Buddhismus Einführung und seine Geschichte im Westen 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 1 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 2 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 3 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 4 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 5 Der historische Buddha [Alexanders Indienfeldzug: 327-­‐325] § § Der Maurya Kaiser Ashoka wird in den Inselchroniken Dîpavamsa und Mahāvamsa mit dem Tod des Buddha in chronologische Reihenfolge gebracht: § 218 Jahre nach dem Tod des Buddha sei er gekrönt worden § Andere Tradi]onen gehen von 100 oder 118 Jahre aus § Um 60 Jahre irrt sich die ceylonesische Tradi]on in der Da]erung Ashokas (gekrönt wurde er 326/325 v.u.Z.) § Indizien sprechen für die Annahme, dass Buddha 85-­‐105 Jahre vor vor Ashokas Krönung und 30-­‐50 Jahre vor Alexanders Indienfeldzug anzusetzen ist § Da er ca. 80 Jahre lebte, wird er (wahrscheinlich) ca. 450-­‐370 v.u.Z. gelebt haben. § Sicher ist: er hat vor Alexanders Indienfeldzug gelebt; die Buddhist Era (B.E.) rechnet nach dem Parinirvāna (endgülQge Verlöschen) im Theravāda-­‐Buddhismus nach dem Jahr 544/43 = 2557 B.E. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 6 In welcher Umwelt lebte der historische Buddha? § 1600 v.u.Z. Einwanderung von Indo-­‐Arier (hellhäu]gere Stämme) nach Nordindien § Unterwerfung der dravidischen Kultur, Patriarchat, drei Stände: Priester (Kultspezialisten), Krieger und Adel, die Ernährer (Bauern) § Vier Kasten (varna): 1. Brāhmanen, 2. kshatriyas (Krieger), 3. vaishyas (Bauern) und 4. die shudras (Diener?) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 7 Welches sind die Namen des Buddha? Persönlicher Name: Siddhārtha Gehört der Sippe der Gautama an Sein Ehren]tel ist ‚der Buddha‘: der Erwachte Er gehört zur Volksgruppe der Shākya (eine Stammesdemokra]e – gana), weshalb er auch Shākyamuni genannt wird (= Asket aus der Volksgruppe der Shākya) § Gesellschaklicher Stand: Kshatriya – Krieger § § § § 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 8 Historische Orte im Leben des Buddha § § § § § Ort der (legendären) Geburt Lumbinî Ort des Erwachens Bodh Gayā (bei Gayā) soll die bodhi stamgefunden haben Predigt von Sarnath: das Rad der lehre wird in Gang gesetzt Als Wanderprediger hat er die Orte besucht: Vaishālî, Rājgir, Nālandā (bei Gayā), Die Stäme seines Totes (das endgül]ge Verwehen, parinirvāna): Kushinagara 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 9 Biographische StaQonen Die Zeit der Suche und der Erleuchtung Die Zeit der Versuchungen Nirvâna Der Gründungsmythos: die erste Predigt und die Gründung der Gemeinde • Anfang der Gemeindebildung • Die letzten Lebensjahre und der Tod des Buddha • Reliquien • • • • 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 10 Der historische Buddha Japan, 19. Jahrhundert Der künkige Buddha prak]ziert Askese (Gandhâra-­‐Kunst) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 11 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 12 Die vier edlen Wahrheiten § [II 1] Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit vom Leiden-­‐ Geburt ist leidvoll, Alter ist leidvoll, Krankheit ist leidvoll, Sterben ist leidvoll; mit Unlieben vereint zu sein, ist leidvoll; von Lieben getrennt zu sein, ist leidvoll; nicht zu erlangen, was man begehrt, ist leidvoll. Kurz gesagt, die „fünf Gruppen des Ergreifens“ sind leidvoll. § [II 2] Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens: Es ist dieser Wiedergeburt erzeugende, von Wohlgefallen und Lust begleitete Durst, der bald hier, bald dort sich ergötzt, das will sagen: der Durst nach Sinnenlust, der Durst nach Werden, der Durst nach Vernichtung. § [II 3] Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Aurebung des Leidens: Es ist ebendieses Durstes restlose, durch Gleichmut (erreichte) Aurebung, seine Aufgabe, Preisgabe, die Erlösung und das Freisein von ihm. § [II 4] Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von dem zur Aurebung des Leidens führenden Pfad: Es ist eben dieser Edle Achtgliedrige Weg, nämlich: rechte Sicht, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechte Lebens-­‐führung, rechtes Bemühen, rechte Achtsamkeit und rechte Konzentra]on. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 13 Die Predigt von Sarnath (bei Benares) [Pāli-­‐Version] [I 1] Folgende zwei Extreme, ihr Mönche, sollten von einem, der der Welt entsagt hat, nicht verfolgt werden. Welche zwei? Da ist einerseits diese auf die Begierden gerichtete Hingabe an die Annehmlichkeit der Begierde, die niedrig, grob, gemein, unedel und zwecklos ist, und andererseits diese Hingabe an Selbstpeinigung, die leidvoll, unedel und zwecklos ist. Diese beiden Extreme, ihr Mönche, hat der Vollendete vermieden, und es ist ihm der Mimlere Pfad vollständig aufgegangen; er macht sehend, verleiht Einsicht und führt zur Ruhe, zum höheren Wissen, zum Erwachen und zum Nirvāna. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 14 [I 2] Und welches, ihr Mönche, ist der dem Vollendeten vollständig aufgegangene Mimlere Pfad, der sehend macht, Einsicht verleiht und zur Ruhe, zum höheren Wissen, zum Erwachen und zum Nirvāna führt? Es ist ebendieser Edle Achtgliedrige Weg, nämlich: rechte Sicht, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechte Lebensführung, rechtes Bemühen, rechte Achtsamkeit und rechte Konzentra]on. Dies führwahr, ihr Mönche, ist der dem Vollendeten vollständig aufgegangene Edle Achtgliedrige Weg, der sehen macht, Einsicht verleiht und zur Ruhe, zum höheren Wissen, zum Erwachen und zum Nirvāna führt. Buddha setzt das Rad der Lehre in Gang, Sārnāth 5. Jh. n.u.Z. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 15 Die vier edlen Wahrheiten § Die Wahrheit vom Leiden Dukkha § Die Wahrheit von der Entstehung des Leidens Samudâya § Die Wahrheit von der Aurebung des Leidens Nirodha § Die Wahrheit vom Weg, der zur Aurebung des Leidens führt Mârga 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 16 Der achtgliedrige Pfad § Rechte Erkenntnis § Rechte Gesinnung § Rechte Rede § Rechtes Handeln § Rechte Lebensführung § Rechte Anstrengung § Rechte Achtsamkeit § Rechte Versenkung 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 17 Der Kanon: Die drei Körbe § tripiṭaka (Skt), Pâli-­‐Sprache: Qpiṭaka »Drei-­‐Korb« für die 3 kanonischen Sammlungen: § vinaya (Ordenszucht, Mönchsdisziplin), § sūtra (Lehrreden) § abhidharma (ver]eke Lehre, ‚Metaphysik‘). 