NEUES BAUEN! LEBENSDAUER Inhaltsverzeichnis Vorwort 06 Positionen 11 Einleitung Grzegorz Steczko 12 New order in cities from functional point of view Gabriele Rotter 16 The architecture of the city Vladimir Korensky 20 Grundlagen Zerstörung als politisches Instrument Tobias A. Dörfler 25 Ökonomie Krzysztof Witek 30 Ökologie Planerische Strategien Bestand 35 Alexander Haustein 36 38 Caixa Forum Herzog & DeMeuron/ Madrid Staatstheater Lederer+Ragnarsdottir+Oei / Darmstadt Stephan Hosemann 40 42 Wohn- und Bürogebäude Opus Architekten / Darmstadt Dornbuschkirche Meixner Schlüter Wendt / Frankfurt Solveig Zimmer 44 46 Temporäre Konzepte Wohnhaus Wohlfahrt Meixner Schlüter Wendt / Oberursel Typenschule Schulzendorf Zanderroth Architekten / bei Berlin 49 Christian Müller 50 52 56 58 Light Building Atelier Kempe Thill / De Parade Theaterfestival u.a. Cruise Terminal Renner Hainke Wirth Arch. / Hamburg Larin Pchdari Zwischennutzungen: Die Torte Osa / Frankfurt Bergkristall Palast der Republik raumlabor_berlin / Berlin Patricia Gajdzik 60 62 Flexibilität 65 66 68 2 Impuls: Temporäre Kunsthalle Adolf Krischanitz / Berlin Experiment: Japanischer Pavillon Shigeru Ban / Expo Hannover Tanja Göbel Modelsystem ONV architects / Dänemark Aneignung des Raumes Alejandro Aravena / Iquique, Chile 70 72 74 76 78 82 Nutzungsoffenes Bauen Wohnanlage Mitterweg Baumschlager & Eberle / Innsbruck Studentenwohnheim Lundgaard & Tranberg / Kopenhagen Marcus Bullan Wohn- und Atelierhaus Köllner Brett b&k+ / Köln Wohnhaus Grieshofgasse Helmut Wimmer / Wien David Malzahn Gestapelte Kleingartensiedlung Helmut Wimmer / Wien Donnybrook Quarter Housing Peter Barber Architects / London 87 88 90 92 94 96 98 100 Konstruktion Carina Dähnert Julia Schönbrunn E-Science-Lab ETH Baumschlager & Eberle / Zürich BTU Ateliergebäude Fak II Architekturwerkstatt / Cottbus Viktoria Schock Architekturschule Lacaton & Vassal / Nantes Centre Pompidou Paris Renzo Piano u. Richard Rogers / Paris Stefanie Wladika Lichte Raumhöhe Villa Menti Plazza Baumschlager & Eberle / Feldkirch Solids IJburg Amsterdam Baumschlager & Eberle / Amsterdam 103 Roman Schuppan 104 Wohnkonzept Balance Hubacher u. Haerle / Zürich Kay Michalczack 108 110 Mehrfamilienhaus Gebhardstraße Baumschlager & Eberle / Feldkirch Forum Chriesbach Bob Gysin + Partner / Bern Daniel Meister 112 116 118 Material Minimierung von Konstruktion Sandra Grenner Recycling konstruktiver Elemente MFH Martinsbergstraße Urs Meyer + Partner / Baden 121 122 124 126 128 Anna Viktoria Rödde Bauen mit Holz E3 - Wohnhaus Kaden + Klingbeil Architekten / Berlin Anne-Caroline Bergmann Bauen mit Glas Haus Sobek R128 Werner Sobeck / Stuttgart 3 Tino Müller 130 132 Bauen mit Stroh Haus Braun Werner Schmidt / Disentis Franziska Kestel 134 Energetische Konzepte Innovative Dämmstoffe 139 140 144 Jantje Bley Energiesparende Gebäudekonzepte Heliotrop Rolf Disch / Freiburg Anja Schneider 146 Alten- und Pflegewohnheim Dietger Wissounig / Steinfeld Elaheh Sarrafi 148 Studentenwohnheim Baumschlager & Eberle / Wien Björn Seifert 152 Visuelle Haltbarkeit MFH Sunny Woods Beat Kämpfen / Zürich 157 Franziska Seidel 158 Architektonische Elemente Andrea Jansen 162 164 Maßstab: Wohnblock Parkrand MVRDV / Amsterdam Scholl of ManagementSanaa / Zeche Zollverein Essen Typologie Henny Hauptvogel 166 Ortsbezug: Galerie am Kupfergraben David Chipperfield / Berlin Wohn- und Atelierhaus Armando Ruinelle / Soglio Antje Günther 4 170 Tektonik 174 Literaturverzeichnis Teilnehmerliste Seminarleitung: Julia Zillich Seminarteilnehmer Anne-Caroline Bergmann Jantje Bley Marcus Bullan Carina Dähnert Tobias Dörfler Patricia Gajdzik Tanja Göbel Sandra Grenner Antje Günther Henny Hauptvogel Alexander Haustein Stephan Hösemann Andrea Jansen Franziska Kestel Vladimir Korensky Christian Kupsch David Malzahn Daniel Meister Kay Michalczack Tino Müller Christian Müller Larin Pchdari Anna Rödde Gabriele Rotter Elaheh Sarrafi Anja Schneider Viktoria Schock Julia Schoenbrunn Roman Schuppan Franziska Seidel Björn Seifert Grzegorz Steczko Krzysztof Witek Stafanie Wladika Solveig Zimmer Die nachfolgenden Beiträge wurden ohne Korrektur übernommen. 5 Vorwort Der Zeitfaktor: Über die Lebensdauer von Gebäuden Der Lehrstuhl Gebäudekunde und Entwerfen widmet sich seit dem vergangenen Jahr dem Thema der Nachhaltigkeit. Wir sind angesichts der heute weltweiten massiven Umweltschäden und der Ressourcenknappheit überzeugt, dass sich die Arbeit des Architekten grundlegend ändern muss. Im Rahmen unserer Seminare untersuchen wir deshalb verschiedene Aspekte nachhaltigen Handelns, präzisieren sie, loten ihre Bandbreite aus und überprüfen sie auf ihre Relevanz für die architektonische Entwurfsarbeit. Nach dem Begriff des Ortsbezugs in der Architektur, den wir im letzten Semester behandelt haben, widmet sich das vorliegende Seminar der Lebensdauer von Gebäuden. Um das Thema auf ein breites Fundament zu stellen, behandeln die ersten Beiträge verschiedene Haltungen zur Dauerhaftigkeit von Gebäuden in der Stadt. Die Charta von Athen, Aldo Rossis Begriff der „Permanenz“ und die von Philipp Oswalt attestierte politische Tradition der Zerstörung in Berlin markieren das Spannungsfeld zwischen Dauerhaftigkeit und Veränderung in der Stadt. Hier treten politische, soziale und geistige Beweggründe für einen Abbruch von technisch noch einwandfreier Bausubstanz in den Vordergrund, die in Ihrer Bedeutung für die Lebensdauer eines Gebäudes nicht zu unterschätzen sind. Der zweite Themenblock legt eine Grundlage an ökologischen und ökonomischen Zusammenhängen, auf deren Basis die nachfolgenden Beiträge diskutiert werden. Der nachfolgende, größte Themenblock beschäftigt sich mit planerischen Strategien, die Lebensdauer eines Gebäudes konzeptionell zu erfassen, sei es mit dem Ziel, diese zu verlängern oder seine Teile in den Baustoffkreislauf zurückzugeben oder bewusst eine größtmögliche Freiheit für beide Varianten vorzusehen. Am offensichtlichsten hat sich die Betrachtung des Energieverbrauchs von Gebäuden verändert. Sie beschränkt sich nicht mehr allein auf den Energieverbrauch des Gebäudes während des Betriebs, sondern bezieht den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes ein. Dieser umfasst Bau, Betrieb, Instandhaltung und Abriss des Gebäudes. Ein nachhaltiger Ansatz beginnt also damit, die in den Baustoffen gebundene Energie zu minimieren. Die naheliegendste Methode ist die Weiterverwendung bereits vorhandener Bausubstanz. Intelligente Lösungen 6 für den Umgang mit dem Bestand leiten deshalb die Beispielsammlung ein. Es werden Projekte gezeigt, deren Nutzungsdauer durch Modernisierung, Umnutzung oder Erweiterung verlängert wurde oder in denen ungenutzte Flächen umgewidmet wurden und dadurch ein Neubau an anderer Stelle vermieden werden konnte. In Kontrast dazu folgen temporäre Projekte, deren kurze Dauer das Konzept bestimmt und die sich dadurch auszeichnen, Beschaffung des Materials, Aufbau, Betrieb, Abbau und Weiterverwendung entwurflich klar zu fassen. Von diesem pointierten Ansatz lassen sich Strategien für dauerhaftere Gebäude ableiten, sei es bezüglich des Materials, der Elementverbindungen, der Fertigung oder der Gestaltung. Auch strukturell lässt sich die Lebensdauer von Gebäuden beeinflussen. Bestimmte Nutzungen legen bereits eine zu erwartende Nutzungsdauer nahe. Diese wird jedoch auch von der Standortqualität, gesellschaftlichen Faktoren und wirtschaftlichen Erwägungen beeinflusst, welche nicht immer vorauszusehen sind. Ein Gebäude, das in seiner Struktur Anpassungen zulässt oder sogar eine Nutzungsänderung ermöglicht, kann auf veränderte Bedürfnisse besser reagieren. Es werden deshalb Beispiele für flexible Strukturen innerhalb einer festgelegten Nutzung vorgestellt, die sich teils auch durch gezielte, funktional nicht programmierte Raumangebote auszeichnen. Solche Angebote unterstützen die Aneignung durch die Nutzer und führen zu längerer Nutzung und besserer Pflege des Gebäudes. In Ergänzung dazu werden konstruktive Lösungen vorgestellt und eine Untersuchung zu geeigneten Raumhöhen. Hieran anknüpfend wird des Thema der Nutzungsoffenheit behandelt, welche z.B. durch eine Unterscheidung in Primär- und Sekundärstruktur, eine Bündelung der installierten Zonen oder durch größtmögliche Spannweiten erreicht werden kann. Selbstverständlich führt eine maximale Neutralität nicht immer zum besten Gebäude. Die Beispiele zeigen deshalb unterschiedliche Verhältnisse von neutralen und genau definierten Bereichen in einem Gebäude. In den nachfolgenden Beiträgen wird der Fokus auf einzelne Bestandteile oder Merkmale des Gebäudes gelegt. Das konstruktive Gerüst birgt Möglichkeiten, Gewicht und damit meist Energieinhalt und Transportenergie zu reduzieren und durch günstiges Tragverhalten die Konstruktion zu vereinfachen, wodurch die Entsorgung der Elemente oder ihre Weiterverwendung erleichtert wird. Eine bewusste Schichtung einzelner baulicher Elemente erlaubt es manchmal, die Eigenschaften jedes Materials optimal auszunutzen, die Trennbarkeit der Verbindungen und die Austauschbarkeit einzelner Schichten ver7 hindert, dass ganze Bauteile ausgetauscht werden müssen, wenn nur ein Bestandteil schadhaft ist oder den neuesten Normen nicht mehr genügt. Die Wahl des Materials hat selbstverständlich einen großen Einfluss auf die Lebensdauer des Gebäudes und die im Gebäude gebundene Energie. In diesem Seminar werden nur wenige Materialien vorgestellt. Interessant waren für uns Materialien, die einer rasanten Entwicklung unterliegen, wie Holzwerkstoffe, Glas und Dämmstoffe oder die als Baustoff unüblich, aber sehr nachhaltig sind, wie Stroh. Da ein niedriger Energieverbrauch in Zukunft für die Nutzungsdauer und den Erhalt eines Gebäudes entscheidend sein wird, werden im Anschluss energieeffiziente Gebäudekonzepte und -standards vorgestellt. Gebäude unserer Zeit werden das Nachöl- und Nachgaszeitalter erleben, das heißt, ihre Energieversorgung muss schon heute minimiert sein und so gelöst, dass sie an neue Technologien und verschärfte gesetzliche Vorgaben anpassbar ist. Zu guter Letzt wird noch das weite Feld der gestalterischen Möglichkeiten, dauerhaft gut und schön zu bauen, gestreift, weil sich dieses Thema nicht ausklammern lässt bei der Frage nach der Lebensdauer eines Gebäudes. Da ein Gebäude zumeist mehrere Generationen überdauert, muss seine Konzeption über den Zeitgeschmack hinaus gestalterische Qualitäten aufweisen und gesellschaftlich akzeptiert werden. Wir konnten im Rahmen des Seminars nur einige Aspekte wie Maßstab, Ortbezug, Lesbarkeit oder tradierte Architektursprache anreißen und so zum Nachdenken anregen. 