Verfahrensvorteile verbinden: innovative Kombinationen

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19.06.2016
Verfahrensvorteile verbinden:
innovative Kombinationen deliberativer, direkter und
parlamentarischer
l
t i h D
Demokratie
k ti
Vortrag auf der Fortbildung „Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur:
Bürgerbeteiligung – ein Weg zu mehr oder weniger direkter Demokratie?“
Deutsches Institut für Urbanistik difu
16.06.2016 - Potsdam
Dr. Birgit Böhm
Dr
nexus Institut für Kooperationsmanagement und interdisziplinäre Forschung, Berlin
Technische Universität Berlin, Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre
Inhalt
1. Herausforderungen demokratischer Verfahrenstypen
2. Notwendigkeit innovativer Kombinationen: Zwei Beispiele
ƒ
Schulreform, Hamburg
ƒ
Tempelhofer Feld, Berlin
3. Innovative Kombinationen: Verfahrensvorteile verbinden
Hinweise:
ƒ
Ein Literaturverzeichnis findet sich am Ende der Präsentation.
ƒ
Aus Gründen besserer Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher
Sprachformen verzichtet, alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 2
1
19.06.2016
1. Herausforderungen demokratischer Verfahrenstypen
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 3
Drei demokratische Verfahrenstypen
Parlamentarische
Demokratie
• Parteien in Parlamente
wählen
• formell, gesetzlich
geregelt
• alle 4 bis 5 Jahre
• Ergebnis verbindlich
Direkte
Demokratie
• über Vorschlag und
Gegenvorschlag
abstimmen
• sich informieren,
diskutieren, beraten,
Empfehlungen abgeben
• formell, gesetzlich
geregelt
• informell, gesetzlich nicht
geregelt
• Initiative von Bürgern
oder Politik
• meist Angebot von Politik
und Verwaltung
• Unterschiedliche Quoren
• auch kurzfristig und
häufig möglich
• Ergebnis verbindlich
Wahlen
Deliberative
Demokratie
Bürgerentscheid und
Volksentscheid
• Ergebnis unverbindlich
Verschiedene Formate
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 4
2
19.06.2016
Drei demokratische Verfahrenstypen: Vorteile
Parlamentarische
Demokratie
• Legitimation,
Verbindlichkeit,
Planungssicherheit
• größerer Einfluss von
Mehrheiten
• Schutz vor extremen
Minderheitspositionen
• Kompromissbildung
durch Koalition möglich
• Kritik und Alternativen
durch Opposition
Direkte
Demokratie
• Verbindliche Beteiligung
zwischen Wahlen
• direkter Einfluss
Deliberative
Demokratie
• Information
• Meinungsbildung durch
intensiven Diskurs
• hohes
Aktivierungspotenzial
durch konkrete Themen
• Diskussionskultur
• große Reichweite
• Kompromissfindung
• Schutz vor Missbrauch
des Verfahrens durch
Quoren und
Negativkatalog
• qualifizierte und
quantifizierte
Empfehlungen
• Reflexion von Positionen
und Interessen
• zielgruppenspezifisch
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 5
Parlamentarische Demokratie: Herausforderungen
Niedrige Wahlbeteiligung
Beispiel:
Statistisches
Landesamt
SachsenAnhalt
2016:
Wahlbeteiligung
ging zurück,
stieg aber
aktuell
wieder
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3
19.06.2016
Parlamentarische Demokratie: Herausforderungen
Rückgang von Parteimitgliedschaften
Niedermeyer
2015: Anteil
Bevölkerung
in Parteien:
1993: 3,0 %
2013: 1,8 %
Mützenich
2013: unter
gewählten
Abgeordneten
kaum Bürger
aus armen
Bevölkerungsgruppen
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 7
Parlamentarische Demokratie: Herausforderungen
Vertrauensverlust
TNS Infratest 2015:
70 % der Befragten
vertrauen den
politischen Parteien
„eher nicht“.