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 18 Der Tod des Buddha -­‐ Parinirvāna 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 19 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 20 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 21 Entstehen in Abhängigkeit Wenn man, Ânanda, gefragt wird: ,Ist Alter und Tod von irgend etwas abhängig?' so wäre zu antworten: ,Ja.' Und wenn der Betreffende sagt: ‚Wovon ist Alter und Tod abhängig?' so wäre zu antworten: ,Von der Geburt ist Alter und Tod abhängig.' Wenn man, Ânanda, gefragt wird: ,Ist die Geburt von irgend etwas abhängig?' so wäre zu antworten: ,Ja.' Und wenn der Betreffende sagt: ‚Wovon ist die Geburt abhängig?' so wäre zu antworten: ,Vom Werden ist die Geburt abhängig.' Wenn man, Ânanda, gefragt wird: ,Ist das Werden von irgend etwas abhängig?' so wäre zu antworten: ,Ja.' Und wenn der Betref-­‐fende sagt: ‚Wovon ist das Werden abhängig?' so wäre zu antworten: ‚Vom Ergreifen ist das Werden abhängig.' Wenn man, Ânanda, gefragt wird: .Ist das Ergreifen von irgend etwas abhängig?' so wäre zu antworten: ,Ja.' Und wenn der Betreffende sagt: ‚Wovon ist das Ergreifen abhängig?' so wäre zu antwor-­‐ten: ‚Vom Durst ist das Ergreifen abhängig.' 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 22 prantyasamutpāda § Pâli: paṭiccasamuppāda § aus Skt. pra]t itya bzw. Pâli. paṭicca § = zur Voraussetzung habend, bedingt durch, abhängig von, zurückgehend auf; § = Entstehen: es wird übersetzt als Satz vom Kausalnexus bzw. vom bedingten Entstehen § Die buddhis]sche Lehre von der ursächlichen oder – besser – kondi]onalen Abhängigkeit des Entstehens jedweder psychophysischen Existenz in der Welt gehört zusammen mit der Lehre vom Nichtselbst (anātman) zum Grundverständnis der Lehre des Buddha. § Der prantyasamutpāda zeigt, dass die Erscheinungen in einem kausalen bzw. kondi]onalen Abhängigkeitsverhältnis voneinander u. zueinander stehen; § etwas nicht Abhängiges, nicht Kon]ngentes, also etwas Absolutes lässt sich in der Welt, zu der ausdrücklich auch die Gömerwelten gehören, nicht ausmachen. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 23 bhavacakra -­‐ als synchrone Medialisierung buddhisQscher Lehre 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 24 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 25 Bhavacakra – Rad des Werdens (Lebens) • Darstellung des Kreislaufs der Wiedergeburten (samsâra) • An ]be]schen Tempeln neben dem Eingang • Mâra, der Dämon des Todes hält das Werdensrad in seinen Klauen 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 26 Was den leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten in Gang hält • Schwein, Schlange, Hahn (Taube) als Gier (râga), Hass (dvesha) und Dummheit (Verblendung -­‐ moha) bilden die treibende Radnarbe • Ziel ist die Vernichtung der drei Verunreinigungen (klesha) • Rechts karmischer Abs]eg (Dämon); links karmischer Aufs]eg (Mönch: wendet sich gegen den Trinkbecher, der für Durst – trshna – steht) • Zwischen beiden Möglichkeiten des Lebens muss gewählt werden 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 27 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Die Triebkräke der Wiedergeburt / D er Weg des Karman Geschichte im Westen 28 Transzendenz und Immanenz • Jenseits des Rades der Wiedergeburt: • Buddha Gautama mit Verweis auf die Vollmondnacht des Mai (~ 528 v.u.Z.), in der er den Weg aus dem Samsâra fand und zum ‚Erwachten‘ (buddha) wurde • Links: der transzendente Bodhisamva Avalokiteshvara, dessen Mitleid durchdringt alle Reiche der Wiedergeburt (sechs); die Linke hält einen Lotoszweig, die rechte Hand in der Gewährleistungsgeste der Hilfsbereitschak (varadamudrâ) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 29 Die Dimensionen der Weltreiche • • • • • • • • • Sechs Reiche / Welten (ga]) Menschen werden nach der Qualität ihrer Taten und Absichten (karman, samskâra) wiedergeboren In jedem dieser Reiche bemüht sich Avalokiteshvara um Erleichterung und um Kenntnis der Lehre des Buddha 1. Reich der Göqer (deva) 2. Reich der Titanen (asura) 3. Reich der Tiere 4. Das Höllenreich 5. Reich der Gespenster, Abgeschiedenen, Totengeister (preta) 6. Die Menschenwelt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 30 Sechs Reiche, Welten oder Existenzformen • I. Deva: Göqer haben es schwer, die Notwendigkeit der Erlösung einzusehen • II. Asura: Titanen bekriegen sich, nur einer hört der Lehre zu • III. Die Welt der Tiere • IV. Das Leiden im Höllenreich 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 31 Welt der Gömer 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen Welt der Titanen 32 Welt der Höllenwesen Welt der Tiere 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 33 Die Menschenwelt als Heilsermöglichungsort • V. Das Gespensterreich als Ort der Wiedergeburt der Habgierigen, Geizigen und Gefräßigen • VI. Das günsQgste Reich der Wiedergeburt ist die Menschenwelt: Avalokiteshvara als Wanderarzt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 34 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen Welt der Gespenster 35 05.01.15 Welt der Menschen Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 36 prastyasamutpâda • 1. Unwissenheit (avidyâ) als blinde Greisin • 2. entwickelt Tatabsichten (samskâra), versinnbildlicht durch einen Töpfer, • 3. die das Bewusstsein (vijnâna) mo]vieren eine neue Existenz zu formen, wie ein Affe von haus zu Haus schwingt: • 4. Mit Name und Körper (nâma-­‐ rûpa), die wie zwei Ruderer aufeinander angewiesen sind, beginnt die neue, karmische Existenz 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 37 Unwissenheit Tatabsichten 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 38 Bewusstsein Name und Körper 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 39 • 5. Die sechs Sinne (sadâyatana) – Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und Denken – sind als sechsfenstriges Haus symboliisert. • 6. Hieraus entsteht die, durch ein kopulierendes Paar symbolisierte Berührung (sparsha) als Wahrnehmung der Objekte 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 40 Berührung Die sechs Sinne 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 41 • 7. Empfindung (vedanâ), schmerzhak wie der Pfeil im