1| Rossi, Aldo, Die Architektur der Stadt. Skizze zu einer grundlegenden Theorie des Urbanen, Vieweg 1982 2| Oswalt, Philipp: Berlin_Stadt ohne Form, Strategien einer anderen Architektur, München 2000 8 Alle planerischen Entscheidungen beruhen auf komplexen Zusammenhängen und sie sind mit jedem Projekt wieder neu zu treffen. Einzelne Entscheidungskriterien überlagern sich und widersprechen sich nicht selten. Das Ziel des Seminars war es, die für die Lebensdauer eines Gebäudes relevanten Entwurfskriterien herauszuarbeiten und Beispiele zusammenzutragen, welche einzelne Kriterien übertragbar und inspirierend umgesetzt haben. Julia Zillich 9 10 Grzegorz Steczko Gabriele Rotter Vladimir Korensky Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen During the centuries many architecture theories have been developed. Each next theory usually disdained previous ideas and statements. They all have one thing in common – architects always tried to make cities lifelong organisms that would respond to human needs as long as possible. Continuity and sustainability then are the most important terms that come up in all the discussions. ,QWKH¿UVWWZRHVVD\VZH¶GOLNHWRFRQFHQWrate on XX century. It brought us two quite contradictory theories that we want to focus on while they are responsible for many changes in architecture and urbanism. First of them – Functionalism praised radical changes and completely new look at the city as a form of solving its problems. We should add in this point that in the beginning of XX century Cities faced many problems connected with industrial revolution and inventing new technologies that extorted the changes. Functionalists wanted to completely change the look of the cities because only new revised structures would ensure continuity and future deveORSPHQW:HFDQ¶WIRUJHWWKRXJKWKDWLQSDLUZLWKQHZ solutions there always come new problems that are unforeseen. On the other hand we have the Postmodernists who believed that no radical changes are needed in order to Improve life quality. According to them we should change to function of existing buildings and spaces leaving the form unchanged rather than changing the structure that had been developed during many years. The third essay deals with different aspects of continuity on the example of Berlin namely the poOLWLFDOIDFWRUVWKDWLQÀXHQFHOLIHH[SHFWDQF\RIWKHFLW\ It concentrates on different stages of the history since the reign of Prussian governors until nowadays. It describes the destructive attitude of each generation in relation to monuments of the previous ones. 11 Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen New order in Cities from functional point of view. The Charter of Athens 1943. New order in Cities from functional point of view. The Charter of Athens 1943. Ebenezer Howard - Garden City 12 Tony Garnier - Cite Industriale Industrial revolution in XIX and XX century was the main cause of redeveloping cities. Till that time most people lived in the countryside so that FLWLHV ZHUHQ¶W WKDW GHQVH SRSXODWHG ,W DOO FKDQJHG with the introduction of industrial revolution – new factories and heavy industry were build inside the city limits providing many job opportunities for everyone. It caused migration into cities. On the other hand cities became overpopulated, overcrowded, there were no appointed places were the factories should be located – they were often mixed with heavy populated areas creating unhealthy conditions to live for the inhabitants. The problem of overpopulation and contamination leaded in the end to greater death rate. People started to think about the solution for those problems – city structure had to be revised. It was the beginning of urbanism as a modern science discipline. Many new concepts were developed by architects and town-planners. Early ones like Ebenezer Howards Garden-City proposed reducing differences between city and countryside. Main problem they faced was form of possession. In the countryside private property is the most common one – everyone has his own house with garden. Howard wanted to provide the same for city inhabitants – based more on common wellness than private interests and property – he wanted to provide everyone at least a little garden. Most important idea though was segregation of functions. Factories and industrial areas developed until then UDWKHU FKDRWLFDOO\ ZRXOG ¿QG WKHLU RZQ VHSDUDWH places in the city. In The beginning of XX century there were completely new concepts of cities – the pioneer for those was Tony Garnier with his Cite Industriale. He wanted to create the whole new modern industrial city rather than connecting existing forms of living with new industry. In his project, Garnier provided even greater segregation of functions – there were separate areas for living, working, leisure and communication. Green areas occupied more than half of the city space. Those statements became fundamental for modern architects and town planners. Grzegorz Steczko Le Corbusier and CIAM In 1922 Le Corbusier - Swiss-French architect, one of the greatest architects of modernism planned Ville Contemporaine (Contemporary City) unrealized project to house three million inhabitants. The centerpiece of its plan was a group of sixty story EXLOGLQJV SURYLGLQJ OLYLQJ VSDFH DV ZHOO DV RI¿FHV VHWZLWKLQODUJHJUHHQSDUNOLNHDUHD7UDI¿FZDVGLYLded into many levels, separate for trains, buses, cars DQG¿QDOO\DLUSRUWDWWKHWRS/H&RUEXVLHUVHSDUDWHG SHGHVWULDQSDWKVIURPURDGZD\V+HJORUL¿HGDXWRmobile as future form of transport. Le Corbusier in Ville Contemporaine managed to enclose all his statements – Vertical character of the city silhouette, enormous skyscrapers (even 200 meter high) situated in the heart of green areas, block multifamily housing with identical apartments – each one of them had its own loggia-garden that gave its inhabitants a bit of privacy – so praised in the countryside. <HDU JDYH WKH ZRUOG WKH ¿UVW SURMHFW that related to particular space (although not realized) – city of Paris. Le Corbusier created a plan to redesign the center of the city. He proposed 18, 200 meter high skyscrapers. High rise buildings gave in fact many advantages – people could have similar living conditions – equal access to daylight and fresh air saving in the same time space needed for green areas. Low rise buildings had to occupy much more space to create similar conditions. In June 1928 CIAM “Congrès International d‘Architecture Moderne or The International Congress of Modern Architecture was founded. CIAM was one of many 20th century manifestos meant to DGYDQFHWKHFDXVHRIµDUFKLWHFWXUHDVDVRFLDODUW¶ 7KH RUJDQL]DWLRQ ZDV KXJHO\ LQÀXHQWLDO ,W ZDV QRW only engaged in formalizing the architectural principles of the Modern Movement, but also saw architecture as an economic and political tool that could be used to improve the world through the design of buildings and through urban planning.”1 1 http://en.wikipedia.org/wiki/Congr%C3%A8s_ International_d%27Architecture_Moderne Le Corbusier - Ville Contemporaine Le Corbusier - Ville Voisin - New plan for Paris 13 Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen Even though all projects were only conceptual and unrealized they laid some ground rules for urban planners. The situation changed after II World War. It actually created opportunity for new ideology. After the War capital cities in Europe were destroyed through constant bombing and had to be quickly rebuilt. That was a perfect chance for modern architects. They were able to provide places to live for PDQ\SHRSOHLQUHODWLYHO\VKRUWSHULRGRIWLPH±LW¶V the time when East Berlin was rebuilt – concrete, similar to each other block houses raised. Le Corbusiers Ville Radieuse - conceptual project Charter of Athens 14 Brasilia - City planned entirely according to the Charter of Athens principals. New Ideas and concepts were so modern and innovatory that they became a theme of 4th CIAM congress in 1933 in Athens. Establishments of the 4th CIAM congress went unpublished – except some short articles in journals - until 1943 when Le Corbusier published them as a “Charter of Athens” It contained all of Congresses statements. The main task of the City according to functionalists is to satisfy biological and psychological needs of their citizens. Human being should be a reference for all the actions. 33 cities were analyzed during creation of Charter of Athens and the research itself. The main result was that those cities nowadays offer the picture of chaos not responding to human needs in any way. They are overcrowded, not at all adopted to new forms of transport and developed in chaos without any supervision. To show that the problem is general architects chose cities situated in different parts of globe, different climate and weather conditions, also different political situation. Functionalists believed that problems modern cities face couldnt be resolved within existing structures and mostly historical tissue. Charter of Athens layed down some basic rules and quidelines to provide continuity and harmony by bringing in some radical changes. Grzegorz Steczko Congress established that the only solution is to introduce strict segregation of functions, that ZRXOGLQFOXGH7UDI¿FDVVHSDUDWHLPSRUWDQWIXQFWLRQ and also adding 3rd dimension to architecture – tall apartment buildings distracted at wide spaces. Plans of the cities must be developed at once predicting future development. They must be a result of team work. Not only architects but also urban planners and specialists from other disciplines of science: health specialists, social organizations and last but not least inhabitants for whom the cities are planned. Only combined work of all experts would give desirable results – healthy and pleasant to live environment. Private property should be balanced with common welfare to create healthy environment. City grounds should be available for major public projects at any time needed. Many great projects were smothered in early stages of planning because the land they were supposed to be built on was in private hands. Most important of all the statements was the division of functions - main solution to all the problems. The key for the town planning lies in following four functions: live, work, recover (in the leisure time), move. Only joining those functions together in order will result in healthy city. Home (living function) is the centre point from which city planning should begin, all other functions should be subjected to it. Adding 3rd dimension to architecture – height, would help to create equal living conditions for everyone. It also saves space needed to create green areas. Narrow streets and squares that are natural tissue of the cities are not adopted to new forms of transport – personal vehicles. Modern architects disdained historical structure of cities. According to functionalists communication should create another zone that would connect all city parts in the most HI¿FLHQWDQGHFRQRPLFDOZD\6WDGWDXWREDKQ%HUOLQ $ LV D YHU\ JRRG H[DPSOH RI WKH QHZ WUDI¿F principle. Circumstances acted in favor of architects – over 25% of Berlin was destroyed during the War. Construction of the new road network that would run through the whole city started in 1958 During that time Berlin was still divided into two zones – Allied and Soviet. For that reason Stadtautobahn was planned as the half of the future ring that was supposed to be built after predicted consolidation of Germany. First part to be built was a section between Kurfürstendamm and Hohenzollerndamm. Since WKHQXQWLOO\HDU¿IWHHQQHZVHFWLRQVZHUHEXLOW Importance of this road network may be underlined ZLWKVWDWLVWLFV:LWKWKHWUD¿LFLQWHQVLW\RIYHhicles a day, section Funkturm - Kurfürstendamm is the most frequently used road in Germany and also one of the most used in entire Europe. Another 5 sections of Berliner Ring are as located as well in top RIDOOURDGVZLWKKLJKHVWWUDI¿FLQWHQVLW\LQ*HUPDny. New approach to architecture presented by functionalists brought quite radical changes to the cities as well as new problems that were unforseen. Perfect example is the city of Brasilia - with its masterplan created by Brazilian urban planner Lucio Costa according to the principals praised by Charter of Athens and major government buildings designed by Oscar Niemeyer it became the monument of modernism. City wasnt ready for the great migration that soon occured. Satellite communities around the city started to grow rapidly. They actually had much more vital life than the city itself. Even though all the elements might have been planned with care and imagination Brasilia is not a comfortable place to live - segregation of functions doesnt work as it was planned - all major public buildings and services are distant from each other and living areas. There are almost no public spaces where people could meet. Whole city seems to be monotonous and quite anonymous with every street and part of it looking alike, it provides no good environment to live. City is a lifelong organism and it has to have its historical and most of all cultural background that FDQQRWEHFUHDWHGDUWL¿FLDOO\%UDVLOLDGRHVQW This principal was later praised by postmodernism and most of all Aldo Rossi who said that function of the building may change several times while the form remains the same. 15 Stadt und Kontinuitat The Architecture of the City Abb. 1: Architect Aldo Rossi Abb. 2: Ville Savoye, Le Corbusier Thema: Importance of urban elements for Collective Consciousness Architekt: Aldo Rossi Functionalism design buildings based on the purpose of that building. So that the Form follows the Function. They argue that the values of architecture in a city, are explained by the function of Urban facts. For them the functions assume the shape and form the Urban and architectural facts. The function justifies its formation and development. And the alterations of the function shall involve alterations of the form. Le Corbusier used to say: “The house is a Machine for Living”. All this is the main weakness that functionalism has. Aldo Rossi critisies Functionalism as Naive. In his work he exposed the opposite. He explained that the function is something seppareted from the form. The Form of the city will be given by the society, by time, by history, by people, etc. And the function can be alterated without changing the Form of Architecture. Function and Form are independent from each other. For him architecture is more then just the function. It is complex. Has diferent branches, that all of them together define somehow Architecture. To understand Rossi it must be clear that “City is Architecture”. He says that Architecture is the construction of this city in time. It is a construction process. Cities increase and keep its initial motive of settlement, but they develop and modify. You can understand also that this development measures is a universal criteria basis, but that doesn’t mean that the buildings are all the same. Every building is unique, is different. This means that the development is according to rational principals, and that the unique location is the one that gives the peculiar imprint of each building. To explain the process of construction of a city, it is necessary to include 3 topics: a) Social nature of Man. b) Material and spiritual necessities. c) Technical and cultural conditioning. So we can say that the city is an Architectonic reality and Architecture is essentially an urban element. 16 Gabriele Rotter The Human and the City Architecture is an inseparable creation of life and civil society in which it is manifested. It is a continuous stage of Human life. Public and private tragedies happen, feelings of whole generations, occur in the city. Space is defined in relation to the people who use it, who enjoy it, who go through it, and the ones that dominate it. By its Nature it is collective. Without Architecture we couldn’t have society. Without Society we couldn’t have Architecture. So we can say that the city is the human par excellence. Abb. 4: Piazza il Campo, Siena Italy Examples of this is the Piazza il Campo and the Venice Cathedral. In both cases we can see how people are living in this space, in this architecture. How their life is manifested in Architecture. Complexity of Urban Facts To describe an urban fact is complicated, because of the ambiguity of language (in relation to the feelings, personal experiences). All this is achieved only with experience, which will be only for those who go through this city. Notions, experiences, impressions that someone becomes of an urban fact; will always be something different from the one that lives the same fact. Are those things that we capture, only by living or experiencing the facts of a city. Rossi says that the principal of Architecture and city are the Feelings and the reason. Abb. 5: Cathedral, Venice Italy Function and Form The form of the city can be resumed as the Architecture of this city. This architecture has a plurality of functions, which are independent of its form. The form is what gets printed, the one we live and travel, and the one that structures a city. An example for this can be the Pitti Palace in Florence. This building was constructed for being a Palace. But today its function has changed, it’s a Museum. So the Form stays, but the function has changed. The forms are the ones that structure the city. Abb. 6: Pitti Palace, Florence Italy 17 Stadt und Kontinuitat Types and City The central plan of a church is a particular type and is constant. But the architecture of a church depends on the construction techniques, art and the community that participates in the life of this church. With pictures 7 and 8 we can understand how different two churches can be. But at the end everybody knows that both of them are churches. Its form and technique may be different, but its type (church) is the same. Abb. 7: Catebury Cathedral, England Abb. 8: Isolated Church Type is the idea or image of an element. It is as close to its essence. For this it’s imposed on the sense and reason.This thing (type) is present in the architectural model, it’s a typical element, it’s a constant element. That is in all the architectural facts. It’s a cultural element. Non type identifies with his form. But all forms refer to types. The type is a necessity. But react with the technique, functions, style, collective character and timing of individual architectural facts. The types of housing have not changed since ancient times until today. That does not mean that it has not changed the way of life or that there aren’t new ways of living. The Urban Fact as a work of art All the major social events are common with art, because of being born of the subconscious. Our imagination, our creativity is the one that creates a work of art. The Urban facts are given by imagination and collective memory. Poète discovered Cities remain on axes of development, maintain the position ranging from their tracks, grow in the direction and the significance of older facts. Often these facts are destroyed staying the form. 18 Cattaneo makes distinctions between city and Field…… “in which all the living places is attributable to human work. That land that is not the work of nature, is a masterpiece of our hands, is an artificial homeland.” With this expression, we understand that those things that aren´t a work of nature, that come from the imagination and creativity of human beings, is a work of art. So Architecture is a work of art. Gabriele Rotter Theory of permanence and monuments History is made up of stays. They show how cities differ from the present with the past. It‘s a past that we are experiencing now. This is identified with monuments that are physical signs that persist. But we can continue enjoying it despite having lost its original function. Persistence and permanence are given by history, art, being and memory. What the emotion part of a building gives is a collective thought, these stay but the building can change. We can explain it with the Brandenburgertor. When we are in this place, there is this physical monument that is a sign of the past that still persist; but we can also find out that there is a common history and a collective consciousnes behind. Abb. 10: Brandenburgertor, Berlin 1871 Berliner Example Kaiser Wilhelm Gedächtnis Kirche Berlin This historic monument is a sign of the past of Berlin. Even if the past has gone, we still can keep living it. It´s architecture lets us keep experiencing the past. We can see how this monument gives to people a collective thought. We can also find out that the function as a church has changed, now it´s a museum, and even if it has changed we can still keep living the past and history of this monument. Abb. 11: Kaiser Wilhelm Gedächtnis Kirche Berlin Conclusion Resuming those things, that for Aldo Rossi the most important were, is that Architecture is inseparable of civil society. Both need of the other to exist. So society makes the architecture of the city and city makes Society. He also says that architecture doesn´t end when the past is gone, it is something permanent, continious. We can give different uses, depending on our new needs. He explains that the most important thing to know or understand Architecture is living, feeling, being there, experiencing it. We will never understand Architecture by looking it into pictures; we have to live it, to know what it is. It’s like music, you will never understand if I try to explain what a song can give you. You have to hear it, experience the song to understand it. Abb. 12: Kaiser Wilhelm Gedächtnis Kirche Berlin 19 Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen Zerstörung als politisches Instrument Mittelalterische Berlin und Cölln, 1740 20 Denkmal Kaiser Wilhelm I, Machtrepräsentation, 1941 Zu den zwei gegenseitigen Einstellungen, die in den vorangegangenen Texten diskutiert wurden, existiert noch eine die nichts