neues bauen! lebensdauer - WWW-Docs for TU

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NEUES
BAUEN!
LEBENSDAUER
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
06
Positionen
11
Einleitung
Grzegorz Steczko
12
New order in cities from functional point of view
Gabriele Rotter
16
The architecture of the city
Vladimir Korensky
20
Grundlagen
Zerstörung als politisches Instrument
Tobias A. Dörfler
25
Ökonomie
Krzysztof Witek
30
Ökologie
Planerische Strategien
Bestand
35
Alexander Haustein
36
38
Caixa Forum Herzog & DeMeuron/ Madrid
Staatstheater Lederer+Ragnarsdottir+Oei / Darmstadt
Stephan Hosemann
40
42
Wohn- und Bürogebäude Opus Architekten / Darmstadt
Dornbuschkirche Meixner Schlüter Wendt / Frankfurt
Solveig Zimmer
44
46
Temporäre Konzepte
Wohnhaus Wohlfahrt Meixner Schlüter Wendt / Oberursel
Typenschule Schulzendorf Zanderroth Architekten / bei Berlin
49
Christian Müller
50
52
56
58
Light Building Atelier Kempe Thill / De Parade Theaterfestival u.a.
Cruise Terminal Renner Hainke Wirth Arch. / Hamburg
Larin Pchdari
Zwischennutzungen: Die Torte Osa / Frankfurt
Bergkristall Palast der Republik raumlabor_berlin / Berlin
Patricia Gajdzik
60
62
Flexibilität
65
66
68
2
Impuls: Temporäre Kunsthalle Adolf Krischanitz / Berlin
Experiment: Japanischer Pavillon Shigeru Ban / Expo Hannover
Tanja Göbel
Modelsystem ONV architects / Dänemark
Aneignung des Raumes Alejandro Aravena / Iquique, Chile
70
72
74
76
78
82
Nutzungsoffenes Bauen
Wohnanlage Mitterweg Baumschlager & Eberle / Innsbruck
Studentenwohnheim Lundgaard & Tranberg / Kopenhagen
Marcus Bullan
Wohn- und Atelierhaus Köllner Brett b&k+ / Köln
Wohnhaus Grieshofgasse Helmut Wimmer / Wien
David Malzahn
Gestapelte Kleingartensiedlung Helmut Wimmer / Wien
Donnybrook Quarter Housing Peter Barber Architects / London
87
88
90
92
94
96
98
100
Konstruktion
Carina Dähnert
Julia Schönbrunn
E-Science-Lab ETH Baumschlager & Eberle / Zürich
BTU Ateliergebäude Fak II Architekturwerkstatt / Cottbus
Viktoria Schock
Architekturschule Lacaton & Vassal / Nantes
Centre Pompidou Paris Renzo Piano u. Richard Rogers / Paris
Stefanie Wladika
Lichte Raumhöhe
Villa Menti Plazza Baumschlager & Eberle / Feldkirch
Solids IJburg Amsterdam Baumschlager & Eberle / Amsterdam
103
Roman Schuppan
104
Wohnkonzept Balance Hubacher u. Haerle / Zürich
Kay Michalczack
108
110
Mehrfamilienhaus Gebhardstraße Baumschlager & Eberle / Feldkirch
Forum Chriesbach Bob Gysin + Partner / Bern
Daniel Meister
112
116
118
Material
Minimierung von Konstruktion
Sandra Grenner
Recycling konstruktiver Elemente
MFH Martinsbergstraße Urs Meyer + Partner / Baden
121
122
124
126
128
Anna Viktoria Rödde
Bauen mit Holz
E3 - Wohnhaus Kaden + Klingbeil Architekten / Berlin
Anne-Caroline Bergmann
Bauen mit Glas
Haus Sobek R128 Werner Sobeck / Stuttgart
3
Tino Müller
130
132
Bauen mit Stroh
Haus Braun Werner Schmidt / Disentis
Franziska Kestel
134
Energetische Konzepte
Innovative Dämmstoffe
139
140
144
Jantje Bley
Energiesparende Gebäudekonzepte
Heliotrop Rolf Disch / Freiburg
Anja Schneider
146
Alten- und Pflegewohnheim Dietger Wissounig / Steinfeld
Elaheh Sarrafi
148
Studentenwohnheim Baumschlager & Eberle / Wien
Björn Seifert
152
Visuelle Haltbarkeit
MFH Sunny Woods Beat Kämpfen / Zürich
157
Franziska Seidel
158
Architektonische Elemente
Andrea Jansen
162
164
Maßstab: Wohnblock Parkrand MVRDV / Amsterdam
Scholl of ManagementSanaa / Zeche Zollverein Essen
Typologie
Henny Hauptvogel
166
Ortsbezug: Galerie am Kupfergraben David Chipperfield / Berlin
Wohn- und Atelierhaus Armando Ruinelle / Soglio
Antje Günther
4
170
Tektonik
174
Literaturverzeichnis
Teilnehmerliste
Seminarleitung:
Julia Zillich
Seminarteilnehmer
Anne-Caroline Bergmann
Jantje Bley
Marcus Bullan
Carina Dähnert
Tobias Dörfler
Patricia Gajdzik
Tanja Göbel
Sandra Grenner
Antje Günther
Henny Hauptvogel
Alexander Haustein
Stephan Hösemann
Andrea Jansen
Franziska Kestel
Vladimir Korensky
Christian Kupsch
David Malzahn
Daniel Meister
Kay Michalczack
Tino Müller
Christian Müller
Larin Pchdari
Anna Rödde
Gabriele Rotter
Elaheh Sarrafi
Anja Schneider
Viktoria Schock
Julia Schoenbrunn
Roman Schuppan
Franziska Seidel
Björn Seifert
Grzegorz Steczko
Krzysztof Witek
Stafanie Wladika
Solveig Zimmer
Die nachfolgenden Beiträge
wurden ohne Korrektur übernommen.
5
Vorwort
Der Zeitfaktor: Über die Lebensdauer von Gebäuden
Der Lehrstuhl Gebäudekunde und Entwerfen widmet sich seit dem
vergangenen Jahr dem Thema der Nachhaltigkeit. Wir sind angesichts
der heute weltweiten massiven Umweltschäden und der Ressourcenknappheit überzeugt, dass sich die Arbeit des Architekten grundlegend
ändern muss. Im Rahmen unserer Seminare untersuchen wir deshalb
verschiedene Aspekte nachhaltigen Handelns, präzisieren sie, loten
ihre Bandbreite aus und überprüfen sie auf ihre Relevanz für die architektonische Entwurfsarbeit. Nach dem Begriff des Ortsbezugs in
der Architektur, den wir im letzten Semester behandelt haben, widmet
sich das vorliegende Seminar der Lebensdauer von Gebäuden.
Um das Thema auf ein breites Fundament zu stellen, behandeln die
ersten Beiträge verschiedene Haltungen zur Dauerhaftigkeit von Gebäuden in der Stadt. Die Charta von Athen, Aldo Rossis Begriff der
„Permanenz“ und die von Philipp Oswalt attestierte politische Tradition der Zerstörung in Berlin markieren das Spannungsfeld zwischen
Dauerhaftigkeit und Veränderung in der Stadt. Hier treten politische,
soziale und geistige Beweggründe für einen Abbruch von technisch
noch einwandfreier Bausubstanz in den Vordergrund, die in Ihrer Bedeutung für die Lebensdauer eines Gebäudes nicht zu unterschätzen
sind.
Der zweite Themenblock legt eine Grundlage an ökologischen und
ökonomischen Zusammenhängen, auf deren Basis die nachfolgenden
Beiträge diskutiert werden.
Der nachfolgende, größte Themenblock beschäftigt sich mit planerischen Strategien, die Lebensdauer eines Gebäudes konzeptionell
zu erfassen, sei es mit dem Ziel, diese zu verlängern oder seine Teile
in den Baustoffkreislauf zurückzugeben oder bewusst eine größtmögliche Freiheit für beide Varianten vorzusehen.
Am offensichtlichsten hat sich die Betrachtung des Energieverbrauchs
von Gebäuden verändert. Sie beschränkt sich nicht mehr allein auf den
Energieverbrauch des Gebäudes während des Betriebs, sondern bezieht den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes ein. Dieser umfasst
Bau, Betrieb, Instandhaltung und Abriss des Gebäudes. Ein nachhaltiger Ansatz beginnt also damit, die in den Baustoffen gebundene
Energie zu minimieren. Die naheliegendste Methode ist die Weiterverwendung bereits vorhandener Bausubstanz. Intelligente Lösungen
6
für den Umgang mit dem Bestand leiten deshalb die Beispielsammlung ein. Es werden Projekte gezeigt, deren Nutzungsdauer durch
Modernisierung, Umnutzung oder Erweiterung verlängert wurde oder
in denen ungenutzte Flächen umgewidmet wurden und dadurch ein
Neubau an anderer Stelle vermieden werden konnte.
In Kontrast dazu folgen temporäre Projekte, deren kurze Dauer das
Konzept bestimmt und die sich dadurch auszeichnen, Beschaffung
des Materials, Aufbau, Betrieb, Abbau und Weiterverwendung entwurflich klar zu fassen. Von diesem pointierten Ansatz lassen sich Strategien für dauerhaftere Gebäude ableiten, sei es bezüglich des Materials, der Elementverbindungen, der Fertigung oder der Gestaltung.
Auch strukturell lässt sich die Lebensdauer von Gebäuden beeinflussen. Bestimmte Nutzungen legen bereits eine zu erwartende Nutzungsdauer nahe. Diese wird jedoch auch von der Standortqualität,
gesellschaftlichen Faktoren und wirtschaftlichen Erwägungen beeinflusst, welche nicht immer vorauszusehen sind. Ein Gebäude, das in
seiner Struktur Anpassungen zulässt oder sogar eine Nutzungsänderung ermöglicht, kann auf veränderte Bedürfnisse besser reagieren.
Es werden deshalb Beispiele für flexible Strukturen innerhalb einer
festgelegten Nutzung vorgestellt, die sich teils auch durch gezielte,
funktional nicht programmierte Raumangebote auszeichnen. Solche
Angebote unterstützen die Aneignung durch die Nutzer und führen zu
längerer Nutzung und besserer Pflege des Gebäudes. In Ergänzung
dazu werden konstruktive Lösungen vorgestellt und eine Untersuchung zu geeigneten Raumhöhen.
Hieran anknüpfend wird des Thema der Nutzungsoffenheit behandelt,
welche z.B. durch eine Unterscheidung in Primär- und Sekundärstruktur, eine Bündelung der installierten Zonen oder durch größtmögliche
Spannweiten erreicht werden kann. Selbstverständlich führt eine maximale Neutralität nicht immer zum besten Gebäude. Die Beispiele
zeigen deshalb unterschiedliche Verhältnisse von neutralen und genau definierten Bereichen in einem Gebäude.
In den nachfolgenden Beiträgen wird der Fokus auf einzelne Bestandteile oder Merkmale des Gebäudes gelegt. Das konstruktive Gerüst birgt Möglichkeiten, Gewicht und damit meist Energieinhalt und
Transportenergie zu reduzieren und durch günstiges Tragverhalten
die Konstruktion zu vereinfachen, wodurch die Entsorgung der Elemente oder ihre Weiterverwendung erleichtert wird. Eine bewusste
Schichtung einzelner baulicher Elemente erlaubt es manchmal, die
Eigenschaften jedes Materials optimal auszunutzen, die Trennbarkeit
der Verbindungen und die Austauschbarkeit einzelner Schichten ver7
hindert, dass ganze Bauteile ausgetauscht werden müssen, wenn nur
ein Bestandteil schadhaft ist oder den neuesten Normen nicht mehr
genügt.
Die Wahl des Materials hat selbstverständlich einen großen Einfluss
auf die Lebensdauer des Gebäudes und die im Gebäude gebundene
Energie. In diesem Seminar werden nur wenige Materialien vorgestellt. Interessant waren für uns Materialien, die einer rasanten Entwicklung unterliegen, wie Holzwerkstoffe, Glas und Dämmstoffe oder
die als Baustoff unüblich, aber sehr nachhaltig sind, wie Stroh.
Da ein niedriger Energieverbrauch in Zukunft für die Nutzungsdauer
und den Erhalt eines Gebäudes entscheidend sein wird, werden im
Anschluss energieeffiziente Gebäudekonzepte und -standards vorgestellt. Gebäude unserer Zeit werden das Nachöl- und Nachgaszeitalter erleben, das heißt, ihre Energieversorgung muss schon heute
minimiert sein und so gelöst, dass sie an neue Technologien und verschärfte gesetzliche Vorgaben anpassbar ist.
Zu guter Letzt wird noch das weite Feld der gestalterischen Möglichkeiten, dauerhaft gut und schön zu bauen, gestreift, weil sich dieses
Thema nicht ausklammern lässt bei der Frage nach der Lebensdauer eines Gebäudes. Da ein Gebäude zumeist mehrere Generationen
überdauert, muss seine Konzeption über den Zeitgeschmack hinaus
gestalterische Qualitäten aufweisen und gesellschaftlich akzeptiert
werden. Wir konnten im Rahmen des Seminars nur einige Aspekte
wie Maßstab, Ortbezug, Lesbarkeit oder tradierte Architektursprache
anreißen und so zum Nachdenken anregen.
1| Rossi, Aldo, Die Architektur der Stadt. Skizze zu einer
grundlegenden Theorie des
Urbanen, Vieweg 1982
2| Oswalt, Philipp: Berlin_Stadt
ohne Form, Strategien einer
anderen Architektur, München
2000
8
Alle planerischen Entscheidungen beruhen auf komplexen Zusammenhängen und sie sind mit jedem Projekt wieder neu zu treffen. Einzelne Entscheidungskriterien überlagern sich und widersprechen sich
nicht selten.
Das Ziel des Seminars war es, die für die Lebensdauer eines Gebäudes relevanten Entwurfskriterien herauszuarbeiten und Beispiele
zusammenzutragen, welche einzelne Kriterien übertragbar und inspirierend umgesetzt haben.
Julia Zillich
9
10
Grzegorz Steczko
Gabriele Rotter
Vladimir Korensky
Stadt und Kontinuität, illustriert
an Berliner Beispielen
During the centuries many architecture theories have been developed. Each next theory usually disdained previous ideas and statements. They all
have one thing in common – architects always tried
to make cities lifelong organisms that would respond
to human needs as long as possible. Continuity and
sustainability then are the most important terms that
come up in all the discussions.
,QWKH¿UVWWZRHVVD\VZH¶GOLNHWRFRQFHQWrate on XX century. It brought us two quite contradictory theories that we want to focus on while they are
responsible for many changes in architecture and
urbanism.
First of them – Functionalism praised radical
changes and completely new look at the city as a
form of solving its problems. We should add in this
point that in the beginning of XX century Cities faced
many problems connected with industrial revolution
and inventing new technologies that extorted the
changes.
Functionalists wanted to completely change the look of the cities because only new revised
structures would ensure continuity and future deveORSPHQW:HFDQ¶WIRUJHWWKRXJKWKDWLQSDLUZLWKQHZ
solutions there always come new problems that are
unforeseen. On the other hand we have the Postmodernists who believed that no radical changes are
needed in order to Improve life quality.
According to them we should change to
function of existing buildings and spaces leaving the
form unchanged rather than changing the structure
that had been developed during many years.
The third essay deals with different aspects
of continuity on the example of Berlin namely the poOLWLFDOIDFWRUVWKDWLQÀXHQFHOLIHH[SHFWDQF\RIWKHFLW\
It concentrates on different stages of the history since the reign of Prussian governors until nowadays. It
describes the destructive attitude of each generation
in relation to monuments of the previous ones.
11
Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen
New order in Cities from functional point of view.
The Charter of Athens 1943.
New order in Cities from functional point of
view. The Charter of Athens 1943.
Ebenezer Howard - Garden City
12
Tony Garnier - Cite Industriale
Industrial revolution in XIX and XX century
was the main cause of redeveloping cities. Till that
time most people lived in the countryside so that
FLWLHV ZHUHQ¶W WKDW GHQVH SRSXODWHG ,W DOO FKDQJHG
with the introduction of industrial revolution – new
factories and heavy industry were build inside the
city limits providing many job opportunities for everyone. It caused migration into cities. On the other
hand cities became overpopulated, overcrowded,
there were no appointed places were the factories
should be located – they were often mixed with heavy populated areas creating unhealthy conditions to
live for the inhabitants.
The problem of overpopulation and contamination leaded in the end to greater death rate.
People started to think about the solution for those
problems – city structure had to be revised. It was
the beginning of urbanism as a modern science discipline.
Many new concepts were developed by architects and town-planners. Early ones like Ebenezer Howards Garden-City proposed reducing differences between city and countryside. Main problem
they faced was form of possession. In the countryside private property is the most common one – everyone has his own house with garden. Howard wanted to provide the same for city inhabitants – based
more on common wellness than private interests
and property – he wanted to provide everyone at
least a little garden. Most important idea though was
segregation of functions.
Factories and industrial areas developed until then
UDWKHU FKDRWLFDOO\ ZRXOG ¿QG WKHLU RZQ VHSDUDWH
places in the city.
In The beginning of XX century there were
completely new concepts of cities – the pioneer for
those was Tony Garnier with his Cite Industriale. He
wanted to create the whole new modern industrial
city rather than connecting existing forms of living
with new industry. In his project, Garnier provided
even greater segregation of functions – there were
separate areas for living, working, leisure and communication. Green areas occupied more than half
of the city space. Those statements became fundamental for modern architects and town planners.
Grzegorz Steczko
Le Corbusier and CIAM
In 1922 Le Corbusier - Swiss-French architect, one of the greatest architects of modernism
planned Ville Contemporaine (Contemporary City) unrealized project to house three million inhabitants.
The centerpiece of its plan was a group of sixty story
EXLOGLQJV SURYLGLQJ OLYLQJ VSDFH DV ZHOO DV RI¿FHV
VHWZLWKLQODUJHJUHHQSDUNOLNHDUHD7UDI¿FZDVGLYLded into many levels, separate for trains, buses, cars
DQG¿QDOO\DLUSRUWDWWKHWRS/H&RUEXVLHUVHSDUDWHG
SHGHVWULDQSDWKVIURPURDGZD\V+HJORUL¿HGDXWRmobile as future form of transport.
Le Corbusier in Ville Contemporaine managed to enclose all his statements – Vertical character
of the city silhouette, enormous skyscrapers (even
200 meter high) situated in the heart of green areas,
block multifamily housing with identical apartments
– each one of them had its own loggia-garden that
gave its inhabitants a bit of privacy – so praised in
the countryside.
<HDU JDYH WKH ZRUOG WKH ¿UVW SURMHFW
that related to particular space (although not realized) – city of Paris. Le Corbusier created a plan to
redesign the center of the city. He proposed 18, 200
meter high skyscrapers. High rise buildings gave in
fact many advantages – people could have similar
living conditions – equal access to daylight and fresh
air saving in the same time space needed for green
areas. Low rise buildings had to occupy much more
space to create similar conditions.
In June 1928 CIAM “Congrès International
d‘Architecture Moderne or The International Congress of Modern Architecture was founded. CIAM
was one of many 20th century manifestos meant to
DGYDQFHWKHFDXVHRIµDUFKLWHFWXUHDVDVRFLDODUW¶
7KH RUJDQL]DWLRQ ZDV KXJHO\ LQÀXHQWLDO ,W ZDV QRW
only engaged in formalizing the architectural principles of the Modern Movement, but also saw architecture as an economic and political tool that could
be used to improve the world through the design of
buildings and through urban planning.”1
1
http://en.wikipedia.org/wiki/Congr%C3%A8s_
International_d%27Architecture_Moderne
Le Corbusier - Ville Contemporaine
Le Corbusier - Ville Voisin - New plan for Paris
13
Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen
Even though all projects were only conceptual and unrealized they laid some ground rules for
urban planners. The situation changed after II World
War. It actually created opportunity for new ideology.
After the War capital cities in Europe were destroyed
through constant bombing and had to be quickly rebuilt. That was a perfect chance for modern architects. They were able to provide places to live for
PDQ\SHRSOHLQUHODWLYHO\VKRUWSHULRGRIWLPH±LW¶V
the time when East Berlin was rebuilt – concrete, similar to each other block houses raised.
Le Corbusiers Ville Radieuse - conceptual project
Charter of Athens
14
Brasilia - City planned entirely according to the Charter of
Athens principals.
New Ideas and concepts were so modern
and innovatory that they became a theme of 4th
CIAM congress in 1933 in Athens.
Establishments of the 4th CIAM congress
went unpublished – except some short articles in
journals - until 1943 when Le Corbusier published
them as a “Charter of Athens” It contained all of
Congresses statements.
The main task of the City according to functionalists is to satisfy biological and psychological
needs of their citizens. Human being should be a
reference for all the actions.
33 cities were analyzed during creation of
Charter of Athens and the research itself. The main
result was that those cities nowadays offer the picture of chaos not responding to human needs in any
way. They are overcrowded, not at all adopted to
new forms of transport and developed in chaos without any supervision. To show that the problem is
general architects chose cities situated in different
parts of globe, different climate and weather conditions, also different political situation.
Functionalists believed that problems modern cities face couldnt be resolved within existing
structures and mostly historical tissue. Charter of
Athens layed down some basic rules and quidelines
to provide continuity and harmony by bringing in
some radical changes.
Grzegorz Steczko
Congress established that the only solution
is to introduce strict segregation of functions, that
ZRXOGLQFOXGH7UDI¿FDVVHSDUDWHLPSRUWDQWIXQFWLRQ
and also adding 3rd dimension to architecture – tall
apartment buildings distracted at wide spaces.
Plans of the cities must be developed at
once predicting future development. They must be
a result of team work. Not only architects but also
urban planners and specialists from other disciplines
of science: health specialists, social organizations
and last but not least inhabitants for whom the cities are planned. Only combined work of all experts
would give desirable results – healthy and pleasant
to live environment. Private property should be balanced with common welfare to create healthy environment. City grounds should be available for major public projects at any time needed. Many great
projects were smothered in early stages of planning
because the land they were supposed to be built on
was in private hands.
Most important of all the statements was the
division of functions - main solution to all the problems. The key for the town planning lies in following four functions: live, work, recover (in the leisure
time), move. Only joining those functions together in
order will result in healthy city.
Home (living function) is the centre point from which
city planning should begin, all other functions should
be subjected to it. Adding 3rd dimension to architecture – height, would help to create equal living
conditions for everyone. It also saves space needed
to create green areas.
Narrow streets and squares that are natural tissue of the cities are not adopted to new forms
of transport – personal vehicles. Modern architects
disdained historical structure of cities. According to
functionalists communication should create another
zone that would connect all city parts in the most
HI¿FLHQWDQGHFRQRPLFDOZD\6WDGWDXWREDKQ%HUOLQ
$ LV D YHU\ JRRG H[DPSOH RI WKH QHZ WUDI¿F
principle. Circumstances acted in favor of architects
– over 25% of Berlin was destroyed during the War.
Construction of the new road network that would run
through the whole city started in 1958 During that
time Berlin was still divided into two zones – Allied
and Soviet. For that reason Stadtautobahn was planned as the half of the future ring that was supposed
to be built after predicted consolidation of Germany.
First part to be built was a section between
Kurfürstendamm and Hohenzollerndamm. Since
WKHQXQWLOO\HDU¿IWHHQQHZVHFWLRQVZHUHEXLOW
Importance of this road network may be underlined
ZLWKVWDWLVWLFV:LWKWKHWUD¿LFLQWHQVLW\RIYHhicles a day, section Funkturm - Kurfürstendamm is
the most frequently used road in Germany and also
one of the most used in entire Europe. Another 5
sections of Berliner Ring are as located as well in top
RIDOOURDGVZLWKKLJKHVWWUDI¿FLQWHQVLW\LQ*HUPDny.
New approach to architecture presented by
functionalists brought quite radical changes to the
cities as well as new problems that were unforseen.
Perfect example is the city of Brasilia - with its masterplan created by Brazilian urban planner Lucio
Costa according to the principals praised by Charter
of Athens and major government buildings designed
by Oscar Niemeyer it became the monument of modernism. City wasnt ready for the great migration
that soon occured. Satellite communities around the
city started to grow rapidly. They actually had much
more vital life than the city itself. Even though all the
elements might have been planned with care and
imagination Brasilia is not a comfortable place to
live - segregation of functions doesnt work as it was
planned - all major public buildings and services are
distant from each other and living areas. There are
almost no public spaces where people could meet.
Whole city seems to be monotonous and quite anonymous with every street and part of it looking alike,
it provides no good environment to live.
City is a lifelong organism and it has to have
its historical and most of all cultural background that
FDQQRWEHFUHDWHGDUWL¿FLDOO\%UDVLOLDGRHVQW
This principal was later praised by postmodernism
and most of all Aldo Rossi who said that function
of the building may change several times while the
form remains the same.
15
Stadt und Kontinuitat
The Architecture of the City
Abb. 1: Architect Aldo Rossi
Abb. 2: Ville Savoye, Le Corbusier
Thema: Importance of urban elements for Collective
Consciousness
Architekt: Aldo Rossi
Functionalism design buildings based on the purpose of that building. So that the Form follows the
Function. They argue that the values of architecture
in a city, are explained by the function of Urban
facts. For them the functions assume the shape and
form the Urban and architectural facts. The function
justifies its formation and development. And the alterations of the function shall involve alterations of
the form. Le Corbusier used to say: “The house is
a Machine for Living”. All this is the main weakness
that functionalism has.
Aldo Rossi critisies Functionalism as Naive. In his
work he exposed the opposite. He explained that the
function is something seppareted from the form. The
Form of the city will be given by the society, by time,
by history, by people, etc. And the function can be
alterated without changing the Form of Architecture.
Function and Form are independent from each other.
For him architecture is more then just the function. It
is complex. Has diferent branches, that all of them
together define somehow Architecture.
To understand Rossi it must be clear that “City is Architecture”. He says that Architecture is the construction of this city in time. It is a construction process.
Cities increase and keep its initial motive of settlement, but they develop and modify. You can understand also that this development measures is a universal criteria basis, but that doesn’t mean that the
buildings are all the same. Every building is unique,
is different.
This means that the development is according to rational principals, and that the unique location is the
one that gives the peculiar imprint of each building.
To explain the process of construction of a city, it is
necessary to include 3 topics:
a)
Social nature of Man.
b)
Material and spiritual necessities.
c)
Technical and cultural conditioning.
So we can say that the city is an Architectonic reality
and Architecture is essentially an urban element.
16
Gabriele Rotter
The Human and the City
Architecture is an inseparable creation of life and
civil society in which it is manifested. It is a continuous stage of Human life. Public and private tragedies
happen, feelings of whole generations, occur in the
city. Space is defined in relation to the people who
use it, who enjoy it, who go through it, and the ones
that dominate it. By its Nature it is collective.
Without Architecture we couldn’t have society. Without Society we couldn’t have Architecture. So we can
say that the city is the human par excellence.
Abb. 4: Piazza il Campo, Siena Italy
Examples of this is the Piazza il Campo and the Venice Cathedral. In both cases we can see how people
are living in this space, in this architecture. How their
life is manifested in Architecture.
Complexity of Urban Facts
To describe an urban fact is complicated, because
of the ambiguity of language (in relation to the feelings, personal experiences). All this is achieved only
with experience, which will be only for those who go
through this city. Notions, experiences, impressions
that someone becomes of an urban fact; will always
be something different from the one that lives the
same fact. Are those things that we capture, only by
living or experiencing the facts of a city. Rossi says
that the principal of Architecture and city are the Feelings and the reason.
Abb. 5: Cathedral, Venice Italy
Function and Form
The form of the city can be resumed as the Architecture of this city. This architecture has a plurality
of functions, which are independent of its form. The
form is what gets printed, the one we live and travel,
and the one that structures a city.
An example for this can be the Pitti Palace in Florence. This building was constructed for being a Palace. But today its function has changed, it’s a Museum. So the Form stays, but the function has changed.
The forms are the ones that structure the city.
Abb. 6: Pitti Palace, Florence Italy
17
Stadt und Kontinuitat
Types and City
The central plan of a church is a particular type and
is constant. But the architecture of a church depends
on the construction techniques, art and the community that participates in the life of this church.
With pictures 7 and 8 we can understand how different two churches can be. But at the end everybody
knows that both of them are churches. Its form and
technique may be different, but its type (church) is
the same.
Abb. 7: Catebury Cathedral, England
Abb. 8: Isolated Church
Type is the idea or image of an element. It is as close
to its essence. For this it’s imposed on the sense and
reason.This thing (type) is present in the architectural
model, it’s a typical element, it’s a constant element.
That is in all the architectural facts. It’s a cultural element. Non type identifies with his form. But all forms
refer to types. The type is a necessity. But react with
the technique, functions, style, collective character
and timing of individual architectural facts.
The types of housing have not changed since ancient times until today. That does not mean that it has
not changed the way of life or that there aren’t new
ways of living.
The Urban Fact as a work of art
All the major social events are common with art, because of being born of the subconscious. Our imagination, our creativity is the one that creates a work
of art. The Urban facts are given by imagination and
collective memory.
Poète discovered
Cities remain on axes of development, maintain the position ranging
from their tracks, grow in the direction
and the significance of older facts. Often these facts are destroyed staying
the form.
18
Cattaneo makes distinctions between city and
Field…… “in which all the living places is attributable
to human work. That land that is not the work of nature, is a masterpiece of our hands, is an artificial
homeland.”
With this expression, we understand that those
things that aren´t a work of nature, that come from
the imagination and creativity of human beings, is a
work of art. So Architecture is a work of art.
Gabriele Rotter
Theory of permanence and monuments
History is made up of stays. They show how cities
differ from the present with the past. It‘s a past that
we are experiencing now. This is identified with monuments that are physical signs that persist. But we
can continue enjoying it despite having lost its original function. Persistence and permanence are given
by history, art, being and memory.
What the emotion part of a building gives is a collective thought, these stay but the building can change.
We can explain it with the Brandenburgertor. When
we are in this place, there is this physical monument
that is a sign of the past that still persist; but we can
also find out that there is a common history and a
collective consciousnes behind.
Abb. 10: Brandenburgertor, Berlin 1871
Berliner Example
Kaiser Wilhelm Gedächtnis Kirche Berlin
This historic monument is a sign of the past of Berlin.
Even if the past has gone, we still can keep living it.
It´s architecture lets us keep experiencing the past.
We can see how this monument gives to people a
collective thought. We can also find out that the function as a church has changed, now it´s a museum,
and even if it has changed we can still keep living the
past and history of this monument.
Abb. 11: Kaiser Wilhelm
Gedächtnis Kirche Berlin
Conclusion
Resuming those things, that for Aldo Rossi the most
important were, is that Architecture is inseparable of
civil society. Both need of the other to exist. So society makes the architecture of the city and city makes
Society. He also says that architecture doesn´t end
when the past is gone, it is something permanent,
continious. We can give different uses, depending on
our new needs. He explains that the most important
thing to know or understand Architecture is living,
feeling, being there, experiencing it. We will never
understand Architecture by looking it into pictures;
we have to live it, to know what it is. It’s like music,
you will never understand if I try to explain what a
song can give you. You have to hear it, experience
the song to understand it.
Abb. 12: Kaiser Wilhelm
Gedächtnis Kirche Berlin
19
Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen
Zerstörung als politisches Instrument
Mittelalterische Berlin und Cölln, 1740
20
Denkmal Kaiser Wilhelm I, Machtrepräsentation, 1941
Zu den zwei gegenseitigen Einstellungen, die in den
vorangegangenen Texten diskutiert wurden, existiert
noch eine die nichts mit den zwei zu tun hat. Es handelt sich um eine politische Einstellung an Anlass
für die Zerstörung von Gebäuden. Schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts wird Berlin aufgrund politischer Faktoren weitgehend umgestaltet oder zerstört. In Berlin sind die Spuren oder genauer gesagt
die Brachräume zu finden, die jede Phase politischer
Geschichte der Stadt kennzeichnen. Jede Generation versucht die Hinterlassenschaft der vorherigen
Generation zu beseitigen, die als Erinnerungsorte
gelten, und die Stadt neu zu definieren. Es führt zu
einem Zustand, in dem nur die ständige Zerstörung
eine Kontinuität hat und es keine Akkumulation der
architektonischen Tradition und Geschichte gibt.
Das erste Ereignis, das der Anfang der Tradition der
Zerstörung bezeichnet, ist die Regierungszeit der
preußischen Herrscher. Obwohl Berlin und Cölln im
Mittelalter mehrfach durch Feuerbrünste vernichtet
wurde, bezeichnet diese Ereignis die erste willentliche Zerstörung. Die Residenzstadt wird tiefgreifend
umgestaltet. Innerhalb weniger Jahrzehnten wird das
barocke Berlin klassizistisch umgestaltet. Der Pariser Platz, der Boulevard Unter den Linden und weite
Teile der Friedrichstadt erhalten eine neue Bebauung. In den vorhandenen Teilen erfolgt eine radikale
Umgestaltung. Karl Friedrich Schinkel baut den 60
Jahr alten Dom und zahlreiche barocke Palais um.
Durch seinen städtebaulichen Eingriff in den Lustgarten verändert er die Bedeutung des Schlosses.
Obwohl viel gebaut und umgestaltet wird, bleibt der
Grundriss der Stadt jedoch gewahrt.
Nach der Gründung des Reichs kam eine neue Welle der Zerstörung. Neben der Änderung des Stadtgrundrisses haben sich die Maßstäblichkeit und
Proportionen der Stadt verändert. Antriebskraft dieser Zerstörung war der Wille die Königsstadt als Kaisermetropole architektonisch auszudrücken. Auch
die schnelle Industrialisierung hat die Stadt sehr
umgewandelt, wobei großmaßstäbliche Kaufhäuser,
Verwaltungsgebäude und Hotels in die alte Stadt
implantiert wurden. Dafür mussten ganze Quartiere
Vladimir Korensky
weichen. Außerdem wurden große Teile des mittelalterlichen Berlins und zahlreiche bedeutende Baute abgerissen. Auch wurden Durchbrüche zur Verkehrserleichterung ausgeführt.
Nach Ernennung Berlins zur Reichshauptstadt wurde entschieden, das alte vorindustrielle Berlin durch
ein neues zu ersetzen, um mit anderen traditionsreichen europäischen Metropolen konkurrieren zu
können. Zeugnisse der Vergangenheit werden beseitigt um den politischen Wille der Herrscher zu repräsentieren.
Nach der Herrschungszeit Wilhelm II. keimt der
Wunsch nach Beseitigung seines architektonischen
Erbe. Es wurde weniger abgerissen als Bestehendes überformt. Ein Beispiel zu diesem Vorgang ist
der von Erich Mendelsohn umgestaltete RudolfMosse-Haus.
Rudolf-Mosse-Haus Umbau von Erich Mendelsohn, 1921
Während des Nationalsozialismus verselbständigte
sich der Zerstörungsdrang. Man bewegte sich nicht
mehr in Richtung Schaffung von etwas Neuem, sondern die Destruktion wurde zum direkten politischen
Instrument. Besonders deutlich wird dies beim
Reichstagsbrand 1933 und dem antisemitischen
Pogrom der ‚Reichskristallnacht’. Orte des kommunistischen Berlin wurde abgerissen. Der Generalbauinspektor Albert Speer hat den Nord-Süd Achse geplant, die ein Kilometer lang durch die Stadt
brechen sollte. Ebenso die Ost-West Achse durch
das alte Zentrum rund um die Museumsinsel. Da die
Arbeiten nicht schnell genug vorangingen, verlangte
Speer Sprengung als Abrissmethode.
Etwa 30 Jahr früher hat der italienische IdeologeKünstler das Futuristische Manifest veröffentlicht.
„Wir wollen den Krieg verherrlichen - diese einzige
Hygiene der Welt - den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten ... Wir wollen die Museen, die Bibliotheken und die Akademien
jeder Art zerstören“ heißt es dort. Und so geschah
es. Im Jahr 1941 bombardieren die britische und ab
März 1944 auch die amerikanische Luftwaffe Berlin.
Im Mai 1945 70 Prozent des Berlin Zentrums zerstört.
Nord-Süd Achse von Albert Speer, 1938
21
Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen
Nach dem Krieg lassen die Alliierten die Orte der
Naziherrschaft beseitigen. Unter denen waren die
Reichskanzlei von Albert Speer und die Hauptquartiere von Gestapo und SS.
Stadtschloss mit Blick auf den Dom, 1924
Baustelle für den Palast der Republik, 1973
22
Palast der Republik mit Blick auf den Dom, 1976
Im Jahr 1946 arbeitete Hans Scharoun und seine
Mitarbeiter den ‚Kollektivplan’ aus. Es stellt einen
Eingriff in ganzem Berlin dar, der ganz neue Organisation der Stadt vorsieht. Die Stadt wird durch vier
Bänder geteilt, die keine Ergänzung des bestehenden Netzes oder respektvolle Einstellung zur historischen Struktur darstellen. In diesem Eingriff wurden Schneisen durch den Stadtkörper geschlagen.
Viele von ihnen lagen lange Zeit brach. Es handelte
sich also um Zerstörung als solche, bei der die dringende Probleme, wie Beseitigung von Trümmern
und Wohnungsmangel, außer Betracht blieben.
In den achzigen Jahren begann ein weiteres Prozess,
der bis heute dauert. Und zwar Beseitigung moderner Gebäude und stattdessen die Rekonstruktion
von Denkmälern, die man nach 1945 in Lagerhallen
verbannt hatte. Nach dem Mauerfall kamen die baulichen Symbole der DDR im Visier. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Wiederaufbau des Stadtschlosses.
Obwohl während des Krieges das Schloss teilweise
beschädigt wurde, konnte man es weiter als Museum nutzen. Es wurde sogar zum Regierungssitz
vorgeschlagen. Aber aufgrund fehlenden Budgets
wurde es nie rekonstruiert. 1950 beschloss die SED
das Schloss abzureißen. So hat Dr. Gerhard Strauß
den „Denkmal der Reaktion und des Feudalismus“
und „Beispiel des imperialistischen Untergang“ als
baufällig begutachtet. Es sollte dem riesigen Aufmarschplatz weichen. Am 1973 wurde an diese
Stelle der „Palast der Republik“ gebaut. In seinem
Werk sah der Architekt den Palast als ein Haus der
Begegnungen mit der Welt, das viele kulturelle und
gesellschaftliche Funktionen einschloss, und keine
politische Machtpräsentation darstellen sollte.
Nach der Wiedervereinigung erschien der Palast der
Republik als Symbol des Unrechtsstaates der DDR.
Im Jahr 1990 hat die Volkskammer entschieden, den
Palast wegen der Astbestbelastung zu schließen. Die
beiden Faktoren beschleunigten den Beschluss zur
Vladimir Korensky
Beseitigung des Palastes um das Stadtschloss wieder aufzubauen. Aber was soll das fast seit 60 Jahren niedergelegte und wieder aufgebaute Gebäude
für Berlin und Deutschland bedeuten? Diese Attrappe des Stadtschlosses kann nur ein kommerzielles
Innenleben anbieten und die ganze Rekonstruktion
erscheint als Theatralisierung der Geschichte.
Die kontinuierliche Zerstörung in Berlin hat sich zu
einer ‚Kultur der Zerstörung’ entwickelt. Jede Generation hat sie in künstlerischer Weise zum kulturellen und ästhetischen Ausdruck gebracht. Zum
ersten Mal wurde Zerstörung in Expressionismus
durch Gewalt definiert. Dadaismus machte den Akt
der Zerstörung zur künstlerischen Technik. Punkbewegung und Hard-Core-Techno Gabba haben die
Selbstzerstörung als Kult zur Befreiung kultiviert.
Und auch in Dekostruktivismus wurde sie zum Ausdruck gebracht, indem die zersplitterte Baukörper
mit narbigen Fassaden erscheinen.
Die Städte immer verändern sich entweder durch
Zerstörung oder durch tiefgreifende Umgestaltung.
Und in der Regel werden nur die rationalen Gründe
für städtebauliche Eingriffe bekanntgegeben. Man
muss die politischen Ursachen suchen, die eine Auswirkung auf die städtebauliche Maßnahmen haben.
Graffito am Palast der Republik, 2006
1. Preis am Wiederaufbauwetbewerb des Stadtschloses
Literatur:
-Rollka, Bodo; Wille Klaus-Dieter: Das Berliner Stadtschloß. Geschichte und Zerstörung, Verlag Haude &
Spener, Berlin 1987
-Oswalt, Philipp: Berlin - Stadt ohne Form. Strategien einer anderen Architektur, Prestel Verlag, München 2000
-Schug, Alexander: Palast der Republik: Politischer
Diskurs und private Erinnerung, BWV Verlag, 2007
-Redecke, Sebastian: Kritische Rekonstruktion,
Bauwelt Heft 3.09, Bauverlag BV GmbH 2009
-Reuther, Hans: Die grosse Zerstörung Berlins:
Zweihundert Jahre Stadtbaugeschichte, Propyläen,
Berlin 1985
-von Eckardt, Wolf: Erich Mendelsohn, G. Braziller,
New York 1960
23
24
Tobias A. Dörfler
ÖKONOMIE
Der Versuch, Bauten ökonomisch, also mit einem
möglichst optimalen Verhältnis zwischen Aufwand
und Ergebnis, zu realisieren ist so alt wie das Bauen
selbst.
Die Bauökonomie als wissenschaftliche Disziplin beinhaltet sowohl die ökonomische Planung als auch
die Durchführung von Bauvorhaben und ist als spezielle und erweiterte Betriebswirtschaftslehre zu verstehen.
Die Bauökonomie gliedert sich noch einmal in die
Unterbereiche der Planungsökonomie und der Bauökonomie auf, wobei erstgenannte die effiziente Planung von Bauwerken und letztere die ökonomische
Ausführung fokussiert.
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Bauprojektes gilt es zunächst einmal zu definieren, in
welchem Rahmen diese Wirtschaftlichkeit beurteilt
werden soll.
So definiert sich die technische Wirtschaftlichkeit lediglich über das Verhältnis der eigebrachten Mengen,
wie Beispielsweise Arbeitsstunden oder Werkstoffeinheiten, zu denen der ausgebrachten Mengen.
Am Beispiel des Gebäudes ließen sich diese Beispielsweise als BRI in [m³] oder NF in [m²] ausdrücken.
Die Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne erfasst über
dies hinaus auch die Kosten, welche durch die Erstellung des Bauwerkes entstehen. Sie wird daher
auch als Kostenwirtschaftlichkeit bezeichnet.
Rentabilität drückt unter zusätzlicher Berücksichtigung der Einnahmen, die ein Gebäude gegebenenfalls erwirtschaftet, das Verhältnis von Gewinn zu
Kapitaleinsatz aus.
Wirtschaftlichkeit im weiteren Sinne berücksichtigt
darüberhinaus teilweise nicht monetär bewertbare
Größen wie Schaden und Nutzen.
Am konkreten Beispiel von Eigenleistungen bei der
Errichtung eines Wohnhauses könnte Schaden hier
Stress oder den Verzicht auf Urlaub bedeuten, Nutzen hingegen die Selbstverwirklichung durch die
eigene Leistung bei der Herstellung des eigenen
Domizils.
Gesundheitliche Schäden oder auch der Verlust von
Erinnerungswerten beim eventuellen Abriss eines
Gebäudes könnten für den nicht monetär bewertbaren Schaden im Verlauf der Nutzung oder nach
deren Ende stehen.
Wohnqualität oder auch der Gewinn an gestaltbarer
Freifläche bei eventuellem Abriss fallen beispielsweise in die Kategorie des nicht monetär bewertbaren
Nutzens in der Nutzungsphase beziehungsweise in
ihrem Anschluss.
Die gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise bezieht sowohl positive als auch negative externe Effekte in die Betrachtung mit ein, was neben sozialen
auch ökologische Aspekte beinhaltet.
So können Faktoren wie eine Verschönerung des
Ortsbildes oder sogenannte „Stadtreparaturen“ in
Relation zu eventueller Zersiedelung der Landschaft,
Verlust an historischer Bausubstanz oder auch CO2Emissionen gesetzt werden.
Somit kann bei der Betrachtung der Lebensdauer
von Gebäuden nur die gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise zur Anwendung kommen, da sie
das Gebäude als Gegenstand der Betrachtung im
Kontext seiner Systemumgebung bewertet.
Lebenszyklusbetrachtung
Der Lebenszyklus eines Gebäudes lässt sich in
Projekte oder auch Phasen einteilen, die, angefangen mit der Planung, dem Erwerb eines geeigneten
Grundstückes, der Herstellung und dem Transport
der Baustoffe, Neubau, Maßnahmen im Bestand,
Abbruch und Beseitigung sowie eine oder auch
mehrere Phasen geplanter Nutzung, die teilweise
durch vorübergehenden Leerstand unterbrochen
sein können, umfassen.
25
ÖKONOMIE
Unter Maßnahmen im Bestand versteht man Projekte wie Modernisierung, Umbau und Erweiterung.
Bei Wirtschaftlichkeitsermittlungen, Wertanalysen
und der Planung von Instandhaltungsmaßnahmen
sind Überlegungen zur wirtschaftlichen Nutzungsdauer und zur technischen Lebensdauer von Bauteilen anzustellen.
on von CO2-Emissionen sowie die steigenden Energiepreise haben sich zu starken Einflussgrößen auf
die wirtschaftliche Lebensdauer von Gebäuden ausgewachsen und machen eine verstärkte Berücksichtigung bereits in der Planungsphase von Gebäuden
unabdinglich.
Um die angestrebten wirtschaftlichen Nutzungsdauern auch in der Praxis realisieren zu können scheint
es notwendig, nicht nur den Stand der Technik zu
erfüllen, sondern vorausschauend zu planen und
zukünftigen Entwicklungen und Vorschriften vorauszugreifen.
Technische Lebensdauer
Der Lebenszyklus als Kreislauf
Wirtschaftliche Nutzungsdauer
26
Die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines Gebäudes
ist diversen Einflüssen unterworfen.
Hier sind unter anderen die wirtschaftlichen Ziele
des Bauherren, der Standort und die mit ihm verbundene Systemumgebung, die Funktionalität und
Gestaltungsqualität, Faktoren wie Bevölkerungsentwicklung bzw. -wanderung sowie die allgemeine
Einkommensentwicklung oder auch die Verwendung
des verfügbaren Einkommens zu nennen.
Die WertR gibt Beispiele für die zu erwartende bzw.
anzusetzende wirtschaftliche Nutzungsdauer von
Gebäuden an, welche sich auf eine ordnungsgemäße Nutzung ohne Modernisierung beziehen.
Im Licht der jüngsten Entwicklungen, ökologische
Belange betreffend, sind die hier genannten Werte
jedoch sehr optimistisch formuliert.
Die sich ständig und immer schneller verschärfenden
Verordnungen zur Energieeinsparung, der Redukti-
Unter technischer Lebensdauer versteht man jenen
Zeitraum, in dem Bauteile physisch zur Verfügung
stehen und ihren geforderten Eigenschaften ohne
Einschränkungen entsprechen.
Die technische Lebensdauer ist beeinflusst von den
Eigenschaften verwendeter Baustoffe, eventuellen
Fehlern bei der Bauplanung oder Mängeln bei der
Bauausführung, dem Verhalten der Nutzer, Art und
Umfang der Instandhaltung, Umwelteinflüssen und
ähnlichen Faktoren.
Bauteile wie das Tragwerk eines Gebäudes haben
naturgemäß eine längere technische Lebensdauer
als beispielsweise Komponenten des Innenausbaus
wie textile Fußbodenbeläge oder technische Gerätschaften. Auch ist zu berücksichtigen das bestimmte
Bauteile aus unterschiedlichen Schichten und Materialien bestehen, welche sich ebenfalls in ihrer zu
erwartenden Lebensdauer unterscheiden.
In der Planung ist folglich darauf zu achten, dass
sich Bauteile, deren technische Lebensdauern voneinander abweichen mit löslichen Verbindungen
hergestellt werden, um nicht nach Ablauf der technischen Lebensdauer des einen Bauteils das andere mit austauschen zu müssen, obwohl dieses noch
einen sogenannten Abnutzungsvorrat besitzt.
Zusammenhang zwischen
Nutzungsdauer und Lebensdauer
Wie bereits erwähnt ist die technische Lebensdauer
Tobias A. Dörfler
vieler technischer Anlagen oder des Innenausbaus
deutlich kürzer als beispielsweise die des Tragwerks.
Ziel einer ökonomischen Planung sollte es logischerweise sein, die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines
Gebäudes der technischen Lebensdauer des Gebäudes anzunähern, die maßgeblich von der technischen Lebensdauer der tragenden Konstruktion
beeinflusst wird.