Nanz, Kamlage
2014: „Krise der
repräsentativen
Demokratie“
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 8
4
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Direkte Demokratie: Herausforderungen
Unterschiedliche Quoren
Beispiele Zustimmungsquorum Bürgerentscheid:
S
Saarland:
l d
30 %
Berlin (Bezirke):
10 %
Hamburg (Bezirke):
kein Quorum
Quelle Daten: Mehr Demokratie 2016; Abb.: pixabay, people-309093_1280.png
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 9
Direkte Demokratie: Herausforderungen
Wenig Zeit/Motivation für Wissensaneignung und Meinungsbildung
Politische Meinungsbildung
braucht Zeit!
Zeitbedarf demokratischer
Entscheidungsprozesse:
„Nötig sind Zeit für Einbeziehung,
Zeit fürs Argumentieren, Zuhören
und Abwägen, also für Diskurs,
Zeit für Ruhe und Gelassenheit.“
(Mückenberger 2014, S. 6)
Abb.: pixabay, personal-1264693_1920.jpg
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 10
5
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Direkte Demokratie: Herausforderungen
Polarisierte Positionen/Informationen und Kompromissblockade
Zuspitzung auf zwei polarisierte
Forderungen behindert sachorientierte
Suche nach Kompromissen oder neuen
Lösungen.
„Unterschiedliche Deutungen der
Akteure erschweren es … sich eine klare
Meinung zu bilden“, nicht aktive
Betroffene „delegieren Engagement und
Verantwortung an bereits existierende
zivilgesellschaftliche Akteure“. (Hielscher
et al. 2014,, S. 2))
Abb.: pixabay, directory-106815_1280.jpg
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 11
Deliberative Demokratie: Herausforderungen
Partizipationsparadox und langfristige Planungsprozesse
Aufmerksamkeit,
Betroffenheit und
Interesse an einer
Planung treten oft
erst verspätet ein,
wenn Möglichkeiten
zur Einflussnahme
nur noch gering
sind.
Abb.: Reinart 2009, S. 38, nach Stadt Mannheim 2009, S. 20
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 12
6
19.06.2016
Deliberative Demokratie: Herausforderungen
Unübersichtlichkeit und mangelnde Standardisierung der Verfahren
Beispiele deliberativer Methoden:
ƒ
Bürgerpanel
ƒ
Planungszelle/Bürgergutachten
ƒ
Planning for Real
ƒ
World Café
ƒ
Open Space
ƒ
Bürgerdialog
ƒ
Bürgerforum
ƒ
Bürgerausstellung
ƒ
Charette
ƒ
Zukunftswerkstatt
ƒ
Bürgerversammlung
ƒ
Konsensuskonferenz
ƒ
Online-Bürgerbeteiligung
ƒ
gesetzlich nicht geschützte
Verfahren
ƒ
unterschiedliche Verfahren
mit gleichen Bezeichnungen
ƒ
gleiche Verfahren mit
unterschiedlichen
Bezeichnungen
ƒ
geringe Standardisierung
ƒ
Mangel an Evaluationen
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 13
Deliberative Demokratie: Herausforderungen
„Alibiverdacht“ durch Unverbindlichkeit der Ergebnisumsetzung
Befürchtungen der Beteiligten bei deliberativen
Verfahren:
ƒ
Beteiligungsergebnisse landen in der Schublade,
werden nicht weiter berücksichtigt
ƒ
Beteiligung nur „Scheinbeteiligung“ und
„Akzeptanzbeschaffungsmaßnahme“,
Entscheidungen stehen schon vor der Beteiligung
fest und sollen nur „abgenickt“ werden
ƒ
Politik und Verwaltung führen Beteiligung durch,
weil sie heute erwartet wird,, ohne Expertise
p
der
Bürger wertzuschätzen und Ergebnisse
aufzugreifen; Angst der Politik vor „falschen“ oder
„fehlerhaften“ Entscheidungen der Bürger
Abb.: pixabay, cabinet-41038_1280.png
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 14
7
19.06.2016
Ungleichheit als Herausforderung aller Verfahrenstypen
„Gespaltene“
Demokratie
„Gucci“Demokratie
„Akademische“
Demokratie
Wahlbeteiligung,
Abstimmungsbeteiligung und
Beteiligung an deliberativen
Präsenz- und Online-Verfahren sind
bei sozial Benachteiligten geringer.
