Golden Retriver im Wesenstest

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Aus dem Institut für Tierschutz und Verhalten
(Heim-, Labortiere und Pferde)
der Tierärztlichen Hochschule Hannover
Untersuchung des Verhaltens von Golden Retrievern
im Vergleich zu den als gefährlich eingestuften Hunden
im Wesenstest nach der Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung vom 5.7.2000
INAUGURAL-DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer
Doktorin der Veterinärmedizin
(Dr. med. vet.)
durch die Tierärztliche Hochschule Hannover
Vorgelegt von
Tina Johann
aus Bremen
Hannover 2004
Wissenschaftliche Betreuung:
Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth
1. Gutachter:
Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth
2. Gutachterin:
Prof. Dr. Anne-Rose Günzel-Apel
Tag der mündlichen Prüfung: 18.11.2004
Für meine Eltern
Für mein Kind
Inhaltsverzeichnis
I.
Einleitung
1
II.
Literatur
3
1. Verhaltenslehre
3
1.1 Wesen und Verhalten
3
1.2 Verhaltensontogenese
3
1.3 Agonistik
6
1.3.1 Flucht- und Defensivverhalten
7
1.3.2 Aggressionsverhalten
8
1.3.3 Ursachen für aggressives Verhalten
10
1.4 Unangemessenes Jagdverhalten
15
1.5 Gestörtes und inadäquates Aggressionsverhalten
16
2. Kommunikation des Hundes, Ausdrucksverhalten
18
2.1 Gesamtausdruck “neutral“
19
2.2 Abstand verringernde Signale
19
2.3 Abstand vergrößernde Signale
21
3. Beschwichtigungssignale
24
4. Stresssymptome
24
5. Wesenstests
25
5.1 Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000
5.2 Wesenstest im Deutschen Retriever Club e.V. (DRC)
III.
26
28
6. Rassemerkmale des Golden Retrievers
31
Material und Methoden
33
1. Hunde
33
2. Testgelände, Testpersonen und Testutensilien
33
3. Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000
35
3.1 Durchführung des Wesenstests
3.1.1
Lerntest
36
3.1.2
Allgemeinuntersuchung
36
3.1.3
Wesenstestsituationen des Hund-Mensch und
Hund-Umwelt-Kontakts
3.2 Bewertungssystematik
IV.
35
36
48
3.2.1
Skalierung
48
3.2.2
Bestehen/Nichtbestehen des Wesenstests
50
3.2.3
Gestört o. inadäquat aggressives Verhalten
51
3.3 Datenaufnahme
52
3.4 Beurteilung der Hunde
52
4. Auswertung der Daten
53
Ergebnisse
54
1. Hunde
54
2. Höchste erreichte Skalierungen
54
3. Verhalten der Hunde in den einzelnen Situationen
55
4. Drohverhalten der Hunde in ähnlichen Situationen
58
5. Aggressives Verhalten der Skalierung 5, 6 und 7
59
6. Gestört oder inadäquat aggressives Verhalten
59
7. Höchste erreichte Skalierung im Vergleich zwischen den Hunden
von MITTMANN (2002) und der Kontrollgruppe
60
8. Höchste erreichte Skalierungen im Vergleich zwischen
Hunden mit bestandenem DRC-Wesenstest und Hunden
ohne DRC-Wesenstest
61
9. Häufig beobachtete Lösungsstrategien: Submissives Verhalten
und Stresssymptome bei den Golden Retrievern
63
V.
Diskussion
64
1. Material und Methoden
64
1.1. Hunde
64
1.2. Wesenstest
66
1.3. Begutachtung
68
2. Ergebnisse
69
3. Schlussfolgerung
74
VI.
Zusammenfassung
77
VII.
Summary
79
VIII. Literaturverzeichnis
81
IX.
Anhang
94
1. Anhang: Wesenstest für Hunde
94
2. Anhang: Vordruck Wesenstest
98
3. Anhang: Entwicklung des Niedersächsischen Wesenstests
102
4. Anhang: Lerntest und Frustrationstest
103
5. Anhang: Ausdrucksverhalten
105
6. Anhang: Datenquellen für Abbildungen
116
1
Einleitung
I. Einleitung
In dem Zeitraum Juli 2000 bis Juli 2002 galt in Niedersachsen die so genannte
Niedersächsische Gefahrtierverordnung (GefTVO). Diese ging davon aus, dass von Hunden
bestimmter Rassen eine besondere Gefährdung ausgeht. Aus diesem Grund mussten die
Hunde der unten aufgeführten Rassen sowie Mischlinge aus ihnen einen so genannten
Wesenstest absolvieren.
Kategorie 1
Kategorie 2
American Staffordshire Terrier
Dobermann
Bullterrier
Rottweiler
Hunde vom Pitbull-Typus
Staffordshire Bullterrier
Kreuzungen mit diesen Rassen
Bullmastiff
Dogo Argentino
Fila Brasileiro
Kaukasischer Owtscharka
Mastiff
Mastino Espanol
Mastino Napoletano
Tosa Inu
Kreuzungen mit diesen Rassen
In der Dissertation von MITTMANN (2002) wurden von fünf Hunderassen und einem
Hundetypus (Pitbull-Terrier) 415 Wesenstests nach der GefTVO, die vom 14.08.2000 bis
16.05.2001 am Institut für Tierschutz und Verhalten der Tierärztlichen Hochschule Hannover
abgenommen wurden, unter folgenden Fragestellungen untersucht:
2
Einleitung
•
Gibt es Hinweise auf eine Rassedisposition für gestört oder inadäquat aggressives
Verhalten bei den fünf Hunderassen und dem Hund vom Pitbull-Typus im
Wesenstest?
•
Gibt es einen signifikanten Unterschied im Verhalten zwischen den Rassen der
Kategorie 1 und 2?
MITTMANN (2002) stellte bei 95% (395 Hunde) keine Hinweise für gestört oder inadäquat
aggressives Verhalten fest. 19 Tiere wurden als inadäquat aggressiv und ein Hund als gestört
aggressiv beurteilt (zusammen 5 %).
Da zum damaligen Zeitpunkt keine Kontrollgruppe zur Verfügung stand, bezogen sich die
Ergebnisse in der Arbeit von MITTMANN (2002) auf eine vergleichende Betrachtung
zwischen den fünf Hunderassen (American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Dobermann,
Rottweiler, Staffordshire Bullterrier) und Hunden vom Pitbull-Typus.
Ob von den vom Gesetzgeber als gefährlich eingestuften Rassen eine größere Gefahr für
Dritte ausgeht, aufgrund von inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten, kann nur mit
Hilfe einer Kontrollgruppe von Hunden, die nicht einer dieser Rassen angehören, bewiesen
bzw. widerlegt werden.
In der vorliegenden Studie wurden deshalb 70 Hunde der Rasse Golden Retriever, geführt von
ihren
Besitzern,
im
Wesenstest
nach
den
Richtlinien
der
Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 getestet. Die Bereiche des Hund-Mensch- und HundUmwelt-Kontakts wurden unter folgenden Gesichtspunkten ausgewertet:
•
Gibt es Hinweise auf eine Rassedisposition für gesteigertes Aggressionsverhalten bei
Hunden der Rasse Golden Retriever im Wesenstest?
•
Gibt es einen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit des Aggressionsverhaltens
zwischen den von MITTMANN (2002) untersuchten Rassen und den getesteten
Golden Retrievern?
•
Gibt es bei den Golden Retrievern Hinweise auf häufig gewählte Lösungsstrategien in
Konfliktsituationen, wie sie im Wesenstest auftreten können?
3
Literatur
II. Literatur
1. Verhaltenslehre des Hundes
1.1 Wesen und Verhalten
Viele Autoren wie SEIFERLE und LEONHART (1984), SCHLEGER und STUR (1990),
LÖFFLER und EICHELBERG (1991), BÄRTSCHI und SPENGLER (1992) sowie
BRUNNER (1994) verstehen unter dem Begriff „Wesen“ die Gesamtheit angeborener und
erworbener Verhaltenseigenschaften eines Individuums.
Dieser Begriff wird oft sehr ungenau benutzt und in seiner Komplexität nicht erfasst. So
meint FEDDERSEN-PETERSEN (2001 a), dass „Wesen“ nicht mit dem „Verhalten“
gleichzusetzen ist, sondern aus dem gezeigten „Verhalten“ eines Individuums zu erschließen
ist. FISCHEL (1961) beschreibt das Wesen als das Ergebnis des Zusammenwirkens aller
psychischen Eigenschaften: Temperament, Erregbarkeit, Angriffsneigung und Ängstlichkeit.
Diese Definition verdeutlicht, dass das Wesen eine Eigenschaft ist, die nicht beobachtet
werden kann, im Gegensatz zum Verhalten. Das „Wesen“ ist somit der Charakter eines
Tieres, der durch das „Verhalten“ zutage tritt.
Nach FEDDERSEN-PETERSEN (2000 b) kann in einem Wesenstest demnach von dem
gezeigten „Verhalten“ eines Tieres auf sein „Wesen“ geschlossen werden. Aufgrund welcher
Motive sich ein Tier auf eine bestimmte Art und Weise verhält, wird unter 1.3-1.5 erläutert.
1.2 Verhaltensontogenese
Unter Verhaltensontogenese verstehen IMMELMANN et al. (1996) die individuelle
Entwicklung eines Lebewesens von der befruchteten Eizelle bis zum Tod. Bei der
Entwicklung des Sozialverhaltens beim Hund können bestimmte Entwicklungsphasen
unterschieden werden, die nach einer genetisch festgelegten Reihenfolge und zu einem festen
Zeitpunkt auftreten (SCOTT und FULLER 1965 a; siehe Tabelle II. 1). Besondere
4
Literatur
Bedeutung fällt hier der Entwicklung von der Geburt bis zur Geschlechtsreife zu
(Jugendentwicklung), da in diesem Zeitraum die stärksten Verhaltensänderungen stattfinden
(IMMELMANN et al. 1996).
Tabelle II. 1: Ontogenese des Sozialverhaltens von Haushunden (SCOTT und
FULLER 1965 a, FOX 1971)
Entwicklungsphase
Zeitraum
Besonderheiten
Neonatale Phase
Geburt-14.Lebenstag
•
•
Übergangsphase
15.-21. Lebenstag
•
•
•
•
Sozialisierungsphase
•
3.-12. Lebenswoche
•
•
Ohren u. Augen geschlossen
Wahrnehmung von taktilen u.
geschmacklichen Reizen
Öffnung der Augen und des
Gehörganges
Stehen u. Laufen
Beginn von Kampfspielen mit
Geschwistern
Entwicklung von sozialen Signalen
(z.B. Knurren, Schwanzwedeln)
Aufbau von Bindungen zu
Artfremden
Gewöhnung an die Umwelt
Entwicklung einer Vielzahl von
sozialen Verhaltensweisen
Die Ontogenese hängt sowohl von inneren (genetisch bedingten) als auch von äußeren
(Umwelt bedingten) Faktoren ab (TRUMLER 1989, BRUNNER 1994). Prinzipiell wird
davon ausgegangen, dass beide Anteile einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten eines
Individuums haben und beide durch den Menschen zu beeinflussen sind, entweder über Zucht
(innere Faktoren) oder über die Aufzucht (äußere Faktoren). TINBERGEN (1979) beschreibt
diese enge Verflechtung beider Faktoren zutreffend mit der Aussage, dass jedes Verhalten zu
100% vererbt und zu 100% erlernt ist.
Von den in der Tabelle II. 1 aufgeführten Entwicklungsphasen soll nun die
Sozialisierungsphase näher betrachtet werden. Diese Phase ist entscheidend für das gesamte
weitere
Leben
eines
Hundes,
denn
zu
keiner
Zeit
lernt
er
so
viele
und
entwicklungsentscheidende Dinge wie in diesen neun Wochen. Das Gehirn ist in diesem
5
Literatur
Lebensabschnitt besonders aufnahmefähig für jegliche Reize, da der Organismus über eine
besonders hohe Neoplastizität verfügt (FEDDERSEN-PETERSEN 2000 a). In diesem
Lebensabschnitt
werden
Verhaltensänderungen
durchgemacht,
die
durch
soziale
Bezugsformen zu anderen Individuen bedingt werden (TEMBROCK 1992 b). Der Hund lernt,
was für ihn in seinem späteren Leben „normal“ ist, wovor er sich nicht zu ängstigen hat und
bildet so ein Referenzsystem aus, indem soziale und physische Elemente der Umwelt
dauerhaft in emotionale und kognitive Schemata abgespeichert werden (LINDSAY 2000).
Werden in dieser Zeit besonders viele positive Erfahrungen gemacht, wird es dem Welpen bei
einer Konfrontation mit neuen Reizen leichter fallen, schon bekannte Elemente zu entdecken
und so seine eventuelle Angst zu überwinden (QUANDT 2001).
Wächst der Welpe in der Sozialisierungsphase reizarm auf, entstehen Entwicklungsschäden
(SCOTT und FULLER 1965 a). FEDDERSEN-PETERSEN (1991 a, 1991 b, 1992, 2001 a)
spricht hier von „Deprivationsschäden“ oder einem „Deprivationssyndrom“. Diese Hunde
werden im späteren Leben durch eine schlechte Lernfähigkeit, schnell einsetzende
Stresszustände, geringes Repertoire an Konfliktlösungsstrategien und Probleme in der
Erregungslage (hyperaktive oder gehemmte Tiere) auffallen (LINDSAY 2000, DEL AMO et
al. 2001). „Der allgemein erhöhte Erregungslevel führt auch zu einer Erniedrigung für
Aggression“ (QUANDT 2001). Auch die Beziehung zu Menschen kann bei mangelhaft
sozialisierten Hunden auffällig sein. Durch eine schlechte oder unzureichende soziale
Bindung zum Menschen können sie für diesen zu einer Gefahr werden (FEDDERSENPETERSEN und OHL 1995). APPLEBY et al. (2002) verweisen hier noch direkter auf die
zentrale Bedeutung der Sozialisierungsphase, indem sie den Zusammenhang zwischen dem
gezeigten Grad der Aggressivität gegenüber Menschen und Artgenossen bei erwachsenen
Hunden und den spezifischen sozialen Kontakten in dieser Entwicklungsphase aufzeigen.
Laut SCHÖNING (2001 b) geht von mangelhaft sozialisierten Hunden eine größere Gefahr
aus, weil diese Hunde eine erhöhte Ängstlichkeit, eine mangelnde Kommunikationsfähigkeit
und eine Stress- und Frustrationsintoleranz aufweisen. Stress, Angst und Frustration steigern
wiederum die Motivation eines Hundes zur offensiven Attacke.
6
Literatur
1.3 Agonistik
GATTERMANN (1993) beschreibt agonistisches Verhalten als eine Sammelbezeichnung für
alle Verhaltensweisen gegenüber Artgenossen, die das eigene Verhalten störend beeinflussen.
Es beinhaltet zwei gegensätzliche Bereiche:
1) Angriffs- oder aggressives Verhalten
2) Flucht- oder defensives Verhalten
Zum agonistischen Verhalten gehören auch Verhaltensweisen, die durch eine Überlagerung
von aggressivem und defensivem Verhalten entstehen, so z.B. das Drohverhalten
(IMMELMANN et al. 1996).
Durch beide Vorgehensweisen (Angriffs- oder aggressives Verhalten/ Flucht- oder defensives
Verhalten) lassen sich Störungen beseitigen und raumzeitliche Distanzierungen beibehalten
(TEMBROCK 1992 a). Agonistisches Verhalten beruht auf lebensnotwendigen Ansprüchen
hinsichtlich Raum, Nahrung, Fortpflanzung, Betreuung der Nachkommen u. a. und steht mit
dem Territorialverhalten, Sexualverhalten und anderen Funktionskreisen in Zusammenhang
(GATTERMANN 1993).
Empfindet ein Hund eine Situation als Konflikt, stehen ihm die vier folgenden
Verhaltensweisen als Repertoire zur Verfügung:
1) Flucht (flight)
2) Drohverhalten und Angriff (fight)
3) Erstarren (freeze)
4) Ersatzhandlungen (flirt oder fiddle about)
Grundsätzlich wird das Tier zuerst versuchen zu fliehen. Wenn jedoch die Fluchtdistanz
unterschritten ist und eine Flucht als erfolglos gilt, wird eine der anderen Möglichkeiten
gewählt. Natürlich muss nicht erst “flight“ gezeigt werden, schließlich können andere
Verhaltensweisen als Erfolg versprechender erlernt worden sein (siehe Kapitel II. 1.3.3 D).
7
Literatur
Beim Erstarren erhofft sich das Tier, dass die Gefahr vorübergeht, ohne es zu beeinträchtigen.
Wird das „flirt“ („fiddle about“) gezeigt, versucht der Hund die Bedrohung mit Hilfe sozialer
Gesten oder Übersprungshandlungen abzuwenden. Wird gedroht oder angegriffen, so soll die
Bedrohung vertrieben bzw. beseitigt werden. Welche der vier Strategien gewählt wird, hängt
von angeborenen Eigenschaften und von gemachten Erfahrungen des Individuums ab. Es wird
diejenige Verhaltensweise gewählt, die in der jeweiligen Situation den meisten Erfolg
verspricht (LINDSAY 2000, JONES-BAADE 2001 c).
Aufgrund des Ziels des Wesenstests nach der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000,
bei dem Individuen mit einem gestörten oder inadäquaten Aggressionsverhalten erkannt
werden sollten, wird im Kapitel II. 1.3.2 ausführlich auf das Aggressionsverhalten (fight)
eingegangen.
1.3.1 Flucht- und Defensivverhalten
Flucht- und Defensivverhalten sind Verhaltensweisen der Agonistik, welche zusätzlich noch
das Angriffs- und aggressive Verhalten beinhaltet.
Bei einer Bedrohung wird das Tier prinzipiell zunächst die Möglichkeit der Flucht wählen.
Sollte diese nicht möglich sein, so wird es versuchen, mit defensivem Verhalten die
Bedrohung aktiv abzuwehren (ABRANTES 2001). Defensives Verhalten beinhaltet nach
LINDSAY (2000) z.B. folgende Signalhandlungen: das Erstarren des gesamten Körpers, das
Hinsetzen und Hinlegen, die Verlangsamung der Bewegungen, Abwenden des Blickes,
Kopfes oder des gesamten Körpers, Maulschlecken (Lecken der eigenen Nase), Gähnen,
Blinzeln der Augen, Schnüffeln, das Einknicken in den Gelenken (geduckte Körperhaltung),
das Schwanzwedeln usw. Auch das Zurückziehen der Kopfhaut, eng anliegende oder mit der
Öffnung nach unten orientierte Ohren oder zurückgezogene, die Zähne bedeckende Lippen
gehören in den Bereich des defensiven Verhaltens (SCHALKE 2004).
Sollten eine Flucht oder die genannten Signalhandlungen aggressives Verhalten des
Gegenübers nicht beenden bzw. die Bedrohung nicht auf Abstand halten, kann nur noch
aggressives Verhalten gewählt werden (LINDSAY 2000, ABRANTES 2001).
8
Literatur
1.3.2 Aggressionsverhalten
Aggressionsverhalten gehört zum normalen Verhaltensrepertoire eines Hundes (SCHÖNING
2000 a, JONES-BAADE 2001 c). Es ist unerlässlich für das Zusammenleben in einer sozialen
Gruppe, weil es das Miteinander regelt (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995).
Aggressives Verhalten bietet eine Möglichkeit, lebenswichtige Dinge zu behalten oder zu
erlangen. GATTERMANN (1993) nannte diese Dinge, die die individuelle Fitness steigern
oder erhalten, Ressourcen. Die individuelle Fitness ist der relative Anteil der eigenen Gene an
der nächsten Generation (IMMELMANN et al. 1996). Ressourcen sind z.B. Nahrung,
Territorium, Geschlechtspartner und die Aufrechterhaltung der Individualdistanz, die der
Unversehrtheit des eigenen Körpers dient (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995).
Aggression ist also ein Konkurrenzverhalten um Fitness begrenzende Ressourcen (EIBLEIBESFELDT 1999).
Als Aggression bezeichnet man Auseinandersetzungen zwischen Individuen (IMMELMANN
1982). Aggression kann sowohl intraspezifisch vorkommen, also zwischen Angehörigen einer
Art, als auch interspezifisch, somit zwischen Artfremden (IMMELMANN et al. 1996).
Beim Hund ist sowohl die intraspezifische als auch die interspezifische Aggression hoch
ritualisiert, wodurch das Aggressionsverhalten eines Hundes sowohl einem anderen Hund als
auch einem Menschen gegenüber bestimmten „Spielregeln“ untersteht (SCHALKE 2004).
Gezeigt wird Aggressionsverhalten laut LINDSAY (2000) gegenüber Menschen, um
Ressourcen zu behalten oder zu erwerben, als auch zum Zwecke der Selbstverteidigung, die
besonders häufig bei mangelhaft sozialisierten Hunden auftritt.
Beim Aggressionsverhalten wird zwischen offensivem und defensivem unterschieden (siehe
Tabelle II. 2). SCHALKE (2004) definiert beide Formen in dem Sinne, dass sie die
Distanzvergrößerung zum Ziel haben, sich aber in den zugrunde liegenden Motivationen
unterscheiden. So empfindet der defensiv drohende Hund Angst bzw. Unsicherheit und
fürchtet um die Ressource „körperliche Unversehrtheit“. Zeigt ein Hund offensives
Aggressionsverhalten ist nicht Angst das zugrunde liegende Gefühl, sondern die Ursache
kann Frustration im Wettbewerb um Ressourcen sein, ausgenommen die „körperliche
Unversehrtheit“. Beide Verhaltensweisen beinhalten das Drohen, gehemmtes und freies
9
Literatur
Aggressionsverhalten. Beim defensiven Aggressionsverhalten ist Submission zu beobachten,
es kann jedoch auch Abwehrdrohen und Abwehr von Angriffen auftreten.
Tabelle II. 2: Offensives und defensives Aggressionsverhalten mit zunehmend affinem Status
(Zuwendung mit Distanzverringerung) (nach FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995)
Aggressionsverhalten
Drohen
Gehemmt
Frei
offensiv
Anschleichen
Blickkontakt
Überfalldrohung
Haarsträuben
Knurren
Vorn-Zähneblecken
Beißdrohstellung
Über-die-Schnauze-Beißen
Gegenstand abnehmen
Schieben, Anrempeln, Aufreiten,
Runterdrücken, Umstellen, Überfall,
Vorderbeinstoßen, Anspringen,
Hochkampf, Rückenbiss, Verfolgen
Angriff, Beißen, Ernstkampf
defensiv
Gebissklappern
Wegsehen
Abwehrschnappen
Haarsträuben
Knurren
Voll-Zähneblecken
Abwehrdrohen
Abwehr mit gekrümmten Hals
Abwehrkreisel
Abwehr auf dem Rücken
Abwehrstoßen
Abwehrbeißen
FEDDERSEN-PETERSEN (1999) hat so genannte „Eskalationsstufen“ erstellt, die mit Hilfe
des Ausdrucksverhaltens von Hunden unterteilt werden. Die Distanz zum Sozialpartner und
der Grad der Aggression stellen Parameter
dar.
Das
im Wesenstest
benutzte
Skalierungssystem hat das von FEDDERSEN-PETERSEN (1999) erarbeitete Modell zur
Grundlage (siehe Abbildung III. 1).
10
Literatur
1.3.3 Ursachen für aggressives Verhalten
Die Ursachen für aggressives Verhalten sind vielfältig und komplex, es können immer
mehrere Motivationen dem Aggressionsverhalten zugrunde liegen. SCHÖNING (2000 b)
nannte folgende Bedingungen für aggressives Verhalten:
•
Schmerz oder Schock bedingte Aggression
•
Hormonell bedingte Aggression der Hündin und des Rüdens
•
Territorial bedingte Aggression
•
Pathologisch bedingte Aggression
•
Angst bedingte Aggression
•
Rang bezogene Aggression
•
Spielerische Aggression
Im Folgenden werden nur die letzten drei Bedingungen und unangemessenes Jagdverhalten
näher erläutert, da diese hauptsächlich von Hunden im Wesenstest gezeigt wurden. Auch
unangemessenes Jagdverhalten gegenüber Menschen kann dieselben Folgen haben wie
Aggressionsverhalten und wird deshalb mit aufgeführt.
Durch eine klinische Allgemeinuntersuchung, die vor der Abnahme des Wesenstests stattfand,
konnte Schmerz bedingte Aggression weitestgehend als Ursache für aggressives Verhalten im
Test ausgeschlossen werden, da kranke Tiere nicht teilnehmen durften. Auch die
Bedingungen hormoneller Status, Territorium und pathologische Ursachen hatten im
Wesenstest eine untergeordnete Relevanz und werden deshalb hier nicht näher erläutert.
11
Literatur
A) Angst bedingte Aggression
Angst empfinden zu können ist eine angeborene Fähigkeit, die sinnvoll ist, weil das
Individuum dadurch vor Bedrohungen geschützt wird und so die Empfindung Angst zum
Überleben beiträgt (JONES-BAADE 2001 c).
Laut QUANDT (2001) ist Angst eine angeborene innere und äußere Stressreaktion des
Körpers auf Bedrohung, wodurch die Fitness erhöht wird, weil ein potentiell gefährlicher
Kontakt vermieden wird. Dies trifft jedoch nur zu, wenn die Angst in einem gesunden Maß
vorliegt.
Angst bedingte Aggression tritt als Reaktion auf einen objektiv oder subjektiv als bedrohlich
empfundenen Stimulus in einer bestimmten Situation auf (JONES-BAADE 2001 c).
Angeborene Angstauslöser sind z.B. Feinde, Schmerzen, Geräusche oder Gebiete ohne
Deckungsmöglichkeit (JONES-BAADE 2001 c). Prinzipiell können alle Reize, die über die
Sinne erfassbar sind, zu Angst induzierenden Stimuli werden, wenn mit diesen negative
Erfahrungen gemacht wurden (JONES-BAADE 2001 a). Durch Lernvorgänge können auch
andere Stimuli, die mit der als Angst hervorrufend empfundenen Situation assoziiert wurden,
Angstreaktionen erzeugen (BORCHELT und VOITH 1996). SCHÖNING (2000 a) sieht als
Motiv für Angst bedingtes Aggressionsverhalten Angst vor einer Reduktion der individuellen
Fitness bzw. vor dem Verlust einer Ressource an.
Zunächst wird bevorzugt die Flucht als Problemlösungsstrategie gewählt werden, um dem
Angst auslösenden Objekt zu entkommen. Sollte dies nicht möglich sein, weil der Hund z.B.
an der Leine geführt wird und sollten auch Beschwichtigungssignale, Erstarren oder
Übersprungshandlungen für den Hund nicht möglich oder aufgrund von früheren Erfahrungen
nicht Erfolg versprechend sein, wird als Lösungsmöglichkeit der Angriff gewählt werden
(QUANDT 2001). Dieser wird umso wahrscheinlicher, wenn der Hund in der Vergangenheit
gelernt hat, dass er über Beißen den Angstverursacher vertreiben kann (LANDSBERG et al.
1999, LINDSAY 2000).