Auge • 8. Gier (trshnâ) oder Durst: Bier symbolisiert das Ergreifen einer Existenzform nach dem Tod • 9. Dieses Ergreifen (upâdâna) wird symbolisiert durch einen nach Früchten gierigen Affen • 10. Werden (bhava) stzt zur Existenzform über: eine Frau symbolisiert die lockende Liebe, die zur Wiedergeburt führt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 42 -­‐ Einführung und seine 05.01.15 Durst Buddhismus Geschichte Empfindung im Westen 43 Werden Ergreifen 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 44 Das Rad schließt sich: • 11. Geburt (jâ]) setzt ein: eine Gebärende • 12. schließlich charakterisieren Alter und Tod (jarâmarana) das Werdensrad: eine Leiche wird getragen zur Leichenstäme getragen 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 45 Geburt Alter und Tod 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 46 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen Buddhis]sches Gemälde aus Bhutan 47 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 48 Buddhismus als Religion • Philosophie als diskursive oder durch Vernunk begründete Interpreta]on der Welt • Religion als Glaubensvorstellung und Handlungsorien]erung – Narra]on, Weltanschauung, Glaube – Soteriologie, Heilslehre, Heilsgeschichte – Iden]tät, Orien]erung, Ordnung – Gemeinschau, Ritual, Ethik 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 49 A-­‐theisQsche Soteriologie: Die vier edlen Wahrheiten • Die Wahrheit vom Leiden – Dukkha • Die Wahrheit von der Entstehung des Leidens – Samudâya • Die Wahrheit von der Aurebung des Leidens – Nirodha • Die Wahrheit vom Weg, der zur Aurebung des Leidens führt -­‐ Mârga 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 50 Nirvana staq Goq auch für die Bes]mmung des Nirvâna gilt der „mimlere Weg": Zwar erlöschen beim Erlösten alle Daseinsgruppen, versiegt aller Gier, Hass und Wahn, doch erscheint das Nirvâna nur dem unwissenden Weltmenschen als Vernichtung. Für den Wissenden ist es der von der Welt radikal verschiedene Bereich des Friedens; so sagt Buddha (Udâna VIII. 3): „Es gibt, ihr Mönche, einen Bereich, wo weder Festes noch Flüssiges ist, weder Hitze noch Bewegung, weder diese Welt noch jene Welt, weder Sonne noch Mond. Das, ihr Mönche, nenne ich weder ein Kommen noch ein Gehen, noch ein S]llestehen, weder ein Geborenwerden noch ein Sterben. Es ist ohne jede Grundlage, ohne Entwicklung, ohne Stützpunkt: das eben ist das Ende des Leidens." 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 51 Die Laien im Buddhismus 1. 2. 3. 4. 5. Für die Laien gibt es keine feste Form der religiösen Organisa]on; man bekennt sich ohne weitere Formalität als Buddhist, indem man zum Buddha, seiner Lehre und seiner Gemeinde Zuflucht nimmt. Den Laien gab der Buddha den Rat, sich auf das geistliche Leben vorzubereiten oder für eine gute Wiedergeburt zu sorgen, indem sie wenigstens fünf Grundregeln des ethischen Verhaltens („fünf shilas") einhalten: Vermeidung des Zerstörens von Leben, Unterlassung des Diebstahls, Enthaltung von unkeuschem Lebenswandel, nicht zu Lügen, berauschende Getränke zu vermeiden. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 52 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 53 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 54 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 55 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 56 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 57 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 58 Goyried Wilhelm Leibniz, Theodizee „Die von den QuieQsten sehr weitgetriebene Vernichtung unserer individuellen Eigentümlichkeit dürke bei einigen verkleidete Goqlosigkeit sein: wie man von dem Quie]smus des Fo berichtet, dem S]ker einer großen Sekte Chinas, der seine Religion 40 Jahre lang predigte, und als er sich dem Tode nahe fühlte, seinen Schülern erklärte, er habe ihnen die Wahrheit unter dem Schleier des Gleichnisses verborgen, und alles sei auf das Nichts als das erste Prinzip aller Dinge zurückzuführen.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 59 Immanuel Kant: Nichts vs. Goq „Die Sekte des Fo glaubt an die Seelenwanderung. Es ist eine Meinung unter ihnen, daß das Nichts der Ursprung und das Ende aller Dinge sei, daher eine Fühllosigkeit und Entsagung aller Arbeit auf einige Zeit gomselige Handlungen sind. [...] Wollte Goq, wir wären mit orientalischer Weisheit verschont geblieben“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 60 Immanuel Kant: Vernichtung des Individuums „[Ein] Ungeheuer von System [...] von dem höchsten Gut, das im Nichts bestehen soll: d.i. im Bewußtsein, sich in den Abgrund der Goqheit, durch das Zusammenfließen mit derselben und also durch Vernichtung seiner Persönlichkeit, verschlungen zu fühlen; von welchem Zustande die Vorempfindung zu haben, sinesische Philosophen sich in dunkeln Zimmern, mit geschlossenen Augen, anstrengen, dieses ihr Nichts zu denken und zu empfinden. “ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 61 Das Morgenland in den frühen Philosophiegeschichten Carl Jos. Windischmann -­‐ 1827 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 62 Windischmann: unvernünuig, negaQv und phantasQsch ... „Was die buddhis]sche Lehre selbst betri…, so [will der Buddha], daß auch das Seyende nicht sey; das Nichten†altete ist ihm nicht blos dieses, wie es nämlich, seyend an sich, nur immer in der Schwebe zwischen En†altung und Zurücknahme in sich ist, sondern der unendliche Abgrund des Nichts von Allem, was ist. Hiemit hat die alte Lehre ihren wesentlichen Haltepunkt, den Geist, verloren und es ist gleichsam alles in grundlose Tiefen der Gewässer versunken, über denen nicht blos der Geist Goqes, sondern auch der verständige Geist des Menschen nicht mehr schwebt. Das Letzte, Unaussprechliche, ganz eigentlich Inhaltlose ist die Vernunk, welche Nichts vernimmt. [... D]ie Skepsis gegen das Vergängliche nicht allein, sondern gegen alles Seyn ist hier in den schärfsten Widerspruch mit der Einbildung getreten, die sich immer wieder aufdringt, so daß wir das wunderlichste Schwanken zwischen dem absolut NegaQven und dem rastlos PhantasQschen vor uns haben.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 63 Hegels InterpretaQon der Religionsgeschichte "Es ist die Arbeit des Geistes durch Jahrtausende [...], den Begriff der Religion auszuführen [...]." 