mit den zwei zu tun hat. Es handelt sich um eine politische Einstellung an Anlass für die Zerstörung von Gebäuden. Schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts wird Berlin aufgrund politischer Faktoren weitgehend umgestaltet oder zerstört. In Berlin sind die Spuren oder genauer gesagt die Brachräume zu finden, die jede Phase politischer Geschichte der Stadt kennzeichnen. Jede Generation versucht die Hinterlassenschaft der vorherigen Generation zu beseitigen, die als Erinnerungsorte gelten, und die Stadt neu zu definieren. Es führt zu einem Zustand, in dem nur die ständige Zerstörung eine Kontinuität hat und es keine Akkumulation der architektonischen Tradition und Geschichte gibt. Das erste Ereignis, das der Anfang der Tradition der Zerstörung bezeichnet, ist die Regierungszeit der preußischen Herrscher. Obwohl Berlin und Cölln im Mittelalter mehrfach durch Feuerbrünste vernichtet wurde, bezeichnet diese Ereignis die erste willentliche Zerstörung. Die Residenzstadt wird tiefgreifend umgestaltet. Innerhalb weniger Jahrzehnten wird das barocke Berlin klassizistisch umgestaltet. Der Pariser Platz, der Boulevard Unter den Linden und weite Teile der Friedrichstadt erhalten eine neue Bebauung. In den vorhandenen Teilen erfolgt eine radikale Umgestaltung. Karl Friedrich Schinkel baut den 60 Jahr alten Dom und zahlreiche barocke Palais um. Durch seinen städtebaulichen Eingriff in den Lustgarten verändert er die Bedeutung des Schlosses. Obwohl viel gebaut und umgestaltet wird, bleibt der Grundriss der Stadt jedoch gewahrt. Nach der Gründung des Reichs kam eine neue Welle der Zerstörung. Neben der Änderung des Stadtgrundrisses haben sich die Maßstäblichkeit und Proportionen der Stadt verändert. Antriebskraft dieser Zerstörung war der Wille die Königsstadt als Kaisermetropole architektonisch auszudrücken. Auch die schnelle Industrialisierung hat die Stadt sehr umgewandelt, wobei großmaßstäbliche Kaufhäuser, Verwaltungsgebäude und Hotels in die alte Stadt implantiert wurden. Dafür mussten ganze Quartiere Vladimir Korensky weichen. Außerdem wurden große Teile des mittelalterlichen Berlins und zahlreiche bedeutende Baute abgerissen. Auch wurden Durchbrüche zur Verkehrserleichterung ausgeführt. Nach Ernennung Berlins zur Reichshauptstadt wurde entschieden, das alte vorindustrielle Berlin durch ein neues zu ersetzen, um mit anderen traditionsreichen europäischen Metropolen konkurrieren zu können. Zeugnisse der Vergangenheit werden beseitigt um den politischen Wille der Herrscher zu repräsentieren. Nach der Herrschungszeit Wilhelm II. keimt der Wunsch nach Beseitigung seines architektonischen Erbe. Es wurde weniger abgerissen als Bestehendes überformt. Ein Beispiel zu diesem Vorgang ist der von Erich Mendelsohn umgestaltete RudolfMosse-Haus. Rudolf-Mosse-Haus Umbau von Erich Mendelsohn, 1921 Während des Nationalsozialismus verselbständigte sich der Zerstörungsdrang. Man bewegte sich nicht mehr in Richtung Schaffung von etwas Neuem, sondern die Destruktion wurde zum direkten politischen Instrument. Besonders deutlich wird dies beim Reichstagsbrand 1933 und dem antisemitischen Pogrom der ‚Reichskristallnacht’. Orte des kommunistischen Berlin wurde abgerissen. Der Generalbauinspektor Albert Speer hat den Nord-Süd Achse geplant, die ein Kilometer lang durch die Stadt brechen sollte. Ebenso die Ost-West Achse durch das alte Zentrum rund um die Museumsinsel. Da die Arbeiten nicht schnell genug vorangingen, verlangte Speer Sprengung als Abrissmethode. Etwa 30 Jahr früher hat der italienische IdeologeKünstler das Futuristische Manifest veröffentlicht. „Wir wollen den Krieg verherrlichen - diese einzige Hygiene der Welt - den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten ... Wir wollen die Museen, die Bibliotheken und die Akademien jeder Art zerstören“ heißt es dort. Und so geschah es. Im Jahr 1941 bombardieren die britische und ab März 1944 auch die amerikanische Luftwaffe Berlin. Im Mai 1945 70 Prozent des Berlin Zentrums zerstört. Nord-Süd Achse von Albert Speer, 1938 21 Stadt und Kontinuität, illustriert an Berliner Beispielen Nach dem Krieg lassen die Alliierten die Orte der Naziherrschaft beseitigen. Unter denen waren die Reichskanzlei von Albert Speer und die Hauptquartiere von Gestapo und SS. Stadtschloss mit Blick auf den Dom, 1924 Baustelle für den Palast der Republik, 1973 22 Palast der Republik mit Blick auf den Dom, 1976 Im Jahr 1946 arbeitete Hans Scharoun und seine Mitarbeiter den ‚Kollektivplan’ aus. Es stellt einen Eingriff in ganzem Berlin dar, der ganz neue Organisation der Stadt vorsieht. Die Stadt wird durch vier Bänder geteilt, die keine Ergänzung des bestehenden Netzes oder respektvolle Einstellung zur historischen Struktur darstellen. In diesem Eingriff wurden Schneisen durch den Stadtkörper geschlagen. Viele von ihnen lagen lange Zeit brach. Es handelte sich also um Zerstörung als solche, bei der die dringende Probleme, wie Beseitigung von Trümmern und Wohnungsmangel, außer Betracht blieben. In den achzigen Jahren begann ein weiteres Prozess, der bis heute dauert. Und zwar Beseitigung moderner Gebäude und stattdessen die Rekonstruktion von Denkmälern, die man nach 1945 in Lagerhallen verbannt hatte. Nach dem Mauerfall kamen die baulichen Symbole der DDR im Visier. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Wiederaufbau des Stadtschlosses. Obwohl während des Krieges das Schloss teilweise beschädigt wurde, konnte man es weiter als Museum nutzen. Es wurde sogar zum Regierungssitz vorgeschlagen. Aber aufgrund fehlenden Budgets wurde es nie rekonstruiert. 1950 beschloss die SED das Schloss abzureißen. So hat Dr. Gerhard Strauß den „Denkmal der Reaktion und des Feudalismus“ und „Beispiel des imperialistischen Untergang“ als baufällig begutachtet. Es sollte dem riesigen Aufmarschplatz weichen. Am 1973 wurde an diese Stelle der „Palast der Republik“ gebaut. In seinem Werk sah der Architekt den Palast als ein Haus der Begegnungen mit der Welt, das viele kulturelle und gesellschaftliche Funktionen einschloss, und keine politische Machtpräsentation darstellen sollte. Nach der Wiedervereinigung erschien der Palast der Republik als Symbol des Unrechtsstaates der DDR. Im Jahr 1990 hat die Volkskammer entschieden, den Palast wegen der Astbestbelastung zu schließen. Die beiden Faktoren beschleunigten den Beschluss zur Vladimir Korensky Beseitigung des Palastes um das Stadtschloss wieder aufzubauen. Aber was soll das fast seit 60 Jahren niedergelegte und wieder aufgebaute Gebäude für Berlin und Deutschland bedeuten? Diese Attrappe des Stadtschlosses kann nur ein kommerzielles Innenleben anbieten und die ganze Rekonstruktion erscheint als Theatralisierung der Geschichte. Die kontinuierliche Zerstörung in Berlin hat sich zu einer ‚Kultur der Zerstörung’ entwickelt. Jede Generation hat sie in künstlerischer Weise zum kulturellen und ästhetischen Ausdruck gebracht. Zum ersten Mal wurde Zerstörung in Expressionismus durch Gewalt definiert. Dadaismus machte den Akt der Zerstörung zur künstlerischen Technik. Punkbewegung und Hard-Core-Techno Gabba haben die Selbstzerstörung als Kult zur Befreiung kultiviert. Und auch in Dekostruktivismus wurde sie zum Ausdruck gebracht, indem die zersplitterte Baukörper mit narbigen Fassaden erscheinen. Die Städte immer verändern sich entweder durch Zerstörung oder durch tiefgreifende Umgestaltung. Und in der Regel werden nur die rationalen Gründe für städtebauliche Eingriffe bekanntgegeben. Man muss die politischen Ursachen suchen, die eine Auswirkung auf die städtebauliche Maßnahmen haben. Graffito am Palast der Republik, 2006 1. Preis am Wiederaufbauwetbewerb des Stadtschloses Literatur: -Rollka, Bodo; Wille Klaus-Dieter: Das Berliner Stadtschloß. Geschichte und Zerstörung, Verlag Haude & Spener, Berlin 1987 -Oswalt, Philipp: Berlin - Stadt ohne Form. Strategien einer anderen Architektur, Prestel Verlag, München 2000 -Schug, Alexander: Palast der Republik: Politischer Diskurs und private Erinnerung, BWV Verlag, 2007 -Redecke, Sebastian: Kritische Rekonstruktion, Bauwelt Heft 3.09, Bauverlag BV GmbH 2009 -Reuther, Hans: Die grosse Zerstörung Berlins: Zweihundert Jahre Stadtbaugeschichte, Propyläen, Berlin 1985 -von Eckardt, Wolf: Erich Mendelsohn, G. Braziller, New York 1960 23 24 Tobias A. Dörfler ÖKONOMIE Der Versuch, Bauten ökonomisch, also mit einem möglichst optimalen Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis, zu realisieren ist so alt wie das Bauen selbst. Die Bauökonomie als wissenschaftliche Disziplin beinhaltet sowohl die ökonomische Planung als auch die Durchführung von Bauvorhaben und ist als spezielle und erweiterte Betriebswirtschaftslehre zu verstehen. Die Bauökonomie gliedert sich noch einmal in die Unterbereiche der Planungsökonomie und der Bauökonomie auf, wobei erstgenannte die effiziente Planung von Bauwerken und letztere die ökonomische Ausführung fokussiert. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Bauprojektes gilt es zunächst einmal zu definieren, in welchem Rahmen diese Wirtschaftlichkeit beurteilt werden soll. So definiert sich die technische Wirtschaftlichkeit lediglich über das Verhältnis der eigebrachten Mengen, wie Beispielsweise Arbeitsstunden oder Werkstoffeinheiten, zu denen der ausgebrachten Mengen. Am Beispiel des Gebäudes ließen sich diese Beispielsweise als BRI in [m³] oder NF in [m²] ausdrücken. Die Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne erfasst über dies hinaus auch die Kosten, welche durch die Erstellung des Bauwerkes entstehen. Sie wird daher auch als Kostenwirtschaftlichkeit bezeichnet. Rentabilität drückt unter zusätzlicher Berücksichtigung der Einnahmen, die ein Gebäude gegebenenfalls erwirtschaftet, das Verhältnis von Gewinn zu Kapitaleinsatz aus. Wirtschaftlichkeit im weiteren Sinne berücksichtigt darüberhinaus teilweise nicht monetär bewertbare Größen wie Schaden und Nutzen. Am konkreten Beispiel von Eigenleistungen bei der Errichtung eines Wohnhauses könnte Schaden hier Stress oder den Verzicht auf Urlaub bedeuten, Nutzen hingegen die Selbstverwirklichung durch die eigene Leistung bei der Herstellung des eigenen Domizils. Gesundheitliche Schäden oder auch der Verlust von Erinnerungswerten beim eventuellen Abriss eines Gebäudes könnten für den nicht monetär bewertbaren Schaden im Verlauf der Nutzung oder nach deren Ende stehen. Wohnqualität oder auch der Gewinn an gestaltbarer Freifläche bei eventuellem Abriss fallen beispielsweise in die Kategorie des nicht monetär bewertbaren Nutzens in der Nutzungsphase beziehungsweise in ihrem Anschluss. Die gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise bezieht sowohl positive als auch negative externe Effekte in die Betrachtung mit ein, was neben sozialen auch ökologische Aspekte beinhaltet. So können Faktoren wie eine Verschönerung des Ortsbildes oder sogenannte „Stadtreparaturen“ in Relation zu eventueller Zersiedelung der Landschaft, Verlust an historischer Bausubstanz oder auch CO2Emissionen gesetzt werden. Somit kann bei der Betrachtung der Lebensdauer von Gebäuden nur die gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise zur Anwendung kommen, da sie das Gebäude als Gegenstand der Betrachtung im Kontext seiner Systemumgebung bewertet. Lebenszyklusbetrachtung Der Lebenszyklus eines Gebäudes lässt sich in Projekte oder auch Phasen einteilen, die, angefangen mit der Planung, dem Erwerb eines geeigneten Grundstückes, der Herstellung und dem Transport der Baustoffe, Neubau, Maßnahmen im Bestand, Abbruch und Beseitigung sowie eine oder auch mehrere Phasen geplanter Nutzung, die teilweise durch vorübergehenden Leerstand unterbrochen sein können, umfassen. 