Bildungsferne und
Einkommensschwache, für die es am
wichtigsten wäre, dass ihre
Interessen vertreten werden
werden,
beteiligen sich am wenigsten.
Lit.: Bertelsmann Stiftung 2013; Möckli, 1994; Abb.: pixabay, people-850097_1920.jpg
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 15
Ungleichheit als Herausforderung aller Verfahrenstypen
Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftliches Institut
(WSI) 2016: Amtliche
Sozialberichterstattung
zeigt gleichbleibend
hohe Armutsquote bei
Kindern
Quelle und Graphik: WSI 2016, http://www.boeckler.de/wsi_50643.htm; Abb. Kinder: pixabay, stairs-1284511_1280.jpg
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 16
8
19.06.2016
Zwischenfazit:
Jeder der drei demokratischen Verfahrenstypen kann allein nicht das
leisten, was notwendig erscheint:
ƒ
frühzeitige, aufsuchende und aktivierende Beteiligung
ƒ
informationsbasierte Diskussion und
Meinungsbildung
ƒ
breite Abstimmung mit verbindlicher
Ergebnisumsetzung
ƒ
Orientierung an Gemeinwohl und Solidarität
ƒ
mehr Beteiligung sozial benachteiligter Gruppen
ƒ
insgesamt mehr Beteiligung, die sich, trotz Zurückhaltung bei
P t i it li d h ft und
Parteimitgliedschaften
dW
Wahlen,
hl
di
die Bü
Bürger wünschen
ü h (F
(Forsa 2015)
ƒ
politische und sozial-alltagsweltliche Beteiligungskultur
Abb.: pixabay, people-309093_1280.png
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 17
2. Notwendigkeit innovativer Kombinationen: zwei Beispiele
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 18
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ƒ
Schulreform, Hamburg
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 19
Beispiel Schulreform Hamburg
ƒ
April 2008: schwarz-grüner Koalitionsvertrag sieht Schulreform mit
Zusammenlegung Haupt- und Realschulen zu Stadtteilschulen,
Einführung sechsjähriger Primarschule (statt vierjähriger
Grundschule) und Abschaffung Elternwahlrecht vor
ƒ
Mai 2008: Volksinitiative „Wir wollen lernen“
lernen kritisiert vorgesehene
Schulreform und beginnt Kampagne
ƒ
07. Oktober 2009: Bürgerschaft beschließt Schulreform
ƒ
November 2009: Volksbegehren „Wir wollen lernen!“ erfolgreich
ƒ
18. Juli 2010 Volksentscheid: Initiative für Erhalt der vierjährigen
Grundschule mit 58 % Ja- und 45,5 % Nein-Stimmen erfolgreich.
Wahlbeteiligung 39,3%.
Abb.: Fotolia_63410419_XS.jpg JiSign
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 20
10
19.06.2016
Beispiel Schulreform Hamburg
Abstimmungsbeteiligung in %
nach Wohnort
Ausschnitt aus Graphik
Statistikamt Nord
Nord, http://www.statistikhtt //
t ti tik
nord.de/fileadmin/maps/referendum_hh_2010/atl
as.html
Blankenese
58,8 %
Billbrook
12,5 %
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 21
Beispiel Schulreform Hamburg
Arbeitslosenanteil in %
(Juni 2009)
Ausschnitt aus Graphik
Statistikamt Nord, http://www.statistiknord.de/fileadmin/maps/referendum_hh_2010/a
tlas.html
Beachte: Briefabstimmungsquote 86,9 %,
Korrelation zwischen Abstimmungsbeteiligung
und Arbeitslosenanteil durch Auszählung der
Abstimmungsbriefe in Bezirksämtern (nicht
Stadtteilen) umstritten (Jung 2010b, S. 3).