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 64 Hegels theisQsches Missverständnis „Der Mensch hat aus sich Nichts zu machen. In seinem Sein hat er sich auf diese nega]ve Weise zu verhalten, sich nur zu wehren nicht gegen das Äußerliche, sondern gegen sich selbst. Der Zustand, der als das vorgestellt wird, was des Menschen Ziel ist, dieser Zustand der Einheit und Reinheit heißt bei den Buddhisten Nirwana und wird so beschrieben, daß, wenn der Mensch folgenden Beschwerden nicht mehr unterworfen ist: Gewicht, Alter, Krankheit, Tod, er Nirwana erreicht habe; er ist dann idenQsch mit Goq, anzusehen als Goq selbst, ist Buddha geworden.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 65 Arthur Schopenhauer (1788-­‐1860) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 66 Der Buddhaismus als Schopenhauers Wille und Vorstellung „Wollte ich die Resultate meiner Philosophie zum Maaßstabe der Wahrheit nehmen, so müsste ich dem Buddhaismus den Vorzug vor den anderen [Religionen] zugestehn. Jeden Falls muß es mich freuen, meine Lehre in so großer Übereins]mmung mit einer Religion zu sehen, welche die Majorität auf Erden für sich hat; da sie viel mehr Bekenner zählt, als irgend eine andere. Diese Übereins]mmung muß mir aber um so erfreulicher seyn, als ich, bei meinem Philosophiren, gewiß nicht unter ihrem Einfluß gestanden habe.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 67 ‚Leiden‘: das wahre Christentum und der Buddhismus „Darum also sage ich, daß der Geist der Christlichen Moral mit dem des Brahmanismus und Buddhaismus iden]sch ist. — In Gemäßheit der ganzen hier dargelegten Ansicht, sagt auch Meister Eckhard: »Das schnellste Thier, das euch trägt zur Vollkommenheit, das ist Leiden.«“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 68 Schuld des Menschengeschlechts „Der innerste Kern und Geist des Christenthums ist mit dem des Brahmanismus und Buddhaismus der selbe: sämmtlich lehren sie eine schwere Verschuldung des Menschengeschlechts durch sein Daseyn selbst; nur daß das Christenthum hiebei nicht, wie jene älteren Glaubenslehren, direkt und unumwunden verfährt, also nicht die Schuld geradezu durch das Daseyn selbst gesetzt seyn, sondern sie durch eine That des ersten Menschenpaares entstehen läßt.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 69 Schopenhauers Ablehnung des Theismus „wie noch heutzutage in den Schriken deutscher Gelehrten durchgängig Religion und Theismus ohne weiteres als iden]sch und synonym genommen werden; während Religion sich zum Theismus verhält wie das genus zu einer einzigen species“ „Der Buddhaismus ist, so wie streng idealis]sch und pessimis]sch, auch entschieden und ausdrücklich atheis]sch, durch welche letztere Eigenschak er beweist, daß diejenigen irren, welche Religion und Theismus ohne Weiteres als iden]sch und synonym nehmen.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 70 1856: Buddha herrscht in seinen heiligen Hallen auf einer Konsole in der Ecke 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 71 Der Buddhaist von Frankfurt „Sie werden keinen christlichen Heiligen, keine Kruzifixe bei mir finden, und doch habe ich auch meine Penaten [Hausgömer] . Ich habe mich lange bemüht, einen alten Buddha zu erhalten. Endlich hat der Geheime Rat Krüger einen solchen, aus Tibet stammend, für mich gefunden. Er war ursprünglich schwarz lackiert, ich habe ihn aber bei Junge vergolden lassen und demselben strenge befohlen, nur echtes Gold zu nehmen und nicht daran zu sparen.“ „Der Buddha ist von seinem schwarzen Überzuge befreit worden, ist von guter Bronze, glänzt wie Gold, steht auf einer schönen Konsole in der Ecke: so dass jeder beim Eintrim schon sieht, wer in diesen »heiligen Hallen« herrscht.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 72 Richard Wagner (1813 – 1883) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 73 Opernprojekt: Die Sieger Die Sieger. Chakya-­‐Muni, Ananda, Prakri], (deren Mumer), Brahmanen, Jünger, Volk. -­‐ Der Buddha auf seiner letzten Wanderung. -­‐ Ananda am Brunnen von Prakri], dem Tchandalamädchen, getränkt. Hekige Liebe dieser zu Ananda; dieser erschümert. Prakri], im hekigsten Liebesleiden: ihre Mumer lockt Ananda herbei: großer Liebeskampf: Ananda bis zu Thränen ergriffen und geängs]gt, von Chakya befreit -­‐ Prakri] trim zu Buddha, am Stadmhore unter dem Baume, um von ihm Vereinigung mit Ananda zu bimen. Dieser frägt sie, ob sie die Bedingungen dieser Vereinigung erfüllen wolle? Doppelsinniges Zwiegespräch, von Prakri] auf eine Vereinigung im Sinne ihrer Leidenschak gedeutet; sie stürzt erschreckt und schluchzend zu Boden, als sie endlich hört, sie müsse auch Ananda's Gelübde der Keuschheit ertragen. Ananda von Brahmanen verfolgt. Vorwürfe wegen der Befassung Buddha's mit einem Tchandalamädchen. Buddha's Angriff des Kastengeistes. Er erzählt dann von Prakri]'s Dasein in einer früheren Geburt; sie war damals die Tochter eines stolzen Brahmanen; der Tchandala-­‐König, der sich eines ehemaligen Dasein's als Brahmane erinnert, begehrt für seinen Sohn des Brahmanen Tochter, zu welcher dieser hekige Liebe gefaßt; aus Stolz und Hochmuth versagte die Tochter Gegenliebe und höhnte den Unglücklichen. Dieß hame sie zu büßen, und ward nun als Tchandalamädchen wiedergeboren, um die Qualen hoffnungsloser Liebe zu empfinden; zugleich aber zu entsagen und der vollen Erlösung durch Aufnahme unter Buddha's Gemeinde zugeführt zu werden. -­‐ Prakri] beantwortet nun Buddha's letzte Frage mit einem freudigen Ja. Ananda begrüßt sie als Schwester. Buddha's letzte Lehren. Alles bekennt sich zu ihm. Er zieht dem Orte seiner Erlösung zu. Zürich, 16. Mai 1856. [Sämtliche Schriken und Dichtungen: Elker Band. Richard Wagner: Werke, Schriken und Briefe, S. 5839 (vgl. Wagner-­‐SuD Bd. 11, S. 325 ff.)] 