25 ÖKONOMIE Unter Maßnahmen im Bestand versteht man Projekte wie Modernisierung, Umbau und Erweiterung. Bei Wirtschaftlichkeitsermittlungen, Wertanalysen und der Planung von Instandhaltungsmaßnahmen sind Überlegungen zur wirtschaftlichen Nutzungsdauer und zur technischen Lebensdauer von Bauteilen anzustellen. on von CO2-Emissionen sowie die steigenden Energiepreise haben sich zu starken Einflussgrößen auf die wirtschaftliche Lebensdauer von Gebäuden ausgewachsen und machen eine verstärkte Berücksichtigung bereits in der Planungsphase von Gebäuden unabdinglich. Um die angestrebten wirtschaftlichen Nutzungsdauern auch in der Praxis realisieren zu können scheint es notwendig, nicht nur den Stand der Technik zu erfüllen, sondern vorausschauend zu planen und zukünftigen Entwicklungen und Vorschriften vorauszugreifen. Technische Lebensdauer Der Lebenszyklus als Kreislauf Wirtschaftliche Nutzungsdauer 26 Die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines Gebäudes ist diversen Einflüssen unterworfen. Hier sind unter anderen die wirtschaftlichen Ziele des Bauherren, der Standort und die mit ihm verbundene Systemumgebung, die Funktionalität und Gestaltungsqualität, Faktoren wie Bevölkerungsentwicklung bzw. -wanderung sowie die allgemeine Einkommensentwicklung oder auch die Verwendung des verfügbaren Einkommens zu nennen. Die WertR gibt Beispiele für die zu erwartende bzw. anzusetzende wirtschaftliche Nutzungsdauer von Gebäuden an, welche sich auf eine ordnungsgemäße Nutzung ohne Modernisierung beziehen. Im Licht der jüngsten Entwicklungen, ökologische Belange betreffend, sind die hier genannten Werte jedoch sehr optimistisch formuliert. Die sich ständig und immer schneller verschärfenden Verordnungen zur Energieeinsparung, der Redukti- Unter technischer Lebensdauer versteht man jenen Zeitraum, in dem Bauteile physisch zur Verfügung stehen und ihren geforderten Eigenschaften ohne Einschränkungen entsprechen. Die technische Lebensdauer ist beeinflusst von den Eigenschaften verwendeter Baustoffe, eventuellen Fehlern bei der Bauplanung oder Mängeln bei der Bauausführung, dem Verhalten der Nutzer, Art und Umfang der Instandhaltung, Umwelteinflüssen und ähnlichen Faktoren. Bauteile wie das Tragwerk eines Gebäudes haben naturgemäß eine längere technische Lebensdauer als beispielsweise Komponenten des Innenausbaus wie textile Fußbodenbeläge oder technische Gerätschaften. Auch ist zu berücksichtigen das bestimmte Bauteile aus unterschiedlichen Schichten und Materialien bestehen, welche sich ebenfalls in ihrer zu erwartenden Lebensdauer unterscheiden. In der Planung ist folglich darauf zu achten, dass sich Bauteile, deren technische Lebensdauern voneinander abweichen mit löslichen Verbindungen hergestellt werden, um nicht nach Ablauf der technischen Lebensdauer des einen Bauteils das andere mit austauschen zu müssen, obwohl dieses noch einen sogenannten Abnutzungsvorrat besitzt. Zusammenhang zwischen Nutzungsdauer und Lebensdauer Wie bereits erwähnt ist die technische Lebensdauer Tobias A. Dörfler vieler technischer Anlagen oder des Innenausbaus deutlich kürzer als beispielsweise die des Tragwerks. Ziel einer ökonomischen Planung sollte es logischerweise sein, die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines Gebäudes der technischen Lebensdauer des Gebäudes anzunähern, die maßgeblich von der technischen Lebensdauer der tragenden Konstruktion beeinflusst wird. Die Zyklen der technischen Lebensdauer jener Bauteile, die im Laufe der wirtschaftlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes mehrfach ausgetauscht werden müssen, sollte so geplant werden, dass zum Ende der technischen Lebensdauer der tragenden Konstruktion auch ihr Abnutzungsvorrat gegen null geht, sofern sie sich nicht ohne großen Wertverlust recyceln oder veräußern lassen. Zu berücksichtigen ist darüberhinaus, dass der Aufwand für die Instandhaltung mit dem Anteil der technischen Anlagen ansteigt, da diese oft in der Gesamtheit der Anlage nach 15-20 Jahren komplett ersetzt werden müssen. Die Flexibilität eines Gebäudes, also die Fähigkeit, auf externe Einflüsse oder auch auf internen generierte Faktoren zu reagieren, wird „soft skill“ genannt und spielt eine große Rolle, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines Gebäudes seiner technischen Lebensdauer anzunähern. Kosten Mit Voranschreiten der Realisierung eines Bauwerkes und Verlauf der Nutzung entstehen dem Bauherren Kosten. Die Beeinflussbarkeit dieser Kosten nimmt mit weiterem Voranschreiten im Lebenszyklus immer weiter ab. Dieser Zusammenhang sollte deutlich machen, dass eine gründliche Ermittlung der zu erwartenden Kosten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes unerlässlich ist, um die Nutzung des Gebäudes über den Zeitraum der technischen Lebensdauer überhaupt möglich zu machen. Sind beispielsweise die Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes nicht genau ermittelt worden und liegen höher als ursprünglich veranschlagt, besteht die Gefahr, das der Betrieb des Gebäudes für den Nutzer unrentabel wird und das Gebäude noch vor Ablauf seiner technischen Lebensdauer leersteht bzw. abgerissen wird. Die Ermittlung von Kosten nach DIN 276 sind Grundleistungen nach HOAI. Parallel hierzu ist eine Nutzungskostenermittlung nach DIN 18960 sinnvoll. Einflussfaktoren auf die Kosten sind die sogenannten Systemeigenschaften, das Nutzerverhalten, als auch die Systemumgebung. Die Systemeigenschaften sind ein interner Kosteneinfluss. Sie stehen zum Nutzungsbeginn weitgehend fest und sind beeinflusst durch die Nutzungsart, die gewählte Konstruktion und ähnliche. Bei Projekten im Bestand spielt auch das Alter des Bauwerks eine Rolle. Das Nutzerverhalten ist ebenfalls ein interner Kosteneinfluss, welcher sich jedoch durch strategische Ge- und Verbote, Nutzungsentgelte, Gebühren und Hinweise beeinflussen lässt. Die Systemumgebung bezeichnet alle externen Kosteneinflüsse, wie beispielsweise technische Regelwerke, volkswirtschaftliche Preisentwicklungen, Veränderungen des Klimas und ähnliches. Diese externen Faktoren lassen sich vom Nutzer nicht oder nur schwach indirekt beeinflussen, er kann jedoch mit seinem Verhalten auf sie reagieren. Kosten die ebenfalls ermittelt werden müssen, sind die Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes. Die Grundlagen für ihre Ermittlung finden sich in der DIN 31051. Die Norm unterscheidet hier zwischen Wartung, Instandsetzung, Inspektion, Verbesserung und Schwachstellenanalyse. Folgende Instandhaltungsstrategien sind gebräuchlich: die ausfallbedingte Strategie, die eine volle Ausnutzung des Abnutzungsvorrates zum Vorteil hat, sich jedoch zum Beispiel bei tragenden Bauteilen, aufgrund der resultierenden Gefahr für das gesundheitliche Wohlergehen der Nutzer aber auch unbeteiligter Dritter, nicht empfiehlt, die periodisch vorbeugende Präventivstrategie, die durch ihre hohe Zuverlässigkeit, Sicherheit und Planbarkeit 27 ÖKONOMIE Zeitachse exemplarisches Sägezahndiagramm 28 Instandhaltungskosten Betriebs- / Nutzungskosten Kosten Herstellungskosten vorteilhaft sein kann, jedoch im Zweifelsfall ungenutzten Abnutzungsvorrat von Bauteilen nicht nutzt und in diesem Punkt Gefahr läuft, im Vergleich mit den anderen Strategien unökonomisch zu sein, und die zustandsabhängige Inspektionsstrategie, welche eine Mischung aus den beiden oben genannten Strategien darstellt, allerdings auch Kosten durch die Inspektionen verursacht. Im Einzelfall ist somit immer zu prüfen, welche Strategie am gesamtwirtschaftlich vorteilhaftesten ist. Die Kosten für die Instandhaltung können ein Vielfaches der Errichtungskosten eines Bauwerkes überschreiten und für die Mehrkosten durch fehlerhafte Planung, welche die Instandhaltung erschweren, ist nach oben kein Limit gesetzt. Als Darstellungsform zur Verdeutlichung dieses Zusammenhangs empfiehlt sich der Einsatz eines Sägezahndiagramms, dessen horizontale Achse als Zeitstrahl den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes umfassen sollte und dessen vertikale Achse die Höhe der anfallenden Kosten angibt und sinnbildlich für den Abnutzungsvorrat steht, der durch eine Ausgabe erzeugt wird. Mit dem kontinuierlichen Abbau dieses Vorrates nähert sich die Kurve des Vorrates linear der horizontalen Achse an. Bei Erreichen dieser, also wenn der Abnutzungsvorrat null erreicht, wird eine erneute Investition zum Zwecke der Instandhaltung notwendig und der Ablauf wiederholt sich, was bei mehreren Investitionen eine Form ergibt, die an die Zacken des namensgebenden Sägeblattes erinnert. Addiert man nun, entweder graphisch oder numerisch, die Einzelinvestitionen, beispielsweise der Kosten für die Instandhaltung, lassen sich Aussagen über das Verhältnis von Herstellungs- oder auch Nutzungskosten, die sich ebenfalls als Sägezahn darstellen lassen, zu Instandhaltungskosten treffen. Die Notwendigkeit einer genauen Planung der Instandhaltung über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes sollte einleuchtend sein. Maßnahmen im Bestand Rund zwei Drittel des Bauvolumens in Deutschland besteht heute aus Bauaufgaben im Bestand und der Trend zeigt, dass in den kommenden Jahren die Wertoptimierung von Bestandsimmobilien weiterhin an Gewicht gewinnen wird. 45% der Bestandsgebäude sind zwischen 1949 und 1977, also noch vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung, errichtet worden. Der Oberbegriff Maßnahmen im Bestand umfasst die vier Bereiche Modernisierung, Umnutzung, Umbau und Erweiterung. Unter Modernisierung versteht man alle baulichen Maßnahmen zu nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes eines Gebäudes, soweit es sich nicht um Erweiterungsbauten, Umbauten oder Instandsetzung handelt. Hierunter fallen vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der Energieversorgung, Wasserver- und Entsorgung, sanitärer Einrichtungen, Heiz- und Kochmöglichkeiten sowie die Sicherung vor Diebstahl und Gewalt durch Einbau einbruchshemmender Eingangstüren und dergleichen. Umnutzung meint eine Änderung der ursprünglichen Nutzungsart aufgrund