Die Zyklen der technischen Lebensdauer jener Bauteile, die im Laufe der wirtschaftlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes mehrfach ausgetauscht werden
müssen, sollte so geplant werden, dass zum Ende
der technischen Lebensdauer der tragenden Konstruktion auch ihr Abnutzungsvorrat gegen null geht,
sofern sie sich nicht ohne großen Wertverlust recyceln oder veräußern lassen.
Zu berücksichtigen ist darüberhinaus, dass der
Aufwand für die Instandhaltung mit dem Anteil der
technischen Anlagen ansteigt, da diese oft in der
Gesamtheit der Anlage nach 15-20 Jahren komplett
ersetzt werden müssen.
Die Flexibilität eines Gebäudes, also die Fähigkeit,
auf externe Einflüsse oder auch auf internen generierte Faktoren zu reagieren, wird „soft skill“ genannt
und spielt eine große Rolle, wenn es darum geht,
die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines Gebäudes
seiner technischen Lebensdauer anzunähern.
Kosten
Mit Voranschreiten der Realisierung eines Bauwerkes und Verlauf der Nutzung entstehen dem
Bauherren Kosten. Die Beeinflussbarkeit dieser
Kosten nimmt mit weiterem Voranschreiten im Lebenszyklus immer weiter ab.
Dieser Zusammenhang sollte deutlich machen, dass
eine gründliche Ermittlung der zu erwartenden Kosten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes unerlässlich ist, um die Nutzung des Gebäudes
über den Zeitraum der technischen Lebensdauer
überhaupt möglich zu machen. Sind beispielsweise die Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes
nicht genau ermittelt worden und liegen höher als ursprünglich veranschlagt, besteht die Gefahr, das der
Betrieb des Gebäudes für den Nutzer unrentabel
wird und das Gebäude noch vor Ablauf seiner technischen Lebensdauer leersteht bzw.
abgerissen wird.
Die Ermittlung von Kosten nach DIN 276 sind Grundleistungen nach HOAI.
Parallel hierzu ist eine Nutzungskostenermittlung
nach DIN 18960 sinnvoll.
Einflussfaktoren auf die Kosten sind die sogenannten Systemeigenschaften, das Nutzerverhalten, als
auch die Systemumgebung.
Die Systemeigenschaften sind ein interner Kosteneinfluss. Sie stehen zum Nutzungsbeginn weitgehend fest und sind beeinflusst durch die Nutzungsart, die gewählte Konstruktion und ähnliche.
Bei Projekten im Bestand spielt auch das Alter des
Bauwerks eine Rolle.
Das Nutzerverhalten ist ebenfalls ein interner Kosteneinfluss, welcher sich jedoch durch strategische
Ge- und Verbote, Nutzungsentgelte, Gebühren und
Hinweise beeinflussen lässt.
Die Systemumgebung bezeichnet alle externen
Kosteneinflüsse, wie beispielsweise technische Regelwerke, volkswirtschaftliche Preisentwicklungen,
Veränderungen des Klimas und ähnliches.
Diese externen Faktoren lassen sich vom Nutzer
nicht oder nur schwach indirekt beeinflussen, er
kann jedoch mit seinem Verhalten auf sie reagieren.
Kosten die ebenfalls ermittelt werden müssen, sind
die Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes.
Die Grundlagen für ihre Ermittlung finden sich in der
DIN 31051.
Die Norm unterscheidet hier zwischen Wartung,
Instandsetzung, Inspektion, Verbesserung und
Schwachstellenanalyse.
Folgende Instandhaltungsstrategien sind gebräuchlich: die ausfallbedingte Strategie, die eine volle
Ausnutzung des Abnutzungsvorrates zum Vorteil
hat, sich jedoch zum Beispiel bei tragenden Bauteilen, aufgrund der resultierenden Gefahr für das
gesundheitliche Wohlergehen der Nutzer aber auch
unbeteiligter Dritter, nicht empfiehlt, die periodisch
vorbeugende Präventivstrategie, die durch ihre
hohe Zuverlässigkeit, Sicherheit und Planbarkeit
27
ÖKONOMIE
Zeitachse
exemplarisches Sägezahndiagramm
28
Instandhaltungskosten
Betriebs- / Nutzungskosten
Kosten
Herstellungskosten
vorteilhaft sein kann, jedoch im Zweifelsfall ungenutzten Abnutzungsvorrat von Bauteilen nicht nutzt
und in diesem Punkt Gefahr läuft, im Vergleich mit
den anderen Strategien unökonomisch zu sein, und
die zustandsabhängige Inspektionsstrategie, welche eine Mischung aus den beiden oben genannten
Strategien darstellt, allerdings auch Kosten durch
die Inspektionen verursacht.
Im Einzelfall ist somit immer zu prüfen, welche Strategie am gesamtwirtschaftlich vorteilhaftesten ist.
Die Kosten für die Instandhaltung können ein Vielfaches der Errichtungskosten eines Bauwerkes
überschreiten und für die Mehrkosten durch fehlerhafte Planung, welche die Instandhaltung erschweren, ist nach oben kein Limit gesetzt.
Als Darstellungsform zur Verdeutlichung dieses Zusammenhangs empfiehlt sich der Einsatz eines Sägezahndiagramms, dessen horizontale Achse als
Zeitstrahl den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes umfassen sollte und dessen vertikale Achse die
Höhe der anfallenden Kosten angibt und sinnbildlich
für den Abnutzungsvorrat steht, der durch eine Ausgabe erzeugt wird.
Mit dem kontinuierlichen Abbau dieses Vorrates nähert sich die Kurve des Vorrates linear der horizontalen Achse an. Bei Erreichen dieser, also wenn der
Abnutzungsvorrat null erreicht, wird eine erneute Investition zum Zwecke der Instandhaltung notwendig
und der Ablauf wiederholt sich, was bei mehreren
Investitionen eine Form ergibt, die an die Zacken
des namensgebenden Sägeblattes erinnert.
Addiert man nun, entweder graphisch oder numerisch, die Einzelinvestitionen, beispielsweise der
Kosten für die Instandhaltung, lassen sich Aussagen
über das Verhältnis von Herstellungs- oder auch
Nutzungskosten, die sich ebenfalls als Sägezahn
darstellen lassen, zu Instandhaltungskosten treffen.
Die Notwendigkeit einer genauen Planung der Instandhaltung über den gesamten Lebenszyklus
eines Gebäudes sollte einleuchtend sein.
Maßnahmen im Bestand
Rund zwei Drittel des Bauvolumens in Deutschland
besteht heute aus Bauaufgaben im Bestand und der
Trend zeigt, dass in den kommenden Jahren die
Wertoptimierung von Bestandsimmobilien weiterhin
an Gewicht gewinnen wird.
45% der Bestandsgebäude sind zwischen 1949 und
1977, also noch vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung, errichtet worden.
Der Oberbegriff Maßnahmen im Bestand umfasst
die vier Bereiche Modernisierung, Umnutzung, Umbau und Erweiterung.
Unter Modernisierung versteht man alle baulichen
Maßnahmen zu nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes eines Gebäudes, soweit es sich nicht
um Erweiterungsbauten, Umbauten oder Instandsetzung handelt.
Hierunter fallen vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der Energieversorgung, Wasserver- und Entsorgung, sanitärer Einrichtungen, Heiz- und Kochmöglichkeiten sowie die Sicherung vor Diebstahl
und Gewalt durch Einbau einbruchshemmender
Eingangstüren und dergleichen.
Umnutzung meint eine Änderung der ursprünglichen Nutzungsart aufgrund neuer Nutzungsanforderungen in Bezug auf einzelne Räume oder das
gesamte Gebäude.
Umbauten sind durch die Umgestaltung eines vorhandenen Gebäudes mit wesentlichen Eingriffen in
Konstruktion und Bestand definiert und die Erweiterung ist als Ergänzung eines bestehenden Gebäudes, zum Beispiel durch Aufstockung oder Anbau
Tobias A. Dörfler
(§ 3 Nr. 6 HOAI, Punkt 2und 4) zu verstehen.
Abbruch und Beseitigung
Nach dem Erreichen der technischen Lebensdauer
oder dem Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer, erfolgt in der Regel der Abriss eines Gebäudes,
der ebenso ein Projekt darstellt wie der Neubau und
ebensolche Sorgfalt bei der Planung erfordert, da
sich auch hier Einsparungspotentiale ergeben.
So ist beispielsweise der sogenannte Rückbau, ein
Abbruch, bei dem dergestalt abgebrochen wird, dass
Bauteile deren technische Lebensdauer noch nicht
abgelaufen ist, sozusagen noch ein Abnutzungsvorrat besteht, einer erneuten Verwendung zugeführt
werden, was sich besonders bei temporären Bauten anbietet. Die Kosten für einen Rückbau sind im
Regelfall, rechnet man das Einsparungspotential
durch die erneute Verwendung der Bauteile gegen,
geringer als für einen Abbruch mit anschließender
Entsorgung. Außerdem muss der ökologische Aspekt des Bauteilrecyclings berücksichtigt werden,
da die in den Bauteilen gebundene Primärenergie
nicht verloren geht und die Emission von CO2 bei
der Herstellung neuer Bauteile vermieden werden
kann.
Wiederverwendbarkeit von Bauteilen sollte bei der
zukünftigen Planung von Gebäuden verstärkt berücksichtigt werden, da zum Planungszeitpunkt
kaum verlässliche Aussagen darüber getroffen werden können, ob die angestrebte wirtschaftliche Nutzungsdauer wirklich erreicht werden kann oder ob
negative externe Effekte auftreten, die die Nutzungsdauer signifikant verkürzen und weit unter die technische Lebensdauer vieler Bauteile drücken. Auch
ist das Erreichen der technischen Lebensdauer bei
experimentellen Materialien nicht immer sicher.
Verfahren
Zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen bieten sich zwei Gruppen von Verfahren an.
Auf der einen Seite die Nutzen-Kosten-Untersuchungen, auf der anderen die Verfahren der Investitionsrechnung, die sich noch einmal in statische und
dynamische Verfahren unterteilen.
Da im Zuge unseres Seminars der Fokus auf einer
ganzheitlichen Betrachtung der Lebensdauer von
Gebäuden liegt, die sich nicht in der wirtschaftlichen
Rentabilität erschöpft, sei hier auf die Verfahren der
Investitionsrechnung nicht näher eingegangen, da diese, anders als die Nutzen-Kosten-Untersuchungen,
keine nicht-monetär bewertbaren Größen, also soziale, kulturelle oder ökologischen Belangen berücksichtigen, die sich aber in der gesamtwirtschaftlichen
Betrachtung als entscheidend für die Lebensdauer
eines Gebäudes herausgestellt haben.
Zunächst sei erwähnt, dass im Zuge einer NutzenKosten-Untersuchung Varianten gebildet werden,
um Überhaupt eine Vergleichsgröße bei der Entscheidungsfindung zu haben. Oft wird hierbei nicht
beachtet, dass auch das Nicht-Errichten eines Gebäudes eine Variante darstellen kann, deren Für und
Wider mit den anderen Varianten verglichen und Abgewogen werden sollte.
Beispielsweise kann bei einer sogenannten Nutzwertanalyse die Vorteilhaftigkeit von Immobilien
durch eine Punktebewertung auf Grundlage eines
Zielsystems erarbeitet werden, welches auch nichtmonetär-bewertbare Größen berücksichtigt.
Nach der Aufstellung von Zielkriterien, sind diese mit
einer Gewichtung zu belegen. Die Erfüllung der einzelnen Kriterien eines Objektes oder einer Variante
kann nun vorgenommen werden,
Neben der Bewertbarkeit von nicht-monetären Größen, ergeben sich weitere Vorteile, da das Zielsystem flexibel handhabbar und auf die individuellen
Anforderungen des Bauherren oder auch späteren
Nutzers anpassbar ist und mittels einer nachvollziehbaren Bewertung die direkte Vergleichbarkeit
völlig unterschiedlicher Handlungsalternativen und
Variante gegeben ist.
Ein Nachteil dieser Art von Bewertung ist sicherlich
die Subjektivierung bei der Auswahl und Gewichtung der Kriterien, auch ist die Vergleichbarkeit der
Kriterien sicherlich nicht immer gegeben.
Die positiven Auswirkungen auf die Richtigkeit von
Aussagen zur Lebensdauer von Gebäuden durch
eine ganzheitliche Betrachtung liegen jedoch auf
der Hand.
29
Ökologie und Ökonomie
Heutige Ökoprobleme der Welt
Ökologie,
ist ein Teilgebiet der Biologie, welches sich mit den
Wechselbeziehungen der Organismen untereinander und mit ihrer abiotischen Umwelt beschäftigt.
Wenn wir in der heutigen Zeit jemandem fragen,
was Ökologie ist, hört man am häufigsten etwas
über umweltfreundliches Leben, Essen, Verkehr
oder manchmal auch über das Bauen. Dieser Teil
der Ökologie ist vielen Leuten bekannt. Das ist jetzt
das Topthema, weil es sehr viele Dinge, wie z.B.
Fahrzeuge oder Industriebetriebe gibt, die nicht umweltfreundlich sind. Darum müssen wir etwas für ein
besseres Leben machen und die (Um)Welt ein bisschen sauberer machen.
Zu den heutigen Schwerpunkten gehört die Temperatur der Erdoberfläche, weil sie weltweit immer
mehr zunimmt. Aus diesem Grund schmelzen das
Polareis und Gletscher. Der Meeresspiegel steigt
immer mehr und das Land schrumpft. Das ist wie
eine Kette, die wir unterbrechen müssen. Die Ursache dieser Probleme liegt in der Tatsache, dass es
nicht in allen Ländern eine Umweltpolitik gibt. Die
hoch entwickelten Länder messen der Ökologie eine
immer größere Rolle zu. Das Bauen wird immer umweltfreundlicher, sie organisieren Ökoaktionen oder
nutzen das Recycling. Die restlichen Länder finanzieren nicht so viel für Ökologie, darum verbrauchen
sie auch viel mehr Energie, nichterneuerbare Stoffe
und produzieren zugleich auch mehr CO2-Emissionen. Wenn wir das nicht ändern (stoppen), dann
kann es in ein paar Jahren eine Umweltkatastrophe
geben. Die Menschen haben noch vor kurzer Zeit
nie über solche Dinge nachgedacht und jetzt gibt es
fast schon keine Zeit mehr, darüber nachzudenken,
jetzt müssen wir handeln.
Steigender Lebensstandard
30
Strukturelle Entwicklung der Energieträger weltweit von
1850 bis 2000
Jeder Staat hat eine Rohstoffindustrie, wie z.B. Russland das Erdgas, in Polen gibt es Kohle usw. Jeder
möchte, dass sie so lange wie möglich funktioniert,
dass wir z.B. immer Kohle finden und immer viel davon haben. So geht es leider nicht. Für alles brauchen wir viel Zeit, besonders für nichterneuerbare
Energiequellen.
Krzysztof Witek
In den Industrienationen verbraucht man ca. 40%
der Gesamtenergie für das Betreiben von Gebäuden, weitere 10% für die Materialherstellung und
Bauprozesse. In den letzten Jahren verbrauchte der
Bausektor auch ca. 50% aller von der Erde entnommenen Materialien. Die Statistik zeigt uns, dass dies
nicht so gut ist. Der Bausektor verbraucht wirklich
viel zu viel Energie.
In Europa leben jetzt etwa 80% der Menschen in
Städten und verbringen den überwiegenden Teil ihrer
Zeit in geschlossenen Räumen. In den Großstädten
können wir einen Trend beobachten, der zeigt, dass
Leute zwischen 30 – 40 Jahren außerhalb der Stadt
wohnen möchten. Zwischen 1960 und 2005 ist der
durchschnittliche Wohnflächenbedarf pro Person in
Deutschland von 19 auf 42 m2 gestiegen. Es kommt
sehr oft vor, dass die Leute nur in der Stadt arbeiten.
Die jungen Leute, die schon etwas erreicht haben,
möchten außerhalb des Stadtzentrums wohnen. Da
können sie bequemer wohnen, einen Garten und
Ruhe haben. Natürlich können wir solche Vorgänge am häufigsten in den Industrieländern sehen, da
gibt es den größten Pro-Kopf-Energieverbrauch. ine
große Gefahr auf uns zu, weil der Lebensstandard
und damit der Energieverbrauch nun auch in den
Schwellenländern ansteigt und dort noch keinerlei
Umweltschutzmaßnahmen ergriffen werden.
Also die Gebäude in den Städten werden immer höher und außerhalb der Städte dichter. Wir können
uns vorstellen, was dort in den nächsten 50 Jahren
passieren kann.
Anteile der Energietäger am Primärenergäieverbraucht in
Deutschland 2006
CO2-Emission – ein Problem
Wenn wir immer mehr von unserer Welt nehmen
möchten, dann müssen wir auch etwas Gutes geben. Die Bevölkerungszahlen bis 2050 werden von
heute 6,6 Milliarden Menschen auf 9 Milliarden steigen. Die Leute werden immer mehr Energie verbrauchen, darum müssen wir in den kommenden Jahren
Investitionen für Energiesysteme aufbringen. Gegen
die CO2-Emissionen müssen wir auch etwas unternehmen. Es gibt schon politische Zielsetzungen in
den EU-Staaten, um bis 2020 die CO2-Emissionen
um mindestens 20% zu reduzieren und den Anteil
der erneuerbaren Energie an der Energieversorgung auf
Länder mit den höhsten COs-Emissionen im Jahr 2003
31
Ökologie und Ökonomie
20% zu steigern.
In den vergangenen 100 Jahren ist die Temperatur
der Erdoberfläche um etwa 0,8° C angestiegen. Seit
1750 ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre
auch um 36% auf mittlerweile 383 ppm (parts per
million) gestiegen. Ich meine, das sind die Schwerpunkte, die wir lösen müssen. Die reicheren Städte
machen das schon und geben mehr Geld aus für
Ökologie. Sie benutzen umweltfreundlichere Verkehrsmittel, sortieren die Abfälle, unterstützen den
Ökobau oder benutzen die erneuerbare Energie.
In der schwersten Position sind die USA, weil dieses
Land sehr groß ist und 22% der weltweiten CO2Emissionen produziert. In China ist es auch nicht so
einfach, dieses Land produziert 17% der weltweiten
CO2-Emissionen. In der besten Situation sind die
Länder, die nicht so groß sind und schon seit langer
Zeit eine Umweltpolitik verfolgen.
Moderne Technik
Die heutige Technik gibt uns viele Möglichkeiten, mit
der wir unserer Welt helfen können.Mit der fortschreitenden technischen Entwicklung müssen wir Schritt
halten. Wir haben schon viele Möglichkeiten, um die
Ökoenergie zu nutzen. Leider haben die nicht erneuerbaren Energieträger derzeit weltweit einen Anteil
von 86% am gesamten Primärenergieverbrauch.
Wir müssen das völlig ändern, weil es schon fast
keine nichterneuerbaren Energiequellen mehr gibt.
Nur für die nächsten 40 Jahre haben wir die Mineralöl- und Uranreserven. Erdgas haben wir noch für die
nächsten 62 Jahre. Kohle gibt es noch für 200 Jahre, aber das heißt nicht, dass das unsere letzte Hilfe
ist, und dass wir noch viel Zeit haben. Wenn wir alle
anderen Energiereserven verbraucht haben, können
wir mit Kohle allein nicht weiterleben. Wir müssen
nichterneuerbare Energiequellen sparen und neue
technische Entwicklungen nutzen.
Technische Systeme für eine zukunftsfähige Welt
32
Beitrag erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung in
Deutschland von 1990 bis 2005
Es gibt ja viele verschiedene Energiequellen, die
umweltfreundlich sind. Das bekannteste und schon
seit dem 19. Jahrhundert am häufigsten benutzte
System ist die Globalstrahlung.Solarthermische An-
Krzysztof Witek
lagen: sie verarbeiten die Sonnenenergie und geben
sowohl elektrische als auch Wärmeenergie. Diese
Energie können wir für die Warmwasseraufbereitung
oder die Gebäudeheizung benutzen. Dieses System
ist es relativ billig und es gibt viele Möglichkeiten, um
es zu benutzen.
Für Europa ist es eine gute Entwicklung, weil es sich
in einer Zone befindet, wo die jährliche durchschnittliche Sonnenscheindauer bei 1400-2500 Stunden
liegt.
Eine weitere Energiequelle ist die Windenergie. Die
ist auch sehr bekannt, aber nicht so billig.
Derzeit wird die Windenergie in Deutschland primär
zur Stromerzeugung verwendet, mittlerweile mit
einem Anteil von über 5%.
Die Biomasseenergie erzielt hohe Wirkungsgrade
bei zugleich niedrigen Emissionswerten.
Seit ein paar Jahren ist das geothermische System
immer mehr bekannt. Es kostet noch viel, aber ist
auch effizient. Das geothermische System kann
man fast überall benutzen.
Die folgenden zwei letzten umweltfreundlichen Systeme haben etwas mit Wasser zu tun.
Laufwasserenergie. Die Nutzung der Wasserkraft
zählt zu den ältesten Formen der Gewinnung erneuerbarer Energien. Laufwasserkraftwerk ist eine langzeitige Investition und auch sehr teuer, aber funktioniert später sehr lange und ist sehr ergiebig.
Eine in Japan sehr bekannte Energiequelle ist die
Wellenenergie, die in erster Linie durch Windenergie
induziert ist. Dieses System ist auch sehr teuer und
kompliziert zu bauen.
Durchschnittliche jährliche Globalstrahlung in
Deutschland
Satellitenbild der Erde bei Nacht
33
34
$OH[DQGHU+DXVWHLQ
6WHSKDQ+|VHPDQQ
9LYLHQ0DFNURGW
6ROYHLJ=LPPHU
Umgang mit dem Bestand
Im Umgang mit dem Bestand - auch unter BerückVLFKWLJXQJ GHU 'HQNPDOSÀHJH JLEW HV YHUVFKLHGHQH 0|JOLFKNHLWHQ 6R ODVVHQ VLFK *HElXGH
u. a. sanieren, rekonstruieren, modernisieren,
HUZHLWHUQ XPQXW]HQ ]XUFNUFNEDXHQ XVZ
Fast jeder Eingriff in den Bestand ermöglicht die VerOlQJHUXQJ GHU /HEHQVGDXHU GHV %DXZHUNHV VRZLH
dessen Anpassung an heutige Standards, was
EHLVSLHOVZHLVHGLH(QHUJLHHI¿]LHQ]1DFKGlPPXQJ
$XIUVWXQJWHFKQLVFKHU$QODJHQZLH]%3KRWRYROWDLN XQG :lUPHUFNJHZLQQXQJVDQODJHQ XVZ
VRZLHKHXWLJH%UDQGVFKXW]XQG6LFKHUKHLWVEHVWLPPXQJHQ RGHU VFKOLFKWZHJ DQ GHQ /HEHQVVWDQGDUG
Vielfach ist der Grund für den Eingriff in den BesWDQGDXFKGLH%HKHEXQJEDXOLFKHUXQGWHFKQLVFKHU
0lQJHOZHOFKHU7HLOGHV*HElXGHOHEHQV]\NOXVLVW
*UXQGYRUDXVVHW]XQJ GDIU LVW MHGRFK GLH 'XUFKführung einer umfassenden Bauaufnahme, in der
5HJHO PLW EHVRQGHUHP $XJHQPHUN DXI GLH +DXVWHFKQLN+HL]XQJ/IWXQJ«VRZLHGLH*HElXGHKOOH 'DFK )HQVWHU « 'HU JUR‰H 9RUWHLO EHLP
8PJDQJ PLW GHP ± VRIHUQ HV QLFKW DXVVFKOLH‰OLFK
XP 5FNEDX RGHU$EEUXFK JHKW ± EHVWHKW YRUUDQJLJ LQ GHU (LQVSDUXQJ YRQ .RVWHQ 'D YRUKDQGHQH
5HVVRXUFHQ JHQXW]W ZHUGHQ HQWIDOOHQ YLHOIDFK GLH
.RVWHQIUGLH:HUNVWRIIH$UEHLWVOHLVWXQJYRQ%DXDUEHLWHUQ=LPPHUPlQQHUQ«VRZLHGHUIU7UDQVSRUWGHU%DXVWHOOHLQULFKWXQJXVZ$XFKDQGHQEHLP
1HXEDX EOLFKHQ $QVFKOXVVNRVWHQ NDQQ JHVSDUW
ZHUGHQGDGLH(UVFKOLH‰XQJVNRVWHQEHLVSLHOVZHLVH
IU:DVVHU(QHUJLHYHUVRUJXQJHWFHEHQVRHQWIDOOHQRGHUUHGX]LHUWZHUGHQ/HW]WHQGOLFKOlVVWVLFKVDgen, dass eine Sanierung auf einen modernen StanGDUG SULQ]LSLHOO GHXWOLFK SUHLVZHUWHU DOV HLQ $EULVV
RGHU1HXEDXLVW%HUFNVLFKWLJWZHUGHQDXFKLPPHU
GLH *HElXGHWHFKQLN XQG GHUHQ =XVWDQG VRZLH GHU
VWlGWHEDXOLFKH.RQWH[WXQGGHU1XW]HQIUVHOELJHQ
,Q XQVHUHP %HLWUDJ EHVFKlIWLJHQ ZLU XQV PLW 0RGernisierung, Ertüchtigung, Umnutzung sowie mit
5FNEDXXQG(UZHLWHUXQJZDVZLUDQKDQGYRQHLQLgen Beispielen erörtern wollen, wohl wissend, dass
HLQH HLQGHXWLJH =XRUGQXQJ QLFKW LPPHU P|JOLFK
ist. Die Umnutzung des unter dem sogenannten
VSDQLVFKHQ³+HLPDWVFKXW]´VWHKHQGHQ&DL[D)RUXP
LQ 0DGULG LVW EHLVSLHOVZHLVH VRZRKO HLQH 5HNRQVWUXNWLRQDOVDXFKHLQH5FNEDXXQG(UZHLWHUXQJVPD‰QDKPH bKQOLFK VFKZLHULJ JHVWDOWHW VLFK GLH
=XRUGQXQJ IU GDV :RKQ XQG %URKDXV LQ 'DUPstadt: Einerseits ist es eine Rekonstruktion, andererseits auch eine Modernisierung und Erweiterung.
35
Umgang mit dem Bestand
CaixaForum, Madrid
$EE9HURUWXQJÄ/D&DL[D)RUXP³
36
$EE$XVJDQJVVLWXDWLRQ&HQWUDO(OpFWULFDGHO0HGLRGtD
7KHPD8PQXW]XQJ5FNEDX(UZHLWHUXQJ
3URMHNW&DL[D)RUXP
$UFKLWHNW+HU]RJ'H0HXURQ$UFKLWHNWHQ$*%DVHO
7UDJZHUNVSODQHU:**6FKQHW]HU3XVNDV,QJHQLHXUH
$*%DVHO1%,QJHQLHUtD0DGULG
Ort: Madrid
*UXQGVWFNVÀlFKHFDTP
%*)FDTP
Ä)RRWSULQW³*HElXGHFDTP
%HUHLWV HUZDUE GLH %DQN Ä/D &DL[D³ ± HLQH
GHU EHGHXWHQGVWHQ VSDQLVFKHQ %DQNHQ ± GDV
XQWHU GHP VSDQLVFKHQ Ä+HLPDWVFKXW]³ VWHKHQGH
(OHNWUL]LWlWVZHUN Ä&HQWUDO (OpFWULFD GHO 0HGLRGtD³
PLWGHU$EVLFKWLKUHU6WLIWXQJ2EUD6RFLDO)XQGDFLyQ
Ä/D &DL[D³ HLQHQ 6WDQGRUW LQ GHU +DXSWVWDGW
DXI]XEDXHQ'LHVHV*HElXGHZXUGHHUULFKWHW
und ist eines der wenigen, erhaltenen Beispiele der
0DGULGHU,QGXVWULHDUFKLWHNWXULP=HQWUXPGHU6WDGW
6RPLW EH¿QGHW VLFK GDV QHXH Ä&DL[D)RUXP³ KHXWH
LQ SURPLQHQWHVWHU /DJH 1lPOLFK LQ XQPLWWHOEDUHU
1lKH ZHOWEHUKPWHU 0XVHHQ ZLH GHP 3UDGR GHP
5HLQD 6RItD XQG GHP 7K\VVHQ%RUQHPLV]D 6
$EE 6HLW VHLQHP 8PEDX XQG GHU (U|IIQXQJ
GLHQW HV GHP YLHOIlOWLJHQ NXOWXUHOOHQ XQG
VR]LDOHQ(QJDJHPHQWGHU6WLIWXQJYDGDQNVHLQHU
XPIDQJUHLFKHQ .XQVWVDPPOXQJ XQG GLYHUVHQ
Bildungsprogrammen. Es steht allen Altersgruppen
RIIHQXQGHUJlQ]WGDVEHVWHKHQGHPXVHDOH$QJHERW
des Paseo del Prado. Dementsprechend muss es
VLFKUHSUlVHQWLHUHQXQGSRVLWLRQLHUHQ
Für die Umnutzung und die Inszenierung zeigen sich
+HU]RJXQG'H0HXURQYHUDQWZRUWOLFK6LHVFKXIHQ
HLQ0XVHXPGDVPHKUDOVQXU$XVVWHOOXQJVÀlFKHQ
]X ELHWHQ KDW 1HEHQ HEHQ GLHVHQ FD Pð
XPIDVVHQGHQ EHKHUEHUJW HV DXI LQVJHVDPW
FD Pð %*) HLQ $XGLWRULXP PHKUHUH
6HPLQDUUlXPHVRZLHHLQHQ9HUNDXIVODGHQXQGHLQH
&DIHWHULD
'DVÄ&DL[D)RUXP³OlVVWVLFKLQYLHU2EHUJHVFKRVVH
]ZHL
8QWHUJHVFKRVVH
HLQHQ
HEHQHUGLJHQ
EHUGDFKWHQ3ODW]XQGGHQ9RUSODW]XQWHUWHLOHQ1LFKW
XQEHGLQJW EOLFK LVW GHU :HJ GHQ GLH $UFKLWHNWHQ
HLQJHVFKODJHQ KDEHQ XP GDV JHVWHFNWH =LHO ]X
HUUHLFKHQ %HJRQQHQ ZXUGH PLW GHP $EULVV HLQHU
7DQNVWHOOH 6$EE XP HLQHQ 9RUSODW] IU GDV
]XNQIWLJHÄ&DL[D)RUXP³]XVFKDIIHQ%HJUQWZLUG
GLHVHU XQW\SLVFKHU :HLVH GXUFK HLQHQ YRQ 3DWULFN
%ODQF JHVFKDIIHQHQ YHUWLNDOHQ *DUWHQ 'LHVHU VWHOOW
ODXW -DTXHV +HU]RJ ÄHLQH 5HPLQLV]HQ] DQ GHQ
Paseo del Prado und den Botanischen Garten...“
dar.
'LH $UFKLWHNWHQ HUNOlUHQ $GGLWLRQ XQG 6XEWUDNWLRQ
]XP .RQ]HSW 6 $EE XQG VR ZHUGHQ GDV
gesamte Fundament – denn unter dem Erdgeschoss
$OH[DQGHU+DXVWHLQ
$EEÄ/D&DL[D)RUXP³QDFK8PEDX
samt Vorplatz entstehen zwei neue Untergeschosse
LQNOXVLYHGHP$XGLWRULXP±XQGGLH'DFKNRQVWUXNWLRQ
entfernt. Desweiteren wird das Innere komplett
HQWNHUQW9RQDX‰HQEHWUDFKWHWZLUGGDV*HElXGH
GXUFK GLH REHULUGLVFKH %DXVXEVWDQ] GLH EHU GHP
%RGHQ ]X VFKZHEHQ VFKHLQW ]XP %OLFNIDQJ 'LHV
erreichen die Architekten indem sie das Erdgeschoss
ÄDXÀ|VHQ³ 6 $EE 'LH YHUEOHLEHQGH
%DXPDVVH ± HLQ =HOONDVWHQ JHELOGHW GXUFK LQQHQ
an der historischen Mauerwerksfassade errichtete
7UDJZlQGH ± ZLUG YRQ GUHL (UVFKOLH‰XQJVNHUQHQ
JHWUDJHQ 'LH 6XEWUDNWLRQ GHV (UGJHVFKRVVHV
ZLUG JUR‰]JLJ GXUFK GLH $GGLWLRQ YRQ ]ZHL
2EHUJHVFKRVVHQ VRZLH GHQ EHUHLWV HUZlKQWHQ
Untergeschossen kompensiert. Die neu geschaffene,
DXV &RUWHQVWDKO JHIHUWLJWH Ä'DFKODQGVFKDIW³
kontrastiert und harmoniert gleichsam mit dem
Bestand. Sie orientiert sich an den Dachformen
GHU QlKHUHQ 8PJHEXQJ 'HQNPDOSÀHJHULVFK ZLUG
DQVFKHLQHQG OHGLJOLFK GLH *HElXGHKOOH ZHOFKH
pedantisch restauriert und in historischer Bautradition
UHNRQVWUXLHUWZLUGEHKDQGHOW6$EE
6R JXW GHU NRQ]HSWXHOOH$QVDW] ± 6XEWUDNWLRQ XQG
Addition – ist, so fragwürdig gestaltet sich für mich
JOHLFK]HLWLJ GDV (UJHEQLV 'HQQ GLH PDVVLYHQ
EDXNRQVWUXNWLYHQ (LQJULIIH NRQWHUNDULNLHUHQ PHLQHU
$XIIDVVXQJ QDFK GLH VLPSOH ,GHH HEHQVR ZLH GHQ
'HQNPDOVFKXW] 1XQ VWHOOW VLFK PLU JUXQGVlW]OLFK
GLH )UDJH ZLH HV HLQHUVHLWV EH]JOLFK GHU
GHQNPDOSÀHJHULVFKHQ $XÀDJHQ GHV VSDQLVFKHQ
Ä+HLPDWVFKXW]HV³DXVVLHKWXQGDQGHUHUVHLWVZHOFKH
0D‰QDKPHQ JHQHUHOO ]XP (UKDOW HLQHV 'HQNPDOV
XQWHUQRPPHQZHUGHQGUIHQE]ZLQZHOFKHP0D‰H
GLHVH JHUHFKWIHUWLJW VLQG =ZHLIHOVRKQH GLHQWHQ GLH
HUJULIIHQHQ0D‰QDKPHQGHP(UKDOWGHVÄ'HQNPDOV³
VRZLH GHVVHQ )XQNWLRQDOLWlW DEHU ZDU HV ZLUNOLFK
QRWZHQGLJ GDV JHVDPWH *HElXGH GHUDUW VWDUN ]X
YHUlQGHUQZRGXUFKVLFKGHU*HElXGHXUVSUXQJQXQ
QLFKWPHKUHUDKQHQOlVVW"
6FKOXVVHQGOLFK OlVVW VLFK VDJHQ GDVV WURW]
der drastischen Eingriffe in den Bestand, ein
LQWHUHVVDQWHV|IIHQWOLFKHV*HElXGHHQWVWDQGHQLVW
ZHOFKUHV WURW] DOOHU HUJULIIHQHQ 0D‰QDKPHQ JXW LQ
sein Umfeld einfügt.
$EE.RQ]HSW
$EE5DXPVFKHPD
$EE6FKQLWWGXUFKGHQ+DXSWHUVFKOLH‰XQJVNHUQ
$EE+DXSWDXIJDQJDP$EHQG
37
Umgang mit dem Bestand
Staatstheater Darmstadt
$EE6FKZDU]SODQQHXHUÄ.RSIEDX³URWPDUNLHUW
(LQJDJVEDXZHUN)R\HU*DGHUREH.OHLQHV+DXV
*UR‰HV+DXV%KQHQZHUNVWlWWHQ9HUZDOWXQJ
*HRUJ%FKQHU3ODW]3URMHNW1HXJHVWDOWXQJ3ODW]
7LHIJHUDJH3UREHEKQH)R\HU3UREHEKQH
.DQWLQH3I|UWQHUKDXV
38
$EE*UXQGULVV8*9RUKHU1DFKKHU
7KHPD6DQLHUXQJ(UWFKWLJXQJ8PEDX
Projekt: Staatstheater Darmstadt
%DXMDKU
$UFKLWHNW/HGHUHU5DJQDUVGyWWLU2HL
Ort: Darmstadt
=HLWUDXP6DQLHUXQJ±LQNO3ODQXQJ%DX]HLW
±
)OlFKHTP
.RVWHQFD0LR¼
'DV YRQ GHP $UFKLWHNWHQ 5ROI 3UDQJH DOV Ä'ULYH
,Q7KHDWHU³ NRQ]LSLHUWH 6WDDWVWKHDWHU ZXUGH HUULFKWHW QDFKGHP GDV HU|IIQHWH 7KHDWHU LP
=ZHLWHQ :HOWNULHJ ]HUVW|UW ZXUGH 6RZRKO
7KHDWHUDOVDXFK6FKDXVSLHOKDEHQHLQHODQJH7UDGLWLRQLQ'DUPVWDGWXQGODVVHQVLFKELVLQGDV-DKU
]XUFNYHUIROJHQ 'D LVW HV QLFKW YHUZXQGHUOLFKGDVVFD0LR¼IU6DQLHUXQJVXQG(UZHLWHUXQJVPD‰QDKPHQ GHV 9LHUVSDUWHQKDXVHV EHUHLW
JHVWHOOW ZXUGHQ 6lPWOLFKH 5HQRYLHUXQJV XQG 6DQLHUXQJVDUEHLWHQZDUHQXDDQGHUHPZHJHQKHXtiger Brandschutz- und Sicherheitsanforderungen
± GHU %HVWDQGVEDX ZHLVW HUKHEOLFKH WHFKQLVFKH
XQG EDXOLFKH 0lQJHO DXI ± QRWZHQGLJ JHZRUGHQ
$EHUDXFKGLH$XVVWDWWXQJXQG%KQHQWHFKQLNGHV
Vierspartenhauses genügten nicht mehr heutigen
$QVSUFKHQ 'LH YRP $UFKLWHNWXUEUR /HGHUHU5D
JQDUVGyWWLU2HL HUJULIIHQHQ 0D‰QDKPHQ EHVFKUlQNHQVLFKDEHUQLFKWQXUDXI6DQLHUXQJXQG0RGHUQLVLHUXQJVRQGHUQEH]LHKHQDXFKGDV8PIHOGHVLQGLH
3ODQXQJPLWHLQ6$EE
,PHUVWHQ$EVFKQLWWYRQZDQGWHPDQVLFK
GHU 5HQRYLHUXQJ XQG (UZHLWHUXQJ GHV 7KHDWHU ]X
,QGLHVHP=XJHQWVWDQGHQHLQQHXHUGHU6WDGW]XJHZHQGHWHUXQGJH|IIQHWHU(LQJDQJVEDXVRZLHGHU
VLFKLQGHU±DXVKHXWLJHU6LFKWEHUGLPHQVLRQLHUWH
± 7LHIJDUDJH EH¿QGOLFKH 7KHDWHUUDXP DOV (UVDW]VSLHOVWlWWH6$EE'LHVHUZXUGHYRQGHQ
$UFKLWHNWHQ DQVWHOOH HLQHV WHPSRUlUHQ 6FKDXVSLHO]HOWHVDXIGHP*HRUJ%FKQHU3ODW]YRUJHVFKODJHQ
XQG HUULFKWHW GDPLW GHU %HWULHE GHV 6WDDWVWKHDWHUV
ZlKUHQGGHU%DXDUEHLWHQIRUWJHVHW]WZHUGHQNRQQWH 'LH 1DFKKDOWLJNHLW GLHVHU PLWWOHUZHLOH SUHLVJHkrönten Idee zeigt sich heutzutage, denn nun dient
VHOELJHU DOV 3UREHEKQH VRZLH GHU 7KHDWHUZHUNVWDWW'HVZHLWHUHQHQWVWDQGHQLP)R\HUHLQHRIIHQH
.DVVHQ XQG 6HUYLFHVWDWLRQ VRZLH HLQH QHXHU *DUGHUREHQEHUHLFK ,P ]ZHLWHQ $EVFKQLWW ZHOFKHU LP
)UKMDKUDEJHVFKORVVHQVHLQVROOZLUGGLHGHP
6WDDWVWKHDWHU YRUJHODJHUWH XQG VLFK EHU GHU 7LHIJDUDJH±GLH]HLWJOHLFKVDQLHUWZHUGHQVROO±EH¿QGliche Georg-Büchner-Parkanlage neu gestaltet. Wie
VFKRQEHLGHU5HQRYLHUXQJGHV7KHDWHUVZHUGHQEHL
$OH[DQGHU+DXVWHLQ
$EE6WDDWVWKHDWHUQDFK6DQLHUXQJ
GHU6DQLHUXQJGHU7LHIJDUDJHGLHODXW2EHUEUJHUPHLVWHU :DOWHU +RIIPDQQ EHL GHU 5HGH DQOlVVOLFK
GHU :LHGHUHU|IIQXQJ ]X HLQHU Ä)ODQLHUPHLOH
GHU7KHDWHUNXQVW³ZHUGHQVROO/LFKWXQG)DUEHGLH
wichtigsten gestalterischen Mittel sein. Bereits heuWHYHUPLWWHOQGLH(LQEDXWHQYRQ3I|UWQHUORJHVRZLH
GHV(UVDW]WKHDWHUUDXPHVVDPW%DUXQG)R\HUHLQHQ
HUVWHQ (LQGUXFN DXI .RPPHQGHV *HQHUHOO VROO GLH
7LHIJDUDJHNRPIRUWDEOHUXQGVLFKHUHUJHVWDOWHWZHUGHQ ZHVKDOE X D QHXQ )OXFKWWUHSSHQKlXVHU YLHU
HOHNWURQLVFKH EHU GDV 3DUNDQJHERW LQIRUPLHUHQde Anzeigetafeln, eine neue Schrankenanlage und
GUHL.DVVHQDXWRPDWHQHLQJHEDXWZHUGHQ1HXHGLH
7LHIJDUDJHEHUVFKDXEDUHUJHVWDOWHQGH:lQGHVROOHQWUDQVSDUHQWXQGOLFKWGXUFKOlVVLJVHLQ
$EE*UR‰HU7KHDWHUVDDO
,P 9HUJOHLFK ]XP &DL[D)RUXP ZLUG KLHU ZHLWDXV
VHQVLEOHUPLWGHP%HVWDQGXPJHJDQJHQJOHLFK]HLWLJQHXH$N]HQWHJHVHW]WXQGHLQQHXHU$EVFKQLWWLP
/HEHQV]\NOXVGHV*HElXGHVHLQJHOlXWHW
)DVWDOOHHUJULIIHQHQ0D‰QDKPHQVLQGVFKOLFKW]Xrückhaltend und elegant. Futuristisch anmutend entSXSSWVLFKKLQJHJHQGHUQHXJHVWDOWHWH7KHDWHUVDDO
GHV *UR‰HQ +DXVHV GHVVHQ NRPSOHWWH %KQHQtechnik ersetzt worden und ein weiteres architektoQLVFKHV+LJKOLJKWLVW
$EE(UVDW]EKQHLQGHU7LHIJDUDJH
$EE/LFKWXQG$NNXVWLNVHJHOLP(*
$EE*UXQGULVV(*9RUKHU1DFKKHU
39
Umgang mit dem Bestand
Thema: Erweiterung, Lückenschließung
Projekt: Wohn- und Bürohaus
Architekt: Opus Architekten
Ort: Darmstadt
Bauzeit: 2006 - 2007
Wohn- und Bürogebäude
Das Wohn- und Bürogebäude in Darmstadt ist ein
gutes Beispiel für eine Lückenschließung. Besonders hervorzuheben ist die Integration des Neubaus
in den Bestand. Es wird eine klare Trennung von Alt
und Neu geschaffen. Wobei auch die Funktionen getrennt sind: Im Erweiterungsbau existiert Büro und
im Altbau bendet sich Wohnen (1).
Ausgangspunkt und Anlass des Rückbaus
Abb. 1: Perspektive Strassenansicht
Opus Architekten haben eine Baulücke geschlossen,
die zuvor von drei Garagen mit einer Auffahrt besetzt
war. Hier entstanden Büroräume in größtmöglicher
Klar- und Offenheit als zeitgemäße Arbeitsplätze.
Zur Straße und zum Garten zeigt sich dieser Neubau selbstbewusst seine durch eine gläserne Haut,
die in geschosshohe, stehende Elemente gegliedert
ist. Zur Straße verbirgt ein auf die Sockelbereiche
der Nachbarbauten bezogenes Geschoss vier Stellplätze und den Eingang - und verhindert somit allzu
direkte Einblicke auf Straßenniveau (2).
Maßnahmen und Umgang mit Bestand
Abb. 2: Grundriss Erdgeschoss
40
Die Architekten haben den linksseitig angrenzenden
Altbau zu zwei Maisonettewohnungen ausgebaut, in
eigener Sache und als eine Mieteinheit. Hier wurde
nicht versucht, Brücken zu schlagen, sondern die
Dinge wurden bei der Wurzel gepackt: Neu ist zeitgemäß, Alt ist Historie. Lediglich das neue Dachgeschoss setzt sich mit seinem durchlaufenden Glasband von der Altbaufassade ab und schafft somit
doch einen dezenten Hinweis auf die Zusammengehörigkeit der Häuser Nr. 14 und Nr. 18.(3) Das Glasband sitzt nicht unmittelbar auf dem Altbau, der vormals nur zwei Etagen hatte, sondern auf dem perfekt
ergänzten dritten Geschoss, das die Schlafräume
der Architekten und ihrer beiden Kinder aufnimmt.
Die Architekten haben sich hierfür eine Fortführung
des Bestandes entschlossen, damit sich der Altbauteil gegenüber dem Neubau noch behaupten kann.
Von hier gelangt man über die offene Treppe in den
Raum unter dem Dach, der sich mit seinem vollverglasten Nordgiebel zur großen Dachterrasse öffnet,
die sich über den gesamten Neubau erstreckt.
Stephan Hösemann
Auf der Westseite, die sich zum nur fünf Meter tiefen
Garten öffnet, zeigt sich der Neubau identisch wie
zur Straße, der Altbau hingegen in bereinigter“ Form
als klassische Lochfassade mit stehenden Fensterformaten. Auch hier liegt eine „Täuschung“ vor, denn
der Altbauteil ist gen Westen auch ein kompletter
Neubau. Durch die Erweiterung von zwei Metern
in der Tiefe schließt dieses Bauteil nun bündig an
den Bestand nach Süden an, so, wie der Neubau in
seiner Tiefe am nördlichen Nachbarn orientiert. Der
eine Meter Differenz in den Gebäudetiefen stellt den
einzigen Vorsprung in den Fassaden dieses „Doppelhauses“ dar und zeigt zum Garten die Nahtstelle
zwischen „Alt“ und Neu. Die Lückenschließung mit
den Büroächen enthält auch die Erschließung für
die beiden Wohnungen im Altbau, wo das entfernte
Bestandstreppenhaus der Wohnäche zugeschlagen wurde. Das schmale neue Treppenhaus ist ein
dramatischer Vertikalraum, der als energetische
Pufferzone fungiert, die - beheizbar - den Passivhausstandard des Neubaus ermöglicht. (4)
Abb. 3: Fassaden zur Straße - links der Altbau und rechts
die Lückenschließung
Abb. 4: Schnitt durch Bürogebäude
41
Umgang mit dem Bestand
Thema: Rückbau
Projekt: Dornbuschkirche
Architekten: Meixner, Schlüter, Wendt
Ort: Frankfurt
Dornbuschkirche in Frankfurt
Die Kirche stellt ein gutes Beispiel für den
Rückbau bestehender Bausubstanz dar. Dabei
wird insbesondere auf aktuelle Bedürfnisse der
Nutzer eingegangen. Es entstant ein neues,
multifunktionales Gemeindezentrum für den Ort.
