Visuelle Medien / Design Gestaltung und Produktion von Druckmedien Sommersemester 2007 Dozenten: Jackel / Lohoff Text-Bild-Bezüge Ausarbeitung: Lubosz Podeszwa Jens Eraßmy Inhaltsverzeichnis 1 2 3 4 5 6 7 8 Einleitung Begriffe 2.1 Text (Sprache) 2.1.1 Textfunktion 2.2 Bilder 2.2.1 Bildfunktionen Text-Bild-Verhältnis 3.1 Textfunktionen im Bild-Text-Verhältnis 3.2 Vorteile von Bildern und Texten Psychologische Prozesse 4.1 Vorwissen 4.2 Organisation des Vorwissens 4.3 Kognitive Verarbeitung von Texten 4.4 Kognitive Verarbeitung von Bildern 4.5 Kognitive Integration von Text und Bild Visualisierung in Printmedien 5.1 Zeitung 5.1.1 Die Tageszeitung und das Visuelle 5.1.2 Bilder und Fotos 5.1.3 Qualitätskriterien der Zeitungsgestaltung 5.1.4 Tendenzen der modernen Zeitungsgestaltung 5.1.5 Basis für Optimierung der Kommunikation 5.1.6 Prinzipien zur Beurteilung der Qualität 5.2 Werbung 5.2.1 Das Bild in der Werbung 5.2.2 Der Text in der Werbung 5.2.3 Der Bild-Text Bezug in der Werbung Fazit Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis 5 5 10 17 21 31 32 32 3 1 Einleitung Text und Bild wurden in Psychologie und Sprachwissenschaft lange unabhängig voneinander als zwei verschiedenartige Medien betrachtet. Bild und Text stehen in einem sehr engen Verflechtungsverhältnis zueinander, wurden bisher aber in der Psychologie und Sprachwissenschaft lange unabhängig voneinander als zwei verschiedene, von einander unabhängige Medien betrachtet. In der neueren Forschung wurde erkannt, dass nonverbale Elemente (wie z.B. Bilder, Diagramme) von gleicher Bedeutung für das konstituieren eines Kommunikatonszusammenhanges sind wie die verbalen Elemente, die eben nur einen Teilbereich unserer heutigen Kommunikation ausmachen. Bei Bild und Text (Sprache) handelt es sich unumstritten um zwei Symbolsysteme, mit denen Informationen übermittelt werden. Diese Arbeit befasst sich mit diesen zwei Systemen, ihren Begrifflichkeiten, Funktionsweisen und ihrem Verhältnis zueinader, bzw. ihrem Zusammenspiel um danach die psychologischen Prozesse der Rezeption und Verarbeitung von Bildern und Texten zu betrachten. Zum Schluss wurden noch das Verhältnis von Bild und Text in den Printmedien untersucht. Aber um zu analysieren wie das Verhältnis von Bildern und Texten zueinander ist, sollte zuerst einmal erörtert werden wie die Begriffe „Text“ und „Bild“ überhaupt definiert sind und welche Funktionen Texte und Bilder erfüllen können. 2 Begriffe 2.1 Text(Sprache) Das Wort Text stammt von dem lateinischen Wort „textus“ ab und bedeutet in etwa Gewebe, Geflecht, was auch ganz treffend die Haupteigenschaft eines Textes beschreibt: das verflechten von einzelnen Teilen zu einem großen Ganzen. 5 Ein Text bezeichnet im engeren Sinne einen zusammenhängenden Bereich geschriebener Sprache, der eine in sich geschlossene, thematische und sprachliche Einheit bildet. Im weiteren Sinne bezeichnet ein Text aber auch die nicht geschriebene, aber aufschreibbare Sprachinformation (beispielsweise eines Liedes, Films oder einer improvisierten Theateraufführung). Durch die verschiedenen Eigenschaften der Textualität, durch die ein Text charakterisiert wird, lässt sich eine Texttiefenstruktur erkennen, die auf eine kommunikative Situation, eine thematische Entfaltung und eine Kommunikationsabsicht schließen lässt. 2.1.1 Textfunktion Das wichtigste und zentrale Merkmal eines Textes ist die Textfunktion, da sie das verständnisleitende Zentrum des Textes ist. Unter dem Begriff Textfunktion versteht man die Absichten des Textes im Sinne einer Situationslenkung. Also wie der Text zu verstehen ist, bzw. die Kommunikationsabsicht des Autors. Der Linguist Klaus Brinker bezeichnet den Begriff „Textunktion“ als die „... im Text mit bestimmten, konventionell geltenden, d.h. in der Kommunikationsgemeinschaft verbindlich festgelegten Mitteln ausgedrückte Kommunikationsabsicht des Emittenten. Es handelt sich also um Die Struktur eines Textes kann ein- die Absicht des Emittenten, die der fach oder komplex sein, wobei ein Rezipient erkennen soll, sozusagen unstrukturierter Text oft schwerer um die Anweisung des Emittenten zu verstehen ist als ein strukturier- an den Rezipienten, als was dieser ter. Text benötigt zu seiner Darstel- den Text insgesamt auffassen soll, lung eine Schrift, deren Zeichen die z.B. als informativen oder als apElemente des Textes (i.A. Wörter) pellativen Text. Die Textfunktion ist sequentiell in Zeichenketten ko- von der Wirkung abzugrenzen, die diert. der Text auf den Rezipienten ausübt. Wie der perlokutionäre Akt bei 6 einfachen sprachlichen Handlungen, so ist auch die Textwirkung im Unterschied zur Textfunktion nicht konventionalisiert, sei sie nun beabsichtigt oder nicht beabsichtigt.