neuer Nutzungsanforderungen in Bezug auf einzelne Räume oder das gesamte Gebäude. Umbauten sind durch die Umgestaltung eines vorhandenen Gebäudes mit wesentlichen Eingriffen in Konstruktion und Bestand definiert und die Erweiterung ist als Ergänzung eines bestehenden Gebäudes, zum Beispiel durch Aufstockung oder Anbau Tobias A. Dörfler (§ 3 Nr. 6 HOAI, Punkt 2und 4) zu verstehen. Abbruch und Beseitigung Nach dem Erreichen der technischen Lebensdauer oder dem Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer, erfolgt in der Regel der Abriss eines Gebäudes, der ebenso ein Projekt darstellt wie der Neubau und ebensolche Sorgfalt bei der Planung erfordert, da sich auch hier Einsparungspotentiale ergeben. So ist beispielsweise der sogenannte Rückbau, ein Abbruch, bei dem dergestalt abgebrochen wird, dass Bauteile deren technische Lebensdauer noch nicht abgelaufen ist, sozusagen noch ein Abnutzungsvorrat besteht, einer erneuten Verwendung zugeführt werden, was sich besonders bei temporären Bauten anbietet. Die Kosten für einen Rückbau sind im Regelfall, rechnet man das Einsparungspotential durch die erneute Verwendung der Bauteile gegen, geringer als für einen Abbruch mit anschließender Entsorgung. Außerdem muss der ökologische Aspekt des Bauteilrecyclings berücksichtigt werden, da die in den Bauteilen gebundene Primärenergie nicht verloren geht und die Emission von CO2 bei der Herstellung neuer Bauteile vermieden werden kann. Wiederverwendbarkeit von Bauteilen sollte bei der zukünftigen Planung von Gebäuden verstärkt berücksichtigt werden, da zum Planungszeitpunkt kaum verlässliche Aussagen darüber getroffen werden können, ob die angestrebte wirtschaftliche Nutzungsdauer wirklich erreicht werden kann oder ob negative externe Effekte auftreten, die die Nutzungsdauer signifikant verkürzen und weit unter die technische Lebensdauer vieler Bauteile drücken. Auch ist das Erreichen der technischen Lebensdauer bei experimentellen Materialien nicht immer sicher. Verfahren Zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen bieten sich zwei Gruppen von Verfahren an. Auf der einen Seite die Nutzen-Kosten-Untersuchungen, auf der anderen die Verfahren der Investitionsrechnung, die sich noch einmal in statische und dynamische Verfahren unterteilen. Da im Zuge unseres Seminars der Fokus auf einer ganzheitlichen Betrachtung der Lebensdauer von Gebäuden liegt, die sich nicht in der wirtschaftlichen Rentabilität erschöpft, sei hier auf die Verfahren der Investitionsrechnung nicht näher eingegangen, da diese, anders als die Nutzen-Kosten-Untersuchungen, keine nicht-monetär bewertbaren Größen, also soziale, kulturelle oder ökologischen Belangen berücksichtigen, die sich aber in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung als entscheidend für die Lebensdauer eines Gebäudes herausgestellt haben. Zunächst sei erwähnt, dass im Zuge einer NutzenKosten-Untersuchung Varianten gebildet werden, um Überhaupt eine Vergleichsgröße bei der Entscheidungsfindung zu haben. Oft wird hierbei nicht beachtet, dass auch das Nicht-Errichten eines Gebäudes eine Variante darstellen kann, deren Für und Wider mit den anderen Varianten verglichen und Abgewogen werden sollte. Beispielsweise kann bei einer sogenannten Nutzwertanalyse die Vorteilhaftigkeit von Immobilien durch eine Punktebewertung auf Grundlage eines Zielsystems erarbeitet werden, welches auch nichtmonetär-bewertbare Größen berücksichtigt. Nach der Aufstellung von Zielkriterien, sind diese mit einer Gewichtung zu belegen. Die Erfüllung der einzelnen Kriterien eines Objektes oder einer Variante kann nun vorgenommen werden, Neben der Bewertbarkeit von nicht-monetären Größen, ergeben sich weitere Vorteile, da das Zielsystem flexibel handhabbar und auf die individuellen Anforderungen des Bauherren oder auch späteren Nutzers anpassbar ist und mittels einer nachvollziehbaren Bewertung die direkte Vergleichbarkeit völlig unterschiedlicher Handlungsalternativen und Variante gegeben ist. Ein Nachteil dieser Art von Bewertung ist sicherlich die Subjektivierung bei der Auswahl und Gewichtung der Kriterien, auch ist die Vergleichbarkeit der Kriterien sicherlich nicht immer gegeben. Die positiven Auswirkungen auf die Richtigkeit von Aussagen zur Lebensdauer von Gebäuden durch eine ganzheitliche Betrachtung liegen jedoch auf der Hand. 29 Ökologie und Ökonomie Heutige Ökoprobleme der Welt Ökologie, ist ein Teilgebiet der Biologie, welches sich mit den Wechselbeziehungen der Organismen untereinander und mit ihrer abiotischen Umwelt beschäftigt. Wenn wir in der heutigen Zeit jemandem fragen, was Ökologie ist, hört man am häufigsten etwas über umweltfreundliches Leben, Essen, Verkehr oder manchmal auch über das Bauen. Dieser Teil der Ökologie ist vielen Leuten bekannt. Das ist jetzt das Topthema, weil es sehr viele Dinge, wie z.B. Fahrzeuge oder Industriebetriebe gibt, die nicht umweltfreundlich sind. Darum müssen wir etwas für ein besseres Leben machen und die (Um)Welt ein bisschen sauberer machen. Zu den heutigen Schwerpunkten gehört die Temperatur der Erdoberfläche, weil sie weltweit immer mehr zunimmt. Aus diesem Grund schmelzen das Polareis und Gletscher. Der Meeresspiegel steigt immer mehr und das Land schrumpft. Das ist wie eine Kette, die wir unterbrechen müssen. Die Ursache dieser Probleme liegt in der Tatsache, dass es nicht in allen Ländern eine Umweltpolitik gibt. Die hoch entwickelten Länder messen der Ökologie eine immer größere Rolle zu. Das Bauen wird immer umweltfreundlicher, sie organisieren Ökoaktionen oder nutzen das Recycling. Die restlichen Länder finanzieren nicht so viel für Ökologie, darum verbrauchen sie auch viel mehr Energie, nichterneuerbare Stoffe und produzieren zugleich auch mehr CO2-Emissionen. Wenn wir das nicht ändern (stoppen), dann kann es in ein paar Jahren eine Umweltkatastrophe geben. Die Menschen haben noch vor kurzer Zeit nie über solche Dinge nachgedacht und jetzt gibt es fast schon keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, jetzt müssen wir handeln. Steigender Lebensstandard 30 Strukturelle Entwicklung der Energieträger weltweit von 1850 bis 2000 Jeder Staat hat eine Rohstoffindustrie, wie z.B. Russland das Erdgas, in Polen gibt es Kohle usw. Jeder möchte, dass sie so lange wie möglich funktioniert, dass wir z.B. immer Kohle finden und immer viel davon haben. So geht es leider nicht. Für alles brauchen wir viel Zeit, besonders für nichterneuerbare Energiequellen. Krzysztof Witek In den Industrienationen verbraucht man ca. 40% der Gesamtenergie für das Betreiben von Gebäuden, weitere 10% für die Materialherstellung und Bauprozesse. In den letzten Jahren verbrauchte der Bausektor auch ca. 50% aller von der Erde entnommenen Materialien. Die Statistik zeigt uns, dass dies nicht so gut ist. Der Bausektor verbraucht wirklich viel zu viel Energie. In Europa leben jetzt etwa 80% der Menschen in Städten und verbringen den überwiegenden Teil ihrer Zeit in geschlossenen Räumen. In den Großstädten können wir einen Trend beobachten, der zeigt, dass Leute zwischen 30 – 40 Jahren außerhalb der Stadt wohnen möchten. Zwischen 1960 und 2005 ist der durchschnittliche Wohnflächenbedarf pro Person in Deutschland von 19 auf 42 m2 gestiegen. Es kommt sehr oft vor, dass die Leute nur in der Stadt arbeiten. Die jungen Leute, die schon etwas erreicht haben, möchten außerhalb des Stadtzentrums wohnen. Da können sie bequemer wohnen, einen Garten und Ruhe haben. Natürlich können wir solche Vorgänge am häufigsten in den Industrieländern sehen, da gibt es den größten Pro-Kopf-Energieverbrauch. ine große Gefahr auf uns zu, weil der Lebensstandard und damit der Energieverbrauch nun auch in den Schwellenländern ansteigt und dort noch keinerlei Umweltschutzmaßnahmen ergriffen werden. Also die Gebäude in den Städten werden immer höher und außerhalb der Städte dichter. Wir können uns vorstellen, was dort in den nächsten 50 Jahren passieren kann. Anteile der Energietäger am Primärenergäieverbraucht in Deutschland 2006 CO2-Emission – ein Problem Wenn wir immer mehr von unserer Welt nehmen möchten, dann müssen wir auch etwas Gutes geben. Die Bevölkerungszahlen bis 2050 werden von heute 6,6 Milliarden Menschen auf 9 Milliarden steigen. Die Leute werden immer mehr Energie verbrauchen, darum müssen wir in den kommenden Jahren Investitionen für Energiesysteme aufbringen. Gegen die CO2-Emissionen müssen wir auch etwas unternehmen. Es gibt schon politische Zielsetzungen in den EU-Staaten, um bis 2020 die CO2-Emissionen um mindestens 20% zu reduzieren und den Anteil der erneuerbaren Energie an der Energieversorgung auf Länder mit den höhsten COs-Emissionen im Jahr 2003 31 Ökologie und Ökonomie 20% zu steigern. In den vergangenen 100 Jahren ist die Temperatur der Erdoberfläche um etwa 0,8° C angestiegen. Seit 1750 ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auch um 36% auf mittlerweile 383 ppm (parts per million) gestiegen. Ich meine, das sind die Schwerpunkte, die wir lösen müssen. Die reicheren Städte machen das schon und geben mehr Geld aus für Ökologie. Sie benutzen umweltfreundlichere Verkehrsmittel, sortieren die Abfälle, unterstützen den Ökobau oder benutzen die erneuerbare Energie. In der schwersten Position sind die USA, weil dieses Land sehr groß ist und 22% der weltweiten CO2Emissionen produziert. In China ist es auch nicht so einfach, dieses Land produziert 17% der weltweiten CO2-Emissionen. In der besten Situation sind die Länder, die nicht so groß sind und schon seit langer Zeit eine Umweltpolitik verfolgen. Moderne Technik Die heutige Technik gibt uns viele Möglichkeiten, mit der wir unserer Welt helfen können.Mit der fortschreitenden technischen Entwicklung müssen wir Schritt halten. Wir haben schon viele Möglichkeiten, um die Ökoenergie zu nutzen. Leider haben die nicht erneuerbaren Energieträger derzeit weltweit einen Anteil von 86% am gesamten Primärenergieverbrauch. Wir müssen das völlig ändern, weil es schon fast keine nichterneuerbaren Energiequellen mehr gibt. Nur für die nächsten 40 Jahre haben wir die Mineralöl- und Uranreserven. Erdgas haben wir noch für die nächsten 62 Jahre. Kohle gibt es noch für 200 Jahre, aber das heißt nicht, dass das unsere letzte Hilfe ist, und dass wir noch viel Zeit haben. Wenn wir alle anderen Energiereserven verbraucht haben, können wir mit Kohle allein nicht weiterleben. Wir müssen nichterneuerbare Energiequellen sparen und neue technische Entwicklungen nutzen. Technische Systeme für eine zukunftsfähige Welt 32 Beitrag erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2005 Es gibt ja viele verschiedene Energiequellen, die umweltfreundlich sind. Das bekannteste und schon seit dem 19. Jahrhundert am häufigsten benutzte System ist die Globalstrahlung.Solarthermische An- Krzysztof Witek lagen: sie verarbeiten die Sonnenenergie und geben sowohl elektrische als