Ausgangspunkt und Anlass des Rückbaus
Abb. 1: Perspektive Kirchenrelief mit Vorplatz
Die Dornbuschkirche in Frankfurt ist 1962 durch
den
evangelischen
Regionalverband
erbaut
worden. Das Gebäude der Dornbuschkirche wurde
an seinem jetzigen Standort 1962 für damals
12.000 Gemeindemitglieder errichtet - im Stil einer
modernen Hallenkirche mit Platz für 600 Menschen
Über die Jahre sind schwerwiegende bauliche
Mängel aufgetreten, die der Kirche zunehmend
zusetzen. Das Erscheinungsbild war unansehnlich
geworden und es zeichnete sich ein Rückgang
der Besucher ab. Städte und Gemeinde müssen
Kosten sparen und dabei die besondere Qualität
der Gebäude sichern. Daher gab es drei Wege:
Sanierung (teuer) oder Abriss und Errichtung eines
kleinen Andachtsraumes. (1)
Maßnahmen
Abb. 2: Grundriss der Kirche mit Relief (Rot) und
Rückbau (Blau)
42
Keine der beiden Lösungen war adäquat. Stattdessen
hat man sich für den Rückbau entschlossen, bei
Erhaltung der Gebäudehülle. Das Konzept von
Meixner Schlüter Wendt überzeugt durch die
Schlichtheit und den Minimalismus. Wenngleich
die skulpturale, wuchtige und konstruktiv bedingte
Wand. Diese Wand ist Ausdruck der Veränderung
und Transformation des Ortes. Sie ist Symbol für
den freigegebenen Raum. (2) Die alten Elemente
wurden auf die skulpturale Wand projiziert:
Eingangsfassade, der Altar, die Empore, die Kanzel,
das Taufbecken. Die resultierenden Volumina waren
Grundlage zur Verformung der Wand. Sowohl innen
als auch außen kann man die abstrakte Skulptur
sehen. Konstruktiv besteht die Wand aus einer
Mischkonstruktion in Stahlbeton und Mauerwerk,
die verputzt wurde und maximal 40cm stark ist. Die
Form korrespondiert mit dem Vorplatz, auf dessen
Grundäche die abgebrochenen Teile der Kirche
lesbar sind. (3) Somit entsteht eine besondere
Stephan Hösemann
Qualität zwischen Relief und Platz.
Nutzung
Der Besucher wird schon vor dem Eintreten in die
Kirche durch diese Zone der Transformation übergeleitet. Der neue Eingang wurde bewusst asymmetrisch arrangiert, um nicht zu pathetisch zu wirken.
Er soll eine Intervention am Gebäude darstellen. Der
neue Versammlungsraum bietet für 150 Mitglieder
Platz, kann aber bei Bedarf auf maximal 350 Plätze
erweitert werden. Altar, Taufbecken und andere Installationen sind verschiebbar und können variabel
angeordnet werden. (4)
Umgang mit dem Bestand
Der Entwurf nimmt in etwa die Dimensionen des
früheren Chores und Altarbereichs ein. Und liegt
in der Fluchtlinie des Gemeindezentrums. Die
aus farbigem Bleiglas bestehende Ostwand und
die Nordwand wie auch die Verbindungswand mit
dem Gemeindezentrum blieben unangetastet.
(5) Es wurden wenige, zurückhaltende Eingriffe
unternommen. Zum Beispiel die grünbraun
gestrichene Decke oder das Lamellenparkett aus
geräucherter Eiche. (6)
Abb. 3: Grundriss nach Rückbau mit Relief (Rot)
Abb. 4: Innenraumperspektive Buntglasfenster
Abb. 5: Außenraumperspektive, Zustand vor Rückbau
43
Umgang mit dem Bestand
Modernisierung, Umbau und Erweiterung
Wohnhaus Wohlfahrt
Konzeptgrafik1, Anordnung der Lichtstutzen
Thema:
Projekt:
Architekt:
Ort:
Nutzung:
Gebäudetyp:
Motivation:
Modernisierung
Wohnhaus Wohlfahrt
Meixner Schlüter Wendt
Oberursel
Wohnhaus
traditionelles Landhaus
Schaffung neuen Wohnraums
Auch beim Wohnhaus Wohlfahrt ist die Einordnung
in eine Kategorie schwierig. Im Zuge der Modernisierung des Hauses, das vom kleinen Ferienhaus zum
ständigen Wohnsitz wurde, wurde sowohl erweitert
als auch umgebaut. Ursprünglich sollte ein Neubau
an die Stelle des Ferienhauses gesetzt werden, die
Pläne für diesen waren sogar bereits erstellt. Doch
bei Begehung des Geländes erschlossen sich die
Qualitäten des bestehenden Gebäudes und die
Idee, diese zu bewahren, wuchs.
Das bestehende Gebäude war allerdings mit eineinhalb Zimmern nicht nur viel zu klein für die Familie, das Holzständerbauwerk aus den Dreißigerjahren war energietechnisch auch völlig veraltet.
Also musste eine neue Gebäudehülle her, aber die
Qualitäten des Bestands, wie die Aussicht von der
Terrasse, sollten bleiben.
Metamorphose
Konzeptgrafik 2, Kerngebäude und Lichtstutzen im Kontext zur neuen Gebäudehülle
Grundriss
44
Dem Landhaus wurde eine kubische Hülle über gestülpt, die in Dialog mit dem Bestand tritt.
Dieser Kubus hat drei massive Wände und eine
komplett verglaste Seite. Der Bestand im Inneren
des Kubus wurde beschnitten, wo es nötig und möglich war. Die Größe und Position der neuen Gebäudehülle war abhängig von den Grundstücksgrenzen,
es wurde so nah es erlaubt war an die Nachbarbargrundstücke heran gebaut. Dabei verläuft die neue
Gebäudehülle parallel zu den Grundstücksgrenzen
und ist leicht verdreht zum ursprünglichen Gebäude.
Dadurch entstehen zum Teil sehr kleine Abstände
zwischen alter und neuer Außenwand. Diese werden zum Teil für technische Installationen genutzt.
Die bestehende Struktur ist weitgehend erhalten,
wurde nur dort geöffnet, wo Licht und Raum benötigt
wurden. An diesen Stellen entstehen neue Räume,
Lichtstutzen genannt. Diese werden auf die Fassade
übertragen, sind als Fensteröffnungen sichtbar, so
dass viel Licht im Inneren gewährleistet ist.
Der Dachstuhl wird entfernt, das Flachdach der
kubischen Hülle schließt nun die vorher beengend
wirkenden Dachräume ab. Die Zimmer gewinnen an
Raum, Licht und Luft.
Zum Garten hin entsteht ebenfalls mehr Raum, durch
die Glasfassade und erdfarbenes Parkett, dass die
Solveig Zimmer
selbe Farbe wie die Terrasse hat, wird die Verbindung von Innenraum und Natur geschaffen.
Es werden kaum neue Räume geschaffen, sondern
die vorhandenen Räume werden vergrößert, aufgewertet. Lediglich das Wohnzimmer im Erdgeschoss
und ein Arbeitszimmer im Obergeschoss entstehen
neu.
„Durch diese Manipulationen und Transformationen
entstehen vielfältige und manchmal auch merkwürdig anmutende Innen-, Außen-, Zwischen- und Unräume; komplexe Räume wechseln sich mit scheinbar einfachen ab. Durch diese Paradoxien wird die
Realität verfremdet und das Landhaus einem urbanen Habitus anverwandelt.“
Gartenansicht
Material und Farben
Die Architekten haben ein Farbkonzept entwickelt,
in dem Bestand in creme, der Neubau weiß, Lichtstutzen lichtgrau und Nebenfunktionen in anthrazit
unterschieden werden.
Der Holzständerbauweise des Altbaus wurde ein
Stahlbetonskelett gegenübergestellt. Statische Anforderungen waren dabei hoch, da dieses Skelett
die Lasten des alten Gebäudes, das ja beschnitten
wurde, zum Teil mittragen muss.
Fazit
Das Haus wird nun den neuen energetischen Anforderungen gerecht, Räume wurden vergrößert und
dadurch besser nutzbar gemacht, so dass die Qualitäten des alten Hauses bestehen bleiben konnten.
Aber nicht nur die Qualitäten blieben bestehen, sondern auch die Mankos. Das Haus ist dank fehlender
Schallisolierung hellhörig, und dank der belassenen
Landhausfassade, die nun, mitsamt Fenstern, als
Raumtrenner dient, wird Privatsphäre wohl nur ein
Wunschtraum künftiger Teenager bleiben. Auch die
Darstellung nach Außen ist fragwürdig. Der grün
graue Kubus soll sich in die bewaldete Umgebung
integrieren. Dem Betrachter stellt sich dabei aber
die Frage, ob sich dieser auch in das bestehende
Wohngebiet integriert.
Innenansicht
45
Umgang mit dem Bestand
Ertüchtigung und Erweiterung
Typenschule Schulzendorf
Typenschule Schulzendorf vor dem Umbau
Konzeptgrafik
Typenschule Schulzendorf nach dem Umbau
46
Thema:
Projekt:
Architekt:
Ort:
Nutzung:
Gebäudetyp:
Motivation:
Ertüchtigung
Typenschule Schulzendorf
Zanderroth Architekten
Schulzendorf
Grundschule
Teilschule des Typs t12-9/3-2 Mp
Erweiterung und Sanierung
Die Maßnahmen am Schulgebäude im Berliner Vorort Schulzendorf lassen sich mit den Schlagworten
Ertüchtigung und Erweiterung am besten beschreiben. Der typische, unattraktive DDR-Plattenbau war
für die wachsende Schülerzahl zu klein geworden,
zudem war er energietechnisch veraltet und bot keinerlei Komfort wie etwa eine Pausenhalle. Mit einfachen Mitteln wurde das Gebäude erweitert und
den energietechnischen Anforderungen der Gegenwart angepasst. Eine kostengünstige Alternative zu
einem Neubau, der zu einer weiteren Zersiedlung
des Geländes, auf dem sich bereits ein Kindergarten, eine weitere Schule und eine Mehrzweckhalle
befinden, geführt hätte.
Metamorphose
Das bestehende Gebäude war H-förmig angelegt. In
beiden Riegeln lagen Klassenräume und vertikale
Erschließung, im Verbindungsflügel waren Sanitäre
Einrichtungen und Lehrerzimmer untergebracht. Die
Baumaßnahme beinhaltete eine Erweiterung des
Gebäudes um zwei weitere Riegel und die Ertüchtigung der Fassade.
Durch die Erweiterung veränderte sich sowohl die
äußere Erscheinung des Gebäudes als auch der Innenraum maßgeblich. Die neuen Riegel, die orthogonal vor die Enden der alten Riegel gesetzt wurden
und somit die vorher halboffenen Innenhöfe abschließen, machen nun das Gebäude zu einem geschlossenen Kubus. Der nun innen liegende Verbindungsflügel wurde auf die tragende Struktur reduziert und
dient nun lediglich der Erschließung. Die Innenhöfe
wurden überdacht und wurden zu Lichthöfen, die
Fassaden wurden zu diesen Lichthöfen geöffnet.
Dadurch entstand im Erdgeschoss eine große, helle
Pausenhalle und in den oberen Geschossen ein offener Raum, welcher der Erschließung dient, die um
die Lichthöfe angeordnet ist. Das Gebäude, das vorher nur das Nötigste beinhaltet hat, hat nun Platz für
zehn weitere Klassenzimmer, eine Aula und sogar
einen Raum für die Gemeindebibliothek.
Die Ertüchtigung der Fassade, die nötig war um
heutige Energiestandards zu erreichen und um dem
Gebäude ein einheitliches Äußeres zu geben, wurde
für eine völlige Neugestaltung des äußeren Erschei-
Solveig Zimmer
nungsbildes der Schule genutzt. Die Fensterbänder
wurden neu gegliedert, Erdgeschoss und Obergeschosse bekamen verschiedene Fassadenverkleidung. Zum Pausenhof tritt das Erdgeschoss etwas
zurück, um überdachten Außenraum zu bilden.
Zusammen mit den verschiedenen Materialien von
Erd- und Obergeschoss lässt dies die oberen Gebäudeteile wie einen aufgesetzten Kubus wirken.
Umgang mit dem Bestand
Der vorhandene Baukörper wird voll genutzt. Die
Riegel bleiben in ihrer Funktion voll bestehen, der
Verbindungsflügel wird auf die Funktion Erschließung reduziert. Der DDR-Bau ist nach Erweiterung
und Fassadenertüchtigung als solcher nicht mehr zu
erkennen.
Farbkonzept im Gebäudeinneren
Farbkonzept
Knall bunte Farben leiten Besucher, Schüler und
Lehrer durch die verschiedenen Etagen des Gebäudes, dabei ist jeder Etage eine andere Farbe zugewiesen.
Material
Bei der Ertüchtigung der Fassade wurde erstmalig
ein aus dem Gartenbau bekanntes Material verwendet: Weidenruten, geflochten auf ein Stahlgerüst gebracht. Diese wurden sonst nur für kleinere Flächen
wie Balkonbrüstungen und Gartenzäune verwendet.
Ob es sich langfristig als Fassadenverkleidung eignet ist noch nicht klar, aber in der Theorie ist die Fassade leicht zu pflegen und sowohl einzelne Stäbe
als auch ein größerer Teil der Fassade sollen leicht
auswechselbar sein.
Weidenfassade
Fazit
Durch die Erweiterung und Ertüchtigung der Schule wurde mit einfachen Mitteln aus einem verpönten
Bautyp ein ansprechender und interessanter Baukörper, sowohl innen als auch von außen. Ein gutes
Beispiel für den Umgang mit DDR Bestand.
47
48
Christian Müller
Larin Pchdari
Patricia Gajdzik
Temporäres Bauen
Architektur ist im Regelfall auf eine möglichst lange
Dauerhaftigkeit ausgelegt. Dieses Grundverständnis
hat bereits Vitruv mit seiner „Baukunst“ und den drei
Grundsätzen der Architektur - Nutzbarkeit, Festigkeit
und Schönheit- in dem Bewusstsein der Architektenwelt gefestigt.
Doch warum weichen wir von der als gemeingültig
anerkannten Lehre Vitruvs ab? Seit der Postmoderne wird Architektur in zunehmender Weise eben
nicht mehr als das Dauerhafte begriffen sondern als
etwas Temporäres, Zwischenzeitliches angesehen.
Der temporären Architektur, ebenso der temporären
Kunst ist der Aspekt des Vergänglichen gemeinsamungenutzte Gebäude oder Orte werden temporär
zwischengenutzt.
Dies hat zum einem mit der zunehmenden Beschleunigung der Gesellschaften einhergehend mit
der Globalisierung zu tun, in der Marken gesetzt
werden, um von dem Umfeld, den Bewohnern und
Besuchern überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Es ist des Architekten oder Künstlers Absicht,
eben in dieser sich schneller drehenden Welt, einen Bezugspunkt zu schaffen, der auch nach dem
Rückbau in den Köpfen der Menschen bleibt, was
aufgrund der inflationären Verwendung nicht immer
der Fall ist.
Temporäre Architektur kann als eigenständiges Gebäude oder Objekt konzipiert sein, aber ebenso auf
bestehende Gebäude angewandt werden, indem es
sie neu interpretiert, verfremdet oder verhüllt. Nach
der Demontage können vertraute, im Alltag der Menschen nicht mehr wahrgenommene Gebäude, eine
veränderte Würdigung erfahren, beispielsweise geschehen bei der Reichstagsverhüllung durch die
Künstler Christo und Jean Claude. Maximale Aufmerksamkeit lautet die Maxime beispielsweise auch
im Freizeitsektor mit seinen fliegenden Bauten.
In einer Zeit, in der nicht nur über Expansion sondern aufgrund fehlender Nutzung, Überangebot
und geringeren Finanzmitteln, offen über Rückbau
gesprochen wird, bietet die Temporäre Architek-
tur auch Chancen der Revitalisierung des Ortes.
Das Stadtgefüge wird nicht zerstört, sondern erhält
durch Temporäre Architektur und Zwischennutzung
neue Impulse. Während temporäre Gebäude eigens
errichtet werden, um den Ort mit einer Sache zu bespielen, findet Zwischennutzung in bereits vorhanden leerstehenden Gebäuden statt.
Dabei offenbart sich eine „Win- win“ Situation. Der
Eigentümer, erhält den Wert seiner Immobilie über
eingehende Betriebskosten aufrecht, der Zwischennutzer kann für einen Bruchteil der Miete über die
Nutzungsfläche verfügen. Im größeren Kontext können so ganze Ensembles oder Stadtteile langfristig
aufgewertet werden.
Ein weiterer Ableger Temporärer Bauten wird durch
Vernetzung der Welt sichtbar. Meldungen über Naturkatastrophen kommen direkt in unser Wohnzimmer. Es liegt nahe, schnell gebrauchsfähige Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Neben einfachen
Zelten, werden hierbei zunehmend auch aus in den
Industriegesellschaften verwendeten Gebrauchsmaterialien innovative Notunterkunftsshelter entwickelt.
Temporäre Bauten haben also nicht nur einen Eventcharakter, oder dienen Vitalisierungsmaßnahmen,
sondern können auch zur Linderung der Probleme
der Menschheit beitragen.
Temporäre Architektur kann anders ausgeführt werden als normale dauerhafte Gebäude, dies liegt an
den an sie anders gestellten Ansprüchen und Werten
dieser Architektur. Ebenso wenig muss sie in Konkurrenz treten mit gebauten historischen Gebäuden,
wie es Neubauten im nahen Umfeld wiederfährt.
49
Temporäres Bauen
Thema: Übergangslösung
Projekt: reisender Museumspavillon
Architekt: Atelier Kempe Thill, Rotterdam
Ort: ‚De Parade‘ Theaterfestival
Bauausführung: Sommer 2001
Maße: 15m/ 4m/ 6m (Länge/ Breite/ Höhe)
Charakter/ Funktion
Light Building
Der aus einem Wettbewerb des Bundes niederländischer Architekten (BNA) hervorgegangene Pavillon, wurde von den Architekten ‚Oliver Thill‘ und
‚André Kempe‘ umgesetzt und dient als reisendes
Ausstellungsgebäude.
Außenperspektive
01
02
Das Hauptbaumaterial des Pavillons ist eine speziell angefertigte Serie von Standard- Bierkästen aus
farblosen, transluzenten Kunststoff. Die Kästen offenbarten hervorragende Eigenschaften als Baumaterial: Sie sind stabil, leicht stapel bar und ermöglichten durch ihren günstigen Grundpreis von lediglich
55 €/ m³ erst die Umsetzung des Projekts.
Verglichen mit ihren im Handel erhältlichen Schwestermodellen verleiht ihre Transluzens dem Gebäude den Vorteil, dass alle Wände lichtdurchlässig sind
und aufwendige Fensteröffnungen somit verzichtet
werden kann.
Der Pavillon eignet sich durch Veränderung der
Lichtsituation im Inneren, je nach Stand der Sonne,
Wetterverhältnissen, oder der speziellen Lichtsituation des Ortes, zum Inszenieren der ausgestellten
Kunst. Vorbeiziehende Wolken und die unmittelbare
Umgebung erzeugen zudem dynamische Schattenspiele auf den Wänden, bei Sonnenuntergang färbt
sich die Wand feuerrot.
Somit sind die Kästen kein reines „objet trouvré“,
sondern geben dem Gebäude eine eigenständige
Identität- es wird selber zum Ausstellungsstück.
Errichtung
Das Gebäude kann von sechs Helfern innerhalb nur
eines Tages auf- und abgebaut werden und steht somit im Sinne eines Temporären Baus.
50
03
04
05
06
Dazu werden zuerst Systembodenpaneele ausgelegt und zur Stabilität im Boden verankert (01).
Zweiter Aufbaupunkt ist das Stapeln der Bierkästen.
Die Wände werden aus vormontierten Wandelementen von 3 x 6 Kästen zusammengefügt. Durch
die Grifflöcher geführte Gewindestäbe, befestigen
jeweils obere mit der unteren Kastenlage.
Für Installationen notwendige Elektronikkabel wer-
Christian Müller
den in den Wänden eingelassen (02).
Notwendige Stabilität erhält das Gebäude außerdem
über miteinander durch Gewindestäbe verspannte
Ringanker an Boden und Dach (03).
Der unterste Ringanker wird mit Bewehrungsstäben
im Boden verankert und die Scheibenwirkung des
aufliegenden Daches ausgenutzt (04). Nach Einsetzen der Türen (05), werden als letzter Schritt Sockelplatten vor dem Pavillon ausgelegt.
Nachhaltigkeit/ Fazit
Dieses temporäre Gebäude kann als nachhaltig betrachtet werden. Auf aufwendige Infrastruktur wie
Heizung oder Klimaanlage wird verzichtet, vielmehr
funktioniert der Pavillon als Kaltraum. Die fensterlose Konzeption erspart Kosten und ermöglicht einen schnelleren Aufbau.
Durch die Verwendung der Bierkästen als Hauptelement, und den zusätzlichen Baumaterialien Stahl
für die Türelemente, die Gewindestäbe und Ringanker, Metallpaneelen im Dachbereich, sowie Holz als
Bodenmaterial, ist das Gebäude nach endgültigem
Abbruch komplett recycelbar.
Außenansicht Seite
Innenansicht Lichtsituation
51
Temporäres Bauen
Cruise Terminal
Ansicht vom View Poin
Ansicht View Poin
Thema: Übergangslösung
Projekt: Temporäres Kreuzfahrtterminal
Architekt: Renner Hainke Wirth Architekten
Ort: Hafencity Hamburg, Großer Grasbrook
Bauausführung: 11/ 2003- 04/ 2004
Maße: 67m/ 23m/ 9m (Länge/ Breite/ Höhe)
Charakter
Im Zuge des zunehmenden globalen Wettbewerbs
der Metropolen im Tourismus- und Kulturbereich,
entschied der Hamburger Senat künftig auch auf
den Kreuzfahrboom zu setzen.
Bis zum Bau eines von ‚Massimiliano Fuksas‘ entworfenen Überseeterminals für anlegende Kreuzfahrtschiffe, in der noch wachsenden Hafencity,
sollte ein temporäres Gebäude dessen Aufgaben
erfüllen.
Das Baugebiet unmittelbar an der Elbe, nahe des
Kaispeichers A (spätere Elbphilharmonie), ist geprägt
durch freigeräumte Industriebrachen, mit Blickbeziehungen zum Wahrzeichen der Stadt, dem Hamburger ‚Michel‘, den Landungsbrücken sowie der
majestätischen Präsenz der gegenüberliegenden
Hafenanlagen. Hier entwarf und plante das von der
‚HafenCity Hamburg GmbH‘ beauftragte Hamburger
Architekturbüro ‚Renner Hainke Wirth Architekten‘
Anfang 2004 ein temporäres Kreuzfahrterminaldas Cruise Terminal, dessen Lebensdauer auf acht
Jahre veranschlagt wird. Zusammen mit dem als
Aussichtsturm konzipierten View Point, entstand
ein repräsentativer Empfangspunkt der Hafenstadt.
Gleichzeitig wurde eine städtebauliche, temporäre
Dominante in der noch ungegliederten, unbebauten
Fläche der späteren Hafencity gesetzt.
Als Leitideen in der Gestaltung des Terminals dienten
den Architekten die zwei bekanntesten Elemente
der Seefahrt. Der klassische Überseecontainer, als
„ewiger Kreuzfahrer“ der Weltmeere, und das helle
große Schiffssegel als Symbol für Luxus, Eleganz
und Sportlichkeit. Durch Kombination der etwas rauen, eine 67m mal 23m große Halle bildenden Containerbausteine, mit einem großzügigen, zur Stadtseite
auskragenden Dach, entstand die Corporate Identity
des Terminals.
Funktion
52
Innenraum
Das Cruise Terminal vereint einen vielfältigen Funktionsmix. Neben der allgemeinen Abfertigung von
in Hamburg anlegenden Kreuzfahrschiffen (Registrierung, Gepäckaufnahme und Zollkontrolle der
Reisenden), sind dies vor allen die Präsentation der
Christian Müller
Hafenstadt gegenüber den Neuankömmlingen, als
Entrée in die Innenstadt. Das Gebäude ist zudem für
verschiedene Veranstaltungsformate zu mieten (800
Personen Fassungsvermögen).
Von der einheimischen Bevölkerung und Besuchern
wurde das Ensemble aufgrund seiner Wasserlage
schnell als Ausflugsziel angenommen. Der View
Point ist im Gegensatz zum Cruise Terminal öffentlich zugänglich und dient als Aussichtturm, von dem
sich das Baugeschehen in der Hafencity, sowie das
geschäftige Treiben auf der Elbe beobachten lassen. Beim Einlaufen Prestigeträchtiger Schiffe, wie
der ‚Queen Mary 2‘ wird der Ort zum Sammlungspunkt tausender Schaulustiger.
Errichtung
Wie für temporäre Bauten üblich, und dem Hafenstandort angemessen, verwendeten die Architekten
als Grundbaustein der Halle gebrauchte Materialienbereits um die Welt gereiste ISO (Transport) Container. Beim Terminal kommen zwei der geläufigsten
Containertypen zum Einsatz: Der TEU (Twenty Feet
Equivalent Unit) und der FEU (Forty Feet Equivalent
Unit). Durch Aneinanderreihung und Stapelung in
drei Lagen definieren sie die vor äußeren Einflüssen
schützenden Raumkanten der Halle.
Der unkonventionelle Aufbau konnte durch Zugriff
auf die hafeneigene Logistik gewährleistet werden.
Nach der Ausbesserung und Ausstattung der Container mit Tür- und Fensteröffnungen, Verstärkung
der Containerecken, Verschweißen der Einbauten
in der Containerreparatur ‚Burchardkai‘, wurden die
gebrauchten Container mithilfe von ‚Reachstackern‘
(hafenüblichen Containerstaplern) aufgebaut. In den
Containerecken integrierte Twistlocksysteme verbinden die Container untereinander und sorgen für die
strukturelle Stabilität. Weiterer Vorteil der Containerbauweise ist die geringe Aufbauzeit von lediglich
acht Stunden. Die als Außenwand dienenden Container beherbergen in der unteren Containerlage
teilweise notwendige Räume, wie Lager- und Zollflächen, oder Sanitäranlagen. Eine in den Containern
ausgesparte Fassadenöffnung dient als „Fenster zur
Stadt“ und lässt Ein- und Ausblicke der Besucher
zu.
Ansicht View Point
Containerausbesserung
53
Temporäres Bauen
Das beidseitig auskragende, von ‚Werner Sobek
Ingenieure‘ geplante Dach, besteht aus mehreren
vorgefertigten Modulen, miteinander verbundenen
Holzraumfachwerksbindern. Bei Nacht wird die oberseitig aus Paneelen und unterseitig aus Doppelstegplatten geschlossene, gedämmte Dachkonstruktion
von innen beleuchtet und ist weithin sichtbar.
Nachhaltigkeit
Bauarbeiten
verwendete Containertypen
Die Nachhaltigkeit des Gebäudes wird garantiert
durch eine Low- Cost- Ausstattung. Zu dieser gehören lediglich sanitäre Anlagen, Beleuchtung und Versorgung mit Strom. Auf Vollisolierung wurde aufgrund
der nur zeitweisen Nutzung bei Anlegen der Kreuzfahrtschiffe ebenso verzichtet, wie auf eine Klimaanlage und Heizung. Bei Bedarf lässt sich die Halle
aber mit einfachen Baustellenheizungen beheizen.
Durch den Gebrauch der gebrauchten Container als
Hauptbauelemente, fallen kaum Herstellungskosten
der Baumaterialien an. Das Dach ist wegen seines
modularen, demontierbaren Holzfachwerks, sowie
der Verwendung wiederverwertbare Verkleidungen
aus Glas und Metallpaneelen ebenfalls nachhaltig.
Aufgrund kontinuierlich steigender Zahl angemeldeter Luxusliner (2005: 27, 2006: 56) bedurfte es
2006 dem Bau einer demontierbaren zweiten Terminalhalle, welche aber hinter dem Unikatcharakter
des Cruise Terminal zurücktritt. Mit Errichtung des
endgültigen Überseeterminals, werden das Terminal und die Erweiterungshalle rückgebaut. Der View
Point Tower soll an andere Stelle umgesiedelt werden.
Fazit
54
Queen Mary 2, Cruise Terminal
Das Zurückgreifen auf die gesamte hafeneigene
Infrastruktur- vom Werksarbeiter in der Containerausbesserung, dem vorhandenen Aufbaugerät, bis
hin zur Verwendung des Hauptmaterials- dem Seecontainern steht das Cruise Terminal im Sinne eines
nachhaltigen Gebäudes. Leider ist der hafenbegeisterten Bevölkerung das markante Gebäude unzugänglich so dass hier die Chance Nachhaltigkeit
im Bauen zu lehren und erleben, vertan wird.
Christian Müller
55
Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte
Zwischennutzungen
Strandbar am Spreeufer_Berlin
56
Tentstation der Campingplatz _Berlin
Projekt: die Torte
Architekt: osa
Ort: Schirn, Kunsthalle
Jahr: 2006
Globalisierung der Wirtschaft, demografischer und
struktureller Wandel sowie kurze Nutzungszyklen
spezialisierter Gebäude verursachen nicht nur Leerstände und Brachflächen, sie fordern auch Unsicherheiten über zukünftige Nutzungen heraus. Vor
diesem Hintergrund sind Zwischennutzungen ein
aktuelles Thema in der Stadtentwicklung. Insbesondere die Effekte auf die Stabilisierung oder Imagebildung von Standorten erhalten zunehmend Aufmerksamkeit. Um Schäden von brachliegenden Flächen
und leerstehenden Gebäuden durch Vandalismus zu
vermeiden werden diese mit einem geplanten Vorhaben zeitlich begrenzt genutzt. Es gibt zwei Arten
von Zwischennutzungen die zeitliche und räumliche
Zwischennutzung.
Zeitlich gesehen gibt es wiederum es zwei Arten
von Zwischennutzungen. Die kurzfristige Zwischennutzung bezieht sich in den meisten Fällen auf
Nutzungen wie Ausstellung und Trödelmärkte. Die
langfristige Zwischennutzung ist die Gestaltung von
Grünflächen.
Räumlich gesehen unterscheidet man Zwischennutzungen von leerstehenden Gebäuden bzw. Räumen
und von Zwischennutzungen von brachliegenden
Flächen unterschieden. Leerstehende Ladenflächen
bzw. Gebäude wie Fabrikhallen werden im Sinne des
Eigentums ,,vermietet“. Der ,,Mieter“ übernimmt nur
die entstehenden Betriebskosten für die genutzte
Fläche. Dadurch wird der Leerstand bewirtschaftet
und eine geplante Nutzung definiert. Für den Vermieter wird eine Beaufsichtigung des Eigenturms
ermöglicht und der Mieter kann sein Vorhaben durch
geringe Kosten realisieren. Die Zwischennutzung
von Brachflächen eines strukturschwachen Stadtquartieres wird umgestaltet und aufgewertet.
Gewerbe: Ladenprojekte, Märkte, Gründerzentren
Kunst und Kultur: Ausstellung und Installationen,
Theaterprojekte, Open Air Kino, Festivals, Zirkus
Freizeit: alternative Spielplätze, Übungsräume für
Bands, Werksstätten, Minigolf
Sport: Bolzplatz, Street ball, Beachvolleyball
Grünflächen: Stadtteilparks, Mietergärten
Wohnen: Obdachlosen Unterkünfte, Zeltplätze,
temporäre Wohnexperimente
Gastronomie: Biergarten, Cafés, Imbiss
Larin Pchdari
Im Folgenden werden zwei Projekte für Zwischennutzungen unterschiedlicher Zeitdauer vorgestellt.
Projekt_1: Geburtstagstorte Kunsthalle Schirn von
osa_office for subversive architecture
Die Arbeitsgemeinschaft osa beschäftigt sich mit
der experimentellen Gestaltung und Transformation
von Raum in seinen unterschiedlichen
Erscheinungsformen. Besonderes Interesse richtet
sich dabei auf Räume und Situationen, die durch
eine spezifische Unbestimmtheit ein Maximum an
Neuinterpretation möglich machen. Die Mitglieder
von osa leben und arbeiten an unterschiedlichen
Orten. Die Projekte werden in wechselnden Konstellationen im Internet konzeptionell vorbereitet, um
dann zu verabredeten Zeitpunkten an realen Orten
umgesetzt zu werden. Diese Art von Zusammenarbeit wird als Netzwerkarchitektur bezeichnet.
Im Auftrag der Kunsthalle Schirn erhielten osa_office for subversive architecture die Umgestaltung
der Fassade für ihr 20-jähriges Bestehens. Anlässlich dieses JUbiläums verwandelt das Gebäude, die
bauliche Hülle der Institution, für die Dauer eines
Tages zu ihren feierlichen Kerzen über die Silhouette der Stadt erhebt und gleichzeitig auf einem gedeckten Tisch vor dem Haus Platz nimmt. Die Szenerie, das Gesamtbild ähnelt einem Turm ähnlich,
ist nur für den Moment eines Tages aufgebaut. Die
kurzfristige Nutzung der Gebäudehülle wird als Ausstellung nach außen verlagert mit dem Hintergrund,
dass die Kunsthalle sich selbst als ein Ausstellungsobjekt präsentiert.
Durch einen minimalem Aufwand an Materialität,
Stahlgerüst und Gewebe, ist an der Kunsthalle
eine maximale Wirkung der Aufmerksamkeit erzielt worden. Die Fernwirkung der Verhüllung hat
den Reichstageffekt, das Gebäude wird selbst zum
Kunstwerk.
osa_Netzwerkarchitekten
osa_Netzwerkarchitekten
osa_Netzwerkarchitekten
57
Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte
Projekt: Palast der Republik
Architekt: raumlabor_berlin
Ort: Berlin, Mitte
Jahr: 2005
Projekt_2: Bergkristall Palast der Republik von
raumlabor_berlin
Palast der Republik_DDR_1977
Der Palast der Republik war ein Gebäude am
Schlossplatz auf der Spreeinsel im Ortsteil BerlinMitte von Berlin, das auf einem Teil des Geländes
des Berliner Stadtschlosses errichtet wurde. Er beherbergte die Volkskammer der DDR und wurde des
Weiteren als volksoffenes Kulturhaus genutzt.
Die stadtplanerische Entwicklung des Berliner
Schlossplatzes ist aufgrund der zentralen Lage des
Platzes und der geschichtlichen Bedeutung von
Schloss und Palast seit der Wiedervereinigung Gegenstand intensiver Diskussionen.
Im Frühjahr 2004 begann die sogenannte „Zwischennutzung“ des Palastes der Republik unter
der Bezeichnung Volkspalast. Zu den vielfältigen
Nutzungen gehörten Kunstausstellungen und Theateraufführungen, die im nur noch als Rohbau bestehenden Innenraum des Palastes mit Hilfe provisorischer Zuschauertribünen stattfanden.
Palast der Republik_2005
Seit dem Februar 2006 wird der Palast schrittweise abgerissen. Der Abriss ist seit Ende 2008 abgeschlossen.
raumlabor_berlin ist eine Gruppe für Architektur
und Städtebau, ein Wissens- und Ressourcenpool.
Neben Architekturaufgaben beschäftigen sie sich
auch mit Städtebau, Aktion, Landschaftsarchitektur,
Gestaltung des öffentlichen Raumes und künstlerischen Installationen.
Das raumlabor_berlin ist kein Architekturbüro, sondern eine Interessengemeinschaft, die gemeinsame
Ziele und Inhalte in der Architektur verfolgt. Demzufolge ist das raumlabor_berlin keine Firma, sondern
bildet projektbezogene Arbeitsgemeinschaften
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Palast der Republik_Innenraum mit dem Berg
Larin Pchdari
Drei Wochen im August hatte die Berliner AusgehSzene eine einmalige Attraktion: eine von jungen Architekten gestaltete Rauminstallationin der RückbauRuine des Palastes der Republik. „Der Berg“ war
das letzte Projekt einer Zwischennutzungsinitiative
von raumlabor_berlin, bevor der Palast der Republik
abgerissen wurde. Fast majestätisch erhebt er sich
im Palastinneren. Eingeklemmt zwischen dem
Fußboden und dem 30 Meter hohen Dach unterstreicht er die räumliche Größe, die faszinierende Monstrosität der Ruine. Blaue Lampen im Inneren des
künstlichen Massivs lassen den tausendkantigen
Berg aus 7000 Quadratmetern Plastikfolie und 80
Tonnen Stahlgerüst im Dunkeln strahlen. Der Berg
stellt einen hellen Kontrast zum rostigen Stahlskelett
der DDR-Ruine dar.
Palast der Republik_ der leuchtende Berg
Der Gasthof, ein Minihotel, wie aus dem Massiv herausgebrochen, steht vor der Tür. Das Minihotel
besteht aus einem Stahlgerüst, die Zimmer sind aus
weiß verputzem Sperrholz und die Fenster sind kleine Holzkisten, die mit Plastikfolie oder einem Mosquitonetz bespannt sind. Der Berg ist eine riesige
Rauminstallation, die begeh- und erfahrbar gemacht
worden ist. Gleichzeitig bildet er auch das Zentrum
in dem Gebäude. Mit Hilfe von drei Wegen wird der
Zusammenhang des Bergs mit dem Palast und die
Diskussion über den Umgang mit dem Gebäude vermittelt.
Palast der Republik_ Axonometrie Hotelzimmer
Der Palast der Republik ist für temporäre künstlerische Projekte wie der Berg von raumlabor_berlin
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Um
den Bereich der historischen Mitte bereits im Vorfeld
der zukünftigen Entwicklung zu beleben, werden die
hiervorhandenen Räume für den öffentlichen Gebrauch erlebbar und nutzbar gemacht.
Die Initiatoren wollen ein Zeichen setzten, was der
Palast der Republik für Berlin bedeutet, denn der
Palast ist ein Stück Berlin und soll vor dem bevorstehenden Abriss verschont bleiben.
Wiedereinmal ist hier durch einen minimalen Aufwand an Arbeit und Materialität eine maximale Wirkung der Aufmerksamkeit erreicht worden.
Palast der Republik_ Hotelzimmer mit Ausblick
59
Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte
Projekt: Temporäre Kunsthalle Berlin
Architekt: Adolf Krischanitz
Ort: Berlin
Jahr : 2008
Impuls
Projekt_1: Kunsthalle Berlin von Adolf Krischanitz
In den Jahren 2008 - 2010 zwischen dem Abriss
des Palastes der Republik und der Wiedererrichtung
des Stadtschlosses, soll die temporäre Kunsthalle
von Adolf Krischanitz ein Initial darstellen, das der
Kunstszene in Berlin zugute kommen soll. Desweiteren soll es auch ein Forum für die Diskussion einer
späteren, dauerhaften Kunsthalle an einem geeigneten Ort sein. Dabei wird zeitgenössische Kunst
von internationalen Künstlern, die in Berlin leben
und Künstlern, die einen Bezug zu Berlin in ihren
Werken herstellen, ausgestellt.
Kunsthalle Berlin
Hintergrund
Im Dezember 2005 fand die Ausstellung „36x27x10“
als letzte Kunstausstellung im ehemaligen Palast
der Republik statt. Dort verwies man zum einen auf
das Fehlen einer Kunsthalle für zeitgenössische
Kunst und zum anderen auf das ungeheure Potential, für welches Berlin als internationaler Standort für
zeitgenössische Kunst inzwischen weltweit bekannt
ist. Kurz nach dem Abriss setzten sich Coco Kühn
(Künstlerin) und Constanze Kleiner (Kulturmanagerin) für die Idee einer temporären Kunsthalle auf
dem Schlossplatz ein.
60
Beispiele für die Gestaltung der Außenfassade
Bürgermeister Klaus Wowereit sieht die Kunsthalle
als Sprungbrett für die Etablierung einer dauerhaften
Kunsthalle für die junge Berliner Kunstszene. Momentan zeigen nur der Hamburger Bahnhof und die
Neue Nationalgalerie internationale zeitgenössische
Kunst. Doch seitdem fast ausschließlich private
Sammlungen den Raum einnehmen, haben junge
Künstler kein öffentliches Forum mehr. Der junge
Nachwuchs wird nur in vielen kleinen Galerien präsentiert, deren Strahlkraft aber eher gering ist.
Patricia Gajdzik
Konzept
Zentrales Thema des Entwurfs war es eine relativ
einfache Architektur zu entwickeln, die sich zum einen leicht in kurzer Zeit auf- und abbauen lässt, weil
das Projekt nur für zwei Jahre angesetzt ist. Zum
anderen sollte die Architektur als Projektionsfläche
von Innen und Außen verstanden werden, auf der
sich künstlerische Entwürfe einer großen Öffentlichkeit stellen. Die Kunsthalle präsentiert sich frei von
architektonischen und städtebaulichen Kontexten.
Dadurch wird die Kunst in den Vordergrund gerückt
und nicht die Architektur.
Durch das Gestalten der Außenfassade mit wechselnden Künstlerprojekten wird bewusst auf die
Zeitgebundenheit und die Vergänglichkeit des Projektes verwiesen. Desweiteren erreicht man, dass
die Kunst eine enorme Strahlkraft in den Stadtraum
entwickelt.
Ausstellungraum
Ein Aspekt der temporären Architektur liegt darin,
dass sie es schafft für einen bestimmten Zeitraum
einen Ort in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu
rücken. Kosten und logistischer Aufwand sind im
Verhältnis hoch und erfordern zusätzliche Durchgänge im Planungsprozess. Doch gerade der besondere Wert des Temporären besteht darin dem Ort eine
neue Aussagekraft zu verleihen und die Leute dazu
zu bewegen eine Problematik aus einer anderen
Perspektive zu sehen.
In diesem Fall hat sich der Architekt die Aufmerksamkeit, die ein temporäres Projekt ausstrahlt zu Nutze
gemacht, indem er mit Hilfe einer 20m x56m x11m
großen „Box“ die Kunst in den Vordergrund gestellt
hat und die Architektur außen vorgelassen hat. Die
Schaffung dieses Forums für junge Künstler, wird als
Initialzündung für die Entstehung einer dauerhaften
Kunsthalle in Berlin gesehen. Mit Hilfe einfacher Mittel konnte dem Fehlen einer dauerhaften Kunsthalle
neue Bedeutung beigemessen werden.
„White Cube“ - Ausstellungsbereich
61
Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte
Experiment
Projekt: Japanischer Pavillon
Architekt: Shigeru Ban
Ort: Hannover Expo 2000
Jahr : 2000
Projekt_2: Japanischer Pavillon von Shigeru Ban
Unter dem Leitthema „Mensch-Natur-Technik.
Eine neue Welt entsteht.“ präsentieren sich auf der
Expo2000 mehr als 180 Staaten. Der japanische
Pavillon stellt eine Verbindung zwischen dem Leitthema und dem traditionellen Streben der Japaner
nach Harmonie mit der Natur und ihrer Vorliebe
für Papier, Holz und andere natürlich Materialien.
Shigeru Bans Einsatz von Recycling-Papier als
Baustoff war eine Premiere in der Geschichte der
Weltausstellungen. Durch die zeitliche Limitierung
konnten Baumaterialien eingesetzt werden, welche
für dauerhafte Architektur ungeeignet sind. Dadurch
erzielte Shigeru Ban neue Raumeindrücke. Mit der
Forschung für den Einsatz sparsamer Materialien,
insbesondere von Pappe und Bambus begann er
schon in den 80er Jahren.
Japanischer Pavillon
Montage Japanischer Pavillon
62
Ausstellungshalle
Material und Konstruktion
Das Konzept des Pavillons bestand darin, dass
das Material nach der Demontage recycelbar oder
wiederverwendbar sein sollte.
Die Gitterschalle der Haupthalle ist aus 440 verschnürten Pappröhren konstruiert, die aus Altpapier
bestehen und bis zu 40m lang und 12,5cm dick sind.
Die Giebelseiten bestehen aus seilverspannten Kartonwabengittern. Aufgrund des starken Kriechverhaltens des Papiers musste die Konstruktion durch
gebogene Holzleitern verstärkt werden. Als Gründungskonstruktion wurden die Leitern und die Papprollen mit Stahlrahmen verbunden, welche mit Sand
aufgefüllt wurden. Die Dachhaut besteht aus einer
fünf-schichtigen, brand- und wasserfesten Papiermembran, die speziell für dieses Projekt entwickelt
wurde. Um die Papiermembran komplett verwerten
zu können, wurde diese mit Glasfasern verstärkt
und mit Polyethylen beschichtet. Polyethylen ist ein
wachsartiger Kunststoff, der rückstandsfrei verbrennt
und CO2 und H2O als Verbrennungsprodukt hinterlässt. Aus Brandschutzgründen wurde aber letztendlich die Papiermembran noch mit einem üblichen
transparenten PVC-Gewebe überzogen. Dieses Gewebe kann aber nicht recycelt werden, weil es bei
der Verbrennung giftige Dämpfe freisetzt.
Patricia Gajdzik
Montage
Für die Herstellung des Pavillons musste ein spezielles Bauverfahren entwickelt werden. Besondere
Aufmerksamkeit galt den umfangreichen Gerüstbauarbeiten. Dabei handelt es sich um eine Kombination
aus einem Modulgerüst und stufenlos spindel baren
Aluminiumstützen. In mehreren Schritten wurden die
anfangs flach in einer Ebene liegenden Pappröhren
auf einer Arbeitsplattform miteinander verbunden. An
genau definierten Punkten wurden diese hydraulisch
angehoben, bis sie schließlich nach drei Wochen die
gewünschte Form erreicht haben.
Ein anderer Bereich der temporären Architektur, wo
Shigeru Bans entwickelte Pappröhren-Architektur
zum Einsatz kam, beschäftigt sich mit Notunterkünften.
Im Jahr 2000 nahm Shigeru Ban an der Biennale in
Venedig teil, wo er seine Pappe-Wohneinheiten ausstellte, die er infolge des Erdbebens in Kobe im Jahr
1995 geplant hatte, um das Problem der Obdachlosen auf einfache und wirtschaftliche Art zu lösen.
Ziel war es ein Gebäude zu entwickeln, welches
billig war, leicht von jedermann zu bauen und es
sollte jeglicher Witterung standhalten sowohl im
Sommer als auch im Winter. Die Gründung besteht
aus Bierkästen, die mit Sand gefüllt sind. Die Wände
bestehen aus Pappröhren mit einem Durchmesser
von 110cm und sind 4mm dick. Im Endeffekt liegen
die Baukosten für 16m² unter 2000 Dollar und die
Wohneinheiten können leicht demontiert und recycelt werden.
Bei den vorher erwähnten Beispielen wurde das Augenmerk auf die Forschung und das Experimentieren mit neuen Materialien gelegt. In beiden Fällen
waren die Ansprüche an das Projekt hoch und konnten im Falle des Japanischen Pavillons nur zum Teil
erfüllt werden aufgrund des zusätzlich montierten
PVC-Gewebes. Dagegen wurde das Ziel der Wiederverwendbarkeit bei den Paperloghouses erreicht.
Durch die gewonnenen Erkenntnisse wurde ein Bewusstsein für die Umwelt geweckt und eine Offenheit für die Verwendung neuer, alternativer Materialien ermöglicht.
Paperloghouses
Aufbau Paperloghouse
63
64
Carina Dähnert
David Malzahn
Marcus Bullan
Tanja Gödel
Lebensdauer und Nutzung:
Flexibilität
Architektur entsteht nicht willkürlich, sie ist quasi
Mittel zum Zweck und Reaktion auf ein Bedürfnis,
wobei diese Bedürfnisse und deren provozierte Reaktionen natürlich ganz unterschiedlicher Natur sein
können. Das Grundbedürfnis nach Sicherheit und
Geborgenheit, die Thematik des Wohnens spielt dabei eine grundlegende Rolle.
Was geschieht nun aber wenn dieses Bedürfnis als
Grundlage einer Reaktion sich ändert, wenn das Produkt existiert, die Nachfrage sich jedoch verschiebt,
wenn das Wohnen durch Strukturwandel der Bevölkerung anderen Ansprüchen gerecht werden muss.
Wie gehen wir mit der vierten Dimension im Leben
einer Architektur um, der Zeit?
Wie flexibel muss die Architektur sein?
Fest steht: Architektur bedeutet Verantwortung.
Architektur ist ein komplexes Gebilde aus ökonomischen ökologischen gestalterischen und sozialkulturellen Bausteinen und deren Verzahnungen.
Architektur, wenn Sie nicht zu Ende gedacht ist,
kann schnell zur Altlast werden.
Unsere ausgewählten Beispiele zeigen Möglichkeiten auf wie Wohngebäude und Zeit miteinander
umgehen, die Ansätze gehen dabei auf völlig unterschiedliche Schwerpunkte ein.
Die Projekte wurden von uns mit Thematiken betitelt um den Grundgedanken schneller erfassen zu
können.