Bei Haushunden sind die häufigsten Gründe für Angst- und Aggressionsprobleme mangelnde
Sozialisation und Deprivation (QUANDT 2001). Bei einer Angst bedingten Aggression kann
die Angst im Ausdrucksverhalten des Hundes wie folgt zu erkennen sein: große Augen mit
großen Pupillen, unfokussierter Blick, lang gezogene Maulspalte, zurückgelegte Ohren,
12
Literatur
zurückgezogene Gesichtsmuskulatur, eingeknickte Gelenke, Zittern, eingezogene Rute,
Beschwichtigungssignale wie z.B. den Blick abwenden, Maulschlecken (sich über die eigene
Schnauze lecken), Bögen gehen und Urinabsatz.
B) Rang bezogene Aggression
Rang bezogene Aggression ist immer ein Konflikt um Ressourcen innerhalb einer sozialen
Gruppe (VOITH 1980, SCHÖNING 2001 a).
Um die individuelle Situation innerhalb einer Gruppe zu optimieren, versuchen Hunde durch
sozial expansives Verhalten eine höhere Rangposition einzunehmen. Eine Rangordnung hat
laut IMMELMANN et al. (1996) Unterschiede zwischen Individuen bezogen auf Vorrechte
zur Folge. Im Konfliktfall hat nur das dominante Tier uneingeschränkten Zugriff auf die
Ressourcen, während die subdominanten Tiere verzichten oder unter sich weitere Regelungen
in Bezug auf Vorrang zu Ressourcen haben, bis hin zu einer vollständigen Reihung. Eine
Rangposition ist nicht angeboren, sondern resultiert aus Auseinandersetzungen zwischen zwei
Individuen innerhalb eines Rudels. Die entstehende Rangordnung vermindert das Risiko von
physischen Konfrontationen und somit das Verletzungsrisiko (HEATH 2002). „Eine feste und
eindeutige Rangordnung ermöglicht ein geordnetes und entspanntes Zusammenleben im
Rudel. Das gilt auch für das Leben eines Hundes in einer menschlichen Familie“ (JONESBAADE 2002). Jedoch geben Menschen ihren Hunden gegenüber oft uneindeutige Signale,
so dass sich keine stabile Hierarchie ausbilden kann. Der Hund ist gezwungen, die ranghöhere
Position gegenüber dem Menschen einzunehmen. Rang demonstrierende Verhaltensweisen
vom Hund werden von den Besitzern oft als Zeichen der Zuneigung interpretiert (JONESBAADE 2001 b). Die folgende Aufzählung stellt einen Auszug von Verhaltensweisen dar, die
von Hunden gezeigt werden können, die sich im Rang über ihren Besitzern bzw.
Gruppenmitgliedern fühlen (nach OVERALL 1997, BEAVER 1999, LANDSBERG et al.
1999, LINDSAY 2000):
13
Literatur
•
Freier Zugang zu Ressourcen (Futter, Spielzeug) und/oder Verteidigung dieser
Ressourcen gegenüber Gruppenmitgliedern
•
Einforderung von Zuwendung und/oder Futter
•
Strategisch günstige Plätze (meist erhöhte) beanspruchen
•
Aufmerksamkeit heischendes Verhalten (z.B. Bellen oder Jaulen)
•
Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Gruppenmitgliedern (Liegen auf den
Füßen der Gruppenmitglieder, Liegen in Durchgängen)
•
Auflegen der Pfote auf Schulter, Rücken oder Kopf von Gruppenmitgliedern
Hat ein Hund einen hohen sozialen Status eingenommen und wird ihm dieser streitig gemacht
(z.B. über Nahrungskonkurrenz, Verweigerung des Zuganges zu strategisch günstigen
Plätzen), kann aggressives Verhalten auftreten (FEDDERSEN-PETERSEN 1999, HEATH
2002). Oft sind es besonders unsichere Hunde, die über aggressives Verhalten versuchen,
ihren Rang zu klären (OVERALL 1997). Ranghohe Tiere zeigen die geringste Anzahl von
aggressiven Signalen, wie Beobachtungen an Wölfen gezeigt haben.
Folgende menschliche Verhaltensweisen können Rang bezogene Aggression beim Hund
auslösen (nach OVERALL 1997, BEAVER 1999, LANDSBERG et al. 1999, LINDSAY
2000):
•
Langer Blickkontakt zum Hund (Anstarren)
•
Berühren des Nackens, Rückens, der Schnauze oder der Pfoten des Hundes
•
Über den Hund steigen
•
Den Hund während des Schlafens stören
•
Verdrängen von Liegeplätzen
•
Verbale Kommandos, jede Art von körperlicher Bestrafung
Außerdem können alle Situationen, in denen der Hund den Verlust einer Ressource
befürchtet, aggressives Verhalten auslösen (BEAVER 1999).
14
Literatur
C) Spielerische Aggression
Spielverhalten ist gekennzeichnet durch Ausdrucksübertreibungen, häufige Wiederholungen
und Bewegungsluxus (siehe Kapitel II. 2.2 C). Gerade für Welpen ist ein häufiger
Sozialkontakt wichtig, damit sie im Spiel soziale Rollen einüben können und lernen ihre
Aggression zu kontrollieren, so z.B. beim Erlernen der Beißhemmung. Sozialspiele gibt es bei
Adulten, um Aggression umzulenken (FEDDERSEN-PETERSEN 2001 b). Angemessenes
Spielverhalten ist nicht angeboren und muss durch Feedback gelernt werden (JONESBAADE 2001 b).
Spielerische Aggression wird von Hunden gezeigt, um „ohne ernstere Kosten soziale
Konflikte zu lösen und Informationen über des anderen Fähigkeiten und Ambitionen zu
gewinnen“ (SCHÖNING 2001 a). Sie umfasst Verhaltensweisen wie Bellen, Knurren oder
Schnappen. Spielaggression kann in eine andere Form des aggressiven Verhaltens übergehen
und so das helle, häufig hintereinander auftretende Spiel-Knurren in ein tiefes und lang
gezogenes, aggressives Knurren übergehen. Es können also Situationen, die als Spiel
begonnen haben, für den Menschen unmerklich zu ernsten Auseinandersetzungen werden
(SCHÖNING 2001 a).
D) Lernkomponente der Aggression
Nach JONES-BAADE (2001 b) wird aggressives Verhalten generell durch Lernen und
Erfahrungen bestimmt. Hat das gezeigte Verhalten positive Konsequenzen für den Hund, ist
es wahrscheinlich, dass das Verhalten öfter und verstärkt gezeigt wird.
Einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten des Hundes hat die Reaktion des Besitzers.
Dies trifft besonders zu, wenn dem aggressiven Verhalten Angst als Motiv zugrunde liegt,
wie es bei dem überwiegenden Teil aller aggressiven Reaktionen bei Hunden der Fall ist.
Angst ist besonders stark vom Lernen abhängig, so dass ganz normales menschliches
Verhalten zu einer Verstärkung des Aggressionsverhaltens führen kann, z.B. wenn der Hund
beruhigt, getadelt oder gestraft wird, denn alle diese Maßnahmen stellen Formen der
Zuwendung dar und wirken generell verstärkend auf das Verhalten (JONES-BAADE 2002).
15
Literatur
Versucht der Besitzer den Hund zu beruhigen, empfindet dieser den Tonfall als Belohnung.
Auch bei negativen Einwirkungen von Seiten des Besitzers (Schimpfen, Leinenruck, Schläge)
wird das aggressive Verhalten des Hundes verstärkt. Durch den vom Besitzer aufgebauten
psychischen und physischen Druck nimmt der Stress für den Hund zu, was dazu führt, dass
das aggressive Verhalten des Hundes früher und massiver gezeigt wird (SCHÖNING 2000 a).
Es kann jedoch auch dazu kommen, dass der Hund lernt, dass er Drohsignale nicht mehr
einsetzen darf, weil er während seines Drohverhaltens durch den Besitzer bestraft wurde. Dies
kann laut JONES-BAADE (2001 b) zur Folge haben, dass Aggressionsverhalten für uns
Menschen in völlig überraschenden Situationen und als vermeintlich „unprovozierte
Angriffe“ von Hunden gezeigt wird.
Durch die aufgeführten Verhaltensweisen des Besitzers hat dieser das Verhalten seines
Hundes, in der Regel ohne es zu wollen, verstärkt. Es kann auch zu einer
Stimmungsübertragung
in
einem
Hund-Halter-Gespann
kommen
und
somit
zu
Verhaltensänderungen beim Hund. Dieses „Unbewusste Verstärken durch den Besitzer“,
welches nicht unbedingt negative Auswirkungen haben muss, spielt nicht nur im
Aggressionsbereich eine Rolle, sondern ist in sämtlichen anderen Bereichen des
Hundeverhaltens zu finden.
Eine genaue Darstellung der Lerntheorie erfolgte bei MITTMANN (2002) und unterbleibt
daher an dieser Stelle.
1.4 Unangemessenes Jagdverhalten
Jagdverhalten dient dem Nahrungserwerb und stellt eine natürliche Verhaltensweise der
Fleischfresser dar (BORCHELT 1983). Beim Jagen durchläuft der Hund die so genannte
„Jagdhandlungskette“, die aus folgenden Elementen besteht: Suchen- Entdecken- AnstarrenAnschleichen- Nachjagen- Packen- Töten- Wegtragen der Beute- Fressen. Im Laufe der
Domestikation hat sich der Mensch u. a. das Jagdverhalten von Hunden zu Nutze gemacht,
indem er bestimmte Sequenzen dieser Handlungskette durch Zucht hervorgehoben oder
zurückgedrängt hat und so „Spezialisten“ gezüchtet hat. Als Beispiel seien hier die
Vorstehhunde, Stöberhunde oder Retriever zu nennen. Auslöser für Jagdverhalten ist u. a. die
16
Literatur
rasche Fortbewegung eines Objektes. Prinzipiell können somit alle Lebewesen im
Beuterepertoire eines Hundes sein (HART 1974). Was dieses Beutespektrum umfasst, hängt
u. a. von Erfahrungen in der Sozialisierungsphase (3.-12. Woche) ab. Lernt der Welpe in
dieser Zeit viele potentiell jagdbare Objekte (Jogger, Radfahrer, Kaninchen etc.) als nicht
jagdbar kennen, wird so das Beutespektrum eingeengt. Zwischen dem 6. und 12.
Lebensmonat entwickelt sich dann das Jagdverhalten bei Hunden komplexer, so dass in dieser
Zeit positive Jagderfahrungen das Risiko erhöhen, dass die Motivation zum Jagen wächst
(SCHÖNING 2001 a, JONES-BAADE 2001 b).
Findet dieses Jagdverhalten am falschen Objekt statt, sprechen einige Autoren von
Beuteaggression oder Jagd bedingter Aggression (BEAVER 1983, BORCHELT 1983,
O’FARRELL 1991, OVERALL 1993, LANDSBERG et al. 1999). Da jedoch dem
Jagdverhalten ganz andere endogene Bereitschaften und andere Motivationen zugrunde liegen
als dem Aggressionsverhalten und sich beide auch in der Neurophysiologie unterscheiden,
ordnen JONES-BAADE (2001 c) und FEDDERSEN-PETERSEN und OHL (1995) das
Jagdverhalten nicht dem aggressiven Verhalten zu. Beim Jagdverhalten ist auch kein
Drohverhalten und kein Zeichen der Angst oder Wut zu beobachten, wie es beim
Aggressionsverhalten
sein
kann.
Somit
spricht
JONES-BAADE
(2002)
vom
„unangemessenen Jagdverhalten“ oder „Jagdverhalten am falschen Objekt“, wenn es z.B.
gegen Menschen gerichtet ist. Die Folgen vom unangemessenen Jagdverhalten und
Aggressionsverhalten können für den Menschen dieselben sein.
1.5 Gestörtes und inadäquates Aggressionsverhalten
Inadäquates Aggressionsverhalten ist aus der Sicht des Menschen unangemessenes Verhalten,
das störend und auch gefährlich sein kann. Es handelt sich dann nicht um gestörtes Verhalten.
FEDDERSEN-PETERSEN und OHL (1995) weisen darauf hin, dass inadäquates
Aggressionsverhalten in tiermedizinischen Publikationen auch als „abnormes Verhalten“
bezeichnet wird.
Nach
HASSENSTEIN
(1980)
und
WECHSLER
(1989)
liegt
ein
gestörtes
Aggressionsverhalten vor, wenn das Tier sich dadurch selbst, seinen Sozialverband oder seine
17
Literatur
Art schädigt. Hierbei weicht das Verhalten in Raum, Zeit, Frequenz, Sequenz und
Bezugsobjekt von dem ab, was als Norm bezeichnet wir. „Aggressionsverhalten tritt nicht
mehr als Form einer Anpassung auf, erscheint vielmehr biologisch und in seiner Genese als
nicht nachvollziehbar, unvermittelt, plötzlich“ (FEDDERSEN-PETERSEN 1999).
FEDDERSEN-PETERSEN und OHL (1995) sehen als mögliche Ursache für ein gestörtes
Aggressionsverhalten ein gestörtes Hund-Umwelt-Verhältnis, denn aggressives Verhalten hat
die Funktion, soziale Bindungen zu regulieren und damit das Verhältnis eines Hundes zu
seiner Umwelt.
18
Literatur
2. Kommunikation des Hundes
Ausdrucksverhalten
FEDDERSEN-PETERSEN (2001 b) versteht unter „Ausdrucksverhalten“ die Gesamtheit von
Gestik und Mimik, Blickkontakten sowie Körperhaltung und Lautgebung eines Hundes im
jeweiligen Verhaltenskontext. Als Mimik werden Ausdrucksbewegungen im Gesicht
bezeichnet, solche des übrigen Körpers als Gestik (IMMELMANN 1982). Durch das Lesen
des Ausdrucksverhaltens eines Hundes können Informationen über dessen emotionalen
Zustand, über Motivation und Verhaltensbereitschaft gewonnen werden. Dabei muss beachtet
werden, dass es „nie einzelne Signale [sind], die einen bestimmten Bedeutungsinhalt haben,
vielmehr differenziert zusammengesetzte Gesamtausdrücke, in denen Signalen je nach
Kontext höchst unterschiedliche Bedeutungen zukommen können“ (FEDDERSENPETERSEN
2001
b).
FEDDERSEN-PETERSEN
und
OHL
(1995)
bezeichnen
Verhaltensweisen, die Informationen vom Sender zum Empfänger übertragen, als
Signalhandlungen, Signale, Zeichen oder Auslöser. Hunde verfügen über ein umfangreiches
und fein abgestuftes Signalrepertoire. So werden optische und akustische Signale zu
Signalkomplexen zusammengesetzt, in denen die einzelnen Anteile mehr oder weniger betont
auftreten können (OHL 1999). Ein solches Bündel von Signalkomponenten wird in der
Ethologie
als
„Display“,
„Gesamtausdruck“
oder
„Ausdrucksfrequenz“
bezeichnet
(FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995).
Im Folgenden werden die in der Literatur beschriebenen hundetypischen Gesamtdisplays
aufgeführt.
19
Literatur
2.1 Gesamtausdruck “neutral“
Im Wesenstest wurde ein Hund in einer Testsituation mit dem Gesamtausdruck „neutral“
bewertet, wenn alle Ausdrucksregionen in rassetypischer Grundhaltung entspannt oder die
Ausdrucksregionen des Hundes auf einen anderen Reiz (z.B. den Besitzer), als auf den der
jeweiligen Testsituation gerichtet waren.
FEDDERSEN-PETERSEN
und
OHL
(1995)
beschreiben
einen
sozial
neutralen,
umweltsicheren Wolf oder Hund folgendermaßen: „Bei normaler, ungestörter Haltung
aufrecht stehend, wobei der Körper bei gestreckter Beinhaltung parallel zum Boden gehalten
wird. Der Kopf ist leicht angehoben, so dass der Hals und die geschlossene Schnauze einen
spitzen Winkel bilden. Der Schwanz hängt locker herunter. Das Gesicht ist glatt und die
Lippen sind nicht angespannt. Bei Wölfen und spitzohrigen Hunden stehen die Ohren
senkrecht nach oben. Die Augen blicken koordiniert und ruhig.“
2.2 Abstand verringernde Signale
Abstand verringernde Signale dienen immer dazu, die eigene Friedfertigkeit seinem
Gegenüber zu signalisieren und so eine mögliche Bedrohung zu verhindern. FEDDERSENPETERSEN und OHL (1995) bezeichnen diese Signale auch als sozio-positive Signale.
BEAVER (1999) nennt sie „submissive Signale“ und zählt zu ihnen die „aktive“ und „passive
Unterwerfung“, sowie das „Spielverhalten“.
A) Gesamtausdruck “Aktive Unterwerfung“
Die „aktive Unterwerfung“ gehört in den Bereich der „Abstand verringernden Signale“ und
demonstriert die Bereitschaft zur aggressionslosen Begegnung. Dies geschieht durch
verschiedene Ausdruckselemente. Der Hund wird sich mit mehr oder weniger stark
eingeknickten Gelenken, tief wedelnder oder eingezogener Rute, leicht angehobenem Kopf
mit in Richtung des Mauls bzw. der Hand des Sozialpartners orientierter Schnauze und dabei
20
Literatur
leicht verdrehtem Kopf mit Präsentation des Halses seinem Gegenüber nähern. Die Augen
werden klein und schmal, der Blick zum Sozialpartner gerichtet sein. Die Zähne werden
durch die gespannten Lippen bedeckt und die Ohren werden nach hinten oder mit ihrer
Öffnung nach unten orientiert sein (SCHENKEL 1967, FEDDERSEN-PETERSEN und OHL
1995, BEAVER 1999, ABRANTES 2001).
Die „Aktive Unterwerfung“ wird häufig bei der Begrüßung verpaarter oder einander
freundlich gesonnener Artgenossen oder auch dem Menschen gegenüber eingesetzt. Sie kann
auch als Ziel die Integration in eine Gruppe haben. Welpen zeigen dieses Verhalten oft
überschwänglich als beschwichtigende Geste adulten Tieren gegenüber.
B) Gesamtausdruck “Passive Unterwerfung“
Bei der „passiven Unterwerfung“, auch „Passive Demut“ genannt, nähert sich das Tier nicht
seinem Gegenüber an, eventuell verharrt das Tier sitzend mit vom Sozialpartner
abgewandtem Blick. Dabei kann ein Pföteln, das Anheben einer Vorderpfote, in Richtung des
anderen Hundes gezeigt werden. Sollte es die Situation veranlassen, dreht sich der Hund auf
die Seite oder den Rücken und präsentiert mit leicht gespreizten Hinterbeinen den Bauch.
Eventuell zeigt der Hund auch den Hals, sollte der Kopf nach hinten gestreckt werden; dieser
kann aber auch auf der Brust liegen. Die Rute kann bis auf den Bauch oder eng an eine
Körperseite
gezogen
sein
(FEDDERSEN-PETERSEN
und
OHL
1995).
Die
Ausdrucksregionen im Angesicht (Ohren, Augen, Lippen) werden wie bei der „Aktiven
Unterwerfung“ aussehen. Unterschiede in der Intensität des Ausdrucks können natürlich
auftreten.
C) Gesamtausdruck “Spielverhalten“
Spielverhalten zeichnet sich durch Ausdrucksübertreibungen aus. Hierbei werden die Signale
ohne deutliche Graduierung mit großer Intensität gezeigt. Typisch hierfür sind häufige
Wiederholungen und ein Luxus in den Bewegungen (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL
21
Literatur
1995). Es ist ein Verhalten ohne Ernstbezug, die Hunde können ihre sozialen Fähigkeiten
aufbauen bzw. verbessern, soziale Rollen einüben und ihre Muskulatur trainieren
(IMMELMANN et al. 1996). Charakteristisch für Spielverhalten ist auch ein schneller
Wechsel in der übertriebenen Mimik (SCHÖNING 2001 a), wobei ein so genanntes
„Spielgesicht“ zu beobachten ist: die Ohren sind in Richtung des Sozialpartners nach vorne
ausgerichtet und die Lippen nach hinten gezogen. Der Blick ist zwar direkt auf den
Spielpartner gerichtet, es werden aber keine Drohsignale gesendet (BEAVER 1999,
ABRANTES
2001).
Eine
das
Spiel
kennzeichnende
Ausdrucksform
ist
die
„Vorderkörpertiefstellung“, bei der der Hund seinen Vorderkörper auf den Boden senkt, die
Vorderbeine sind gespreizt und die Hinterbeine bleiben stehen, so dass das Becken der
höchste Punkt am Körper ist. Zusätzlich können ein „Kopfschleudern“ und eine hoch
wedelnde Rute auftreten (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995, BEAVER 1999,
SCHÖNING 2001 a). Manchmal ist beim Spiel ein „Hopsen“ zu sehen, bei dem der Hund mit
steifen Gelenken mehrere Male vor dem anderen Hund hochspringt.
In Konfliktsituationen können Spielsequenzen auch als Ersatzverhalten gezeigt werden, um
dadurch die Situation zu entschärfen.
2.3 Abstand vergrößernde Signale
Werden die folgenden Ausdrucksmöglichkeiten von Hunden eingesetzt, so wird dem
Gegenüber signalisiert, dass die Distanz nicht weiter unterschritten werden soll.
A) Gesamtausdruck “Imponierverhalten“
Imponierverhalten ist die Folge zweier sich überlagernder Gebrauchshandlungen (Angriffsund Fluchtverhalten/sexuelle Anziehung und Aggressionsbereitschaft) und muss daher als
ambivalentes Verhalten verstanden werden, bei dem das Angriffs- bzw. Aggressionsverhalten
nicht das Flucht- bzw. Sexualverhalten überwiegt (TEMBROCK 1992 a). Es wird unter
rangnahen Tieren oder bei ähnlicher Konstitution gezeigt (WIESNER 1998) und wird von
22
Literatur
SCHÖNING (2001 a) auch als „Rang zeigende Verhaltensweise“ bezeichnet, bei der nach
VOTH (1988) Stärke und Selbstsicherheit demonstriert werden. Hierbei will sich das Tier
möglichst groß und ausladend zeigen, es hat durchgedrückte Gelenke, eine hoch getragene
Rute und einen erhobenen Kopf mit waagerecht gehaltener Schnauze, leicht nach vorne
gerichtete Ohren und eine angespannte Muskulatur. Das Fell kann im Bereich des Schwanzes,
des Rückens und des Nackens aufgestellt sein, um noch mehr Größe zu erzielen. Der Blick
des Tieres ist nicht direkt auf den Artgenossen gerichtet, was in diesem Kontext eine soziale
Überlegenheit
beweisen
soll
(FEDDERSEN-PETERSEN
und
OHL
1995).
Beim
Imponierverhalten kommt es nicht zu einer Auseinandersetzung mit Körperkontakt, es sei
denn, dass es in Droh- und Angriffsverhalten übergeht, wozu es laut VOTH (1988) und
FEDDERSEN-PETERSEN (1989) leicht kommen kann. SCHÖNING (2001 a) sieht das
Imponierverhalten sogar als Übergang zum Drohverhalten an.
Imponierverhalten hat bei gleichgeschlechtlichen Hunden die Funktion der Einschüchterung,
bei Tieren unterschiedlichen Geschlechts soll es anziehend wirken (IMMELMANN et al.
1996).
B) Gesamtausdruck “Unsichere Drohung“
Droht ein Hund unsicher, auch als defensives Drohen bezeichnet, so geschieht dies nach
ABRANTES (2001) aus Angst vor einer Bedrohung, die zuvor nicht durch beschwichtigende
Signale oder Fluchtverhalten abgewendet werden konnte. Ziel des defensiven Drohens ist eine
Distanzvergrößerung zum Gegenüber. Bei der unsicheren Drohung, die wie die sichere
Drohung dem Gegner gegenüber eine Verteidigungsbereitschaft demonstrieren soll, können
Verhaltensweisen aus dem Gebiet der Unterwerfung und der Flucht beobachtet werden.
Kennzeichnend
für
Abwehrschnappen,
diese
Art
Haarsträuben,
der
Drohung
Knurren,
sind
Gebissklappern,
Voll-Zähneblecken
und
Wegsehen,
Abwehrdrohen
(FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995; siehe auch Tabelle II. 2). Weiterhin ist ein
Hund zu beobachten, der versucht sich klein zu machen, indem er die Gelenke einknickt und
den Hals einzieht. Der Blick ist nicht direkt auf den Gegner gerichtet, sondern
ist
unfokussiert mit weiten Pupillen. Die Ohren und die Maulwinkel sind nach hinten orientiert
23
Literatur
bzw. gezogen und es entsteht ein Voll-Zähneblecken, wobei die gesamte Zahnleiste entblößt
sein kann. Zusätzlich kann ein Lecken über die eigene Schnauzenregion als beschwichtigende
Handlung beobachtet werden (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995, BEAVER 1999,
ABRANTES 2001, DEL AMO et al. 2001, SCHÖNING 2001 a).
C) Gesamtausdruck “Sichere Drohung“
Bei einem sicher (offensiv) drohenden Hund können im Gegensatz zu einem unsicher
drohenden keine Verhaltensweisen aus dem Bereich der Flucht oder Beschwichtigung
beobachtet werden. Ein sicher drohender Hund macht sich möglichst groß, seine Rückenhaare
sind aufgestellt, er drückt die Gelenke seiner Gliedmaßen durch, der Kopf und der Schwanz
sind erhoben und die Ohren aufrecht gehalten. Die Maulwinkel sind rund, so dass nur die
vorderen Zähne sichtbar sind und ein Vorn-Zähneblecken vorliegt. Der Blick fixiert das
Gegenüber (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995, DEL AMO et al. 2001, SCHÖNING
2001 a).
D) Wechsel zwischen sicherer und unsicherer Drohung
Ein ängstlicher Hund kann lernen, die Körpersignale eines sicher drohenden Hundes zu
zeigen. Dies ist häufig der Fall, wenn der unsicher drohende Hund öfter die Erfahrung
sammelt, dass ihn aggressives Verhalten im Leben weiterbringt. Das zugrunde liegende
Gefühl der Angst ändert sich dabei jedoch nicht, und die unsichere Grundhaltung des Tieres
kann in manchen Momenten sichtbar werden (DEL AMO et al. 2001).
24
Literatur
3. Beschwichtigungssignale
Beschwichtigungssignale, auch als „Calming Signals“ bezeichnet, sind Teil des
Defensivverhaltens und „werden zur Vorbeugung von Konflikten eingesetzt, also lange bevor
Konflikte entstehen. Sie sollen Bedrohung und Probleme vermeiden, Stress und Unruhe,
Nervosität, laute Geräusche und andere unangenehme Dinge beschwichtigen“ (RUGAAS,
2001). Zu beachten ist, dass ein einzelnes Signal keinen konkreten Informationsgehalt
innehat, sondern erst die Summe von Einzelsignalen dem Empfänger in einer Kommunikation
Informationen über die Motivationen des Senders mitteilen kann. Somit ist immer der
Gesamtausdruck des Hundes im Hinblick auf die vorliegende Umweltsituation zu beurteilen
(siehe Kapitel II. 2.). RUGAAS (2001) benennt als „Calming Signals“ folgende
Verhaltensweisen:
den
gesamten
Körper,
Kopf
oder
Blick
abwenden,
Blinzeln,
Maulschlecken, Erstarren, langsame Bewegungen, Wedeln der Rute, Vorderkörpertiefstellung
(siehe Kapitel II. 2.2 C), Hinsetzen, Hinlegen, Gähnen, Bögen gehen, am Boden schnüffeln,
Dazwischengehen
(Splitten),
Pfoteheben
(Pföteln),
Markierverhalten,
Übersprungshandlungen, Lächeln, Schmatzen.