“ Hierbei sei betont, dass die tatsächlich erzielte Textwirkung durchaus von der beabsichtigten Textfunktion abweichen kann. Im wesentlichen kann man zwischen fünf Grundfunktionen unterscheiden: -Informationsfunktion Wissensübermittlung, z. B. durch Sachbuch, Nachricht, Bericht, Beschreibung) -Appellfunktion Meinungsbeeinflussung, z. B. durch Werbeanzeige, Kommentar, Antrag, Bittschrift -Obligationsfunktion Verpflichtung zum Vollzug von Handlungen, z. B. durch Vertrag, Gelöbnis, Garantieschein -Deklarationsfunktion explizite Einführung eines Tatbestandes, z. B. durch Bevollmächtigung, Schuldspruch, Testament, Ernennungsurkunde Wenn ein Text im Rahmen eines Sprache-Bild-Textes steht, kommen noch folgende Funktionen hinzu: -Erklären mehrdeutiger Bilder -Akzentuieren komplexer Bilder -Erläuterung logischer Bilder -Steuerung von Bilddetailselektion, die nur bildlich zu schwierig darstellbar sind - Erleichterung des Bildverstehens durch Lenken der Aufmerksamkeit auf wesentliche Informationen des Bildes -Organisations- bzw. Steuerungsfunktion durch Legenden, Überschriften, Kommentare -Kontaktfunktion Diese Funktionen lassen sich in drei Herstellen und Aufrechterhalten von große Kategorien (kommentieren, persönlichen Beziehungen, z. B. selektieren, struckturieren) unterdurch Beileids- und Glückwunschteilen und werden später im Abschreiben, Ansichtskarten 7 schnitt Bild-Text-Verhältnis genauer beschrieben. 2.2 Bilder Bilder lassen sich in realistische Bilder bzw. Abbilder und logische / analytische Bilder bzw. Visualisierungen unterscheiden. Zu Abbildungen zählen Fotos, Zeichnungen und Gemälde, sowie Filme und Videos. Zu Visualisierungen zählen schematische Darstellungen, Notationssysteme in Technik und Naturwissenschaft und Diagramme. Das Bild wird als Kommunikat, das nicht gelesen, sondern wie Schaubilder, Schriftbilder und textbilder angeschaut wird, gesehen. 2.2.1 Bildfunktionen Für Bilder lassen sich zunächst, analog zu den Textfunktionen, allgemein gesehen folgende Funktionen bzw. Eigenschaften des Bildes feststellen. Bilder können auf einen Blick räumliche und zeitliche Tatsachen in funktionaler und hierarchischer Art darstellen. Sie ermöglichen es, umständlich verbalisierbare Sachver- 8 halte ökonomisch darzustellen. Sie sind eine imaginäre Komponente für den Aufbau geistiger Abbilder der Umwelt und ziehen Aufmerksamkeit auf sich. Eine ihrer typischsten Eigenschaften ist, dass sie emotional ansprechen. Mit Bildern lassen sich Sachverhalte beschreiben, die wiederum sprachlich nur schwierig auszudrücken sind. Dazu zählen das Aussehen von Objekten, räumliche Konstellationen und gleichzeitige Veränderungen mehrerer Komponenten eines Systems. Levin unterscheidet die folgenden fünf, aus psychologischem Blickwinkel betrachteten, Funktionen eines Bildes: - Darstellungsfunktion Hier handelt es sich um Veranschaulichung. In Bezug auf einen Text werden bestimmte Inhalte wiederholt (Redundanz) - Organisationsfunktion Das Bild liefert eine gliedernde Makrostruktur von Textinhalten - Interpretationsfunktion Das Bild veranschaulicht schwer verständliche Inhalte des Textes mittels visuellen Metaphern bereits bekannten Elementen aufgebaut wird. Diese Funktion erfüllen vor allem tätigkeitsleitende Texte (Gebrauchsanleitungen etc.). - Transformationsfunktion - Fokusfunktion Das Bild bietet eine Umkodierung zur leichteren Einprägung. Dies wird auch „visuelle Eselsbrücke“ genannt Die Fokusfunktion besteht darin, ein Schema, Skript oder mentales Modell teilweise zu korrigieren bzw. zu differenzieren. Voraussetzung ist auch hier, dass bereits eine gewisse Wissensstruktur aufgebaut wurde. - Dekorationsfunktion Hier dient das Bild ausschließlich der Illustration und hat somit eine - Ersatzfunktion motivationale Bedeutung Hat der Lernende kein Vorwissen auf einem bestimmten Gebiet, erfüllen Im Hinblick auf den Lernprozess und Bilder eine Ersatzfunktion. Das Bild die Wissensstrukturen des Lernenstellt ein mentales Modell über das den unterscheidet Weidenmann die folgenden vier Funktionen, die sich, je nach Wissenstand des Betrachters, voneinander unterscheiden: - Aktivierungsfunktion Diese wird erfüllt, wenn die Wissensstrukturen des Lernenden bereits komplett sind. Er erfährt nichts Neues. - Konstruktionsfunktion Diese wird von Bildern erfüllt, wenn ein Skript oder mentales Modell aus Abb.1 9 entsprechende Sachgebiet zur Verfügung. 3 Text-Bild-Verhältnis Lange Zeit wurde in der Textanalyse das Bild komplett ignoriert. Doch inzwischen hat man in der Linguis- Die Zeichen werden gleichzeitig präsentiert, wobei die Reihenfolge der Betrachtung völlig beliebig ist. Bild und Text können in verschiedenen Beziehungsverhältnissen zueinander stehen, die hier im folgenden erläutert werden: des speziellen Codes des Bildes veranschaulicht. Diese Beziehung entspricht der oben genannten Dimension der Redundanz. -textdominierende Beziehung Die Bilder bieten mehr Informationen als der Text. -Diskrepanz -textergänzende Beziehung: tik erkannt, dass, wenn man Text ganzheitlich beschreiben will, auch die Symbolisierungsleistungen des Bildes braucht. Die Beziehungen zwischen Bild und Text sind komplex und zunehmend ästhetisch geprägt. Hier überschneiden sich Informationen in Text und Bild nicht, da es sich um verschiedene Konzepte handelt. Beide Symbolsysteme Sprache und Bild sind durch eine spezifische Struktur gekennzeichnet. -Ergänzung Hier haben Bilder nur eine schmückende Funktion und sind für das Textverstehen unwichtig. In der Wissensvermittlung dominiert klar die Sprache. Bilder sind ihr als „Helfer“ untergeordnet um Aufmerksamkeit zu wecken, das Einprägen eines Textes zu erleichtern oder komplizierte Sachverhalte zu erläutern. Die Sprache verfügt über eindeutige Zeichen mit sequentiellen Code, d.h. dass eine bestimmte Reihenfolge der Darstellung vorgeschrieben ist. Bilder hingegen sind ein vieldeutiges Symbolsystem, das weder über eindeutig unterscheidbare Einzelzeichen, noch über klar definierte Zeichenregeln verfügt. -Redundanz