Projektübersicht:
Modulsystem
ONV bolig typehuse - ONV architects
Wachsende Räume
Sozialer Wohnungsbau in Iqique (Chile) - Alejandro
Aravena
Freie Enteilbarkeit
Wohnanlage Mitterweg, Innsbruck (Tirol) - Baumschlager & Eberle
Studentenwohnheim, Ørestad – Kopenhagen (DK) Lundgaard & Tranberg, Kopenhagen
Frei-Raum
Atelierhaus New Loft, Köln-Ehrenfeld - Brandlhuber
& Kniess+Partner (b&k+)
Nutzungsspontanität
Wohnhaus Grieshofgasse, Wien - Helmut Wimmer
Architekten
Raumaneignung
Donnybrook Quarter Housing, London - Peter Barber Architects
Gestapelte Kleingartensiedlung, Wien - Helmut
Wimmer Architekten
65
Flexibilität
Projekt: Fertighaus aus Dänemark 2004
Architekt: ONV architects Dänemark
Bauleitung: HP Group
Kosten: 84.000 € - 190.400 € (je nach Typ)
Modulsystem
Das minimalistische Wohnhaus ist in sechs Grundvarianten erhältlich, die individuell gestaltet und
um zusätzliche Abschnitte erweitert werden kann.
2
Die vergleichsweisen niedrigen Kosten (1.400€/m )
werden durch einen hohen Grad an Vorfertigung
erreicht. Die kleinste Variante wird komplett in der
Fabrik erstellt und mit einem Lkw angeliefert, die
Größeren sind aus zwei bis vier Teilen zusammengesetzt. Vor Ort werden die Module auf Streifenfundamenten gelagert. Die Holzständerwände des Baukörpers sind außen mit sibirischer Lärche und innen
mit Gipsfaserplatten verkleidet. Die Böden sind mit
edlen Eschen - oder Natursteinbelag ausgestattet.
Konstruktion
Die Grundvariante des Hauses ( Typ A) besteht aus
2
2 Modulen und ist 86 m groß (10,10m x 8,40m). Der
Grundriss basiert auf einer großen Raumeinheit mit
Wohn - und Essbereich, dazu kommt ein Bad und
zwei Zimmer. Die Erschließungsflächen sind auf das
Nötigste minimiert und erlaubt eine unkomplizierte
Erweiterung. Das Modulkonzept macht es möglich
2
2
den Wohnraum bis auf 138 m (inkl. 20 m Terrasse)
zu vergrößern.
Typ A
Typ B
Typ C
Erweiterungsschemata
Grundriss Typ B
66
Schnitt
Typ B
Typ C
Tanja Göbel
67
Flexiblität
Projekt: Sozialer Wohnungsbau (93 Häuser)
Ort: Iquique (Chile)
Architekt: Alejandro Aravena
Bauherr: Regionalregierung in Tarapaca,
2
Grundstücksfläche: 5.700 m
2
Kosten: 196 € pro m / brutto Wohnfläche
Bauzeit: 1/2004 - 12/2004
Aneignung des Raumes
Sozialer Wohnungsbau
in Iquique (Chile)
Vor mehr als 30 Jahren hatten ca. 100 Familien illegal einen 1/2 ha Land i der Nähe des Stadtzentrums
von Iquique besetzt. Inzwischen sind die dort herrschenden Zustände nicht mehr tragbar. Die Aufgabe
bestand nun darin, diese 100 Familien auf gleicher
Fläche neu unterzubringen. Den Architekten standen jedoch nur 700.000 € zur Verfügung und die Tatsache, dass eine gewöhnliche Herangehensweise
bei diesem Projekt nicht möglich war. Vielmehr ging
es um innovative Ideen im Bereich der Grundrissgestaltung.
Konzept
Die zu entwickelnde Grundstruktur soll offen für zukünftige Erweiterungen sein. Das Potential zur Aneignung des Raumes, sieht der Architekt als nicht zu
unterschätzende Qualität.
Die Ausgangssituation ist für alle Bewohner ist
gleich. Auf jeder Parzelle befinden sich jeweils zwei
2
Wohneinheiten mit je 36m . Sowohl ebenerdig, als
auch im Obergeschoss gibt es die Möglichkeit zur
Erweiterung. Die Bewohner können so ihre nutzbare
Wohnfläche verdoppeln.
Abb.6:
Wohnung horizontal
68
Erweiterungsschemata
Wohnung vertikal
Schnitt horizontal ( EG, OG, 1.OG)
Schnitt vertikal
Tanja Göbel
Konstruktion
Als Voraussetzung für eine spätere Erweiterung, mit
den einfachsten technischen Mitteln, muss es eine
stabile Grundstruktur geben. Die Häuser wurden in
Schottenbauweise konstruiert. Der massive Rohbau
besteht aus allen wichtigen Elementen, die es benötigt, dass eine Familie darin leben kann: Küche,
Bad, Wohnraum. Auch ohne Erweiterung, ist das
Haus bewohnbar.
Die Strategie der Architekten war es, den Bewohnern die Möglichkeit zur Aneignung zu geben. Aber
immer mit dem Hintergedanken, dass alles auf einer
soliden Grundstruktur basiert: geregeltes Wachstum. Wenn dies nicht geschehen würden, wäre es
nur eine Frage der Zeit, bis wieder ähnlich schlechte
Lebensverhältnisse vorherrschen würde, wie vor der
Neustrukturierung.
tragende Konstruktion horizontal
tragende Konstruktion vertikal
Aneignung des Raumes
69
Flexibilität: Bauen mit festgelegter Nutzung
Freie Einteilbarkeit
Wohnanlage Mitterweg
Projekt:
Architekt:
Bauherr:
Ort: Bauzeit:
Wohnanlage Mitterweg
Baumschlager & Eberle, Vorarlberg
Neue Heimat Tirol - Gemeinnützige
Wohnungs- und Siedlungs GmbH
Mitterweg 157 / 159
6020 Innsbruck, Österreich
1996 - 1997
Die Wohnanlage Mitterweg wurde am Stadtrand von
Innsbruck in unmittelbarer Nähe zum Flughafen errichtet. Die Hauptaufgabe der Architekten bestand
darin, einen energiesparenden, kostengünstigen mit
hohen Wohnungstandards und Gestaltungsqualitäten versehenen Sozialen Wohnungsbau zu entwickeln, der zwischen dem Naturraum am Inn, den Einfamilienhäusern und den verdichteten Wohnbauten
der 60/70er Jahre in der Umgebung vermittelt.
Fassadenschichtung und ellyptische Raumkonfiguration
Die Architekten entwickelten zwei äußerst kompakte
fast kubische Baukörper mit zentraler Erschließung
und insgesamt 60 Wohneinheiten auf drei bzw. fünf
Geschossen. Charakteristisch für die Wohnanlage
ist die tragende Fassade, die von einer vorgesetzten äußeren Fassadenschicht aus Eichenholzrost
mit streng geometrische Öffnungen, verdeckt wird.
Im Inneren des Baukörpers ist die Tragstruktur aufgelöst in Stützen, die sich um den inneren Erschließungskern anordnen. Der komplette Innenausbau
wurde mit Leichtbaukonstruktionen ausgeführt, was
ein hohes Maß an Flexibilität in der individuellen
Grundrissgestaltung zulässt.
Wohnanlage Mitterweg, Südansicht
70
Wohnanlage Mitterweg, Südansicht
Pro Geschoss werden 8 Wohneinheiten durch das
zentrale Treppenhaus erschlossen. Diese Kernzone
wird von oben belichtet und ist mit einer elliptisch
gewendelten Treppe ausgestattet, die diesen halböffentlichen Bereich als einen gemeinschaflichen
Raum interpretiert. Hingegen stellen die kleinen vorgelagerten Nischen, in denen jeweils zwei Zugänge der Wohnungen liegen, eine mehr auf Privatheit
ausgerichtete Zone dar. Eine besondere Qualität
bilden die Wände, die leicht konvex zu den vier
Nischen schwingen. An diesen zentralen Erschließungskern lagern sich in den einzelnen Wohnungen
feste Bestandteile wie Erschließungsstränge, Bäder,
Küchen und Nebengelasse an. Alle flexiblen und frei
einteilbaren Individualräume sind an die Hauptfassadenschicht angegliedert, vor der sich die umlaufenden Balkone der Wohnungen befinden, die durch
die vorgelagerte Fassadenschicht aus Eichenholz-
Carina Dähnert
Fassade
Fassadenausschnitt
Erschließungskern
rost verdeckt werden. Die Holzhaut nimmt durch
ihre haptische Qualität sehr wirksam etwas von der
Härte der Baukörper und gewährt den Bewohnern
mehr Privatheit. Gleichzeitig werden auch alle individuellen Nutzungen der umlaufenden Balkone
und die Tragstruktur der Gebäude versteckt, damit
die strenge Geometrie der Baukörper keine deutlich
sichtbaren Störungen aufweist.
Südostansicht - Wohnanlage Mitterweg
Grundriss Regelgeschoss
Schnitt - Wohnanlage Mitterweg
71
Flexibilität: Bauen mit festgelegter Nutzung
Freie Einteilbarkeit
Studentenwohnheim Kopenhagen
Konzeptschwerpunkte:
_ klare Form
_ funktionale Organisation
_ ungewöhnliches Konstruktionsprinzip
_ expressive Gestaltungsvariationen
Projekt:
Architekt:
Bauherr:
Ort: Bauzeit:
Kapazität:
Studentenwohnheim
Lundgaard & Tranberg, Kopenhagen
The Tietgenkollegiet Foundation,
Rued Langgaards Vej 10 - 18
DK - Orestad, Kopenhagen
2003 - 2006
380 Studenten
Das Tietgen-Studentenwohnheim wurde südlich
der Kopenhagener Innenstadt, in direkter Nähe zur
Universität und in einem erst kürzlich entstanden
Stadtteil gebaut. Der Baukörper steht mit seiner zylindrischen Form im Kontrast zur strengen Baustruktur des Stadtteils. Der Entwurf ging als Sieger aus
einem Wetbwerb hervor und wurde trotz des Konfliktes mit dem zum damaligen Zeitpunkt gültigen
Bebauungsplan umgesetzt.
Die Aufgabe der Architekten war es, ein zukunftsweisendes Studentenwohnheim mit der Thematisierung
des Wechselspiels von Gemeinschaftlichkeit und Individualität zu entwicklen.
Monumentalität für Individualisten
Studentenwohnheim Kopenhagen
Anordnung der Wohngruppen (Module)
72
Die runde Gebäudeform ist eine Neuinterpretation
eines traditionellen, chinesischen Gebäudetyps, der
Gemeinschaftlichkeit und Individualität gleichermaßen integriert. Die Monumentalität der Grundform
überspielen variierende Fassaden, in denen die
unterschiedlichen Tiefen der Wohnräume ablesbar
sind. Sie verleichen dem Gebäude einen skulpturalen und kristalinen Ausdruck.
Die innere Organisation ist durch die Grundform
gegeben. An der Außenseite sind die individuellen
Räume und um den zentralen Hof herum, die Gemeinschaftsräume angeordnet. Es gibt drei verschiedene Grundtypen der Zimmer, die unterschiedlich zusammengeschaltet mehr als 30 verschiedene
Wohnungstypen (Module) ergeben, die sich radial
vom Innenhof aufspannen.
Die Rundkonstruktion, aus einer Kombination von
Ortbeton, Betonfertigteilelementen und vorgespannten Seilen, schließt 45 zweistöckige, zum
zentralen, grünen Innenhof auskragende Betonboxen in drei verschiedenen Größen ein, in denen
die Gemeinschaftsräume der Wohngruppen untergebracht sind. Das Erdgeschoss, das ausreichend
Platz für Gemeinschaftseinrichtungen wie Werkstätten, Computerräume, Waschmaschinen und Fahrradabstellräume bietet, ist sehr „offen“ gehalten.
Massive dreibeinige Rahmen aus Ortbeton stützen
die oberen sechs Etagen. Es führen fünf Passagen
in den zentralen Innenhof und den vertikalen Er-
Carina Dähnert
Schnitt
schließungstrakten, die das 7-geschossige Gebäude
in fünf Segmente teilen. Die oberen sechs Etagen,
in denen die Tragstruktur aus Betonfertigelementen
besteht, werden ausschließlich als Wohnmodule
genutzt, in den sich die Flure, Gemeinschafträume
und die großen Balkone zum Innenhof orientieren.
Die maximal 12, nach außen zur Umgebung orientierten Zimmer, lassen sich unterschiedlich zusammenschalten und ermöglichen einen hohen Grad an
Flexibilität.
Um die Tragsicherheit des Baukörpers zu gewähren
und zu verhindern, dass das Gebäude aufgrund von
Hebelkräften ins Kreisinnere kippt, wurden hochfeste Stahlseile vertikal und horizonzal verspannt.
Die Konstruktion ist überall im Gebäude sichtbar
und Details, Material und Farben wurden sorgfältig aufeinander abgestimmt. So wirken die Räume
hochwertig-solide, klar und einfach.
Aufbauphasen - Teilsegmente
Aussenfassade
Innenfassade
Grundriss - Erdgeschoss mit Gemeinschafträumen
Grundriss - Wohngruppe (Modul)
73
Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität
Architekt: Ort: Bauherr: Statik: Nutung: Bauzeit:
Nutzfläche: Kosten:
Wohn.-und Atelierhaus
Am Kölner Brett
Frei-Raum
Brandlhuber & Kniess + Partner (b&k+)
Am Kölner Brett 2; 50852 Köln
Ortner,Schultze,Mertens GbR
Führer Kosch Stein
Büro, Agentur, Labor,Atelier, Wohnen
1997-2000
1680 qm (140qm/Raummodul)
950€/qm
Ort im Wandel
Der Stadtteil Ehrenfeld, westlich der Kölner Innenstadt, stellt sich uns als ein sehr heterogenes Gebiet
vor. Es dominiert der Wechsel von ehem. Industrieanlagen, welche zu Lofts umgebaut wurden und
Wohnbebauung. Ehrenfeld ist geprägt durch eine
Durchmischung von Arbeiten und Wohnen, einer
lebendigen Kulturszene und der Ansiedelung einer
Vielzahl von Künstlern und Grafikern. Das Projekt
stellt eine Reaktion auf den vorliegenden Mangel an
Industrieeinheiten oder Altbausubstanz dar.
Entsprechend des Bedarfs wurde ein Gebäude konzipiert, das Nutzungen aufnimmt, die üblicherweise
nur durch Umnutzung bestehender Industrie- und
Gewerbeeinheiten in sogenannte „Lofts“ entstehen.
Entstanden sind 12 Einheiten, z.T. 2-geschossig
Modularer Baukasten
Den Grundbaustein setzt ein Raummodul (Stammzelle), welches durch Spiegeln, Drehen und dem
Zusammenfügen, eine Matrix aus 12 räumlich identischen Modulen bildet.
Das Raummodul besteht aus einer Kombination
eines breiten, waagerecht liegenden eingeschossigen und einem schmalen, senkrecht stehenden
zweigeschossigen Element ( L-förmig)
Konstruktion
Installationschacht
74
Der Schottenbau wurde in Ortbeton-Massivbauweise aus tragenden Wandscheiben und Spannbetonfertigteildecken erstellt.
Die Grundfläche eines Moduls ist zu einem Drittel
zweigeschossig (optional zweite Ebene), zu zwei
Dritteln eingeschossig.
Im eingeschossigen Teil ist das Einstellen der Sanitäreinheit angedacht, die Leitungen hierfür liegen
in den einzelnen Modulen an uns befinden sich in
einer Ebene. Sie können im Raum frei verlegt werden. Um individuelle Ansprüche zu realisieren gibt
es eine Fülle von Optionen, die auch in Eigenregie
der Nutzer verwirklicht werden können.
Marcus Bullan
Erschließung
Das Gebäude wird durch eine abgelöste, untemperierte monolitische Balkon- und Treppenanlage
erschlossen. Diese Laubengang-Erschließung ist
als Stahl-Beton-Verbund gefertigt, dient sowohl als
Erschließungssystem als auch mit eingelassenen
Pflanzbeeten dem Aufenthalt im Freien. (halböffentlicher Bereich)Auf den Dachterrassen und Balkonen
enstanden durch gezielte Bepflanzung mit Gräsern,
Schilf und Bambus neue grüne Freiräume.
Fassade
Die Fassade präsentiert sich uns teilweise fest verglast, teilweise mit Lüftungsflügeln versehen. Sie
wird durch Fassadenelemente aus Skobalit in drei
unterschiedlichen Grundformen strukturiert, die
ebenfalls neu kombiniert, gespiegelt und variantenreich zusammengesetzt werden.
Die Kombination aus Struktur, Raunkhöhe, Erschließung und Leitungsführung ermöglicht, den räumlichen Fluss des Entwurfes und seine Flexibilität in
den Schaltmöglichkeiten nicht zu stören.
75
Lebensdauert und Nutzung: Flexibilität
Architekt: Helmut Wimmer Architekten, Wien
Ortt: Grieshofgasse, Wien
Bauträger: Stadt Wien
Nutzung: Wohnen
Bauzeit: 1993-1996
Wohnhaus Grieshofgasse, Wien
Nutzungsspontanität
„das Ende der vier Wände“ H. Wimmer
Konzept
und Ziel dieser Architektur ist die Schaffung von
höchster Flexibilität innerhalb der Wohneinheiten.
Die Umsetzung findet sich in der Konzeption eines
Gesamtraumes. Das Auflösen der Wände und deren
Ersatz durch Schiebewandelemente lassen Räume
entstehen und wieder verschwinden. Auf diesem
Weg lassen sich nutzungsneutrale Bereiche und inszenierte Raumsituationen schaffen.
Ergebnis
der Überlegungen stellen vier gleichwertige Räume
dar, die um eine Verteilerzone gruppiert sind und
den Versorgungsbereich festlegen. Die einzelnen
Räume haben eine Größe von ca. 16 qm.
Das Wesen dieser Architektur besteht nicht aus
einer formalen Ausbildung der einzelnen Räume
selbst, sondern es entsteht durch die Art und Weise ihrer räumlichen Überlagerung, ihrer Darstellung
nach außen und ihrer jeweiligen spontanen (Be-)
Nutzung. Die Nutzung kann sich ständig verändern,
das Gebäude jedoch immer den aktuellen Zustand
wiederspiegeln.
Erschließung
Das Wohngebäude ist als Zweispänner konzipiert,
zwei Wohnungen je Etage werden über ein gemeinsames Treppenhaus erschlossen welches zwischen
den Wohneinheiten liegt. Der Fahrstuhl als Element
der Barrierefreiheit erweitert die zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten der Architektur.
76
Grundriss
Marcus Bullan
Nutzungsszenarien
Aussenhaut
Die Außenhaut selbst besteht wiederum aus einem
Denken in Schichten. Sie setzt sich zusammen aus
einer zweischaligen Glashaut: außen eine Einfachverglasung, innen eine Isolierverglasung und dazwischen die dem Benutzer zur Verfügung gestellten
opaken Schiebetafeln. Ein Flexibilitätsraum der Bewohner.
„Wir denken über die Fassade: Die Hülle muss sich
anpassen, sich im Gleichklang mit dem Körpergefühl befinden, muss einmal leicht, lichtdurchlässig,
offen - extrovertiert, das andere Mal geschlossen,
geborgen, sicher - introvertiert sein. Die Hülle soll
flexibel sein und nicht wie ein Korsett umschließen.
Wir haben uns nicht mehr nur darauf beschränkt,
durch das Öffnen oder Schließen der Schiebewandkonstruktionen im Rahmen eines kontinuierlichen
Gesamtraumes einzelne Situationen zu ermöglichen. Hier haben wir auch die Raumaußenwand in
die Rauminszenierung mit einbezogen.
Es obligt dem Bewohner, sich von dem nach außen
hin komplett offenen - extrovertierten Raum bis hin
zum komplett abgeschlossenen - dem introvertierten
Raum alle nur erdenklichen Konstellationen selbst
zu wählen.“
77
Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität
Thema: Raumaneignung
Projekt: Gestapelte Kleingartenanlage
Architekt: Helmut Wimmer
Ort: Wien
Bauzeit: 2 Jahre
Wohneinheiten: 140
Raumaneignung
Gestapelte Kleingartensiedlung
„Wir nutzen die Terrassen und Vorzonen als geschützten Sitzplatz im Freien...“
Neue Wohnformen – Die Interpretation einer Kleingartesiedlung.
Ausführender Architekt ist Helmut Wimmer, er wurde 1947 in Wien geboren und arbeitet seit 1981 als
selbstständiger Architekt in Wien.
Wimmer war bereits an einigen konzeptionell spannenden Beiträgen zum Wohnungsbau in Wien beteiligt. Er entwickelte beispielsweise ein gestapeltes
Einfamilienhaus. Mit seinem Entwurf der gestapelten
Kleingartensiedlung geht Wimmer im Geschosswohnungsbau neue Wege. Der für die innerstädtische
Lage angebotene Freiraum, ist sehr außergewöhnlich und setzt neue Maßstäbe für zukünftige Projekte.
Das Gebäude
Abb.1
Das Gebäude ist ein 5 geschossiger Zeilenbau, der
über Laubengänge erschlossen wird. 140 Wohneinheiten sind vorgesehen. Konzeptionell ist die Wohnhausanlage als Mehrgenerationenhaus konzipiert.
Die Querbelüfteten Appartements variieren von
28m² bis 113m².
Auf Barrierefreiheit wurde großen Wert gelegt, alle
Wohnungen sind auch mit dem Rollstuhl über ausreichende Lifts zu erreichen.
Die Gesamtkosten betrugen etwa 26 Millionen
Euro.
Das Grundstück liegt im süd-westlichen Randgebiet
der Stadt Wien. In der direkten Umgebung dominiert
kleinmaßstäbliche Bebauung. Im nördlichen Bereich
des Grundstückes befindet sich bereits eine Kleingartenanlage.
Das Grundstück liegt an zwei Erschließungsstraßen
sowie einer stark befahrenen Hauptstraße, an der es
laut Bebauungsplan nicht gestattet ist, Hauptfenster
zur Straße zu orientieren.
Fünf zeilenförmige Baukörper stehen senkrecht zur
Straße und sind in Süd-Ost bzw. Nord-West Richtung orientiert.
78
Abb.2
David Malzahn
Die Idylle einer Kleingartensiedlung
Wimmers Entwurfsprämisse war es, an der stark
befahrenen Breitfurter Straße die Idylle einer Kleingartensiedlung neu zu interpretieren. Dabei soll die
Stadtseite, also die Seite zur Hauptstraße, ein der
Stadtöffentlichkeit respektvoll entgegentretendes
Erscheinungsbild erhalten, gleichzeitig muss der
nötige Schallschutz gewährleistet werden, ohne
aber eine abweisende Haltung einzunehmen, so
Wimmer.
Zudem soll eine vielschichtige Gebäudestruktur mit
komplexen räumlichen Beziehungen erlebbar gemacht werden. Nach Wimmer also eine gebaute Interpretation der angrenzenden Kleingartenanlage.
Abb.3 Die Fassade vereint Schallschutz und Haupterschließung.
Wimmers Entwurf äußert sich in 5 zeilenförmig angeordneten Baukörpern, die senkrecht zur Straße
liegen. Den Abschluss zur dicht befahrenen Straße
bildet eine Spange aus Verbindungsgängen, Stiegen und Aufzügen.
In dieser Spange befindet sich die Haupterschließung der Wohnanlage. In allen Geschossen führen
Laubengangstege in die Tiefe der Gebäudezeilen.
Die 120m lange Lärmschutzfassade besteht aus
Glas und erstreckt sich über alle 5 Geschosse. Sie
dient als Schallschutzschirm und ist mit einem roten
Wald-Motiv bedruckt.
Dies ermöglicht einerseits Einsicht in die dahinter
liegenden Erschließungswege, andrerseits soll sie
mit ihrer Farbenpracht als individuelles Aushängeschild der Wohnanlage dienen, so Wimmer.
Abb. 4 Erschließungskonzept.
Im Inneren der Wohnhausanlage befinden sich zwischen den Zeilen vier Höfe, von denen zwei den
privaten Gärten und Balkonen vorbehalten sind. Die
beiden anderen dienen der Erschließung der Wohnungen. Von jedem Fenster der Wohnanlage hat
man so einen Blick ins Grüne.
Die von der Spange wegführenden Laubengänge
spannen zwischen den Zeilen ein Netz aus Wegen
und privaten Terrassen. Die Laubengänge sind da
Abb. 5 Zwischen den Zeilen liegen vier Höfe, zwei dienen
der Erschließung, zwei für private Nutzung.
79
Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität
bei so angelegt, dass sie die Zugänge zu den Wohnungen in jeweils zwei Zeilen bilden.
Abb.6 Ein Steg erschließt jeweils zwei Zeilen.
Zwischen den Laubengängen und den Wohnungen
befinden sich auf der einen Seite Aufweitungen,
die als kleine Vorzone zu jeweils zwei Wohnungen
dienen und auf der anderen Seite große Terrassen,
die ebenfalls als Wohnungszugänge dienen und individuell von den Bewohnern genutzt und gestaltet
werden können. Der private Bereich beginnt daher
schon an der Gartenpforte, die vom Steg betreten
wird. Immer zwei solcher Terrassen liegen unmittelbar nebeneinander und sind durch kleine Zäune von
einander getrennt. Als Sichtschutz dienen Vorhänge
zwischen diesen Terrassen, die von den Bewohnern
nach belieben zugezogen werden können.
Ein eigenes kleines Stück Kleingarten
Genau diese Terrassen, diese undefinierten Räume
sind es, die den Entwurf so interessant machen, da
es Ähnliches, im Geschosswohnungsbau noch nicht
gegeben hat.
Abb.7 Individuell genutzte Vorbereiche.
Ist der erste Eindruck noch geprägt durch lange
Fluchten der Wege und die immer gleiche Wiederholung der Aufweitungen und Terrassen, so bemerkt
der Betrachter auf den zweiten Blick die von den Bewohnern individuell gestalteten Wohnvorbereiche.
In manchen wurde Kunstrasen verlegt und Blumen
gepflanzt. In anderen gibt es kleine Sitzgruppen und
Tische und in wieder anderen wird das Kinderspielzeug gelagert. Dies alles verleiht der Anlage eine
sehr wohnliche Atmosphäre.
Abb.8 Ein kleines Stück Kleingarten für jeden.
80
Die flexibel genutzten Räume vor den eigentlichen
Wohnungen, dienen als Erweiterung des eigenen
Wohnraumes und werden von allen Bewohnern
positiv aufgenommen und ausgiebig genutzt. Es ist
kein anonymes Wohnen, was für Wohnanlagen solcher Größe typisch ist, sondern die belebten Vorbereiche erzeugen eine Art Gemeinschaftsgefühl bei
den Bewohnern, wie es sonst nur in Kleingartenanlagen außerhalb der Innenstädte vorkommt.
David Malzahn
81
Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität
Thema: Unspezifische Räume
Projekt: Donnybrook Quarter Housing
Architekt: Peter Barber Architects
Ort: London
Bauzeit: Mai 2004 - März 2005
Wohneinheiten: 42 für 130 Einwohner
Raumaneignung
Donnybrook Quarter Housing
„WE’RE NOT DESIGNING A HOUSING SCHEME,
WE’RE DESIGNING A PIECE OF THE CITY...“
„Donnybrook Quarter Housing, Städtebau des 21.
Jahrhunderts?“
Kaum ein anderes britisches Wohnprojekt des letzten Jahrzehnts erhielt eine so positive Resonanz, wie
das neue Donnybrook Quartier. Fachzeitschriften
titelten, „die 23 Häuser sind ein leuchtend weißer
Magnet für neue Urbanität“. Die außergewöhnliche
Architektur mit ihren variantenreichen Wohngrundrissen ist preisgekrönt und mit mehreren Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem mit dem Housing
Design Award und dem Royal Acadamy Architecture
Price.
Ausführende Architekten waren Peter Barber Architekts. Peter Barber ist Engländer. Er gründet sein
gleichnamiges Architekturbüro 1989 und arbeitet
seitdem an vielen Projekten in Europa und im Mittleren Osten.
Abb.1
Im Jahr 2003 fiel der Startschuss für ein neues
Wohnquartier im östlichen Londoner Stadtteil Bow.
Aus dem, für das Entwicklungsgebiet ausgerufenen
internationalen Wettbewerb, an dem sich über 150
Architekturbüros weltweit beteiligten, gingen Peter
Barber Architects als Gewinner hervor. Baubeginn
war im Mai 2004. Im März 2005 waren alle Baumaßnahmen abgeschlossen.
Das aus dem Entwurf entstandene Quartier sieht
eine ungefähre Belegung von etwa 130 Einwohnern,
verteilt auf 42 Wohneinheiten, vor. Das Angebot
reicht dabei von Häusern mit einem und zwei Schlafzimmern, über verschieden große Appartements, bis
hin zu Atelierhäusern für kombiniertes Wohnen und
Arbeiten.
Neue Wege im Städtebau
Abb.2
82
Das neu entstandene Quartier hebt sich stark von
seiner Umgebung, die durch typische Londoner
Townhouse-Architektur sowie Hochhäusern mit
schlichter Betonfassade geprägt ist, ab. Zudem fehlen Ähnlichkeiten zu anderen Wohnsiedlungen und
Wohnhäusern der heutigen Zeit in England. Dies ist
nach Barbers Meinung ein Resultat der aktuellen
Entwicklung im Städtebau. Der derzeitige Trend ist,
David Malzahn
Haus und Stadt von einander zu trennen. Das wird
ganz besonders in der Struktur Londons deutlich.
Derzeit sind knapp 70% aller Gebäude in London
Ein- und Mehrfamilienhäuser. Diese sind meist umzäunt und von der Straße getrennt. Anonyme Hinterhöfe, Mistwege und Straßenräume, wo keiner
wirklich weiß wem sie gehören, wo man niemanden
kennt und selten jemanden trifft, sind die direkten
Konsequenzen einer Trennung zwischen Haus und
Stadt.
Barbers Entwurf hingegen geht davon aus, dass
das Haus eine Erweiterung und ein Ausdruck
der Stadt ist und dass man dieses nicht von einander trennen dürfe. Folglich hatte der Entwurf
das Oberthema „We’re not designing a Housing
Scheme, we’re designing a piece of the city“.
Das Hauptthema des Entwurfes ist also die Idee,
dass sich die Häuser rund um öffentliche Straßen
verteilen um somit das Gefühl einer Gemeinschaft
bei den Bewohner zu fördern und Anonymität zu vermeiden.
Ziel Barbers ist es dabei, ein Gefühl des Eigentums
bei den Bewohnern zu wecken, das über die Grenzen ihrer Häuser und Appartements hinausgehen
soll. Es soll Interesse und Verantwortung für das
geweckt werden, was sich vor der Haustür abspielt.
Zusätzliche architektonische Hilfsmittel, wie beispielsweise viele Fenster in den Fassaden mit Blick
auf die Straße, manche gerade Mal so groß, dass
eine einzige Person durchschauen kann, sollen die
Grenzen zwischen Heim und Straße verwischen.
Abb.3 Typische Londoner Townhouse-Architektur umgibt
das Enwicklungsgebiet.
Abb.4
Gleichzeitig tritt das Quartier nach außen hin als
„Gated Oasis“ auf, wie Barber sagt, also als eine Art
geschützte Oase, um so die heutigen Sicherheitsbedürfnisse eines modernen Wohnumfeldes zu gewährleisten.
Neues Leben für Straßen und Plätze
Das Entwurfsgebiet wird durch zwei Straßen geteilt,
die mit den umliegenden Straßen verbunden sind.
Der Entwurf sieht 42 separate Wohneinheiten vor,
die von 1-Schlafzimmer- Appartements bis 4-Schlaf
Abb.5
83
Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität
Abb.6 Standard-Gebäudeblöcke mit Zugang zur Straße.
zimmer- Familienhäuser reichen.
Die vorderen Türen der Wohneinheiten öffnen sich
zur Straße hin, zudem hat jede Wohneinheit ein
kleines Stück „Platz im Freien“, was sich als Innenhof oder Terrasse äußert.
Den Hauptgebäudetyp des Entwurfes bilden die
Standard-Gebäudeblöcke, die im Erdgeschoss
ein Zwei- Bett Appartement beinhalten. Im zweiten
Stockwerk befindet sich ein Zwei-Bett MaisonetteAppartement.
Die Erdgeschoss-Appartements besitzen einen
ebenerdigen privaten Außenbereich. Die Maisonettes besitzen einen privaten Treppenaufgang, der zu
einem Hof bzw. Terrasse führt.
Die Form und Anordnung des Entwurfes geben dem
Ganzen eine kantige und eckige Erscheinung, dies
dient zur Auflockerung der intensiven weißen Außenwände der Häuser. Das hell leuchtende Weiß,
das sich über den ganzen Entwurf erstreckt, dient
wiederum dazu, an manchen doch sehr dunklen
Stellen sowie Terrassen die benötigte Beleuchtung
zu gewährleisten.
Die Terrassen dienen als intime Rückzugsorte im Innenraum. Das Leben soll auf den Straßen und Plätzen des Quartiers stattfinden.
Abb.7 Jede Wohneinheit besitzt einen kleinen „privaten“
Bereich.
84
Abb.8 Das Leben findet auf den Straße statt.
Barber geht damit neue Wege im Städtebau. Anders
als in anderen Wohnquartieren, wird der Straßenraum nicht als anonymer Verkehrsraum wahrgenommen, sondern soll als Erweiterung des eigenen
Hauses verstanden werden. Öffentlicher Außenraum sowie die privaten Höfe und Terrassen, dienen
dabei als flexible Räume für die unterschiedlichsten
Nutzungen. Man identifiziert sich so nicht nur mit
seinem Haus, sondern mit dem ganzen Quartier, anders als bei anonymen Wohnhäusern, entsteht hier
eine persönliche Bindung ans Quartier und seine
Bewohner, was einen zusätzlichen Effekt nach sich
zieht. Es steigert die Nutzungsdauer erheblich, denn
wie schon ein bekanntes Sprichwort sagt: „Da wo
man sich wohl fühlt, da lässt man sich nieder“.
David Malzahn
85
86
9LNWRULD6FKRFN6WHIDQLH:ODGLND%LDQFD.XKQ-XOLD
Schönbrunn
Nutzungsoffenes Bauen
Eine Planerische Strategie des nachhaltigen
Bauens stellt das Nutzungsoffene Bauen dar. Es
verlängert die Lebensdauer eines Gebäudes und
nutzt damit länger die im Gebäude eingesetzten
Ressourcen. Daher sollten Planer und Architekten
/HEHQVGDXHU1XW]XQJVÀH[LELOLWlWJHZlKUOHLVWHQ
Im Einzelnen bedeutet dies das „Einplanen“ von
Nutzungsänderungen im Lebenszyklus eines GeElXGHV,QGLHVHU$UEHLWVROOHU|UWHUWZHUGHQwie
gut sich Gebäude gestalten lassen um eine höchstmögliche Nutzungsneutralität zu erzielen.
Lebensdauer
Betrachtet man die durchschnittliche LebensdauHUGHU7HLOV\VWHPHYRQ*HElXGHQVRVFKZDQNHQ
diese stark aufgrund ihrer physischen Beschaffenheiten und natürlichen Eigenschaften: Das Gebäudeumfeld,PLWZHLWEHU-DKUHQ/HEHQVOlQJH
ist das stetigste aller Teilsysteme von Gebäuden.
7UDJZHUN)OXFKWWUHSSHQXQG*HElXGHNHUQHKDEHQ
im Vergleich dazu eine Lebensdauer von mehr als
-DKUHQ'LH*HElXGHKOOH)DVVDGH'DFKGLH
GHQJU|‰WHQ:LWWHUXQJVHLQÀVVHQDXVJHVHW]WVLQG
als auch die Haupttrassen der Gebäudetechnik
EHUGDXHUQLP0LWWHOQXUQRFKELV-DKUH
(LQHZHLWDXVJHULQJHUH+DOWEDUNHLWEHVLW]HQGLHLP
*HElXGHDQJHVLHGHOWHQ1XW]XQJHQ:RKQHQ$UEHLWHQ9HUNDXIZlKUHQGXUFKVFKQLWWOLFK-DKUHQ
ZlKUHQGGLHLP,QQHQUDXPHLQJHVHW]WHQ0DWHULDOLHQXQG2EHUÀlFKHQHLQH'DXHUKDIWLJNHLWYRQ
FD-DKUHQEHVLW]HQ'DUDXVOlVVWVLFKVFKOLH‰HQ
dass die Planung eines nachhaltig konzipierten
Gebäudes eine besondere Berücksichtigung von
1XW]XQJVZHFKVHOLQQHUKDOEGHUgesamten Lebens]HLWHLQHV*HElXGHVHUIRUGHUW)ROJOLFKEHWUDFKWHW
nachhaltiges Planen nicht nur das Errichten eines
*HElXGHVVRQGHUQHEHQVRGLH,QVWDQGKDOWXQJ
Nutzung und Umnutzung.
Teilaspekte im Nutzungsoffenen Bauen sind die
ÀH[LEOH%HVSLHOEDUNHLWYRQ6WUXNWXUHQEHVWLPPWH
XQGRIIHQH(OHPHQWHLP*UXQGULVVGHV*HElXGHV
PD[LPDOH1HXWUDOLWlW)OH[LELOLWlWEHUJU|‰HUH*HVFKRVVK|KHQQXW]XQJVRIIHQH$FKVUDVWHUXQGJQstige Installationsführung.
Quellen:
'(EHUOH9RQGHU6WDGW]XP+DXV6
87
Nutzungsoffenes Bauen
7KHPD)OH[LELOLWlW
Projekt: e-science-lab
Architekt: Baumschlager-Eberle-Architekten
Ort: ETH Zürich
%UXWWRJHVFKRVVÀlFKHPð
%DXNRVWHQ0LR&+)
Installation und Achsraster
$EE(VFLHQFHODEGHU(7+=ULFK
88
$EEQXW]XQJVQHXWUDOH=RQHKHOOJHOE$FKVUDVWHU
Am Beispiel des e-science Lab der ETH Zürich
NDQQPDQJXWHUNHQQHQZLHÀH[LEOH%HVSLHOEDUkeit und eine intelligente Installationsführung eine
zukünftige Umnutzbarkeit für das Gebäude ermögOLFKHQ'DV*HElXGHLVWVRJHSODQWXQGJHVWDOWHW
GDVVHVDXVUHLFKHQGUlXPOLFKH)OH[LELOLWlWOLHIHUW
und variierende Raumaufteilungen und Möblierung
zulässt. Baumschlager-Eberle entscheiden sich
für eine nutzungsneutrale Raumzone entlang der
$XVVHQIDVVDGH$EE$OOHWUDJHQGHQ6WW]HQ
HQWODQJGHU)DVVDGHIROJHQHLQHP$FKVUDVWHUGHP
DXFK]ZHLPDVVLYH7UHSSHQ)OXFKWXQG9HUVRUgungskerne folgen. Der gesamte ringförmige Raum
LVWVWW]HQIUHLXQGGDPLWIUHLWUHQQEDUIUZHFKVHOQGHSURMHNWRULHQWLHUWH)RUVFKXQJVODERUHLKUH(UVFKOLH‰XQJ%HOLFKWXQJXQG9HUVRUJXQJVVWUXNWXU
'LH*OHLFKEHKDQGOXQJDOOHUÀH[LEOHQ5DXPHLQKHLWHQHU]HXJW1HXWUDOLWlWIUGLH1W]ÀlFKHQXQGYHUKLQGHUWGDV(QWVWHKHQEHYRU]XJWHURGHUQXW]XQJVJHEXQGHQHU5lXPH-HQDFK%HGDUIODVVHQVLFK
große oder kleine Raumkompartimente mit nur geULQJHPEDXOLFKHP$XIZDQGJHQHULHUHQ'LHGXUFK
GLH5DXPVWUXNWXUJHVFKDIIHQHQÀH[LEOHQ5lXPH
fordern aber auch von den Planern eine gezielte
– auf räumliche Änderungen angepasste – VersorJXQJVVWUXNWXUIU0HGLHQNDEHO/IWXQJ%HOLFKWXQJ
und Gebäudetechnik der Raumeinheiten.
Die gebäudetechnische Ausrüstung kann nach
1HXRUGQXQJGHU0RGXOHEHOLHELJYDULLHUWZHUGHQ
So entscheiden sich die Gebäudetechnikplaner
Laubner IWISA AG unter anderem für eine modular
aufgebaute Gebäudeausrüstung. Die Versorgung
LQGHQ*HVFKRVVHQLVWVRZHLWVWDQGDUGLVLHUWDXIJHEDXWVRGDVVHLQH=XRUGQXQJYRQWHFKQLVFKHQ
Ausrüstungsmodulen völlig frei erfolgen kann (Abb.
'LH6FKDOWHU)KOHUXVZNRPPXQL]LHUHQEHU
)XQNPLWGHU*HElXGHDXWRPDWLRQXQGN|QQHQIUHL
RKQH9HUNDEHOXQJSODW]LHUWZHUGHQ(QWODQJGHU
5LQJOHLWXQJHQDQGHU)DVVDGHQVHLWHEH¿QGHQVLFK
LQMHGHP6WDQGDUGPRGXOMHHLQ.KOXQGHLQ+HL]ventil. So ist jede kleinste Raumeinheit mit eigenem
Mikroklima steuerbar. Im Quellluftinduktionssystem
$EEZLUGMHGH5DXPHLQKHLWPLWIULVFKHU=XOXIW
-XOLD6FK|QEUXQQ
EHUGHQ9HUVRUJXQJVULQJYHUVRUJW'LH$EOXIWZLUG
EHUHLQHhEHUVWURP|IIQXQJYHUGUlQJW'LHÀH[LEOH
5DXPVWUXNWXUHUIRUGHUWDXFKHLQHQÀH[LEOHQ=XJULII
auf Daten- und Elektrokabel. Daher ermöglicht das
Elektro- und Datenkanalsystem eine Versorgung
der Arbeitsplätze unabhängig von ihrer RaumaufteiOXQJ,QHLQHP6WDQGDUGPRGXOEH¿QGHQVLFKVHFKV
'1.DEHOVFKlFKWHGLHMHQDFK5DXPNRQVWHOODWLRQLQ%HWULHEJHQRPPHQZHUGHQN|QQHQ$EE
'HUVWUXNWXUHOOH$QVDW]HUP|JOLFKWK|FKVWH)OH[LELlität auf Nutzungsänderungen. Gerade im Bereich
GHU)RUVFKXQJVODERUHYHU]LFKWHWPDQEHZXVVWDXI
komplizierte Grundrisse und entscheidet sich zuJXQVWHQGHU)OH[LELOLWlWIUHLQHNODUHHLQIDFKHXQG
neutrale Gebäudestruktur. Versorgungselemente
ZHUGHQ]HQWUDOLVLHUWXQGJHEQGHOWLQ6FKlFKWHQ
geführt und Versorgungspunkte regelmäßig bereitgestellt. Dies hat für die Lebensdauer des GeElXGHVGHQ9RUWHLOGDVVDXFKGLH:DUWXQJRGHU
0RGHUQLVLHUXQJGHV*HElXGHVZHQLJHUNRPSOL]LHUW
und besser planbar ist. Nebst anderer baulicher
Maßnahmen in Sinne der Nachhaltigkeit ist es be]HLFKQHQGIUGDV)RUVFKXQJVJHElXGHGDVVHVLP
gesamten Planungsprozess als ein Gebäude von
'DXHUKDIWLJNHLWEHWUDFKWHWZXUGH
$EE9HUWLNDOVFKQLWW
$EE*UXQGULVV6WDQGDUGPRGXO
$EE4XHOOOXIWLQGXNWLRQXQG:lUPHUFNJHZLQQXQJ
Quellenverzeichnis: DOOH2QOLQHTXHOOHQ6WDQG
'(EHUOHVon der Stadt zum Haus,6
KWWSZZZKRFKSDUWHUUHFK¿OHDGPLQ3')(7+B(6FLHQFH/DEB
Projektdaten.pdf
KWWSZZZVLDFKFIUHIHUHQ]GHWDLOFIP"5HI1U KWWSZZZEDXQHW]GHPHOGXQJHQ0HOGXQJHQ/DERUQHXEDXBLQB
=XHULFKBHURHIIQHWBKWPO
KWWSZZZEDXQHW]GHPHOGXQJHQ0HOGXQJHQB*UXQGVWHLQB
IXHUB(6FLHQFHB/DEBLQB=XHULFKBKWPO
KWWSZZZDUFKLWHNWXUWHFKQLNFK:HELQWHUQHWD[WQVI%%'
'))'((&$&%¿OH$7+LWB
SGI"2SHQ(OHPHQW
KWWSZZZODXEHULZLVDFKEXFKLQGH[KWPO6IKWWSZZZ
KDXVEDXPHVVHFKZHEPHGLHQ3UDVHQWDWLRQB06XO]HUB,QIRUPDWLRQ6FLHQFH/DEB(7+=XULFKBSGI
$EE9HUVRUJXQJVV\VWHP5LQJRUJDQLVDWLRQ
89
Nutzungsoffenes Bauen
7KHPD)OH[LELOLWlW
3URMHNW%78&RWWEXV$WHOLHUVGHU)DN,,
$UFKLWHNW$UFKLWHNWXUZHUNVWDWW&RWWEXV
2UW&RWWEXV
Nutzungsneutralität = Raumneutralität
$EEDXI$FKVUDVWHUEDVLHUHQGH1XW]XQJVYDULDWLRQHQ
90
Die Ateliers der Brandenburgischen Technischen
8QLYHUVLWlW&RWWEXV)DN,,ZXUGHQLP=XJHHLQHV
Umbaus als nutzungsoffene Atelierräume gestaltet.
'LH1XW]XQJVÀH[LELOLWlWZLUGGXUFKHLQHQRIIHQHQ
*UR‰UDXPJHZlKUOHLVWHWGHUYHUVFKLHGHQH1XW]XQgen und unterschiedliche Möblierungsvarianten im
=HLFKHQVDDOHUP|JOLFKW$EE
Dabei dienen im Besonderen die Spindschränke
und Schreibtische als Raumteiler. Die offene RaumVWUXNWXULVWMHGRFKZHQLJHUÀH[LEHODOVVLHDXIGHQ
HUVWHQ%OLFNVFKHLQW,P9HUJOHLFK]XU%DXZHLVHDP
e-science Lab ist diese Art von Raumtrennung eher
$XVGUXFNHLQHUÀH[LEOHQ5DXPQXW]XQJDEHUQLFKW
auf Nutzungsänderungen ausgelegt. Das Achsra-
-XOLD6FK|QEUXQQ
ster von 4 auf 6 Metern orientiert sich an der Standardgroße von Arbeitstischen. Die Möblierungsvarianten sind dadurch eher beschränkt. Das Atelier ist
GXUFKGLH6WW]HQIKUXQJLQ/lQJVVFKLIIHJHWHLOW
Das Mittelschiff stellt aufgrund der abgehängten
$NXVWLNGHFNHHLQHQZHQLJHUJXWEHOLFKWHWHQ$UEHLWV%HUHLFKGDUXQGVLFKHUWQLFKWGLH*OHLFKEHrechtigung aller möglichen Arbeitstischstandorte.
Darüber hinaus verringert das Beleuchtungskon]HSWGLH)OH[LELOLWlW'LH+lQJXQJGHU/DPSHQ
JHZlKUOHLVWHWHLQHDXVUHLFKHQGH$UEHLWVSODW]EHOLFKWXQJQXUZHQQVLFKGLH$UEHLWVSOlW]HXQPLWWHOEDU
XQWHUGHQ/HXFKWHQEH¿QGHQ'HP]XIROJHLVWDXFK
die Möblierungsvariation stark eingeschränkt.
'HQQRFKZlUHHLQHUHODWLYNRVWHQXQGHQHUJLHXQDXIZHQGLJH8PJHVWDOWXQJGHV%HOHXFKWXQJVNRQ]HSWVP|JOLFK'LHVKLQJHJHQHUZHLVWVLFK
VFKZLHULJHUEHLGHUEULJHQ*HElXGHWHFKQLN'LH
+HL]N|USHUGLHVLFKMHZHLOVDQGHQDX‰HQOLHJHQGHQ
6WW]HQUHLKHQVLQGQLFKWEHZHJOLFK:lKUHQGPDQ
im e-science Lab in Zürich mit einem QuellluftindukWLRQV\VWHPIUGLH.OLPDWLVLHUXQJGHU$UEHLWVUlXPH
VRUJWJUHLIWPDQLQ&RWWEXVDXIHLQHQNRQYHQWLRQHOlen und kostengünstigeren Heizkörper zurück. Auch
hat man bei dem Bereitstellen von VersorgungsXQG0HGLHQOHLWXQJHQ/LFKW(OHNWUL]LWlW+HL]XQJ
XQG1HW]ZHUNQLFKWEHUFNVLFKWLJWGLH,QVWDOODWLRQVVFKlFKWHÀH[LEHO]XJHVWDOWHQ'LH/HLWXQJHQ
XQG.DEHOIROJHQGHP6WW]UDVWHUXQGHQGHQDQ
GHQ6WW]HQEHU6WHFNGRVHQE]ZGLH+HL]N|USHU
$EE)ROJOLFKLVWPDQJH]ZXQJHQEHL5HSDUDturen den Holzboden erst zu entfernt um die MeGLHQNDEHOXQG/HLWXQJHQ]XHUUHLFKHQDQVWHOOHGHU
Installation von Reversionsklappen zur Wartung
HLQ]XODJHUQ=XVDPPHQIDVVHQGLVW]XVDJHQGDVV
5DXPQHXWUDOLWlWQLFKW]ZLQJHQGPLW1XW]XQJVQHXtralität gleichzusetzen ist.