Beschwichtigungssignale haben Signalcharakter in Situationen wie z.B. Stress.
4. Stresssymptome
„Stress tritt dann auf, wenn ein Hund damit konfrontiert wird, sich ändern oder anpassen zu
müssen“ (LINDSAY 2000). Die Folgen dieser Anpassung müssen für das Tier nicht negativ
sein. Aber um dem nachkommen zu können, muss der Körper Energie zur Verfügung stellen.
Diese Mobilisierung der Energiereserven wird durch die so genannte „Stressreaktion“
gewährleistet. Hierfür werden bestimmte Botenstoffe ins Blut abgegeben. „Ein andauernder
Stresszustand führt zu einer deutlich nachweisbaren Erhöhung eines der so genannten
„Stresshormone“ im Blut, des Cortisols“ (SCHÖNING 2001 a).
Man unterscheidet zwei Formen von Stress, den Eu- und den Disstress. SCHÖNING (2001 a)
beschreibt den Eustress in den ersten Lebenswochen eines Hundes folgendermaßen: „Milder
Stress in diesem frühen Lebensabschnitt fördert die Entwicklung des Immunsystems und legt
25
Literatur
den Grundstein für die Befähigung des Organismus, mit Stress und Belastung umzugehen.“
Disstress wiederum blockiert den Organismus in seinem Handeln und Denken und würde als
Dauerzustand das Tier wie auch den Menschen krank machen. Außerdem senkt Stress die
Reizschwelle für aggressives Verhalten (O’HEARE 2004).
Befindet sich ein Tier in einem Stresszustand, kann dies an folgenden Stresssymptomen
erkannt werden: Hecheln, sich schütteln, Übersprungshandlungen (z.B. einen Gegenstand
aufnehmen), Einsatz von Beschwichtigungssignalen (siehe Kapitel II. 3.), häufiges Urinieren
u. a. (RUGAAS 2001).
5. Wesenstests
Wesenstests dienen zur Bestimmung angeborener und erworbener Charaktereigenschaften,
die entsprechend dem im jeweiligen Rassestandard erwünschten Maß vorhanden sein sollten
(ERTELT 1989). Durch einen Wesenstest sollten zum Zeitpunkt der Durchführung das
Wesen des Hundes und ein späterer Verwendungszweck erkennbar sein (SCOTT
und
BIELFELT 1976).
Das Wesen ist nicht mit Verhalten gleichzusetzen, was bei einer Beurteilung des Wesens zu
berücksichtigen ist, sondern es ist von dem beobachteten Verhalten auf das Wesen eines
Tieres zu schließen (FEDDERSEN-PETERSEN 2000 b). Hierbei muss auch die enge
Sozialbeziehung zwischen Mensch und Hund berücksichtigt werden (FEDDERSENPETERSEN 1990 a, b).
Wesenstests wurden im Hinblick auf unterschiedliche Verwendungszwecke und für
verschiedene Altersstufen der Hunde entwickelt. Je nach Autor erfolgt die Durchführung im
Welpenalter oder beim geschlechtsreifen Hund. So gibt es verschiedene Welpentests mit
unterschiedlichen Fragestellungen. SCOTT und FULLER (1965 b) wollten mit ihrem
Welpentest den Grad der Sozialisierung zum Menschen feststellen, indem sie die Reaktion
eines isolierten Welpens beim Hochheben durch eine testende Person beurteilten. Durch einen
ähnlichen Test nach CAMPBELL (1975) seien beim Welpen Aussagen über das
Dominanzverhalten, die soziale Bindungsfähigkeit, die Erregbarkeit und die Hemmbarkeit zu
treffen.
26
Literatur
Um geeignete Hunde für die Aufgaben eines Blindenhundes zu bekommen, entwickelten
PFAFFENBERGER et al. (1976) einen Welpentest mit Aufgaben aus dem späteren
Aufgabenbereich eines Gebrauchshundes.
Die Aussage von Welpentests über soziale Tendenzen in der Zukunft ist laut BEAUDET et al.
(1994) aufgrund empirischer Testverfahren fraglich. Um eine größere Sicherheit bei den
Prognosen über die Entwicklung eines Hundes zu erlangen, testeten WILSSON und
SUNDGREN (1998) Deutsche Schäferhunde im Alter von 8 Wochen und ein zweites Mal mit
15 bis 20 Monaten. Die Ergebnisse führten zu der Schlussfolgerung, dass es keinen
signifikanten Zusammenhang zwischen dem Verhalten in den beiden Altersklassen gab.
HORAK (1985) stellte jedoch bezogen auf die Spontanaktivität bei zwei, vier und zwölf
Monate alten Schäferhunden fest, dass hier zutreffende Aussagen über eine spätere
Lebhaftigkeit gemacht werden können.
Die Leitung von Wesenstests wird üblicherweise von einer den Hunden fremden Person
vorgenommen (CAMPBELL 1972, PFAFFENBERGER et al. 1976, SEIFERLE und
LEONHARDT 1984, NETTO und PLANTA 1997, ALDINGTON 2000).
Die Anzahl der Wesensrichter sollte möglichst klein sein. Zusätzlich sollten sich diese Richter
regelmäßigen Kontrollen unterziehen und die Tests nach einem routinemäßig organisierten
Schema durchführen, um unterschiedliche Umweltfaktoren zu minimieren (REUTERWALL
und RYMAN 1973). So fanden GODDARD und BEILHARZ (1974) einen signifikanten
Unterschied zwischen den bewertenden Personen im Hinblick auf die Beurteilung der Hunde,
was dazu führt, dass die umweltbedingte Varianz bei allen genetischen Studien ein
Übergewicht bekommt.
5.1 Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung
vom 05.07.2000
Der Wesenstest, der dieser Arbeit zugrunde liegt, wurde von NETTO und PLANTA (1997)
entwickelt, um in den Niederlanden äußerst aggressive Individuen der Rassen Fila Brasileiro,
Dogo Argentino und American Staffordshire Terrier von der Zucht auszuschließen. NETTO
und PLANTA (1997) sahen diesen Test nicht nur auf die vom Ministerium genannten Rassen
27
Literatur
anwendbar sondern: „Der Zweck unserer Studie ist es, einen Verhaltenstest zu entwickeln, der
wissenschaftlich validierbar ist und in Hundevereinen, von Laien durchführbar, als Instrument
für die Etablierung selektiven Züchtens benutzt werden kann. Der Test soll nicht nur auf die
vom Ministerium indizierten Rassen anwendbar sein, sondern ebenfalls eine generelle
Anwendbarkeit besitzen, um unterschiedliche Stufen von Aggression bei Hunden, die für die
Gesellschaft gefährlich sind, feststellen zu können“.
Dieser Test von NETTO und PLANTA (1997) ist die Grundlage des Niedersächsischen
Wesenstests. Nach dem Unfall im Sommer 2000 in Hamburg, bei dem ein Kind von zwei
Hunden (Pitbull-Terrier-Typus) getötet wurde, wurde am 05.07.2000 die Niedersächsische
Gefahrtierverordnung (GefTVO) erlassen. Der Wesenstest wurde angewandt um festzustellen,
ob Hunde bestimmter Rassen eine gestörte Kommunikation aufweisen und eine Gefahr für
ihre Umwelt darstellen. Am 3. Juli 2002 wurde die GefTVO vom Bundesverwaltungsgericht
für nichtig erklärt (BverG 2002).
Nach Vorgabe der Behörde sollen die Hunde im Test vor allem mit Reizen konfrontiert
werden, die dazu geeignet sind, aggressives Verhalten auszulösen. Ein Wesenstest stellt
jedoch immer eine Momentaufnahme von dem Verhalten des Hundes dar. Es kann somit nicht
gesagt werden, ob der im Test unauffällige Hund zu einem anderen Zeitpunkt, unter einem
anderen Stresslevel und bei anderen Reizen zu inadäquatem oder gestört aggressivem
Verhalten neigen würde. Reize, die ein ganz bestimmtes Verhalten auslösen, werden als
Schlüssel-, Signal- oder Kennreize bezeichnet (IMMELMANN et al. 1996). Natürlich kann in
einem Wesenstest immer nur eine begrenzte Anzahl von solchen Schlüsselreizen für
aggressives Verhalten enthalten sein. Wesentliche Reize, die in dem Wesenstest nach den
Richtlinien der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2002 nicht enthalten oder nicht zu
beschaffen waren, waren z.B. Kinder und ängstliche Personen. Kinder konnten aus ethischen
Gründen nicht als Testpersonen eingesetzt werden. Auch Menschen, die Angst vor Hunden
haben, stellten sich nicht freiwillig zur Verfügung.
Das Skalierungssystem, nach dem alle Situationen des Wesenstests (außer der
Gehorsamsprüfung und dem Hund-Hund-Kontakt) bewertet werden, beinhaltet sieben
Skalierungen, durch die aggressives Verhalten beurteilt werden kann (NMELF 2000; siehe
Kapitel III. 3.2.1). Durchgeführt werden soll der Wesenstest durch von der Behörde benannte,
28
Literatur
qualifizierte Tierärztinnen und Tierärzte, deren Wissen in Schulungen erweitert wurde, um
eine möglichst einheitliche Bewertung der Hunde sicherzustellen.
Einige Golden Retriever haben einen Wesenstest im Deutschen Retriever Club e.V. abgelegt.
Diese Tatsache findet im Kapitel IV und V Beachtung, deshalb wird dieser Wesenstest im
folgenden Abschnitt vorgestellt.
5.2 Wesenstest im Deutschen Retriever Club e.V. (DRC)
Der Deutsche Retriever Club e.V. hat unter anderem die Aufgabe, die Rassestandards durch
Zuchtkontrollen von den sechs Retrieverrassen Golden Retriever, Labrador Retriever, FlatCoated Retriever, Curly-Coated Retriever, Chesapeak Bay Retriever und Nova Scotia Duck
Tolling Retriever zu wahren. Um eine Zuchtzulassung zu erlangen, muss ein bestandener
Wesenstest, eine „Bringleistungsprüfung“ oder eine „Jugendprüfung für Retriever“
vorzuweisen sein. Der Wesenstest hat den von SEIFERLE und LEONHARDT (1984)
überarbeiteten „Leitfaden für Wesensrichter“ zur Grundlage. Dieser Leitfaden wurde 1972
von der Schweizer Kynologischen Gesellschaft (SKG) mit dem Titel „Wesensgrundlagen und
Wesensprüfung des Hundes“ herausgegeben. Das Anliegen von SEIFERLE (1972) war es,
den „aufgrund seiner Wesensveranlagung sicheren vom scheuen und ängstlichen Hund zu
unterscheiden, um diese ihrer heutigen Umweltsituation nicht mehr gewachsenen und darum
schwer zu haltenden, nervösen und ängstlichen Tiere wenigstens von der Zucht ausschließen
zu können.“ Dafür sollten den Wesensrichtern die Kenntnisse aus dem „Leitfaden“ vermittelt
werden.
Die Wesenstest-Ordnung im DRC (Stand 15.01.2001) benennt den Zweck, die Durchführung
des Wesenstests, die Wesenstest-Bestimmungen, die Eintragung, Berichterstattung und die
Ordnungswidrigkeiten.
Zweck des Wesenstests ist danach, einen idealen Familienhund, der zusätzlich ein
vorzüglicher jagdlicher Apporteur sein sollte und allen erdenklichen Alltagssituationen sicher
gewachsen ist, durch Selektion als Wesensstandard des Retrievers zu gewährleisten.
Die zu prüfenden Hunde müssen mindestens 9 Monate alt und sollten geschlechtsreif sein.
29
Literatur
Zu Beginn des Tests findet eine Befragung des Hundebesitzers statt, in der unter anderem die
Daten, der Gebrauch, die Aufzucht und das Umfeld des Hundes erfragt werden. Danach
fordert der Wesensrichter den Hundebesitzer auf, nach anfänglicher Ansprache des Hundes
spazieren zu gehen und ihn dabei nicht zu beachten. Hier soll die Bindung zwischen Hund
und Halter und die Eigenständigkeit des Hundes getestet werden (DRC 2004). Es sollen dann
Gegebenheiten wie in einer Fußgängerzone durch anwesende Testpersonen (Besitzer anderer
zu prüfender Hunde) geschaffen werden. Zwischen eng durcheinander laufenden Menschen,
die den Hund nicht beachten, soll der Hund unangeleint hindurch gehen. Der Wesensrichter
spannt unerwartet einen Regenschirm in Richtung des Hundes auf. Hiernach wird der Hund
durch seinen Hundeführer in Rückenlage verbracht und der Wesensrichter übernimmt den so
fixierten Hund. In dieser Testsituation soll der Hund durch Akzeptieren der Rückenlage
zeigen, dass er auch unangenehme Handlungen von Menschen akzeptiert und sich ihnen
unterordnet (DRC 2004). Der Wesensrichter könnte in dieser Situation auch Hinweise auf das
Vorhandensein eines so genannten Kampftriebs beim Hund erlangen (DRC 2004). Als
nächstes folgen Spielsituationen zwischen Hund und Halter, mit und ohne Gegenstand, und
zwischen Hund und Fremdpersonen, die ihn dabei anfassen sollen. Der Wesensrichter
übernimmt beim Spiel zwischen Hundebesitzer und Hund den Spielgegenstand (Lappen) und
will auch dabei den Hund auf einen so genannten Kampftrieb untersuchen. Die Vorstellung,
dass dem Verhalten von Hunden bestimmte Triebe zugrunde liegen, wird in der modernen
Ethologie schon seit längerem als veraltet betrachtet (SCHALKE 2004).
In der „Kreisprobe“ bewegen sich 8-15 Testpersonen zunächst langsam, dann schnell auf den
in der Mitte des Kreises stehenden Hund zu. Der Hundebesitzer befindet sich außerhalb des
Kreises und wird gegebenenfalls durch den Richter aufgefordert, seinen Hund zu rufen. Jede
Bedrohung des Hundes ist laut Wesenstestordnung zu unterlassen. In dieser Testsituation wird
die Bindung zwischen Hund und Besitzer und die Willensstärke des Hundes getestet (DRC
2003). Im so genannten „Parcours“ wird das Verhalten des Hundes auf je 3-5 optische (z.B.
aufblasbare Plastiktiere, Person in Gespensterverkleidung, wackelnde Zelte, an Bäumen
aufgehängte Stofftiere) und akustische Reize (z.B. Rasseln, Tröten, mit Blechdosen gefüllte
Leinensäcke) getestet. Dazu verteilen sich Testpersonen auf Anweisung des Wesensrichters
auf dem Testgelände und lösen beim Passieren der einzelnen Stationen durch den Hund den
oder die entsprechenden Reize aus. Am Ende des Tests wird die Schussfestigkeit der Hunde
30
Literatur
geprüft, indem mit einer Schreckschusspistole des Kalibers 9mm zwei Schüsse abgegeben
werden.
Für den Golden Retriever gibt es seit dem 01.01.1997 (DRC 1997) etwas abweichende
Durchführungsempfehlungen, wodurch der Test in einigen Situationen gemäßigter für diese
Rasse ist. So darf der Hund in der Rückenlage nicht gekniffen werden, um sein Wesen auf
„Härte“ zu überprüfen. Im Parcours ist die Anzahl der akustischen und optischen Reize auf je
3 reduziert (anstatt 3-5 Reize) und in der Kreisprobe sollten 12 Personen anwesend sein,
anstatt 8-15. Außerdem sollte beim Golden Retriever zusätzlich noch die Verträglichkeit mit
Artgenossen getestet werden.
Laut Wesenstest-Bestimmungen besteht der Hund den Wesenstest nicht, „wenn Misstrauen
oder Kampftrieb in sehr ausgeprägtem Maße (++) vorhanden sind. Der Hund besteht den Test
nicht, wenn eine der folgenden Eigenschaften in ausgeprägtem Maße (+) oder drei dieser
Eigenschaften mehr oder weniger (+/-) vorhanden sind: Unsicherheit, Ängstlichkeit, Scheue,
Schreckhaftigkeit,
Nervosität,
angstbedingte
Schärfe,
sicherheitsbedingte
Schärfe,
Schussscheue“ (Wesenstest-Ordnung im DRC, Stand 15.01.2001). Für den Golden Retriever
gelten seit dem 01.01.1997 für das Nichtbestehen leicht abweichende Bedingungen.
Die Wesensrichter im Deutschen Retrieverclub werden nach den „Richtlinien für das
Heranbilden und Ernennen von Wesensrichtern“ ausgebildet und ernannt. Danach müssen
Wesensrichter-Anwärter mehrere Anwartschaften bei mindestens vier verschiedenen
Wesenrichtern ableisten, in einem Gespräch mit Wesensrichtern die erforderlichen
Grundkenntnisse der kynologischen Verhaltensforschung nachweisen und an Veranstaltungen
zur Fortbildung von Wesensrichtern teilnehmen. Die Prüfung zum Wesenrichter erfolgt in
einer praktischen und theoretischen Prüfung durch mindestens drei Wesensrichter.
Die Ausbildung von Wesensrichter-Anwärtern findet somit durch schon tätige DRCWesensrichter statt.
31
Literatur
6. Rassemerkmale des Golden Retrievers
Das Ursprungsland der Golden Retriever ist Großbritannien. Durch die genauen
Zuchtaufzeichnungen von Sir Dudley Marjoribank, Lord of Tweedmouth, Züchter der ersten
Hunde dieser Rasse, ist heute bekannt, welche Elterntiere am Anfang der Golden-RetrieverZucht standen. Dies war der gelbe, wellhaarige Rüde „Nous“ (geworfen 1864) und die
leberbraune, langhaarige und gelockte Tweed Waterspaniel Hündin „Belle“ (geworfen 1863),
deren Rasse heute ausgestorben ist. Aus dieser Verpaarung gingen vier gelbe Welpen hervor,
von denen Lord Tweedmouth die Hündin „Cowslip“ zur Weiterzucht behielt. Diese wurde
mit einem Tweed Waterspaniel-Rüden und später mit einem Irish Setter-Rüden gekreuzt. Eine
Hündin aus dem Waterspaniel-Wurf wurde mit einem schwarzen, wellhaarigen RetrieverRüden gepaart und eine Hündin aus diesem Wurf wurde von einem Rüden aus dem Irish
Setter-Wurf gedeckt, woraus erneut vier gelbe Welpen hervorgingen, von denen wiederum
eine Hündin mit einem schwarzen, wellhaarigen Retriever-Rüden zusammengebracht wurde.
Nach dem Tod von Lord Tweedmouth baute Vicomte d’Harcourt mit zwei Hunden aus der
Tweedmouth-Zucht eine Zucht unter dem Namen „Culham“ auf. Aus dieser Zucht finden sich
zwei Hunde in den meisten Stammbäumen der heutigen Golden Retriever.
Der Golden Retriever wurde 1913 vom Kennel Club als selbständige Rasse anerkannt. 1920
gründete sich der Club für Golden Retriever und es wurde ein Standard beim Kennel Club
deponiert (RÄBER 2001).
Dem Golden Retriever wird eine große Apportierleidenschaft nachgesagt, weshalb seine
ursprüngliche Aufgabe als Jagdhund in der Arbeit nach dem Schuss besteht. Seine
Wasserfreudigkeit führte zum Apportieren von Federwild aus Gewässern. Laut einem
Rasseportrait des Golden Retriever Clubs e.V. (GRC) gehört zu den Wesensmerkmalen der
Golden Retriever „das „will to please“, das „gefallen wollen“. Dies wird besonders durch die
ausgeprägte Lernfreude erkennbar, die zu Einsätzen der Golden Retriever in verschiedenen
Arbeitsfeldern führt“ (GRC 2002). Weiterhin heißt es dort, dass sie „sehr kinderfreundlich,
nicht aggressiv und äußerst menschenbezogen sind“ (GRC 2002). Auch im FCI-Standard
(Federation Cynologique Internationale) wird das Wesen des Golden Retrievers als
„freundlich, liebenswürdig und zutraulich“ beschrieben und als Charakteristika werden „Wille
32
Literatur
zum Gehorsam, intelligent mit natürlicher Anlage zu arbeiten“ genannt (FCI-Standard
No.111e/24.Juni 1987).
33
Material und Methoden
III. Material und Methoden
1. Hunde
Aus statistischen Gründen durften die Hunde der Kontrollgruppe nur einer einzigen Rasse
angehören. Der Golden Retriever steht in keinem Bundesland der Bundesrepublik
Deutschland auf den so genannten „Rasselisten“. Er gilt als familienfreundlicher und
friedfertiger Hund und ist häufig in unserer Gesellschaft vertreten. Aufgrund dieser
Gegebenheiten wurde der Golden Retriever als Kontrollgruppe ausgewählt. Die Golden
Retriever Besitzer nahmen mit ihren Hunden auf freiwilliger Basis an dem Wesenstest teil.
Von den 70 getesteten Golden Retrievern waren 22 männlich, davon 3 kastriert, und 48
weiblich, von denen 6 kastriert waren. Die Hunde stammten aus verschiedenen
Zuchtverbänden, einige gehörten keinem Verband an. Das Mindestalter für die Teilnahme lag
bei 15 Monaten, ein Höchstalter gab es nicht, gemäß den in den Richtlinien des Wesenstests
festgesetzten Alterseinschränkungen.
33 Golden Retriever hatten den Wesenstest des DRC’s (Deutscher Retriever Club e.V.)
bestanden, zwei waren durchgefallen. 35 Hunde hatten keinen Wesenstest dieses Verbandes
abgelegt.
Alle Hunde waren in Privatbesitz und der Gutachterin persönlich nicht bekannt.
2. Testgelände, Testpersonen und Testutensilien
2a) Testgelände
Die Wesenstests wurden bei Tageslicht am Institut für Tierschutz und Verhalten der
Tierärztlichen Hochschule Hannover abgenommen. Der Hund-Mensch- und Hund-UmweltKontakt wurden auf einem eingezäunten Außengelände (ca. 1300 m², 38m x 36m)
durchgeführt. Neben diesem Gelände liegt eine nur zum Teil eingezäunte Wiese, auf der der
Gehorsam der Hunde geprüft wurde. Das Testen der Verträglichkeit mit Artgenossen (Hund-
34
Material und Methoden
Hund-Kontakt) fand sowohl auf dem eingezäunten Außengelände, als auch davor auf einem
asphaltierten Platz statt.
Der das gesamte Außengelände umfassende Metallbauzaun ist zwei Meter hoch und an einer
Seite durch eine zu sichernde Tür unterbrochen. Als Platzbelag dient ein Sand-Kies-Gemisch.
An einer Seite befindet sich ein ca. 4 Meter breiter, asphaltierter Weg. Das gesamte
Testgelände ist von jedem Standpunkt aus gut einsehbar.
Die Allgemeinuntersuchung und der Lerntest wurden zu Beginn des Wesenstests in einem
separaten Raum des Instituts durchgeführt. Dieser Raum misst ca. 40 m². Dort besteht nur
eine geringe Geräuschbelastung.
Den Hunden waren die Örtlichkeiten des Wesenstests nicht bekannt.
2b) Testpersonen
Als Testpersonen wurden Studierende der Tierärztlichen Hochschule Hannover eingesetzt.
Anzahl, Geschlecht, Alter und Größe variierten je nach Anmeldung. Für die Durchführung
eines Wesenstests standen mindestens drei Testpersonen zur Verfügung, von denen eine die
Videokamera bediente.
Vor Beginn wurden die Testpersonen auf Sicherheitsbestimmungen und die tierärztliche
Schweigepflicht im Rahmen dieser Studie hingewiesen.
Die Begutachtung erfolgte immer durch dieselbe Tierärztin.
2c) Testutensilien
Je nach Testsituation wurden verschiedene Gegenstände und Bekleidungen benötigt. Diese
sind Eigentum der Tierärztlichen Hochschule Hannover und wurden schon von MITTMANN
(2002) zur Durchführung des Wesenstests nach den Richtlinien der Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 benutzt. Die Testutensilien werden in der
Beschreibung der einzelnen Testsituationen aufgeführt.
Um den Sicherheitsstandard einzuhalten, wurde zum Führen der Hunde eine 2 m lange,
doppelendige Leine (Hunter®) oder eine geeignete Leine der Hundebesitzer benutzt. Zur
Gehorsamsprüfung wurde in Einzelfällen eine 5 m lange Schleppleine (Trixi®) als
35
Material und Methoden
Sicherheitsleine verwendet. Bei zwei Golden Retrievern wurde ein Plastikmaulkorb der
Größe 8 eingesetzt.
Alle Wesentests der 70 Golden Retriever, mit Ausnahme der Allgemeinuntersuchungen und
der Lerntests, wurden mit Hilfe einer Videokamera (Typ Sony CCD-TR 950E) filmisch
festgehalten. Diese verfügt zur Erleichterung der filmischen Auswertung über die
Möglichkeit, das Filmmaterial in Zeitlupe abzuspielen.
3.
Wesenstest
nach
den
Richtlinien
der
Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000
Aufgrund der Kontrollgruppenfunktion wurden die 70 Golden Retriever im Wesenstest nach
den Richtlinien der bis zum Juli 2002 gültigen Niedersächsischen Gefahrtierverordnung
getestet. Diesem Wesenstest waren auch die 415 von MITTMANN (2002) beurteilten Hunde,
die von dieser Verordnung betroffen waren, unterzogen worden. Im Gegensatz zu diesen
Hunden wurde bei den Golden Retrievern kein Gutachten für die behördliche Anerkennung
der Wesenstests erstellt.
3.1 Durchführung des Wesenstests
An einem Prüfungstag durften maximal 5 Hunde angemeldet sein. Die Reihenfolge der
Wesenstestabnahme der einzelnen Hunde wurde vor Ort nach dem Zufallsprinzip festgelegt.
In einem ruhigen Raum wurde allen Teilnehmern der Ablauf vorgestellt und Fragen
beantwortet. Danach wurde mit jedem Hund einzeln und in Abwesenheit der anderen Hunde
ein Lerntest durchgeführt und der Hund auf mögliche, den Wesenstest beeinträchtigende
gesundheitliche Störungen untersucht. Anschließend wurde der Hund-Mensch-, HundUmwelt- und Hund-Hund-Kontakt sowie die Gehorsamsprüfung für jeden Hund getrennt
abgenommen. Auf den Hund-Hund-Kontakt und den Gehorsam wird in dieser Arbeit,
angelehnt an MITTMANN (2002), nicht näher eingegangen.
36
Material und Methoden
Für den einzelnen Golden Retriever dauerte die Abnahme des Wesenstests insgesamt ca. 60
Minuten. Zwischen den Segmenten entstanden unterschiedlich lange Wartezeiten; der HundHund-Kontakt wurde für alle Hunde erst nach der Beendigung des für den Testtag letzten
Wesenstests abgenommen.
3.1.1 Lerntest
Unter Einfluss von Beruhigungsmitteln kann das Lernverhalten eines Hundes verändert und
herabgesetzt sein. Mit Hilfe eines Lerntests (SCHÖNING 2000 a), wie z.B. Aufbau eines
Clickers (klassisch konditionierter sekundärer Verstärker) oder Erlernen von Hörzeichen,
wurde herabgesetzte Lernfähigkeit weitestgehend ausgeschlossen. Wenn ein Hund während
dieser Übung Hinweise auf eine niedrige Frustrationstoleranz zeigte, wurde zusätzlich ein
Frustrationstest durchgeführt.