Die Informationen überschneiden sich völlig. Beide Medien stellen den selben Sachverhalt dar. Es ergänzen sich Text- und Bildinformation gegenseitig, ohne sich dabei zu überschneiden. Die Gesamtbedeutung ist nur durch die wechselseitige Rezeption erschließbar. Auch die semantischen Bezüge von Bild und Text kann man unterscheiden: -textintegrierende Beziehung Der Inhalt eines Textes wird mittels turiert die visuelle Wahrnehmung. Allgemein gilt : Eine Bildaussage ist wegen der prinzipiellen bedeutungsmäßigen Offenheit stets textabhängiger als umgekehrt. Denn: „Das Bild sagt alleine nichts aus. Es muss, um eine Botschaft übermitteln zu können, in einen Kommunikationszusammenhang gestellt werden, Die Aufgabe der Klärung des jeweilig benötigten, spezifischen Kommu- 3.1 Textfunktionen im BildText-Verhältnis Wenn Bild und Text zusammen verwendet werden kann jedes für sich in der Kommunikation unterschiedliche Funktionen haben und Verschiedenes leisten. Die Sprache legt in der Bild-Text-Kommunikation den Kontext fest, in dem das Bild steht und gibt diesem einen Sinn. Sie kommentiert, selegiert und strukAbb.2 10 11 nikationszusammenhanges kann in einer werblichen Botschaft der Text übernehmen. Das Bild als solches ist offen.“ (nach Schierl) (1) Kommentierung des Bildes durch die Sprache Bildliche Informationen, wie z.B. die Fotografie eines Ereignisses, sind oft auf Text angewiesen, da dieser den Zusammenhang angibt und durch seine kommentierende Funktion das Bild erst verständlich macht. Wie sehr der kommentierende Text die Wahrnehmung eines Bildes verändern kann, zeigen Untersuchungen, bei denen Porträts von Personen, die ohne Text bei ihren Betrachtern einen sympathischen Eindruck hinterlassen haben, nach der Hinzufügung eines die Person abwertenden Kommentars für unsympathisch gehalten wurden. Dies ist auch der Grund warum in der Werbung der Text (meistens die Headline) dazu eingesetzt, die Relevanz des Bildes bzw. der gesamten Werbebotschaft zu verdeutlichen. 12 (2) Selektion bei der visuellen Wahrnehmung durch die Sprache Durch die Offenheit und Mehrdeutigkeit von Bildern, in Bezug auf ihre Bedeutung, ist oft auch ihre Wahrnehmung offen und nicht besonders gut organisiert. Aufgrund dessen, schweift auch für gewöhnlich der Blick des Betrachters über ein Bild. Seine individuell verschiedene Bewegungsrichtung bliebe weitgehend „chaotisch“, zumindest willkürlich, und könnte sicher nicht so einfach auf einen Punkt gelenkt werden. Auch natürlich kulturell spezifische Gewohnheiten, wie z.B. bei uns das Lesen eines Textes von links oben nach rechts unten, können nicht viel daran ändern. Und natürlich lässt sich die Wahrnehmung und daher auch die Blickrichtung durch den Einsatz psychischer und physischer Reize mit einem starken Aktivierungspotential (externe und interne Reize, natürliche Schlüsselreize wie bei erotischen Darstellungen als Blickfang) bis zu einem gewissen Punkt beeinflussen. Trotzdem gilt: Wenn Werbung die Aufmerksamkeit ihres Betrachter auf eine bestimmte bildliche Information lenken soll, wird diese Funktion am besten von Text übernommen. Eigenschaften übereinstimmt. Besonders gut verdeutlichen lassen sich diese Überlegungen mit den so genannten Umspring- oder Kippbildern. (3) Strukturierung der visuellen Kippbilder sind nach Brühlmeier Wahrnehmung durch die Spra- „zeichnerische Gebilde, welche beche wusst so gestaltet sind, dass die Visuelle Wahrnehmung kann in ei- optische Reizkonfiguration zwei vernem ganz erheblichen Umfang durch schiedene Deutungen zulässt.“ So Sprache strukturiert werden. Jede kann man z. B. in derselben Figur Wahrnehmung stellt einen aktiven, entweder eine alte oder eine jundynamischen und zielgerichteten ge Frau sehen, ein Gefäß oder zwei Prozess dar - eine Handlung, auf gegeneinander gerichtete Gesichtsdie aktiv Einfluss genommen wer- Profile, eine Maus oder einen Mänden kann. Dabei beginnt der aktive nerkopf usw. . Diese Bilder machen Wahrnehmungsprozess nicht erst in uns bewusst, dass beim Wahrnehder Verarbeitung der sensorischen men nicht einfach Reize auf unserer Reize, sondern fängt schon bei der Netzhaut abgebildet und mechaSelektion der zu verarbeitenden In- nisch ins Gehirn geleitet werden, formationen und der Steuerung der sondern dass wir gar nicht anders Aufmerksamkeit an. Ausgehend von wahrnehmen können, ohne Gestaleiner bestimmten Wahrnehmungs- ten zu bilden und diese zu deuten. hypothese überprüfen wir nach dem Dieser Sachverhalt wird besonders Prinzip von Versuch und Irrtum, ob eindrücklich dadurch belegt, dass das konkrete Objekt unserer Wahr- wir im selben Augenblick stets nur nehmung mit dem hypothetischen eine Figur sehen können und dass, Objekt und den ihm zugeordneten wenn die andere Figur gesehen 13 werden soll, die Deutung schlagartig umkippt. Dasselbe erleben wir beim Betrachten von ‚Vexierbildern‘. In diesen Zeichnungen, welche früher fast zwingend auf die Unterhaltungsseite von Zeitschriften und Zeitungen gehörten, werden bewusst irgendwelche Figuren auf raffinierte Weise versteckt, so dass man oft sehr lange suchen muss, bis sich einem alle möglichen Bestandteile von Bäumen, Wolken, Gerätschaften usw., sowie die bewusst so gestalteten Zwischenräume zur gesuchten Gestalt zusammenfügen wollen. Auch hier geht es darum, in einem bewusst diffus gehaltenen Reizangebot Gestalten zu bilden. In vielen