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 74 Schopenhauer als Katalysator des Buddhismus im Westen • Friedrich Zimmermann (Pseudonym.: Subhadra Bhikschu) (1851-­‐1917), Verfasser des sehr einflussreichen Buddhis]schen Katechismus (1888) • Karl Eugen Neumann (1865-­‐1915), der bekannte Übersetzer • Paul Dahlke (1865-­‐1928), der Gründer des Buddhis]schen Hauses in Berlin-­‐Frohnau (1924) • Arthur Pfungst (1864-­‐1912) • Georg Grimm (1868-­‐1945), Gründer der altbuddhis]schen Gemeinde (Vorläufer 1921 gegründet) • Giuseppe de Lorenzo (1871-­‐1957), Übersetzer von Schopenhauer und K. E. Neumanns Majjhima-­‐Übersetzung ins Italienische 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 75 Schopenhauer als Katalysator des Buddhismus im Westen • • • • • • • 05.01.15 Anton Walter Florus Gueth (Nyâna]loka) (1878-­‐1957), erster deutscher Mönch Max Ladner (1889-­‐1963), von 1948-­‐1961 Herausgeber der Zeitschrik Einsicht Ernst Lothar Hoffmann (Lama Anagarika Govinda) (1898-­‐1985), Begründer des Arya Maitreya Manala Maya Keller-­‐Grimm (1899-­‐1990), führend in Altbuddhis]cher Gemeinde Edward Conze (1904-­‐1979), Mahâyâna-­‐Buddhologe und Buddhist Max Hoppe (1907-­‐1992), altbuddhis]sche Gemeinde Nyânajîvaka, ungarischer Mönch, zunächst Philosophieprofessor, schrieb Buch über Schopenhauer und Buddhismus, in dem er zeigt, dass Schopenhauer den Buddhismus gut verstanden hat Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 76 Der Kampf der christlichen Völker gegen die gelbe Gefahr der buddhisQschen Völker des Ostens 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 77 Buddhismus als Feindbild • • • Kaiser Wilhelm II. hielt es für nö]g, durch ein allegorisches Gemälde die europäische Christenheit zu gemeinsamem Kampfe gegen den eindringenden Buddhismus aufzurufen Bild von H. Knackfuß (1848-­‐1915) "Völker Europas, wahret Eure heilgsten Güter", nach einem Entwurfe von Kaiser Wilhelm II., Geschenk des deutschen Kaisers an den Zaren von Russland (war in deutschen Fernost-­‐Dampfern aufgehängt) Erzengel Michael führt mit dem Flammenschwert die als weibliche Figuren symbolisierten abendländischen Na]onen gegen die buddhis]sche Gefahr aus dem Osten 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 78 Karl Seidenstücker (1876 – 1936) • • • • • • • • • • Studium 1895 bis 1902 Indologie, Philosophie, Medizin in Leipzig (Indologie bei Windisch), GöŠngen und Halle Pâli bei Pischl in Halle (1891 promovierte dort Neumann) Ab 1902 bekennt er sich zum Buddhismus 1903 Mitgründer des buddhis]schen Missionsvereins in Leipzig 1903 – 1904 regelmäßige Vorträge im Reform-­‐Speisehaus in Leipzig 1909 Deutsche Pâli-­‐Gesellschak 1915 wird er aufgrund von Lektüre seines Hauptwerkes zum Anhänger von Georg Grimm Intensive Mitarbeit im Oskar Schloß Verlag in Neubiberg 1934 Schlaganfall Seinen Tod nahm keine der damals noch bestehenden Buddhis]schen Zeitschriken wahr 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 79 • • Seidenstücker als Bruno Freydank Seidenstücker ebnete den Weg für die buddhis]sche Missionierung durch schärfste Kri]k am Christentum unter dem Pseudonym Bruno Freydank Buddha und Christus : Eine buddhisQsche ApologeQk. Leipzig, Buddhis]scher Missionsverlag, 1903. – VIII, 187 S. – "Noch stehen wir am Anfange der freilich schon nach vielen Tausenden zählenden buddhis]schen Bewegung...". [S. 155] • Die Greuel der christlichen ZivilisaQon : Briefe eines buddhisQschen Lama aus Tibet / Hrsg. v. B. Freydank, Leipzig : Buddhis]scher Missionsverlag, 1903, 204 S. – "Die christliche Zivilisa]on ... ist ein großes Grab, äußerlich reich geschmückt..., innerlich aber morsch und voll Moder und Totengebein.“ [S. 16f.] • BuddhisQsche Mission: das »christliche« Barbarentum in Europa; Aufruf an alle Erleuchteten und wahren Jünger des erhabenen Buddha, die noch im ]efen Abgrunde religiöser Unwissenheit versunkenen Barbaren und Heiden des Westens auf den Weg der Erlösung zu führen / von einem Lama. Mit einer Vorrede und Anmerkungen vom Verfasser der „Lotosblüten“ [=Franz Hartmann], Leipzig: Verlag von Wilhelm Friedrich 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 80 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 81 BuddhisQsche Katechismen • Freydank, Bruno: Kleiner buddhis]scher Katechismus: ein Hilfsbüchlein zum ersten Studium des Buddhismus zusammengestellt, Leipzig: Buddhis]scher Verlag, ca. 1904 4. Auflage 1904 überklebt mit Oskar Schloß. -­‐ 30 S. • Das erste Buch dieser Art überhaupt war Olcom's (1832-­‐1907) Buddhis]scher Katechismus gewesen, der 1881 auf Englisch erschien, bald in viele Sprachen übersetzt wurde und in Ceylon eine Rückbesinnung zum Buddhismus bewirkte. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 82 A Buddhist catechism 1881 erscheinen die singhalesische und englische Fassung von: Olcoq, H. S. : A Buddhist catechism, according to the canon of the Southern Church / by Henry S. Olcom. Approved, and recommended for use in Buddhist schools by H. Sumangala. -­‐-­‐ Colombo : Theosophical Society, Buddhist Sec]on, 1881. -­‐ 28 p 1. singhales. Aufl -­‐ Colombo, 1881. 1st American edi]on by E. Cones. -­‐ Boston, 1885. 1. deutsche Ausg. -­‐ 1887. 3. deutsche Ausgabe. -­‐ 1906. 1.indische Ausgabe: A Buddhist catechism according to the Sinhalese canon. -­‐ Madras, 1904. -­‐ 44.Aufl.: The Buddhist catechism. -­‐ Madras, 1915. 1. tschechische Ausg. -­‐ 1917. Übersetzungen in über 20 Sprachen. Abb.: Einband]tel eines Reprints der 2. deutschen Ausgabe (1902), Reprint Verlag Leipzig o. J. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 83 1888: Subhadra Bhikschu: Buddhis?scher Katechismus (Friedrich Zimmermann 1852-­‐1917): Buddhis]scher Katechismus zur Einführung in die Lehre des Buddha Gotama. -­‐-­‐ Braunschweig, 1888. -­‐-­‐ 88 S. 2.-­‐6. Aufl.: 1890 (2. Aufl.); 1892 (3. Aufl.); 1894 (4. Aufl.); 1896 (5. Aufl.); 1898 (6. Aufl.) 7. Aufl. -­‐-­‐ Berlin, 1902. 85 S. 8. -­‐ 11. Aufl. -­‐-­‐ Leipzig, 1908 12.-­‐14. Aufl., durchges. von K. Seidenstücker. -­‐-­‐ Leipzig, 1921. -­‐-­‐ 107 S. Englische Übersetzung: London, 1890; 1891 (2. Aufl.); 1892 (3. Aufl.); 1894 (4. Aufl); 1895 (amerikan. Ausg. der 4. Aufl. -­‐-­‐ New York); 1906 (5. Aufl. -­‐-­‐ Colombo; Nachdruck: 1949); 1920 (6. Aufl. -­‐-­‐ New York); 1922 (7. Aufl. -­‐-­‐ New York); 1970 (8. Aufl. -­‐-­‐ Kandy; Nachdruck: 1980) Französische Übersetzung: Paris, 1889; Genf, 1998; Louvain, 1892 (gekürzte Fassung) Holländische Übersetzung: Haag, 1889; Arnheim-­‐Nijmwegen, 1897 (2. Aufl.); Amsterdam, 1906 (3. Aufl.) Italienische Übersetzung: Neapel, 1897; 1922 (2. Aufl.) Japanische Übersetzung: Otsu, 1891; Osaka, 1893 (2. Aufl.) Schwedische Übersetzung: Stockholm, 1890 Ungarische Übersetzung: 1893, 1896, 1901, 1906 Tschechische Übersetzung: 1919. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 84 Eine neue Zeitrechnung für Europa Glaube Niemand, mit der Lehre des indischen Weltweisen schnell fer]g zu werden. Alles Große ist schwierig, und die Erkenntnis hat viele Grade. Jede erkannte Wahrheit ist nur die Stufe zu einer höheren, noch nicht erkannten. Wer in diesem Sinne den »Buddhis]schen Katechismus« liest, der allein liest ihn recht. Und so möge denn das Licht der welterleuchtenden Lehre, das aus dem fernen Osten, woher ja alles Licht stammt, jetzt seine Strahlen in das Abendland hinübersendet, sich siegreich immer weiter ausbreiten, zum Wohle, zum Heile, zur Befreiung für Jedermann. Im Jahre 2441 nach dem Nirwâna des Vollendeten. Subhadra Bhikschu.“ ... 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 85 Das „Licht des Ostens“ und die Suche nach der „Religion der Zukunu“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 86 Weltanschauungen des miqleren und fernen Asiens (Indien – China – Japan) und ihr Einfluss auf das religiöse und siqliche Leben, auf Kunst und Wissenschau dieser Länder 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 87 Karl Gjellerup (1857-­‐1919) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 88 Hermann Hesse (1877-­‐1962) „Buddhas Reden nämlich sind nicht Kompendien einer Lehre, sondern sie sind Beispiele von MeditaQonen, und das mediQerende Denken eben ist es, was wir bei ihnen lernen können. Ob Medita]on zu anderen wertvolleren Ergebnissen führen könne als wissenschakliches Denken, ist eine müßige Frage. Zweck und Resultat der Medita]on ist nicht ein Erkennen im Sinn unserer westlichen Geis]gkeit, sondern ein Verschieben des Bewußtseinszustandes, eine Technik, deren höchstes Ziel eine reine Harmonie, ein gleichzeiQges und gleichmäßiges Zusammenarbeiten von logischem und intuiQvem Denken ist.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 89 Karl Erich Neumann (1865-­‐1915) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 90 Neumanns Übersetzungen 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 91 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 92 BuddhisQsches Selbstverständnis „»Der Buddhist« will niemandem seine religiöse Überzeugung rauben; wir wünschen allen Menschen von Herzen inneren Frieden und freuen uns aufrich]g, wenn wir sehen, daß ein Mensch in seiner religiösen Überzeugung Trost und Ruhe gefunden hat. Andererseits aber wissen wir sehr wohl, daß Hundermausende, ja viele Millionen in Deutschland sich von der landesüblichen Kirchenreligion abgewandt haben; ein sehr großer Prozentsatz dieser Millionen sehnt sich nach einem Ersatz; diesen ungläubigen, goqen‚remdeten und doch nach Religion dürstenden Gemütern will unser Journal die Lehren einer undogmaQschen Religion und vernünuigen Weltanschauung vortragen. »Der Buddhist« wird selbstverständlich für alle wahrhau humanitären, fortschriqlichen, sozialen Bestrebungen warm eintreten; seine Arbeit steht im Dienste der allgemeinen Wohlfahrt, und dementsprechend wird er freudig jede Bewegung unterstützen, die dem Wohl der lebenden Wesen sich widmet.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 93 Der Buddha vor einem deutschen Fürstenschloss. (Buddha-Statue des Grossherzogs von Hessen im Wolfgartener Schlosspark) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 94 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 95 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 96 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 97 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 98 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 99 • • • • • • • • • • • Stammt aus liberalem jüdischem Elternhaus Arbeitete für die väterliche Weinhandlung (Trier) Tierliebe und Lektüre Schopenhauers führten ihn zum Buddhismus 1912 gründete er in Trier den Oskar Schloss Verlag Ab 1913 die ZfB (1914 nach siebten Heft eingestellt) 1915 Umzug nach München Besaß in Neubiberg, Schopenhauerstr. ein parkartiges Grundstück Ab 1920 erscheint in seinem Verlag wieder die ZfB Gab den Verlag auf (als GmbH nach Berlin verlegt) und blieb in Locarno (wollte später nach Ceylon) Nach Sperrung seines Bankkontos eröffnete er in Basel ein Antiquariat Verstarb am 15.02. 1945 auf einer Reise nach Lugano und liegt in Orselina begraben. 05.01.15 Oskar Schloß (1881 – 1945) Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 100 Paul Dahlke (1865-­‐1928) • • • • • • • • • • Geb. am 25. Jan. 1865 in Osterode/Ostpreußen (Vater war Beamter) 1883 Medizinstudium in Berlin Übernahm die Praxis eines homöopathischen Arztes Weltanschauung durch Schopenhauer-­‐Lektüre geprägt Lernte durch ihn Anfang der 90er den Buddhismus kennen 1898 erste Weltreise Zweite Weltreise 1900 mit dem Ziel in Ceylon den Buddhismus zu studieren Lernte Pâli und wurde selbst zum Buddhisten Insgesamt acht Weltreisen u.a. nach Indien, China, Japan, Burma, Siam und Indonesien Zwischendurch betrieb er weiterhin seine Arztpraxis, gab sie aber 1906 auf 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 101 Dahlke wird Buddhist • • • • Aufgrund der Erfahrung, dass ein Mönchsleben für ihn in Asien zu beschwerlich ist, gründete er in Deutschland eine Art Laienkloster Er kauke auf Sylt 20 Morgen Land und entwarf das Modell eines Klosters; wegen des geplanten Baus des Hindenburgdammes und des befürchteten Verlustes der Einsamkeit gab er den Plan auf 1919 erhielt er in Berlin-­‐Frohnau 11 Morgen Heide und Kiefern. Als ihm seine Praxis 1923 in Zehlendorf gekündigt wurde, wo er als beliebter homöopathischer Arzt prak]zierte, begann er in Frohnau mit dem Bau eines buddhis]schen Hauses 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 102 Das BuddhisQsche Haus • • • • • • • • • Finanziert durch großzügige Spenden und durch seine Arzt-­‐Honorare 1924 konnte er mit seiner Haushälterin und einigen buddhis]schen Weggefährten einziehen 12.10.1924: erste Uposatha-­‐Feier (Beich†eier und Rezita]on an Vollmond und Neumondtagen) 1926 kam ein Tempel hinzu Das Haus hat keine Küche, da er nur von Rohkost lebte An jedem Vollmondtag eine Feier mit Vortrag und Gespräch Treffen fast jeden Abend 1925 wohnte Dharmapala 10 Tage im Haus Am 29.2.1928 starb Dahlke in Folge einer Grippe an Herzschwäche 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 103 Georg Grimm (1868-­‐1945) 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 104 Grimm und der Buddhismus • • • • • • • • • • • War Bewunderer Schopenhauers, den er seinen großen Lehrmeister nannte, zeitlebens hing ein Bild über seinem Schreib]sch 1908 hat die