$EE1XW]XQJVQHXWUDOH5lXPH
$EE7LVFKEHOHJXQJLQHLQHPGHU6HLWHQVFKLIIH
Quellen:
$EE *UXQGULVVGDUVWHOOXQJ HQWQRPPHQ KWWSZZZOVDRHWX
FRWWEXVGH6WDQG
$EE]HQWUDOLVLHUWH9HUVRUJXQJ1HW]ZHUNPHGLHQ
6WURP+HL]XQJ
91
Nutzungsoffenes Bauen
Projekt: Architekturschule
Architekt: Anne Lacaton & Jean-Philippe Vassal
Ort: Nantes, Frankreich
Fertigstellung: 2009
Kosten: 13,6 M €
Bespielbare Struktur
Abb. 1: Rendering Eingangssituation
Abb. 2: Schnitt
Abb. 3: Grundrisse Ebene 1
Ein wichtiges Kriterium des nutzungsoffenen Bauens ist die flexible Bespielbarkeit der Struktur. Lacaton &Vassal haben sich sehr intensiv mit dem
Thema beschäftigt und in mehreren Studien auseinander gesetzt. Ihre Entwurfshaltung zeigt deutlich, dass die Lebensdauer ihrer Gebäude über
die zunächst vorgesehene Nutzung hinausgeht
und dass man hier schon während des Entwurfsprozesses eine Nutzungsänderung einbezieht. In
einer Studie zum Thema des sozialen Wohnungsbaus hat dieses Büro nachgewiesen, dass es wirtschaftlich und sozial effizienter ist die Wohntürme
der 60er und 70er Jahre durch Sanierung an den
heutigen Lebensstandard anzupassen.
Interessant ist auch das hier vorliegende Projekt,
eine Architekturschule in Nantes. Das Konzept
sieht vor eine einfache, teilweise vorgefertigte
Stützenplattenkonstruktion aus Betonelementen
mit Funktionen zu bespielen, die wiederum erweiterbar oder veränderbar sind. Vom Gebäudetypus
der Grundstruktur hat man sich hier an Parkhäusern orientiert.
Es gibt eine Rampe, die alle 3 Ebenen erschließbar macht. Die Geschosshöhe von 9 m auf der
ersten Ebene und 7 m auf den beiden weiteren
Ebenen erlaubt es flexible Stahlrahmenkonstruktionen einzubauen, die wiederum die Ebenen in
Zwischenebenen einteilen. Die Stützenspannweite der Primärkonstruktion beträgt 11 m und erleichtert funktionale Änderungen. Auf dem Schnitt
in Abb. 2 erkennt man die Einteilung in Grundprogramm, flexible Flächen und Luftraum, den man
durch weitere Einbauten wiederum nutzbar machen kann.
Eine durchlässige und offene Fassade soll das
Innere des Gebäudes preisgeben. Man hat hier
bewusst auf eine Aufsehen erregende Fassade
verzichtet, um wiederum eine nachträgliche Änderung der Nutzung und Struktur zu erleichtern.
92
Abb. 4: Grundrisse Ebene 2
Zusätzlich stellt sich das Architekturbüro eine
temporäre Nutzung wie zum Beispiel auf der
Dachebene vor. Nutzungsszenarien wie Flohmär-
Viktoria schock
kte, Ausstellungen oder sogar als Winterruheplatz
eines Zirkuszeltes wären vorstellbar. Zudem lässt
die flexible Struktur Raum offen für eine Programmänderung oder Erweiterung der Schule.
Vorgesehen sind im Programm insgesammt 26
000 m² Nutzungsfläche. Diese teilt sich in 12 500
m² vom Programm geforderte Fläche, 5 500 m²
Flächenreserve im Inneren und 8 000 qm Außenfläche auf.
Abschließend kann man sagen, dass die Wesenszüge dieses Gebäudes, nämlich die flexible
Struktur, die einzigartige Erschließung über die
Rampe und die veränderbare Fassade, positive
Tendenzen aufweisen. An diesem Projekt kann
man erkennen, dass man sich immer mehr dessen bewusst wird, dass man Gebäude nicht nur
primär für eine Nutzung planen muss. Wie man
am Beispiel sieht, erlaubt die Rampe sogar eine
Nutzung als Parkhaus oder Einkaufszentrum,
sollte jemals die Nutzung als Architekturschule
nicht mehr wirtschaftlich effizient sein. Man kann
nur hoffen, dass man zukünftig mehr Projekte dieser Art realisieren wird.
Abb. 5: Grundrisse Ebene 3
Abb. 6: Collage Außenraum / Eingangsbereich
Abb. 7: Perspektive Innenraum
93
Nutzungsoffenes Bauen
Projekt: Centre Pompidou
Architekt: Renzo Piano u. Richard Rogers
Ort: Paris, Frankreich
Fertigstellung: 31.1.1977
Kosten: 76 M €
Kosten Renovierung: 90 M€
Bespielbare Struktur
„Das Centre Pompidou ist eines der bekanntesten
und umstrittensten Paradigmen der Architektur
des ausgeheneden 20. Jahrhunderts. ... In der Tat
ist es ein Manifest der späten Moderne mit ihrer
Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, mit
der Integration von Entwurf und Technologie mit
dem unerschütterlichen Glauben an totale Flexibilität.“
aus R. Burdett, Richard Rogers - Bauten und Pojekte
Blick auf die Ostfassade
Isometrie des Centre Pompidou von Rogers & Piano
94
Konzeptskizze der Architekten
Das Konzept zum Centre Pompidou war zu seiner Zeit revolutionär. Angelehnt an die Ideen von
Archigram und Cedric Price entwickelten Richard
Rogers und Renzo Piano eine „Kreativitätsmaschine“, die durch seine Struktur und sein urbanes
Erscheinungsbild aus dem Stadtumfeld heraus
sticht. In der Ausschreibung zum Wettbewerb
für ein Museum der zeitgenössischen Kunst verlangte man auf engstem Raum eine hohe Nutzfläche mit unterschiedlichstem Charakter und einer
Nachhaltigkeit im Stadtbild. Das Gebäude sollte
ein Stadtfeld belegen, das seit den 30er Jahren
des 20. Jahrhunderts leer stand. Der städtebauliche Ansatz der beiden Architekten, einen öffentlichen Raum zu schaffen, der die zeitgenössische
Kunst einem jeden näher bringen sollte, war ein
geschickter Schachzug und brachte den beiden
Architekten den Sieg des Wettbewerbs ein.
Das Konzept sah von vornherein vor, dass an
der funktionalen Fassade große Informationsbildschirme angebracht werden sollten, die jeden
Vorbeiströmenden mit Eindrücken der zeitgenössischen Kunst locken sollten. Dieser Gedanke
scheiterte am Budget und man kann heute nur
schwer sagen, ob das dem Gebäude geschadet
hat oder nicht, denn diese überdimensionalen
Bildschirme hätten den Blick auf die raupenartigen
Rolltreppen verdeckt.
Durch die Wahl von 3m hohen Deckenträgern
konnten die Architekten einen stützenlosen Innenraum gewährleisten. Alle gebäudetechnischen und
erschließungstechnischen Funktionen wurden an
die langen Ost- und Westfassaden verbannt. Flexibilität und Effektivität liegen diesem Entwurfsgedanken zugrunde. Man wollte dem Gebäude eine
Anpassungsfähigkeit schenken, die auf die jeweiligen Veränderungen in der Welt der Kunst und
Ausstellungen reagieren kann. In diese Struktur
können unterschiedliche Kisten, Ebenen und Geschossdecken eingehängt werden und somit kann
der Raum je nach Bedarf verändert werden.
Das Gebäude hat eine Abmessung von 169 m auf
60 m. Es hat eine Höhe von 42 m. Pro Ebene hat
Viktoria Schock
man 13 Gerberträger, die jeweils 12,9 m voneinander entfernt sind und 7 500 m² Platz schaffen.
Alle Aufzüge und Treppen der Haupterschließung
liegen an der Westseite, nur einige Fluchttreppen
sind an der Ostfassade angebracht. Farblich gekennzeichnet sind die Lüftungsrohre in blau, das
Wassersystem in grün, die elektronische Versorgung in gelb und die Transportwege in rot.
Man erwartete ca. 5 000 Besucher und wurde dann
letztendlich von 25 000 Kunstbegeisterten pro Tag
überrollt. Diese sehr hohen Besucherzahlen führen natürlich auch zu starken Gebrauchsspuren.
Aus diesem Grund musste man von Oktober 1997
bis Januar 2000 das Gebäude für Renovierungsarbeiten schließen.
Man beschloss das gesamte Museum zu erneuern. Viele Beläge wurden ausgetauscht, wie zum
Beispiel der Teppich im Foyer. Zudem wurden
Nutzungsbereiche neu konzipiert. Man hat dem
Museum und der Bibliothek mehr Raum zugesprochen und Verwaltungsräume ausgelagert. All
diese Reparaturarbeiten waren auf Grund der Flexibilität und der Anpassungsfähigkeit der Struktur
leicht durchzuführen, jedoch beliefen sich die Kosten auf rund 90 M €.
Auf den Bildern auf der rechten Seite kann man
das Foyer vor und nach der Renovierung sehen.
Auf dem unteren Foto kann man im Hintergrund
das neue graphische Leitsystem des Ateliers „Integral“ sehen, das dem Besucher den Weg durch
das Gebäude erleichtert. Die öffentliche Bibliothek
im Inneren des Centre Pompidou ist einzigartig in
ganz Frankreich und stellt den Besuchern 14 Regalkilometer Bücher zur Verfügung.
Dieses Beispiel zeigt wie wichtig eine flexible
Struktur auf Grund ihrer langen Lebenszeit für die
Nachhaltigkeit eines Gebäudes ist. Das Centre
Pompidou bietet eine komplett stützenfreie, große
Ausstellungsfläche und zudem funktional klar gegliederte Erschließungs- und Versorgungskerne,
was eine Umnutzung erleichtert und eine lange
Lebenszeit garantiert.
schematischer Grundriss
Querschnitt
Blick in das Foyer vor der Renovierung
Blick in das Foyer nach der Renovierung
95
Nutzungsoffenes Bauen
Lichte Raumhöhe
Abb. 1: Lichte Raumhöhen im Gründerzeithaus
96
Abb. 2: Lichte Raumhöhen Chicago School Hochhaus
Der Aspekt der lichten Raumhöhe ist ein wichtiger
Bestandteil des nachhaltigen Bauens.
Die lichte Raumhöhe ermöglicht eine maximale Nutzungsoffenheit der einzelnen Ebenen. Sie gewährleistet, dass diese mit einem breiten Spektrum an
Nutzungsarten bespielt werden können. Ebenso
gewährleistet sie, dass entweder die ganze freie
Fläche oder einzelne unterteilte Bereiche für die
jeweilige Nutzung verwendbar sind. Hinzu kommt,
dass eine nachhaltige lichte Raumhöhe den nachträglichen Einbau und die Anpassung gebäudetechnischer Anlagen an den Stand der Zeit ermöglicht,
ohne den Nutzungskomfort der Räume einzuschränken. Gleichzeitig sind die lichte Raumhöhe und ihre
Nutzungsflexibilität eng mit der Tragkonstruktion des
Gebäudes verbunden. Ohne eine Optimierung der
Konstruktion, wären diese Variationsmöglichkeiten
nicht gegeben.
Welche lichten Raumhöhen haben sich bisher als
nachhaltig erwiesen?
Um diese Frage, beantworten zu können werden
ein Gebäude der Gründerzeit (Abb. 1), ein Gebäude
der Chicago School (Abb. 2) und ein Neubau (Abb.
3), der mit dem Anspruch der Nachhaltigkeit geplant
wurde, miteinander verglichen.
Gründerzeitbauten gelten heutzutage als nachhaltig.
Ihre großen Raumhöhen, die zwischen 3,00 Meter
und 3,50 Meter liegen zeichnen sich durch ihre angenehme Atmosphäre, als auch durch eine flexible
Nutzung aus. Dieser Gebäudetyp wird in den ersten
beiden Geschossen oft für Geschäfts- und Wohnzwecke genutzt, während die oberen, niedrigeren
Etagen meist dem Wohnen vorbehalten sind.
Die Verwaltungsgebäude der Chicago School zeichnen sich durch unterschiedliche Raumhöhen aus.
Das erste und das zweite Geschoss gelten als „Basis“ des Hauses und weisen lichte Raumhöhen zwischen vier und fünf Meter auf. Die nachfolgenden
Geschosse werden als „durchgehender Schaft“
bezeichnet. Ihre lichten Raumhöhen rangieren zwischen 3,30 Meter und 3,50 Meter. Abgeschlossen
wird das Gebäude durch die „Kapitelletage/n“. Sie
haben eine lichte Raumhöhe von ca. vier Meter.
Vergleichen wir nun diese gewonnenen Höheninformationen mit den lichten Raumhöhen der beispiel-
Stefanie Wladika
haft herangezogenen „Villa Menti Plaza“ von Baumschlager-Eberle. Die ersten drei Geschosse sind dem
Wohnen oder Arbeiten und die Etagen vier bis schs
ausschließlich dem Wohnen vorbehalten. So kann
man erkennen, dass die 3,80 Meter im Arbeits- und
Wohnbereich durchaus vergleichbar mit der lichten
Raumhöhe der Kapitelletage des Chicago-School
Gebäudes ist. Die Wohnraumhöhen mit je 3,30 Meter kommen der durchschnittlichen Raumhöhe eines
Gründerzeitgebäudes gleich.
Gibt es Richtwerte für nachhaltige lichte Raumhöhen?
Bisher gibt es keine empfohlenen Werte für nachhaltige lichte Raumhöhen. Daher wird in Abbildung vier
versucht diese zu ermitteln.
Für die Nutzung der Räume wird zwischen Wohnen,
Gaststätte, Büro und Handel unterschieden. Die jeweiligen Flächen und Höhenangaben in der Spalte
lichte Raumhöhen sind aus dem „Planungsatlas“
entnommen. Dabei werden jeweils die Werte der
höchsten Fläche weiterverwendet, um später eine
maximale Nutzungsflexibilität gewährleisten zu können. Diese besagten Zahlen werden mit einem gängigen Höhenwert für gebäudetechnische Anlagen
addiert. Die sich daraus ergebenden Zahlen werden
als nachhaltige lichte Raumhöhen bezeichnet.
Abb. 4: Ermittlung nachhaltiger lichter Raumhöhen
Abb. 3: Lichte Raumhöhen im Neubau mit Mischnutzung
97
Nutzungsoffenes Bauen
Thema:
Projekt:
Architekt:
Ort:
Wohnanlage
Villa Menti Plaza
Baumschlager - Eberle
Feldkirch, Ö
Villa Menti Plazza
Villa Menti Plaza liegt im Villengürtel von Feldkirchen. Die Gegend ist stark durch großbürgerliche
Gründerzeitbebauung und ausgedehnte Grünräume
geprägt.
Das 10000 Quadratmeter große Grundstück, auf
dem 1850 die heute unter Denkmalschutz stehende
„Villa Menti“ errichtet wurde, ist durch eine hochwertige Wohnanlage mit Dienstleistungsflächen aufgewertet worden.
Abb. 5: Lageplan
Abb. 6: Villa Menti mit den Neubauten im Hintergrund
98
Abb. 7: lichte Raumhöhen
Die drei Neubauten bestehen aus drei klar geschnittenen Baukörpern und umrahmen die alte „Villa
Menti“ zu drei Seiten hin mit gebührendem Abstand.
Sie heben sich von dem weiß verputzten Bestand
optisch durch eine hellrote Ziegelverkleidung ab.
Die Fassade lässt weiter keine hierarchischen Elemente erkennen und zeichnet sich durch eine klare, geradlinige und sehr reduzierte Gestaltung aus.
Anhand der Gebäudefassade lässt sich jedoch klar
die Position der Loggien ablesen, da diese mit Faltschiebefenster (in der Fassade) ausgestattet sind.
Desweiteren sind die drei Komplexe im Erdgeschoss
durch eine Kolonnade miteinander verbunden. Über
diese werden die Häuser erschlossen. Im Inneren
der 20 Meter breiten Gebäude lieget jeweils ein
Erschließungskern mit angelagerten Funktionsräumen. Ab dem dritten Obergeschoss verjüngen sich
die rechteckigen Baukörper auf quadratische Grundflächen.
Die Gebäude unterteilen sich in zwei verschiedene
lichte Raumhöhen:
Das Erdgeschoss ist der am stärksten frequentierte,
öffentlichste und gleichzeitig repräsentative Bereich
des Komplexes. Mit einer lichten Raumhöhe von
3,84 Meter wird es hauptsächlich für Kanzleien, Praxen und Büros genutzt.
Auch die darüber liegenden ersten und zweiten
Obergeschosse weisen eine lichte Raumhöhe von
je 3,84 Meter auf. Dadurch wird ihre Mischnutzung,
Büro und Wohnen auf einer Ebene, erst ermöglicht.
Die Obergeschosse drei bis fünf sind der private
Stefanie Wladika
und von Straßenraum aus am schwersten zugängliche Bereich des Gebäudes. Sie sind ausschließlich
dem Wohnen vorbehalten und weisen eine lichte
Raumhöhe von je 3,30 Meter auf.
Aus den eben angeführten lichten Raumhöhen lässt
sich eine vertikale Hierarchisierung des Gebäudes
ablesen. Diese wird durch die vertikale Staffelung
der Nutzungen von öffentlich, halb-öffentlich bis hin
zu privat verstärkt.
Die einzelnen Ebenen zeichnen sich durch ihre
Gestaltungsflexibilität aus. Sie können als offene
Räume genutzt oder in bis zu sechs getrennte
Raumabschnitte aufgesplittet werden. Für die
Wohngeschosse bedeutet dies zum Beispiel: Sie
können jeweils als ganzflächige, offene PenthouseWohnung oder als bis zu vier separate Ein- bis VierZimmerwohnungen genutzt werden.
Abb. 8: Grundriss EG
Die offene Bauweise mit ihrer maximalen Flexibilität in Punkto Nutzung und Gestaltung, sowie der
Verzicht auf tragende Zwischenwände ist nur durch
die optimierte Tragkonstruktion möglich. Sie besteht
aus einem festen Erschließungskern mit angelagerten Nebenraumzonen und einem Stahlstützenraster.
Dieses wird durch tragende Wandelemente in der
Fassade ergänzt.
Abschließend bleibt zu sagen: Bei der Villa Menti
Plaza ist mit Hilfe der nachhaltigen lichten Raumhöhe eine Durchmischung mit maximaler Nutzungsflexibilität geglückt. Diese gewährt der Bebauung zu
recht den Titel der Nachhaltigkeit.
Abb. 9: Grundriss OG V
Abb. 10: Lichtdurchfluteter, eleganter Raumeindruck
99
Nutzungsoffenes Bauen
Thema:
Projekt:
Architekt:
Ort:
Mischnutzung (wohne, arbeiten)
Solids IJburg
Baumschlager - Eberle
Amsterdam, NL
Solids IJburg
Der Stadtteil IJburg in Amsterdam wird seit 1999 im
Binnensee IJmeer in Form von sieben künstlich aufgeschütteten Inseln errichtet. Auf der größten Insel
entstehen die Solids. Sie liegen direkt am Eingang
der Insel gegenüber der Festlandsbrücke und bilden
so den Auftakt zum Quartier.
Abb. 11: Lageplan
Abb. 12: Quartier
100
Abb. 13: Ausschnitt Ansicht N
Die neungeschossige Blockrandbebauung besteht
aus sieben Baukörpern. Diese ordnen sich um einen
Innenhof an, dessen Mittelpunkt ein rechteckiger
Patio mit großem Wasserbecken bildet. Die Gebäude werden in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet
und unterscheiden sich durch ihre Fassadengestaltung leicht voneinander. Jedoch wird hierbei darauf
geachtet, dass alle eine Dreiteilung aufweisen. Die
Dreiteilung kennzeichnet sich durch eine deutlich
ausgeprägte „Basis“, einen „durchgehenden Schaft“
und einer abschließenden „Kapitelletage“, entsprechend den Hochhäusern der Chicago School.
Insgesamt basiert die Grundidee für die Solids-Gebäude auf dem „klassischen städtischen Geschäftshaustypus mit umlaufenden Kolonnaden, Lochfassade, Balkonen und repräsentativer Steinverkleidung
…“ (Baumschlager-Eberle 2002-2007, S. 58).
Die oben beschriebene Gliederung der Fassade
ist auch in der vertikalen Gestaltung der Bebauung
nachvollziehbar.
Das sehr stark frequentierte und öffentlich genutzte
Erdgeschoss, bildet zumeist zusammen mit dem
ersten Obergeschoss die Base des Gebäudes. Mit
einer lichten Raumhöhe von sechs Meter gewährleistet es zum einen ein sehr breit gefächertes Spektrum an Nutzungen und gleichzeitig bietet es die
Möglichkeit das Geschoss durch eine zusätzliche
Galerieebene zu erweitern.
Die darüber liegenden Obergeschosse eins bis
sechs bzw. sieben haben eine lichte Raumhöhe von
3,50 Meter. Dadurch können sie optimal für Wohnoder Hotelzwecke genutzt werden.
Das letzte und oft auch das vorletzte Obergeschoss
weisen eine lichte Raumhöhe von vier Meter auf.
Stefanie Wladika
Sie sind für viele Nutzungen geeignet.
Die Ebenen haben jeweils eine Tiefe von bis zu 20
Meter und zeichnen sich durch ihre offene Gestaltungsmöglichkeit aus. Ein jedes Geschoss kann als
durchgehende offene Fläche genutzt werden, oder
in bis zu vier getrennte Mietbereiche, mit einer Größe von mindestens 90 Quadratmeter aufgeteilt werden.
Dies alles ist nur durch die optimierte Tragkonstruktion des Gebäudes möglich. Die anfallenden
Lasten werden über rasterartig angeordnete Stahlbetonstützen und den massiven Erschließungskern
mit angelagerten Nebenraumzonen abgetragen. Auf
Grund dieser Konstruktionsweise kann auf tragende
Wände verzichtet werden.
Abb. 14: lichte Raumhöhen und Fassadenstaffelung
Insgesamt weisen die Solids mit ihren großzügigen
lichten Raumhöhen, ihrer maximal flexiblen Nutzbarkeit und ihrer optimierten Konstruktion die besten Voraussetzungen für ein langlebiges und somit
nachhaltiges Gebäude auf.
Abb. 15: Grundriss EG
Abb. 16: Grundriss OG V
101
102
Sandra Grenner
Daniel Meister
Kay-Alexander Michalczack
Roman Schuppan
Lebensdauer und Konstruktion
Die Betrachtung nachhaltiger Konzepte zur Optimierung von Gebäuden sollte im Planungsprozess
mehr Beachtung erfahren und darüber hinaus im Ergebnis zu einem Gesamtkonzept nachhaltig orientierter Planungsprinzipien beitragen.
Dabei resultiert in Hinblick auf die Konstruktion von
Gebäuden und deren konstruktiven Details sowie
den sich daraus ergebenden Anforderungen an
den Planer und den gesamten Planungsprozess
eine vielschichtige Herangehensweise für nachhaltige Konzepte. Diese Kausalität nachhaltiger Planungsprinzipien findet ihre Anwendung sowohl bei
der Erstellung, Instandhaltung und Optimierung von
Bauteilen sowie der Trennbarkeit von Schichten in
der Nutzungsphase und beim Abbruch eines Gebäudes.
Die Zunahme der gesellschaftlichen und politischen
Wahrnehmung von Umweltproblemen (z.B. Verknappung fossiler Ressourcen, steigende Energiepreise)
und damit verbundene Förderung nachhaltiger Konzepte sollten Planer und Architekten nutzen, um
nachhaltige Planungsprinzipien anzuwenden und
darüber hinaus weiterzuentwickeln. Hierbei sollten
bewährte planerische Grundlagen eng gekoppelt
an aktuelle technische Entwicklungen leitende Prinzipien nachhaltiger Architektur sein.
In Deutschland verbrauchen private Haushalte etwa
die Hälfte der gesamten Primärenergie, insbesondere für Wohnen (Raumwärme, Warmwasserbereitung, elektrische Geräte) und Verkehr. Damit sind
sie neben Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen eine wichtige Zielgruppe für Maßnahmen
und Kampagnen zur Einsparung von Energie. Dennoch bedeutet Nachhaltigkeit nicht ausschließlich
das Planen und Erstellen energieeffzienter Gebäude
durch Einsparung von Energie in der Nutzungsphase.
Ein weiterer Aspekt nachhaltiger Planung, dem mehr
Beachtung geschenkt werden sollte, ist der Zusam-
menhang von Lebensdauer und Konstruktion eines
Gebäudes.
In den folgenden Beiträgen soll aufgezeigt werden,
welche Möglichkeiten es gibt um Material einzusparen, Konstruktionen zu Optimieren und auf deren
Wiederverwendbarkeit hinzuweisen.
Der Bausektor verbraucht momentan weltweit 50%
aller verarbeiteten Rohstoffe. Diesem Trend kann
mit einer gezielten Minimierung und Optimierung
von Konstruktionen entgegengesteuert werden.
Zudem kann auch durch die Optimierung und Reduzierung von Schichten ein nennenswerter Effekt
erzielt werden. Das ideale Zusammenwirken unterschiedlicher Materialien hinsichtlich ihrer bauphysikalischen sowie mechanischen Eigenschaften ist
dabei von großer Bedeutung. Des Weiteren steht
die Trennbarkeit der Schichten im Vordergrund. Dabei geht es in erster Linie um wei wesentliche Aspekte: die Trennbarkeit in der Nutzungsphase und
darüber hinaus die Trennbarkeit während des Abbruchs.
In der Nutzungsphase ist die erforderliche bzw.
mögliche Austauschbarkeit einzelner Elemente
aufgrund neuester technischer Erkenntnisse bezüglich des Baustoffs oder der Materialität (z.B. bessere
Wärmedämmwert) sehr wünschenswert. Ferner lassen sich heute auch beim Abbruch eines Gebäudes
die Schichten leichter voneinander trennen, womit
die eingebrachten Ressourcen effizienter und damit
nachhaltiger recycelt werden können.
103
Lebensdauer und Konstruktion
Wohnkonzept Balance
„[...] ein zukunftweisendes Energiekonzept, schöne
helle Räume und grosszügige Raumabfolgen bilden
die Voraussetzungen für ein zufriedenes, auf lange
Sicht hin konzipiertes Wohnen und Leben. [...]“
Thema: Lebensdauer und Konstruktion
Projekt: Wohnkonzept Balance
Architekt: Sabine Hubacher, Christoph Haerle
Ort: Melchrütistrasse, Wallisellen /Zürich
Das Büro Haerle Hubacher Architekten BSA, besteht seit 1996. Sabine Hubacher und Christoph
Haerle messen vor allem einer zukunftsgerichteten
und nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung,
mit planerischen und architektionischen Beiträgen,
eine große Bedeutung bei.
Dabei tritt die Entwicklung von prototypischen Bauten
mit neuen Anforderungen, die engagierte Stellungnahme für die Relevanz des öffentlichen Raumes
und das Definieren von planerischen Grundprinzipien in den Vordergrund.
Diese Leitprinzipien erfahren ihre Anwendung auch
bei der Planung und Umsetzung des Wohnparks
Balance in Wallisellen. Die Trennbarkeit und Optimierung der Schichten, sowie die Reduzierung
der eingesetzten Energie für das Material und der
Transportenergie waren dabei von besonderer Bedeutung.
Siedlungskonzept
Sabine Hubacher, Christopher Haerle (v. li.)
104
Siedlungskonzept Wohnpark Balance
Der Lageplan zeigt ein Muster von 13 fünfgeschossigen Einzellbaukörpern in der Agglomeration Zürich. Die 62 Wohneinheiten umfassende Anlage wurde so konzipiert, dass sie sowohl einen Wohn- und
Arbeitsort ermöglichen und somit auf die sich ändernde Lebensbedingungen langfristig reagiert werden kann. Durch ein hohes Maß an flexiblilität bei
der Planung der Grundrisse, wird somit ein wichtiges
Kriterium für nachhaltiges Bauen umgesetzt. Bei der
Anordung der Gebäude wurde darauf geachtet, jedes Haus so zu den Nachbargebäuden steht, dass
der Freiraum und die Südausrichtung möglichst groß
bleibt. Können die einzelnen Baukörper als eine Uminterpretation des Reihenhauses verstanden werden. Statt nebeneinander liegen die 200m² grossen
Wohneinheiten übereinander. Dennoch wird mit den
großen Terassen und dem gedeckten Umgang ein
hoher Grad an Privatsphäre erreicht. Dieses kompakte Konstruktionsprinzip sowie die konsequente
Ausrichtung nach Süden führt zu einer Steigerung
der Energieeffizienz.
Roman Schuppan
Bautechnologie
Während der Planungs- und Erstellungsphase wurden die Konstruktion und die Materialisierung der
Gebäude als Schwerpunkte thematisiert. Hierbei
stand nicht nur die Kostengünstigkeit bei gleichbleibender technischer Qualität, sondern auch die Ausbildung jedes Bauteils in Hinsicht auf eine Vielzahl
von Funktionen, Trennbarkeit von Schichten (Sanierung, Abbruch) sowie die Elementierung in handhabbaren Größen und Gewichten im Vordergrund.
Erstellung
Betonrohbau mit Holzstützen
Bei der Erstellung der Bauten kam ein altes Konzept
zum tragen, somit erfolge die Realisierung über eine
Bauhütte, hierbei wurde eine Vielzahl von Gewerken
in einer selbständigen Unternehmung zusammenfasst. Auf der Baustelle wurde sehr eng zusammen
gearbeitet. Zum Teil arbeiteten bis zu 30 verschiedene Firmen in einem Team zusammen. Dies wiederum erforderte eine Anpassung der Infrastruktur,
es entstanden Duschen, eine Baukantine sowie
eine Kaffeestube. Dabei stand die Kurze und direkte
Kommunikation im Vordergrund, Probleme konnten
an Ort und Stelle gelöst werden. Sämtliche Materialien wurden direkt beim Produzenten eingekauft
und als Rohmaterialien in Einheitsmaßen angelieferten und im Bauzelt mit geringstem Verschnitt und
Abfall zu Fertigelementen zusammengebaut. In der
Regel konnten diese von zwei Arbeitskräften bzw. im
Team montiert werden, z.B. Fassadenkonsturktion.
Wesendliche Gründe für dies Art der Baustellenorganisation sind die Kostenersparnis, Energieersparnis durch kürzere Wege bei der Lieferung der
verwendeten Materialen, sowie das Schaffen einer
hohe Motivation bei den Beteiligten.
Konstruktionsprinzipen
Die Grundrisse der realisierten Überbauungen zeigen ein differenziertes Abbild der lokalen sozialen
Gegebenheiten auf.
Die Bauhütte
105
Lebensdauer und Konstruktion
Wohnungen konnten noch während der Bauphase an veränderte Lebensumstände angepasst. Die
Flexibilität der Grundrisse ist auf das Tragwerkskonzepts des Gebäudes zurückzuführen. Der Kern
des Baukörpers ist ein Betonschacht, welcher die
statische Funktion übernimmt und den Lüftungsschacht für die Zuluft und Abluft beinhaltet. Dieser
Kern wird somit zum architektonischen, statischen
und haustechnischen Rückrat des Wohnkonzeptes
Balance. Die Betondecken werden an der Fassade
von den Parallam-Stützen (Markenbezeichnung)
aus verleimten Furnierstreifen zusätzlich getragen.
Furnierstreifenholz Parallam PSL (Parallel Strand
Lumber) besteht aus ca. 16 mm breiten und 3 mm
dicken Schälfurnierstreifen, die parallel zur Balkenlängsachse mit Phenolharzklebstoff verklebt sind.
Die Schälfurnierstreifen werden aus sehr hartem
Holz hergerstellt.
Bei der Raumaufteilung ist die individuelle Gestaltung frei gegeben, einzig die Kernzone mit der Infrastruktur sowie die Fassaden sind fix. Die haustechnische Versorgung der Küchen und Bäder erfolgt
über den Betonkern.
Die Zimmeraufteilung von zwei knapp 60m² bis
sechs knapp 10m² grossen Räumen kann selber
bestimmt werden. Die Wände, sind einfach zu bauen und leicht wieder zu entfernen. Sie übernehmen
keine tragende Funktion. Die Wohnungen jeder Nutzungsphase angepasst, nach Bedarf sogar in zwei
Wohnungen aufgeteilt werden
Trennbarkeit der Schichten
106
Grundrisse Wohnprojekt Balance
Die Rahmenkonstruktion der Fassade besteht aus
mehreren Schichten. Tragend dabei sind lediglich
die Parallam-Stützen die neben dem Betonkern eine
statische Funktion übernehmen.
Die Fassadenkonstruktion besteht aus den Eingangs beschriebenen Tragstützen aus Holz mit den
Maßen 160 /180mm und einem Rasterabstand von
246cm. Als Sekundärkonstruktion wurden TJI-träger
verwendet. TJI-Träger funktioniert nach dem gleich
Prinzip wie ein Stahlträger , ist jedoch aus Holzwerkstoffen gefertigt. Zwei Gurte aus verleimtem
Roman Schuppan
Schichtholz (Furniersperrholz ) werden durch einen
Steg aus OSB (Grobspanplatte ) über spezielle Verleimung verbunden und bilden so einen biegesteifen
Träger. Dieser Träger ist sehr leicht bei gleichzeitig
hoher Tragfähigkeit. Diese sind beidseitig mit Gipskarton beplankt und mit Zellulose ausgeblasen, Ausflockung 21cm. Der Holzanteil der Wand ist geringer
als im herkömmlichen Rahmenbau und verbessert
die Dämmeigenschaften um 9%.
An den Aussenwänden werden in allen Orientierungen neben den Fenstern die Kartonwaben in drei
Farben eingesetzt. Mit dem Wandaufbau von 36cm
Stärke und 21cm Zellulose wird ein U-Wert von
0.2W/m²K erreicht.
Darüber hinaus ist die Solarfassade mit einem Wärmepolster auf der Aussenwand zu vergleichen. Die
Abstrahlverluste sind mit dem vorgesetzten Glas
tiefer und da die Kartonwabe eine geringe Speicherfunktion übernimmt, ist der Wärmeverlust der Fassade im Vergleich zu einer Wand ohne Verglasung mit
gleichem U-Wert geringer.
Fassadenschnitt
Die Konstruktion kann auf einfache Art u. Weise
neuen Anforderungen angepasst werden. Die hinter
der Verglasung angeordneten Kartonwaben lassen
sich in Zukunft durch höherwertige Dammmaterialien einfach ersetzen.
Die hohe Trennbarkeit erlaubt es, Schichten der
Aussenwand nicht nur kostengünstig, sondern auch
wenig umweltbelastend auszuwechseln. Die umlaufende Brüstung aus unbehandelt Douglasie, lässt
darüber hinaus ein einfaches austauschen der Elemente zu. Es wird keine zusätzliche Rüstung benötig.
Abschließend kann das Wohnkonzept Balacne als
ein gelungenes Gesamtkonzept nachhaltig orientierter Planungsprinzipien gelten. Mehr solcher in ihrer Gesamtheit geplanter nachhaltiger Projekte wäre
wünschenswert.
Balkon und umlaufende Brüstung, Dougasie unbehandelt
107
Lebensdauer und Konstruktion
Trennbarkeit der Funktionsschichten
„Nur Minergie-Standard ist nicht mehr zukunftsfähig“
„Wichtig war zu zeigen, dass keine Abstriche bezüglich Ästhetik gemacht werden müssen.“
Peter Schürch
Ansicht Südwesten Beispiel Lamellentrennung
Thema: Minergie P Eco Haus
Projekt: Mehrfamilienhaus Gebhardstraße,
Architekt: Halle 58 Architekten
Ort: 3097 Liebfeld bei Bern Schweiz 2006
Das Mehrfamilienhaus Gebhardtstrasse des Architekten Peter Schürch der Halle 58 Architekten ist
das erste Minergie P Eco Haus, das in der Schweiz
realisiert worden ist. Besonders hervorzuheben ist
die Tatsache, daß der Architekt bei der Konstruktion
des Gebäudes ein differenzierte Trennung der jeweiligen Funktionskörper und der benötigten Isolation
vollzogen hat.
Als überzeugter Verfechter nachhaltiger Bauweisen,
sagt er, daß es nicht mehr zukunftsfähig sei, nur
Minergie-Standard zu erreichen. Wichtig bei diesem
Bau ist ihm eine passive Nutzung der Sonne, der
Einsatz von erneuerbaren Energien und die Verwendung von langlebigen und auch recycleten Materialien. Zentrale Maßnahme bei der Planung des
Gebäudes war eine optimale Wärmedämmung und
die Sonnenausrichtung.
Schnitt
Konstruktion
108
Ansicht Treppenhaus als Kaltraum ausgebildet
Das Untergeschoss des Objektes ist eine massive
Betonkonstruktion. Diese ist wasserdicht ausgeführt, weshalb man nicht auf Recycling-Beton zurückgegriffen hat. Die oberen Geschosse sind eine
komplette Holzrahmenkonstruktion, zur Glasfassade auf Betonstützen aufliegend. Der geschlossene
Fassadenteil besteht aus unbehandelten zementgebundenen Holzfaserplatten, die in einer Werkstatt vorfabriziert wurden. Etagenweise ist diese aus
Holzrahmenelementen, der raumhohen Verglasung
und einer Eingangstür aufgebaut. Als Decken zwischen den Wohnungen dienen 50 Zentimeter dicke
Holzkastendecken, die zum Teil mit Split gefüllt sind.
Thermisch getrennt von diesem Aufbau, gliedert
Kay Michalczack
sich davor das Treppenhaus, welches bewusst als
Kaltraum ausgelegt ist.
Treppenhaus ungedämmt
Grundriss
Zonierung
Am Beispiel des Grundrisses der Familie Schürch,
betritt man, nach dem Aufstieg durch das holzverschalte Treppenhaus, einen Flur, der in Richtung
der Schattenseite Zugang zu drei Zimmern und dem
Bad gewährleistet. In Richtung Südwesten öffnet
sich hingegen ein großer Koch-, Ess-, und Wohnbereich. Diesem Bereich vorgeglagert ist eine Terrasse
und ein Art Laubengang, der vertikal mit Holzlammellen komplett verschattet werden kann. Zellulose
(Isofloc) und Dreifachverglasungen isolieren das
Haus, biologische Farben zieren die Wände innen.
Eine Bodenheizung führt im Winter die nötige Wärme von der Pelletsheizung oder den Sonnenkollektoren zu. Eine Komfortlüftung sorgt permanent und
lautlos – ohne Wärmeverluste durch das Öffnen von
Fenstern – für frische Luft.
Besonders gefällt am Objekt das vermittelte Gefühl
durch die raumhohe Verglasung den Aussenraum
nach Innen zu transportieren und die Verschattung
eine Ebene vorzulagern. Es bietet sich damit ein erweitertes Raumgefühl mit klimatischen Vorteilen.
Detailschnitt Fassade
109
Lebensdauer und Konstruktion
Thema: Trennbarkeit der Schichten
Projekt: Forum Chriesbach
Architekt: Bob Gysin und Partner
Ort: Bern Schweiz 2006
.
Trennbarkeit der Schichten
„Architektur ist mehr als bloßes Bauen, Nachhaltigkeit mehr als eine Worthülse, dafür fühle ich mich als
CEO von BGP verantwortlich“ Bob Gysin
Das Forum Chriesbach ist das Wasserforschungsinstitut der ETHZ (Eidgenössisch-Technischen Hochschule Zürich). Es engagiert sich für den sorgfältigen
Umgang mit Wasser und anderen Ressourcen.
Um es überhaupt ressourcensparend zu realisieren,
war es wichtig das Gebäude in klar abgegrenzte, der
Funktion zugewiesene Bereiche zu gliedern.
Kubatur und Raumprogramm
Das Objekt ist ein Atrium umschliessender kompakter Baukörper, der Tageslicht hineinlässt. Der
Körper wird durch gebäudeprägende blaue Glaslamellen umhüllt. Diese sind einem von jedem Raum
erreichbaren Fluchtbalkon vorgelagert. Abhängig
von der Jahreszeit und dem damit verbundenen
Sonnenstand lassen sich die Lamellen ausrichten
und bieten somit optimale Verschattungsmöglichkeit
oder auch Geschlossenheit.
Ansicht von Südwesten
Schnitt Fassade Laubengang Büro
Die einzelnen Räume gliedern sich -förmig auf den
gesamten 5 Etagen um das Atrium, welches von einzelnen Sitzungsboxen in der Offenheit durchdrungen
wird und sich mit dem Treppenaufgang zum besonderen Erlebnis gestaltet.
Das Atrium, mit einem abgehangenem Modell eines
Wassermoleküls, lässt sich für Grossanlässe als
Empfangs- und Ausstellungsfläche nutzen. Es existieren zahlreiche Büroarbeitsplätze, Seminarräume, Vortragssäale, Sitzungszimmer, ein Restaurant
und eine Bibliothek.
Laubengang und Fluchtweg zwischen äußerer Hülle und
innerer Dämmschicht
110
Raumklima
Bei der Planung wurde ein ausgefeiltes Klimakon-
Kay Michalczack
zept für die Lüftungsführung entwickelt, daß eine
konventionelle Heizung oder Klimaanlage überflüssig macht. Eine zentrale Steuerung versorgt das Gebäude entweder mit vorgewärmter oder gekühlter
Luft, die aus der Versorgungstechnik gewonnen wird
und sich die Kernspeichermasse der Stahlbetonkonstruktion zu Nutze macht. Die klare Trennung der
Schichten in die vorgelagerten Lamellen der Fassade, den Laubengang und die innere Dämmschutzebene dient dem direktem Sonnenschutz und verhindert eine direkte Erwärmung der Luft im Inneren.
Die Vorlagerung des Fluchtweges in die äußeren
Laubengänge bildet so eine Art Luft-Pufferzone, die
dem Hausklima positiv zuarbeitet.
Anbringung der Glaslamellen
Konstruktion und Materialien
Bei dem Gebäude handelt es sich um einen reinen
Stahlbetonskelettbau. Grosser Wert wurde dabei auf
Ressourcenschonung als auch auf Umwelt und Gesundheitsverträglichkeit gelegt. Die Decken wurden
deshalb aus Recyclingbeton gefertigt.
Wandaufbau der inneren Dämmschicht
Schnitt Atrium mit Symbolik Lüftung
Die Ausfachung der Wände innerhalb der Stahlbetonskelettbauweise erfolgte in einer mehrschichtigen
Holzrahmenkonstruktion mit einem Querschnitt von
450mm.
Diese Schicht lässt sich eventueller Veränderungen
anpassen und in der Dämmstarke erweitern. Es
bietet sich durch die Aufbautrennung eine große
Flexibilität und Potential zukünftige Veränderungen
durchzuführen.
Atrium als seperater Luftraum zur Klimakontrolle
111
konstruktion
Minimierung von Konstruktionen
Um Konstruktionen in ihren Aufwand wie Transport,
Aufbau, Wartung und Rückbau zu minimieren ist es
von entscheidender Bedeutung wie komplex das
einzelne Tragwerk konzipiert ist. Ein wesentlicher
Faktor ist die Summe der verwendeten Materialien
bzw. der Verbund dieser. Je weniger unterschiedliche Materialien im Gebrauch sind um so weniger
Verknüpfungspunkte/ Fügungen sind auszuführen.
Umso einfacher, leichter und somit nachhaltiger wird
das Gebäude. Ferner spielt die kraftoptimierte Geometrie eine Entscheidende Rolle, was nicht immer
mit dem Gestaltungswillen konform geht.
So ist es clever sich den tatsächlichen, aus Eigengewicht und Verkehrslasten, resultierenden Kraftflüssen anzupassen um mögliche auftretende Momente
zu eliminieren, und dadurch unnötige Bewehrungsmaßnahmen mittels Armierungsgitter, Über- Unterzügen etc. zu vermeiden. Genauer sollten nur Normalkräfte (Zug oder Druck) im Bauteil fließen.
Folgend sind Prinzipien von Seiltragwerken und
Schalenkonstruktionen beschrieben die aufgrund
dieser Überlegungen entwickelt wurden.
Konstruktionen von Frei Otto
Eine zwischen zwei festen Punkten gespannte Membran die gleichzeitig Dach und Dachhaut darstellt ist
das hängende Dach, welches dem Urtyp Zelt zugrunde liegt. Entsprechend den Hängebrücken in
ihrer Bauweise sehr ähnlich gibt es zwei Typen hängender Dächer:
Frei Otto
Prinzipskizze: starre Fahrbahn/ starres Dach
Prinzipskizze: flexible Fahrbahn/ flexibles Dach
112
-Eine starre Fahrbahn / ein starres Dach hängt an
Tragseilen:
Um sich durch Wettereinflüsse nicht zu verformen,
muss bei dieser Bauweise das Dach in sich steif
sein, wodurch es aber schwer und kompliziert zu
bauen ist. Exemplarisch wurde z.B. die Golden Gate
Brücke in SanFrancisco und ein Pavillon zur Weltausstellung 1933 in Chicago mit einem Durchmesser von 60 m gebaut.
-Eine flexible Fahrbahn / ein flexibles Dach hängt
zwischen Trag- und Spannseilen:
Die Vorteile dieser Konstruktion überwiegen, denn
hier wird die Stabilität der Fahrbahn oder des Daches
durch sich gegenseitig belastende, in verschiedene
Daniel Meister
Richtungen gekrümmte Bauteile erreicht. Diese
Konstruktion ist resistent gegen Wind, Regen und
Schnee da sie in ihrer Gesamtheit unter Spannung
steht. Frei Ottos Bauwerke, wie das Olympiastadion in München (rechts ) funktionieren zum Großteil
nach diesem Prinzip.
Zugbeanspruchte Konstruktionen brauchen also
in sich keine Steifigkeit und können daher leicht
und einfach konstruiert werden. Vorgespannte gekrümmte Gebilde sind dabei für Dächer besonders
geeignet. Hierbei wird durch Vorspannung des Materials in verschiedene Richtungen eine dünne Membrane besonders steif, welche im gewichtslosen Zustand unter Spannung steht. Zirkuszelte werden in
der Regel so gebaut.
Zugbeanspruchten Konstruktionen sind auch Seilnetze, welche genauso reagieren wie eine geschlossene Haut. Spannt man deren Seile so, dass an jedem Seilende die gleiche Kraft auftritt, so erhält man
die „Grundform“, die Minimalfläche, die die optimale,
stabilste und sicherste Form darstellt.
Frei Otto entwickelte zur Findung dieser Minimalfläche verschiedene Seifenhautversuche, da sich diese Form mathematisch kaum erfassen lässt. Hierzu
wird ein Rahmen, der den geometrischen Anforderungen des späteren Bauwerks entspricht, in Seifenlauge getaucht. Nach dem Herausnehmen bleibt
innerhalb des Rahmens eine Seifenhaut bestehen,
die, die später möglichst exakt zu realisierende
Dachform darstellt. Die Seifenhaut wird vermessen
und maßstabsgerecht auf Netze oder Stoffe übertragen.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte auch Antoni
Gaudí ähnliche Methoden zur Findung einer stabilen
Form seiner Bauwerke durch Experimente verwendet. Da er druckbeanspruchte Bauwerke schuf war
seine Methode allerdings eine andere. Er hing Ketten oder Schnüre mit kleinen Gewichten an Haken,
die in ihrer Anordnung dem späteren Standpunkt
der Säulen und Stützkonstruktionen entsprach. Eine
Fotografie der Anordnung, um 180 Grad gedreht,
zeigte dann den optimalen Formverlauf z.B. eines
Gewölbes. Erstmals verwendete Gaudí diese Methode für die Planung der Kapelle der Siedlung Güell
und später bei der Sagrada Familia.
Minimalfläche
Olympiastadion München
-vorgespannte Seilnetzkonstruktion
-besteht aus 9 einzelnen Seilnetzen
-teilkreisförmige Gesamtfläche von 34550m²
-8 Stützen außerhalb des Stadions verankert
-großer Zugring übernimmt Abspannung
-Sattelschale doppelt gegesinnig gekrümmt
113
schlanke Tragwerke
Multihalle Mannheim
Multihalle Mannheim Hängemodell
Hein Isler
114
Wenn man sich eine Kette an zwei Punkten schlaff
aufgehängt vorstellt so ergibt sich durch ihr Eigengewicht die Katenoide, die Kettenlinie. Die Kettenlinie
ist eine geometrische Form bei der als Schnittkräfte
nur Zugkräfte auftreten und somit umgedreht vorgestellt nur Druckkräfte aufnimmt.
Auch Frei Otto experimentierte mit der Hängemethode zur Planung einiger druckbeanspruchter Konstruktionen, wie z.B. der Multihalle in Mannheim
(1975) für die er eigens ein Kettenmodel im Maßstab
1:5 anfertigte hier links im Bild.
Später beschäftigte sich Otto viel mit einer Sonderform der zugbeanspruchten Konstruktionen, den
Pneus. Auch bei diesen, meist kuppelartig geformten
Gebilde steht das Material unter Zugbelastung, da
durch den im Inneren aufgebauten höheren Luftdruck wiederum eine Vorspannung erzeugt wird, die
für Stabilität sorgt. Allen Konstruktionen ist gemein,
dass gezieltes Entwerfen nur selten möglich ist, da
die Idealform physikalisch vorgegeben ist. Doch gerade diese naturgegebene Form innerhalb des vom
Architekten vorgegebenen Rahmens gibt den zugbeanspruchten Konstruktionen ihre besondere ästhetische Anmutung.
Konstruktionen von Heinz Isler
Durch Naturbeobachtungen und nicht mit mathematischen Definitionen entwickelte Isler die optimalen
Formen von dünnwandigen Schalen aus Beton, die
als Dächer verwendet werden. Ursprünglich experimentierte Isler mit geometrischen Schalen. Aufgrund
des nicht optimiert geleiteten Kraftverlaufes gibt es
Momente welche er nur durch Stahlbeton ableiten
konnte. Für ihn war es wichtig das Tragwerk so zu
konzipieren dass es möglichst schlank wird und
große Spannweiten überbrücken konnte. Er suchte
nach neuen Möglichkeiten Geometrien zu erstellen
und lenkte sein Augenmerk auf die in der Natur vorkommenden Konstruktionen. Er entwickelte drei Betrachtungsweisen für die Schalenerstellung.
Die erste Betrachtung (1954) lag einer Kissenform
zu Grunde, die er durch eine in Holzrahmen gespannte Gummimembran, mittels Luftdruck erzeugt
werden konnten. Hierbei entstand die Buckelschale
die vorzüglich für Industriebauten verwendet wurde
weil sie einen praktischen rechteckigen Grundriss
hatte, es somit keine „toten“ Ecken gab und folglich
gesamtflächig nutzbar ist. Desweiteren ist die Buckelschale von Isler beliebig kombinierbar. Die entstehenden Randspannungen mussten aber immer
noch mit Zuggliedern abgefangen werden. Aus der
aufgeblasenen Membran entstanden Buckelscha-
Daniel Meister
len, die Grundrisse von 54 Meter × 58 Meter mit 15
bis 19 Zentimeter dicken Stahlbetonschalen überspannen.
Sein Garten diente ihm für zahlreiche Studien, so
entdeckte er im Winter 1955 das Prinzip des hängenden Tuches. Durch Benetzung mit Wasser und
das anschließende Gefrieren von Tüchern konzipierte er Schalen. Die gefrorene Form folgte dem Eigengewicht und ist beim auf dem Kopf stellen völlig
druckbeansprucht, wodurch er dem Einsatz von Bewehrung gänzlich eliminierte. Zudem kam, dass das
reine Druckgebilde keine Spannungsrisse aufweist
womit der Einsatz einer wasserdichten Dachhaut
entfällt. Anwendung fand dieses Prinzip z.B. bei der
Tankstelle von Detingen.
Dritte Beobachtung ereignete sich in einer Fabrik er
sah dort zum dritten Mal eine organische hügelform,
als er Polyurethanschaum aus einem Rechteckrohr
quellen sah. Hiermit entstand eine Kuppel die nicht
nur an vier Punkten, sondern an der gesamten Außenlinie des Rechteckgrundriss die Kräfte ableitet.
An Modellen wies er meist die ausreichende Standsicherheit nach. Außerdem legte er den Bauablauf
fest, überwachte die Bauausführung und beobachtete jahrelang das Tragverhalten der Schalen.
Alle hier genannten Konstruktionsprinzipien eignen
sich hervorragend für Überdachungen, sind schnell
zu erstellen und durch die gering verwendeten Massen verhältnismäßig kostengünstig. Unbewehrte Betonschalen benötigen bei der Erstellung allerdings
viel Schalungstrukturen, die nach Fertigstellung des
Bauwerks oft nicht wiederverwendet werden können. Die Wartung dagegen ist oft unproblematisch
und gerade bei Islers selbstverdichtenden Schalen
gar nicht, bis auf Säuberungsaktionen, notwendig.
Ferner ist besonders positiv hervorzuheben, dass
der Energieaufwand beim Rückbau gering ausfällt,
da man den Beton komplett als Recyclingmaterial
verwenden kann und nicht aufwendig von der Bewehrung getrennt werden muss. Problematisch ist
die Anbindung einer Fassade an die oft doppelt gekrümmten Geometrien. Häufig stellen Dehnungsfugen und komplizierte Anschlüsse einen erhöhten
Aufwand dar.
Nichtsdestotrotz sind Seil- und Schalentragwerke
eine effiziente Methode, freie Überdachungen zu
realisieren. Durch ihren einfachen, homogenen und
materialoptimierten Aufbau werden diese Konstruktionen besonders ressourcenschonend und sind somit
äußerst nachhaltig für ihren spezifischen Zweck.
Kissenform im Industriebau
hängendes Tuch, Tankstelle bei Deitingen
Fließform, Überdachung Firma Kirchler
115
Konstruktion
„Recycling konstruktiver Elemente“
Thema: „Recycling konstruktiver Elemente“
Projekt: Das recyclete Haus
Beispiele: Marie-Curie-Gymnasium
Einfamilienhaus in Leinefelde
Wohnblock in Magdeburg
Die demographische Entwicklung in Deutschland
wird anhand der Rückbauplanungen und Totalabrisse
von Plattenbauten auf drastische Weise deutlich. So
das sich die Frage stellt, inwiefern die Vernichtung
von materiellen Werten unter zusätzlicher Investition
von Geld und Energie sowohl ökonomisch als auch
ökologisch nachhaltig ist. Aus stadtplanerischen und
¿QDQ]LHOOHQ$VSHNWHQZLUGHV]XNQIWLJXQDXVZHLFKlich sein einzelne Siedlungsgebiete mit Rücklaufendem Wohnbedarf den aktuellen gegebenheitenanzupassen. Unter dem Titel „Up-Cycling“ wird die
Schaffung eines Mehrwertes aus vermeintlich überÀVVLJHQ5HVVRXUFHQ]XP.RQ]HSWJHPDFKW'XUFK
den teilweisen Rückbau von Wohnblöcken mit der
Sanierung des verbleibende Gebäudestumpfes oder
der Remontage als Ein- oder Zweifamilienhäuser
wird ein menschenfreundliches Verhältnis zwischen
%DXPDVVH XQG )UHLÀlFKHQ DQJHVWUHEW ,Q GHQ IROgenden 3 Beispielen werden kurz die Konzepte der
jeweiligen Projekte bezüglich des Plattebau recyclings erläutert.
Modernisierung einer Plattenbauschule
„Up Recycling“ das Potential der Platte
Im Rahmen eines Pilotprojektes der Thüringer
Landesregierung wurde die Sanierung des MarieCurie-Gymnasiums ermöglicht. Ziel des Projektes
war es, die in Plattenbauweise errichtete Schule
den modernen pädagogischen Anforderungen anzupassen und die teilweise mangelhafte Bausubstanz zu modernisieren. Oberlichter im neu erstellten Verbindungsgebäude lassen Licht und Helligkeit
in das vorher beengend wirkende Gebäude. Durch
moderne Materialien bei der Innenausstattung und
architektonischer Leichtigkeit kann das aus den
80er Jahren stammende Plattenbaugebäude ohne
Zweifel überzeugen. Oberlichter im neu erstellten
Verbindungsgebäude lassen Licht und Helligkeit
in das vorher beengend wirkende Gebäude.Die eigentlichen Gebäudekörper blieben erhalten und die
Raumaufteilung für die notwendigen Klassenraumgrössen wurden angepasst.
Remontage eines Einfamilienhauses
116
Marie-Curie-Gymnasium in Bad Berka
In diesesem Projekt wird deutlicht, dass die integrative Stadtentwicklung die Einwohner Leinefeldes mit
Sandra Grenner
„auf die Reise nimmt“ und zu privatwirtschaftlich motivierten Projekten einlädt. Bauherren die bisher in
einer Plattenbauwohnung zu Hause waren und mit
Größe, Schnitt und Ausrichtung zufrieden sind, werden die potentiellen Kunden sein. In Ihrem neuen
Eigenheim sollen sich diese Eigenschaften wieder
¿QGHQ 6R QHKPHQ VLFK GLH %DXKHUUHQ LKUH 3ODWtenbauwohnung „mit ins Grüne“. Aufgrund der Bestandsorientierten Planung kann ein Wiederverwendungsgrad von ca. 80% erreicht werden.
Der Rohbau richtet sich nach dem statischen System des demontierten Bestandsgebäudes, wobei
die Installationsführung und die Raumunterteilung
individuell nach den Wünschen der Bauherren über
nichttragende Trockenbau Konstruktionen ausgeführt wurden. Das entstandene Gebäudekonzept
orientiert sich an den Parametern der ehemaligen
Mietwohnung. Die gewünschten Kriterien an Raumgrößen, Raumaufteilung und allseitiger Belichtung
wurden mit aufgenommen. Die entstandene ebenerdige Erschließung des Wohnbereiches, des Carports und des Kellerersatzraumes werden langfristig
die Wohnqualität steigern.
Einfamilienehaus in Leinefelde
Rückbau zum Mehrfamilienhaus
Einst standen hier fünfgeschossige Wohnblocks, die
bis auf das dritte Geschoss zurückgebaut wurden
und mit Ziegeldächern versehen. 44 Wohneinheiten
im Reihenhaus-Stil mit jeweils zwei Vollgeschossen
und einem Dachgeschoss sind entstanden. Anstelle des Flachdachs zieren nun kleingliedrige Satteldächer mit Ziegeldeckung den Gebäudeabschluss.
Um diese optisch interessanter zu gestalten, wurde
bei jedem dritten Reihenhaus die Firstrichtung des
Dachs um 90 Grad versetzt angeordnet. Die einst
kleinen Wohnungen von 56 m² wurden zu WohnHLQKHLWHQ DE Pð :RKQÀlFKH -HGH 5HLKHQhaus-Wohnung ist voll unterkellert, mit separatem
Eingang, PKW-Stellplatz vor der Tür, Garten und
Terrasse.
Das Potential der Ostdeutschen Wohnplatte in
ökologischer wie auch ökonomischer Hinsicht ist
erkannt worden und animiert die heutige Architektenschaft zu ansehnlichen „Neubauten“. Trotz der
eingeschränkten Formvarianten ist eine individuelle
Erscheinungsform möglich.
„Spendergebäude“ Plattenbau
Umgebauter Wohnblock in Magdeburg/SachsenAnhalt
117
Konstruktion
Thema: „Reduktion von Schichten“
Projekt: MFH Martinsbergstrasse
Architekten: Urs Burkard Adrian Meyer + Partner
Ort: industriebrache im Zentrum
Martinsbergstrasse in Baden
Nordfassade mit Garagenerschliessung und Nebeneingaengen
„Reduktion von Schichten“
Die Bebauung ist an der südöstlichen Ecke des
Merker-Areals, einer Industriebrache im Zentrum
YRQ%DGHQ]X¿QGHQ'LHGUHLIUHLVWHKHQGHQ%DXN|Uper, von denen in einer ersten Phase zwei realisiert
wurden, spiegeln das typologische Muster von Einzelhäusern aus dem frühen 20. Jahrhundert wieder,
GDV HQWODQJ GHU 0DUWLQVEHUJVWUDVVH ]X ¿QGHQ ZDU
Südseitig werden die Bauten als Solitäre wahrgenommen. Durch den Niveauunterschied auf der
Nordseite, liegt das Untergeschoss frei und bildet
ein zusammenhängendes Fassadenbild. Das Projekt stellt ein Experimentalbau auf städtebaulicher,
sozialer sowie auf räumlicher und konstruktiver Ebene dar.
Fensteröffnungen
118
Schnitt
Die Spannweiten der Fenster von Süd- und Nordfassade gehen mit ca. 4,60 m hart an die Grenzen
des Möglichen. Das angrenzende Optitherm Mauerwerk kann seiner Porosität wegen , weniger Druck
aufnehmen und hält nur knapp die Hälfte der Kräfte
eines normalen Backsteins aus. Ost- und Westseite sind geprägt vom Geschossweisen Wechselspiel
zwischen Fassadenbündigen Nurglas Fenstern und
französischen Fenstern mit tiefer Leibung. Die Lastverteilenden Stirndeckenelemente
ermöglichen.
dem Bauherrn aus entwerferischer Sicht bis kurz vor
%DXEHJLQQGLHÀH[LEOH$QRUGQXQJGHU)HQVWHU
Sandra Grenner
Schichtenaufbau der Außenwände
Der konstruktive Aufbau der Außenwände setzt sich
aus einem 40 cm dicken Verband aus «Optitherm»Steinen (Isolierstein) und 12 cm «Kelesto» (unterhalb der Sintergrenze gebrannter Sichtbackstein)
zusammen. Die beiden Mauerwerksschalen werden gleichzeitig hoch gemauert und in jeder 4. Lage
durch eine Binderreihe miteinander verzahnt. Die so
entstehenden Holräume in der Außenwand bleiben
unverfüllt und stellen einen Dämmeffekt her, der mit
einem U-Wert von 0.38 W/m2K angegeben werden
kann. Der beinahe identische Dehnungsfaktor beiGHU6FKLFKWHQOlVVWHLQH'HKQXQJVIXJHEHUÀVVLJ
werden.
Die Geschoßhohe Verglasung der Veranden ist beinahe auf die gesamte Breite zu öffnen, indem die Flügel vor das Mauerwerk geschoben werden können.
So wird die Veranda, welche im Winter als Pufferzone dient, zum vollwertigen Balkon. Auf Blockrahmen,
wie bei üblichen Schiebefenstern, wurde bewusst
verzichtet. Eine untere und obere Führungsschiene
kamen zur Anwendung und ermöglichten durch die
Tiefenstaffelung von Fenster und Mauerwerk der
Fassade eine Plastizität zu vermitteln.
Aussenwaende aus 40cm aus «Optitherm»-Steinen und
12 cm «Kelesto» (unterhalb der Sintergrenze gebrannter
Sichtbackstein)
Unterschiedliche Raumhöhen
Die jeweils vier Geschosse der Wohnbauten wurden so miteinander verschränkt, dass ein drei Meter hoher, durchgehender Wohnraum mit einem
normal hohen, kleinteiligeren Bereich (Schlafen/Arbeiten_2.5 m) in Beziehung gesetzt wurde. In jedem
Geschoss wechseln die Wohnfunktionen die Seite,
um sich die unterschiedlichen Raumhöhen zu nutze
zu machen. Der Zentral integrierte Treppenkern mit
Aufzug gestattet den Bewohnern eine Nord- und Süderschließung und lässt dem Wohnraum die maximale Belichtungsmöglichkeit.
Im Experiment mit dem Aussenwandaufbau sind in
diesem Gebäude relative gute Ergebnisse erzielt
worden,die jedoch zukünftig ohne nachträgliche
Maßnahmen nicht zufriedenstellend sein werden.
Die Verander als unbeheizte Zwischenzone
1.OG Grundriss
2.OG Grundriss
119
120
Tino Müller
Anne-Caroline Bergmann
Franziska Kestel
Anna Viktoria Rödde
Lebensdauer und Material
“Mehr denn je wird es Zeit, zu unseren Ursprüngen
zurückzukehren, unser Verständnis von Umwelt zu
vertiefen und damit den Wäldern, die für die Gestaltung und Entwicklung des menschlichen Geistes
eine so wichtige Rolle spielen, anders umzugehen.“
Tadao Ando
Wenn man sich mit der Lebensdauer von Gebäuden
auseinandersetzt, ist das Material ein, wenn nicht
das entscheidende Thema.
Heute ist es immer wichtiger über die Fertigstellung
der Bauten allein hinaus zu planen, den Lebenszyklus zu Ende zu denken, die Konstruktion und vor
allem das Material betreffend. Bei der Auswahl des
Baustoffs ist zu bedenken welche Rohstoffe die
Herstellung benötigt, sowohl „aktiv“ -als späterer
Bestandteil des Materials- als auch „passiv“ -als Energielieferant zur Herstellung. Also welcher Primärenergiebedarf entsteht? Das heißt, wie weit muss der
Baustoff zur Produktion und von dort zur Baustelle
transportiert werden und wie aufwändig ist dieser
Transport in Bezug auf Gewicht und Dimension des
Materials? Was genau leistet dieser Baustoff? Ist er
alleine in der Lage wichtige Anforderungen zu erfüllen oder ist eine Kombination mit anderen Materialen
unbedingt nötig? In diesem Fall, welche Kombinationsvarianten gibt es und wie sieht diese Verbindung
tatsächlich aus?
Diese Fragen spielen vor allem für den letzten Lebensabschnitt der Gebäude eine Rolle, für den Abbruch und die Entsorgung. Allgemein unterscheidet
man Materialien, die recyclebar sind, also wieder zu
verwenden oder zu verwerten, und solche, die als
Abfall enden, der nicht weiter zu verwenden ist und
so die Umwelt belastet.
Wenn Materialien in Kombination mit anderen verwendet werden, wie es meist nötig ist um die vielfältigen und umfangreichen Anforderungen moderner Bauten zu genügen, ist die anschließende
Trennbarkeit zu berücksichtigen. Ist beispielsweise
ein recyclebarer Stoff mit einem nicht-recyclebarem
untrennbar kombiniert, entstehen damit vermeidbar
größere Mengen von Abfall. Insofern ist es Aufgabe
der Forschung Möglichkeiten zu finden genau solche Probleme von vornherein zu vermeiden. Also
die Optimierung von Verbindungen, sodass sie im
Nachhinein trennbar sind, Konstruktionen mit nicht
schädlichen Verbindungsmitteln oder im besten Fall
ganz ohne gesondertes Verbindungsmittel.
Im Folgenden wird eine Auswahl von Materialien vorgestellt, die ein gutes Beispiel dafür sind, was Weiterentwicklung von bereits bekannten Materialien
möglich macht. Dabei werden die Eigenschaften
und Stärken neu betrachtet und der Einsatz unter
Beachtung dieser Erkenntnisse optimiert.
Neben dieser Forschung ist die wohl noch größere
Aufgabe im Prozess des Nachhaltigen Bauens die
Veränderung des Bewusstseins der Bauherren und
Planer -und eine Art von Aufklärung darüber, was inzwischen möglich ist.
121
Lebensdauer und Material
Alt bekannt und neu entdeckt
Wenn man über Material im nachhaltigen Bauen
spricht, sollte der Holzbau nicht ungenannt bleiben.
Durch verschiedene Umstände ist die Forschung in
diesem Gebiet zu neuen, innovativen Ergebnissen
gekommen, sodass erstmals in der Geschichte eine
Entwicklung weg vom Massivbau hin zum Holzbau
beobachtet wird (besonders in Skandinavien und
Zentraleuropa). Grund hierfür ist vor allem der bewusstere Umgang mit dem Rohstoff und seinen Eigenschaften.
In der Geschichte des Holzbaus wurde hauptsächlich
mit Vollholz gearbeitet, sodass eine hohe Holzqualität nötig war und viel Ausschuss produziert wurde.
Rohstoffknappheit ist im Gegensatz dazu heute in
allen Bereichen ein aktuelles Thema und verändert
so auch den Holzbau entscheident. Um auch mit Hölzern geringerer Qualität und ihren Produkten bauen
zu können, musste eine grundsetzliche Änderung
der Konstruktionsstruktur vorgenommen werden: an
die Stelle des Stabs als Grundelement tritt nun die
Platte. Für die Herstellung wird Holz aller Qualitäten
verwendet -vom Vollholz bis zum Span- und dem
entsprechend entstehen Holzwerkstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften. Allen gemeinsam sind
die sehr guten Voraussetzungen der Platte: Richtungsneutralität, hohe Festigkeit, Steifigkeit und die
statische Scheibenwirkung. Durch die sich daraus
ergebende Auflösung des bisher nötigen Rasters im
Holzbau, entsteht eine große Flexibilität für die Gestaltung, besonders im Hinblick auf die Öffnungen.
Ein weiterer Charakterzug des neuen Holzbaus ist
die Vorfabrikation. So entstehen Fertigbausysteme
122
Bresta Brettstapelelement
aus Kombination verschiedener Materialschichten,
was die Ausnutzung der spezifischen Eigenschaften
der einzelnen Bestandteile optimiert. Dabei muss
erwähnt werden, dass sich auch der Begriff „Fertigbauweise“ verändert hat. Es handelt sich nicht um
massenweise vorgefertigte Modulelemente, die die
Planung und Gestaltung auf ein Raster festlegen,
vielmehr wird in enger Zusammenarbeit von Architekt und (Holz-)Fachplanern der fertige Entwurf in für
Transport und Handling ideale Teile „gestückelt“, die
als Blackbox auf die Baustelle geliefert werden und
vorort nur noch zusammengesetzt werden müssen.
Der Begriff Blackbox beschreibt in diesem Zusammenhang das fertige Sandwichelement, dass die
Anforderungen von Tragwerk, Bauphysik und Witterunsschutz erfüllt.
Das alles macht den Holzbau aus heutiger Sicht in
der Disskusion zum Thema ökologisches und ökonomisches Bauen mehr als konkurrensfähig. Und nicht
zuletzt ist das ein Beispiel dafür was möglich wird
wenn man ein Material genauer betrachtet und den
erkannten Charakter im positiven zu nutzen weiß.
Vorbereitung total
Im Folgenden wird ein Auswahl von aktuellen Präfabsystemen vorgestellt, anhand derer die Vorteile
von geschicktem Umgang mit dem Material Holz alleine oder in Kombination mit anderen Materialien
deutlich werden.
+ Bresta Brettstapelsystem
Bei diesem Präfabrikationssystem handelt es sich
um ein Schichtholzelement, für das auch minderwertiges Material verwendet werden kann. Die Verbindung der einzelnen Seitenbretter (30mm stark)
erfolgt ausschließlich durch Hartholzdübel, also eine
lösbare Variante die keinen Leim benötigt. In der
Planung kann dieses Element für Wände (8-12cm)
und Decken (18-26cm) verwendet werden und bietet hohe Flexibilität da kein Raster nötig (Scheibe)
und die Elementgröße beliebig möglich ist. Auch die
Öffnungen sind frei zu setzten. Die Wärmespeichereigenschaften des Holzes werden dabei optimal
ausgenutzt.
Anna Viktoria Rödde
+ Ligu Holzbauelement
Das Ligu-Element nutzt in seinem Aufbau aus Massivholzlamellen, abwechselnd mit Luftkammern geschichtet, die Dämmeigenschaften von Holz in Kombination mit stehender Luft. Dadurch wird jeglicher
weiterer Dämmstoff unnötig -optimale Schichtenreduktion und Materialersparnis.
+ Wellsteg Kammer-Element
In diesem Element ist dasHauptaugenmerk bei der
Optimierung auf das Gewicht im Verhältnis zur Leistung gerichtet. Durch die Konstruktion (Wellstegträger mit gewelltem Sperrholzsteg) sind nur 7% Gewicht einer Betondecke nötig, um die gleiche Auflast
bei gleicher Höhe und Stützweite zu tragen.
Ligu Holzbauelement: Wand - Decke - Dach
+ Eco Welding: Holz schweißen
Eco Welding ist ein Verfahren zur Thermo-mechanischen Holz-Holz-Verbindung. Seit zehn Jahren
forscht und entwickelt Dr. Balz Gfeller, Hochschule
für Architektur, Bau und Holz HSB, und sein Team
nun schon diese ökologische Holzschweiß-Technologie der Zukunft, die inzwischen mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde.
Variationen des selben Prinzips, nämlich Verbindung Holz-Holz durch einen Anregungsmechanismus (Reibung) ohne Leim, sind das Ultraschall-Verfahren, das Lineare Reibschweißen, das Orbitale
Reibschweißen und das Rotationsschweißen. Unterschiede liegen dabei in der Bewegungsrichtung,
Frequenz und Amplitude. So wird das UltraschallVerfahren vor allem für punktuelle Verschweißung
und Verbindung kleiner Flächen genutzt, während
das Rotationsschweißen besonders für stabförmige
Verbindungsmittel (z.B. Dübel) geeignet ist. Das
Reibschweißen (Lineare Vibrationstechnologie) ermöglicht flächig starke Verbindung zweier Holzbauteile. - Lineare Vibrationstechnologie:
Ein Holzstück wird in die Schweißmaschine eingespannt und das zweite durch lineares Hin- und Herbewegen unter hohem Druck daran gerieben. Durch
die entstehende Temperatur wird der Holzbestandteil
Lignin an der Oberfläche geschmolzen und erhärtet
sofort wieder. Dabei entsteht eine sehr starke Verbindung, die sofort belastbar ist. Das Produkt kann
sofort weiter verarbeitet werden.
Wellsteg Kammer-Element
Eco Welding
123
Lebensdauer und Material
e 3. Berliner Holzhochhaus
Ansicht Esmarckstraße
Verwendete Knotenvarianten
124
Detail: „Hochhängen“ der Brettstapel an den Deckenrändern
Thema: Lebensdauer und Material
Projekt: e3 -Wohnhaus Esmarckstraße
Architekt: Kaden + Klingbeil Architekten, Berlin
Ingenieure: Dipl.Ing. Tobias Linse, Dachau, und
Bois Consult Natterer BCN, Etoy (CH)
Ort: Berlin Prenzlauer Berg
Hochhäuser aus Holz -per Definition höher als 21mgibt es schon seit dem 15. Jahrhundert und einige
davon sind auch heute noch in gutem Zustand. Allerdings haben sich die Ansprüche und Anforderungen
an Wohnbauten seit dem Mittelalter sehr verändert,
weshalb es trotzdem Verwunderung hervorruft, wenn
man von dem Neubau der Bauherrengemeinschaft
e3 aus Berlin hört.
Das Grundstück der Baugruppe liegt in einem gut
erhaltenen Gründerzeitquartier in Berlin Prenzlauer
Berg und bringt so die üblichen Dimensionen einer
Lückenbebauung mit sich. Grundlegender Wunsch
der Bauherren war es, ein ökologisch sinnvolles Gebäude zu bauen und Holz als elementaren Baustoff
dafür zu verwenden. Das Büro Kaden + Klingenbeil
Architekten war das einzige was dieses Vorhaben
nicht von vornherein als unmöglich abgetan, sondern Entwurfsansätze für das Holzwohnhaus der
Gebäudeklasse 5 vorgelegt hat. Dabei galt es in erster Linie eine Konstruktion zu entwickeln, die den
Brandschutzanforderungen an Wohngebäude höher
als 22m entspricht, da es in diesem Zusammenhang
baurechtlich einer Zustimmung im Einzelfall bedarf.
Kern dieses Entwurfs wurde also ein umfassendes
Brandschutzkonzept. Der wohl wichtigster Bestandteil dieses Konzepts ist das Treppenhaus, das als
Erschließungsturm in Stahlbeton F-90A ausgeführt
wurde und mit Abstand zum eigentlichen Gebäude die Wohneinheiten über Brücken erschließt,
sodass der Fluchtweg auch im Brandfall gesichert
ist. Ebenfalls in F-90A ausgeführt sind die Installationsschächte, von denen zwei auf der Mittelachse
des Gebäudes angeordnet sind und dort auch als
zentraler Bestandteil der Gesamtkonstruktion dienen. Der Aufbau dieser Konstruktion ist prinzipiell
simpel: es handelt sich um einen Holz-SkelettBaukörper der eine Hülle in Quaderform ausbildet.
Die Gebäudefassade ist diesem Raster folgend in
Anna Viktoria Rödde
einem Schachbrettmuster angelegt, in dem sich
Glasflächen mit geputzten Feldern abwechseln. Damit ist zusätzlicher Brandschutz durch erschwerten
Feuerübersprung erreicht. Die tragenden Stützen
des Skeletts sind in Massivholz F-90B(!) mit einem
Querschnitt von 30x36cm ausgebildet und stehen
in einem Abstand von 3 bis 3,30m. Die Knoten des
Skeletts sind ausschließlich in Stahl/Stahl ausgeführt. Die Aussteifung des Gebäudes wird von Auskreuzungen je eines Gefaches pro Fassade und den
Medienschächte in der Gebäudemittelachse übernommen. Diese Schächte tragen außerdem den
deckengleichen Unterzug, über den die Decken 6m
weit spannen. Dadurch ist eine freie Grundrissgestaltung in den Geschoss-Wohneinheiten garantiert.
Der Deckenaufbau ist wie das gesamte Gebäude
von dem Material Holz bestimmt: die Bauherren
hatten hier den Wunsch deckenunterseitig die Holzkonstruktion zu sehen. Dementsprechend wurde
eine Holz-Beton-Verbunddecke entwickelt. 16cm
Brettstapel-Holz mit einer 10cm starken Aufbetonschicht entsprechen dem Kraftfluss in den freispannenden Decken. Die Verbindung zwischen den beiden Materialien wird durch eine Ausblattung aus der
Oberseite der Holzschicht hergestellt, während der
Brandschutz durch eine Brandschutzbeschichtung
unterseitig gewährleistet ist. Um die Ansicht des Anschlusses Decke-Wand möglichst wenig zu stören
und den unterseitigen Riegelüberstand zu reduzieren, wurde das Verbundsystem so ausgeführt, dass
die Brettstapelschicht an der Wandoberfläche endet
und die Betonschicht durch zusetzliche Bewehrung
als Kragarm funktioniert, also alleine aufliegt. So ist
auch ein übergangsloser Anschluss an die BetonBrücken möglich.
Mit für dieses Gebäudevolumen normalen Kosten
leistet e3 wesentlich mehr als andere Neubauten:
es erfüllt KfW-40-Standart (förderungswürdig), alle
Wohnungen verfügen über einen mechanischen
Raumluftwechel mit Wärmerückgewinnung und der
Primarenergiebedarf liegt bei nur 50% imVergleich
zu konventioneller Bauweise. Alles in allem ein absolut vorbildliches Projekt für ökologisches Bauen
mit Holz was Schule machen sollte und beweist was
Holzbau heute zu leisten im Stande ist.
Längsschnitt
Detail Anschluss Holz-Beton-Verbunddecke Außenwand
125
Materialien
Bauen mit Glas
Glas ist nachhaltig
Eine verschwindend geringe Abnutzung macht Glas
zu einem Material von besonders hoher Lebensdauer.
Und durch seine vollständige Wiedervendbar- bzw.
Wiederverwertbarkeit gilt Glas als ein wirklich nachhaltiger Baustoff.
Glas ist stark
Glas birgt ein riesiges Innovationspotential. Immer
häufiger wird nicht nur aus gestaltungs-ästhetischen
Gesichtspunkten auf das an sich spröde und zerbrechliche Material zurückgegriffen, sondern auch
aufgrund vergleichsweise kleinerer Konstruktionsflächen.
Seit wenigen Jahren wird Glas im konstruktiven
Bereich eingesetzt.Dazu gehören schlanke Glasschwerter, wie zum Beispiel beim apple retail store
in der fifth avenue, New York.
Oder die Glastreppe, wie bei der 2006 fertiggestellten Zentrale eines Telekommunikationsunternehmens in Paris, die von zwei gläsernen Wänden getragen wird.
Allerdings trifft man aufgrund der relativ hohen Brüchigkeit, verglichen mit Stahl oder Holz, sehr schnell
an die Grenzen des Materials. Die bisher längste
selbsttragende Glasbrücke hat eine Spannweite von
knapp 7 Metern. Zum Vergleich: die längste selbsttragende Brücke aus Lego-Bausteinen überspannt
eine Länge von 14 Metern.
Glas hält warm
126
„Brücke 7“, entwickelt vom Instituts für Baukonstruktion
und Entwerfen, Lehrstuhl 2 der Universität Stuttgart
Das Innovationspotential von Glas wurde in den
letzten Jahrzehnten immer weiter ausgereift. Bei der
Wahl von Glas als Fassadenelement steht der Planer grundsätzlich vor zwei Problemen. Zum Einen
muss das Glas so beschaffen sein, dass es möglichst viel natürliches Tageslicht durchlässt, gleichzeitig soll es aber Sonneneinstrahlung im Sommer
weitestgehend in irgendeiner Weise reflektieren oder
Anne-Caroline Bergmann
absorbieren, um eine Überhitzung des Gebäudes zu
vermeiden.
Früher wurde aus diesem Grund das Glas ganz
einfach dunkel eingefärbt und die langwelligen Infrarotstrahlen, aus denen das Licht zu 51% besteht,
wurden somit vor Eintritt in das Gebäude absorbiert.
Auf diese Weise konnten die Innenräume zwar vor
Überhitzung geschützt werden, jedoch kam auch
verhältnismäßig wenig Tageslicht herein.
Heutzutage setzt man in unseren gemäßigten Breiten 3-fach-Isolierglas ein, das mit den Gasen Argon,
Krypton oder Xenon in ihrem Zwischenräumen gefüllt und mit einer Folie (die die langwelligen Infrarotstrahlen zurück in den Raum reflektiert) beschichtet
ist.
Die Gase haben eine geringere Wärmeleitfähigkeit
als Luft und verhindern so, dass zu viel Wärme eindringt. Argon ist dabei das preislich ökonomischste
Gas. Krypton und Xenon erlauben jedoch 3-fachVerglasungen, die nur unwesentlich dicker sind als
2-fach-Verglasungen.
Vollverglasung. Weiterer Sonnenschutz ist nicht erforderlich. Die Wärmeschutz- oder auch Klimafolie
befindet sich auf einer der beiden Glasscheiben auf
der innengelegenen Seite.
Durch die Beschichtung und die Befüllung der Scheibenzwischenräume mit Edelgas können bei hervorragenden Lichtdurchlässigkeitswerten extrem hohe
Wärmeschutzwerte erreicht werden (k-Wert = 0,45).
Der Lichttransmissionsgrad von 53 % ist verglichen
mit anderen Sonnenschutzisoliergläsern sehr hoch.
Das Heat-Mirror-Prinzip ist dabei die vorherige Technik der 3-Glasscheiben-Isolierung abzulösen. Mit
seinen zwei Glasscheiben ist es nicht nur schmaler
sondern auch leichter als bisherige Isolierverglasungen.
Die Firma Pilkington entwickelte in den letzten Jahren zusätzlich eine Titan-Dioxid-Beschichtung, die
für den sogenannten Lotus-Blüten Effekt sorgt.
Kombi-Glas
Neueste Entwicklungen sorgen hierbei für eine sehr
hohe Transparenz des Glases bei gleichzeitig sehr
guter Wärmedämmung. Ein spezielles Beschichtungsverfahren, durch das eine metallische Klimafolie aufgebracht wird, macht das möglich:
Die Beschichtungsmaterialien werden im Vakuum
einer Hochleistungskathodenzerstäubung ausgesetzt. Durch Ionenbombardement frei gewordene
Silber- und Metalloxidatome legen sich auf die Glasscheibe nieder.1
1
Detail 10/2004
Die Firma Glasfischer entwickelte auf Grundlage
dieses Verfahrens ein Dreifachisolierglas im sogenannten Heat-Mirror-Prinzip. Dieses Glas besteht
aus nur zwei Glasscheiben und einer Edelgasfüllung
im Zwischenraum und ist als Gebäudehülle in der
Lage im Winter eine Auskühlung der Räume zu verhindern. Im Sommer schützen die Edelgase Argon
und Krypton vor einer Überhitzung der Räume trotz
herkömmlicher Wandaufbau, Außendämmung Styrodur.
Dicke insgesamt: 40 cm, Dicke der Dämmung: 14 cm
3-fach-Isolierglas bestehend aus zwei Glasscheiben und
einer Edelgasfüllung. Dicke: 3,3 cm
127
Material
Thema: Glas
Projekt: Haus Sobek, R128
Architekt: Werner Sobek
Ort: Römerstraße 128, Stuttgart
Experimentalhaus des Architekten Werner Sobek, fertiggestellt 2000.
High-Eco-Tech-Architektur
Nordansicht des Gebäudes bei Nacht
Das Haus Sobek macht sich die Heat-MirrorTechnologie zu eigen: Der vollverglaste Kubus
(12,80x8,20x10m) kommt ohne Sonnenschutz aus.
Dafür sorgt nicht nur das 3-fach-Isolierglas, das im
Jahre 2000 noch so unerprobt war, dass der Architekt selbst die Garantie dafür übernahm, auch das
intelligente Kühlsystem hat seinen Anteil an einem
stets angenehmen Raumklima.
Durch Rohrleitungen, die bis tief unter die Erde führen, wird Wasser in die Unterste der vier Etagen des
Wohnhauses gepumpt. Die Temperatur des Wassers
hat zu diesem Zeitpunkt 15°C. Es wird mit Salz angereichert und in die unter den Decken befindlichen
Rohrleitungen geführt. Im Sommer kühlt das Wasser
die Räume, im Winter wird die Salzlösung im Wärmetauscher mittels Strom, der aus der Photovoltaikanlage auf dem Dach stammt, erwärmt.
Transparenz im ganzen Haus
128
Modellfoto des R 128
Die Maße einer Isolierglasscheibe hängen grundsätzlich immer von der maximal herstellbaren Größe
ihrer Klimaschutzfolie ab. So auch beim Haus Sobek: Die modularisierten Glaspaneele messen auf
der Nord- und Südseite 2,80m x 1,36m und auf der
Ost- und Westseite 2,80m x 1,42m.
Befestigt wurden die Scheiben nach dem structuralglazing-Verfahren. Nur an wenigen Metall-Füßen
kleben einzelne Scheiben an der Stahl-Skelett Kon-
Anne-Caroline Bergmann
struktion und sorgen damit für ein glattes einheitliches äußeres Erscheinungsbild.
Die vier Außenwände sind zugleich die einzigen
Wände im Haus Sobek. Eine Ausnahme bildet lediglich das WC, das von transluzentem Glas umgeben
ist.
Die gesamte technische Ausrüstung im Gebäude
ist frei sichtbar und nicht hinter Putz versteckt, dessen Entsorgung nur auf dem Sondemüll möglich ist.
Auch hier wurde an eine vollständige Rezyklierbarkeit des Hauses gedacht.
Die elektrischen Leitungen verlaufen in Alurohren,
die an den Stahträgern angeschraubt sind und sich
per Klappmechanismus öffnen lassen. Das Stahlskelett wird ebenfalls nur mit Schraubverbindungen
zusammengehalten. Die Dickholzfußböden sind
passgenau in die Konstruktion hineingelegt. Damit
sind alle Elemente leicht von einander trennbar und
wiederverwendbar. Dementsprechend schnell war
das R 128 auch montiert: Nur vier Tage brauchte
man zur Errichtung des Skeletts. Innerhalb von vier
Wochen war das komplette 4 geschossige Wohnhaus errichtet.
Das Material Glas leistet beim Haus Sobek hervorragende Arbeit. Trotz exponierter Südfassade herrschen in den Räumen immer angenehme Temperaturen, so dass auf einen vorgesetzten Sonnenschutz
verzichtet werden konnte, der das klare Erscheinungsbild des Architektenhauses beeinträchtigt hätte.
Daran hat natürlich das Kühl- und Heizsystem seinen eigenen Anteil. Einen sehr nachhaltigen noch
dazu, da es einen regenerative Energieträger, die
Erdwärme, nutzt.
Und auch die Lage des Haus Sobek machen eine
derart transparente Hülle erst möglich: Von der Straße aus versperrt das Garagentor die Sicht auf das
Haus. Ost und Westseite sind von Bäumen umgeben. Und in Richtung Süden steht das nächste Haus
viel zu weit entfernt, um die Privatsphäre der Sobeks
beeinträchtigen zu können.
So kann Werner Sobek mit einem Baupreis von
500.000 € nur im übertragenen Sinne die Blicke der
Neider auf sich ziehen.
129
Material
Außerordentlich hohe Dämmeigenschaften und Umweltfreundlichkeit in der Wiederverwertung machen
Stroh zu einem nachhaltigen Baustoff. So erhält ein
Material, das lange Jahre ausschließlich in der Landwirtschaft Verwendung fand, eine neue Aufgabe.
Bauen mit Stroh
ertses Strohballenhaus der USA, 1914
Geschichte und Entwicklung
Seit über hundert Jahren bewährt sich Stroh als Baumaterial in den USA. Davon zeugen viele Häuser,
die auch heute noch als Wohnhäuser genutzt werden. Erst seit 1999 ist diese Bauweise, aus Stohballen Häuser zu bauen, in Deutschland bekannt. Trotz
vieler Vorläufer in den Staaten, aber auch in Europa
(Frankreich, Schweiz) ist Stroh in Deutschland kein
baurechtlich zugelassenes Baumaterial.
Bis 2004 wurden erst zwanzig Strohballenhäuser,
wobei es sich nur um Experimentalbauten handelt,
in Deutschland gebaut. Dabei erfüllt Stroh alle Anforderungen an einen nachhaltigen Baustoff. Stroh verbraucht bei seiner Herstellung kaum Energie, da es
bei der Getreideernte als Abfallprodukt anfällt. Allein
das Pressen von Ballen benötigt Energie, die aber
durch die Photosynthese beim Wachsen des Getreides wieder an die Umwelt in Form von Sauerstoff
zurückgegeben wird. Durch viele Anbaugebiete ist
Stroh in großen Mengen überall in Deutschland erhältlich. Dies bewirkt, dass lange Anfahrtswege und
hohe Kosten beim Transport entfallen. Das Bauen
mit Stroh ist höchst umweltfreundlich, da das Material nach seiner Benutzung in den natürlichen Kreislauf, in Form von Mulch oder als Auflockerung für
den Ackerbau, zurückgeführt werden kann.
Herstellung und Verwendung
50-120 cm
32-70 cm
Strohballengrößen
130
50 - 300 cm
In verschiedene Ballenformen gepresst wird Stroh
hauptsächlich als Futterzusatz oder als Stalleinstreu
verwendet. Das lose Stroh, das der Mähdrescher
bei der Getreideernte abwirft, wird von einer Presse,
die meistens von einem Traktor gezogen wird, aufgesammelt und in handliche Ballen gepresst. Dabei
entstehen je nach Art der Presse, runde oder eckige
Strohballen.
Zum Bau von Häusern werden ausschließlich eckige
Strohballen verwendet. Je nach Konstruktionsart
werden verschieden große Ballen benötigt. Kleinballen (32/50/50-120), mittelgroße Ballen (50/80/70240) und Jumboballen (70/120/100-300) finden am
häufigsten Verwendung.
Tino Müller
Eigenschaften als Baumaterial
Durch die Verdichtung beim Pressen der Ballen
brennt Stroh nur sehr langsam. In Kombination mit
einem Putz als Schutzschicht erreicht es sogar einen Feuerwiderstandswert von F90. In Deutschland
ist ein Feuerwiderstandswert von F30 für Wohngebäude vorgeschrieben. Die dicken Wände, die typisch für Strohballenhäuser sind, weisen eine Wärmeleitfähigkeit von 0,0456 W/mK auf. Durch diesen
hohen Dämmwert können Strohballenhäuser bei
ordnungsgemäßer Ausführung Passivhaus-Standart
erreichen. Beim Bauen mit Stroh treten natürlich
auch verschiedene Bedenken auf, die aber unbegründet sind. Mäuse und Ungeziefer beispielsweise,
haben keine Chance sich in das Stroh einzunisten,
da durch die Pressung eine hohe Dichte entsteht.
Auch Feuchtigkeit führt nicht zum Schaden, wenn
das Stroh richtig austrocknen kann.
Daneben besitzt Stroh auch Eigenschaften, die das
Bauen beeinflussen. Durch die dicken Wände, die
immerhin 30% der Baufläche in Anspruch nehmen,
entstehen tiefe Fensterlaibungen, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen.
Außerdem können Strohballenhäuser nicht höher
als drei Geschosse gebaut werden, da das Stroh
dem hohen Druck nicht standhält und unter der hohen Last zusammenbrechen würde.
Lasttragende Bauweise
Wandkonstruktionen mit Stroh
Bei der Lasttragenden Bauweise wird die Last des
Daches direkt über die Strohballen abgetragen.
Hierbei werden Jumbostrohballen aufeinander gestapelt, verspannt und anschließend verputzt.
Bei der Nichtlasttragenden Bauweise ist das Haupttragwerk aus einer Holzständerkonstruktion, die anschließend mit kleinen Strohballen ausgefacht wird.
Das Stroh hat keine tragende Funktion.
Die vorgesetzte Strohballenschale als Dämmung
wird vorwiegend beim Sanieren von Altbauten verwendet. Vor die bereits bestehende Wand wird eine
Schale aus Kleinballen gesetzt. Dabei entstehen besonders tiefe Wandöffnungen. Zudem müssen Fundamente und Dachüberstände verbreitert werden.
Nichtlasttragende Bauweise
131
Oberthema (Arial Regular, 9 pt)
Projekt: Haus Braun
Architekt: Werner Schmidt
Ort: Disentis, Schweiz
Baujahr: 2002/2003
Jahresheizwärmebedarf: 5kWh/m²a
Ferien im Stroh
Ein Haus in der Schweiz
Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Architekt
Werner Schmidt mit dem alternativen Baumaterial
Stroh und dessen Eigenschaften als dämmendes
aber auch tragendes Bauteil. Nach ersten erfolgreichen Versuchen in der Nichtlasttragenden Bauweise folgte 2002 das erste Lasttragende Strohballenhaus, das in Disentis in der Schweiz unter seiner
Leitung errichtet wurde.
Das Ferienhaus steht am Hang in 1300 Metern
Höhe. Durch die enormen Massen von Schnee, die
in dieser Höhe anfallen, musste eine Konstruktion
gefunden werden, welche die großen Dachlasten
abtragen kann. So fiel die Wahl auf das Baumaterial Stroh, das nicht nur dem hohen Druck standhält,
sondern auch einen sehr guten Wärmedurchlasswert besitzt.
Das Ferienhaus ist ein zweigeschossiges Gebäude,
das talwärts von drei Betonstützen gehalten wird
und am Hang auf einer Stützmauer aufliegt. Nach
Norden und Süden ragt das Giebeldach über zwei
Meter hinaus. Die Wände aus 125 Zentimeter dicken
Jumbo-Strohballen sind an drei Seiten fast fensterlos, dafür nach Süden hin mit einer großen Glasfront
versehen, vor der sich eine großzügige Panoramaterrasse ausbreitet. Im Winter wird das Gebäude
durch die einfallende Sonne beheizt. Im Sommer
dienen die Verschattungselemente als Schutz.
Im Erdgeschoss befindet sich der Eingang des Gebäudes, den man durch eine Treppe von der unteren
Straße aus begehen kann. Die Aufteilung der Räume ist einfach. Im Erdgeschoss gibt es einen großen
Wohn- und Essbereich, im Obergeschoss drei weitere Zimmer und ein Bad.
132
Die dicken Strohballenwände lassen sich im Grundriss nicht verbergen. Sie nehmen ein Drittel der
gesamten Grundfläche des Hauses ein. Durch die
daraus entstehenden Dämmeigenschaften erreicht
das Ferienhaus in Disentis Passivhaus-Standart.
Allein die große Südfassade reicht aus, das Haus
im Winter zu beheizen. Zusätzlich wurde ein kleiner
Holzofen eingebaut, der laut Besitzer aber bisher nie
in Betrieb genommen wurde.