Kippfiguren und Vexierbildern beruhen die überraschenden Effekte auf einer Umdeutung von Figur und Grund. Der Augenblick, in welchem sich in unserem Bewusstsein die gesuchte Gestalt oder – bei Kippbildern – die neue Deutung einstellt, ist gekennzeichnet und erfüllt durch das Erlebnis der freudigen Überraschung, das die meisten Menschen durch einen unverwechselbaren Ge- 14 sichtsausdruck und durch Ausrufe wie ‚Ah‘ oder ‚Aha‘ zum Ausdruck bringen („Aha-Erlebnis“). Wenn man einem Betrachter das Kippbild „Rubinsche Vase“ (Abb. 3) zeigt und ihm sprachlich mitteilt, es handle sich um die zwei gegeneinander gerichteten Gesichtsprofile, wird er daher zunächst seine Wahrnehmung nach dieser Aussage ausrichten und nach entsprechenden Merkmalen suchen. Wird ihm gesagt, dass es sich um eine weiße Vase vor schwarzem Hintergrund handelt, dann wird er seine Wahrnehmung so strukturieren, dass er nach Anhaltspunkten sucht, die diese Wahrnehmungshypothese bestätigen können. Versuche mit Blickaufzeichnungsgeräten, bei denen Versuchspersonen ein Bild bis zu sieben Mal hintereinander mit anderen sprachlich gegebenen Aufgaben präsentiert wurde, haben gezeigt, dass die Blickverläufe, je nach vorangegangener sprachlicher Instruktion ganz unterschiedlich ausgefallen sind. Es wurden dabei nämlich solche Reize fixiert, „die durch die sprachliche Konstituierung eines Verstehenskontextes relevant gemacht worden waren und in dem Zusammenhang mit den im Versuch gestellten Fragen die meiste Information für eine mögliche Beantwortung geben konnten.“ (Schierl) dass sich Bild und Text gegenseitig eindeutiger und verständlicher machen. Nach Schierl haben Bild und Text in der Werbung folgende Vorteile: Vorteile des Bildes • hohe Kommunikationsgeschwindigkeit • fast automatische Aufnahme ohne größere gedankliche Anstrengung • wird in der Regel zuerst fixiert • bildliche Informationsverarbeitung besonders effizient Abb.3 • Einstellungen und Gefühle können subtiler übermittelt werden 3.2 Vorteile von Bildern und • höhere Glaubwürdigkeit Texten1 • höhere Anschaulichkeit (dadurch Bilder und Texte haben, abhängig von der jeweiligen Kommunikationsabsicht, verschiene Vorteile im Hinblick auf ihre Wirkung und Verständlichkeit. Da Bilder und Texte häufig zusammen verwendet werden, z.B. in der Werbung, werden ihre unterschidlichen Vorteile so ausgenutzt, 1 vgl. http://www.teachsam.de (Mai 2007) a. bessere Verstehbarkeit und b. einem Primärerlebnis ähnlicher) • Platz sparende Information (viel spezifische Information auf wenig Raum) • allgemeine Verständlichkeit (auch für Lese- und Sprachunkundige) • räumliche Vorstellungen lassen sich gut vermitteln 15 Vorteile des Textes • eindeutiger als Bild (kann sich selbst Zusammenhang schaffen) • kann den Leser ansprechen • kann argumentieren [...] • kann Schwerpunkte setzen und Einzelaspekte betonen • verfügt über Imperativ (Möglichkeit zum Auffordern) • kann Argumente (u. U. in anderer Form) in einer Botschaft wiederholen • zeitliche Vorstellungen sind gut zu vermitteln 4 Psyc hologisc he Prozesse Für die Rezeption und das Verstehen der Integration von Texten und Bildern spielt das individuelle Vorwissen eine wichtige Rolle. Im Folgenden soll dazu der Ablauf psychologischer Prozesse bei der Aufnahme und Verarbeitung von Texten und Bildern, sowie ihrer Integration näher erläutert werden. 4.1 Vorwissen Für das Verstehen und Verarbeiten von Texten und Bildern ist neben Motivation und Interesse auch das Vorwissen des Rezipienten entscheidend. Entsprechend unterschiedlicher Bereiche in denen der Rezipient über Vorwissen verfügt, kann zwischen darstellungs- und themenspezifischem Vorwissen, als auch „Alltagswissen“ unterschieden len zu verstehen. Themen- und bereichsspezifisches Vorwissen umfasst die Kenntnisse des Rezipienten zu einem bestimmten Themengebiet. Zum „Erkannten“ kann so ein Bezugsrahmen entwickelt werden, der als weitere Informationsbasis dient. Alltagswissen umfasst das individuelle Erfahrungs- beziehungsweise Handlungswissen des Rezipienten. 4.2 Organisation des Vorwissens2 Texte und Bilder sind ohne organisiertes Vorwissen nicht verständlich. In der Psyschologie findet man folgende unterschiedliche Typen der Wissensorganisation: a) Schema Schemata umfassen das Wissen über die typischen Merkmale von werden: Dingen. Ein Schema enthält die Darstellungsspezifisches Vorwissen Vorstellung über ein Objekt, das in umfasst die Vertrautheit im Umgang unserem Erfahrungsbereich häufig mit unterschiedlichen Kodierungen. auftritt. Es wird sukzessive durch Darunter ist das Wiedererkennen kennzeichnende Merkmale eines von Mustern, Zeichen und Symbo2 vgl. Weidenmann (1994c) 16 17 Objekts aufgebaut. Nebensächliche Eigenschaften werden dabei nicht beachtet. Basierend auf existierenden Schemata kann ein Vergleich und eine Kategorisierung, beziehungsweise Klassifizierung von Begriffen und Erkanntem erfolgen. Als Beispiel dafür soll der Begriff „Haus“ in ein Schema aufgegliedert werden: Ein Haus kann in die Kategorie Gebäude eingeordnet werden. Es besteht grob aus Räumen, Fenstern, Türen, Wänden und einem Dach. Es funktioniert als menschliche Behausung. Die Form eines Hauses ist rechteckig. So wird das Schema „Haus“ erfüllt, wenn die typischen Merkmale erkannt wurden. Ist nun dem Rezipient dieses Schema von „Haus“ unbekannt, wird er den Begriff in diesem Kontext nicht verstehen