Blankenese
1,9 %
Billbrook
15,6 %
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 22
11
19.06.2016
Zwischenfazit: Beispiel Schulreform Hamburg
ƒ
parlamentarisches Verfahren ohne ausreichende deliberative
Beteiligung (vgl. Jung 2010a, 2010b)
ƒ
„Arroganz der Mächtigen“: späte Informationskampagne
ƒ
Verhinderungsdruck, keine Kompromissbildung möglich
ƒ
„Protestmythos“: Initiative erscheint als Retter vor falscher
Entscheidung der gewählten Vertreter
ƒ
Volksentscheid ohne ausreichend umfassende und ausgewogene
Information
ƒ
kein Spielraum für Kompromissbildung
ƒ
deliberativer und direktdemokratischer Verfahrenstyp nicht
ausreichend verbunden
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 23
ƒ
Tempelhofer Feld, Berlin
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 24
12
19.06.2016
Beispiel Tempelhofer Feld Berlin
ƒ
1923 Eröffnung Flughafen Tempelhof, 1948/49 wichtige Rolle für
„Luftbrücke“ bei Blockade Berlins, 1950er wieder zivile Nutzung
ƒ
1975 - 1980er: Temporäre Schließung (Eröffnung Flughafen Tegel)
ƒ
1996: Entscheidung Bau Flughafen BER und Schließung Tempelhof
ƒ
2007: Volksentscheid zum Erhalt Flughafen scheitert am Quorum
ƒ
Ab 2007: Verschiedene Beteiligungsformate zur Entwicklung des
Masterplans, Online-Dialog „Was braucht Berlin an diesem Ort?“
ƒ
2008: Schließung Flughafen
ƒ
2010: Öffnung Tempelhofer Feld, Zwischennutzung Pionierprojekte,
Besuchermonitorings; Auswahl von 6 aus 78 Wettbewerbsentwürfen
ƒ
2011 IInitiative
2011:
iti ti „100%
100% T
Tempelhofer
lh f F
Feld“
ld“ ((ab
b 2012 e.V.)
V)
Abb.: Fotolia_63408344_XS.jpg, JiSign
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 25
Beispiel Tempelhofer Feld Berlin
Freizeit auf dem
Tempelhofer Feld
Quelle: Tempelhof
Projekt GmbH,
www thf berlin de
www.thf-berlin.de
http://www.thfberlin.de/presse/dow
nload-bildmaterialparknutzung/
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 26
13
19.06.2016
Beispiel Tempelhofer Feld Berlin
Masterplan 2013,
Randbebauung
Quelle: Tempelhof
Projekt GmbH,
www.thf berlin.de
www.thf-berlin.de
http://www.thfberlin.de/presse/dow
nload-masterplan/
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 27
Beispiel Tempelhofer Feld Berlin
Deliberative Beteiligung 2007 - 2012
Online-Dialog
Workshops
Sammlung und
Diskussion von
Ideen Bürgerforen
Ideen,
2007
Parkbesuche,
Untersuchungen,
Pläne entwerfen
2008
2009
Information
Bürgergespräche
Präsentation der
Wettbewerbsergebnisse
2010
2011
Bürgerbefragung
Dialogwochenenden
Befragungen, Interviews
Dialog zwischen Bürgern
und Planern
Ergebnisse der Bürgerbeteiligung gehen in
die Formulierung der Ausschreibung des
Wettbewerbs ein
1. Phase
Wettbewerb
2. Phase
Wettbewerb
Präsentation
Masterplan,
Arbeitsgruppen
2012
Vorentwurf
Entwurf
Abb.: nexus
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 28
14
19.06.2016
Beispiel Tempelhofer Feld Berlin
25.04.2014 Volksentscheid: Tempelhofer
Feld Gesetz schließt Bebauung aus
Ab Sommer 2014: Beteiligung zu
Entwicklungs- und Pflegeplan
2015: Unterbringung Flüchtlinge im
Flughafengebäude
2016:
ƒ Beschluss befristeter Anlagen zur
weiteren Unterbringung Flüchtlinge
ƒ Übergabe Entwicklungs- und
Pflegeplan
ƒ Initiative „Volksentscheid retten“ will
Gesetzesänderungen verhindern
Quelle Graphik: https://www.wahlenberlin.de/abstimmungen/VE2014_TFeld/ErgebnisUe
berblick.asp?sel1=6053&sel2=0797
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 29
Zwischenfazit: Beispiel Tempelhofer Feld Berlin
ƒ
Beteiligung an Auswahl Wettbewerbsentwurf nicht ausreichend
aufsuchend und inkludierend
ƒ
Beteiligung nach Masterplan mit wenig Spielraum
ƒ
„Robin-Hood-Mythos“ der Initiative: steht symbolisch als Retter für
Mehrheit der Bevölkerung