Tino Müller
Der Bauablauf
Auf eine umlaufende Betonkante der Bodenplatte,
die auf der Stützwand und den Rundstützen aufliegt,
kommt eine dünne Dränageschicht (1) aus Split, die
vor Feuchtigkeit schützen soll. Darauf werden anschließend die vorgefertigten Holzgewände (2) aus
Drei-Schicht-Platten für die Fenster und Türen und
die ebenfalls vorgefertigte Südfassade gesetzt. Auf
die Splitschicht versetzt man die Strohballen (3), die
zwischen 255 und 260 Zentimeter lang, 70 Zentimeter hoch und entsprechend der Wandstärke 125
Zentimeter breit sind. Die Setzfugen und Anschlüsse müssen in Handarbeit mit losem Stroh ausgestopft werden. Auf den Erdgeschosswänden liegt
ein Kranz aus Drei-Schicht-Platten als Ringbalken
(4) auf. Dieser Hohlkörper ist mit Steinwolle gefüllt
und an den Ecken kraftschlüssig verschraubt. Mit
herkömmlichen Kunststoff-Packbändern, die unten
durch die Rohrhülsen der Betonaufkantung gefädelt
werden, verzurrt man nun die Strohballen und den
umlaufenden Kranz. Anschließend wird die 15 Zentimeter Massivholzdecke auf den Kranz aufgelegt. Im
Obergeschoss ist der Konstruktionsablauf identisch,
allerdings liegen auf dem Kranz direkt die Dachbinder (5) auf. Im Dachraum liegt eine 72-ZentimeterStrohschicht als Wärmedämmung. Nach dem Verschließen der Dachhaut und der Giebelflächen wird
eine vierwöchige Arbeitspause eingelegt, in der sich
das Stroh setzt (etwa 10 Zentimeter). Wegen dieser
Setzung bleiben zwischen den Ringbalken und den
Fenstergewänden ausreichend große Zwischenräume. Hat sich das Stroh gesetzt, werden die Kunststoffbänder nachgespannt. Für den Innen- und Außenputz wurden in die Lagerfugen der Strohballen
lose Bänder eingelegt, mit denen man die Putzgitter
innen und außen zusammenzieht. Anschließend
werden Kalk-Zement-Putze (6) aufgebracht.
Das Ferienhaus in Disentis zeigt, wie aus dem einfachen Abfallprodukt Stroh ein nachhaltiges und
umweltfreundliches Bauwerk entstehen kann. Nach
diesem ersten erfolgreichen Versuch, baute der Architekt drei weitere Gebäude in der lasttragenden
Strohbauweise. Das letzte sogar mitten in der
Stadt.
(1) Dränageschicht und (2) Holzgewände
(4) Ringbalken
(6) Putzschicht
(3) Strohballen
(5) Dachbinder
133
Material
Innovative Dämmstoffe
Mit der bewirtschaftung des Gebäudebestandes verbrauchen wir etwa 50 % der benötigten Energie in
Deutschland. Folglich kann eine bessere Dämmung
der Gebäudehülle zu einer beträchtlichen Einsparung an fossilen Energieträgern führen und in erheblichen Umfang zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes beitragen. Eine Möglichkeit dazu bietet der
Einsatz innovativer Dämmsoffe. Die Wärmeleitfähigkeit herkömmlicher Dämmmaterialien wie Glas-, Mineralwolle oder Polystyrenschäume liegt zwischen
0.035 und 0,050 W/(mK). Als innovative Dämmstoffe
sucht man also Materialien, deren Wärmeleitfähigkeit noch darunter liegt. Um innovative Dämmstoffe
zu klassifizieren ordnet man sie nach ihrem Funktionsprinzip. Arten von Dämmstoffen wären zum Beispiel: die transparente Wärmedämmung, die solare
Wärmedämmung, Vakuumdämmung und die Latentwärmespeicher. Zu diesen Klassifizierungen gibt
es verschiedenste Dämmsysteme einige von ihnen
sollen im nachfolgenden Text näher beschrieben
werden.
Transparente Wärmedämmung
Glasfasermatte der Firma Wacotech
134
Schulaula, Sulgenbach
Die Transparente Wärmedämmung oder kurz TWD
bezeichnet Materialien die eine gute Wärmedämmung mit einer hohen Lichtdurchlässigkeit verbinden. Die Vorteile liegen klar auf der Hand man kann
Flächen die sonst dunkel versiegelt sind mit einer
tranzuluzenten Dämmung versehen und so für eine
gleichmässige Belichtung der Räume sorgen. Eine
sehr hohe tranzluzens hat die Glasfaser der Firma
Wacotech GmbH. Die sehr dünnen, gesponnenen
Glasfasern werden mit einem lichtstabilen Binder
versehen und zu einem sehr leichten und lichtdurchlässigen Glasgespinst verwoben. Die eingeschlossene, stehende Luft im Glasgespinst sorgt für eine
sehr gute Wärmedämmung. Im Sommer wird durch
die gute Sonnenschutzwirkung der Wärmeeintrag
stark reduziert (niedriger g-Wert). Das Glasgespinst
kann ein- oder mehrlagig eingesetzt werden, je nach
angestrebtem U-Wert und Lichtdurchlässigkeit.
Beim Neubau der Schulaula in Sulgenbach, Bern
von Guteg Architekten, wurde die Glasfaser in einer
Pfosten-Riegel-Konstruktion in Holzrahmenbauweise eingesetzt. Die Fassade ist als Doppelfassade
ausgebildet und in Rasterfelder mit variierenden
Franziska Kestel
Längen unterteilt. Elemente mit unterschiedlichem
Materialcharakter füllen diese Felder und gehen ein
interessantes Wechselspiel miteinander ein. Die
transluzenten Felder sind mit drei Lagen der Glasfaser befüllt und tragen zur gleichmäßigen Ausleuchtung des dahinter liegenden Raumes bei.
Solare Wärmedämmung
Wenn man von solarer Wärmedämmung spricht, sind
dies Dämmsysteme die sich die Energie der Sonne
zu nutzen machen, so auch das Holzlamellensystem
hinter Glas von Lucido Solar. Lucido ist eine Solarfassade, die aus einem Solarglas, einem Holzabsorber und einer Dämmwand besteht. Das System setzt
die gewonnene und in sich gespeicherte Sonnenenergie als natürliche Isolationskraft für das Gebäude
ein. Der Temperaturunterschied zwischen Wohnraum und Außenklima wird praktisch aufgehoben.
Lucido optimiert die Energieeffizienz des Hauses
so, dass dessen Energieverlust auf praktisch gegen
Null geht. Eine konventionelle Wand aus Holz oder
Beton, ist sie neu oder schon bestehend, übernimmt
die statische Funktion der Fassade. Auf ihr ist der
Absorber befestigt und mit einem kleinen Abstand
folgt das Solarglas, das mit einer Halterung aus
Aluminium, Chromstahl oder Holz befestigt ist. Die
Strahlen der hoch stehenden Sommersonne werden
teils von den kleinen Prismen auf der Oberfläche
des Solarglases reflektiert, treffen andererseits aber
auch auf die geneigten Lamellen. Ein Grossteil des
Absorbers ist verschattet, da die Strahlen aufgrund
ihres Winkels nur auf die Kanten der Lamellen treffen können. Die dort entstandene Hitze wird durch
natürliche Thermik im Luftspalt weggeführt. Diese
Effekte verhindern eine Überhitzung des Systems.
Im Winter funktioniert das System so das die horizontalen Lamellen des Absorbers leicht nach unten
geneigt sind. Die tief stehende Wintersonne kann
ganz in die Lamellenstruktur eindringen und den Absorber erwärmen. Die dahinter liegnde Massivwand
speichert die wärme über Nacht und kühlt nur langsam wieder aus. Nur wenig Licht reicht aus um das
Gebäude genügend zu isolieren und so vor Wärmeverlust nahe vollständig zu schützen.
Aufbau der Solarfassade, Lucido
Anwendung der Solarfassade Lucido, in Hofberg,
Schweiz von Fent Solar Architektur
135
Material
Vakuumdämmung
Vakuumisolationspanell
Wandaufbau
136
Wohnungsbau, Lichtblau Architekten
Vakuumwärmedämmung bezeichnet ein hocheffizientes System zur thermischen Dämmung, bei dem
der durch die Gasmoleküle der Luft bedingte Wärmetransport verhindert wird. Dieses Prinzip macht
sich das Vakuumisolationspanell zu nutzen. Vakuumdämmplatten (auch Vacuum Insulated Panel, kurz
VIP) sind hocheffiziente Materialien zur Wärmedämmung. Sie bestehen aus einem porösen Kernmaterial, das unter anderem als Stützkörper für das in der
Vakuumdämmplatte vorliegende Vakuum dient und
einer hochdichten Hülle, die einen Gaseintrag in die
Dämmplatte verhindert. Der Stützkern einer Vakuumdämmplatte muss verschiedene Anforderungen
erfüllen. Zum einen muss er dem Luftdruck, der auf
der Oberfläche der Vakuumdämmplatte lastet (ca.
10.000 kg·m²) standhalten. Zum anderen muss er
evakuierbar sein, also aus einem offenporigen Material bestehen. Je größer die Poren des Materials
sind, desto höher sind die Anforderungen an das
anliegende Vakuum, um niedrigste Wärmeleitfähigkeiten zu erreichen. Mit Vakuumdämmplatten lassen
sich Wärmeleitfähigkeiten von weniger als 0,004
W·m/K realisieren, eine Vakuumdämmplatte mit 20
mm Dicke kann also eine Styroporplatte mit 200
mm Dicke ersetzen. Die Lebensdauer einer Vakuumdämmplatte hängt entscheidend von der Qualität
ihrer Umhüllung ab. Je mehr Gasteilchen (Atome,
Moleküle) durch die Umhüllung diffundieren, umso
schneller steigt der Druck in der Vakuumdämmplatte an, wodurch sich die Isolationseigenschaften
verschlechtern. Bei allen Vorteilen die, die Vakuumdämmung mit sich bringt muss man doch erwähnen
das diese erheblich teuerer ist wie herkömmliche
Dämmungen und es besteht die große Gefahr die
empfindliche Hülle beim Einbau zu beschädigen. Bei
einem Wohnungbauprojekt der Lichtblau Architekten
in München kamen Vakuumdämmplatten zum Einsatz. Es wurde ein Niedrigstenergiehaus in Massivholzbauweise errichtet, bei dem die hocheffiziente
Dämmhülle mit schlanken und architektonisch hochwertigen Konstruktionen eingesetzt wurde. Der Aufbau erlaubt ein Austauschen von belüfteten VIPs.
Die Gesamtwanddicke beträgt weniger als 20 cm bei
einem U-Wert von 0,14 W/(m²K). Um die Wärmebrü-
Franziska Kestel
cken zu minimieren ist es notwendig, maßgenaue
VIPs einzubauen. Die Größe der hauptsächlich eingesetzten VIPs betrug 100 x105 x 4 cm³. Auch für
Dach und Außentüren kamen VIPs zum Einsatz .
Latentwärmespeicher
Ein Latentwärmespeicher ist eine Einrichtung, die
thermische Energie verborgen, verlustarm, mit vielen Wiederholzyklen und über lange Zeit zu speichern in der Lage ist. Dies kann erzielt werden mit
sogenannten Phase Change Materials kurz PCM.
Phase Change Materials sind Paraffine oder Salzhydrate, die ihren Zustand ab einer bestimmten
Materialtemperatur wechseln können. So gehen diese Materialien bei Erwärmung und Erreichung des
Grenztemperaturbereiches vom festen in den flüssigen Zustand über. Damit wirken sie wie ein Wärmespeicher der ab einer bestimmten Temperatur
aufgeladen werden kann. Je nach Zusammensetzung des Materials ist die Grenztemperatur einstellbar, damit ist die Anwendung vielfälltig. Im Gebäude
können durch Beimischungen von PCM im Putz oder
in Leichtbaudecken je nach PCM-Anteil Schichten
von 1 – 6 cm die selben thermischen Eigenschaften
wie eine 20 cm dicke Betondecke erreichen. Somit
sind PCMs keine richtigen Dämmstoffe im traditionellen Sinne sondern werden in anderen Baustoffen
integriet. Beim Servicecenter eines Möbelherstellers
in Ludwigshafen, von den Allmann Sattler Wappner Architekten, wurden erstmals mikroverkapselte
Wachskügelchen als Latentwärmespeicher großflächig eingesetzt. Die Kügelchen auf der Basis von
Paraffinwachs sorgen dafür, dass die Innenräume
auch an heißen Tagen lange Zeit kühl bleiben. Sie
wurden in eine fünf Zentimeter dicke Gipsplatten gemischt, die im Innenraum liegen und zur verkleidung
der Wände dienen. Sobald sich der Raum erwärmt,
schmilzt das Wachs in den Kapseln und nimmt die
Energie auf - die Luft bleibt kühl. Nachts werden die
Kügelchen durch ein verzweigtes Wassersystem gekühlt, das durch die Gipsverkleidung fließt, so dass
sie wieder erstarren. Die gespeicherte Energie wird
an das Wasser abgegeben. Bei diesem Kühlsystem
wird nicht nur Kühlenergie sondern auch Material
gespart: Die Wärmekapazität der fünf Zentimeter dicken Gipsdecke entspricht der einer 20 Zentimeter
starken Betondecke.
Wachsmoleküle
Servicecenter Ludwigshafen
137
138
Jantje Bley
Anja Schneider
Elaheh Sarrafi
Björn Seifert
Christian Krupsch
Energetische Konzepte
Heutzutage ist beim Planen eines Gebäudes nicht
mehr ausschließlich die Ästhetik zu beachten, sondern auch eine energieeffiziente Bauweise. Da der
Klimawandel sich in den letzten Jahrzehnten als
immer wichtiger werdendes Problem offenbart, ist es
zwingend notwendig neue energetische Konzepte in
die Entwürfe zu integrieren.
Hierbei geht es vor allem darum, immer knapper und
teurer werdende Energieressourcen sparsam und
nachhaltig zu verwenden. Der heutige Stand der
Forschung und Entwicklung erlaubt es uns Neu- und
Umbauten ohne erheblichen Mehraufwand durchzuführen. Zwar erscheinen die Kosten zu Beginn der
Maßnahme erhöht, aber diese Kosten relativieren
sich. Dies hängt vor Allem mit der Lebensdauer und
der Effizienz der Maßnahmen zusammen: Bei einer
umfassenden Energieeinsparmaßnahme kann im
Laufe der Jahre ausreichend Energie eingespart
werden, um die Kosten der Installation zu decken.
Besonders bei Bauwerken mit einer geringeren Lebensdauer ist es wichtig Materialien einzusetzen,
die effizient wieder verwendet werden können.
Die folgenden Projekte zeigen, dass energie- und
kosteneinsparendes Bauen keineswegs ein Verzicht
auf hohen Wohnkomfort bedeutet.
Die von uns vorgestellten Gebäude wurden unter
folgenden Aspekten erbaut:
Das Heliotrop in Freiburg als erstes Plusenergiehaus,
das Alten- und Pflegewohnheim in Steinfeld
mit einem Atrium als Klimapuffer,
das Studentenwohnheim von B et E in
Wien als beispielhaftes Gebäude, das
vielen unterschiedlichen Ansprüchen an
Wohnkomfort gerecht wird,
das Wohngebäude „sunny woods“ in Zürich
als erstes Mehrfamilienhaus der Schweiz,
dem ein Nullenergiekonzept zugrunde liegt,
der Neu- und Wiederaufbau des Autobahnwerkhofes CeRN in Bursins, der sich durch
eine hohe Menge an wiederverwendeten
und weiterverwendbaren Materialien auszeichnet.
139
Energetische Konzepte
Energiesparende Gebäudekonzepte
140
Tabelle zur Einordnung verschiedener Bauweisen
Um eine bewertende Betrachtung energiesparender
Gebäudekonzepte durchführen zu können, müssen
vorerst Standards und Kriterien definiert werden:
Gebäude, in denen fast ohne Heizverteilsystem
im Winter und ohne Klimaanlage im Sommer eine
hohe Behaglichkeit erreicht werden kann, werden
als Passivhäuser bezeichnet. Besonders durch eine
optimierte Gebäudehülle können bis zu 90% des
Heizwärmeverlustes eingespart werden.
Passivhäuser sind keine neue Bauweise,
sondern ein Baustandard: es werden besondere
Anforderungen an Architektur, Technik, Ökologie
und Komfort des Hauses gestellt, wobei
Kennzahlen festgelegt sind, nach denen ein
Gebäude
dem
Passivhausstandard
gerecht
werden kann. So darf der Jahresheizwärmebdarf
15 kWh/(m²a) nicht überschreiten, genauso wie
die Primärenergiekennzahl für Restheizung,
Warmwasserbereitung, Lüftung und Haushaltsstrom
bei
höchstens
120kWh/(m²a)
liegt.
Der
Infiltrationswechsel, also der Lufteintritt in das
Gebäude über Undichtigkeiten in der Gebäudehülle,
muss bei 50pa kleiner als 0,6/h sein.
Der Begriff Passivhaus ist aber kein geschützter Begriff und wird somit oft auch als Bezeichnung von
Jantje Bley
Gebäuden verwendet, welche die genannten Richtlinien nicht einhalten
Kriterien
Das Grundprinzip eines Passivhauses besteht darin,
Energieverluste zu minimieren und passiv solare
Energie zu gewinnen.
Folgende Kriterien sollten hierbei erfüllt werden:
eine hochgedämmte Gebäudehülle mit
einem U-Wert von weniger als 0,15W/(m²K),
hierfür werden Dämmstoffdicken zwischen
25 und 40cm benötigt
hierzu gehören auch eine Superverglasung
und Superfensterrahmen mit einem U-Wert
von höchstens 0,8W/(m²K)
der Baukörper sollte möglichst kompakt
sein, um das Verhältnis zwischen
Außenhülle und zu heizendem Innenraum
optmial zu halten
Wärmebrücken sollten vermieden werden
durch eine Südorientierung und
weitestgehende Verschattungsfreiheit wird
die Möglichkeit der passiven Solarenergienutzung
bestmöglich ausgeschöpft
es sollte eine Wärmerückgewinnung aus
der Abluft erfolgen, sowie Solarkollektoren
oder eine Wärmepumpe verwendet werden
um das Trinkwasser zu erwärmen
durch einen Erdwärmetauscher kann zu
sätzlich eine passive Luftvorerwärmung er
folgen
Schema einer Lüftungsanlage für ein Passivhaus
Die verbrauchte Abluft wird über die Nutzräume abgesaugt, gibt im Wärmetauscher einen Großteil ihrer Temperatur ab und gelangt dann ins Freie. Die
Außenluft gelangt durch einen Erdwärmetauscher in
den innenliegenden Wärmetauscher und dann direkt
in die Aufenthaltsräume.
Lüftung und Wärmerückgewinnung
Die luftdichte Außenhülle eines Passivhauses
erfordert ein spezielles Lüftungssystem, eine
sogenannte Komfortlüftung. Aus hygienischen
Gründen wird die Luft hierbei alle 1 bis 4 Stunden
ausgetauscht.
Bei dieser Komfortlüftung muss eine hocheffiziente
Wärmerückgewinnung stattfinden, bei der etwa
Schema der Funktionsweise eines Wärmetauschers
141
Energetische Konzepte
der Wärme der Abluft über einen Wärmetauscher
an die Zuluft abgegeben werden. Trotzdem wird
der größte Teil der benötigten Wärme im Haus vo
den sich dort aufhaltenden Menschen, die Wärmeabgabe von Haushaltsgeräten sowie durch solare
Wärmegewinnung über die Fenster erzielt.
Warmwasseraufbereitung
Passivhaus von Carsten Grobe, 1999 in Ottbergen
Beim Bau dieses Gebäudes wurde besonders auf
die Kompaktheit und die verglaste Südfront geachtet.
Im Passivhaus ist der Energiebedarf für die
Bereitstellung von Trinkwarmwasser im Wohnbereich
die höchste verbliebene Energieanforderung, für die
eine ganzjährige Wärmebereitstellung erforderlich
ist.
Durch eine thermische Solaranlage können bis zu
65% dieses Jahresbedarfs abgedeckt werden.
Kühlung und Heizung
Durch die das ganze Jahr über gleichbleibenden
Innentemperaturen in einem Passivhaus ist eine aktive
Kühlung der Räume in der Regel nicht notwendig.
Bei Gebäuden mit erhöhter innerer Wärmebelastung
(Kaufhäuser oder Büros) kann eine zusätzliche
Kühlung über einen Erdreichwärmetauscher oder
Kälteanlagen erfolgen.
Im Vergleich zu herkömmlichen Neubauten
benötigen Passivhäuser ca. 80% weniger
Heizleistung. Dieser geringe Heizwärmebedarf
und hohe Innenoberflächentemperaturen der
Außenbauteile machen verschiedene Konzepte zur
Restwärmeerzeugung denkbar: Die Grundheizung
stellt eine Zuluftheizung dar, die über die vorhandene
Lüftungsanlage mit Nachheizregister betrieben
wird. Hierüber hinausgehende Raumheizlasten
können durch einen Ofen, Fernwärme oder ein
Wärmepumpenkompaktgerät erzielt werden.
Nullenergiehäuser
142
Der Begriff Nullenergiehaus bezeichnet einen
Energiestandard für Gebäude, die rechnerisch in
der Jahresbilanz keine externe Energie (Gas, Öl,
Elektrizität,...) beziehen. Hierbei ist aber wichtig zu
beachten, dass diese Gebäude in der Regel
Jantje Bley
vor allem im Winter externe Energie benötigen,
in den heißen Monaten des Jahres konnte aber
ein Überschuss an Energie produziert und in das
öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Die
im Winter zusätzlich benötigte Menge darf die
eingespeiste Menge nicht überschreiten. Die Energie
aber, welche zur Errichtung des Gebäudes benötigt
wird, wird in dieser Gleichung nicht berücksichtigt.
Die sogenannte Energierücklaufzeit kann 12 Jahre
betragen, es dauert 12 Jahre bis das die verbrauchte
Energie wieder eingespart wurde.
Schutz vor Sommersonne und Einlass der Wintersonne
Der weite Dachüberstand schützt in den Sommermonaten vor zu großer Hitze durch direkt einfallendes
Sonnenlicht. Die tieferstehende Wintersonnen kann
ungehindert einfallen.
143
Energetische Konzepte
Thema: Plusenergiehäuser
Projekt: Heliotrop
Architekt: Rolf Disch
Ort: Freiburg
Plusenergiehäuser
Innerer Kern des Gebäudes
144
Heliotrop in der Bauphase
Eine weitere Steigerung dieser energiesparenden
Häuser ist das Plusenergiehaus. Hierunte versteht
man Gebäude, die nicht nur wie Nullenergiehäuser
ihren eigenen Bedarf decken, sondern soviel Energie
produzieren, das diese in das öffentliche Netz
eingspeist werden kann. Der freiburger Architekt Rolf
Disch ist der „Erfinder“ und hat diese Bezeichnung
schützen lassen. Er wollte ein Gebäude konstruieren,
„das höchsten Ansprüchen an Architektur und
Umweltschutz genügt und dennoch ohne lästige
Einschränkungen seinen Bewohnern exklusiven
Wohnkomfort bietet“.
Das Gebäude mit dem Namen „Heliotrop“ wurde
im Jahr 1994 fertiggestellt und beinhaltet eine
Wohneinheit mit zwei Bewohnern.
Um eine hohe Passgenauigkeit zu gewährleisten
wurden die einzelnen Elemente des Gebäudes in
Modulen vorgefertigt und auf dem als unbebaubar
geltenden Grundstück montiert. Das wichtigste
Baumaterial ist Holz.
Eine zentrale Säule trägt die Konstruktion und
beherbergt die meisten Elektroinstallationen. Hierum
windet sich eine Wendeltreppe von der aus alle
Ebenen des Hauses zu betreten sind. Interessant ist
hierbei, das sämtliche Räume nicht abgeschlossen,
sondern durch Trennwände unterbrochen sind.
Dies gewährleistet eine hohe Variabilität bei der
Nutzungsaufteilung der Wohnfläche. Auch die
Konstruktion des Skeletts besteht aus Holz.
Die mittige Säule ruht auf einem Drehkranz
mit Schwenklager, der von einem Elektromotor
angetrieben wird. Hierdurch kann sich das Gebäude
mit der Sonne drehen und so eine maximale
Ausbeute der Sonnenenergie erzielen. Genauso
ist es möglich, während zu heißer Stunden die
bewohnten Räume von der Sonne weg zu wenden,
um so eine zu große Überhitzung und die damit
zusammenhängende Notwendigkeit der aktiven
Kühlung der Räume zu vermeiden. Hierzu trägt
auch die äußere Hülle des Gebäudes bei: Auf der
einen Seite des Gebäudes findet sich eine dreifache
Wärmeschutzverglasung, die Wände der anderen
Seite sind hoch wärmegedämmt.
Für den verbleibenden Wärme- und Heizwärmebedarf
dienen drei Elemente: zu den Brüstungselementen
gehören Vakuumröhren, die
Jantje Bley
zur Warmwasseraufbereitung dienen. Dies geschieht
durch Erwärmung des durchfließenden Wassers
durch die Sonne. Außerdem findet sich unter dem
Gebäude ein Erdwärmetauscher.
Das dritte wichtige Element ist ein PhotovoltaikSolarkraftwerk welches auf der Dachterrasse
installiert worden ist. Dieses Kraftwerk ist wie das
Gebäude schwenkbar und kann so fünf- bis sechsmal
mehr Strom erzeugen, als im Haus verbraucht wird.
Gleichzeitig dient es als Sonnen- und Regenschutz.
Auch in anderen Belangen ist das Gebäude ökologisch
ausgerichtet. Regenwasser wird gesammelt und zum
Spülen und Waschen verwendet und das Abwasser
in einer bepflanzten Teichkaskade geklärt.
Abfall und Fäkalien werden geruchlos in einer
Trockenkompostanlage kompostiert.
Ansicht des Gebäudes
Heliotrop
145
Energetische Konzepte
Thema: Atrium als Klimapuffer
Projekt: Alten- und Pflegewohnheim
Architekt: Dipl. -Ing. Dietger Wissounig
Ort: Steinfeld, Kärnten/Österreich
Baujahr: 2003-2005
Bauherr: Sozialhilfeverband, Spittal/Drau
Tragwerksplaner: ARGE Dipl. -Ing. Kurt Pock
Atrium als Klimapuffer
Anischt der Westseite
146
Eingangsbereich mit Blick auf das Atrium
Bei der Planung des Alten- und Pflegewohnheims
wurde das Hauptaugenmerk auf eine möglichst kostengünstige und energieeffiziente Bauweise gegelegt. Wissounig schafft diese Gradwanderung durch
eine sehr kompakte Bauweise. Diese wird durch ein
Atrium im Inneren des Gebäudes erreicht, das sowohl für Belichtung, sowie auch für die Be- und Entlüftung innerhalb der Räume sorgt.
Kurzbeschreibung
Das 2005 von Dietger Wissounig erbaute Altenund Pflegewohnheim liegt am Ortsrand von Steinfeld in Kärnten. Der kompakte Baukörper orientiert
sich von West nach Ost und reagiert so auf seine
Umgebung. Der äußerlich eher introvertiert wirkende Bau öffnet sich im Gebäudeinneren zu einem
komplett verglaseten, dreigeschossigem Atrium.
Servicebereiche, wie Büros und notwendige Pflegeeinrichtungen, bilden einen Puffer nach Norden.
Die großzügig geplanten Wohneinheiten, sowie die
Aufenthalts- und Gemeinschaftsräume orientieren
sich nach Südost und gewinnen so an natürlicher
Belichtung und an passiver Solarenergie. Das, aus
Beton konstruierte Erdgeschoss setzt sich unter den
Obergeschossen zurück. Dadurch ermöglicht es
die maximale Sonneneinstrahlung. Die einzelnen
Wohneinheiten wurden als einzelne „Wohnboxen“
aus Holz konstruiert. Der doppelte Wandaufbau gewährleistet eine erhöhte Wärmedämmung, die auf
das Niveau eines Passivhauses herankommt. Eine
zusätzliche Fußbodenheizung, die an das örtliche
Biomassenetz angeschlossen ist, wurde dennoch
vorsorglich installiert.
Das Atriumprinzip
Das komplett verglaste Atrium im Gebäudekern bildet den wichtigsten Teil des Gebäudes. Dieses erstreckt sich über alle drei Etagen und ist mit raumhohen Pflanzen bestückt. Lediglich einzelne Brücken
bilden eine Verbindung von West nach Ost. Durch
das verglaste Atriumdach, wird die passive Solarenregie genutzt. D.h. durch den Lichteinfall kann zum
Einen tagsüber auf künstliche Belichtung verzichtet
werden und zum Anderen wird die Wärme die, die
Sonneneinstrahlung auf den Wintergarten bewirkt,
für den umliegenden Flur genutzt.
Anja Schneider
Die wohl wichtigste Funktion des Atriums ist jedoch
das Be- und Entlüftungssystem. Über das öffenbare Atriumdach wird frische Luft angezogen, die mit
vorgewärmter bzw. vorgekühlter Luft aus den Erdregistern vermischt und über Quelllüftungen in die,
ansonsten nicht belüftbaren, Wohnräume weitergeleitet wird. So erreicht das Gebäude, ohne zusätzliche Beheizung bzw. Belüftung im Sommer
Temperaturen zwischen 20 und 30°C und im Winter
Temperaturen zwischen 5 und 15°C. So spart das
Gebäude, zusammen mit einer Regenwasseraufbereitungsanlage, im Vergleich zu anderen Alten-und
Pflegewohnheimen, rund 50% der Gesamtenergiekosten pro Jahr.
Passiv- oder Niedrigenergiehaus?
Zwar kommt das Alten- und Pflegewohnheim von
Wissounig mit einem U-Wert von 16 kWh/ (m²a) nah
an das Niveau eines Passivhauses heran, ist aber
aufgrund der zusätzlichen Beheizung eher als Niedrigenergiehaus zu bezeichnen. Auch die Aufbereitung von Warmwasser wird noch nicht über das Gebäude selbst gelöst, wie in anderen Beispielen. Eine
Nachrüstung wäre aber ohne Weiteres möglich.
Fazit
Dieses Gebäude ist durchaus zukunftsorientiert geplant worden. Eine eventuelle Umnutzung ist, durch
eine barrierefreie und großzügige Planung der Räume, problemlos vorstellbar. Stellenweise wurden bereits andere Nutzungen integriert, die, neben dem
sozialen Aspekt, auch zeigen, dass eine Umnutzung
durchaus möglich ist. So befindet sich im Erdgeschoss eine Bilbliothek und eine kleine Kaplelle, in
der regelmäßige Messen stattfinden. Die Gesamtkosten des Gebäudes lagen zwar höher als bei anderen vergleichbaren Pflegeeinrichtungen. Diese sind
aber durch die Einsparung der Energiekosten und
die längere Lebensdauer in rund 10 Jahren wieder
eingeholt.
Schade jedoch ist, dass durch die abgelegene Lage
des Gebäudes eine Anfahrt der Besucher durch
einen PKW erforderlich ist und somit wieder zusätzliche Energie verbraucht wird. Dieses Problem
durch eine bessere Anbindung eines öffentlichen
Verkehrsnetztes lösbar.
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss 1.Obergeschoss
Atriumprinzip im Winter
Atriumprinzip im Sommer
147
Enegetische Konzepte
Thema: Energieeffizeinte Bauweise
Projekt: Studentenwohnheim
Architekt: Baumschlager Eberle P.ARC ZT GmbH
Energieplanung: teamGMI
Ort: Molkereistrasse 1, 1020 Wien
Energieeffiziente Bauweise
Immer öfter finden wir Passivhäuser in unseren Städten, auch wenn sie nicht immer gleich als solche zu
erkennen sind. Wie bereits beschrieben funktioniert
ein Passivhaus nur durch die optimale Zusammenstellung aus verschiedenen ökologischen Komponenten der Energiegewinnung und deren Erhaltung.
Jedoch können nicht in allen Passivhausvorhaben
alle möglichen Komponenten Verwendung finden.
Es liegt immer in der Herausforderung des einzelnen Architekten die besten Komponenten für das
geplante Projekt zusammenzustellen und gleichzeitig den Vorgaben der Bauherren und Stadtplaner zu
entsprechen. Anhand des Wiener Studentenwohnheimes möchte ich im folgendem ein Beispiel für ein
Passivhaus darstellen das sich auf diese Herausforderung eingestellt hat.
Architektur
Lageplan
Molkereistraße/Stuwerstraße/Obermüllnerstraße
Westfassade
148
Das Wohnheim bietet 278 Einzelzimmer in unterschiedlichen Wohnungstypen: In den Geschossgrundrissen im Haupttrakt des Gebäudes entlang
der Molkereistrasse auf den Ebenen 0 bis 5 werden
Zwei- Zimmereinheiten als Standardtyp beidseits
des zentralen Erschließungsgangs etabliert. Weiters
sind Ein- Zimmereinheiten, Drei- Zimmereinheiten
und Vier- Zimmereinheiten systematisch durch alle
Geschosse angeordnet. Die Grundstruktur der Wohnungseinheiten wird auch im obersten Geschoss,
der Ebene 6, beibehalten, jedoch aufgrund der
Dachschräge teilweise modifiziert.
Auf der Ebene 0 befinden sich die beiden Eingänge in das Studentenwohnheim: der Haupteingang
an der Molkereistrasse, sowie der zweite, behindertengerechte Zugang über eine Rampe aus dem
Innenhof des Wohnparks. Die Eingangshalle auf
Ebene 0 bildet einen zentralen, zweigeschossigen
Gemeinschaftsbereich mit Galerie. Ein weiterer Gemeinschaftsraum ist unmittelbar über dem Haupteingang auf der Ebene 1 angeordnet. Auch die Ebene 4
erhält einen zentral gelegenen Gemeinschaftsraum.
Die Geschosse werden durchgehend über eine
Doppelliftgruppe an der Südwest - Ecke sowie über
zwei Stiegenhäuser erschlossen. Alle vertikalen
Elaheh Sarrafi
Erschließungselemente führen auch auf die Ebene
U1 (Kellergeschoß) in den Bereich weiterer Gemeinschaftsräume, sowie der Nebenräume (Technik, Keller, Lager, Waschküche und Fahrradabstellraum).
Das bereits umgesetzte Aussenraumkonzept des
Wohnparks wird beim Hofanteil des Studentenwohnheims fortgesetzt.
Das Gebäudekonzept
Das Studentenwohnheim in der Molkereistrasse ist
weltweit das erste Wohnheim das auf Passivhausbasis gebaut wurde. Es verbindet klassische Elemente der Passivhausbauweise mit kreativen Ideen
moderner Innen- und Außengestaltung die dennoch
den hohen qualitativen Anforderungen der Passivhaustechnik entsprechen. Deutlich wird dies zum
Beispiel an der Realisierung des Mittelganges der
bei einer ersten Betrachtung dem Standard von Passivhäusern wiederspricht. So gibt es hier mehrere
von der Decke des Gebäudes einfallende vertikale,
versetzte offene Lichttunnel die sich bis in das Erdgeschoss ziehen. Die Längsseiten der Lichttunnel
bestehen aus weißen Wandscheiben die das Tageslicht von der oberen Decke bis ins Erdgeschoß des
Gebäudes reflektieren.
Auch die äußere Fassade mit ihren fast 300 Fenstern und der hellen Farbgebung lassen den Betrachter nicht gleich an ein klassisches Passivhaus
erinnern. Dennoch erzielt das Wohnheim 935 von
1.000 Klimahauspunkten. Dafür sorgt hier nicht nur
der Verzicht auf PVC Bodenbeläge sondern auch
die Verwendung elektrischer Haushaltsgeräte der
Energieeffizienzklasse A++.
Grundriss
Vor allem die clevere Kombination effektiver Passivhaustechniken wie Absorberregister und Flächenwärmetauscher mit innovativen Ideen zur Wärmegewinnung bzw. Erhaltung machen aus dem Wiener
Studentenwohnheim ein vorzeige Passivhaus in
dem sich seine Bewohner bestens aufgehoben fühlen.
149
Energetische Konzepte
A/V Verhältnis
Die knapp 300 Fenster mit Ihren verschließbaren
Fensterläden als auch eine individuelle Wärmegewinnung geben den Bewohner reichlichen Möglichkeiten ihr Wohnklima zu regeln. Damit trotzdem
so wenig wie möglich Energie verloren geht - dafür
sorgt eine Luftdichte 45 cm starke wärmegedämmte
Außenwand an die direkt die einzelnen Wohneinheiten anschließen. Somit kühlt das Haus nicht aus
und erfüllt so die Richtlinien eines Passivhauses. Die
Wohnräume im Inneren des Gebäudes sind kompakt
und rational gestaltet so das, jede Wohnung seinen
individuellen Wärmehaushalt beibehält.
Helle Innenflur
Die Erschließung des zentral liegenden Innenflurs
ermöglicht ein perfekt A/V Verhältnis. Was den Flur
zum Beispiel im Sommer zu einer kühlende Kernzone des Gebäudes macht. Damit dieser gleichzeitig
nicht dunkel erscheint dafür sorgen die bereits oben
beschrieben Lichttunnel die das Oberlicht erzeugen.
Auch die neun Lüftungs- und Versorgungsschächte
sind zentral in das Gebäude integriert und somit unabhängig von der Hüllfläche des Gebäudes.
Das Gebäude selbst ist in seiner Form und dem Volumen den Gebäuden seiner Nachbarschaft angepasst. Auch wenn es sich durch diese dichte Bebauung in die Umgebung einbringen muss so wurde
hier z.B durch den Versatz der Grundrissstruktur,
oder durch die gute Nutzung der normalerweise
dunklen Hofinnenecken ein dem Passivhausstandard optimales Gebäude erstellt.
Interne Wärmegewinnung und
das Lüftungskonzept
Lüftungsschacht, gemeinsam für zwei Wohneinheiten
150
Die interne Wärmegewinnung des Wohnheimes
folgt zu erst klassischen Passivhausprinzipien. Die
internen Wärmequellen wie die Bewohner selbst,
die Beleuchtung und verwendete Elektrogeräte
sowie das über die Fenster eindringende Sonnenlicht ermöglichen eine optimale Basis der Wärmegewinnung. Gehalten wird dies durch eine luftdichte Gebäudehülle deren errechneter maximal
Elaheh Sarrafi
zulässiger Heizbedarf von 15kWh/m² den Vorgaben
des PHPP-Standards(Passivhaus Projektiereungspaket) entsprechen.
Hinzu kommt eine individuelle auf die einzelnen
Bewohner des Hauses angepasste Wärmequelle.
Diese wird indirekt über die Frischluftzufuhr reguliert
ohne deren eigentlichen Wirkungsgrad einzuschränken. Als erstes wird die Frischluft in lufthygienisch
optimaler Position über dem Dach ansaugt. Anschließend wird diese Luft mit Hilfe von Absorberregister und Flächenwärmetauscher temperiert und
über die zentralen Schächte am Mittelgang zu den
Wärme-Frischluftboxen der einzelnen Wohnungen
geleitet. Die in die Wohnung einströmende Luft kann
hier nun über kleine Heizkörper, die direkt unterhalb
der Zuluftöffnungen installiert sind, zusätzlich erwärmt werden. So sind die Raumtemperaturen für
die Bewohner individuell regelbar ohne die permanente Frischluftzufuhr einzuschränken. Dabei werden je zwei Wohneinheiten durch ein dezentrales
Kleinlüftungsgerät mit frischer Luft versorgt.
Auch die zu den einzelnen Fluren offenen Lichttunnel, die zentral durch das Gebäude führen, haben
neben den bereits beschriebenen Beleuchtungseffekt auch die Funktion der hygienischen Belüftung
und dienen als Wärmebrücke über die einzelnen
Etagen hinweg. Darüber hinaus haben sie auch
einen sicherheitstechnischen Nutzen. Im Brandfall
kann mithilfe einer speziellen Ventilatorensteuerung
der Rauch über die Lichttunnel entweichen und so
die Gänge Rauchfrei halten.
Passivhausschema in Wohnheim Molkereistraße
Neben Fensterläden und Heizung stehen dem Bewohner durch das öffnen der Fenster eine weitere
einfache Möglichkeit zur Verfügung, um das persönliche Wohlfühlklima zu erreichen. Wiederspricht dies
in ersten Hinsicht zwar klassischen Passivhaustechniken so wird hier aber die Wärmezufuhr der Frischluftversorgung durch Fensterkontakte automatisch
gestoppt sobald das Fenster geöffnet wird. Damit
wird einem überhöhten Wärmeverlust entgegengewirkt.
Das Zusammenspiel aller verwendeter Passivhauskomponten sorgt in dem Wohnheim Molkereistr. in
Wien dafür, dass die Temperaturen, in den Wohnungen ohne zusätzliche Heizlast, im Winter nie unter 17 °C abfallen bzw. im Sommer nie über 26 °C
ansteigen.
Die Wärmegewinnung über das durch die knapp
2 Meter hohen Fenster einfallende Sonnenlicht
wird durch tiefe schräg gestellte Laibungen an der
Außenfassade zusätzlich begünstigt. Im Sommer
sorgen Fensterschiebeläden für einen kühlenden
Schatten. Da die Fensterschiebeläden jedoch aus
Kupfer bestehen nehmen sie einen Großteil der
durch das Sonnenlicht erzeugten Wärmenergie auf und entwickeln im Sommer wiederum eine relativ
große Abwärme was dem kühlenden Schatteneffekt
leider entgegenwirkt.
Fensterschiebeläden aus Kupfer
151
Energetische Konzepte
Thema: Konzept Nullenergiehaus
Projekt: Mehrfamilienhaus „Sunny Woods“
Architekt: Beat Kämpfen
Ort: Zürich
Konzept Nullenergiehaus
Mehrfamilienhaus „Sunny Woods“
Sunny Woods gilt als das erste bilanzierte Nullheizenergie-Mehrfamilienhaus der Schweiz und wurde
2002 mit dem Schweizer Solarpreis und dem Europäischen Solarpreis ausgezeichnet.
Das am Rand der Stadt Zürich, im Stadtteil Höngg,
gelegene Haus „ Sunny Woods“ umfasst sechs mit
Einfamilienhäusern vergleichbare Eigentumswohnungen. Es ist ganz dem ihm zugrunde liegenden
Nullenergiekonzept folgend gestaltet und konstruiert. Der Energieverbrauch für Heizung, Lüftung und
Warmwasser beträgt nur 10% des Bedarfs von heute
üblichen Neubauten. Der restliche Bedarf an Energie wird im Gebäude selbst produziert, wodurch die
angestrebte Nullenergiebilanz erreicht werden soll.
Um dieses Ziel zu erreichen wurde eine Kombination aufeinander abgestimmter Maßnahmen ergriffen.
Der Wärmeverlust im Gebäude wurde minimiert, indem ein Mehrfaches der üblichen Wärmedämmung
verbaut wurde und an konstruktiv kritischen Stellen
spezielle, hochwertige Materialien zum Einsatz kamen. Die kompakte volumetrische Gestaltung des
Gebäudes dient ebenfalls der Minimierung des Wärmeverlustes. Mittels passiv-solarer Maßnahmen
wird Sonnenenergie aufgenommen und in Form von
Wärme gespeichert. Zur Warmwassererzeugung
kommen Sonnenkollektoren zum Einsatz und zur
Stromerzeugung ist auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert.
Entwurf
152
Eingangssituation
Trotz der kompakten Bauweise soll jede der sechs
Wohnungen die Qualität eines Einfamilienhauses
haben. So haben die Wohnungen jeweils einen eigenen direkten Zugang von außen, der nur ein halbes
Geschoss höher oder tiefer als das Straßenniveau
liegt. Die übereinander angeordneten MaisonetteWohnungen haben jeweils 6 ½ Zimmer mit einem
großzügigen und offenen Grundriss. Die lichtdurchfluteten und sich zur Südseite hin öffnenden Wohnräume sind mit den voneinander getrennten, privaten
Außenbereichen verbunden und gehen in diese direkt über. Drei der sechs Wohnungen sind mit einem
Gartenbereich verbunden und die übrigen drei, darüber liegenden, Wohnungen haben je eine eigene
Dachterrasse. Der Grundriss der Gartenwohnungen
Björn Seifert
und der Attikawohnungen ist an der wohnungstrennenden Decke gespiegelt. Auf diese Weise sind
die „belebteren“ Aufenthaltsbereiche der einzelnen
Wohnungen durch zwei „Puffer-Geschosse“ getrennt, was auch hinsichtlich des Schallschutzes von
Vorteil ist.
Damit die die einzelnen Wohnungen so autonom wie
möglich sind, hat jede eine eigene Technikeinheit,
die für Wärme, Wasser und frische Luft sorgt.
Grundriss Attikawohnung
Schnitt Attika- und Gartenwohnung
Konstruktion
Das gesamte Gebäude ist, bis auf das Treppenhaus
für die äußere Erschließung, die Kellerwände und
die vorgelagerte Tiefgarage, die aus Beton gefertigt
sind, als reiner in Schottenbauweise weitgehend
vorgefertigter Holzbau ausgeführt. Um eine fast wärmebrückenfreie Konstruktion zu ermöglichen, sind
die 35 mm starken Blockholzplatten der tragenden
Struktur auf der Innenseite der Aussenwand angeordnet. Die Decken liegen ausschließlich auf diesen
35 mm starken Platten auf. Durch die schlanke Ausführung der Wände wurde eine besonders starke
Wärmdämmung der Fassade von 33cm möglich.
Außerdem sind konstruktiv schlecht dämmbare Fassadenteile zusätzlich mit einer 20mm starken Vakuumisolation versehen.
Wohnraum Attikawohnung mit Blick auf die Terrasse
153
Energetische Konzepte
Passive Solargewinnung
Südfassade mit Vakuumröhrenkollektoren
Zur Wärmegewinnung wird die passive Sonnenenergie maximal ausgenutzt. Die Lage und die Form
des Grundstückes begünstigen dieses. Die dem Tal
zugewandte Südseite des Gebäudes ist vollständig
verglast. Die nur 60 cm tiefen Balkone ermöglichen
im Sommer eine ausreichende Verschattung der
Räume und lassen die Sonnenstrahlen im Winter,
bedingt durch den niedrigeren Sonnenstand, ausreichend tief in den Wohnraum eindringen. Ein Zementunterlagsboden in Verbindung mit einem Bodenbelag aus schwarzem Schiefer begünstigt dies und
dient somit als Wärmespeicher. An den Balkonen
sind je Wohnung drei Vakuum-Röhrenkollektoren
angebracht, die primär der Warmwassererzeugung
dienen, aber sekundär auch den Speicher für die
Heizwärme versorgen, und zugleich die Balkonbrüstung darstellen. Auch hier kommen besondere
Kollektoren zum Einsatz. Sie sind mit drehbaren Absorberlamellen, die dem Sonnenstand entsprechend
ausgerichtet werden können, ausgestattet und somit
wird auch bei diesem Bauteil die Sonnenenergie optimal ausgenutzt.
Photovoltaikanlage
154
Photovoltaikanlage
Die Photovoltaikanlage produziert die nötige Strommenge für Heizung, Lüftung und Warmwasser. Das
leicht nach Süden geneigte Pultdach hat eine Dachfläche von 300 qm und ist vollständig mit Solarzellen
gedeckt. Die PV-Anlage ist netzgekoppelt und produziert in den Sommermonaten meist mehr Strom
als benötigt. Dieser Stromüberschuss wird an das
öffentliche Stromnetz abgegeben und in den weniger sonnigen Wintermonaten wird auch nur diese
überschüssige Menge wieder entnommen. Die gesamte Modulfläche besteht aus sechs autonomen
Anlagen mit je 84 Modulen, einem Wechselrichter
und einem eigenen Produktionszähler. Insgesamt
kommen somit 504 amorphe Dünnfilmmodule mit
je 32Wpeak Leistung der Firma Unisolar zum Einsatz. Die in der sogenannten Tripel-Dünnfilmtechnik
hergestellten Module haben gegenüber Solarzellen
aus kristallinem Silizium einige Vorteile. Zum einen
haben sie eine höhere Energieausbeute und zum
Björn Seifert
anderen wird bei ihrer Herstellung weniger Energie
verbraucht. Bei der Herstellung werden außerdem
geringere Mengen an Silizium, als bei kristallinen
Produkten, benötigt.
Fazit
Befestigung Dünnfilmmodule
Der Architekt Beat Kämpfen möchte mit seinem
Projekt Sunny Woods zum einen hinsichtlich der
Energieeffizienz,der Nachhaltigkeit und der Ökologie
Pionierarbeit leisten und zum anderen zeigen, dass
diese Art des Bauens keineswegs einen Verlust an
Wohn- und Lebensqualität bedeuten muss.