können. Dabei beschreibt die Encodierung die Integration neuer Informationen in ein existierendes Schema. Hier wirkt ein bestehendes Schema bei der Auswahl richtiger Wortbedeutung bei Mehrdeutigkeiten unter18 stützend. Auch Erwartungen und Annahmen können durch passende existierende Schemata an ein Objekt gestellt werden. b) Skripte Skripte umfassen das Wissen über typische Handlungsabläufe aus dem Alltag. Das Vorwissen ist hierbei als drehbuchartiger Handlungsplan organisiert. Bei dem Besuch eines Restaurants, ist beispielsweise das Bestellen, Speisen und Bezahlen ein typischer Handlungsstrang. Skripte können, ähnlich wie Schemata, fest oder flexibel sein. Solange uns ein Skript eine Situtation vertraut erscheinen lässt, kann es auf die Umgebung angewandt werden. So ist das Skript „Restaurantbesuch“ ebenso bei Cafés, Bars oder Kneipen einsetzbar. c) Mentale Modelle Mentale Modelle umfassen die internen Vorstellungen zu komplexen Abläufen und Zusammenhängen. Diese können gedanklich durchgespielt werden. In dieser Simulation kann man sich die Folgen von Eingaben vorstellen. 4.4 Kognitive Verarbeitung von Bildern4 Beispiele dafür sind die Auffassung über die Funktionsweise eines Videorecorders, die Wirkung von Medikamenten oder wie ein Schaltkreis funktioniert. Beim Verstehen von Bildern kann man zwischen perzeptiver und semantischer Encodierung diffenzieren: 4.3 Kognitive Verarbeitung von Texten3 Das Erkennen und Verstehen von Texten liegt einem Wechselspiel von auf- und absteigenden Schemaaktivationen (Vorwissen) zugrunde. Dabei werden zielrelevante Informationen selektiert und sukzessive ein Schema herausgebildet. Währenddessen wird die Sprachinformation von verbalen Organisationsprozessen nach Satzstruktur und Wortzusammensetzung verarbeitet. Daraufhin entsteht eine mentale Repräsentation der Textoberfäche, die wiederholt durch Organisationsprozesse strukturiert wird. Diese Strukturierung führt zu organisiertem Wissen über den Inhalt in Form eines mentalen Modells. 3 vgl. Schnotz und Bannert (1999), In: Schnotz (2002) Bei der perzeptiven Encodierung können die verarbeitenden Prozesse parallel und automatisch verlaufen. Dabei ist der Vorgang generell von den Daten geleitet und relativ unabhängig vom Vorwissen des Rezipienten. Es geht hier um die reine Aufnahme des Bildes, ohne die Bedeutung zu entziffern. In Ergänzung dazu versteht man unter semantischer Encodierung den Prozess des Bildverstehens. Um der Repräsentation Informationen zu entnehmen erfordert es bestimmte Ablese- und Untersuchungsprozesse. Wie bei der kognitiven Verarbeitung von Texten, kommt es zu auf- und absteigender Aktivierung von Schemata. Also wird auch das Verstehen von Bildern vom individuellen Vorwissen beeinflusst. Außerdem kann auch eine kognitive 4 vgl. Schnotz (2002) 19 Verfälschung durch Vorurteile („etwas sehen wollen“) entstehen. und Text. Hierbei werden auch Zusammenhänge geknüpft. Begriffe werden zu Vorstellungen bezie4.5 Kognitive Integration hungsweise Bildern und umgekehrt von Text und Bild In der bisherigen Forschung wurden können Bilder und Bildmerkmale in die Prozesse des Bildverstehens we- Begriffe transformiert werden. nig beachtet und separat von den Schließlich ergibt sich eine zusamProzessen des Textverstehens be- menhängende Bild-Text-Bedeutung. handelt. Heutzutage hat man erkannt das Bilder einprägsamer als Texte sind. Somit geht das Interesse deutlich mehr in die Richtung des Bildlichen, sowie beider Informationsmedien im Zusammenspiel. Anhand des Integrationsmodells von Ballstaedt5 soll eine Theorie der Text-Bild-Interaktion erläutert werden: Auf der ersten Ebene stehen Bild und Text getrennt. Es werden lediglich Satzbau und Wörter erkannt respektive Farben und Formen wahrgenommen. Die zweite Ebene umfasst die Feststellung von Informationen von Bild 5 vgl. Ballstaedt (1988), In: Steinmetz (1998) 20 (3.Ebene) 3. Ebene 2. Ebene 1. Ebene Abb.4 5 Visualisierung Printmedien in 5.1 Zeitung6 5.1.1 Die Tageszeitung und das Visuelle Beim Kauf einer Zeitung zählt hauptsächlich der erste Eindruck. Aus diesem Grund ist es Aufgabe der Verlage die Titelseite möglichst ansprechend zu gestalten. Außerdem sollte diese Auskunft über die unterschiedlichen Unterhaltungsfunktionen geben. Die Titelseite funktioniert so als optischer Anziehungspunkt. Da jedes Blatt eine andere Leserschaft anziehen will, spielt dabei das Gest altungsmuster eine große Rolle. Beispielsweise zieht die Abb.5 Bild-Zeitung, als Vertreter der typischen Boulevard-Presse, die Blicke durch große Schlagzeilen und Fotos auf sich. 6 vgl. Bucher (1998) Verschiedenartige Gestaltungselemente, wie Text, Bilder und Fotos, Format, sowie die Art und Weise der Seitengestaltung spielen bei allen Tageszeitungen eine wesentliche Rolle. 