Bevölkerung, Partikularinteressen nicht transparent
transparent,
ƒ
„Arroganz der Mächtigen“: schwache Senats-Informationskampagne
ƒ
nach Volksbegehren keine ausreichende Information und Deliberation
ƒ
„Proteststimmung“ (z.B. wegen Flughafen BER) und Misstrauen
gegenüber Ankündigung günstiger Mieten von Seiten des Senats
(Hielscher et al. 2014, S. 6) beeinflussen Abstimmungsverhalten
ƒ
deliberativer und direktdemokratischer Verfahrenstyp nicht
ausreichend verbunden
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 30
15
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3. Innovative Kombinationen: Verfahrensvorteile verbinden
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 31
Gegenüberstellung: Demokratiematrix
Parlamentarische
Demokratie
Direkte
Demokratie
Deliberative
Demokratie
Einfluss auf
Entscheidung
mittel
hoch
niedrig
Deliberative
Qualität
mittel
niedrig
hoch
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 32
16
19.06.2016
Innovation „hybride Partizipation“
Deliberative
Demokratie
VORTEILE
• Meinungs- und
Wissensaustausch
im Zentrum
• Offenlegen
verschiedener
Perspektiven und
Interessen
Innovation:
Institutionalisierte
Kombination deliberativer
und direktdemokratischer
Verfahrenstypen
Direkte
Demokratie
VORTEILE
• hohe Verbindlichkeit
der Ergebnisse
HYBRIDE
PARTIZIPATION
• großes Potenzial
zur Aktivierung
• hohes Engagement
• große Reichweite
• Intensiver Diskurs
• Zufallsauswahl
Begriff „hybride Partizipation“ nach Kersting 2013
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 33
Kombination 1: Bürgerrat und Bürgerentscheid
Bürgerrat
ƒ
Zufallsstichprobe
ƒ
15-20 Bürger
ƒ
bringen
g wichtige
g
Themen selbst ein
ƒ
und/oder geben
Empfehlungen zu
konfliktären Themen,
bei denen es zu
einem Bürgerentscheid kommen
könnte
ƒ
Moderation mit
Dynamic Facilitation
ƒ
kontinuierlich
ƒ
wechselnde
Zusammensetzung
ggfs.
Bürgerentscheid
vgl. Büro für Zukunftsfragen 2010 und 2014; Leggewie, Nanz 2016;
Abb.: partizipation.at, BMLFUW,
http://www.partizipation.at/buergerinnenrat.html und
http://www.allmersbach.de/index.php?id=177
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 34
17
19.06.2016
Kombination 2: Bürgerjury und Bürgerentscheid
Bürgerjury
ƒ
im städtebaulichen
Planungsprozess
wird im Rahmen der
gesetzlichen
frühzeitigen
Beteiligung auch
aufsuchend und
inklusiv beteiligt
ƒ
der Wettbewerbsjury wird eine
Bürgerjury an die
Seite gestellt
gestellt, die per
Zufallsauswahl aus
Betroffenen und
Allgemeinheit
zusammengestellt ist
ggfs.
Bürgerentscheid
Begriff „Bürgerjury“ in Abgrenzung zu Bürgerjury bei
Bürgerhaushalten, die über Anträge zum Kiezfonds berät und für
Mittelverteilung verantwortlich ist, z.B. Bürgerhaushalt Lichtenberg
(https://www.buergerhaushalt-lichtenberg.de/termine); Abb.: nexus
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 35
Kombination 2: Bürgergutachten und Bürgerentscheid
Bürgergutachten
ƒ
nach erfolgreichem
Bürgerbegehren
ƒ
per Zufall
ausgewählte Bürger
erarbeiten in
Planungszellen
Empfehlungen zu
Informationen, die
der Allgemeinheit zur
Verfügung gestellt
werden
ƒ
und/oder für
Kompromisse und
neue Lösungen
ƒ
standardisiertes
Verfahren
Bürgerentscheid
s.a. Böhm 2015a und 2015 b; Abb.: nexus
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 36
18
19.06.2016
Fazit
Qualitätsstandards und Leitlinien für
Bürgerbeteiligung sind gut, aber es
braucht innovative Kombinationen
direktdemokratischer und
verbindlicher deliberativer Verfahren
für mehr
ƒ
frühzeitige, aufsuchende,
inkludierende Beteiligung,
ƒ
informationsbasierte Diskussion
und Meinungsbildung,
ƒ
Kompromisse und neue
Lösungen im Sinne des
g
,
Allgemeinwohls,
ƒ
und breite Abstimmung mit
verbindlicher
Ergebnisumsetzung.