Übersetzungen Neumanns geschenkt bekommen, laß in der Familie jeden Abend eine Lehrrede 1909-­‐1911 Briefwechsel mit Neumann Lernte Pâli 1915 erschien sein erstes Werk, zugleich sein Hauptwerk: „Die Lehre des Buddha“ 1921 gründete er mit Seidenstücker in München die „Buddhis]sche Gemeinde für Deutschland“ Am 26.9.1924 wurde sie in einen persönlichen Kreis umbenannt: „Buddhis]sche Loge zu den Drei Juwelen“ 1934 wurde der Name Loge verboten Ab 3.7.1937 wurde sie in „Altbuddhis]sche Gemeinde“ umbenannt. Nach der Machtergreifung ist er 1933 von München nach UŠng umgezogen 26.8.1945 ist er aufgrund von Kreislaufschwäche gestorben 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 105 Grimms Religion der Vernunu „Freilich könnte unsere Zeit mit ihrer hohen intellektuellen Stufe auch im übrigen reif für die Religion der Vernunk sein – so ist die Lehre des Buddha in Hinsicht darauf zu charakterisieren, daß sie, soweit sie das Ideal aller Religionen zum Objekt hat, selbst als Religion, soweit sie dieses Ideal aber nicht durch den Glauben, sondern durch reine Erkenntnis verwirklicht, als die Blüte der menschlichen Vernunu anzusprechen ist -­‐: denn nicht nur, daß die letzten Resultate unserer exakten Naturwissenschak sich lückenlos in das Lehrsystem des Buddha einfügen, führt insbesondere die Philosophie der Neuzeit in ihren höchsten Repräsentanten, Kant und Schopenhauer, geradezu mimen in dasselbe hinein: Kant mit seiner Grenzregulierung hinsichtlich des menschlichen Erkenntnisvermögens in seiner genialen Statuierung des Gegensatzes von Ding an sich und Erscheinung und Schopenhauer in seiner Aufzeigung des Bandes, das diese beiden miteinander verknüpk, im Willen können geradezu als die Bahnbrecher der Lehre des Buddha bezeichnet werden.“ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 106 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 107 Die zenisQsche Erfahrung widersetzt sich der europäischen Vernunu »Sehr ok freilich«, bemerkt Faust, »... mußte ich mir sagen lassen: „Was Sie schreiben wollen, ist zwar nicht geradezu falsch. Aber es ist viel zu raQonal, viel zu klar, viel zu verstandesmäßig, kurz — viel zu europäisch. Man kann die Wahrheit nicht erklären, man kann sie nur selber erleben.“Und ok kam es vor, daß Prof. Ohasama mir plötzlich ein Stäubchen Zigaremenasche auf seiner Fingerspitze entgegenhielt: „Dieses ist höchste Wahrheit !“ Dabei sah er mich mit großen, ernsten Augen an und sagte schließlich lächelnd: „Nicht wahr, das verstehen Sie nicht?“ [...] vielleicht kann auch der deutsche Leser dieses Buches etwas ahnen von der religiösen Ergriffenheit der zenisQschen Heiligen und des Mannes, der hier etwas von ihren Schriken übersetzt hat.« 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 108 Rudolf Oqo 1869 -­‐ 1937 • 1923 befindet sich bereits in dem Band Aufsätze das Numinose betreffend, darin: „Über Zazen als Extrem des numinosen Irra]onalen“ • Ein weiterer Aufsatz „Das Numinos-­‐Irra]onale im Buddhismus“, in: Das Gefühl des Überweltlichen, München 1932 Rudolf Oqo 1912 in Japan 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 109 Oqo im Jahr 1923 über Zen „Im japanischen Buddhismus, der sich merkwürdigerweise nach dem Worte dhyâna bezeichnet, wird die MeditaQon zum ‚Nicht-­‐Denken‘, die Versenkung zur nackten, gedanken-­‐ und gefühllosen KonzentraQon; in dieser glaubt der Zen-­‐ Jünger die volle innere Ruhe zu erlangen, die ihn zu neuem tatkräkigem Wirken befähigt: die zeitweilige Gedanken-­‐ und Gefühllosigkeit gilt ihm als nervenstärkendes, psychotherapeuQsches Miqel ... “ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 110 Eugen Herrigel 1884 -­‐ 1955 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 111 Wie kommt der moderne Mensch zur MysQk? Durch Zen-­‐Erfahrung! »[Im] umfangreichen SchriEtum über Mys?k fand ich gerade das nicht, was ich suchte, und kam, allmählich enRäuscht und entmuSgt, zu der Einsicht, daß nur der wahrhaU Abgeschiedene verstehen kann, was mit „Abgeschiedenheit“ gemeint ist, und daß nur der Entsunkene, der seiner selbst völlig los und ledig geworden ist, zur „Einswerdung“ mit dem „übergoRen GoR“ bereitet sein mag. Ich haJe also eingesehen, daß es keinen anderen Weg zur Mys?k gibt und geben kann, als den des eigenen Erfahrens und Durchleidens, und daß, wenn diese Voraussetzung fehlt, alle Rede davon bloßes Wortemachen bleibt. Aber — wie wird man MysSker? Wie gelangt man in den Zustand wirklicher, nicht bloß vermeintlicher Abgeschiedenheit? Gibt es noch immer einen Weg dahin auch für den, der durch die KluE von Jahrhunderten von den großen Meistern getrennt ist? Für den modernen Menschen, der unter gänzlich anderen Verhältnissen aufwächst?« 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 112 Zen in der Kunst des Bogenschiessens „Es müßte folglich — darauf konnte man kommen — auch möglich sein, Versenkungs-­‐ und Konzentra]onsübungen ohne vorgegebenes Thema zu betreiben, einen Weg also einzuschlagen, bei dem man sich an nichts Festes, Objek]ves halten kann — ohne alle „weltanschaulichen" Voraussetzungen also, derart, daß das Dasein weder leidvoll noch lustvoll gilt, weder hassens-­‐ noch liebenswert, auch wenn es vergänglich ist. „Weltanschauuung" soll vielmehr erst aus der Erleuchtung kommen! Daß es Erleuchtung gibt, hat Buddha selbst verheißen. “ 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 113 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 114 Gliederung 1. Einführung in den Buddhismus Der historische Buddha Vier Wahrheiten vom Leiden Leiden als Entstehen in Abhängigkeit Buddhismus als Religion Differenzen zum Christentum 2. Buddhismus im Westen: 19. und frühes 20. Jahrhundert 3. Exkurs: Buddhismus und Gewalt 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 115 Eine gewal‚reie Religion? 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 116 Die Ablehnung der Gewalt im Buddhismus § Im Kanon der Theravâda-­‐Buddhisten wird der Zustand der Welt als leidvoll und das religiöse Heilsziel als Au†ebung des Leidens beschrieben. § Leiden sei aufzulösen und damit stehen alle Handlungen, die diesem Ziel dienen, im Vordergrund. § Das Vermeiden jeglicher Form des Quälens (Leidzufügens), wobei zwischen Selbstquälen (amantapa) und Fremdquälen (parantapa) unterschieden wird, ist zentral. § Menschen werden nach diesen Kategorien eingeteilt, wobei an oberster Stelle diejenigen gezählt werden, die weder sich noch andere quälen ( -­‐> für den Mönchsweg zum Nirvâna absolute Voraussetzung). § Insbesondere die programma]sche Gewalt in rituellen Kontexten, die die religiösen Handlungen der Brahmanen auszeichnet, und die der askeQschen Selbstkasteiungen, gegen die sich der Buddha wandte, werden explizit angesprochen. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 117 Die buddhisQsche Weltordnung und die Begründung der Gewalt • Im Zuge der Ausbreitung des Buddhismus und der Angewiesenheit auf poli]sche und soziale Unterstützung kann das Fehlen konkreter KriQk an den Aufgaben des Herrschers als Konsequenzen des historischen Kontextes gesehen werden. • Wir wissen von keiner Übertragung der buddhisQschen Gewaltlosigkeit auf den poliQschen Sektor. • Im Gegenteil entwickelt sich sogar die gesellschaksutopische Posi]on eines idealen Weltherrschers, des CakravarSn, der mit seinem Heer einem tausendspeichigen Rad folgend die ganze Erde erobere, indem sich ihm alle lokalen Herrscher unterwerfen • Er regiert erst nach dieser Demonstra]on seines Machtpoten]als -­‐ gleichsam mit Gewaltandrohung, aber ohne Töten -­‐ gewaltlos und gerecht • Es ist also die Reflexion auf die notwendigen Kontexte der Ausübung des Heilsweges, der die Ausübung von Gewalt als Aufgabe des buddhis]schen Herrschers zunehmend rech†er]gt. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 118 Der Universalitätsanspruch auf ein Weltreich im Buddhismus Im Majjhimanikâya finden sich ein Großes und ein Kleines suRa "Löwengebrüll". In letzterem fordert der Buddha die Mönche auf, "recht wie Löwen" zu brüllen. So wie das Gebrüll des Löwen überall von seinem Herrschausanspruch über die Tiere kündet, so erschallt auch das "Löwengebrüll" der Lehre des Buddha bis an die Enden der Welt. An dieser Ashokasäule bedeutet das Rad zum einen das "Rad des kosmischen Gesetzes" und ist als solches ein Sinnbild für die Herrschau König Ashokas. Zum anderen stellt es das "Rad der Lehre" dar, das der Buddha mit seiner "sonnengleich die Welt erhellenden" ersten Predigt in Drehung versetzt hat 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 119 Ein buddhisQscher Jihad? • Im Übergang zum Mahâyâna-­‐Buddhismus, der sich der Laienreligiosität zunehmend öffnete und sich dem neuen Ideal der Hinwendung zur Erlösung aller Lebewesen als Endziel der buddhisQschen Lehre verschrieb, wurde die damit einhergehende Aufrechterhaltung der buddhisQschen Lehre zunehmend zum kollekQven Ziel. • König und Laien werden aufgefordert, die Lehre und die tugendhauen Mönche bei Bedarf mit Waffengewalt zu verteidigen. • Das Töten von Gegnern, die unheilsame Lehren verbreiten, wird als weniger heilsmindernd angesehen als das Töten von Tieren. • Im Konflik†all rangieren diejenigen Werte am höchsten, die der endgülQgen Befreiung nach buddhisQscher Lehre am nächsten stehen. • Letztendlich entstehen Texte im 10. Jahrhundert, wie das Kâlacakra-­‐ tantra, das Rad der Zeit, die metaphorisch als innerer Kampf gegen die inneren Feinde ebenso gelesen werden können wie als realer Endzeitkampf des Bodhisaqwa-­‐Königs von Shambhala gegen die äußeren muslimischen Feinde. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 120 BuddhisQsche Begründungen zur Ausübung von gewaltsamen Handlungen wie dem Töten • • • • • Aber auch Mitleid wird nun als berechQgtes MoQv zur Tötung von Menschen durch einen Bodhisaqva herangezogen; z. B. prävenQv: wenn Menschen im Begriffe sind, eine üble, ihnen selbst Höllenstrafen zuziehende Untaten zu vollziehen. Auch die verschiedenen Fälle der Selbsqötung von Mönchen sind nach der Maßgabe der Ziele der buddhis]schen Lehre zu beurteilen. Dienen sie der bewussten Herbeiführung des Befreiungszustandes und schaden sie keinem anderen Lebewesen, sind sie ebenso legi]miert wie die Selbstaufopferung für andere oder zur Ehre Buddhas. Der Textbefund zeigt also, dass das Kriterium für die Anwendung von Gewalt von dem Ziel der Heilslehre her gedacht wird. Ist die buddhis]sche Lehre auf kollek]ver Ebene durch einen Herrschaksverband garan]ert oder auf individueller Ebene durch bes]mmte Handlungen zu befördern, sind auch entsprechend gewaltsame Mimel legi]miert. Die Möglichkeit der Ausübung von Gewalt oder deren Verbot aus religiös-­‐ buddhis]schen Gründen ist also ein kommunika]ver Prozess der Zuschreibung an Texte, die eine deutlichere Legi]mierung von Gewalt erlauben als die früheren 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 121 LegiQmaQon des Tötens aus Empathie • Erst in den Mahâyâna-­‐Texten sind jedoch durch transzendente Konzep]onen der Buddha-­‐Natur und der propagierten Anwendung so genannter geschickter Miqel (upaya), die allein dem Ziel des Erlösungsfortschrims aller Lebewesen dienen, der legi]mierenden Anwendung von Gewalt Tür und Tor geöffnet. Wie hängt das zusammen? • Die buddhis]sche Ethik fragt zunehmend nach den MoQvaQonen der Handlungen, sie wird zu einer Inten]onsethik, die das mi†ühlende Töten selbst über die religiöse Übungspraxis stellt. • Gleichzei]g wird mit dieser Begründungsstruktur zunächst im chinesischen Buddhismus, dann auch im japanischen das Mönchsregelwerk des Vinaya nicht mehr ins Zentrum gestellt und die Bedeutung der Erlösung auch der Laien wichQger genommen. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 122 Zen und Krieg • Im Zen-­‐Buddhismus vor und während der Zeit des 2. Weltkrieges können diese Posi]onen in Bezug auf Gewalt unter den Bedingungen einer spezifisch japanischen Moderne entsprechende Wirkung en†alten. • Die Versuche einer Wiedergewinnung staatlicher Anerkennung nach deren Verlust zu Ende des 19. Jahrhunderts führten zu einer dezidierten Poli]k der Bejahung von Krieg und Gewalt durch führende buddhis]sche Vertreter unterschiedlicher, aber gerade auch zenbuddhis]scher Gruppierungen. • Der Kampf gegen die eigentlich inneren Feinde, gegen die Grundübel Gier, Hass und Verblendung konnte in einen äußeren Kampf umgedeutet werden, der zu einem religiösen oder spirituellen wurde. • Ein führender buddhis]scher Gelehrter (Harada Daiun Sôgaku) konnte 1939 über die Mission des japanischen Volkes, über die Einheit von Zen und Krieg sowie schließlich im Jahr 1944 über die Tötung des Feindes und der Zerstörung des Falschen als den grundlegenden Lehren des Zens predigen. 05.01.15 Buddhismus -­‐ Einführung und seine Geschichte im Westen 123