3.1.2 Allgemeinuntersuchung
In der tierärztlichen Allgemeinuntersuchung des Gesundheitszustandes des einzelnen Tieres
wurden das Herz-Kreislaufsystem und der Bewegungsapparat von der Gutachterin untersucht.
Ziel war es, die gesundheitliche Tauglichkeit zur Abnahme des Wesenstests festzustellen und
Beschwerden, die während des Tests zu einem Schmerz bedingten Aggressionsverhalten
führen könnten, auszuschließen.
3.1.3 Wesenstestsituationen des Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakts
Der zu testende Hund wurde von seinem Halter geführt. Waren mehrere Halter oder
erwachsene Familienangehörige anwesend, wechselten sich diese ab.
Zuvor wurde dem Halter die Bedeutung und Ausführung jeder einzelnen Testsituation durch
die Gutachterin erklärt sowie auf Sicherheitsvorkehrungen hingewiesen.
37
Material und Methoden
Für den gesamten Test galten folgende Bestimmungen:
•
Zum Führen der Hunde durften nur Halsbänder und Leinen benutzt werden, die die
Sicherheitsbestimmungen erfüllten. Die Halsbänder mussten aus Leder oder Nylon,
fest verstellbar und widerstandsfähig sein. Sie durften beim Hund keine Schmerzen
verursachen. Würge- und Stachelhalsbänder waren somit nicht zugelassen. Es musste
sicher gestellt sein, dass die Hunde nicht aus dem Halsband entweichen konnten.
Die doppelendigen Leinen mussten aus Leder mit zwei Karabinern zum Sichern des
Hundes sein.
Bei Beginn wurde den Hundebesitzern die Handhabung der Leine während des Tests
erläutert, um ein plötzliches Entgleiten zu verhindern.
•
Die Hundehalter wurden dazu aufgefordert, kein Rucken an der Leine zu zeigen.
•
Grundsätzlich durften die Hunde erst nach Beendigung der einzelnen Testsituation
belohnt werden und somit während der Testsituation nur mit Hilfe der Stimme auf den
Besitzer konzentriert werden.
•
Die Testsituationen wurden mit einem Plastikmaulkorb und verlängerter Leine
wiederholt, wenn der Hund aggressives Verhalten mit Annäherung in Richtung der
Testperson zeigte. Bei der Wiederholung wurde darauf geachtet, dass sich die
Testperson im Aktionsradius des Hundes bewegte.
Auf den folgenden Seiten ist jede einzelne Testsituation aus dem Hund-Mensch- und HundUmwelt-Kontakt tabellarisch abgebildet, wie sie in den Testunterlagen aufgeführt war.
Zusätzlich werden die Ausführungen der Situationen beschrieben. Die Reihenfolge des
Testens war nur bei bestimmten Testsituationen von Bedeutung, worauf im kommentierenden
Text hingewiesen wird. Die Bedrohungssituationen (Situation 5, 20, 31, 32) wurden im
Wechsel mit Nichtbedrohungssituationen getestet.
Die Golden Retriever durchliefen alle Testsituationen, die für Hunde der Kategorie 1 nach der
Niedersächsischen Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 vorgeschrieben waren. Diese
beinhalteten auch die vier Situationen „Lappen“, „Bedrohung mit Stock“, „Feuerzeug“ und
„Schrubber“, die für Hunde der Kategorie 2 nicht vorgesehen waren.
38
Material und Methoden
Wenn im kommentierenden Text keine anderen Gegebenheiten beschrieben werden,
bewegten sich die Testperson und der angeleinte Hund aufeinander zu und passierten sich im
Abstand von ca. 2 Metern. Der Hund wurde dabei immer auf der Seite der Testperson geführt.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
1. Der Hundehalter versucht mit dem Hund zu
spielen, macht optische Spielaufforderungen.
In dieser Testsituation soll der Hundebesitzer seinen frei laufenden Hund (ohne Hilfsmittel
wie z.B. einen Ball) über die Stimme und Körperbewegungen zum Spielen auffordern. Der
Halter muss ganz bestimmte Verhaltenselemente zeigen: schnelles Weglaufen vor dem Hund,
Rückwärtslaufen und abrupte Armbewegung nach oben.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
2. Eine Person macht Spielbewegungen vor dem
Hund.
Wie in der ersten Testsituation beschrieben, versucht nun eine Testperson den Hund nach
denselben Kriterien zum Spielen aufzufordern.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
3. Der Hund wird an einem Pfosten (wie z.B. vor
einem Geschäft) angebunden und eine Person
läuft in ca. 50 cm Abstand vorbei.
Der Besitzer bindet seinen Hund an einen Zaunpfosten und muss mit allen dem Hund
vertrauten Personen in einen für den Hund nicht einsehbaren Raum gehen. Währenddessen
geht eine Testperson in ca. 50 cm Abstand an dem Hund vorbei, ohne ihn dabei direkt
anzuschauen, da der Hund einen direkten Blickkontakt als Bedrohung auffassen könnte.
39
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
4. Der Hundehalter legt die Hand auf den
Hals/Rücken des Hundes, umfasst den Fang
(zusammen mit freundlichem Ansprechen des
Hundes).
Der Hundebesitzer soll zunächst seine Hände flach hinter das Halsband des Hundes auf
dessen Rücken legen. Danach wird er dazu aufgefordert, mit beiden Händen den Fang des
Hundes zu umfassen und zu schließen. Diese Rang anmaßenden Gesten werden so lange
durchgeführt, bis der Hund sie akzeptiert. Bei aggressivem Verhalten des Hundes gegenüber
seinem Halter wird die Situation sofort angebrochen. Diese Testsituation wird durch alle den
Hund im Test führenden Personen geprüft.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
5. Eine Person passiert den Hund, blickt sich um
und starrt ihn an.
Hund und Halter stehen in ca. 15 Meter Entfernung zur Testperson. Der Hundehalter ist
angewiesen, seinen Hund sicher festzuhalten und nicht weiter auf ihn einzuwirken. Die
Testperson nähert sich dem Hund zielstrebig auf eine für Hunde bedrohliche Art und Weise,
indem sie nach vorne übergebeugt mit hochgezogenen Schultern langsam näher kommt und
den Hund mit starrem Blick fixiert.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
6. Eine Person in schwarzem Mantel (lang) und
Hut geht vorbei.
Eine Testperson zieht einen langen, dunklen Mantel an und setzt sich einen Hut auf. Beim
Vorbeigehen am Hund soll der Mantel locker schwingen. Wie in allen Testsituationen, in
denen eine Bedrohung des Hundes nicht beabsichtigt wird, schaut die Testperson den Hund
nicht direkt an.
40
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
7. Eine Person kniet vor dem Hund und streckt die
Hand aus, mit Ansprache (Individualabstand
0,50m+Leine).
Testperson und Hund-Halter-Gespann gehen aufeinander zu und ca. drei Meter vor dem Hund
hockt sich die Testperson mit abgewandtem Blick und ausgestreckter Hand hin und spricht
den Hund mit hoher Stimme an. Diese für den Hund freundliche Körpersprache soll eine
entspannte Kontaktaufnahme ermöglichen können. Es bleibt dem Hund überlassen, wie weit
er sich der Testperson nähern möchte.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
8. Eine Person stolpert beim Passieren des
Hundes in ca. 1 m Entfernung.
Indem sich die Testperson auf Höhe des Hundes schnell und abrupt klein macht, täuscht sie
ein Stolpern vor.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
9. Ein Jogger läuft in beiden Richtungen vorbei,
läuft dabei einmal plötzlich (ohne Ankündigung)
vor dem Hund weg.
Kurz nachdem das Hund-Halter-Gespann losgegangen ist, wird es im Abstand von ca. 2
Metern auf der Seite des Hundes von einer joggenden Testperson überholt, die nach einigen
Metern abrupt umdreht und erneut den Hund joggend passiert.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
10. Eine Person mit Stock tastet sich über den Weg
(Abstand 2m).
In dieser Situation soll das Verhalten des Hundes auf einen Menschen mit Blindenstock
beurteilt werden. Die Testperson führt den Stock am Boden von der einen zur anderen Seite,
berührt den Hund dabei nicht.
41
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
11. Ein „Betrunkener“ torkelt vorbei (Abstand 2m).
Um dem Hund nicht nur optisch und akustisch, sondern auch olfaktorisch den Eindruck eines
Betrunkenen zu vermitteln, ist die Jacke der Testperson mit Alkohol getränkt. Die Testperson
lallt und torkelt beim Passieren des Hundes.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
12. Eine Person streift den Hundekörper beim
Passieren.
Die Testperson und der angeleinte Hund gehen aufeinander zu, der Abstand zwischen ihnen
beträgt ca. 1 Meter. Kurz bevor die Testperson auf Höhe des Hundes ist, nähert sie sich und
versucht den Hund mit ihrem Bein zu streifen. Ein direkter Blickkontakt von Seiten der
Testperson wird vermieden.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
13. Eine Gruppe bleibt neben dem Hund stehen und
unterhält sich, der Hund wird dabei ab und zu
leicht berührt.
Eine Gruppe von mindestens drei Testpersonen und das Hund-Halter-Gespann gehen
aufeinander zu. Die Testpersonen gehen nicht in einer geschlossenen Reihe auf den Hund zu,
da dies eine bedrohliche Komponente für den Hund haben könnte. Beim Zusammentreffen
wird der Hund gelegentlich leicht berührt, ohne ihm Beachtung zu schenken.
42
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
14. Einige (4) Personen kommen auf den Hund zu
(nicht
zielgerichtet)
und
bleiben
mit
Körperberührung
neben
ihm
stehen
(Fahrstuhlsituation),
Um die Enge in einem Fahrstuhl imitieren zu können, wird diese Situation in einer Zaunecke
des Außengeländes durchgeführt. Der Besitzer steht in dieser Ecke, vor ihm befindet sich sein
Hund. Vier Testpersonen kommen dicht hintereinander auf den Hund zu und treten eng an ihn
heran. In dieser Situation wird der Hund stark körperlich bedrängt.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
15. Eine fremde Person streicht dem Hund über den
Rücken (mit Ansprache; während Situation 14).
Diese Situation ist in die „Fahrstuhlsituation“ (Situation 14) integriert. Eine Testperson
spricht den Hund an und streicht ihm dabei über den Rücken.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
16. Eine Person weint (Kind).
Eine Testperson hockt und weint laut. Der Hund wird auf Seiten der Testperson im Abstand
von zwei Metern vorbeigeführt
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
17. Eine Person liegt am Boden und steht abrupt
auf, als Halter und Hund den Testgang machen
(Abstand 2m).
Hund und Halter passieren eine hockende Testperson, die dabei aufspringt und den Weg des
Hundes schneidet, ohne dass der Hund die wegrennende Testperson erreichen könnte.
43
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
18. Der Hundehalter spricht leise und freundlich mit
dem Hund, während eine Person beim ersten
Passieren laut in die Hände klatscht und beim
zweiten Passieren schreit. Dies geschieht nicht
in Richtung des Besitzers und seines Hundes.
Der Hundehalter steht mit seinem Hund, dem er freundlich zuredet und streichelt, an dem
asphaltierten Weg, während eine Testperson, laut in die Hände klatschend, vorbei geht.
Danach rennt die Testperson schreiend zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Während der
gesamten Testsituation schaut die Testperson den Hund nicht direkt an.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
19. Konfrontation mit Angstschweiß (Person geht
vorbei).
Diese Situation ist nicht geprüft worden, da sich eine Testperson mit Angstschweiß nicht zur
Verfügung gestellt hat.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
20. Eine Person schreit den Hund wütend an.
Die Testperson schaut den Hund direkt an und geht schnell auf das frei stehende HundHalter-Team zu. Dabei schreit sie laut und gestikuliert mit den Armen. Diese Bedrohung des
Hundes wird erst innerhalb der Leinenlänge abgebrochen oder wenn der Hund mit einer
aggressiven Kommunikation antwortet, woraufhin ihm bei der Wiederholung der
Testsituation ein Maulkorb aufgesetzt wird.
44
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
21. Eine Person (Testperson aus Situation 20)
spricht den Hund an.
Diese Testsituation folgt unmittelbar nach Situation 20 („Anschreien des Hundes“). Die
Testperson aus Situation 20 nimmt eine deeskalierende Körperhaltung ein, indem sie den
Blick abwendet, sich hinhockt, eine Hand dem Hund zur möglichen Kontaktaufnahme
entgegenstreckt und ihn ruhig und leise anspricht.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
22. Eine Person zieht ein lärmendes Gerät vorbei.
Eine Testperson zieht auf dem asphaltierten Weg einen lärmenden Kindertraktor an dem
passierenden Hund vorbei.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
23. Halter und Hund passieren (sehr eng) einige
bunte Luftballons.
Eine Testperson hält in beiden Händen Luftballons und geht so dicht an dem Hund vorbei,
dass er die Luftballons erreichen könnte.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
24. Ein Regenschirm wird unmittelbar vor dem Hund
aufgespannt. (Aber nicht als bedrohende
Intentionsbewegung, vielmehr so, wie es auf der
Straße geschehen kann.)
Kurz bevor die Testperson auf Höhe des Hundes ist, spannt sie nach oben gerichtet einen
Regenschirm auf.
45
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
25. Vor dem Hund fallen Blechdosen scheppernd
auf den Boden.
Hund und Halter stehen, während eine Testperson in Richtung des Hundes einzelne
Blechdosen auf den asphaltierten Weg wirft.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
26. Ein Ball rollt auf den Hund zu.
Eine Testperson schießt einen Ball vor sich her und nähert sich so dem ihr entgegen
kommenden Hund. Ein paar Meter vor dem Hund schießt sie den Ball quer vor diesem
entlang und rennt in einem Abstand von ca. 2 Metern geradeaus an dem Hund vorbei.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
27. Ein Auto setzt ein Stück in seine Richtung zurück
und hupt dabei.
Diese Testsituation wird vor dem eingezäunten Testgelände abgenommen. Hund und Halter
positionieren sich dicht neben einem geparkten Auto, welches dann einige Meter zurücksetzt
und dabei hupt.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
28. Ein Kinderwagen wird vorbei geschoben.
Eine Testperson schiebt beim Passieren des Hundes eine Kinderkarre mit einer Babypuppe.
Skalierung
29. Ein Fahrradfahrer fährt klingelnd vorbei.
Dem Hund kommt ein klingelnder Fahrradfahrer entgegen.
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
46
Material und Methoden
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
30. Ein Lappen (Tuch) berührt den Hund beim
Durchtritt durch eine Tür.
Diese Situation findet in den Räumlichkeiten des Instituts statt. Ein Lappen wird auf
Blickhöhe des Hundes quer in einen Türrahmen gespannt, diesen soll der Hund passieren.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
31. Eine Testperson geht auf den Hund zu, bedroht
ihn, macht Anstalten ihn anzugreifen (ohne
Hilfsmittel, Abstand 2m).
In dieser Bedrohungssituation geht eine Testperson laut pöbelnd und gestikulierend direkt auf
den entgegenkommenden Hund zu, unterschreitet jedoch nicht die Leinenlänge. Die
Testperson schaut dem Hund dabei in die Augen.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
32. Eine Person bedroht den Hund mit einem Stock.
Die Testperson verhält sich genauso wie in Situation 31 beschrieben, nur dass sie zusätzlich
einen Besenstiel als Bedrohungselement verwendet.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
33. Eine Person zündet ein Feuerzeug vor dem
Hund.
Das Hund-Halter-Gespann steht und in ca. 30 cm Abstand wird ein Feuerzeug mehrmals vor
dem Hund gezündet.
47
Material und Methoden
Skalierung
34. Der Hund muss unter einem
hindurchgehen.
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
Besenstiel o.ä.
Eine stehende Testperson hält auf Hüfthöhe im rechten Winkel zum eigenen Körper einen
Besenstiel. Der Hundehalter führt den Hund auf Seiten des Stockes, unter dem der Hund
hindurch gehen soll.
Skalierung
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
35. Ein Schrubber macht Geräusche auf dem
Boden.
Der Hund muss an einer Testperson vorbeigehen, die mit einem Besen auf dem asphaltierten
Weg hin und her schrubbt.
48
Material und Methoden
3.2 Bewertungssystematik
Das Verhalten des jeweiligen Hundes wurde in jeder Testsituation einzeln bewertet. Für die
Bewertung wurde die im Wesenstest vorgeschriebene Skalierung herangezogen.
3.2.1 Skalierung
Das Verhalten eines Hundes wird in jeder Situation einer Verhaltenskategorie zugeordnet, die
als Skalierung bezeichnet wird. Es gibt sieben mögliche Skalierungen, die das
Skalierungssystem bilden (siehe Abbildung III. 1). Wird eine Testsituation mit der
Skalierung 1 bewertet, zeigte der Hund keine aggressiven Signale, sondern blieb neutral,
zeigte eine soziale Annäherung, Meide-, Spiel- oder Fluchtverhalten. Wurde die Skalierung 27 vergeben, benutzte der Hund in der jeweiligen Situation eine aggressive Kommunikation in
verschiedenen Eskalationsstufen. Eine genaue Beschreibung des Verhaltens des Hundes
wurde in dem Testbogen in der Zeile „Beschreibung des Ausdrucksverhaltens“ neben der
Skalierung vorgenommen.
Die sieben Skalierungen zeigt Abbildung III. 1. Die kursiv gedruckten Erläuterungen
entsprechen den Vorgaben aus dem Wesenstest nach den Richtlinien der GefTVO vom
05.07.2000 und dienen dem besseren Verständnis.
49
Material und Methoden
Abbildung III.1: Erläuterung der Skalierung nach der GefTVO
Skalierung 1
Keine aggressiven Signale beobachtet.
Hund bleibt neutral oder zeigt Meideverhalten.
Zu diesem Verhalten gehören auch die „soziale Annäherung“, die „passive Demut“, das „Fluchtverhalten“ und
das „Spielverhalten“ eines Hundes.
Skalierung 2
a) Akustische Signale (Knurren und/oder tiefes
Bellen/Fauchen/Schreifauchen)
b) Optische Signale (Zähneblecken, Drohfixieren u. a. mit oder ohne
Knurren und/oder Bellen u. a.)
Hierbei handelt es sich um akustische und optische Drohsignale.
Skalierung 3
Schnappen (Beißbewegung aus einiger Entfernung), mit oder ohne
Knurren und/oder Bellen und/oder Zähneblecken, Drohfixieren u. a.
Drohsignale mimisch bzw. im Körperbereich
Keine Annäherung
Skalierung 4
Ebenso wie 3, aber mit unvollständiger Annäherung
(Stehen bleiben in einer gewissen Distanz)
Skalierung 5
Beißen (Beißversuch) oder Angreifen (Angriffsversuche: Annäherung
bei hoher Geschwindigkeit und Zustoßen; mit Knurren und/oder Bellen
und/oder Zähneblecken)
Diese Klasse beinhaltet Beißen oder Angreifen ausschließlich mit vorangegangenem optischen und/oder
akustischen Drohverhalten. Stoßen durch den Maulkorb wird als Beißen gewertet.
Skalierung 6
Ebenso wie 5, aber ohne mimische oder lautliche Signale
Diese Klasse beinhaltet Beißen oder Angreifen ausschließlich ohne vorangegangenes optisches und/oder
akustisches Drohverhalten.
Skalierung 7
Beruhigung des Tieres nach Eskalation ist erst nach über 10 Minuten zu
beobachten
50
Material und Methoden
3.2.2 Bestehen/Nichtbestehen des Wesenstests
Entscheidend für das Bestehen oder Nichtbestehen des Tests ist das Verhalten des Hundes in
den einzelnen Testsituationen. Die Testsituationen werden unterteilt in Bedrohungs- und
Nichtbedrohungssituationen, denen unterschiedliche Gewichtungen bei der Entscheidung über
das Bestehen oder Nichtbestehen zukommen.
Bedrohungssituationen: „Anstarren“ (Sit. 5), „Anschreien“ (Sit. 20), „Bedrohung ohne
Hilfsmittel“ (Sit. 31), „Bedrohung mit Hilfsmittel“ (Sit. 32)
Nichtbedrohungssituationen: alle Testsituationen außer den Bedrohungssituationen
Ein Hund hat den Wesenstest bestanden,
•
wenn er in den Nichtbedrohungssituationen mit Verhalten der Skalierung 1 bis
einschließlich 4 reagiert,
und
•
wenn er in den Bedrohungssituationen mit Verhalten der Skalierung 1 bis
einschließlich 5 reagiert.
Ein Hund hat den Wesenstest nicht bestanden,
•
wenn er in den Nichtbedrohungssituationen mit Verhalten der Skalierung 5 reagiert,
•
wenn er mit Verhalten der Skalierung 6 oder 7 reagiert, unabhängig von der Art der
Situation
Ein Nichtbestehen hatte für die Hunde dieser Kontrollgruppe keinerlei ordnungsbehördliche
Auswirkungen!
51
Material und Methoden
3.2.3 Gestört oder inadäquat aggressives Verhalten
Bei der Beurteilung eines Hundes auf seine Gefährlichkeit ist zu entscheiden, ob er in den
Testsituationen angemessen reagiert hat oder inadäquates oder gestörtes Aggressionsverhalten
gezeigt hat. Nach der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000 war jeder einzelnen
Testsituation ein Multiplikator zugeordnet. Der Multiplikator 1 wurde Situationen zugeordnet,
in denen die Hunde einer Bedrohung ausgesetzt wurden. Der Multiplikator 2 fand sich bei
Testsituationen, die der Hund eventuell als ungewöhnlich und somit als beängstigend
empfinden könnte, z.B. Blechdosen, die scheppernd zu Boden fallen. Der Hund sollte jedoch
mit diesen Situationen umgehen können, da sie ihm häufig im alltäglichen Leben begegnen
könnten. Genauso sollte der Hund mit Situationen umgehen können, die den Multiplikator 3
trugen, denn in diesen wurde dem Hund eindeutig freundlich begegnet („Freundliche
Ansprache“) oder aber der Hund hätte im Alltag mit ihnen konfrontiert werden können
(„Stolpern“).
Zeigte ein Hund im Test Verhalten der Skalierung 5 (Beißen oder Angreifen mit
vorangegangenem Drohverhalten) und der Situation war der Multiplikator 1 zugeordnet, so
war sein Verhalten nachvollziehbar, beim Multiplikator 2 war es zwar nachvollziehbar, aber
unerwünscht und beim Multiplikator 3 war es gravierend und nicht mehr akzeptabel. Um zu
bestehen, durften die Hunde in Situationen mit dem Multiplikator 3 nur Verhalten der
Skalierung 1 bis einschließlich 4 zeigen, in Situationen, denen der Multiplikator 1 oder 2
zugeteilt war, durften sie auch mit Verhalten der Skalierung 5 reagieren.
Eine Zuordnung von Multiplikatoren zu den einzelnen Testsituationen wurde abgeschafft und
für das Bestehen des Wesenstests durfte Verhalten der Eskalationsstufe 5 nur noch in den
Bedrohungssituationen (früher Multiplikator 1) gezeigt werden.
Die Beurteilung eines Hundes als angemessen aggressiv oder aber als inadäquat aggressiv ist
somit von seinem Verhalten in den Bedrohungs- bzw. Nichtbedrohungssituationen abhängig.
Als inadäquat wird Beißen oder Angreifen mit vorangegangenem Drohverhalten (Skalierung
5) in sämtlichen Nichtbedrohungssituationen angesehen. Verhalten mit der Skalierung 6
(Beißen oder Angreifen ohne vorheriges Drohverhalten) und 7 (Beruhigung des Tieres nach
Eskalation erst nach über 10 Minuten) entspricht ungeachtet der Situation gestört aggressivem
Verhalten.
52
Material und Methoden
3.3 Datenaufnahme
Der Name des Besitzers, Alter und Geschlecht des Hundes waren der Gutachterin durch die
Anmeldung bekannt. Am Tag der Testabnahme wurde die Allgemeinuntersuchung und der
Lerntest schriftlich auf dem Deckblatt des Wesenstestvordruckes festgehalten. Während des
Wesenstests wurden die Skalierungen und Stichpunkte über das Ausdrucksverhalten des
Hundes nach jeder Testsituation im Vordruck notiert.
Weiterhin wurde die Datenaufnahme durch das Filmen mit einer Videokamera vorgenommen.
Außer der Allgemeinuntersuchung und dem Lerntest wurden alle Testsituationen filmisch so
festgehalten, dass die beteiligten Testpersonen, der Hundehalter und das Ausdrucksverhalten
des Hundes deutlich zu erkennen waren.
3.4 Beurteilung der Hunde
Die erste Beurteilung der Hunde fand während des Wesenstests durch die Gutachterin statt.
Für jede Testsituation wurden eine Skalierung und Stichpunkte zum Ausdrucksverhalten des
Hundes auf dem Vordruck schriftlich notiert. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das
Videomaterial durch die Gutachterin gesichtet, jede einzelne Testsituation ausgewertet, mit
der ersten Beurteilung verglichen und schriftlich auf dem PC festgehalten. Die auf diese
Weise schriftlich erstellten Wesenstests der 70 Golden Retriever sind für die statistische
Auswertung dieser Arbeit herangezogen worden.
Ein schriftliches Gutachten über den getesteten Golden Retriever, wie es über Hunde
angefertigt wurde, die unter die Niedersächsische GefTVO vom 05.07.2000 fielen, wurde
nicht erstellt.
53
Material und Methoden
4. Auswertung der Daten
Für die statistische Auswertung und Erstellung der Graphiken (siehe Kapitel IV) wurde das
Statistikprogramm „GraphPad Prism 4“ benutzt.
Für den paarweisen Vergleich von Daten wurde die Signifikanz mittels des Chi-Square
Wertes
geprüft.
Es
wurde
eine
Signifikanz
der
Irrtumswahrscheinlichkeit von unter 5% angenommen (p<0,05).
Unterschiede
bei
einer
54
Ergebnisse
IV. Ergebnisse
1. Hunde
Das Alter der getesteten Golden Retriever betrug 15 Monate (Mindestalter) bis 10 Jahre, im
Mittel waren sie 4,1 Jahre alt (Abbildung IV. 1).
70
Anzahl der Hunde
60
50
40
30
20
14
8
10
11
10
6
4
8
6
1
2
9
10
0
1
2
3
4
5
6
7
Alter in Jahren
8
Abbildung IV. 1: Altersverteilung der getesteten Golden Retriever
(n=70)
2. Höchste erreichte Skalierungen
Die Zuordnung des Verhaltens zu den verschiedenen Skalierungen wurde für jede einzelne
Testsituation vorgenommen. In der folgenden Abbildung IV. 2 ist für jeden Testhund die
höchste Skalierung (1-7) aller Testsituationen dargestellt. Somit bekamen 41 Hunde (58,6%)
im gesamten Wesenstest keine höhere Skalierung als die 1, es wurden also keine aggressiven
Signale gesendet. Bei 28 Golden Retrievern (40,0%) wurden die Testsituationen mit 1 und 2
55
Ergebnisse
bewertet, da sie akustisch und/oder optisch drohten (2a, 2b). Ein Hund (1,4%) hatte als
höchste Skalierung eine 5; er zeigte in einer Testsituation das Beißen als Reaktion auf einen
getesteten Reiz. Die Bewertungen 3 (Beißbewegung aus einiger Entfernung), 4
(Beißbewegung mit unvollständiger Annäherung), 6 (Beißen oder Angreifen ohne vorherige
Drohsignale) und 7 (Beruhigung des Tieres nach Eskalation erst nach über 10 Minuten)
wurden bei keinem Hund vorgenommen.