Hoher Wohnkomfort und architektonischer Anspruch
wird verbunden mit dem Einsatz neuester technischer Mittel. Das Gebäude dient als Forschungsprojekt und erprobt die Kombination aus bereits in
vielen Häusern angewandter Technologien und die
Verwendung neuer, noch zu prüfender Mittel. Auch
wenn erste Ergebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse darauf hinweisen, dass die bei Sunny Woods
kombinierten Maßnahmen den gestellten Anforderungen gerecht werden und zukunftweisend sind,
müssen diese über einen längeren Zeitraum betrachtet werden und sich beweisen.
Es lässt sich trotz allem schon heute sagen, dass diese Art des Umgangs mit Energie und Ressourcen,
in heutiger Zeit unabdingbar ist und somit als Vorbild
für künftige Bauten dienen kann.
155
156
Henny Hauptvogel
Antje Günther
Andrea Jansen
Franziska Seidel
Lebensdauer und
visuelle Haltbarkeit
Die visuelle Haltbarkeit stellt im Bezug zur Lebensdauer einen wichtigen Aspekt des Entwerfens dar.
Jedes Gebäude wird individuell wahrgenommen,
akzeptiert und interpretiert. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine zeitlose Architektursprache zur Lebensdauer eines Objektes
beiträgt. Weiterhin beinhaltet die Fragestellung die
Diskussion über das Bestehen einer zeitlosen Architektursprache. In der Geschichte wurde der Versuch
gemacht eine Architektursprache zu entwickeln, die
heute möglicherweise als zeitlos zu betrachten ist.
Allerdings stehen einige Architekten dem Kopieren
von Bauelementen früherer Epochen kritisch gegenüber.
Die Architektursprache beinhaltet Aspekte, die möglicherweise zeitlose sein können. Einer dieser Aspekte
ist die Tektonik. Sie ist der statische und konstruktive
Aufbau eines Gebäudes und wird durch eine sinn
hafte Vermittlung für den Betrachter wahrnehmbar.
Somit erklärt sich das Gebäude selbst und der Betrachter erkennt den Aufbau und die Tragstruktur auf
den ersten Blick. Nun stellt sich die Frage ob diese
Ehrlichkeit dem Betrachter gegenüber einer zeitlose
Qualität sein kann.
Diese Ehrlichkeit und Einfachheit kann man auch
bei dem Aspekt der geometrischen Formen wieder
finden. Hierbei sind die geometrischen Grundformen
ein wichtiger Teil der Ordnung, die Regelmäßigkeit,
Vielfalt und Symmetrie beinhaltet. In diesem Zusammenhang ist zu klären inwieweit einfache geometrische Formen zur visuellen Haltbarkeit eines Gebäudes beitragen können.
Ein weiterer Punkt der Architektursprache ist die
Maßstäblichkeit und ihre Beziehung zum Mensch.
Der menschliche Maßstab kann möglicherweise als
Ausgangspunkt für das Entwerfen gesehen werden.
Die Schwierigkeit hierbei ist die Klärung welcher
Maßstab menschlich ist und inwieweit er mit den
Anforderungen der Stadtplanung vereinbar ist. Des
weitern kann man betrachten inwieweit der Maßstab
eines Gebäudes zu dessen Zeitlosigkeit beiträgt.
Ein weiterer Aspekt einer zeitlosen Architektursprache kann die Typologie sein. Hierbei spielt die Les-
barkeit eines Gebäudes eine wichtige Rolle. Sie wird
durch die typologischen Merkmale wie Nutzen, Form
und Ausdruck ermöglicht. In diesem Zusammenhang
stellt sich die Frage ob ein Gebäude dessen Typologie klar erkennbar ist zeitloser ist als ein Gebäude
dessen Typologie nicht zu deuten ist.
Unter dem Gesichtpunkt der visuellen Haltbarkeit
eines Gebäudes ist weiterhin der Aspekt des Ortsbezugs zu betrachten. Im Gegensatz zu den Bedürfnissen der Benutzer und dem Zeitgeschmack überdauert ein Gebäude die Spanne einer Generation. Die
Bezogenheit der Architektur auf den Ort bleibt bestehen und kann somit eine zeitlose Qualität sein.
Die vorliegenden Beiträge sollen verschiedene Aspekte visueller Haltbarkeit thematisieren. In ihrer
Kürze können sie lediglich nur Denkanstöße geben,
welche Gestaltungsmittel dem Architekten zur Verfügung stehen, wenn er eine zeitlose Qualität erreichen will.
157
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
Architektonische Elemente
„Architektur ist immer öffentlich und kann, im
Gegensatz zu Kunst, nicht einfach eliminiert
werden. Ein Gebäude muss primär auf der Ebene
des Wahrnehmens sozial akzeptiert und kulturell
geschätzt werden.“
Dietmar Eberle (Baumschlager & Eberle)
Säulenordnung
158
Forum Romanum, Basilica of Maxentis, Tonnengewölbe
Visuelle Haltbarkeit beschreibt die Wahrnehmung
eines Gebäudes und die daraus folgende Akzeptanz
des Bauwerks. Den Aspekt des Wahrnehmens und
Akzeptierens kann man mit dem Wort Schönheit
verallgemeinern. Gefällt uns ein Gebäude so bleibt
es bestehen, gefällt es uns jedoch nicht, so wird
es eventuell abgebrochen. Das Zitat: „Architektur
ist immer öffentlich und kann, im Gegensatz zu
Kunst, nicht einfach eliminiert werden. Ein Gebäude
muss primär auf der Ebene des Wahrnehmens
sozial akzeptiert und kulturell geschätzt werden.“
von Dietmar Eberle von Baumschlager & Eberle
beschreibt diesen Aspekt der Schönheit sehr gut und
stellt ihn als wichtigstes Merkmal für die Langlebigkeit
eines Gebäudes hervor. Den Begriff der Schönheit als
wesentliche Funktion der Architektur bildete schon
Vitruv (Marcus Vitruvus Pollio) in der Antike heraus.
Das Prinzip der Schönheit („venustas“) unterteilte er
in sechs Unterbegriffe. „Ordinatio“, „eurythmia“ und
„symmetria“ beschäftigen sich mit der Proportion.
Wobei „ordinatio“ die Proportionierung der Teile nach
Maßen oder Modulen, „eurythmia“ die Wirkung der
Proportionierung auf den Betrachter und „symmetria“
den Einklang einzelner proportionierter Elemente
beschreibt. „Dispositio“ bezeichnet den Bauentwurf
und seine Darstellungsmöglichkeiten wie Grundriss,
Schnitt, und perspektivische Ansichten. „Decor“ steht
für die Angemessenheit des gewählten „genus“ (Art)
auf bestimmte religiöse Bauaufgaben. „Distribution“
beschreibt die Angemessenheit der Aufteilung
(Raum) für den Auftraggeber.
Dabei stellt sich die Frage, ob es überhaupt zeitlos
schöne Architekturelemente gibt. Um sich dieser
Frage anzunähern ist ein Rückblick in frühere
Epochen notwendig.
In der Antike bildete sich ein Repertoire an
architektonischen Elementen heraus wie Vitruvs
Säulenordnung deren er bestimmte Merkmale
zuwies. Die dorische Ordnung ist wehrhaft, die
ionische ist weiblich und kultiviert und die korinthische
Ordnung ist feierlich und erhaben. Weiter Merkmale
waren Triumphbögen, Kapitelle, weit gespannte
Tonnengewölbe und Kuppeln für große Räume.
Diese Elemente fanden in späteren Epochen immer
wieder Anwendung.
Franziska Seidel
Die Renaissance griff Pilaster und Kapitelle auf
und belebte sie in einer klassischen Strenge
wieder, indem sie sie auf einfache Grundformen
anwendete. Das Thema der Schönheit spielte auch
hier eine große Rolle. Man studierte die ArchitekturAbhandlungen Vitruvs um daraus Anhaltspunkte
für die idealschöne Proportion zu gewinnen.
Dadurch kamen auch Vitruvs Säulenordnungen zum
Einsatz, jedoch zu dekorativen Zwecken und nicht
hauptsächlich aufgrund der Funktion. Zu dieser
Zeit ist Alberti zu nennen, welcher den Begriff der
Harmonie, also dem Zusammenklang aller Teile,
prägte. Nach seiner Vorstellung wird Harmonie erst
dann erreicht, wenn an einem Bauwerk nichts mehr
hinzu- oder weggenommen werden kann. Somit
werden auch Verzierungen notwendig.
Renaissance, Villa Rotonda
Ein weiteres Beispiel für den Rückgriff auf Antike
Bauelemente finden wir im Klassizismus. Er lehnte
sich stark an klassisch – antike Vorbilder an. So griff
er Merkmale des griechischen Tempelbaus auf und
repräsentierte sich durch geradlinig, klare Formen.
Auch hier finden wir wieder Säulen, Pilaster und
Kapitelle.
Klassizismus, München
Eine nachfolgende Form des Klassizismus ist der
Historismus, welcher je nach Bauaufgabe Stilelemente der Romanik, der Gotik, des Barock und des
Klassizismus wieder aufgriff. Dadurch, dass der
Klassizismus ein „historisierender“ Stil ist, der sich
auf die Antike und ihrer Interpretation in der Renaissance anlehnt, enthält auch der Historismus antike
Bauelemente. Der Unterschied zum Klassizismus
besteht nicht nur aus der Verwendung mehrerer
unterschiedlicher Stile, sondern auch durch eine
weitaus größere Dekorfreudigkeit.
Historismus (Neorenaissance), Die Alte Oper in Frankfurt
159
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
organische Architektur, Einsteinturm
Minimalismus, Bregenz Kunsthaus
„Sternschnuppen
erregen
momentane
Aufmerksamkeit und verglühen, die Sonne aber
strahlt fast ewig, und immer, genau betrachtet,
vielgestaltig.“
Dietmar M. Steiner (österreichischer Architekt, Direktor
des Architekturzentrums in Wien)
„Ästhetisches Empfinden wird vorrangig durch
Sehgewohnheiten bestimmt. Sehgewohnheiten
unterliegen
aber
einem
ständigen
Veränderungsprozess, da sie von vielen Faktoren
beeinflusst werden (Gesellschaft, Mode, Politik,
Umwelt u. a.)“
tanja Seeböck (Denkmalpflegerin)
160
Die Wiederaufnahme antiker Bauelemente in den
verschiedenen Epochen lässt vermuten, dass sie als
schön galten und somit auch eine gewisse zeitlose
Qualität besaßen. Doch mit der Moderne ab dem
19. Jahrhundert lässt sich ein Umbruch feststellen.
Eine zunehmende organische Architektur und
funktionale, minimalistische Tendenzen bildeten sich
heraus. Antike Bauelemente, wie Säulen, Pilaster
und Kapitelle kamen nicht mehr zur Anwendung und
auch die Dekorfreudigkeit nahm ab.
Die zeitgenössische Architektur verzichtet teilweise
ganz auf Dekoration. Doch lässt sich heute nach
dem Traditionsbruch in der Moderne feststellen, dass
wieder der Versuch gemacht wird vorhergehende
Elemente zu verwenden. Man könnte davon
ausgehen, dass wenn Architektur ermüdend wirkt
und keine neuen Impulse erkennbar sind, sich
der Blick auf vorangegangene Epochen richtet.
So erfreut sich, zum Beispiel, das Architekturbüro
Patschke & Partner Architekten in Berlin, welches
sich auf traditionsbewusstes klassisches Bauen
spezialisiert hat, wachsender Beliebtheit.
Es stellt sich also die Frage, ob heutige moderne
„Starbauten“ in ihrer Gestaltung zeitlos sind, oder
doch nur für einen kurzen Moment Bestand haben
und klassische Gestaltungsmerkmale dauerhaft
bleiben, wie nach Dietmar Steiners Aussage,
einem österreichischen Architekten und Direktor
des Architekturzentrums in Wien: „Sternschnuppen
erregen
momentane
Aufmerksamkeit
und
verglühen, die Sonne aber strahlt fast ewig, und
immer, genau betrachtet, vielgestaltig.“ Jedoch
unterliegt unser Schönheitsempfinden einem
ständigen Wandel, denn „Ästhetisches Empfinden
wird vorrangig durch Sehgewohnheiten bestimmt.
Sehgewohnheiten unterliegen aber einem ständigen
Veränderungsprozess, da sie von vielen Faktoren
beeinflusst werden (Gesellschaft, Mode, Politik,
Umwelt u. a.)“ (Tanja Seeböck, Denkmalpflegerin).
Ob nun klassische Elemente zeitlos sind, oder
neue Impulse die zukünftige Architektur bestimmen,
es bleibt eine Herausforderung für eine zeitlose
Gestaltung eine Lösung zu finden, die es
möglicherweise gar nicht geben kann.
161
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
Maßstab
Der Modulor
„Mit zunehmender Größe wirkt die architektonische
Hülle schwächer auch wenn ihre Dimensionen proportional mitwachsen; sie erfüllen ihre Funktion, den
Raum nach Außen abzuschirmen, weniger überzeugend, weil ihre spezifische Anschauungsdichte mit
zunehmender Größe abnimmt.“
Rudolf Arnheim, dt.-us amerikanischer Medienwissenschaftler und Kunstpsychologe (1904-2007)
Seit Vitruv (1.Jh. v. Chr.) ist „das Größenverhältnis“ die Grundlage der Baukunst. Während Boulleé
(1728-1799) seine Werke auf einfache Maßverhältnisse und Grundformen reduzierte und sie ins kolossale übersteigerte, wurde im 20.Jahrhundert von
Le Corbusier der Mensch als Maß aller Dinge als
Modulor wieder aufgenommen.
Maß zu nehmen ist etwas vom Grunsätzlichsten in
der Architektur. Durch Bauteile wie Fenster und Türen wird das Größenverhältnis sichtbar und die Größe wahrnehmbar. Treppen hingegen werden vom
menschlichen Maßstab abgeleitet und sind, anders
als bei Raum- und Türhöhen in ihrer Gestaltung weniger flexibel. Die Größe der Erscheinung prägt die
Wahrnehmung von Bauten stärker als die absolute
Größe. „Größen“ müssen vermitteln und zueinander
stimmig sein. Der Mensch darf dabei nicht aus den
Augen verloren werden.
Die Beziehung von Mensch und Architektur hängt
nicht unbedingt von einem Maßsystem ab, sondern
von den verwendetet Dimensionen. Der Mensch soll
die Möglichkeit bekommen sich den Raum aneignen
zu können. Er muss ihm frei gegenübertreten. Durch
freies Bewegen im und vor dem Raum, durch Distanz halten wird Raum zu menschlichem Raum.
Welcher Maßstab aber „menschlich“ sei und welcher
den Anforderungen der Stadtplanung und Stadtökonomie gerecht wird und ob sich diese zwei vereinbaren lassen, stellt sich als Frage in jeder Entwurfsaufgabe neu.
Die Vorliebe für großmaßstäbliche oder kleinteilige
Architektur wechselt sich in den Epochen ab. Politische oder Wirtschaftliche Ereignisse hängen häufig
damit zusammen.
(zusammengefasst aus: Werk, Bauen + Wohnen,
06/2008)
Die folgenden Beispiele zeigen Neubauten im unterschiedlichen Umgang mit Maßstäblichkeit.
162
Andrea Jansen
Wohnblock Parkrand, Amsterdam NL
Die Niederlande sind ein Land des kleinmaßstäblichen.
Das niederländische Architekturbüro MVRDV,
gegründet 1991 in Rotterdam, ist bekannt für die
Entstehung großer Blöcke. Zwischen 2005 und 2007
entstand der 135 m lange, 34 m tiefe und 34 m hohe
Wohnblock im westlichen Stadtteil Amsterdams.
Umgeben von viergeschossigen Wohnzeilen und
einer weiten Parklandschaft ist das Gebäude eher
erhaben als malerisch und sprengt selbst den Maßstab der umliegenden Nachkriegsbauten.
Die Architekten haben die Gebäudemasse in fünf
Türme gebündelt. Somit enstehen in dem großen
Volumen Aussparungen, die die Sichtbeziehungen
zur Umgebung erhalten sollen. Zwischen den Türmen liegt eine Terrasse. Der mit überdimensionalen
Blumentöpfen, Kronleuchtern, Elefantenskulpturen
und Rutschen dekorierte Außenraum und das Rautenmuster auf der Fassade, lassen diesen Raum wie
ein großes „Freiluft-Wohnzimmer“ scheinen. Durch
das Spiel mit dem Maßstab und einem Hell-DunkelKontrast wird Außenraum zu Innenraum.
„Bei aller Großmaßstäblichkeit gewinnt die Architektur des Hauses gerade durch diese haptische,
stoffliche Qualität ein menschliches Maß.“
(www.baunetzwissen.de)
Zollverein School of Management and
Design, Essen DE
Auf dem Gebiet der ehemaligen Zeche Zollverein in
Essen entstand 2005 auf einem flachen Stück Wiese ein Betonwürfel mit quadratischem Grundriss
(35 x 35 Meter), der sich in die Umgebung einfügt.
Das Objekt ist mehr Skulptur als Gebäude, mehr
irritierend als einladend. Der geometrische Grundkörper gibt noch keine Anhaltspunkte für Maßstäblichkeit. Der Rhythmus, der 134 quadratischen Fensteröffnungen in drei unterschiedlichen Größen,
scheint zunächst rätselhaft, orientiert sich aber nach
der inneren Funktion. Zusammen mit unterschiedlichen Raumhöhen besitzt jede Etage ihre eigene
Atmosphäre. Die Architekten SANAA lassen im Inneren die Menschen winzig scheinen.
163
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
Typologie
„Unter Bautypologie oder Haustypologie versteht
man eine Zuordnung von Gebäuden nach Gruppen,
deren Unterscheidung nach morphologischen
Kriterien oder einer Nutzungsdifferenzierung her
vorgenommen wird“
Wikipedia
„Architektur ist ein notwendiger Bestandteil der
Kultur und gibt der menschlichen Gesellschaft ihre
konkrete Gestalt.“
Aldo Rossi, Architekt (1931-1997)
Zu den Aspekten zeitloser Architektur zählen auch
typologische Merkmale eines Gebäudes. Diese werden nach verschiedenen Kriterien unterschieden.
Gebäude werden beispielsweise nach Nutzen und
Verwendung, nach Form und Ausdruck in Gruppen
unterteilt. Eine sinnvolle Unterscheidung vereinfacht
die Lesbarkeit der Architektur.
Der italienische Architekt Aldo Rossi veröffentlichte
1966 das Buch „Die Architektur der Stadt“. Darin beschreibt er die Stadt als architektonisches Produkt
von verschiedenen Funktionen bzw. individuellen
Gebäuden. Sowohl der Architekt als auch der Stadtplaner muss bei der Planung politische, soziale und
ökonomische Aspekte miteinbeziehen.
Architektur prägt Kultur und Kultur formt die Gesellschaft. Eine Stadt ist Spiegelbild der in ihr lebenden
Menschen. Entwickelt sich die Kultur der Menschen,
beispielsweise durch neue Materialien, neue Formen oder neue Techniken, verändert sich auch die
Architektur und somit das Stadtbild.
Die Suche nach Typen ist wichtig für das Verständnis der Stadt, da jedes Modell auf einen bestimmten
geschichtlichen Zeitpunkt und auf die damalige Kultur der Bevölkerung hinweist.
Typologische Merkmale ermöglichen die Lesbarkeit
eines Gebäudes. Ihre Bedeutung soll an folgenden
Beispielen veranschaulicht werden.
Theaterbau
Staatsoper Unter den Linden, Berlin
164
Stadttheater, Aachen
Der Ursprung des Theaterbaus geht auf die Antike
zurück. Eines der ersten ist das Teatro Olymico in
Vicenza, Italien. Klassische Bauelemente sind Vorbilder für den späteren Theaterbau.
Die Staatsoper Unter den Linden im Stadtteil Berlin-Mitte wurde 1743 von dem Architekten Georg
Wenzeslaus von Knobelsdorff fertiggestellt. Besonders hervorzuheben sind klassische Bauformen wie
Portikus und Giebelfeld.
Auch das Theater in Aachen, dessen ursprünglicher
Entwurf von Johann Peter Cremer (Portikus auf
sechs Säulen) von Karl Friedrich Schinkel bearbeitet
und 1825 fertiggestellt wurde, ist ein klassizistischer
Bau. Auch hier sind der Portikus auf acht Säulen und
das Giebelfeld typische Merkmale.
Andrea Jansen
Auch in den fünfziger Jahren sind klassische Bauelemente, wenn auch in abstrakter Form, wichtige
Gestaltungsmerkmale für den Theaterbau. Dies
zeigt auch das Schauspielhaus in Bochum von
1953 von Gerhard Graubner, dessen Portikus nach
hinten rückt. Auf das Giebelfeld wird verzichtet.
Das Theater am Marientor in Duisburg wurde 1995
errichtet. Der Neubau lässt die Antike hinter sich
und knüpft an die Moderne an. Das Gebäude erinnert an ein Kino oder Museum.
Schauspielhaus Bochum (li.)
Theater am Marientor, Duisburg
Bürobau
Das erste Bürohaus enstand im 16.Jahrhundert in
Florenz. Das architektonische Konzept, zeilenförmige Baukörper mit langen Korridoren, an denen
sich Arbeitsräume reihen, ist bis heute prägend für
die Büroarchitektur.
Die meisten Bürohäuser sind Geschossbauten. Ihre
Lochfassade gibt dem Gebäude eine klare Struktur und teilt den dahinter liegenden Raum in kleine
Parzellen. Die Beispiele links zeigen Bürohäuser,
bei denen die Nutzung an der Fassade ablesbar ist.
Beides sind Bestandsgebäude. Daher war es den
Architekten nach dem Umbau bzw. der Sanierung
wichtig, die Struktur der Fassade zu erhalten.
Außergewöhnlich scheint dagegen das Bürohaus
Berliner Bogen in Hamburg, das von 1998 bis Ende
2001 errichtet wurde. Der Neubau des Architekturbüros BRT Architekten Bothe Richter Teheranni mit
seiner ungewöhnlichen Bogenform erinnert mehr an
eine Sport- oder Schwimmhalle, vielleicht sogar an
ein Museum oder einen Bahnhof, da sich das Gebäude nur zu zwei Seiten hin öffnet. Die Nutzung
des Berliner Bogens ist nicht ablesbar.
Bürogebäude, Charlottenstraße, Berlin-Mitte (li.)
Bürogebäude, Auguste Hauschner-Straße, Berlin
Der Vergleich mit den ersten Beispielen zeigt, dass
durch die skulpturale Form die Typologie des Bürohauses nicht mehr erkennbar ist. Dies gilt auch
für den Theaterbau. Die Lesbarkeit von Gebäuden
nimmt mit der modernen Architektur ab.
Berliner Bogen, Hamburg
165
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
Ortsbezug als zeitlose Qualität
Projekt: Galerie am Kupfergraben
Bauherr: Céline und heiner Bastian
Architekt: David Chipperfield
Ort: Berlin
Bauleitung: BAL Bauplanungs- und Steuerungs GmbH
Wettbewerb: 2003
Fertigstellung: 2007
Ein weiterer wichtiger Aspekt der visuellen Haltbarkeit kann der Ortsbezug eines Gebäudes sein.
Inwieweit der Ortsbezug eine zeitlose Qualität sein
kann lässt sich an den verschiedenen Beispielen erahnen.
Begründung des Ortsbezugs
Die Lebenszyklen von Bauwerken werden in anderen Zeitabständen gemessen als bei Kleidern oder
anderen Gebrauchsgegenständen.
Die Architektur wird so nie vollständig den Anforderungen des Zeitgeistes genügen. Der überwiegende
Teil des Gebauten überdauert die Spanne einer Generation, was mit ein Grund dafür ist, das der Architektur etwas „Zeitloses“ anhaftet. Die Bedürfnisse
der Benutzer und der Zeitgeschmack sind schnelleren Veränderungen unterworfen, die Bezogenheit
der Architektur auf den konkreten Ort bleibt aber bestehen. So ist es nahe liegend, dass dem Ortsbezug
in der Architektur eine Bedeutung zukommt.
Kunstgalerie am Kupfergraben in Berlin
Das Galeriehaus wurde im Auftrag von dem Kunstsammler Heiner Bastian von David Chipperfield entworfen und 2007 fertig gestellt. Es liegt in der Mitte
von Berlin direkt neben der Museumsinsel.
Dem Bau gelingt es sich stark auf sein historisches
Umfeld zu beziehen, ohne sich von den Vorgaben
einengen zu lassen. Die Kubatur und Höhe des Baukörpers ordnen sich in das bestehende Stadtbild ein.
Das Gebäude akzeptiert den „historischen“ Stadtgrundriss der Parzelle und bleibt in der „Berliner
Traufhöhe“ von 22 Metern.
Fassadenansicht von der Spreeseite
166
Der Bau schließt mit seiner hellen Ziegelfassade an
den massigen Nachbarbau mit Sandsteinfassade
an. Das Mauerwerk der Galerie besteht aus Ziegeln
im „Reichsformat“, vor allem aus Abrissmassen von
brandenburgischen Kasernen. Diese wurden dann
mit einem kalkfarbenen Mörtelschlemm überzogen.
Projekt: Wohn- und Atelierhaus
Architekt: Armando Ruinelli
Ort: Soglio/CH
Fertigstellung: 2003
Wohnfläche: 340 qm
Zusätzliche Nutzfläche: 220 qm
Baukosten: 2.520.000 SFr
Henny Hauptvogel
Hierbei wurde auf Materialien und deren Verarbeitung zurückgegriffen, die bereits bei der Renovierung
des Neuen Museums erprobt und erlernt wurden.
Auf der schmalen Gebäudeseite wird das Ziegelmauerwerk von drei horizontalen Betonwerksteinkonsolen gegliedert, auf der langen Seiten entlang der
Strasse hingegen von vier. Dies macht es schwierig
die Anzahl der Geschosse zu erkennen. Die übergroßen Fenster, die manchmal über anderthalb,
manchmal über zwei Geschosse hinweg die Fassade öffnen erschweren dies. Tatsächlich befinden
sich vier Stockwerke hinter der Fassade.
Die Fensterausschnitte erscheinen innen als großformatige Bilderrahmen. Ihre wechselnde Position
orientiert sich nach den Bezugspunkten im städtischen Umfeld. Sie öffnen sich zur Museumsinsel,
zum Deutschen Historischen Museum und zum
Schlossplatz. Das Gebäude knüpft durch die Ausblicke eine Beziehung zu seinen Nachbarn. Die
Stadtbilder werden durch die riesigen Fenster definiert und gerahmt und machen sie so zum Teil der
Ausstellung im Innenraum.
Bei diesem Beispiel wird der Ortsbezug durch die
Orientierung an der umliegenden Bebauung und
dem Bezug auf sein historisches Umfeld gebildet.
Ausblick aus den großformatigen Fenstern
Wohn- und Atelierhaus in Soglio
Es wurde als Sommerdomizil für einen Modefotografen von Armando Ruinelle entworfen und 2003
fertig gestellt. In dem Gebäudekomplex sollte ein
umfangreiches Raumprogramm untergebracht werden, nicht nur ein privater Wohnbereich sondern zudem auch ein Fotoatelier.
Das Volumen wurde in zwei Häuser aufgeteilt, die
lediglich im Untergeschoss miteinander verbunden
sind. Dadurch wurde die Kleinteiligkeit und Maßstäblichkeit der umliegenden Bebauung erhalten.
Das umfangreiche Raumprogramm tritt somit nach
außen nicht in Erscheinung. Man nimmt zunächst
Gebäudekomplex in der umgebenden Bebauung
167
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
nur zwei eng beieinander stehende Häuser wahr, die
sich in Form und Bauweise unauffällig in die dörfliche Struktur einfügen.
Der Gebäudekomplex wurde längs zur Gasse angeordnet, der eine Bau steinern und verputzt, der
andere ist mit einer Schalung aus Eichenbrettern
versehen. Die beiden Einheiten übernehmen auf die
se Weise sinngemäß die Typologie des Ortes. Das
verputzte Gebäude, das direkt and er Gasse steht,
bildet mit dem Eingang das Haupthaus. Das andere
Gebäude ist leicht von der Straße zurückgesetzt und
tritt mit seiner Holzschalung auch optisch als Nebengebäude in Erscheinung.
Gartensicht auf die beiden Gebäude
Auf den ersten Blick wirken die Gebäude traditionell
und archaisch. Bei genaueren Betrachten sind sie
jedoch klar als Produkt der Gegenwart zu erkennen.
Die Stahlschiebefenster, die betonierte Pergola und
auch die Verarbeitung der Materialien stellen einen
sichtbaren Bezug zur zeitgenössischen Architektur
her.
Der Entwurf geht auf den Ort ein indem das umfangreiche Raumprogramm unter der Erde und in zwei
Häusern organisiert ist und somit der kleinteilige
dörfliche Maßstab erhalten bleibt. Des weitern übernimmt der Entwurf in Dimension, Positionierung,
Form, Farbe und Material die Typologie der Nachbarhäuser und fügt sich in den baulichen Kontext
ein.
168
Projekt: Wohn- und Atelierhaus
Architekt: Armando Ruinelli
Ort: Soglio/CH
Fertigstellung: 2003
Wohnfläche: 340 qm
Zusätzliche Nutzfläche: 220 qm
Baukosten: 2.520.000 SFr
Henny Hauptvogel
Hierbei wurde auf Materialien und deren Verarbeitung zurückgegriffen, die bereits bei der Renovierung
des Neuen Museums erprobt und erlernt wurden.
Auf der schmalen Gebäudeseite wird das Ziegelmauerwerk von drei horizontalen Betonwerksteinkonsolen gegliedert, auf der langen Seiten entlang der
Strasse hingegen von vier. Dies macht es schwierig
die Anzahl der Geschosse zu erkennen. Die übergroßen Fenster, die manchmal über anderthalb,
manchmal über zwei Geschosse hinweg die Fassade öffnen erschweren dies. Tatsächlich befinden
sich vier Stockwerke hinter der Fassade.
Die Fensterausschnitte erscheinen innen als großformatige Bilderrahmen. Ihre wechselnde Position
orientiert sich nach den Bezugspunkten im städtischen Umfeld. Sie öffnen sich zur Museumsinsel,
zum Deutschen Historischen Museum und zum
Schlossplatz. Das Gebäude knüpft durch die Ausblicke eine Beziehung zu seinen Nachbarn. Die
Stadtbilder werden durch die riesigen Fenster definiert und gerahmt und machen sie so zum Teil der
Ausstellung im Innenraum.
Bei diesem Beispiel wird der Ortsbezug durch die
Orientierung an der umliegenden Bebauung und
dem Bezug auf sein historisches Umfeld gebildet.
Ausblick aus den großformatigen Fenstern
Wohn- und Atelierhaus in Soglio
Es wurde als Sommerdomizil für einen Modefotografen von Armando Ruinelle entworfen und 2003
fertig gestellt. In dem Gebäudekomplex sollte ein
umfangreiches Raumprogramm untergebracht werden, nicht nur ein privater Wohnbereich sondern zudem auch ein Fotoatelier.
Das Volumen wurde in zwei Häuser aufgeteilt, die
lediglich im Untergeschoss miteinander verbunden
sind. Dadurch wurde die Kleinteiligkeit und Maßstäblichkeit der umliegenden Bebauung erhalten.
Das umfangreiche Raumprogramm tritt somit nach
außen nicht in Erscheinung. Man nimmt zunächst
Gebäudekomplex in der umgebenden Bebauung
169
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
Tektonik
Unser wahrnehmendes Auge verlangt bei einem
Gebäude nach einer sinnhaften wahrnehmbaren
Vermittlung der statischen und konstruktiven
Sachverhalte, die durch die Form gegeben werden.
Diesen Aufbau eines Objektes nennt man Tektonik.
Die dabei hervorgehobene Vorstellung vom
konstruktiven Aufbau muss nicht mit der tatsächlichen
Baukonstruktion übereinstimmen (Wikipedia).
Doch wie ist das Verhältnis von Mensch und
Gebäude? Ist Tektonik ein Element der zeitlosen
Architektursprache?
Nach dem Architekten Hans Kollhoff ist die Tektonik
die Lehre vom Zusammenfügen von Einzelteilen
zu einem Ganzen, zu einem Gebilde der Baukunst,
wenn man will: die Lehre vom inneren Aufbau eines
Kunstwerks.
Daimler-Benz-Projekt,1997
Er beschreibt mit seiner Aussage seine Entwürfe
und Gebäude, wie zum Beispiel das Daimler-BenzProjekt in Berlin am Potsdamer Platz, das 1997
fertiggestellt wurde. Durch seine präzise Anordnung
der Fensterbänder und Gesimse erhält das Gebäude
eine klare, ablesbare Struktur. Diese gibt uns eine
gewisse Sicherheit über die Tragstruktur dieses
Gebäudes, was sich auch stark an den Hochhäusern
Anfang des 20.Jhd. in Chicago orientiert und greift
dabei auf Elemente einer vorherigen Epoche
zurück.
Jedes konstruktive Gerüst wird heute verkleidet,
verpackt und ummantelt, da es Feuer, Kälte und
Korrosion ausgesetzt ist. Wie es auch in diesem
Beispiel unternommen wurde. Ein Gebäude wird
somit einer Haut überzogen, die klar getrennt vom
bekleideten Körper ist.
Diese Haut sollte nach Semper nicht von der
künstlerischen Umsetzung betrachtet werden.
Sie ist somit gestalterischer Willkür ausgesetzt.
Die Haut steht im Verhältnis zur Konstruktion, welche
zur Schau gestellt werden kann oder eventuell
hindurch scheinen kann.
170
Antje Günther
Auch banale konstruktive Sachverhalte können in
anschauliche Bilder verwandelt werden.
Dies wird besonders an der Fassade des
Jugendstilgebäudes
der Postsparkassenfiliale
in Wien
deutlich. Das Gebäude, dass 1906
erbaut und von Otto Wagner entwurfen wurde,
besitzt eine Fassade, die aus Marmorflächen
und
Aluminiumapplikationen
besteht.
Diese
Aluminiumapplikationen sind Montagehilfen aber
auch gleichtzeitig Ornamente, die die Fassade
gliedern.
Postsparkasse Wien, 1906
Fritz Neumeyer meint, dass jede Kostruktion seine
eigene ästhetische Dimension besitzt.
Sie liegt nicht in der Konstruktion selbst als technische Realität, sondern im Bild der Konstruktion
begründet.
Der Zusammenhang zwischen dem wie etwas gebaut erscheint, und dem was wir bei seinem Anblick
empfinden, hat seine eigene Dialektik.
Wie zum Beispiel der Entwurf von Mies van der
Rohe, dem gläsernen Hochhaus am Bahnhof
Friedrichstraße, von 1922.
Detail Aluminiumköpfe
Das Bild der Konstruktion ist faszinierend. Die Konstruktion ist ein wesentliches Gestaltungsmittel,
dass auch in den Raum mit hineinbezogen wurde.
Das ganze Bauwerk wird durch einen Betonkern und
Stützen, auf denen sich auskragende Platten befinden, aufgefangen.
Diese Böden gliedern das Gebäudes horizontal.
Die Fassade ist durchgängig verglast. Das gesamte
Gebäude ist eine Haut- und Knochenarchitektur, da
die Grundform nur aus Stützen und Deckenscheiben
besteht.
Modell gläserne Hochhaus
171
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
Heinrich Wölfflin sieht die Tektonik wie folgt:
„Selbst toter Stein bleibt für uns in einigen
Eigenschaften einfühlbar. Denn das, was wir mit
dem toten Stein teilen, sind die Verhältnisse der
Schwere, des Gleichgewichts, der Härte usw. Lauter
Verhältnisse, die für uns einen Ausdruckswert
besitzen.“
Ansicht Steinhaus, 1986
Was uns Menschen interessiert sind Eigenschaften,
die wir unserem Körper nachempfinden können.
Diese können bei uns Unbehagen oder Vergnügen
auslösen.
Eigenschaften die wir an einem Gebäude assoziieren,
sind oftmals: steht oder liegt es, schwebt es, ist es
hermetisch abgeschlossen oder hat es Poren.
172
Diese Vergleiche stellt man auch an dem Beispiel
des Steinhauses von Günter Domenig.
Er thematisiert Tragen und Auflasten in Analogie
zur Natur und abstrahiert die Tektonik, in dem er die
Landschaft des Ortes analysiert und skizziert. Dabei
verfremdet er immer mehr diese Zeichnungen.
Aus dem Unterbau konstruiert er raumbildende
Hügel, auf denen Felsen auflagern.
Seine „Felsen und Hügel“ symbolisieren für uns die
oben genannten Eigenschaften.
Die Hügel wirken schwer aufgrund ihres Materials
Beton. Die Felsen dagegen scheinen für uns
schwebend, obwohl sie durch das Material Metall
sehr massiv wirken.
Antje Günther
Die Beispiele der Tektonik weisen geometrische
Formen auf, die aber auch verzerrt dargestellt
werden. Doch ist die Verwendung von geometrischen
Grundformen ein Indiz für eine zeitlose
Architektursprache?
Zur Zeit der französischen Revolution entstand eine
Reihe von utopischen Entwürfen und visionärer
Baukunst. Einer der Gründungsväter der modernen
Baukunst ist Etienne-Louis Boulleé. Er reduzierte
seine Werke auf einfachste Maßverhältnisse
und Grundformen, die ins Kolossale übersteigert
wurden.
Für Boulleè sind Regelmäßigkeit, Vielfalt und
Symmetrie Inbegriffe der Ordnung. Für ihn ist
Ordnung Klarheit. Er hebt diese drei Begriffe hervor
um die Wirkung der Architektur zu steigern.
Größe als Wert an sich, Regelmäßigkeit und einfache
Maßverhältnisse, sowie die geometrische Grundform
sind die wichtigsten Aspekte seiner Entwürfe.
Diese Ordnungen zeigen sich an seinem Entwurf des
Newtondenkmals, den Kenotaph. Die Kugel bietet
eine größere Oberfläche, die fortlaufend ist und
keinen Anfang und Ende besitzt. Die Umrisslinien
sind weich und fließend. Das bedeutete für Boulleé
Anmut.
Selbst Louis Kahn nahm Boulleé zum Vorbild.
Er selbst sagte: „Es gibt Boulleé - also gibt es
Architektur.“
Ihm ging es darum, den Raum als Ergebnis einer
dem Gebauten innewohnenden Ordnung zu
entwerfen, die er in geometrischen Formen wieder
fand. Die Ordnung stand für Kahn vor Konstruktion
und Funktion. Sie erzeugte erst den Raum, der dann
Funktionen aufnehmen konnte.
Er entwarf 1962 das National Capitol of Bangladesh,
das eine städtische Totalform ist und ein ganzheitlich
monolithisches Gebäude bildet. Achsialsymmetrie
und geschlossene Ganzheit der Körper sind
vorherrschende Elemente, die dieses Objekt
charakterisieren. Das gesamte Gebäude besteht
aus einem homogenen Material, indem Beton
vorherrschend wirkt und wechselnde, reliefartige
Marmorstreifen im Kontrast stehen. Diese Elemente
binden diese Figur und bilden sie zu einem
Ganzen.
Geometrische Formen
Kenotaph, Newtondenkmal,1784
National Capitol of Bangladesh, 1962
173
literaturverzeichnis
11
Positionen
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06.11.2008
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10 http://www.arcspace.com/architects/herzog_meuron/caixa/caixa.html, Stand
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06.11.2008
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12 http://www.staatstheater-darmstadt.de/das-haus/das-haus.html, Stand 05.11.2008
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4ea8ac13596aaf0aff1e3741225907118, Stand 05.11.2008
14 http://www.beton.org/sixcms_4/sixcms/detail.php?id=187141, Stand 05.11.2008
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Dornbuschkirche Frankfurt
1 http://www.dornbuschgemeinde.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5
4&Itemid=53 (Stand 12.02.2009, überprüft: 06.03.2009)
2 http://www.dornbuschgemeinde.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5
5&Itemid=54
(Stand 12.02.2009, überprüft: 06.03.2009)
3 Dornbuschkirche Frankfurt, Artikel aus der Zweitschrift: Bauwelt, Jg.: 96, Nr.26, 2005,
Seite 27
4 Dornbuschkirche Frankfurt, Artikel aus der Zweitschrift: Bauwelt, Jg.: 96, Nr.26, 2005,
Seite 28
5 Dornbuschkirche Frankfurt, Artikel aus der Zweitschrift: Bauwelt, Jg.: 96, Nr.26, 2005,
Seite 25
6 Dornbuschkirche Frankfurt, Artikel aus der Zweitschrift: Bauwelt, Jg.: 96, Nr.26, 2005,
Seite 26
Wohn-und Bürohaus in Frankfurt
1 http://www.koelnarchitektur.de/pages/de/news_archiv/990.htm (Stand 12.02.2009,
überprüft: 06.03.2009)
2 Wohn-und Bürogebäude in Frankfurt, Artikel aus der Zweitschrift: DBZ Deutsche Bauzeitschrift, Jg.: 56, Nr.6, 2008, Seite 33
3 Wohn-und Bürogebäude in Frankfurt, Artikel aus der Zweitschrift: DBZ Deutsche Bauzeitschrift, Jg.: 56, Nr.6, 2008, Seite 35
4 Wohn-und Bürogebäude in Frankfurt, Artikel aus der Zweitschrift: DBZ Deutsche Bauzeitschrift, Jg.: 56, Nr.6, 2008, Seite 36
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temporäre Konzepte
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1 Detail 08/ 20001 „Experimentelles Bauen“ S. 1490- S. 1492
2 Bürohomepage Atelier Kempe Thill
3 http://www.atelierkempethill.com/0005.html
Cruise Terminal
1 Voices_13Zehn° Neue Hamburger Architekturpositionen, Julius Verlag GmbH, Hamburg, 2005
2 Bürohomepage Renner Hainke Wirth Architekten
3 http://www.rhw-architekten.de/
4 Bürohomepage Werner Sobek Ingenieure
5 http://www.wernersobek.com/
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7 http://wwx.baunetz.de/sixcms_4/sixcms/detail.php?object_id=18&id=407089
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1 Detail 2006 - 07/08
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3 www.onv.dk (Stand 15.11.2008)
4 www.hp3.dk (Stand 15.11.2008)
Aneignung des Raumes
1 Detail 2008 – 09
2 archplus 183 2007 – 05
3 http://www.elementalchile.cl/category/vivienda/iquique/ (Stand 15.11.2008)
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gitterschale-mannheim.htm&usg=__LOqZZ1ysVmPP-HsOGeWiT4Dq13Q=&h=240&w=
336&sz=23&hl=de&start=3&tbnid=cjkD048LXYuiaM:&tbnh=85&tbnw=119&prev=/images
%3Fq%3Dmultihalle%2Bmannheim%26hl%3Dde%26lr%3D%26sa%3DX
2 Heinz Isler, http://images.google.de/imgres?imgurl=https://fp.auburn.edu/heinmic/ConcreteHistory/images/Medium/M-Heinz%2520Isler.jpg&imgrefurl=https://fp.auburn.edu/
heinmic/ConcreteHistory/Pages/HeinzIsler.htm&usg=__qON2rx-8OFZ-bD5RiosF5dA2R
Po=&h=218&w=250&sz=55&hl=de&start=14&tbnid=lKpjVf41uwuzwM:&tbnh=97&tbnw=1
11&prev=/images%3Fq%3Dheinz%2Bisler%26hl%3Dde%26lr%3D%26sa%3DG
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1 http://images.google.de/imgres?imgurl=http://img2.stern.de/_
content/54/74/547436/ddp-platte_250.jpg&imgrefurl=http://www.stern.de/wirtschaft/
immobilien/:Vorzeigeimmobilien-Recycling-Platte/547436.html&usg=__zlTWPvfHfrhXUXi
8FvzVpqE11rM=&h=288&w=250&sz=28&hl=de&start=12&um=1&tbnid=fS99JMxaaPSlp
M:&tbnh=115&tbnw=100&prev=/images%3Fq%3Drecycling%2Bbauen%26um%3D1%2
6hl%3Dde%26sa%3DG
MFH Martinsbergstraße
1 Zeitschrift der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Netzwerk WOHNEN |
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Bauen mit Holz
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Bauen mit Glas
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2 http://www.zae-bayern.de/files/schema_vig.png
Innovative Dämmstoffe
177
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2 Archithese 4/2004
3 Detail 6/2007
4 Detail 5/2008
5 DBZ 1/2009
6 Forschungsstand Innovative Dämmstoffe im Bauwesen/ Bremer Energie Institut
7 Green Building - Konzepte für nachhaltige Architektur / Michael Bauer/ Callway
8 Neue Passivhäuser/Anton Graf/ Callway
9 Energieatlas
10 www.bremer-engergie-institut.de
11 www.umwelt-wand.de (Fachverband Transparente Wärmedämmung)
12 www.solarlux.ch
13 http://www.lucido-solar.com
14 http://www.wacotech.de
15 http://www.gap-solar.at
16 www.baulinks.de
17 http://www.baunetzwissen.de
Brian Edwards with Paul Hyett, Rough guide to sustainability, Seite 60 ff, RIBA Publishing 2005
Studie von Steffen Reichert and der HGF Offenbach in: Arch+188, Juli 2008)
Manfred Hegger, Matthias Fuchs, Thomas Stark, Martin Zeumer „Energie Atlas “,
Detail Verlag, November 2007,
127
Energetische Konzepte
Alten- und Pflegewohnheim
1 Energieatlas (2007)
2 Architektur aktuell (6/2006)
3 Bauen mit Holz (1/2007)
4 www.arcguide.de (28.12.2008)
5 www.nextroom.at (28.12.2008)
6 www.wissounig.at (02.01.2009)
7 www.passiv.de (02.01.2009)
Studentenwohnheim
1 Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Baumschlager - Eberle .2002 - 2007 . Architektur, Menschen und Ressourcen. Wien: Springer 2007.
2 Österreichische Energieagentur(Hrsg.) : Evaluierung der Umsetzung des Klimaschutzprogrammes (Kilp) der Stadt Wien. Wien: 2007.
3 http://www.passivehouse.at/news_det.php?subthemenid=555&themenid=5
Arch+ 184 Architektur im Klimawandel
Manfred Hegger, Matthias Fuchs, Thomas Stark, Martin Zeumer „Energie Atlas “,
Detail Verlag, November 2007,
Archithese 4/2004
Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Baumschlager-Eberle 2002-2007: Architektur | Menschen
und Ressourcen, Wien 2008
145
Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit
Ortsbezug als zeitlose Qualität
1 Valena 1994
Valena, Tomas: Beziehungen. Über den Ortsbezug in der Architektur, Berlin, 1994
2 Sack 2005
Sack, Manfred: Die besten Einfamilienhäuser. Deutschland - Österreich Schweiz, München, 2005
3 Heilmeyer 2008 Heilmeyer, Florian: Kritische Rekonstruktion. Galerie am Kupfergraben 10 in Berlin von David Chipperfield Architects, in: Werk, Bauen + Wohnen Nr. 6,
2008
178
Tektonik
1 Günther Domenig, Titel: Steinhaus in Steindorf, Verlagsort: Klagenfurt, Jahr: 1993
2 Jörg Krichbaum, Titel: Mit Gesprächen über die Zukunft der Architektur in den neuen
Bundesländern, Verlagsort: Stuttgart, Jahr: 1994
3 Boullée, Etienne-Louis, Titel: Architektur, Abhandlungen über die Kunst, Verlagsort:
Zürich, Jahr: 1987
4 Hans Kollhoff, Titel: Über Tektonik in der Baukunst, Jahr: 1993
5 Louis I. Kahn, Titel: Kahn, Louis I. , Verlagsort: Basel, Jahr: 2001
6 http://de.wikipedia.org/wiki/Tektonik_(Architektur)
179
Impressum
Brandenburgisch Technische Universität Cottbus
Fakultät II Architektur, Bauingenieurwesen, Stadtplanung
Konzept:
Lehrstuhl für Entwerfen, Gebäudekunde und Raumgestaltung
Prof. Dr. h.c. Jörg Kühn
Norbert Kling
Richard Knoll
Henri Praeger
Julia Zillich
Gestaltung:
Tino Müller
Design_Lab
180
Kontakt:
www.tu-cottbus.de
[email protected]
[email protected]
181
NEUES BAUEN!
ist eine Schriftenreihe des Lehrstuhls für
Entwerfen, Gebäudekunde & Raumgestaltung
Prof. Dr. h.c. Jörg Kühn
Fakultät II - Architektur, Bauingenieurwesen
und Stadtplanung
182
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