Beteiligungskultur
=
mehr, bessere und
verbindlichere
Bürgerbeteiligung!
Abb.: Fotolia_101516368_S.jpg whitehoune
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 37
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 38
19
19.06.2016
Literatur
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2013). Prekäre Wahlen. Milieus und soziale Selektivität der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013. Schäfer, A.; Vehrkamp, R.; Gagné, J.F. http://www.wahlbeteiligung2013.de/fileadmin/Inhalte/Studien/Wahlbeteiligung‐2013‐Studie.pdf. [25.05.2016]
Böhm, B. (2015a): Die Kombination ist entscheidend: Wie man die Vorteile deliberativer und direktdemokratischer Partizipationsverfahren nutzen kann. Neue Gesellschaft Frankfurter Hefte, 10/2015, S. 24 ‐ 26, J. H. W. Dietz. http://www.frankfurter‐hefte.de/upload/Archiv/2015/Heft_10/PDF/2015‐10_boehm.pdf. [02.06.2016].
Böhm, B. (2015b): Mehr Mut zur Bürgerbeteiligung durch innovative Verfahrenskombinationen. Ein Plädoyer für , (
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die Verknüpfung direkter, deliberativer und parlamentarischer Demokratie. eNewsletter Netzwerk Bürgerbeteiligung 01/2015 vom 31.03.2015. http://www.netzwerk‐
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Bude, H. (2012). Klassengesellschaft ohne Klassenspannung. Leben in der fragmentierten Gesellschaft. Frankfurter Hefte, Heft 3.
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Büro für Zukunftsfragen (2014). Der Bürgerräte in Vorarlberg. Eine Zwischenbilanz. Büro
für Zukunftsfragen (2014) Der Bürgerräte in Vorarlberg Eine Zwischenbilanz
http://www.partizipation.at/fileadmin/media_data/Downloads/methoden/zwischenbilanz_buergerrae_vbg.pdf. [02.0.2016].
Böhm – Vortrag „Verfahrensvorteile verbinden!“ – difu – Erfahrungsaustausch Beteiligungskultur – Potsdam – 16.06. 16 Folie 39
Literatur
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zukunftsstadt.de/fileadmin/zukunftsstadt/Bilder/Wissenschaftsjahr_und_Partner/Presse_Downloads/150526‐
Ergebnisse‐Forsa‐Umfrage‐Buergerbeteiligung‐Wissenschaftsjahr‐Zukunftsstadt.pdf [15.05.2016]
Hielscher, H., Klink, D., Haß, R. (2014). Betroffen, aber nicht aktiv: Das Phänomen der Nicht‐Beteiligung in Deutschland. Centrum für soziale Investitionen und Innovationen (CSI), Ruprechts‐Karl‐Universität Heidelberg; Hertie School of Governance GmbH, Berlin (Hrsg.). http://archiv.ub.uni‐
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Jung, O. (2010b). Der Volksentscheid zur Schulreform in Hamburg: „Gucci‐Protest oder Aufstand der Bürger?“. https://www.mehr‐demokratie.de/fileadmin/pdf/2010‐20‐volksentscheid‐hamburg‐jung.pdf [03.06.2016].
Kersting, N. (2013). Hybride Partizipation – Verknüpfung von direkter und deliberativer Demokratie anhand zweier Internationaler Beispiele. In: eNewsletter Netzwerk Bürgerbeteiligung 02/2013 vom 09.07.2013. p //
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