70
Anzahl der Hunde
60
50
40
41
28
30
20
10
1
0
1
2
3
4
Skalierung
5
6
7
Abbildung IV. 2: Verteilung der höchsten Skalierungen bei den
getesteten Golden Retrievern (n=70)
3. Verhalten der Hunde in den einzelnen Situationen
Die Abbildung IV. 3 stellt jede einzelne Testsituation mit der Häufigkeit des Auftretens der
einzelnen Eskalationsstufen bzw. Skalierungen von 1-6 dar. Daraus wird ersichtlich, in
welchen Testsituationen am häufigsten aggressives Verhalten von den Hunden eingesetzt
wurde. In den Bedrohungssituationen zeigten 12 Hunde (17,1%) beim „Anstarren“ und 7
Hunde (10,0%) bei der „Bedrohung ohne Hilfsmittel“ optische und/oder akustische
Drohsignale (Skalierung 2). In allen anderen Testsituationen wurden keine höheren Werte für
die Häufigkeit von aggressivem Verhalten ermittelt, lediglich in der Testsituation
56
Ergebnisse
„Betrunkener“ drohten auch 7 Tiere mit optische und/oder akustische Drohsignalen
(Skalierung 2).
In den durch schnelle und abrupte Bewegungen der Testperson (Situation „Stolpern“,
„Abruptes
Aufstehen“,
„Klatschen/Schreien“
und
„Jogger“)
gekennzeichneten
Nichtbedrohungssituationen reagierten z. B. 6 Hunden (8,6%) beim „Klatschen/Schreien“ mit
optischen und/oder akustischen Drohsignalen (Skalierung 2). Von den restlichen
Nichtbedrohungssituationen riefen die Situationen „Regenschirm“ (5 Hunde; 7,1%) und
„Betrunkener“ (7 Hunde; 10,0%) auffallend häufig Verhalten der Skalierung 2 hervor. In der
Testsituation „Betrunkener“ zeigte ein Hund (1,4%) Verhalten der Eskalationsstufe 5 (Beißen
oder Angreifen mit vorangegangenem Drohverhalten). Dies war die einzige Testsituation, in
der ein Golden Retriever eine höhere Skalierung als 2 bekommen hat.
Die fünf Situationen, in denen am häufigsten aggressives Verhalten der Hunde beobachtet
wurde, waren „Anstarren“, „Bedrohung ohne Hilfsmittel“, „Klatschen/Schreien“,
„Regenschirm“ und „Betrunkener“.
Das Ergebnis zeigt, dass das aggressive Verhalten der Hunde von dem Verhalten der
Testpersonen in den einzelnen Situationen abhängig war.
57
Ergebnisse
1
Skalierung:
Spiel Halter
70
Spiel Besitzer
70
Geschäft
70
Rang anmaßende Gesten
70
Anstarren
3
58
Mantel
Freundliche Ansprache
70
Stolpern
67
70
Blindenstock
70
2
62
70
Gruppe
70
Fahrstuhl
70
Rücken streicheln
70
Weinen
68
2
Abruptes Aufstehen
69
1
6
64
Anschreien
69
Ansprache n. A.
70
Lärmendes Geräusch
70
Luftballons
70
5
Blechdosen
70
Ball
70
Auto
70
Kinderwagen
70
Fahrrad
67
Lappen
70
3
7
63
Bedrohung m. H.
68
Feuerzeug
70
Besenstiel
69
Schrubber
70
0
1
65
Bedrohung o. H.
35
1
7
Streifen
Regenschirm
6
5
3
Jogger
Klatschen/Schreien
4
12
68
Betrunkener
Testsituationen
2
2
1
70 0
15
0
0
0
15 0
Anzahl der Hunde
Abbildung IV. 3: Skalierungen 1-6, die je Situation von den getesteten
Golden Retrievern (n=70) gezeigt wurden
n. A. : nach Anschreien
o./m. H. : ohne/mit Hilfsmittel
58
Ergebnisse
4. Drohverhalten der Hunde in ähnlichen Situationen (Bedrohungs- und
Nichtbedrohungssituationen)
Im Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakt gibt es insgesamt vier Bedrohungssituationen.
In 7,9% aller durchgeführten Bedrohungssituationen wurde Drohverhalten (Skalierung 2-4)
von den Hunden gezeigt. In den Nichtbedrohungssituationen beträgt dieser Wert 1,4%. Damit
zeigten die Hunde in den Bedrohungssituationen höchst signifikant (Chi-Square-Test,
p<0,0001) mehr Drohverhalten (Skalierung 2-4) als in den Nichtbedrohungssituationen.
Anteil der Situationen in %
100
75
50
25
7,9%
1,4%
0
Bedrohungssituationen
Nichtbedrohungssituationen
Drohen (Skalierung 2 - 4)
Abbildung IV. 4: Prozentualer Anteil des Drohverhaltens
(Skalierung 2-4) der getesteten Golden Retriever pro
durchgeführter Testsituation
59
Ergebnisse
5. Aggressives Verhalten der Skalierung 5, 6 und 7
Von den 70 getesteten Golden Retrievern reagierte ein Hund in der Situation „Betrunkener“
mit Verhalten der Eskalationsstufe 5 (Beißen oder Angreifen mit vorangegangenem
Drohverhalten). Die Eskalationsstufen 6 (Beißen oder Angreifen ohne vorangegangenes
Drohverhalten) und 7 (Beruhigung des Tieres nach Eskalation erst nach über 10 Minuten)
wurden bei keinem Hund dieser Kontrollgruppe beobachtete.
6. Gestört oder inadäquat aggressives Verhalten
Nach den Beurteilungskriterien des Wesenstests haben 69 Tiere (98,6%) in den jeweiligen
Testsituationen angemessen reagiert und stellen für den Menschen keine Gefahr dar. Anders
verhielt es sich mit einem einzigen Golden Retriever, der in einer Testsituation
(„Betrunkener“) gedroht und gebissen hat und deshalb die Skalierung 5 bekam. Die
Testsituation „Betrunkener“ zählt zu den Nichtbedrohungssituationen und somit war in dieser
Situation Verhalten mit der Skalierung 5 gravierend und nicht mehr akzeptabel. Dieser Hund
zeigte demnach inadäquat aggressives Verhalten und hätte gemäß der Niedersächsischen
GefTVO vom 05.07.2000 den Wesenstest nicht bestanden.
Bei MITTMANN (2002) zeigten von den 415 getesteten Hunden 19 Tiere inadäquat
aggressives und 1 Hund gestört aggressives Verhalten. Der statistische Vergleich der Hunde
bezogen auf das Vorkommen von inadäquat aggressivem Verhalten (19 Tiere bei
MITTMANN (2002), 1 Hund in der Kontrollgruppe) lieferte einen p-Wert von 0,19 (ChiSquare-Test). Somit gab es keinen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit von inadäquat
aggressivem Verhalten zwischen den beiden Gruppen. Zum gleichen Ergebnis führte der
paarweise Vergleich der Rassen Bullterrier, Rottweiler, Staffordshire Bullterrier und der
Hunde vom Pitbull-Typus mit dem Golden Retriever, wo Werte von 0,26 < p < 1 (ChiSquare-Test) errechnet wurden.
Anders verhielt es sich bei den Rassen American Staffordshire Terrier und Dobermann. Hier
lag der p-Wert bei 0,047 bzw. 0,049 (Chi-Square-Test) und somit gab es bei diesen Rassen
60
Ergebnisse
eine signifikante Häufung im Auftreten von inadäquat aggressivem Verhalten im Vergleich
zum Golden Retriever.
Aus statistischen Gründen konnten keine Berechnungen bezogen auf gestört aggressives
Verhalten vorgenommen werden (Skalierung 6 und 7).
7. Höchste erreichte Skalierungen im Vergleich zwischen den Hunden von
MITTMANN (2002) und der Kontrollgruppe
In der Abbildung IV. 5 wird ein Vergleich zwischen der Kontrollgruppe der Golden
Retriever und den als gefährlich eingestuften fünf Hunderassen und einem Hundetypus
(American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Dobermann, Rottweiler, Staffordshire Bullterrier
und Hunde vom Pitbull-Typus), bezogen auf die höchste erreichte Skalierung im Wesenstest,
gemacht. Bei MITTMANN (2002) reagierten von den 415 getesteten Hunden 158 Tiere
(38,1%) im gesamten Test nur mit Verhalten der Skalierung 1 (keine aggressiven Signale),
bei den Golden Retrievern waren es 41 von 70 Hunden (58,6%). Verhalten der
Eskalationsstufe 2 als höchste erreichte Skalierung im Test zeigten bei den als gefährlich
eingestuften Hunden 201 Tiere (48,4%), in der Kontrollgruppe waren es 28 Hunde (40,0%).
Die Skalierungen 3 und 4, die bei den Golden Retrievern nicht vergeben wurden, wurden in
der Studie von MITTMANN (2002) von 12 (2,9%) und 6 Tieren (1,5%) erreicht. Gebissen
und zuvor gedroht (Skalierung 5) hat bei den Golden Retrievern ein Hund (1,4%), in der von
MITTMANN (2002) untersuchten Gruppe waren es 37 Hunde (8,9%). Ein einziger Hund
(0,2%) bekam bei MITTMANN (2002) als höchste Skalierung eine 6. Verhalten der
Eskalationsstufe 7 kam in keiner der beiden untersuchten Gruppen vor.
61
Ergebnisse
100
90
Anteil der Hunde in %
80
Golden Retriever (n = 70)
als gefährlich eingestufte Hunde
(n = 415)
70
60
59%
48%
50
40
38%
40%
30
20
9%
10
3%
1%
2%
0,2%
0
1
2
3
4
Skalierung
5
6
7
Abbildung IV. 5: Verteilung der höchsten Skalierungen bei den 70
getesteten Golden Retrievern und den 415 als
gefährlich eingestuften Hunden (MITTMANN 2002)
8. Höchste erreichte Skalierungen im Vergleich zwischen Hunden mit
bestandenem
DRC-Wesenstest
und
Hunden
ohne
DRC-Wesenstest
(Deutscher Retriever Club e.V.)
Um festzustellen, ob es zwischen Golden Retrievern mit bestandenem DRC-Wesenstest, der
eine Zuchtzulassung zur Folge hat, und Golden Retrievern ohne DRC-Wesenstest einen
Unterschied in dem Auftreten von aggressivem Verhalten gibt, wurden diese beiden Gruppen
miteinander verglichen.
Von den 70 getesteten Golden Retrievern hatten 33 Hunde (47,1%) einen Wesenstest im
Deutschen Retriever Club e.V. bestanden. Zwei Golden Retriever hatten den DRCWesenstest aufgrund großer Unsicherheit nicht bestanden. Diese beiden Hunde hatten im
62
Ergebnisse
Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000 als höchste
Skalierung die 1 (keine aggressiven Signale).
Von den 33 Hunden, die den DRC-Wesenstest bestanden hatten, erreichten 20 Hunde (60,6%)
in dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Wesenstest als höchste Skalierung eine 1 (keine
aggressiven Signale) und 13 Hunde (39,4%) die Skalierung 2 (optische und/oder akustische
Drohsignale). Bei den Hunden, die keinen bestandenen DRC-Wesenstest vorlegen konnten
(37 Hunde), bekamen 21 Hunde (56,8%) als höchste erreichte Skalierung eine 1 und 15
Hunde (40,5%) eine 2. Ein Golden Retriever (2,7%) bekam als höchste Skalierung eine 5
(Beißen oder Angreifen ohne vorangegangenes Drohverhalten), dieser Hund gehörte in die
Gruppe der Hunde, die dem DRC-Wesenstest nicht unterzogen worden waren.
.
100
90
Anteil der Hunde in %
80
mit DRC-WT (n = 33)
ohne DRC-WT (n = 37)
70
60
61%
57%
50
39% 41%
40
30
20
10
3%
0
1
2
3
4
Skalierung
5
6
7
Abbildung IV. 6: Verteilung der höchsten Skalierungen, die von den
Golden Retrievern mit und ohne bestandenen DRCWesenstest (WT) erreicht wurden
63
Ergebnisse
9. Häufig beobachtete Lösungsstrategien: Submissives Verhalten und
Stresssymptome bei den Golden Retrievern
Die Hunde durchliefen 34 Testsituationen im Hund-Mensch und Hund-Umwelt-Kontakt,
somit waren es bei 70 Hunden insgesamt 2380 Testsituationen. Der prozentuale Anteil von
Testsituationen, in denen die Hunde beschwichtigendes Verhalten und/oder Stresssymptome,
d.h. Unsicherheiten im Umgang mit den Testreizen zeigten, lag zwischen 29,4% und 91,2%.
Im Mittel waren es 68,9% der Testsituationen, in denen die Golden Retriever die genannten
Lösungsstrategien (submissives Verhalten) wählten.
64
Diskussion
V. Diskussion
Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine Kontrollgruppenstudie. Es wurden 70 Golden
Retriever im Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung (GefTVO) vom
05.07.2000 getestet. Die Ergebnisse wurden mit denen von MITTMANN (2002) verglichen,
in deren Studie 415 Hunde aus fünf Hunderassen (American Staffordshire Terrier, Bullterrier,
Dobermann, Rottweiler, Staffordshire Bullterrier) sowie Hunde vom Pitbull-Typus untersucht
wurden. Die Hunde bei MITTMANN (2002) unterlagen alle der damaligen Verordnung. Die
Rassen American Staffordshire Terrier und Bullterrier sowie Hunde vom Pitbull-Typus fielen
in die Kategorie 1 der Rasseliste der Gefahrtierverordnung. In der Kategorie 2 wurde der
Dobermann, Rottweiler und der Staffordshire Bullterrier geführt. Die Niedersächsische
Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 unterstellte den betroffenen Hunden, insbesondere den
Hunden der Kategorie 1, dass von ihnen eine besondere Gefahr für Menschen und andere
Hunde ausginge.
1. Material und Methoden
1.1 Hunde
Teilnehmen konnten alle Golden Retriever ab einem Alter von 15 Monaten. Dass es sich
tatsächlich um Hunde der Rasse Golden Retriever gehandelt hat, wurde aufgrund der
Rasseangaben durch die Besitzer angenommen und von der Gutachterin phänotypisch
kontrolliert. Das Alter und die Kennzeichnung der Hunde wurden durch den Impfpass
nachvollzogen. Die Auswertung der Ergebnisse in Bezug auf das Alter der Tiere blieb wie bei
MITTMANN (2002) unberücksichtigt.
Ein wesentliches Kriterium dieser Kontrollgruppe war die freiwillige Entscheidung der
Hundebesitzer, an dem Wesenstest teilzunehmen. Das Ergebnis musste von den Besitzern
keiner Behörde vorgelegt werden und unterlag der tierärztlichen Schweigepflicht. Von den
Hunden, deren Wesenstestergebnisse Grundlage der Arbeit von MITTMANN (2002) waren,
65
Diskussion
waren jene der Kategorie 1 gezwungen den Wesenstest zu absolvieren und das Testergebnis
musste dem zuständigen Sachbearbeiter vorgelegt werden, der über das Weiterleben des
Hundes entschied. Hunde der Kategorie 2 konnten freiwillig zum Wesenstest angemeldet
werden und beim Bestehen den Maulkorb- und Leinenzwang verlieren. Damit wird deutlich,
dass das Ablegen des Wesenstests für ein Hund-Halter-Team mit einem als gefährlich
eingestuften Hund Auswirkungen auf das zukünftige Führen des Hundes oder auf das
Weiterleben des Tieres hatte. Besitzer dieser Hunde unterlagen oft einem hohen psychischen
Druck, verhielten sich ihren Hunden gegenüber dadurch anders als im Alltag, was das
Verhalten der Hunde beeinflusste (siehe Kapitel II. 1.3.3 D). Bei den Golden RetrieverBesitzern lag aus unterschiedlichen Gründen ein Interesse an dieser Studie vor. Einige wollten
einen zweiten Wesenstest machen, da sie mit dem Ergebnis des DRC-Wesenstests nicht
einverstanden waren; bei anderen spielten unerwünschte Verhaltensweisen des Hundes bei
der Entscheidung für den Test eine Rolle. Der Großteil der Besitzer nahm aus Interesse am
Ausdrucksverhalten ihrer Hunde während des Wesenstests an dieser Studie teil.
Das unbewusste Verstärken des Verhaltens eines Hundes durch seinen Besitzer ist umso
deutlicher, je größer die Belastung des Hund-Halter-Gespanns ist (siehe Kapitel II. 1.3.3 D).
Hat der Besitzer Befürchtungen vor dem Wesenstest, wird sich dieser psychische Druck auf
den Hund übertragen, welcher, insbesondere in einer für ihn unangenehmen Situation,
sensibler für die Verhaltensänderungen seines Besitzers ist. Befindet sich ein Hunde in einer
Konfliktsituation, wird er eine oder mehrere der im Kapitel II. 1.3 aufgeführten
Verhaltensweisen (Fight, Flight, Freeze, Flirt) zeigen, so dass ein neutrales Verhalten
unwahrscheinlich wird.
Derartige Gegebenheiten lagen wesentlich öfter bei den Hund-Halter-Teams der Studie von
MITTMANN (2002), als in dieser Arbeit vor, wodurch das häufigere Auftreten von
aggressiven Verhaltensweisen bei den von MITTMANN (2002) untersuchten Hunden erklärt
werden kann.
66
Diskussion
1.2 Wesenstest
In 53 (2,2%) von insgesamt 2380 Testsituationen (70 Hunde x 34 Testsituationen des HundMensch- und Hund-Umwelt-Kontakts) reagierten die Hunde mit aggressivem Verhalten.
Gezeigt wurde es meistens in so genannten Bedrohungssituationen (z.B. „Anstarren“,
„Bedrohung ohne Hilfsmittel“) und Situationen mit schnellen, abrupten oder merkwürdigen
Bewegungen (z.B. „Klatschen/Schreien“, „Betrunkener“). Zum gleichen Ergebnis kam auch
MITTMANN (2002). Diese Übereinstimmung zeigt, dass Hunde, unabhängig von der Rasse,
auf dieselben Reize aggressives Verhalten zeigen. Sie fühlen sich somit durch ähnliche
menschliche
Verhaltensweisen
bzw.
Gegebenheiten
bedroht.
Diese
menschlichen
Verhaltensweisen weichen von dem ab, was die meisten Hunde als „normal“ kennen gelernt
haben. Zusätzlich erzeugte die Durchführung der 34 Testsituationen des Hund-Mensch- und
Hund-Umwelt-Kontakts ohne größere Pause einen Stressanstieg bei den Hunden und ihren
Besitzern. Ein allgemein erhöhter Erregungslevel unter Stress führt zu einer Herabsetzung des
Schwellenwertes für Aggressionsverhalten (QUANDT 2001).
Die aufgeführten Zusammenhänge zeigen auf, wie wichtig beim Hund die ersten
Lebenswochen (Sozialisierungsphase; siehe Kapitel II. 1.2) sind, in denen er lernt, was er in
seinem späteren Leben als „normal“ ansieht bzw. was ihn ängstigt. Außerdem wird in diesem
Lebensabschnitt der Grundstein für die Befähigung des Organismus gelegt, mit Stress und
Belastungen umzugehen. Um die Wahrscheinlichkeit, dass ein Welpe in seinem späteren
Leben aggressives Verhalten aus Unsicherheit oder Angst heraus zeigt, zu minimieren, muss
der Besitzer seinem Hund möglichst viele Reize in Verbindung mit positiver Erfahrung
präsentieren. Dabei spielt die Rasse des Hundes keine Rolle.
Weiterhin belegt diese Übereinstimmung, dass Menschen durch ihr Verhalten bei Hunden
Aggressivität hervorrufen können. In unserer Gesellschaft wird häufig gefordert, dass ein
Hund sich in jeder Situation friedlich zeigen muss. Diese Forderung ist mit dem
„Normalverhalten“ eines Hundes nicht zu vereinbaren. Wie die Wesenstestergebnisse gezeigt
haben, kann auch der Golden Retriever, der als „friedfertig und familienfreundlich“ gilt, dem
nicht nachkommen. Im Test wurde bei 29 Hunden aggressives Verhalten beobachtet, bei
einem in inadäquater Form. Bei den anderen 28 Golden Retrievern in vertretbarer Art und
Weise, wenn auch z. T. in Nichtbedrohungssituationen (s. o.).
67
Diskussion
Testsituation: „Anschreien“
Diese Testsituation unterlag in dieser Studie anderen Bedingungen als bei MITTMANN
(2002) und wird deshalb genauer betrachtet.
Bei der Situation „Anschreien“ geht die Testperson schnell, laut schreiend, in drohender
Körperhaltung (leicht nach vorne gebeugter Oberkörper, angespannte Muskulatur) und den
Hund direkt anstarrend, auf das sich ca. 20 Meter entfernt befindende Hund-Halter-Gespann
zu. Erst innerhalb der Leinenlänge wird dieser Angriff durch die Testperson abgebrochen.
In der Studie von MITTMANN (2002) trugen die Hunde in den meisten Fällen
prophylaktisch einen Maulkorb, was in der Kontrollgruppe nur bei einem einzigen Hund und
bei einem anderen nach vorangegangenem Drohverhalten der Fall war. Bei den Golden
Retrievern wurde so verfahren, weil keiner der Hunde an einen Maulkorb gewöhnt war und
die meisten Besitzer das vorsorgliche Aufsetzen eines Maulkorbes ablehnten.
Von den 415 von MITTMANN (2002) getesteten Hunden reagierten in der Testsituation
„Anschreien“ 314 Tiere mit Verhalten der Skalierung 1 (keine aggressiven Signale), 72
zeigten Drohverhalten der Skalierung 2 (optische und/oder akustische Drohsignale), 4 Hunde
machten Beißbewegungen aus einiger Entfernung zur Testperson ohne sich anzunähern
(Skalierung 3), 6 Hunde zeigten das zuvor beschriebene Verhalten jedoch mit einer
unvollständigen Annäherung (Skalierung 4) und 19 Tiere bissen die Testperson (stoßen durch
den Maulkorb) mit vorangegangenen Drohsignalen (Skalierung 5).
Unter den 70 getesteten Golden Retrievern zeigten 69 Tiere in dieser Testsituation keine
aggressiven Verhaltenssignale und bekamen folglich eine 1 als Skalierung. Ein Hund zeigte
Drohverhalten der Skalierung 2.
Zu berücksichtigen ist, dass in der Studie von MITTMANN (2002) beobachtet wurde, dass
ein aufgesetzter Maulkorb die Hunde ablenkte und sie in ihrem Verhalten hemmte
(SCHALKE 2004). Diese Tatsache hebt die unterschiedlichen Ergebnisse in der betreffenden
Testsituation noch deutlicher hervor.
Eine Erklärung für die unterschiedlichen Testergebnisse könnte in der Qualität der Bedrohung
durch die Testperson liegen. Ein Hund mit Maulkorb wird eventuell massiver und für das Tier
überzeugender angegriffen, als ein nicht eingeschränkter Hund. Jedoch muss eine stärkere
Bedrohung nicht zwangsläufig zu einer aggressiven Antwort des Hundes führen. Dieser kann
auch eingeschüchtert sein und deshalb deeskalierende Verhaltensweisen zeigen.
68
Diskussion
Hunde, die nicht an das Tragen eines Maulkorbes gewöhnt sind, können so sehr davon
abgelenkt sein und versuchen den Korb abzustreifen, dass sie die Testsituation nicht im vollen
Umfang mitbekommen. Dies war der Fall bei den beiden Golden Retrievern, die in der
Testsituation „Anschreien“ einen Maulkorb trugen.
1.3 Begutachtung
Die Begutachtung von Hundeverhalten unterliegt immer den subjektiven Einflüssen des
Beobachters. Im Gegensatz zu den Wesenstests der als gefährlich eingestuften Hunde, bei
denen grundsätzlich zwei Gutachterinnen den Test abnahmen und das Videomaterial in
Grenzfällen gemeinsam auswerteten, konnte bei der Kontrollgruppe nur eine Gutachterin die
Wesenstests abnehmen und auswerten. Bei Schwierigkeiten in der Ausarbeitung konnte
jedoch jederzeit eine zweite Gutachterin zu Rate gezogen werden.
Grundsätzlich fand die Begutachtung des Verhaltens der Hunde in den einzelnen
Testsituationen auf dem Außenplatz des Instituts für Tierschutz und Verhalten der
Tierärztlichen Hochschule Hannover statt und später durch das von jedem Wesenstest
angefertigte Videoband. Die Auswertung der Videobänder ermöglichte die wiederholte
Betrachtung von Testsituationen in verlangsamtem Ablauf sowie als Standbild. Auch ein
Vergleich von verschiedenen Situationen und Hunden war auf diese Weise möglich. Durch
diese Art der Auswertung konnten auch kleinste Verhaltenselemente bzw. schnelle Wechsel
im Ausdrucksverhalten der Hunde erfasst und dokumentiert werden. Die Ergebnisse lassen
sich durch das Videomaterial jederzeit erneut überprüfen.
Durch die exakt vorgeschriebenen Testsituationen und das Bewertungssystem war eine
validierbare Auswertung des Verhaltens der einzelnen Hunde möglich.
69
Diskussion
2. Ergebnisse
In dem Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000
wurde die Kontrollgruppe auf eine Rassedisposition für gesteigertes Aggressionsverhalten,
auf einen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit des Aggressionsverhaltens zwischen der
Kontrollgruppe und den von MITTMANN (2002) untersuchten Hunden und auf häufig
gewählte Lösungsstrategien in Konfliktsituationen untersucht.
2a) Rassedisposition für gesteigertes Aggressionsverhalten
Ein einziger Golden Retriever (1,4%) erhielt in einer Nichtbedrohungssituation die Skalierung
5 und zeigte inadäquat aggressives Verhalten. Diese Testsituation war die Situation
„Betrunkener“, in der weitere 7 Hunde (10,0%) mit optischen und/oder akustischen
Drohsignalen reagierten.
Dieses Ergebnis und das unter Punkt 2b beschriebene lässt bei den untersuchten Golden
Retrievern keine Rassedisposition für gesteigertes Aggressionsverhalten erkennen.
Situation „Betrunkener“
Die Testsituation „Betrunkener“ stellt eine Alltagssituation dar. Die Reaktion der Skalierung
5 (Beißen mit vorangegangenem Drohverhalten) wird vom Gesetzgeber als gravierend und
nicht mehr akzeptabel angesehen. In dieser Situation bewegt sich die Testperson für den Hund
merkwürdig, riecht nach Alkohol und spricht laut lallend. Dieses Verhalten entspricht nicht
dem eines „normalen“ Menschen und kann deshalb vom Hund als bedrohlich empfunden
werden. Um zu diesem als bedrohlich empfundenen Menschen eine möglichst große Distanz
aufzubauen, reagieren Hunde mit agonistischem Verhalten (siehe Kapitel II. 1.3). Was für
einen Hund „normal“ ist und dem Bild seiner Erfahrungen entspricht, hängt insbesondere von
den Erfahrungen während der Sozialisierungsphase ab (QUANDT 2001). „Mangelnde
Sozialisation, zu wenig Kontakt mit Menschen, anderen Hunden, anderen Tieren und der
Umwelt ganz allgemein beeinträchtigt bzw. verhindert eine angemessene Entwicklung und
70
Diskussion
Reifung des Gehirns. Diese Hunde neigen zu Nervosität, Unsicherheit und Ängstlichkeit.