5.1.2 Bilder und Fotos Bilder und Fotos übernehmen im heutigen Zeitungsjournalimus einige wichtige Funtkionen: Bilder wecken die Aufmerksamkeit, sie dienen also als Blickfänger. Dabei können und sollten sie eine Vorschau darauf anbieten, welche Informationen im Text zu erwarten sind. Die sorgfältige Auswahl ist dabei sehr bedeutend, da ein Bild oder Foto ein frühes Entscheidungskriterum darstellt, den dazugehörigen Text weiterzulesen. Gleichzeitig besteht auch die Gefahr, dass zu viele Bilder den Leser verwirren und ihn vom Text ablenken können. Bilder können auch Informationen vermitteln, die schwer in Worte zu fassen sind oder den Text ergänzen. Sie wirken unterstützend indem sie Sachverhalte, Personen, Begriffe und Situationen visualisieren. Ein 21 Beispiel dafür stellt das Foto eines Interviewpartners neben einem Bericht dar. Auch ein indirekter Verweis auf ein Thema ist möglich. Eine Abbildung vom weißen Haus, neben der Nachricht, lässt beispielsweise darauf schließen, dass im Artikel die amerikanische Regierung eine Rolle spielt. In vielen Fällen übernehmen Bilder die Rolle des Zeugen. Durch ein Foto kann der Text bestätigt werden und ihm Authentizität verleihen. Ein Foto vermittelt eine höhere Glaubwürdigkeit als der geschriebene Text: Was auf einem Foto zu sehen ist, muss sich irgendwann irgendwo ereignet haben. Jedoch besteht hier die Gefahr, dass Fotos manipuliert sein können und sie außerdem immer nur einen Ausschnitt der Realität darstellen. Auch das Bild selbst kann zur Nachricht werden, wenn es das entscheidende Ereignis genau einfängt. Des weiteren können Bilder eine narrative Funktion haben, da eine Reihe von Bildern eine Geschichte erzählen oder einen Ablauf darstellen 22 kann. Dynamik und Spannung kann so leichter dargestellt werden als in einer Erzählung. Andere Möglichkeiten bieten Diagramme und Infografiken. Diese können Prozesse und Daten übersichtlich veranschaulichen. Die Sitzverteilung in einem Parlament kann so auf einen Blick erfasst werden. In einem Text wäre diese Informationsvermittlung nur schrittweise möglich. 5.1.3 Qualitätskriterien der Zeitungsgestaltung Zu den wichtigsten Kriterien bei der Gestaltung einer Tagezeitung zählen Übersichtlichkeit und Ordnung. Die dadurch erreichte bessere Orientierung wirkt sich zu Gunsten der Selektivität und Zeitökonomie bei der Medienbenutzung aus. Um dies zu erzielen sollte eine einheitliche Gliederung und ein überschaubares Schema eingehalten werden. So wird außerdem eine Aufsplittung in verschiedene Bereiche, wie zum Beispiel Information, Meinung, Service und Unterhaltung, möglich. Der Leser kann sich also seine individuelle Zeitung aus dem universellen Angebot zusammenstellen, da er einen direkten Überblick über den Inhalt erhält. Die pressehistorische Entwicklung geht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Aus einer damals lineraren Berichterstattung ist heute ein nicht-lineares Medium entstanden. Diese Art der segmentierten und selektiven Lektüre entspricht nun eher einem Hypertext und findet seine Fortsetzung in der Online-Zeitung. Textdesign ist dabei die grundlegende Gestaltungslehre für die Form, den Inhalt und die Funktion von nicht-linearen Medien. 5.1.4 Tendenzen der modernen Zeitungsgestaltung Mehr Einsatz von Bildern, Farbe, Formatgröße, kürzeren Texten, Visualisierungen, Farbleitsystemen, Logos, verschiedenen Schrifttypen und vielen anderen Gestaltungsmitteln erzielten deutlich höhere Auflagen bei den Verlagen. Gleichzeitig aber kam viel Kritik an der neuen Gestaltung der Printmedien auf. Pressekritiker beschwerten sich über eine Verflachungswelle der Printmedien: „Zerfall in Puzzleteile“, „Gedrucktes Fernsehen“, „Lego-Journalismus“, „fast food for slow readers“ waren Äußerungen, die auf eine Reduktion des Inhalts auf Kosten des Erscheinungsbildes aufmerksam machen sollten. Es war die Meinung Vieler, dass der investigative Journalismus aufgrund von Leserfreundlichkeit und „Infotainment“ zunehmend an Bedeutung verliert. Neben der Kritik wird aber die Frage verdrängt, wie die Kommunikation mit dem Leser unter Verwendung der neuen visuellen Gestaltungsmöglichkeiten verbessert werden kann. 5.1.5 Basis für Optimierung der Kommunikation Die Entwicklung vom einkanaligen Textmedium zur Mehrkanaligkeit erfordert eine systematische Präsentation von Grafiken und Bildern. Die Gestaltung soll dem selektiven Leser und Anleser entgegen kom23 men. Komplexe Berichte werden in segmentierter Form erstattet. Es entsteht ein „modulares Cluster“, in dem jedes Informationsmodul selbstständig und kohärent ist. Der Informationsjournalismus der textuellen Berichterstattung hat sich zunehmend zum Bedeutungsjournalismus gewandelt. Die Einordnung, Kommentierung und perspektivische Aufbereitung steht nun im Vordergrund der Printmedien. Im Gegensatz dazu gesteht man die reine Faktenvermittlung den schnellen Medien, wie Rundfunk und Fernsehen zu. Des weiteren wird die Zeitung durch additive Boulevardisierung ergänzt. Diese Unterhaltungs- und Servicefunktion bietet eine vielfältige Auswahl an Themen und Rubriken, wie Kino, Fernsehen, Marktberichte und Veranstaltungshinweise. Hierbei finden außerdem eine attraktivere Textgestaltung und zugespitzte Formulierungen Verwendung. 24 5.1.6 Prinzipien zur Beurteilung der Qualität Grundsätze, die der qualitativen Beurteilung der Zeitungsgestaltung dienen, stützen sich auf elementare kommunikative Prinzipien: Um Verständlichkeit zu gewährleisten benötigt man klare Formulierungen und sollte Mehrdeutigkeiten vermeiden. Relevanz erfordert eine sachgemäß korrekte Informationsvermittlung. Wahrheit beziehungsweise Wahrhaftigkeit bedeutet, nichts zu nennen, was falsch oder möglicherweise falsch ist. Informativität beinhaltet die Verwendung nur notwendiger Informationen. In der Anwendung ergeben sich daraus verschiedene Kriterien: Kohärenz und Zusammenhalt des Beitragclusters ist ausschlaggebend für die Verständlichkeit. Es ist wichtig zu erkennen, dass Beiträge zusammenhängen und wie sie zusammenhängen. Dieses erfordert weitere Prinzipien, wie Kontinuiät, Nähe, Ähnlichkeit und Abgeschlossenheit, die den sprachlichen und visuellen Teil umfassen sollen. Betrachter wird erzielt (siehe Abb. 3). Der Inhalt soll für die individuelle und selektive Lektüre erschließbar sein. In Ergänzung dazu ist eine übersichtliche und grafisch anschauliche Formal sollen durch B i l d e r Emotionen Seitengestaltung erforderlich. geweckt Abb.6 werden und sich in der Anzeige von der Konkurrenz abheben. Steht das Bild im Vordergrund sollte die Verbindung zum Produkt erkennbar sein und keine negativen Assoziationen auslösen. 