wie man die Vorteile deliberativer und direktdemokratischer Partizipationsverfahren nutzen kann. Neue Gesellschaft Frankfurter Hefte, 10/2015, S. 24 ‐ 26, J. H. W. Dietz. http://www.frankfurter‐hefte.de/upload/Archiv/2015/Heft_10/PDF/2015‐10_boehm.pdf. [02.06.2016]. Böhm, B. (2015b): Mehr Mut zur Bürgerbeteiligung durch innovative Verfahrenskombinationen. 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