Solche Hunde sind bestrebt, alles, was sie beunruhigt, auf Distanz zu halten“ (JONESBAADE 2001 c). Wenn ein Hund hingegen in der Phase der Sozialisation sich ungewöhnlich
bewegende und aussehende Menschen kennen gelernt hat, wird er diese als „normal“
betrachten und ihnen keine Bedeutung mehr beimessen (TRUMLER 1989, BRUNNER
1994).
Aufgrund des Ausdrucksverhaltens des Hundes, der in dieser Testsituation als Skalierung eine
5 bekam, war Angst die Ursache für das aggressive Verhalten, die dadurch noch verstärkt
wurde, dass der Hund angeleint und somit in seinen Verhaltensmöglichkeiten stark
eingeschränkt war. Diese Tatsache verdeutlicht erneut die Wichtigkeit einer guten
Sozialisation der Hunde und geschulter, verantwortungsbewusster Hundebesitzer.
2b) Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens von Aggressionsverhalten zwischen
der Kontrollgruppe und den Hunden bei MITTMANN (2002)
Aggressionsverhalten der Skalierungen 2-4 trat in beiden Gruppen in vergleichbarer
Häufigkeit auf. So reagierten 40,0% der Golden Retriever und 48,0% der Hunde bei
MITTMANN (2002) mit Verhalten der Skalierung 2. Insgesamt zeigten 3,9% der Hunde aus
der Studie von MITTMANN (2002) Verhalten der Skalierungen 3 und 4 und 4,1% der Hunde
bissen, jedoch in nachvollziehbaren Testsituationen. Beim inadäquat aggressiven Verhalten
gab es weder im Vergleich beider Gruppen, noch im paarweisen Vergleich der Rasse Golden
Retriever mit den Rassen Bullterrier, Rottweiler, Staffordshire Bullterrier und mit Hunden
vom Pitbull-Typus signifikante Unterschiede. Dies ist besonders erwähnenswert, weil
Bullterrier und Hunde vom Pitbull-Typus nach der Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 den
Wesenstest ablegen mussten und es für sie um ihr Weiterleben ging (Kategorie 1-Hunde). In
so einem Hund-Halter-Gespann lag also ein viel höherer Stresslevel vor, als bei den Golden
Retriever-Teams. Besitzer von Staffordshire Bullterriern und Rottweilern meldeten ihre
Hunde zwar freiwillig für den Test an, taten dies jedoch in der Hoffnung, den Maulkorb- und
Leinenzwang zu verlieren (Kategorie 2-Hunde). Auch hier ist eine emotionale Anspannung zu
unterstellen.
71
Diskussion
Bei den Rassen American Staffordshire Terrier und Dobermann ergab sich im paarweisen
Vergleich mit dem Golden Retriever, bezogen auf inadäquat aggressives Verhalten, eine
signifikante
Häufung.
Der
American
Staffordshire
Terrier
unterlag
damals
den
Einschränkungen der Kategorie 1 und somit entschied auch hier der Test über das
Weiterleben des Hundes. Hunde der Rasse Dobermann, bei denen es um den Gegenbeweis
der Notwendigkeit des Maulkorb- und Leinenzwanges ging, gehörten in die Kategorie 2.
Der Golden Retriever, der in unserer Gesellschaft den Ruf eines familienfreundlichen und
friedfertigen Hundes hat, zeigte in dem Wesenstest nach den Richtlinien der
Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000 im Gesamtvergleich und in den meisten
paarweisen Vergleichen mit den Hunden aus der Studie von MITTMANN (2002) nicht
signifikant weniger inadäquat aggressives Verhalten.
Auffallend war jedoch, dass die Hunde der Kontrollgruppe als häufige Lösungsstrategie in
Konfliktsituationen submissives Verhalten und/oder Zeichen von Stress zeigten.
2c) Submissives Verhalten und Stresssymptome im Wesenstest
Beurteilt wurden die Hunde nach einem Skalierungssystem, wie im Kapitel III. 3.2.1
beschrieben. Unsicheres, defensives Verhalten und Stresssymptome (siehe Kapitel II. 1.3.1, 3.
und 4.) konnten von diesem Bewertungsschema nicht detailliert erfasst werden, da sie in die
Skalierung 1 (keine aggressiven Signale) fallen. Alle Golden Retriever zeigten in einigen oder
mehreren Testsituationen starkes Beschwichtigungsverhalten (Defensivverhalten) und
Stressanzeichen gegenüber den belebten und unbelebten Umweltreizen. Für einige Hunde war
der Wesenstest eine sehr große Belastung, so dass sie nur schwer zum weiteren Durchführen
des Tests motiviert werden konnten.
Jede einzelne Testsituation wurde anhand der Beschreibungen des Ausdrucksverhaltens
ausgewertet und nach dem Vorhandensein von Submission und/oder Stresssymptomen in eine
der Gruppen „unsicher“ (submissives Verhalten/Stressanzeichen) oder „sicher“ (Skalierung 1
und keine Beobachtung von submissivem Verhalten und/oder Stresssymptomen) eingeteilt.
Bei den 70 Golden Retrievern gab es insgesamt 2380 Testsituationen (bei jedem Hund 34
Situationen im Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakt), von denen 1641 Situationen
72
Diskussion
(68,9%) in die Gruppe „unsicher“ gehörten. Somit zeigten die Golden Retriever im
Durchschnitt in 68,9% aller Testsituationen des Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakts
beschwichtigendes Verhalten und/oder Stresssymptome. Bei Betrachtung des Einzeltieres ist
auffällig, dass der geringste Wert bei 29,4% (10 Testsituationen) und der höchste bei 91,2%
(31 Testsituationen) liegt. Folglich empfand sogar der „selbstsicherste“ Golden Retriever
beinahe
ein
Drittel
der
Testsituationen,
bei
einem
prozentualen
Anteil
an
Bedrohungssituationen von 11,8%, als konfliktreich und unangenehm. Der Wesenstest löste
somit bei den Golden Retrievern auffallend häufig starken Stress aus und in diesen
Konfliktsituationen zeigten die Hunde als Lösungsstrategie oft submissives Verhalten.
Laut § 1 des Tierschutzgesetzes liegt es in der „Verantwortung des Menschen für das Tier als
Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne
vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“ (Tierschutzgesetz 1998).
Nach der Rechtsprechung sind Leiden „alle vom Begriff des Schmerzes nicht erfasste
Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und
eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern“ (Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg 1994). Ein Hund, der durch seine genetischen Veranlagungen, seine schlechte
oder mangelhafte Sozialisierungsphase und späteren Lernerfahrungen häufig seine Umwelt
als beängstigend und somit stresserzeugend empfindet, unterliegt somit einem Leiden.
2d) DRC-Wesenstest
Der Deutsche Retriever Club e.V. (DRC) versucht über Wesenstests die Zucht der
verschiedenen Retrieverrassen zu kontrollieren bzw. zu optimieren. Eine Zuchtzulassung
kann u. a. durch einen bestandenen Wesenstest erlangt werden. Dadurch sollen nur Hunde mit
erwünschtem Wesen in die Zucht gelangen. Im Folgenden werden die Ergebnisse der DRCWesenstests und der Wesenstests nach der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000
miteinander verglichen. Außerdem findet ein Vergleich der Golden Retriever mit
bestandenem DRC-Wesenstest und ohne DRC-Wesenstest bezogen auf die im Wesenstest
nach der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000 höchste erreichte Skalierung und auf
submissives Verhalten/Stresssymptome statt.
73
Diskussion
Von den 70 getesteten Golden Retrievern hatten 35 Hunde zusätzlich einen Wesenstest beim
DRC e.V. gemacht, 33 hatten ihn bestanden. In der Testzusammenfassung bewerteten die
Richter von letzteren 15 Hunde (45,5%) sowohl im Kontakt mit Menschen als auch bei
akustischen und optischen Reizen als „sicher“, 12 Hunde (36,4%) in einem dieser beiden
Bereiche als „sicher“ und 6 Hunde (18,2%) als beeindruckt, uninteressiert, vorsichtig,
zutraulich oder untergeordnet. Im Wesenstest, der dieser Studie zugrunde liegt, zeigten sich
die 33 Golden Retriever in 71,3% der Testsituationen als gestresst und submissiv. Dieser
Wert unterscheidet sich nur geringfügig von dem, der bei Hunden ohne DRC-Wesenstest
ermittelt wurde; dieser lag bei 66,9%. Auch bei den höchsten erreichten Skalierungen
unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht voneinander (siehe Abbildung IV. 6).
Von denen beim DRC-Wesenstest durchgefallenen Hunden war einer schussempfindlich, bei
dem anderen wurde der Test aufgrund von Scheue und Ängstlichkeit abgebrochen. In dem
dieser Arbeit zugrunde liegenden Wesenstest zeigten sich diese beiden Hunde in 64,7% bzw.
73,5% der Testsituationen unsicher und somit knapp unter bzw. über dem Gesamtdurchschnitt
(68,9%).
Bei keinem der 35 Hunde wurde von dem zuständigen DRC-Wesensrichter eine Testsituation
mit Drohverhalten des Hundes beurteilt. Im Wesenstest nach der Niedersächsischen GefTVO
vom 05.07.2000 erhielten 40,0% der Hunde als höchste erreichte Skalierung eine 2 und
drohten somit optisch und/oder akustisch.
Zwischen dem DRC-Wesenstest und dieser Studie lagen meistens mehrere Monate oder
Jahre, was die unterschiedlichen Ergebnisse in Bezug auf das Vorhandensein von unsicherem
Verhalten erklären könnte. Jedoch wird ein Hund im Laufe seines Lebens durch
Lernerfahrungen und individuelle Anpassungsstrategien an seine Umwelt in seinem Verhalten
eher sicherer.
Ein weiterer Grund könnte in den Unterschieden zwischen dem DRC-Wesenstest und dem
Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000 liegen. Der
Wesenstest vom Deutschen Retriever Club e.V. zielt auf den Nachweis eines bestimmten,
erwünschten Wesens beim Golden Retriever ab, während mit Hilfe des Wesenstests dieser
Studie, Tiere mit inadäquatem oder gestörtem Aggressionsverhalten erkannt werden sollen..
Letzterer Test legt großen Wert auf alltagsnahe Testsituationen, um eine mögliche
Gefährdung durch den Hund im Alltag einschätzen zu können. Im DRC-Wesenstest ist die
74
Diskussion
Mehrzahl der Testgegebenheiten nicht alltagsnah. Somit ist festzustellen, dass die Golden
Retriever
in
den
Alltagssituationen
des
Wesenstests
nach
den
Richtlinien
der
Niedersächsischen GefTVO vom 05.07.2000 unsicherer reagieren, als im DRC-Wesenstest.
Zu erwähnen ist noch die unterschiedliche Dauer der Tests, die beim DRC-Wesenstest pro
Hund ca. 30 Minuten, in dieser Studie ca. 1 Stunde beträgt.
Der wesentliche Grund für die stark voneinander abweichenden Testergebnisse, bezogen auf
submissives, stressbedingtes und aggressives Verhalten, sind die Wesensrichter des DRC’s im
Vergleich zu den Gutachtern im Wesenstest nach der Niedersächsischen GefTVO vom
05.07.2000. Hier müsste die Qualifikation der beurteilenden Richter überprüft und die
Einschätzung von bestimmten Verhaltenskategorien angeglichen werden. Durch eigene
Beobachtungen im Rahmen von DRC-Wesenstests konnten bei den Wesensrichtern große
Unterschiede in den Ansichten über erwünschte Wesenszüge beim Golden Retriever, im
Wissen über Ausdrucksverhalten bei Hunden und in der Beurteilung von Testsituationen
festgestellt werden. Die Ausbildung von Wesenstest-Anwärtern findet durch Wesensrichter
statt, die wiederum ihr Wissen untereinander weitergeben. Im Gegensatz dazu sind Tierärzte
ausgebildete Ethologen, von denen nur fachlich spezialisierte Ärzte Wesenstests abnehmen
dürfen. Eine Empfehlung wäre, dass der DRC seine Ausbildung und Weiterbildung der
Wesenrichter durch solche Tierärzte vornehmen lassen sollte.
3. Schlussfolgerung
Obwohl die Niedersächsische Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 am 3. Juli 2002 vom
Bundesverwaltungsgericht für nichtig erklärt wurde, unterliegen noch heute auf Bundesebene
die Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier und Hunde
vom Pitbull-Terrier den Einschränkungen einer Rasseliste. Es gilt ein Einfuhr- und
Verbringungsverbot. Das Aussprechen eines Zuchtverbots wurde an die Bundesländer
abgegeben; in Niedersachsen besteht für die aufgeführten Rassen kein Zuchtverbot.
In dieser Studie wurde beim Vergleich der Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier,
Dobermann, Rottweiler, Staffordshire Bullterrier und Hunden vom Pitbull-Typus mit der
75
Diskussion
Kontrollgruppe der Golden Retriever kein signifikanter Unterschied im Auftreten von
inadäquat aggressivem Verhalten festgestellt. Es ist somit u. a. ethologisch nicht vertretbar,
dass bestimmte Hunderassen vom Gesetzgeber und der Gesellschaft diskriminiert werden.
Der American Staffordshire Terrier und der Dobermann fielen zwar im paarweisen Vergleich
mit dem Golden Retriever bezogen auf inadäquat aggressives Verhalten auf, jedoch sollte
diese Tatsache nicht zu Sanktionen in der Haltung dieser Rassen führen. Unabhängig von der
Hunderasse
sollte
es
das
Ziel
sein,
kompetentere
Hundebesitzer
bzw.
Züchter
hervorzubringen. Diese große Verantwortung sollte der Gesetzgeber, jeder Hundebesitzer und
derjenige, der es werden will und sich somit einen guten Züchter aussuchen sollte, tragen. Die
Verantwortung des Gesetzgebers kann in Form eines vorgeschriebenen oder begünstigten
(z.B. Hundesteuerermäßigung) Hundeführerscheins für alle Hundebesitzer bestehen, bei
dessen Erwerb Hund und Halter ihre „Gesellschaftstauglichkeit“ unter Beweis stellen müssen.
Zusätzlich müssten Züchter und Hundeschulen bzw. Hundetrainer Qualifikationen
nachweisen, die ihnen spezielle ethologische Kenntnisse und Erfahrungen bescheinigen.
Diese Kompetenzen sind unverzichtbar, denn die Gründe für veraltetes Wissen und
traditionelle Ausbildungsmethoden vieler Hundebesitzer finden sich in der Qualität ihrer
„Lehrer“ (Hundeschulen, Hundetrainer, Züchter, andere Hundebesitzer, Literatur). Den
Zusammenhang zwischen dem Auftreten von aggressivem Verhalten bei Hunden und
aversiven Erziehungsmethoden (z.B. Leinenruck) stellte BRUNS (2003) in ihrer Arbeit über
die von MITTMANN (2002) getesteten Hunde dar. Halter, die entspannt mit ihren Hunden
umgingen, konnten diesen mehr Sicherheit vermitteln als Halter, die z.B. über Leinenrucks
versuchten, auf ihre Hunde erzieherisch einzuwirken. Bei den Hunden, die nicht oder weniger
über aversive Methoden ausgebildet wurden, lag ein besserer Gehorsam vor und die Besitzer
konnten das Verhalten ihrer Hunde realistischer einschätzen und somit die Hunde
angemessener beeinflussen. So verwies BRUNS (2003) darauf, dass die Sachkunde des
Besitzers
der
beeinflussende
Faktor
für
Aggressionsverhalten
des
Hundes
in
Konfliktsituationen ist.
Auch wenn der Staat dieser Verantwortung nicht nachkommen kann, so sollte jeder
Hundebesitzer an einem fundierten Fachwissen interessiert sein, welches er sich vor dem
Kauf eines Hundes aneignen sollte. So kann der Kauf des „falschen“ Welpens bzw. Hundes
vermieden
werden.
Kompetente
Hundekäufer
fördern
kompetente
Züchter
und
76
Diskussion
Hundeausbilder, so dass die Aufzucht und Erziehung des Hundes, besonders im Hinblick auf
die Sozialisierungsphase, optimal verlaufen kann.
Die aufgezählten Forderungen würden nicht nur dazu beitragen, das Auftreten von nicht
erwünschtem, inadäquatem oder gestörtem Aggressionsverhalten zu minimieren, sondern
auch zu einer Reduzierung sehr submissiver Hunde führen. Diese sehr ängstlichen, unsicheren
Tiere können nicht nur eine Gefährdung für Menschen und andere Hunde darstellen, da Angst
häufig die Ursache für aggressives Verhalten ist, sondern sie unterliegen auch einem
Leidensdruck, der in seiner Ausprägung tierschutzrelevant sein kann. Durch die Gesellschaft
wird häufig nur offensichtlich misshandelten, vernachlässigten oder abgerichteten Tieren Leid
zugestanden. Dass auch ein als „kinder- und familienfreundlich“ titulierter Hund aufgrund
einer ständigen Unsicherheit gegenüber seiner Umwelt leiden kann, erscheint oft weniger
nahe liegend.
77
Zusammenfassung
Johann, Tina: Untersuchung des Verhaltens von Golden Retrievern im Vergleich zu den als
gefährlich
eingestuften
Hunden
im
Wesenstest
nach
der
Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000
VI. Zusammenfassung
In dieser Studie wurden 70 Hunde der Rasse Golden Retriever vom 17.01.2003 bis zum
18.11.2003
in
dem
Wesenstest
nach
den
Richtlinien
der
Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung (GefTVO) vom 05.07.2000 getestet. Diese Tiere dienten als
Kontrollgruppe für die von MITTMANN (2002) getesteten 415 Hunde, die unter diese
Verordnung fielen. Die Kontrollgruppe sollte vor allem Aufschluss darüber geben, ob es
einen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit des Aggressionsverhaltens zu den von
MITTMANN (2002) untersuchten Rassen gibt. Weiterhin war von Bedeutung, ob bei den
Golden Retrievern eine Rassedisposition für gesteigertes Aggressionsverhalten im Wesenstest
beobachtet werden konnte und ob es Hinweise auf eine in Konfliktsituationen häufig gewählte
Lösungsstrategie gab.
Dem Wesenstest lag ein Skalierungssystem zugrunde, mit dessen Hilfe das Verhalten der
Hunde in 7 Kategorien eingeteilt werden konnte. Die Skalierung 1 bedeutet, dass der Hund in
der jeweiligen Testsituation keine aggressiven Signale gesendet hat. Aggressionsverhalten
verschiedener Eskalationsstufen entsprach den Skalierungen 2-7. Die Studie begrenzte sich
auf die 34 Testsituationen des Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakts gemäß der von
MITTMANN (2002) eingehaltenen Vorgehensweise.
Von den 70 getesteten Golden Retrievern bekamen 41 Hunde im gesamten Test keine höhere
Skalierung als eine 1 und zeigten somit nie aggressives Verhalten. 28 Hunde reagierten im
Test mit Verhalten der Skalierung 2 (optische und/oder akustische Drohsignale), die
Skalierungen 3 (Schnappen mit stationärem Körper), 4 (Schnappen mit unvollständiger
Annäherung), 6 (Beißen ohne vorangegangenes Drohverhalten) und 7 (Beruhigung des Tieres
nach Eskalation erst nach über 10 Minuten) wurden bei keinem Hund beobachtet. Ein Hund
78
Zusammenfassung
bekam in der Testsituation „Betrunkener“ die Skalierung 5, da er Beißen mit
vorangegangenem Drohverhalten gezeigt hatte.
Nach den Richtlinien des Wesenstests reagierten somit 69 Hunde (98,6%) in den
Testsituationen angemessen und nur ein Hund (1,4%) zeigte inadäquat aggressives Verhalten.
Bei MITTMANN (2002) reagierten 395 Hunde (95%) adäquat, 19 Hunde (4,6%) inadäquat
aggressiv und ein Hund (0,2%) gestört aggressiv. Im Vergleich der Gruppe von MITTMANN
(2002) und der Kontrollgruppe ergab sich kein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit
von inadäquatem Aggressionsverhalten.
In der Kontrollgruppe fielen im Ausdrucksverhalten der Hunde häufig submissives Verhalten
und/oder Zeichen von Stress auf. Für viele Hunde schien der Test eine große Belastung zu
sein. Hat ein Hund in seinem Alltag länger andauernde Stresszustände, so ist dies laut
Tierschutzgesetz (1998) ein Leiden und nicht zu akzeptieren. Diese Tatsache sollte in Zucht
und Erziehung Beachtung finden.
Die Ergebnisse zeigen, dass es nicht legitim ist, bestimmte Rassen zu diskriminieren und sie
den Verboten und Einschränkungen von so genannten Rasselisten zu unterwerfen. Vielmehr
sollte in unserer Gesellschaft ein kompetenter, fachlich gebildeter und verantwortungsvoller
Hundebesitzer gefördert werden, denn dies ist eine wirkungsvolle Maßnahme, um
Verhaltensproblemen bei Haushunden vorzubeugen.
79
Summary
Johann, Tina: Assessment of the behaviour of Golden Retrievers in comparison to the
behaviour of dogs considered dangerous according to the Dangerous Animals Act of Lower
Saxony, Germany (GefTVO) of 5th of July 2000.
VII. Summary
In this study 70 dogs of the Golden Retriever breed were evaluated according to the
Guidelines of the Dangerous Animals Act of Niedersachsen, Germany (GefTVO) of 5th of
July 2000 starting 17.01.2003 throughout 18.11.2003. The dogs served as a comparison group
to the 415 dogs, affected by the law, which were tested by MITTMANN (2002).
The main aim of evaluating the comparison group was to see whether there was a significant
difference to the breeds evaluated by MITTMANN (2002) with regard to the frequency of
aggressive behaviour. Furthermore it was important whether a breed disposition for
exaggerated aggressive behaviour could be observed in the Golden Retrievers during the
behaviour-test and whether there was an indication of a certain, frequently chosen problemsolving-strategy in conflict situations.
The behaviour-test was based on a scaling system which served as an aid to divide the
behaviour of the dogs into 7 categories. A scale value of 1 was indicative for the dog not
showing any aggressive signals during the given test situation. Aggressive behaviour of
varying escalation levels was assigned a scale value of 2-7. Following the procedure of
MITTMANN (2002) this study focuses on the 34 test situations assessing the behaviour of the
dogs towards humans and the environment.
Out of the 70 tested Golden Retrievers, 41 reached a highest scale value of 1 throughout the
test, thus showing no aggressive behaviour at all. During the test 28 dogs showed behaviour
rated scale 2 (visual and/or acoustic threatening behaviour). Scale value 3 (snapping with
stationary body), 4 (snapping with incomplete approach), 6 (biting not preceded by
threatening behaviour) and 7 (calming down more than 10 minutes later, after escalation) was
not observed in any dog. One dog was rated scale value 5 during the test situation "drunken
person", since he showed biting preceded by threatening behaviour.
80
Summary
Therefore, according to the Guidelines of the behaviour-test 69 dogs (98,6%) reacted
appropriately throughout the test situations, and merely one dog (1,4%) showed inadequate
aggressive behaviour. In the study of MITTMANN (2002) 395 dogs (95%) reacted
appropriately, 19 dogs (4,6%) showed inadequate aggressive behaviour and one dog (0,2%)
showed disturbed aggressive behaviour. Comparing the MITTMANN (2002) group and the
comparison group no significant difference in the frequency of inadequate aggressive
behaviour could be observed.
Submissive behaviour and /or signs of stress occurred often in the expressive behaviour of the
dogs of the comparison group. The test seemed to be a rather large burden to a lot of the dogs.
If a dog has to endure ongoing stressful situations during his everyday life, the German
animal welfare act considers this an unacceptable suffering. This fact should be taken into
consideration while breeding and training.
The results show that it is neither legitimate to discriminate against certain breeds nor to
submit them to the rules and regulations of the so called breed-lists. Instead a competent,
specifically educated and responsible dog owner should be supported in our society, since this
is an effective way to prevent behaviour problems in household dogs.
81
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94
Anhang
IX. Anhang
1. Anhang: Wesenstest für Hunde
Herausgeber:
Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum,
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
Calenberger Straße 2, 30169 Hannover
Referat 204.1 (Tierarzneimittel, Tierschutz) Az. 204.1-42507/04-238
3. Auflage, März 2003
Einführung
Nach § 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden (NHundG) vom 12.12.2002,
Nds. GVBl. 2003 S. 2, bedarf die Haltung eines gefährlichen Hundes einer Erlaubnis. Als gefährlich gelten
die in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hundeverbringungs- und einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12. April 2001
(BGBl. I S. 530) genannten Hunde (das heißt: Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire
Bullterrier sowie Hunde des Typs Pit Bull Terrier und Kreuzungen mit Hunden dieser Rassen oder dieses
Typs). Ferner kann die Gefährlichkeit und damit die Erlaubnispflicht eines Hundes einer anderen Rasse
oder eines anderen Typs, der eine übersteigerte Aggressivität aufweist, durch die Behörde festgestellt
werden (vgl. § 3 Abs. 3 NHundG). Im Rahmen des Erlaubnisverfahrens ist u. a. erforderlich, die Fähigkeit
des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten durch einen Wesenstest nachzuweisen (§ 5 Absatz 1 Nr.2
NHundG). Vom zuständigen Fachministerium benannte, besonders qualifizierte Tierärztinnen und Tierärzte
führen den Wesenstest durch.
Die Anforderungen an die Durchführung des Wesenstestes wurden von einer Arbeitsgruppe erarbeitet; die
durchführenden Tierärztinnen und Tierärzte werden entsprechend geschult, um zu einer weitgehend
einheitlichen Bewertung der Hunde im Hinblick auf ihre Fähigkeit zu sozialen Verhalten zu kommen.
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass auch Hundehalter, die einen Hund mit bestandenem Wesenstest
führen, ihrer Sorgfalts- und Aufsichtspflicht bei der Mitnahme des Hundes außerhalb ausbruchsicherer
Grundstücke und Privatwohnungen zu genügen haben.
Ziel:
Erkennen von Individuen mit gestörter aggressiver Kommunikation (Hunde mit "unakzeptablem
Aggressionsverhalten": Fehlen der Eskalationsstufen 1 - 6 nach FEDDERSEN-PETERSEN 1999;
s. ANHANG II) und Auftreten von Indikatoren für inadäquates Aggressionsverhalten/Sozialverhalten).
Aggressionsverhalten tritt nicht mehr als Form einer Anpassung auf, erscheint vielmehr biologisch und in
seiner Genese als nicht nachvollziehbar, unvermittelt, plötzlich.
Hunde mit gestörter aggressiver Kommunikation leiden (Tierschutzrelevanz: § 11b TierSchG i. d. F. von
1998) und sind für ihre Umwelt aufgrund ihrer Verhaltensstörung ein erhöhtes Gefährdungspotential.