5.2 Werbung 5.2.1 Das Bild in der Werbung7 Wie bereits erwähnt ist ein Bild wesentlich schneller erfasst als ein Text und bereitet weniger Mühe als die Lektüre. Also steht in der Werbung die Aufgabe, die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zu ziehen, klar im Vordergrund. Im Folgenden ist es wichtig, inhaltlich die Kommunikation anzutreiben. Dies wird häufig durch die Darstellung von Menschen, vor allem Kinder und Babys, sowie Tieren erreicht, die ihren Blick direkt in die Kamera richten. Ein „Blickkontakt“ mit dem 7 vgl. Schierl (2001) 5.2.2 Der Text in der Werbung8 Der Text in der Werbung lässt sich in zwei Gruppen unterteilen: Headline und Fließtext. Während die Headline ähnliche Aufgaben wie das Bild hat – also das Wecken von Interesse und die Übermittlung einer kurzen Botschaft – muss der Fließtext, den einmal interessierten Leser, überzeugen. Die Headline ist also eine erste Vor8 vgl. Schierl (2001) 25 ab-Information über den Inhalt des Textes – informativ, relevant und kurz. Als „Hingucker“ wird sie zuerst gelesen und es entscheidet sich ob dem Text weitere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Eine verständliche und prägnanate Formulierung lassen die Headline attraktiv erscheinen. Das Thema soll mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht werden. Der Fließtext beschreibt die positiven Seiten des Produkts. Er soll den Leser von diesem überzeugen. Hier werden beispielsweise Anwengung und Nutzen erläutert. Da sich Produkte in Herstellung und Preis nur noch selten untersscheiden, ist ein rein argumentativer Fließtext nur selten optimal. Deshalb ist die Gefühlswelt der Worte sehr bedeutend. Auch die Verwendung von Fremdund Fachwörtern lässt den Text „gut klingen“ und vermittelt ihm eine gewisse Wissenschaftlichkeit. So kann die Seriösität des beworbenen Produkts unterstrichen werden. 5.2.3 Der Bild-Text Bezug in der Werbung9 Das Verhältnis von Text- und Bildinformationen in Werbeanzeigen ist grundsätzlich auf drei verschiedene Arten gestaltet. Anhand der folgenden Beispiele sollen diese näher erläutert werden: (1) Textdominante Werbung Der Text steht im Vordergrund, während das Bild Stimmung und Emotionen anregt. Diese haben allerdings keine weitere Bedeutung für den Inhalt. Abbildung 4 zeigt ein Beispiel für textdominante Werbung. Mit der Anzeige möchte die bekannte Schnellimbisskette McDonald‘s den Leser mit einer neuen „Gesundheits“Strategie, der Veröffentlicung von Nährwerttabellen, überzeugen. Im gesamten oberen Teil der Anzeige wird ein Teil einer Nährwerttabelle gezeigt, die aber teilweise verschwommen erscheint und in dem leicht grauen Hintergrund verblasst. 9 vgl. http://www.teachsam.de (Mai 2007) 26 Werbung. Die Headline besteht nur aus dem kurzen Wort „offen“, welches im vollkommen Gegensatz zur grauen und fast langweiligen Atmosphäre steht. Hierdurch wird aber eine gewisse Spannung aufgebaut und reizt den Leser den, in wesentlicher kleinerer Schrift, gedruckten Fließtext zu lesen. Dieser soll nun dem Leser den Sinn und die Vorteile der Nährwerttabellen erläutern und betont damit gleichzeitig die Offenheit des Fastfoodrestaurants. Die teilweise abgebildete Tabelle dient nur der emotionalen Unterstützung und der Steigerung der Abb.7 Seriösität. (2) Bilddominante Werbung Darunter befindet sich die Headline, die in Bezug auf den folgenden Fließtext überdimensional groß erscheint. Im Gegensatz zu textdominater Werbung steht das Bild im Mittelpunkt und vermittelt die Botschaft. Der Text dient lediglich der Nennung Durch die ausschließlich in grauen Farbtönen gehaltene Anzeige und den klaren Schrifttyp wirkt diese sehr seriös. Sie bildet so einen starken Kontrast zur sonst gewohnt bunten und lebendigen McDonald‘s des Produktnamens, der Marke oder des Slogans. Auch in dieser Werbeanzeige von Hasseröder (Abbildung 5) steht das Bild eindeutig im Mittelpunkt. Der Hintergrund zeigt einen Bach 27 Wortspiel außerdem das Gefühl für die Ursprünglichkeit des Bieres geweckt. Durch das Bild wird sofort klar welches Produkt hier beworben wird und es bedarf keiner weiteren textuellen Erläuterung. (3) Gleichwertiges Verhältnis Stehen Bild und Text in annähernd gleichwertigen Verhältnis zueinander lässt sich nochmal zwischen unterschiedlichen Bedeutungen unterscheiden: - Textzentrierte Werbung Abb.8 der durch einen Wald fließt. Im oberen Teil steht der Slogan der beworbenen Biersorte. Darunter hebt sich ein von grünem Gewächs umschlungene Bierflasche in den Vordergrund. Des weiteren befindet sich rechts unten das Logo des Herstellers. Der klare Waldbach symbolisiert die Frische und Naturbelassenheit des Bieres. Im Slogan „Harzhaft frischer Biergenuß“ wird mit einem 28 Text und Bild sind