Alter der zu testenden Hunde:
Mindestens 15 Monate
95
Anhang
Charakterisierung des Tests:
Der Hund wird mit einer Vielzahl von Stimuli konfrontiert; insbesondere solchen, die bekannterweise
Aggressionsverhalten bei Hunden auslösen. Aggressives Verhalten ist normaler Bestandteil des
Hundeverhaltens. Genom und Umgebung spielen eine große Rolle, sind aber nicht zu trennen. Aber:
Aggression hat eine genetische Komponente, ist jedoch vielursächlich. Hier wiederum gibt es verschiedene
Motivationen zur Auslösung aggressiven Verhaltens. Diese Tatsache muss bedacht werden.
Entsprechenden Reizen müssen Hunde begegnen können, ohne dass es zu Ernstkämpfen (Eskalationen
einer Interaktion) mit Artgenossen oder Menschen kommt.
Der Test ist wissenschaftlich validierbar und ist allgemein anwendbar.
Situationen:
Geprüft wird auf Sozialverhalten und Kommunikationsverhalten. Der Hund wird optischen, akustischen und
olfaktorischen Reizen ausgesetzt, welche von der belebten (Sozialpartner: Menschen und Artgenossen,
andere Spezies) und unbelebten Umwelt ausgehen.
Orte:
Den Ort ausschließen, den der Hund vom Training kennt (Hundeplatz).
Bedacht werden sollte, ob man die Hunde auch jeweils 2x evaluieren sollte:
auf dem eigenen Territorium (Haus/Garten) und in einem fremden Gebiet (Park/Open Field Situation). Dies
kann besonders bei nicht eindeutig zu beurteilenden Hunden hilfreich sein.
Gebraucht werden:
-Zwei weitere Hunde, männlich und weiblich,
-vier weitere Personen,
-Kinderwagen, Kassettenrecorder mit Kindergeschrei, benutzte Windeln, Luftballons, Blechdosen,
Regenschirm, Ball, Fahrradklingel, Auto, Schrubber, Stock (Blinder), Alkohol (Betrunkener), langer
Mantel, alte Jacke für Alkohol, Feuerzeug, Videokamera, Sicherheitsequipment (Maulkorb, der das
Beißen des Hundes sicher verhindert, aber die Beurteilung der Mimik des Hundes zulässt sowie
Doppelleine (Bedrohung des Hundes)).
Anamnese:
Datenerhebung zur sozialen Vergangenheit der Hunde über die Erstellung eines entsprechenden
Fragebogens, die der Hundebesitzer auszufüllen hat. Der Besitzerfragebogen sollte nach definierter
Gesetzmäßigkeit analysiert werden (Korrelationen mit bestimmten Ereignissen).
Durchführung des Testes:
Dem Test geht zunächst eine Allgemeinuntersuchung des Hundes voraus, um möglicherweise vorhandene
organische Schäden oder Erkrankungen zu erkennen, die zur Beeinflussung des Verhaltens des Hundes
führen können.
Danach wird ein Frustrations- und Lerntest (vgl. Anhang ,,Lernverhalten, Frustration und Bedrohung")
durchgeführt, anhand dessen Vorbehandlungen des Hundes mit gewissen Beruhigungsmitteln erkannt
werden können, da diese das Lernvermögen des Hunde erheblich herabsetzen würden.
Anschließend wird der Hund den aufgeführten Beurteilungssituationen ausgesetzt.
Er wird dabei von dem Hundehalter an der Leine geführt und von den testenden Personen (ein Tierarzt und
ein Helfer) beobachtet und gefilmt. Der Helfer bereitet die zu prüfenden Situationen vor. Die Situationen
sollen einen möglichst "normalen", alltäglichen Charakter haben. Sie müssen bewusst dargestellt werden,
der Hund muss den Stimuli in den einzelnen Testsituationen gezielt ausgesetzt werden. In Situationen der
Bedrohung muss abgestuft bedroht werden (Distanzverkürzung, Steigerung der Gestik und Akustik). Im
Bedarfsfall sind zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen (ggf. zusätzliche Sicherheitsleine und/oder
Maulkorb).Soweit möglich, sollte der Hund ohne Maulkorb getestet werden. Der Maulkorb erschwert die
Beurteilung der Mimik des Hundes und kann u. U. ein anderes Verhalten provozieren.
96
Anhang
Die Gesamtdauer des Tests, wenn er gründlich und ruhig durchgeführt wird, beträgt ca. 50-60 Minuten. In
diesem Zeitrahmen sind keine längeren Entspannungspausen für die Hunde enthalten; trotzdem aber
deutliche Pausen, die sich dadurch ergeben, dass Hund und Halter jeweils auf jede neue Situation warten
müssen bzw. auf ,,Startpositionen" geschickt werden. Da der Test nicht alle relevanten Situationen
nachstellen kann, denen der Hund während der nächsten Jahre begegnen wird, ist ein gewisser Stresslevel
wünschenswert. Abgesehen von kritischen Sonderfällen sind längere Pausen entbehrlich.
Wo keinerlei Reaktion des Hundes erfolgt, muss kritisch hinterfragt werden, ob der Hund den Stimulus
überhaupt wahrgenommen hat. Unter Umständen muss mit veränderten Aspekten in der jeweiligen Situation
das Bild abgerundet werden: Prolongation; Intensitätswechsel, Richtungswechsel; Personenwechsel etc.
Da der Gutachter die Gesamtübersicht und Gesamtkontrolle über das Geschehen haben muss, sollte der
Gutachter nur in speziellen Situationen (z. B. bei Bedrohung des Hundes) die Testperson darstellen.
Das Testen mit der Flexileine stellt ein großes Sicherheitsrisiko dar. Das Testen mit Stachelhalsband ist
ebenfalls ein Sicherheitsrisiko und erschwert die Beurteilung: 1. Es bleibt die Frage, wie gut der Halter
seinen Hund tatsächlich kontrolliert oder ob nicht der Schmerz durch das Stachelhalsband den Hund in
einer eventuellen Vorwärtsintention stoppt. 2. Schmerzen erzeugen Stress und Stress wirkt sich auf die
Aggressionsbereitschaft aus. Da der Hund kontrolliert bestimmten Stressoren ausgesetzt werden soll, ist
es nicht wünschenswert, diese durch nicht kalkulierbare Stressoren zu beeinflussen.
Das Verhalten des Besitzers muss mit ein Kriterium für die Bewertung sein. In Situationen, in denen die
Besitzer aktiv massiv Einfluss auf das Hundeverhalten nehmen (bewusst oder unbewusst), sollte mit
,,neutralem" Besitzer bzw. ohne Besitzer nachgetestet werden.
Um eine größere Akzeptanz der Hundehalter zu erzielen, empfiehlt es sich, dem Tierhalter die Situationen
und den Hintergrund des Tests in einem einführenden Gespräch zu erläutern.
Bewertung:
(modifiziert nach Netto, W. J. und Planta, D. J. U. (1997)
Skalierungssystem für die Reaktionen:
1. Keine aggressiven Signale beobachtet (z. B. Hund zeigt Meide- oder Angstverhalten)
(s. Anhang ,,Ausdrucksverhalten").
2. a) Akustische Signale (Knurren und/oder tiefes Bellen/Fauchen/Schreifauchen)
b) Optische Signale (Zähneblecken, Drohfixieren u. a. mit oder ohne Knurren und/oder Bellen u. a.),
dabei bleibt der Hund stationär oder befindet sich im Rückzug.
3. Schnappen (Beißbewegungen aus einiger Entfernung), mit oder ohne Knurren und/oder Bellen
und/oder Zähneblecken, Drohfixieren u. a. Drohsignale mimisch bzw. im Körperbereich
dabei bleibt der Hund stationär oder befindet sich im Rückzug.
4. Wie 3. aber mit unvollständiger Annäherung (Stehenbleiben in einer gewissen Distanz). Dabei ist
darauf zu achten, ob der Hund selbst stoppt oder durch die Leine gestoppt wird.
5. Beißen (Beißversuche) oder Angreifen (Angriffsversuche: Annäherung bei hoher Geschwindigkeit
und Zustoßen; mit Knurren und/oder Bellen und/oder Zähneblecken).
6. Wie 5., aber ohne mimische oder lautliche Signale.
7. Wie 6., aber: Beruhigung des Tieres nach Eskalation ist erst nach über 10 Minuten zu beobachten.
97
Anhang
Anforderungen an das zu erstellende Gutachten:
Das Gutachten sollte gerichtstauglich sein. Hierzu sind folgende Voraussetzungen erforderlich:
-Darstellung der gesetzlichen Grundlagen
-Definition relevanter Termini (zumindest des Begriffs ,,Aggressionsverhalten")
-Darlegung des Testablaufs
-Beschreibung aller Situationen, in denen der Hund mit mehr als Skalierung ,,1" beurteilt wurde
-ableitende Beurteilung aus der Befundung.
Im Gutachten soll abgewogen werden, ob die dem Hund eigene individuelle Qualität und Quantität
aggressiver Reaktionen auf entsprechende Stimuli eine erhebliche Gefahr für den Menschen darstellt oder
nicht. Dabei steht es dem Gutachter frei, auch Empfehlungen - z. B. hinsichtlich des Besuchs einer
Hundeschule bei schlechter Kommunikation zwischen Hund und Halter - auszusprechen.
Es ist eine Videoaufzeichnung über den Test anzufertigen (Forensik).
Das Datum und die aktuelle Uhrzeit sollten auf dem Video dokumentiert sein.
Die Kamera darf nicht vom Gutachter selbst geführt werden, damit dieser die Gesamtübersicht und
Kontrolle über das Geschehen behält auch unter Sicherheitsaspekten.
Die Situationen sind vollständig mit allen Beteiligten ins Bild zu nehmen. Insbesondere der Hund und
dessen Reaktionen müssen erkennbar sein. Eine Kennzeichnung der einzelnen Testsituationen (z. B.
Einblenden der Situationsnummer) erleichtern die Übersichtlichkeit.
Die Kamera sollte nicht allein auf einem Stativ stehen, da sonst relevante Aspekte der jeweiligen Situation
verloren gehen können.
98
Anhang
2. Anhang: Vordruck Wesenstest
Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung vom
05.07.2000
Hund-Mensch-Kontakt
36. Der Hundehalter versucht mit dem Hund zu
spielen, macht optische Spielaufforderungen.
37. Eine Person macht Spielbewegungen vor dem
Hund.
38. Der Hund wird an einem Pfosten (wie z.B. vor
einem Geschäft) angebunden und eine Person
läuft in ca. 50 cm Abstand vorbei.
39. Der Hundehalter legt die Hand auf den
Hals/Rücken des Hundes, umfasst den Fang
(zusammen mit freundlichem Ansprechen des
Hundes).
40. Eine Person passiert den Hund, blickt sich um
und starrt ihn an.
41. Eine Person in schwarzem Mantel (lang) und
Hut geht vorbei.
42. Eine Person kniet vor dem Hund und streckt die
Hand aus, mit Ansprache (Individualabstand
0,50m+Leine).
43. Eine Person stolpert beim Passieren des
Hundes in ca. 1 m Entfernung.
44. Ein Jogger läuft in beiden Richtungen vorbei,
läuft dabei einmal plötzlich (ohne Ankündigung)
vor dem Hund weg.
45. Eine Person mit Stock tastet sich über den Weg
(Abstand 2m).
46. Ein „Betrunkener“ torkelt vorbei (Abstand 2m).
47. Eine Person streift den Hundekörper beim
Passieren.
48. Eine Gruppe bleibt neben dem Hund stehen und
unterhält sich, der Hund wird dabei ab und zu
leicht berührt.
Skalierung (A)
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
99
Anhang
Skalierung (A)
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
Skalierung (A)
Bemerkung (Beschreibung
des Ausdrucksverhaltens)
49. Einige (4) Personen kommen auf den Hund zu
(nicht zielgerichtet) und bleiben mit
Körperberührung neben ihm stehen
(Fahrstuhlsituation),
50. Eine fremde Person streicht dem Hund über den
Rücken (mit Ansprache; während Situation 14).
51. Eine Person weint (Kind).
52. Eine Person liegt am Boden und steht abrupt
auf, als Halter und Hund den Testgang machen
(Abstand 2m).
53. Der Hundehalter spricht leise und freundlich mit
dem Hund, während eine Person beim ersten
Passieren laut in die Hände klatscht und beim
zweiten Passieren schreit. Dies geschieht nicht
in Richtung des Besitzers und seines Hundes.
54. Eine Person schreit den Hund wütend an.
55. Eine Person (Testperson aus Situation 19)
spricht den Hund an.
Hund-Umwelt-Komplex
56. Eine Person zieht ein lärmendes Gerät vorbei.
57. Halter und Hund passieren (sehr eng) einige
bunte Luftballons.
58. Ein Regenschirm wird unmittelbar vor dem Hund
aufgespannt. (Aber nicht als bedrohende
Intentionsbewegung, vielmehr so, wie es auf der
Straße geschehen kann.)
59. Vor dem Hund fallen Blechdosen scheppernd
auf den Boden.
60. Ein Ball rollt auf den Hund zu.
61. Ein Auto setzt ein Stück in seine Richtung zurück
und hupt dabei.
62. Ein Kinderwagen wird vorbei geschoben.
100
Anhang
Skalierung (A)
Bemerkung (Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
63. Ein Fahrradfahrer fährt klingelnd vorbei.
64. Ein Lappen (Tuch) berührt den Hund beim
Durchtritt durch eine Tür.
65. Eine Testperson geht auf den Hund zu, bedroht
ihn, macht Anstalten ihn anzugreifen (ohne
Hilfsmittel, Abstand 2m).
66. Eine Person bedroht den Hund mit einem Stock.
67. Eine Person zündet ein Feuerzeug vor dem
Hund.
68. Der Hund muss unter einem Besenstiel o. ä.
hindurchgehen.
69. Ein Schrubber macht Geräusche auf dem
Boden.
Gehorsam
Sitz
Platz
Komm
Aus
ausgeführt
nicht ausgeführt
101
Anhang
Hund- Hund- Kontakt
70. Ein bellender Hund steht vor dem Hundehalter
und dem Hund (Abstand 2m).
71. Zwei Hunde passieren den Prüfling (gut
sozialisierte Hündin, sozialisierter Rüde,
Abstand etwa 2m).
72. Unmittelbar danach: der Halter stolpert und
berührt dabei den Hund.
73. Konfrontation mit einem selbstsicheren
Rüden/einer selbstsicheren Hündin hinter einem
Zaun.
74. Der zu prüfende Hund wird ca. 2 m vor dem
Zaun angebunden.
Hündin:
Rüde:
102
Anhang
3. Anhang: Entwicklung des Niedersächsischen Wesenstests
Dr. Johan Altmann
Amtstierarzt; Vorsitzender des Niedersächsischen
Tierschutzbeirates
Rudolf Dettmar
Vertreter des VDH Niedersachsen, Harsum
Bullterrier- Züchter
Dr. Dorit Feddersen-Petersen
Ethologin, Fachtierärztin für Verhaltenskunde und
Tierschutzkunde; Institut für Haustierkunde, ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel
Dr. Barbara Gottstein
Tierärztin; Niedersächsisches Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth
Leiter des Tierschutzzentrums der Tierärztlichen
Hochschule Hannover
Ortlieb Lothary
Bullterrier-Züchter
Gesellschaft der Bullterrier-Freunde e. V., Maxhütte,
staatl. geprüfter Sachverständiger
Dr. Sabine Petermann
Tierärztin; Leiterin des Tierschutzdienstes Niedersachsen
Dr. Esther Schalke
Tierärztin; Tierschutzzentrum der Tierärztlichen
Hochschule Hannover
Dr. Barbara Schöning
Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz,
Hamburg
103
Anhang
4. Anhang: Lerntest und Frustrationstest
I. Tests zum Lernverhalten und Frustrationsverhalten
(Dr. Barbara Schöning MSc., Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz)
-geben Hinweise über die Stress- und Frustrationstoleranz;
-geben Hinweise über bevorzugte Verhaltensmuster eines individuellen Hundes unter Stress
bzw. im Zustand der Frustration;
-geben Hinweise über das Lernverhalten/-vermögen; z.B. unter dem Aspekt, dass
verhaltenstherapeutische Maßnahmen empfohlen werden bzw. um deren Wirksamkeit
abzuschätzen.
In die Frustration als solche werden auch zunächst subtile und dann gesteigerte Bedrohungselemente
eingebaut. Stress- und Frustrationstoleranz und das Lernverhalten werden dabei in Kombination abgetestet.
1. Wodurch ist der Hund zu motivieren? Am besten eignen sich Leckerli. Sie sind einfach zu handhaben
und das Ergebnis ist am besten reproduzierbar. Ansonsten einzusetzen: Spielzeug,
Besitzer(sozial)kontakt bzw. der Weg zum Besitzer.
2. Wenn ein Motivator nach 1. etabliert ist, wird mit den Tests begonnen. Im Folgenden ist das Procedere
für den Einsatz von Leckerli beschrieben. Analog muß dann der eventuell nötige Einsatz anderer
Motivatoren erfolgen. Die Leckerli sollten höchstens halbe Frolic-Größe haben.
3. Der Hund wird mit Leckerli angefüttert (ca. 4-5 Stück).
4. Das 5. oder 6. Leckerli wird zwischen den Fingern festgehalten, wenn der Hund es nehmen will. Wie
reagiert der Hund? Ausprobieren, das Leckerli aus der Hand zu ,,nagen" (wie lange); zügig weggehen
und sich ,,interessanteren" Dingen zuwenden; Meideverhalten; Drohverhalten; Aggression; Anbieten von
antrainiertem Verhalten; Kommunikation (Submission z.B.)?
5. Der Hund wird über das Leckerli hinweg mit den Augen fixiert (Cave: Sicherheitsmaßnahmen ergreifen,
je nachdem welches Verhalten bei 4. gezeigt wurde).
6. Dann wird der Oberkörper leicht nach vorne gekippt und auf den Hund zu bewegt.
7. Das Leckerli wird auf den Boden geworfen. Einige Male (2-3) darf der Hund es nehmen. Dann wird das
Leckerli zwischen den eigenen Beinen hindurch leicht nach hinten geworfen. Wenn der Hund dem
Leckerli hinterher will, wird er frontal rein mit dem (aufgerichteten) Körper wortlos geblockt.
Ausweichmanöver des Hundes werden ebenfalls geblockt. Setzen Sie sich ein Ziel, für welches
Verhalten Sie dem Hund den Weg zum Leckerli freigeben wollen. Der Hund darf z.B. zum Leckerli,
wenn er sich hinsetzt. Seien Sie aber dabei flexibel und ändern Sie je nach angebotenen
Verhaltensweisen des Hundes Ihr gesetztes Ziel, wo es nötig ist allerdings nicht jedes Mal sondern so,
daß der Hund die Möglichkeit hat, den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und der Freigabe
des Weges zu lernen. Es gibt Hunde, die z.B. für ein Meideverhalten oder einen Rückzug den Weg frei
bekommen sollten etc. Diese Prozedur wird solange wiederholt, bis der Hund erkennbar reproduzierte
Verhaltensweisen zeigt sich also z.B. dreimal in Folge vor Ihrem Körperblock hingesetzt hat.
8. Beim Blocken wird eine zügige Bewegung nach vorne gegen den Hund ausgeführt. Weicht er zurück,
wird er noch über 2-3 m verfolgt, soweit es die Räumlichkeit zulässt. Wenn der Hund nach wenigen
Durchgängen (6.) gelernt hat, sich zügig hinzusetzen, wird gegen den sitzenden Hund diese
Vorwärtsbewegung ausgeführt. Dabei gilt auch für hier der Sicherheitshinweis aus 5.
9. Versuchen Sie nun, den Clicker als sekundären Verstärker einzuführen. Der Hund erhält Leckerli Stück
für Stück aus der Hand und bei jedem Kontakt Hand-Schnauze wird mit der anderen Hand der Clicker
gedrückt. Dies wird ca. 7-8 mal durchgeführt. Wo es problematisch erscheint, die Hand dem Hund
hinzuhalten, wird das Leckerli etwas weiter weg auf den Boden geworfen und der Clicker in dem
Moment gedrückt, wenn der Hund zu Fressen beginnt. Es gibt Hunde, die von Beginn an unsicher
104
Anhang
reagieren hier muss abgewogen werden, ob die weiteren Schritte durchgeführt werden sollten.
10. Nun wird ein Kugelschreiber mit der Spitze in die Hand genommen, die den Clicker hält. Der
Kugelschreiber klemmt mit der Spitze zwischen kleinem Finger und Ringfinger, das obere Ende zeigt
Richtung Hund vom Handrücken weg. Der Clicker liegt auf dem 2. Gelenk des Zeigefingers und wird mit
dem Daumen so fixiert, das der Daumen auch den Clicker drücken kann. Das obere Ende des
Kugelschreibens wird dem Hund kurz gegen die Nase gehalten und zeitgleich ertönt der Click sofort
danach gibt die andere Hand das Leckerli. Lernziel ist, dass der Hund lernt, selbständig mit der Nase
gegen diesen ,,Targetstick" zu stoßen, um Click zu hören und das Leckerli zu erhalten. Dazu wird, wenn
nötig, 3-4 mal mit dem Stift aktiv gegen die Nase gestoßen. Dazwischen wird aber abgewartet, ob der
Hund nicht schon auf kürzere Distanz selbständig seine Nase gegen den Stift stößt. Falls dieses
geschieht, wird die Distanz zwischen Nase und Stift vergrößert.
11. Hunde, die sich so auf den ,,Targetstick" konditionieren lassen, haben eine hohe Stress- und
Frustrationstoleranz und ein ausgezeichnetes Lernvermögen. Es gibt Hunde, die nach dem allerersten
Encounter mehr oder weniger stark ängstlich reagieren und z.B. aus der Angst heraus auch offensivaggressives Verhalten zeigen Cave!
12. Falls Hunde ängstlich reagieren aber nicht offensiv-aggressiv, sollte die Bedrohung mit dem Stift
prolongiert werden. Dem Hund wird der Stift hingehalten und wenn der Hund Rückzugs- bzw.
Meideverhalten zeigt, wird er unter Wahrung der Sicherheitskautelen kurz damit verfolgt. Einige Hunde
zeigen bei ruhiger Prolongation auch Entspannung und ein dadurch wieder verbessertes Lernen.
Die Nummern 10-12 müssen entsprechend vorsichtig gestaltet werden unter konstanter Beobachtung des
Hundes und Berücksichtigung seiner Kommunikation. Hinweise für eine vorherige Verabreichung von
Sedativa an den Hund wären auch hier deutliche Brüche im Verhalten; z.B. wenn ein Hund bis zu einem
bestimmten Punkt trotz leichter Steigerung in Qualität und Quantität der Bedrohung/der Frustration keine
Verhaltensanpassung zeigt und dann plötzlich schlagartigen Verhaltensveränderungen zu beobachten sind.
105
Anhang
5. Anhang: Ausdrucksverhalten
III. AUSDRUCKSVERHALTEN
(modifiziert nach Ziemen, E. (1971), Feddersen-Petersen, D. (1992, 1994), Feddersen-Petersen, D.
und Ohl, F. (1995), zusammengestellt von Rottenburg, S. (2000)
a) Soziale Annäherung
Fellwittern:
Die Haare oder Gegenstände, die in den Haaren festgeklebt sind, werden bei
einem anderen Tier beschnuppert. Oft wird die Schnauze dabei ins Fell
hineingesteckt. Vor allem werden die Rücken-, Hals- und Kopfhaare berochen.
Ins-Fell-Stoßen:
Das Tier stößt mit der Schnauze kurz in das Fell des Partners hinein. Die
Stöße werden besonders gegen die Flanken und gegen Kopf und Hals
gerichtet.
Vorlaufen:
Mit gehobenem Kopf und leicht federnden Schritten, manchmal auch mit
leichtem Kopfschleudern, läuft das Tier in einer bestimmten Richtung vor einem
oder mehreren Tieren des Rudels weg.
Schnauzenkontakt:
Die Tiere beriechen sich gegenseitig in der Schnauzengegend.
Fellbeißen:
Das Tier beißt in das Fell eines anderen Tieres hinein.
Fell-Lecken:
Das Tier leckt dem Partner besonders am Kopf und am Rücken das Fell.
Beknabbern:
Das Fell eines Partners wird besonders am Kopf und am Hals mit den Incisivi
beknabbert.
Analwittern:
Ein Tier beriecht, in seltenen Fällen beleckt es die Analgegend eines anderen
Tieres.
Violwittern:
Die Oberseite der Schwanzwurzel wird berochen, evtl. auch mit den Incisivi
beknabbert.
Folgen:
Ein oder mehrere Tiere laufen einem oder mehreren Tieren nach.
Sich-Aneinanderreiben:
Zwei Tiere reiben ihre Flanken meist in einer Antiparallel-Stellung kurz
gegeneinander.
Drängeln:
Die Tiere laufen eng beieinander her. Es kommt immer wieder zu körperlichem
Kontakt zwischen den Tieren.
106
Anhang
Freundliches
Umeinanderlaufen:
Die Tiere laufen mit hochgestellten Beinen und federnden Schritten unter
häufigen Sozialkontakten umeinander herum. Die Schwänze werden in einem
leichten Bogen nach oben gehalten und wedeln heftig. Die Köpfe sind gehoben.
Die Ohren sind nach hinten gelegt. Viele Tiere winseln.
Schnauzenlecken:
Die Schnauze, und manchmal das ganze Gesicht, eines Partners wird beleckt.
Eigene Schnauze lecken:
Das Tier leckt aus einiger Entfernung auf den Partner gerichtet die eigene
Schnauze.
Schnauzenstoßen nach
Schenkel (1947):
Im Zusammenhang mit dem Schnauzenlecken wird oft bei einer
Intensitätssteigerung auch die Schnauze sanft bis kräftig gegen die
Lippenpartie des Partners gestoßen.
Freundlich-demütiges
Umeinanderlaufen:
Ein oder mehrere Tiere laufen mit eingeknickten Beinen und heftig wedelnden
Schwänzen winselnd und drängend um ein oder mehrere meist ranghohe Tiere
und versuchen ihnen das Gesicht zu lecken (entspricht SCHENKELS (1947)
Aktiver Unterwerfung).
Freundliche Annäherung
nach UMLAUF (1993):
Ein Tier nähert sich einem anderen, bzw. läuft an einem anderen Tier vorbei,
blickt es dabei an und wedelt leicht.
b) Passive Demut
Auf-den-Rücken-Rollen:
Das Tier wirft oder legt sich auf den Rücken. Die Hinterbeine werden leicht
gespreizt. Der Schwanz ist meist zwischen den Beinen eingezogen, der Kopf
kann gehoben und nach vorne auf den Boden gestreckt werden, so dass die
Halspartie freiliegt.
Passive Unterwerfung:
Neben dem von SCHENKEL (1947) beschriebenen Ausdrucksverhalten der
passiven Unterwerfung dürfte auch das Kopfwegdrehen in rangunterlegener
Haltung als eine Form der passiven Unterwerfung im Stehen gelten.
c) Agonistik
Freies aggressives Verhalten:
Beißschütteln:
Nachdem das Tier sich im Fell des Gegners festgebissen hat, wird der Kopf
kräftig hin und her gerissen.
107
Anhang
Angriff:
Mit leicht gesenktem und weit nach vorn und gerade gehaltenem Kopf läuft der
Aggressor mit etwas eingeknickten Beinen auf den Gegner zu und springt ihn
an.
Ernstkampf:
Zwei Tiere versuchen mit großer Intensität, sich gegenseitig möglichst schwere
Wunden zuzufügen. Die Bisse werden vor allem gegen Kopf, Schnauze und
Hals des Gegners gerichtet. Die Tiere beißen sich im Fell des Gegners fest.
Intensives Beißschütteln.
Verfolgen:
Ein fliehendes Tier wird verfolgt und im Laufen gebissen.
Über-den-Rücken-Beißen: Beim Verfolgen versucht der Verfolger das geduckt fliehende Tier quer auf den
Rücken zu beißen.
Gehemmt aggressives Verhalten:
Überfall:
Der Überfall unterscheidet sich vom Angriff, indem hier der Kopf und der
Schwanz höher gehalten werden, die Beine sind nicht eingeknickt, sondern
steif (Imponierhaltung). Der Überfall erfolgt in Galoppsprüngen, oft aus einer
Lauerstellung heraus und nach einer Überfalldrohung.
Beißerei:
Die Tiere richten knurrend und zähnebleckend kurze Bisse gegeneinander.
Meist wird nur in die Luft gebissen, seltener kurz und ohne Kraft in Fell des
Gegners.
Ringkampf:
Eine besondere Form der Beißerei. Die Tiere heben eine oder beide
Vorderpfoten und stellen diese gegen den Gegner. Gleichzeitig stemmen sie
die Hinterbeine nach hinten, so dass sie vorne hochgehen und so für kurze Zeit
beide auf den Hinterbeinen stehend die Beißerei fortführen.
Quer-Aufreiten:
Der Angreifer legt seine Vorderbeine quer vor der Seite oder schräg von hinten
auf den Rücken des Gegners, droht oder richtet durch Vorstoßen des Kopfes
Bisse gegen dessen Nacken.
Runterdrücken:
Das Tier legt sich oder stemmt die Vorderbeine auf seinen unter ihm liegenden
Gegner und drückt ihn so mit seinem Körpergewicht nach unten.
Schieben:
Mit gesenkt gehaltenem Kopf schiebt der Hund sich breitseitig gegen seinen
Gegner, drückt ihn auf diese Weise evtl. in eine Ecke und sucht jetzt durch
plötzliches Zubeißen, besonders an Hals und Brust, oder durch ein schnelles
Herumspringen, den Gegner an Flanken oder
Anrempeln (nach EISFELD
1966):
der Angreifer schleudert durch eine heftige Drehung seinen Hinterkörper gegen
den Gegner.
108
Anhang
Umstellen des Gegners:
Mehrere Tiere bilden einen Kreis oder, wenn der Gegner sich in eine Ecke
zurückgezogen hat, einen Halbkreis um den Gegner, der sich durch
Abwehrbeißen, -stoßen und -drehen heftig verteidigt.
Über die Schnauze
beißen:
Die Schnauze des Partners wird von unten, von der Seite oder von oben quer
ins Maul genommen. Alle Intensitätsstufen des Voll-Zähnebleckens können
dabei gezeigt werden. Das Beißen ist fast immer von einem Knurr-Fauchen
oder von einem Winseln begleitet. Deutliche Beißhemmung.
Anspringen:
Das Tier stößt mit hoch erhobenem Kopf mit einem Sprung gegen ein meist
sich auf den Rücken werfendes oder auf dem Rücken liegendes Tier und beißt
es quer über den Hals oder Nacken oder droht durch querstehen.
Vorstoßen:
Das Tier stößt mit gesenktem und nach vorn gerichtetem Kopf blitzartig und
zielgerichtet mit dem Kopf oder durch einen Sprung mit dem ganzen Körper
gegen den Partner. Es beißt mehr oder weniger fest zu. Dann zieht es sich
sofort wieder zurück.
Vorderbeinstoßen:
Das Tier galoppiert in steifen kurzen Sprüngen auf sein Angriffsziel zu. Kurz vor
dem Gegner bleibt es stehen, hebt die Vorderpfote hoch und stößt mit diesen
gleichzeitig und mit großer Kraft zur Erde. Das Stoßen wiederholt sich schnell
hintereinander, dann zieht sich das Tier zurück, und es erfolgt evtl. ein neuer
Angriff. Alle Ausdrucksstrukturen sind auf das Angriffsziel gerichtet. Der Kopf
wird hoch, der Schwanz in einem Bogen nach oben gehalten. Die Rückenhaare
können gesträubt sein.
Offensives Drohverhalten:
Beißdrohstellung nach
SCHENKEL (1947):
Das Körpergewicht liegt hauptsächlich auf den Vorderbeinen. Der Kopf ist
entweder nach vorne gezogen (Angriffstendenz) oder hochgezogen
(Imponiertendenz). Der Rücken ist gerade. Der Schwanz steht waagerecht
nach hinten (Angriffstendenz) oder in einem Bogen nach oben
(Imponiertendenz). Die Beine sind entweder leicht eingeknickt (Angriffstendenz)
oder steif und gerade (Imponiertendenz). Die Rückenhaare können bei starker
Angriffstendenz gesträubt sein. Die stärkste Ausdrucksleistung liegt im
Gesicht: Vorn-Zähneblecken, der starre, auf den Gegner gerichtete Blick, die
gerunzelte Stirn. Der optische Ausdruck kann, muss aber nicht, durch ein
tiefes Knurren oder Fauchen ergänzt sein.
Über-dem-Gegner-Stehen:
Der Hund steht parallel, anti-parallel oder quer über seinem liegendem Gegner.
Intensives Zähneblecken und Knurren.
109
Anhang
Überfalldrohung nach
SCHENKEL (1947):
Ohne Zähneblecken, aber den Gegner genau fixierend, knickt das Tier alle
Beine leicht bis so stark ein, dass er fast zum Liegen kommt. Der Abstand
zum Gegner kann groß sein (bis zu 30 cm).
Anschleichen:
In der Haltung und in der Mimik der Überfalldrohung nähert sich das Tier
seinem Gegner langsam und mit eingeknickten Beinen.
Defensives Drohverhalten:
Abwehrdrohen nach
SCHENKEL (1947):
Das Abwehrdrohen kann je nach Intensität und sozialer Situation in seiner
Ausdrucksform sehr fein differenziert werden. Die Ausdruckselemente des
Abwehrdrohens liegen hauptsächlich im Gesicht und in der Lautgebung,
während das Tier ansonsten eine eher undifferenzierte defensive Körperhaltung
einnimmt. Vor allem die verschiedenen Formen des Zähnebleckens und des
Nasenrückenrunzelns sind charakteristische Ausdruckselemente. Bei der
intensitätsschwächsten Form des Abwehrdrohens ist nur der Nasenrücken
gerunzelt. Mit zunehmender Bedrohung und Abwehrbereitschaft werden die
Mundwinkel nach hinten gezogen und die Zähne gebleckt. Stark sozialund/oder umweltunsichere Tiere zeigen als die intensivste Form von
Abwehrdrohen das Maulaufreißen. Bei sozial- und umweltsicheren Tieren
dagegen beobachtet man bei zunehmender Abwehrbereitschaft ein immer
ausgeprägtes Vorn-Zähneblecken, die Ohren stehen nach vorne gerichtet, die
Rückenhaare sind gesträubt. Die intensitätsschwächeren Formen des reinen
Abwehrdrohens sind lautlos. Die intensiveren Formen von Abwehrdrohen
werden durch eine Lautgebung untermalt: Beim sehr selten zu beobachtenden
Maulaufreißen kann man ein leises Fauchen bis zu einem Schrei-Fauchen
hören. Selbstsichere Tiere, die abwehrbereit ein Vorn-Zähneblecken zeigen,
können Knurren oder Knurr-Fauchen zeigen.
Abwehrschnappen:
Das angegriffene Tier richtet alle schnellen Bisse in die Luft gegen seinen
Gegner. Die defensive Körperhaltung und Drohmimik werden beibehalten. Noch
besteht eine deutliche Beißhemmung.
Gebissklappern nach
EISFELD (1966):
Wie beim Abwehrschnappen werden mehrmals schnelle Beißbewegungen
gegen den Gegner gerichtet. Dabei schlagen die Zähne jedesmal mit einem
lauten Geräusch zusammen.
Abwehrbeißen:
Das Tier richtet in defensiver Haltung durch kurze Vorstöße Bisse besonders
gegen den seitlichen und oberen Teil des Nackens und oft auch gegen das Ohr
des Gegners.
Abwehrstoßen:
Im Zusammenhang mit dem Abwehrschnappen und -beißen kann das
angegriffene Tier schnell auf einen der Angreifer zuspringen, um sich sofort
wieder zurückzuziehen.
110
Anhang
Abwehrkreisel:
Wenn das Tier von seinen Gegnern umstellt ist und diese durch schnelle
Vorstöße, besonders gegen den hinteren Teil seines Körpers, kräftige Bisse
richten, dreht es sich immer wieder im Kreis, um abwehrende Bisse gegen die
hinter ihn stehenden Tiere zu richten.
Abwehr auf dem Rücken
nach EISFELD (1966).
Ein oder mehrere Tiere stehen über einem auf dem Rücken liegenden Tier. Sie
beißen es in Hals, Brust und Genitalbereich. Das liegende Tier verteidigt sich
durch Pfotenstemmen, Strampeln, Drohen und gelegentliche
Schnappbewegungen.
Vorne-Niedergehen:
Der Vorderkörper wird nach unten gedrückt. Die Vorderbeine sind nach vorne
gestreckt. Der Kopf ist gehoben. Das Tier blickt seinen Gegner an.
Hinterteil-Zukehren nach
EISFELD (1966):
Das Tier dreht seinen Hinterkörper immer in Richtung gegen den (die) Angreifer.
Abwehr mit gekrümmtem
Hals:
Das Tier dreht den Hinterkörper gegen den Gegner. Der Rücken ist nach oben
gekrümmt. Gleichzeitig wird der gesenkte Hals zur Seite gedreht, so dass er
völlig ungedeckt ist.
Fluchtverhalten:
Flucht:
Das Tier rennt, wenn möglich solange es gejagt wird, vor seinem/n Angreifer/n
weg.
Verstecken nach UMLAUF
(1993):
Anstatt des Weglaufens wird eine im Zwinger vorhandene Hütte aufgesucht, um
sich dort flach auf den Boden zu legen.
Abstandhalten:
Ein Tier hält zu einem oder mehreren oder allen Tieren der Gruppe einen
Abstand, der größer ist als der normale Individualabstand. Dazu zählt nach
UMLAUF (1993) z. B. auch das Freimachen von Liegeplätzen.
d) Imponierverhalten:
Demonstrieren:
Zwei Tiere stehen sich entweder frontal gegenüber oder sie stehen parallel oder
antiparallel nebeneinander, oder ein Tier steht quer vor seinem Gegener, oder
sie gehen oder sie laufen eng umeinander. Dies geschieht in typischer
Imponierhaltung.
111
Anhang
Imponierschieben:
Ein rangüberlegenes Tier stellt sich in Imponierhaltung quer oder parallel zu
seinem Gegner auf und schiebt dann mit der Breitseite in Richtung auf den
Gegner, meist ohne, oder nur leicht, mit ihm in Berührung kommend.
Abdrängeln:
Ein Tier hindert ein anderes Tier am Weiterlaufen entweder durch eine Drohung,
oder es stellt sich in den Weg oder es läuft neben oder hinter dem Gegner in
Imponierhaltung.
Imponierscharren:
Das Tier scharrt mit einer Vorderpfote oder alternierend oder es spritzschaufelt
mit allen vier Pfoten lose Erde nach hinten. Dabei sind die Ausdrucksstrukturen
auf den Gegner gerichtet (aggressives Scharren). Zusätzlich Imponierhaltung.
Halsdarbieten:
Das ranghöhere Tier steht parallel zu seinem Gegner. Der Kopf des
unterlegenen Tieres befindet sich auf der Höhe der Hals-Schulterpartie des
überlegenden Tieres. Dieser kann seinen Kopf leicht gehoben
(Imponiertendenz) bis tief gesenkt halten, wobei er in beibehaltener
Imponierhaltung (Schwanz hoch, Ohren nach vorne, Beine gerade) jetzt den
Hals streckt und den Kopf leicht zur Seite dreht.
Imponierjagen:
Das Tier verfolgt seinen fliehenden Gegner ganz dicht im schnellen Galopp.
Dabei werden die Galopp-Phasen der beiden Tiere oft nahezu synchron
gesprungen, so dass es den Eindruck erweckt, es komme nicht auf das
Einholen des Gegners an.
Imponiertragen:
Mit einem Futterstück, manchmal auch mit einem Ersatzobjekt (Holzstück) im
Maul läuft das Tier steifbeinig in Imponierhaltung mit gehobenem Kopf und mit
nach oben gebogenem Schwanz vor seinem Partner, schiebt sich evtl. gegen
ihn und dreht immer den Kopf weg, wenn der Partner nach dem Futterstück
greift.
e) Spielverhalten
Spielbewegungen
Hoppsen:
Das Tier springt 1 - 5 mal hintereinander steifbeinig und fast senkrecht hoch.
Dabei verlassen alle vier Beine nahezu gleichzeitig den Boden.
Vorne-Hochschleudern:
Im Lauf wirft das Tier Vorderkörper und Kopf hoch, so dass es ein paar Schritte
nur auf den Hinterbeinen läuft.
Vorne-Hochspringen:
Aus dem Stehen springt der Hund mit den Vorderbeinen hoch.
112
Anhang
Im-Kreis-Springen:
Das Tier springt immer wieder auf der Stelle hoch. Im Sprung dreht sich der
Vorderkörper nach hinten, wobei sich der Hinterkörper in einer schleudernden
Bewegung mitdreht. Manchmal versucht es, sich in den eigenen Schwanz zu
beißen.
Kopfschleudern nach
TEMBROCK (1958):
Der Kopf wird mit großer Amplitude locker hin und her geworfen oder plötzlich
ruckartig zur Seite geworfen.
Kopf-Hochwerfen nach
TEMBROCK (1958):
Der Kopf wird im Laufen in einem Bogen hoch und nach hinten geworfen.
Spiel-Vorderbeinstoßen:
Die spielerische Form unterscheidet sich vor allem vom zweckgebundenen
Vorderbeinstoßen durch das Spielgesicht, dem nach hinten geworfenen Kopf
und durch das häufige Kopfschleudern.
Plötzliches Losrennen:
Mit schräg nach oben gehobenem Kopf rennt das Tier plötzlich los.
Initialspiele
Spiel-Vorne-Niedergehen:
Diese Spielaufforderung unterscheidet sich vom Vorne-Niedergehen des
gejagten Tieres durch die weit auseinandergespreizten Vorderbeine, das meist
tiefere Niedergehen des Vorderkörpers, den etwas stärker gehobenen Kopf und
den nicht ganz eingekniffenen Schwanz. Die Vorderbeine machen kurze,
hoppsende Bewegungen, gleichzeitig wird der Kopf ruckartig von einer Seite zur
anderen geworfen.
Aufforderungslaufen nach
TEMBROCK (1958):
Aus dem Vorne-Niedergehen vor dem Partner kann sich der Aufforderungslauf
entwickeln. Das Tier geht vorne herunter, springt mit den Vorderbeinen hoch,
dreht sich etwas, geht vorne nieder, usw.
Spielerische Annäherung:
Beim Laufen im langsamen Trab verlagert das Tier durch pendelnde
Bewegungen das Körpergewicht abwechselnd auf eines der beiden
Vorderbeine. Das freie Bein wird dabei schräg zur Seite und etwas steif
hochgehoben. Kopfpendeln und schräger Blick auf den Partner.
Spielerischer Überfall:
Ein Partner wird zum Teil aus großer Entfernung überfallen.
Spielerisches Hinwerfen
nach TEMBROCK (1958):
Das Tier rollt sich vor dem Partner schräg nach vorne über, so dass es auf den
Rücken oder in eine Seitenlage zu liegen kommt, den Kopf gegen den Partner
gerichtet. Der Unterkiefer kann sowohl nach oben als auch durch eine
Halsdrehung nach unten zeigen.
113
Anhang
Spielerisches Über-denRücken-Beißen:
Das Tier läuft plötzlich auf den Partner zu und beißt ihn quer über den Rücken.
Spielerisches Vorstoßen:
Plötzlich und für den Partner unerwartet beißt oder stößt ein Tier die Schnauze
in die Flanken oder in den Bauch des Partners. Dann springt er sofort wieder
zurück oder rennt weg.
Spielscharren oder
Schaufeln nach
TEMBROCK (1958):
Kurze unvollständige und zwecklose Scharr- oder Schaufelbewegungen.
Kontaktspiele
Spielbeißen:
Charakteristisch für diese Spielbisse ist, dass das Maul weit aufgerissen ist,
dass sie ohne Drohmimik ausgeführt werden, meist lautlos sind und eine
starke Beißhemmung aufweisen.
Heben des Kopfes nach
TEMBROCK (1958):
Plötzlich heben die Partner in der Frontalstellung ruckartig den Kopf, das Maul
wird aufgerissen
Heben der Vorderpfote
nach TEMBROCK (1958):
Das eine Tier versucht, seinen Spielpartner in die Brust oder in den Hals zu
beißen. Dieser wehrt ab durch eine Abdrehung des Kopfes. Gleichzeitig hebt er
eine Vorderpfote und versucht, diese seinem Gegner über die Schulter zu
legen. Dadurch kann er ihn wegschieben.
Unten-herum-Beißen nach
TEMBROCK (1958):
Der Hund läuft auf den Partner zu und versucht, ihn aus einer Parallelstellung
oder Frontalstellung unten herum in die Brust zu beißen.
Hochspringen:
Der Partner springt, wenn er an der Brust oder auch an anderen Stellen des
Vorderkörpers gebissen wird, mit dem Vorderkörper hoch und dreht sich aus
dem Biss heraus.
Umklammern:
Beim Hochspringen wird versucht, die Vorderbeine um den Hals oder auf die
Schultern des Partners zu legen.
Spielerisches
Niederdrücken nach
TEMBROCK (1958):
Durch Umklammern oder Heben der Vorderpfoten oder durch einen Nackenbiss
versucht das Tier, seinen Partner nach unten zu drücken.
114
Anhang
Aufreiten:
Das Tier springt mit den Vorderbeinen quer oder schräg von hinten auf den
Rücken des Partners, Kopfschleudern.
Abwehr auf dem Rücken:
Das Tier liegt auf dem Rücken. Ein oder mehrere Partner beißen es in die
Brust, den Hals oder in die Genitalgegend. Das Tier reagiert mit
Stemmschieben (nach TEMBROCK 1958), Stemmbeißen oder Treteln.
Spielerisches Schieben:
Wie aggressives Schieben nur mit Spielgesicht, Spielbewegungen und
Beißhemmung.
Spielerisches
Hinterteilzudrehen:
Das Tier verteidigt ein Spielobjekt dadurch, daß es seinem Spielpartner das
Hinterteil zudreht.
"King of the castle" nach
DARLING (1937):
Ein Tier springt hoch auf einen der erhöhten Gegenstände und verteidigt durch
spielerische Schnappbewegungen, Kopfstoßen, spielerisches Schieben und
Beißen seinen Platz.
Rennspiele
Hoppelgalopp:
Viele Rennspielformen zeichnen sich durch ihren Bewegungsluxus aus. Die
Hinterbeine stoßen den Körper nicht nur schräg nach vorne, sondern vor allem
auch nach schräg oben. Die Vorderbeine werden nicht nur weich und fließend,
sondern hart und steif auf den Untergrund aufgesetzt. Zwischendurch werden
"unnötige" Sprünge und Spielbewegungen ausgeführt.
Folgelauf nach Tembrock
(1958):
Der fliehende Partner wird verfolgt. Je höher die Geschwindigkeit des gejagten
Tieres ist, desto regulärer ist der Galopp der jagenden Tiere.
Spielerisches
Rückenbeißen:
Der Verfolger versucht, das wegrennende Tier einzuholen und ihm quer über
den Rücken zu beißen.
Zick-Zack-Galopp:
Das fliehende, meist hoppelgaloppierende Tier ändert sich plötzlich die
Richtung um etwa 25°. Je näher die Verfolger sind, desto häufiger wird die
Richtung gewechselt.
Rennen:
Das Tier rennt mit größter Geschwindigkeit durch das Rudel und in die Nähe
des Rudels. Andere Tiere rennen nach, doch ist die Geschwindigkeit und
Beweglichkeit des ersten Tieres so groß, daß sie nicht mitkommen,
Abkürzungen machen und dann in großen Sprüngen von dem rennenden Tier
übersprungen werden können.
115
Anhang
Überspringen nach
TEMBROCK (1958):
Während des Rennens werden auch ganz kleine Hindernisse sowie Partner
oder eine ganze Gruppe von Tieren unnötig übersprungen.
Prallsprung nach
TEMBROCK (1958):
Das Tier springt an einer Wand, einem Baum o. ä. hoch, dreht sich am
höchsten Punkt und stößt sich mit den Hinterbeinen wieder schräg nach unten
ab.
Pudeltypische Spielsignale
Trampeln nach
FEDDERSEN-PETERSEN
(1992):
Mit den Vorderbeinen.
Bellen nach FEDDERSENPETERSEN (1992):
Relativ stereotyp bellen sich die Tiere gegenseitig an, zeigen dabei immer
wieder Spielbewegungen.
f) Sexualverhalten
Präsentieren nach
FEDDERSEN-PETERSEN
(1994):
Fähe legt den Schwanz zur Seite und bleibt stehen, duldet Anogenitalkontrolle
und Lecken des Rüden.
Herandrängen nach
FEDDERSEN-PETERSEN (1994):
Fähe legt den Schwanz zur Seite, duldet Anogenitalkontrolle bzw. fordert sie
heraus durch Herandrängen ihres Hinterteils an den Rüden.
Paarungsaufforderung
nach FEDDERSENPETERSEN (1994):
Aufreitversuche, Hinterteil der Fähe wird an den Körper des Rüden gepresst.
Bewegungen können dabei luxurierend sein, Spielcharakter haben.
Kopulation:
Aufreiten , Heranziehen , Friktionsbewegungen , Abrollen , Hängen
Folgelaufen:
Der Rüde läuft in einem Abstand von 0,5 3 m hinter dem Weibchen her. Alle
Ausdrucksstrukturen sind auf die Genitalregion des Weibchens gerichtet.
Knabbern:
Der Rüde schlägt in schneller Form die Incisivi aufeinander beim Beriechen von
Urin oder dem Genitalbereich eines läufigen Weibchens.
116
Anhang
6. Anhang: Datenquellen für Abbildungen
Tabelle 1: Anzahl der Hunde je Alter und Geschlecht
Alter
weiblich weiblich männlich männlich gesamt
kastriert
kastriert
15 Monate bis
2 Jahre
7
1
5
1
14
2 bis 3 Jahre
6
0
2
0
08
3 bis 4 Jahre
8
1
2
0
11
4 bis 5 Jahre
3
1
5
1
10
5 bis 6 Jahre
2
1
2
1
06
6 bis 7 Jahre
2
1
1
0
04
7 bis 8 Jahre
8
0
0
0
08
8 bis 9 Jahre
5
0
1
0
06
9 bis 10 Jahre
1
0
0
0
01
10 bis 11 Jahre
1
1
0
0
02
43
06
18
03
70
Summe
Tabelle ist Datenquelle für:
Abbildung IV.1: Altersverteilung der getesteten Golden Retriever (n=70)
117
Anhang
Tabelle 2: Höchste gezeigte Skalierung und bestandener DRC-Wesenstest
Höchste
Skalierung
Anzahl
der
Hunde
Davon
bestand.
DRCTest
Skalierung 1
41
20
Skalierung 2
28
13
Skalierung 3
0
0
Skalierung 4
0
0
Skalierung 5
1
0
Skalierung 6
0
0
Skalierung 7
0
0
70
33
Summe
Tabelle ist Datenquelle für:
Abbildung IV.2: Verteilung der höchsten Skalierungen bei den getesteten Golden Retrievern (n=70)
Abbildung IV.5: Verteilung der höchsten Skalierungen bei den 70 getesteten Golden Retrievern und den 415 als
gefährlich eingestuften Hunden (MITTMANN 2002)
Abbildung IV.6: Verteilung der höchsten Skalierungen, die von den Golden Retrievern mit und ohne
bestandenem DRC-Wesenstest (WT) erreicht wurden
118
Anhang
Tabelle 3: Alle Skalierungen 1-7, die je Situation von allen 70 Hunden gezeigt wurden
Testsituationen
Skalierungen
1
2
3
Spiel Halter
70
0
0
Spiel Besitzer
70
0
0
Geschäft
70
0
0
Rang anmaßende Gesten
70
0
0
Anstarren
58
12
0
Mantel
68
2
0
Freundliche Ansprache
70
0
0
Stolpern
67
3
0
Jogger
70
0
0
Blindenstock
70
0
0
Betrunkener
62
7
0
Streifen
70
0
0
Gruppe
70
0
0
Fahrstuhl
70
0
0
Rücken streicheln
70
0
0
Weinen
68
2
0
Abruptes Aufstehen
69
1
0
Klatschen/Schreien
64
6
0
Anschreien
69
1
0
Ansprache nach Anschreien
70
0
0
Lärmendes Gerät
70
0
0
Luftballons
70
0
0
Regenschirm
65
5
0
Blechdosen
70
0
0
Ball
70
0
0
Auto
70
0
0
Kinderwagen
70
0
0
Fahrrad
67
3
0
Lappen
70
0
0
Bedrohung ohne Hilfsmittel
63
7
0
Bedrohung mit Hilfsmittel
68
2
0
Feuerzeug
70
0
0
Besenstiel
69
1
0
Schrubber
70
0
0
Bedrohungssituationen sind kursiv gedruckt.
4
0
0
0
0
0
0
0
0
0
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5
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0
0
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0
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1
0
0
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0
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0
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0
0
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0
0
0
0
0
6
0
0
0
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0
0
0
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0
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0
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0
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0
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0
0
0
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0
0
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0
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0
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7
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0
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0
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0
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0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Tabelle ist Datenquelle für:
Abbildung IV.3: Skalierungen 1-6, die je Situation von den getesteten Golden Retrievern (n=70) gezeigt
wurden
Abbildung IV.4: Prozentualer Anteil des Drohverhaltens (Skalierung 2-4) der getesteten Golden Retriever pro
durchgeführter Testsituation
Danksagung
Da es ein Herzenswunsch war Doktorandin am Institut für Tierschutz und Verhalten zu sein,
danke ich besonders Herrn Prof. Dr. Hackbarth für das Überlassen des Themas und für seine
schnellen Hilfestellungen.
Frau Dr. E. Schalke gilt mein Dank für ihre Inspirationen und ihre fachliche Unterstützung.
Herrn Dr. Rohn vom Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung der
Tierärztlichen Hochschule Hannover möchte ich für seine fachliche Unterstützung danken.
Meinen Eltern danke ich, dass sie so sind, wie sie sind. Ohne ihre Worte und Taten hätte es
diese Arbeit nie gegeben.
Diana danke ich, dass sie nun schon so lange ein Teil meines Lebens ist.
Meinem Kind danke ich dafür, dass es mir Leichtigkeit, Ruhe und Kraft gegeben hat.
Yvonne danke ich für ihre Musik, die mir sehr beim Schreiben dieser Arbeit geholfen hat.
Claudia, Jennifer und Helge gilt mein Dank für ihre schnelle Hilfe.
Angela danke ich für die richtigen Worte im richtigen Moment, ohne die es diese Arbeit
vielleicht nicht zu diesem Zeitpunkt gegeben hätte.
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