inhaltlich gleichwertig. Zusätzlich aber verdeutlicht das Bild den Textinhalt. Eine Produktabbildung mit Aufzählung der Eigenschaften wäre ein solcher Fall. - Bildzentrierte Werbung Auch hier sind Text und Bild inhaltlich äquivalent. Der Text erläutert dabei das Bild. Der Übergang zu bilddominater Gestaltung ist fließend. In der Anzeige der Firma Sony für eine neue Speicherkarte (Abb.6) geräte die mit der Speicherkarte ausgestattet sind. Der Blick wird zunächst auf den Speicherchip gelenkt. Ansich wird hier schon klar worum es geht, da auf dem Chip bereits die Speichergröße beschrieben ist und der Vergleich mit der Ameise die geringe Größe der Speicherkarte andeutet. Der untere Bildteil lässt dann darauf schließen, dass es sich um eine Handyspeicherkarte handelt. Die Headline ist der nächste Blickfang. Der Begriff Micropower verdeutlicht das vorher Erkannte. Daraufhin wird erstmalig der Name des Produkts Abb.9 genannt. Im folgenden Fließtext werden die Produkteigenschaften stehen Bild und Text in einem gleich- nochmals hervorgehoben. wertigen Verhältnis. Die Abbildung - Gegenseitig vereindeutigende besteht aus zwei Teilen. Im Oberen Werbung wird eine Ameisenstraße dargeIn diesem Fall ist der Text ohne stellt, die Blätter transportiert. Die das Bild nicht verständlich und ummittlere Ameise trägt jedoch die gekehrt. So werden beispielsweibeworbene Speicherkarte. Darüber se Wortspiele in der Headline erst befindet sich die textuelle Beschreidurch das Bild verstanden oder der bung des Produkts. Am oberen linText macht das Bild erst eindeutig. ken Bildrand steht das Firmenlogo. Ein Beispiel dafür ist die Anzeige von Der untere Teil zeigt alle Mobilfunk29 Volkswagen in Abbildung 7. Eigenschaft des Produkts. Das Bild zeigt einen Hund der aus irgendeinem Grund zwischen Sitz und Rückenlehne festklemmt. Nur der Kopf und die Beine des Hundes ragen heraus. Gegenüber diesen Gestaltungsoptionen existiert noch die Möglichkeit des Bildbruchs. Diesbezüglich erscheinen Bild und Text zusammenhangslos und die Beziehung muss vom Rezipienten selbst interpretiert werden. Erst die Bildunterschrift erklärt die Ursache dafür, was den Hund in diese missliche Lage gebracht hat und unterstreicht damit eine positive 6 Fazit Im Bereich Text-Bild-Bezug wurde lange Zeit nur wenig geforscht, da eine Analyse von Bildern für den sprachwissenschaftlichen Gebrauch nicht in Frage kam. Bilder nicht immer hundertprozent wahrheitsgemäß. Fotos werden oft zu leichtfertig als Informations- und Beweisfunktion gewertet, da diese zum Beispiel Tatsachen auch in falschem Licht beleuchten können. Wenn man aber die Sprache der Werbung analysieren und interpretieren möchte, kann man die Bilder nicht außen vor lassen. In Bezug auf die Wissensvermittlung hat sich gezeigt, dass im Durchschnitt das Lernen mit Sprache und Bild effektiver ist, als das Lernen mit nur einem Medium. Außerdem bietet der technische Fortschritt, durch eine Vielzahl an möglichen Einsatzgebieten visueller Faktoren, den (Print-)Medien große Vorteile bei der Informationsvermittlung. Abb.10 30 Gleichzeitig muss man den Gebrauch von Bildern in Medien aber auch kritisch betrachten. Bilder werden nicht global gleich verstanden und können international unterschiedliche Bedeutungen und Symbolik besitzen. Des weiteren sind 31 7 Literaturverzeichnis • Weidenmann, Bernd (1994c): Lernen mit Bildmedien. Psychologische und didaktische Grundlagen. (Mit den Augen lernen; Bd.1), Weinheim / Basel: Beltz • Bucher, Hans-Jürgen (1998): Vom Textdesign zum Hypertext. In: Medien im Wandel. Hrsg. von Werner Holly und Ulrich Biere, Opladen: Westdeutscher Verlag, S.63-102 • Schnotz, Wolfgang (2002): Wissenserwerb mit Texten, Bildern und Diagrammen. In: Information und Lernen mit Multimedia und Internet, Hrsg. von Issing, L.J., Weinheim: Beltz • Steinmetz, Ines (1998): Das Text-Bild-Verhältnis in tätigkeitsleitenden Texten: Wissensdarstellung und Anforderungsanalyse • Schierl, Thomas (2001) : Text und Bild in der Werbung. Bedingungen, Wirkungen und Anwendungen bei Anzeigen und Plakaten, Herbert von Halem Verlag • Abb. 4: Integrationsmodell nach Ballstaedt (Quelle: Steinmetz,1998,S.30) • Abb. 5: Titelbild Bildzeitung, 8. April 2006 (Quelle: http://www.lehrerfreund.de/medien/deutschunterricht/alliteration/alliteration-kingkahn. jpg (Aug 2007)) • Abb. 6: Werbung für das Jane Goodall Institut Deutschland (Quelle: National Geographic, August 2007, S.8) • Abb. 7: McDonald‘s Werbung (Quelle: Vanity Fair, Nr. 23, Mai 2007, S. 29) • Abb. 8: Hasseröder Printwerbung (Quelle: http://www.uni-koblenz. de/~odsbcg/baeume97/bier.jpg (Mai 2007)) • Abb. 9: Memory Stick Micro Printwerbung (Quelle: Mobile News, Nr.6, Januar 2007, S.15) • Abb. 10: VW Printwerbung (Quelle: http://www.rh-home.de/gti/img/ vw_werbung_01.jpg (August 2007)) • http://www.teachsam.de/arb/bild/bildkom/bildkom_4htm.htm • http://www.teachsam.de/pro/pro_werbung/werbesprache/anzeigenwerbung/pro_werbung_spr_anz_3_3_2_3_2.htm (Mai 2007) 8 Abbildungsverzeichnis • Abb. 1: Bildfunktionen Weidenmann (Quelle: Weidenmann, Bernd (1994c) , s. Literaturverzeichnis, S.27) • Abb. 2: Funktionene der Sprache im Bild-Text-Verhältnis (Quelle: http://www.teachsam.de/pro/pro_werbung/werbesprache/anzeigenwerbung/pro_werbung_spr_anz_3_3_2_3_3.htm) • Abb. 3: Rubinsche Vase (Quelle: http://www.inklusion-online.net/ images/1_Kippbild.jpg) 32 33