auch Wärmeenergie. Diese Energie können wir für die Warmwasseraufbereitung oder die Gebäudeheizung benutzen. Dieses System ist es relativ billig und es gibt viele Möglichkeiten, um es zu benutzen. Für Europa ist es eine gute Entwicklung, weil es sich in einer Zone befindet, wo die jährliche durchschnittliche Sonnenscheindauer bei 1400-2500 Stunden liegt. Eine weitere Energiequelle ist die Windenergie. Die ist auch sehr bekannt, aber nicht so billig. Derzeit wird die Windenergie in Deutschland primär zur Stromerzeugung verwendet, mittlerweile mit einem Anteil von über 5%. Die Biomasseenergie erzielt hohe Wirkungsgrade bei zugleich niedrigen Emissionswerten. Seit ein paar Jahren ist das geothermische System immer mehr bekannt. Es kostet noch viel, aber ist auch effizient. Das geothermische System kann man fast überall benutzen. Die folgenden zwei letzten umweltfreundlichen Systeme haben etwas mit Wasser zu tun. Laufwasserenergie. Die Nutzung der Wasserkraft zählt zu den ältesten Formen der Gewinnung erneuerbarer Energien. Laufwasserkraftwerk ist eine langzeitige Investition und auch sehr teuer, aber funktioniert später sehr lange und ist sehr ergiebig. Eine in Japan sehr bekannte Energiequelle ist die Wellenenergie, die in erster Linie durch Windenergie induziert ist. Dieses System ist auch sehr teuer und kompliziert zu bauen. Durchschnittliche jährliche Globalstrahlung in Deutschland Satellitenbild der Erde bei Nacht 33 34 $OH[DQGHU+DXVWHLQ 6WHSKDQ+|VHPDQQ 9LYLHQ0DFNURGW 6ROYHLJ=LPPHU Umgang mit dem Bestand Im Umgang mit dem Bestand - auch unter BerückVLFKWLJXQJ GHU 'HQNPDOSÀHJH JLEW HV YHUVFKLHGHQH 0|JOLFKNHLWHQ 6R ODVVHQ VLFK *HElXGH u. a. sanieren, rekonstruieren, modernisieren, HUZHLWHUQ XPQXW]HQ ]XUFNUFNEDXHQ XVZ Fast jeder Eingriff in den Bestand ermöglicht die VerOlQJHUXQJ GHU /HEHQVGDXHU GHV %DXZHUNHV VRZLH dessen Anpassung an heutige Standards, was EHLVSLHOVZHLVHGLH(QHUJLHHI¿]LHQ]1DFKGlPPXQJ $XIUVWXQJWHFKQLVFKHU$QODJHQZLH]%3KRWRYROWDLN XQG :lUPHUFNJHZLQQXQJVDQODJHQ XVZ VRZLHKHXWLJH%UDQGVFKXW]XQG6LFKHUKHLWVEHVWLPPXQJHQ RGHU VFKOLFKWZHJ DQ GHQ /HEHQVVWDQGDUG Vielfach ist der Grund für den Eingriff in den BesWDQGDXFKGLH%HKHEXQJEDXOLFKHUXQGWHFKQLVFKHU 0lQJHOZHOFKHU7HLOGHV*HElXGHOHEHQV]\NOXVLVW *UXQGYRUDXVVHW]XQJ GDIU LVW MHGRFK GLH 'XUFKführung einer umfassenden Bauaufnahme, in der 5HJHO PLW EHVRQGHUHP $XJHQPHUN DXI GLH +DXVWHFKQLN+HL]XQJ/IWXQJ«VRZLHGLH*HElXGHKOOH 'DFK )HQVWHU « 'HU JURH 9RUWHLO EHLP 8PJDQJ PLW GHP ± VRIHUQ HV QLFKW DXVVFKOLHOLFK XP 5FNEDX RGHU$EEUXFK JHKW ± EHVWHKW YRUUDQJLJ LQ GHU (LQVSDUXQJ YRQ .RVWHQ 'D YRUKDQGHQH 5HVVRXUFHQ JHQXW]W ZHUGHQ HQWIDOOHQ YLHOIDFK GLH .RVWHQIUGLH:HUNVWRIIH$UEHLWVOHLVWXQJYRQ%DXDUEHLWHUQ=LPPHUPlQQHUQ«VRZLHGHUIU7UDQVSRUWGHU%DXVWHOOHLQULFKWXQJXVZ$XFKDQGHQEHLP 1HXEDX EOLFKHQ $QVFKOXVVNRVWHQ NDQQ JHVSDUW ZHUGHQGDGLH(UVFKOLHXQJVNRVWHQEHLVSLHOVZHLVH IU:DVVHU(QHUJLHYHUVRUJXQJHWFHEHQVRHQWIDOOHQRGHUUHGX]LHUWZHUGHQ/HW]WHQGOLFKOlVVWVLFKVDgen, dass eine Sanierung auf einen modernen StanGDUG SULQ]LSLHOO GHXWOLFK SUHLVZHUWHU DOV HLQ $EULVV RGHU1HXEDXLVW%HUFNVLFKWLJWZHUGHQDXFKLPPHU GLH *HElXGHWHFKQLN XQG GHUHQ =XVWDQG VRZLH GHU VWlGWHEDXOLFKH.RQWH[WXQGGHU1XW]HQIUVHOELJHQ ,Q XQVHUHP %HLWUDJ EHVFKlIWLJHQ ZLU XQV PLW 0RGernisierung, Ertüchtigung, Umnutzung sowie mit 5FNEDXXQG(UZHLWHUXQJZDVZLUDQKDQGYRQHLQLgen Beispielen erörtern wollen, wohl wissend, dass HLQH HLQGHXWLJH =XRUGQXQJ QLFKW LPPHU P|JOLFK ist. Die Umnutzung des unter dem sogenannten VSDQLVFKHQ³+HLPDWVFKXW]´VWHKHQGHQ&DL[D)RUXP LQ 0DGULG LVW EHLVSLHOVZHLVH VRZRKO HLQH 5HNRQVWUXNWLRQDOVDXFKHLQH5FNEDXXQG(UZHLWHUXQJVPDQDKPH bKQOLFK VFKZLHULJ JHVWDOWHW VLFK GLH =XRUGQXQJ IU GDV :RKQ XQG %URKDXV LQ 'DUPstadt: Einerseits ist es eine Rekonstruktion, andererseits auch eine Modernisierung und Erweiterung. 35 Umgang mit dem Bestand CaixaForum, Madrid $EE9HURUWXQJÄ/D&DL[D)RUXP³ 36 $EE$XVJDQJVVLWXDWLRQ&HQWUDO(OpFWULFDGHO0HGLRGtD 7KHPD8PQXW]XQJ5FNEDX(UZHLWHUXQJ 3URMHNW&DL[D)RUXP $UFKLWHNW+HU]RJ'H0HXURQ$UFKLWHNWHQ$*%DVHO 7UDJZHUNVSODQHU:**6FKQHW]HU3XVNDV,QJHQLHXUH $*%DVHO1%,QJHQLHUtD0DGULG Ort: Madrid *UXQGVWFNVÀlFKHFDTP %*)FDTP Ä)RRWSULQW³*HElXGHFDTP %HUHLWV HUZDUE GLH %DQN Ä/D &DL[D³ ± HLQH GHU EHGHXWHQGVWHQ VSDQLVFKHQ %DQNHQ ± GDV XQWHU GHP VSDQLVFKHQ Ä+HLPDWVFKXW]³ VWHKHQGH (OHNWUL]LWlWVZHUN Ä&HQWUDO (OpFWULFD GHO 0HGLRGtD³ PLWGHU$EVLFKWLKUHU6WLIWXQJ2EUD6RFLDO)XQGDFLyQ Ä/D &DL[D³ HLQHQ 6WDQGRUW LQ GHU +DXSWVWDGW DXI]XEDXHQ'LHVHV*HElXGHZXUGHHUULFKWHW und ist eines der wenigen, erhaltenen Beispiele der 0DGULGHU,QGXVWULHDUFKLWHNWXULP=HQWUXPGHU6WDGW 6RPLW EH¿QGHW VLFK GDV QHXH Ä&DL[D)RUXP³ KHXWH LQ SURPLQHQWHVWHU /DJH 1lPOLFK LQ XQPLWWHOEDUHU 1lKH ZHOWEHUKPWHU 0XVHHQ ZLH GHP 3UDGR GHP 5HLQD 6RItD XQG GHP 7K\VVHQ%RUQHPLV]D 6 $EE 6HLW VHLQHP 8PEDX XQG GHU (U|IIQXQJ GLHQW HV GHP YLHOIlOWLJHQ NXOWXUHOOHQ XQG VR]LDOHQ(QJDJHPHQWGHU6WLIWXQJYDGDQNVHLQHU XPIDQJUHLFKHQ .XQVWVDPPOXQJ XQG GLYHUVHQ Bildungsprogrammen. Es steht allen Altersgruppen RIIHQXQGHUJlQ]WGDVEHVWHKHQGHPXVHDOH$QJHERW des Paseo del Prado. Dementsprechend muss es VLFKUHSUlVHQWLHUHQXQGSRVLWLRQLHUHQ Für die Umnutzung und die Inszenierung zeigen sich +HU]RJXQG'H0HXURQYHUDQWZRUWOLFK6LHVFKXIHQ HLQ0XVHXPGDVPHKUDOVQXU$XVVWHOOXQJVÀlFKHQ ]X ELHWHQ KDW 1HEHQ HEHQ GLHVHQ FD Pð XPIDVVHQGHQ EHKHUEHUJW HV DXI LQVJHVDPW FD Pð %*) HLQ $XGLWRULXP PHKUHUH 6HPLQDUUlXPHVRZLHHLQHQ9HUNDXIVODGHQXQGHLQH &DIHWHULD 'DVÄ&DL[D)RUXP³OlVVWVLFKLQYLHU2EHUJHVFKRVVH ]ZHL 8QWHUJHVFKRVVH HLQHQ HEHQHUGLJHQ EHUGDFKWHQ3ODW]XQGGHQ9RUSODW]XQWHUWHLOHQ1LFKW XQEHGLQJW EOLFK LVW GHU :HJ GHQ GLH $UFKLWHNWHQ HLQJHVFKODJHQ KDEHQ XP GDV JHVWHFNWH =LHO ]X HUUHLFKHQ %HJRQQHQ ZXUGH PLW GHP $EULVV HLQHU 7DQNVWHOOH 6$EE XP HLQHQ 9RUSODW] IU GDV ]XNQIWLJHÄ&DL[D)RUXP³]XVFKDIIHQ%HJUQWZLUG GLHVHU XQW\SLVFKHU :HLVH GXUFK HLQHQ YRQ 3DWULFN %ODQF JHVFKDIIHQHQ YHUWLNDOHQ *DUWHQ 'LHVHU VWHOOW ODXW -DTXHV +HU]RJ ÄHLQH 5HPLQLV]HQ] DQ GHQ Paseo del Prado und den Botanischen Garten...“ dar. 'LH $UFKLWHNWHQ HUNOlUHQ $GGLWLRQ XQG 6XEWUDNWLRQ ]XP .RQ]HSW 6 $EE XQG VR ZHUGHQ GDV gesamte Fundament – denn unter dem Erdgeschoss $OH[DQGHU+DXVWHLQ $EEÄ/D&DL[D)RUXP³QDFK8PEDX samt Vorplatz entstehen zwei neue Untergeschosse LQNOXVLYHGHP$XGLWRULXP±XQGGLH'DFKNRQVWUXNWLRQ entfernt. Desweiteren wird das Innere komplett HQWNHUQW9RQDXHQEHWUDFKWHWZLUGGDV*HElXGH GXUFK GLH REHULUGLVFKH %DXVXEVWDQ] GLH EHU GHP %RGHQ ]X VFKZHEHQ VFKHLQW ]XP %OLFNIDQJ 'LHV erreichen die Architekten indem sie das Erdgeschoss ÄDXÀ|VHQ³ 6 $EE 'LH YHUEOHLEHQGH %DXPDVVH ± HLQ =HOONDVWHQ JHELOGHW GXUFK LQQHQ an der historischen Mauerwerksfassade errichtete 7UDJZlQGH ± ZLUG YRQ GUHL (UVFKOLHXQJVNHUQHQ JHWUDJHQ 'LH 6XEWUDNWLRQ GHV (UGJHVFKRVVHV ZLUG JUR]JLJ GXUFK GLH $GGLWLRQ YRQ ]ZHL 2EHUJHVFKRVVHQ VRZLH GHQ EHUHLWV HUZlKQWHQ Untergeschossen kompensiert. Die neu geschaffene, DXV &RUWHQVWDKO JHIHUWLJWH Ä'DFKODQGVFKDIW³ kontrastiert und harmoniert gleichsam mit dem Bestand. Sie orientiert sich an den Dachformen GHU QlKHUHQ 8PJHEXQJ 'HQNPDOSÀHJHULVFK ZLUG DQVFKHLQHQG OHGLJOLFK GLH *HElXGHKOOH ZHOFKH pedantisch restauriert und in historischer Bautradition UHNRQVWUXLHUWZLUGEHKDQGHOW6$EE 6R JXW GHU NRQ]HSWXHOOH$QVDW] ± 6XEWUDNWLRQ XQG Addition – ist, so fragwürdig gestaltet sich für mich JOHLFK]HLWLJ GDV (UJHEQLV 'HQQ GLH PDVVLYHQ EDXNRQVWUXNWLYHQ (LQJULIIH NRQWHUNDULNLHUHQ PHLQHU $XIIDVVXQJ QDFK GLH VLPSOH ,GHH HEHQVR ZLH GHQ 'HQNPDOVFKXW] 1XQ VWHOOW VLFK PLU JUXQGVlW]OLFK GLH )UDJH ZLH HV HLQHUVHLWV EH]JOLFK GHU GHQNPDOSÀHJHULVFKHQ $XÀDJHQ GHV VSDQLVFKHQ Ä+HLPDWVFKXW]HV³DXVVLHKWXQGDQGHUHUVHLWVZHOFKH 0DQDKPHQ JHQHUHOO ]XP (UKDOW HLQHV 'HQNPDOV XQWHUQRPPHQZHUGHQGUIHQE]ZLQZHOFKHP0DH GLHVH JHUHFKWIHUWLJW VLQG =ZHLIHOVRKQH GLHQWHQ GLH HUJULIIHQHQ0DQDKPHQGHP(UKDOWGHVÄ'HQNPDOV³ VRZLH GHVVHQ )XQNWLRQDOLWlW DEHU ZDU HV ZLUNOLFK QRWZHQGLJ GDV JHVDPWH *HElXGH GHUDUW VWDUN ]X YHUlQGHUQZRGXUFKVLFKGHU*HElXGHXUVSUXQJQXQ QLFKWPHKUHUDKQHQOlVVW" 6FKOXVVHQGOLFK OlVVW VLFK VDJHQ GDVV WURW] der drastischen Eingriffe in den Bestand, ein LQWHUHVVDQWHV|IIHQWOLFKHV*HElXGHHQWVWDQGHQLVW ZHOFKUHV WURW] DOOHU HUJULIIHQHQ 0DQDKPHQ JXW LQ sein Umfeld einfügt. $EE.RQ]HSW $EE5DXPVFKHPD $EE6FKQLWWGXUFKGHQ+DXSWHUVFKOLHXQJVNHUQ $EE+DXSWDXIJDQJDP$EHQG 37 Umgang mit dem Bestand Staatstheater Darmstadt $EE6FKZDU]SODQQHXHUÄ.RSIEDX³URWPDUNLHUW (LQJDJVEDXZHUN)R\HU*DGHUREH.OHLQHV+DXV *URHV+DXV%KQHQZHUNVWlWWHQ9HUZDOWXQJ *HRUJ%FKQHU3ODW]3URMHNW1HXJHVWDOWXQJ3ODW] 7LHIJHUDJH3UREHEKQH)R\HU3UREHEKQH .DQWLQH3I|UWQHUKDXV 38 $EE*UXQGULVV8*9RUKHU1DFKKHU 7KHPD6DQLHUXQJ(UWFKWLJXQJ8PEDX Projekt: Staatstheater Darmstadt %DXMDKU $UFKLWHNW/HGHUHU5DJQDUVGyWWLU2HL Ort: Darmstadt =HLWUDXP6DQLHUXQJ±LQNO3ODQXQJ%DX]HLW ± )OlFKHTP .RVWHQFD0LR¼ 'DV YRQ GHP $UFKLWHNWHQ 5ROI 3UDQJH DOV Ä'ULYH ,Q7KHDWHU³ NRQ]LSLHUWH 6WDDWVWKHDWHU ZXUGH HUULFKWHW QDFKGHP GDV HU|IIQHWH 7KHDWHU LP =ZHLWHQ :HOWNULHJ ]HUVW|UW ZXUGH 6RZRKO 7KHDWHUDOVDXFK6FKDXVSLHOKDEHQHLQHODQJH7UDGLWLRQLQ'DUPVWDGWXQGODVVHQVLFKELVLQGDV-DKU ]XUFNYHUIROJHQ 'D LVW HV QLFKW YHUZXQGHUOLFKGDVVFD0LR¼IU6DQLHUXQJVXQG(UZHLWHUXQJVPDQDKPHQ GHV 9LHUVSDUWHQKDXVHV EHUHLW JHVWHOOW ZXUGHQ 6lPWOLFKH 5HQRYLHUXQJV XQG 6DQLHUXQJVDUEHLWHQZDUHQXDDQGHUHPZHJHQKHXtiger Brandschutz- und Sicherheitsanforderungen ± GHU %HVWDQGVEDX ZHLVW HUKHEOLFKH WHFKQLVFKH XQG EDXOLFKH 0lQJHO DXI ± QRWZHQGLJ JHZRUGHQ $EHUDXFKGLH$XVVWDWWXQJXQG%KQHQWHFKQLNGHV Vierspartenhauses genügten nicht mehr heutigen $QVSUFKHQ 'LH YRP $UFKLWHNWXUEUR /HGHUHU5D JQDUVGyWWLU2HL HUJULIIHQHQ 0DQDKPHQ EHVFKUlQNHQVLFKDEHUQLFKWQXUDXI6DQLHUXQJXQG0RGHUQLVLHUXQJVRQGHUQEH]LHKHQDXFKGDV8PIHOGHVLQGLH 3ODQXQJPLWHLQ6$EE ,PHUVWHQ$EVFKQLWWYRQZDQGWHPDQVLFK GHU 5HQRYLHUXQJ XQG (UZHLWHUXQJ GHV 7KHDWHU ]X ,QGLHVHP=XJHQWVWDQGHQHLQQHXHUGHU6WDGW]XJHZHQGHWHUXQGJH|IIQHWHU(LQJDQJVEDXVRZLHGHU VLFKLQGHU±DXVKHXWLJHU6LFKWEHUGLPHQVLRQLHUWH ± 7LHIJDUDJH EH¿QGOLFKH 7KHDWHUUDXP DOV (UVDW]VSLHOVWlWWH6$EE'LHVHUZXUGHYRQGHQ $UFKLWHNWHQ DQVWHOOH HLQHV WHPSRUlUHQ 6FKDXVSLHO]HOWHVDXIGHP*HRUJ%FKQHU3ODW]YRUJHVFKODJHQ XQG HUULFKWHW GDPLW GHU %HWULHE GHV 6WDDWVWKHDWHUV ZlKUHQGGHU%DXDUEHLWHQIRUWJHVHW]WZHUGHQNRQQWH 'LH 1DFKKDOWLJNHLW GLHVHU PLWWOHUZHLOH SUHLVJHkrönten Idee zeigt sich heutzutage, denn nun dient VHOELJHU DOV 3UREHEKQH VRZLH GHU 7KHDWHUZHUNVWDWW'HVZHLWHUHQHQWVWDQGHQLP)R\HUHLQHRIIHQH .DVVHQ XQG 6HUYLFHVWDWLRQ VRZLH HLQH QHXHU *DUGHUREHQEHUHLFK ,P ]ZHLWHQ $EVFKQLWW ZHOFKHU LP )UKMDKUDEJHVFKORVVHQVHLQVROOZLUGGLHGHP 6WDDWVWKHDWHU YRUJHODJHUWH XQG VLFK EHU GHU 7LHIJDUDJH±GLH]HLWJOHLFKVDQLHUWZHUGHQVROO±EH¿QGliche Georg-Büchner-Parkanlage neu gestaltet. Wie VFKRQEHLGHU5HQRYLHUXQJGHV7KHDWHUVZHUGHQEHL $OH[DQGHU+DXVWHLQ $EE6WDDWVWKHDWHUQDFK6DQLHUXQJ GHU6DQLHUXQJGHU7LHIJDUDJHGLHODXW2EHUEUJHUPHLVWHU :DOWHU +RIIPDQQ EHL GHU 5HGH DQOlVVOLFK GHU :LHGHUHU|IIQXQJ ]X HLQHU Ä)ODQLHUPHLOH GHU7KHDWHUNXQVW³ZHUGHQVROO/LFKWXQG)DUEHGLH wichtigsten gestalterischen Mittel sein. Bereits heuWHYHUPLWWHOQGLH(LQEDXWHQYRQ3I|UWQHUORJHVRZLH GHV(UVDW]WKHDWHUUDXPHVVDPW%DUXQG)R\HUHLQHQ HUVWHQ (LQGUXFN DXI .RPPHQGHV *HQHUHOO VROO GLH 7LHIJDUDJHNRPIRUWDEOHUXQGVLFKHUHUJHVWDOWHWZHUGHQ ZHVKDOE X D QHXQ )OXFKWWUHSSHQKlXVHU YLHU HOHNWURQLVFKH EHU GDV 3DUNDQJHERW LQIRUPLHUHQde Anzeigetafeln, eine neue Schrankenanlage und GUHL.DVVHQDXWRPDWHQHLQJHEDXWZHUGHQ1HXHGLH 7LHIJDUDJHEHUVFKDXEDUHUJHVWDOWHQGH:lQGHVROOHQWUDQVSDUHQWXQGOLFKWGXUFKOlVVLJVHLQ $EE*URHU7KHDWHUVDDO ,P 9HUJOHLFK ]XP &DL[D)RUXP ZLUG KLHU ZHLWDXV VHQVLEOHUPLWGHP%HVWDQGXPJHJDQJHQJOHLFK]HLWLJQHXH$N]HQWHJHVHW]WXQGHLQQHXHU$EVFKQLWWLP /HEHQV]\NOXVGHV*HElXGHVHLQJHOlXWHW )DVWDOOHHUJULIIHQHQ0DQDKPHQVLQGVFKOLFKW]Xrückhaltend und elegant. Futuristisch anmutend entSXSSWVLFKKLQJHJHQGHUQHXJHVWDOWHWH7KHDWHUVDDO GHV *URHQ +DXVHV GHVVHQ NRPSOHWWH %KQHQtechnik ersetzt worden und ein weiteres architektoQLVFKHV+LJKOLJKWLVW $EE(UVDW]EKQHLQGHU7LHIJDUDJH $EE/LFKWXQG$NNXVWLNVHJHOLP(* $EE*UXQGULVV(*9RUKHU1DFKKHU 39 Umgang mit dem Bestand Thema: Erweiterung, Lückenschließung Projekt: Wohn- und Bürohaus Architekt: Opus Architekten Ort: Darmstadt Bauzeit: 2006 - 2007 Wohn- und Bürogebäude Das Wohn- und Bürogebäude in Darmstadt ist ein gutes Beispiel für eine Lückenschließung. Besonders hervorzuheben ist die Integration des Neubaus in den Bestand. Es wird eine klare Trennung von Alt und Neu geschaffen. Wobei auch die Funktionen getrennt sind: Im Erweiterungsbau existiert Büro und im Altbau bendet sich Wohnen (1). Ausgangspunkt und Anlass des Rückbaus Abb. 1: Perspektive Strassenansicht Opus Architekten haben eine Baulücke geschlossen, die zuvor von drei Garagen mit einer Auffahrt besetzt war. Hier entstanden Büroräume in größtmöglicher Klar- und Offenheit als zeitgemäße Arbeitsplätze. Zur Straße und zum Garten zeigt sich dieser Neubau selbstbewusst seine durch eine gläserne Haut, die in geschosshohe, stehende Elemente gegliedert ist. Zur Straße verbirgt ein auf die Sockelbereiche der Nachbarbauten bezogenes Geschoss vier Stellplätze und den Eingang - und verhindert somit allzu direkte Einblicke auf Straßenniveau (2). Maßnahmen und Umgang mit Bestand Abb. 2: Grundriss Erdgeschoss 40 Die Architekten haben den linksseitig angrenzenden Altbau zu zwei Maisonettewohnungen ausgebaut, in eigener Sache und als eine Mieteinheit. Hier wurde nicht versucht, Brücken zu schlagen, sondern die Dinge wurden bei der Wurzel gepackt: Neu ist zeitgemäß, Alt ist Historie. Lediglich das neue Dachgeschoss setzt sich mit seinem durchlaufenden Glasband von der Altbaufassade ab und schafft somit doch einen dezenten Hinweis auf die Zusammengehörigkeit der Häuser Nr. 14 und Nr. 18.(3) Das Glasband sitzt nicht unmittelbar auf dem Altbau, der vormals nur zwei Etagen hatte, sondern auf dem perfekt ergänzten dritten Geschoss, das die Schlafräume der Architekten und ihrer beiden Kinder aufnimmt. Die Architekten haben sich hierfür eine Fortführung des Bestandes entschlossen, damit sich der Altbauteil gegenüber dem Neubau noch behaupten kann. Von hier gelangt man über die offene Treppe in den Raum unter dem Dach, der sich mit seinem vollverglasten Nordgiebel zur großen Dachterrasse öffnet, die sich über den gesamten Neubau erstreckt. Stephan Hösemann Auf der Westseite, die sich zum nur fünf Meter tiefen Garten öffnet, zeigt sich der Neubau identisch wie zur Straße, der Altbau hingegen in bereinigter“ Form als klassische Lochfassade mit stehenden Fensterformaten. Auch hier liegt eine „Täuschung“ vor, denn der Altbauteil ist gen Westen auch ein kompletter Neubau. Durch die Erweiterung von zwei Metern in der Tiefe schließt dieses Bauteil nun bündig an den Bestand nach Süden an, so, wie der Neubau in seiner Tiefe am nördlichen Nachbarn orientiert. Der eine Meter Differenz in den Gebäudetiefen stellt den einzigen Vorsprung in den Fassaden dieses „Doppelhauses“ dar und zeigt zum Garten die Nahtstelle zwischen „Alt“ und Neu. Die Lückenschließung mit den Büroächen enthält auch die Erschließung für die beiden Wohnungen im Altbau, wo das entfernte Bestandstreppenhaus der Wohnäche zugeschlagen wurde. Das schmale neue Treppenhaus ist ein dramatischer Vertikalraum, der als energetische Pufferzone fungiert, die - beheizbar - den Passivhausstandard des Neubaus ermöglicht. (4) Abb. 3: Fassaden zur Straße - links der Altbau und rechts die Lückenschließung Abb. 4: Schnitt durch Bürogebäude 41 Umgang mit dem Bestand Thema: Rückbau Projekt: Dornbuschkirche Architekten: Meixner, Schlüter, Wendt Ort: Frankfurt Dornbuschkirche in Frankfurt Die Kirche stellt ein gutes Beispiel für den Rückbau bestehender Bausubstanz dar. Dabei wird insbesondere auf aktuelle Bedürfnisse der Nutzer eingegangen. Es entstant ein neues, multifunktionales Gemeindezentrum für den Ort. Ausgangspunkt und Anlass des Rückbaus Abb. 1: Perspektive Kirchenrelief mit Vorplatz Die Dornbuschkirche in Frankfurt ist 1962 durch den evangelischen Regionalverband erbaut worden. Das Gebäude der Dornbuschkirche wurde an seinem jetzigen Standort 1962 für damals 12.000 Gemeindemitglieder errichtet - im Stil einer modernen Hallenkirche mit Platz für 600 Menschen Über die Jahre sind schwerwiegende bauliche Mängel aufgetreten, die der Kirche zunehmend zusetzen. Das Erscheinungsbild war unansehnlich geworden und es zeichnete sich ein Rückgang der Besucher ab. Städte und Gemeinde müssen Kosten sparen und dabei die besondere Qualität der Gebäude sichern. Daher gab es drei Wege: Sanierung (teuer) oder Abriss und Errichtung eines kleinen Andachtsraumes. (1) Maßnahmen Abb. 2: Grundriss der Kirche mit Relief (Rot) und Rückbau (Blau) 42 Keine der beiden Lösungen war adäquat. Stattdessen hat man sich für den Rückbau entschlossen, bei Erhaltung der Gebäudehülle. Das Konzept von Meixner Schlüter Wendt überzeugt durch die Schlichtheit und den Minimalismus. Wenngleich die skulpturale, wuchtige und konstruktiv bedingte Wand. Diese Wand ist Ausdruck der Veränderung und Transformation des Ortes. Sie ist Symbol für den freigegebenen Raum. (2) Die alten Elemente wurden auf die skulpturale Wand projiziert: Eingangsfassade, der Altar, die Empore, die Kanzel, das Taufbecken. Die resultierenden Volumina waren Grundlage zur Verformung der Wand. Sowohl innen als auch außen kann man die abstrakte Skulptur sehen. Konstruktiv besteht die Wand aus einer Mischkonstruktion in Stahlbeton und Mauerwerk, die verputzt wurde und maximal 40cm stark ist. Die Form korrespondiert mit dem Vorplatz, auf dessen Grundäche die abgebrochenen Teile der Kirche lesbar sind. (3) Somit entsteht eine besondere Stephan Hösemann Qualität zwischen Relief und Platz. Nutzung Der Besucher wird schon vor dem Eintreten in die Kirche durch diese Zone der Transformation übergeleitet. Der neue Eingang wurde bewusst asymmetrisch arrangiert, um nicht zu pathetisch zu wirken. Er soll eine Intervention am Gebäude darstellen. Der neue Versammlungsraum bietet für 150 Mitglieder Platz, kann aber bei Bedarf auf maximal 350 Plätze erweitert werden. Altar, Taufbecken und andere Installationen sind verschiebbar und können variabel angeordnet werden. (4) Umgang mit dem Bestand Der Entwurf nimmt in etwa die Dimensionen des früheren Chores und Altarbereichs ein. Und liegt in der Fluchtlinie des Gemeindezentrums. Die aus farbigem Bleiglas bestehende Ostwand und die Nordwand wie auch die Verbindungswand mit dem Gemeindezentrum blieben unangetastet. (5) Es wurden wenige, zurückhaltende Eingriffe unternommen. Zum Beispiel die grünbraun gestrichene Decke oder das Lamellenparkett aus geräucherter Eiche. (6) Abb. 3: Grundriss nach Rückbau mit Relief (Rot) Abb. 4: Innenraumperspektive Buntglasfenster Abb. 5: Außenraumperspektive, Zustand vor Rückbau 43 Umgang mit dem Bestand Modernisierung, Umbau und Erweiterung Wohnhaus Wohlfahrt Konzeptgrafik1, Anordnung der Lichtstutzen Thema: Projekt: Architekt: Ort: Nutzung: Gebäudetyp: Motivation: Modernisierung Wohnhaus Wohlfahrt Meixner Schlüter Wendt Oberursel Wohnhaus traditionelles Landhaus Schaffung neuen Wohnraums Auch beim Wohnhaus Wohlfahrt ist die Einordnung in eine Kategorie schwierig. Im Zuge der Modernisierung des Hauses, das vom kleinen Ferienhaus zum ständigen Wohnsitz wurde, wurde sowohl erweitert als auch umgebaut. Ursprünglich sollte ein Neubau an die Stelle des Ferienhauses gesetzt werden, die Pläne für diesen waren sogar bereits erstellt. Doch bei Begehung des Geländes erschlossen sich die Qualitäten des bestehenden Gebäudes und die Idee, diese zu bewahren, wuchs. Das bestehende Gebäude war allerdings mit eineinhalb Zimmern nicht nur viel zu klein für die Familie, das Holzständerbauwerk aus den Dreißigerjahren war energietechnisch auch völlig veraltet. Also musste eine neue Gebäudehülle her, aber die Qualitäten des Bestands, wie die Aussicht von der Terrasse, sollten bleiben. Metamorphose Konzeptgrafik 2, Kerngebäude und Lichtstutzen im Kontext zur neuen Gebäudehülle Grundriss 44 Dem Landhaus wurde eine kubische Hülle über gestülpt, die in Dialog mit dem Bestand tritt. Dieser Kubus hat drei massive Wände und eine komplett verglaste Seite. Der Bestand im Inneren des Kubus wurde beschnitten, wo es nötig und möglich war. Die Größe und Position der neuen Gebäudehülle war abhängig von den Grundstücksgrenzen, es wurde so nah es erlaubt war an die Nachbarbargrundstücke heran gebaut. Dabei verläuft die neue Gebäudehülle parallel zu den Grundstücksgrenzen und ist leicht verdreht zum ursprünglichen Gebäude. Dadurch entstehen zum Teil sehr kleine Abstände zwischen alter und neuer Außenwand. Diese werden zum Teil für technische Installationen genutzt. Die bestehende Struktur ist weitgehend erhalten, wurde nur dort geöffnet, wo Licht und Raum benötigt wurden. An diesen Stellen entstehen neue Räume, Lichtstutzen genannt. Diese werden auf die Fassade übertragen, sind als Fensteröffnungen sichtbar, so dass viel Licht im Inneren gewährleistet ist. Der Dachstuhl wird entfernt, das Flachdach der kubischen Hülle schließt nun die vorher beengend wirkenden Dachräume ab. Die Zimmer gewinnen an Raum, Licht und Luft. Zum Garten hin entsteht ebenfalls mehr Raum, durch die Glasfassade und erdfarbenes Parkett, dass die Solveig Zimmer selbe Farbe wie die Terrasse hat, wird die Verbindung von Innenraum und Natur geschaffen. Es werden kaum neue Räume geschaffen, sondern die vorhandenen Räume werden vergrößert, aufgewertet. Lediglich das Wohnzimmer im Erdgeschoss und ein Arbeitszimmer im Obergeschoss entstehen neu. „Durch diese Manipulationen und Transformationen entstehen vielfältige und manchmal auch merkwürdig anmutende Innen-, Außen-, Zwischen- und Unräume; komplexe Räume wechseln sich mit scheinbar einfachen ab. Durch diese Paradoxien wird die Realität verfremdet und das Landhaus einem urbanen Habitus anverwandelt.“ Gartenansicht Material und Farben Die Architekten haben ein Farbkonzept entwickelt, in dem Bestand in creme, der Neubau weiß, Lichtstutzen lichtgrau und Nebenfunktionen in anthrazit unterschieden werden. Der Holzständerbauweise des Altbaus wurde ein Stahlbetonskelett gegenübergestellt. Statische Anforderungen waren dabei hoch, da dieses Skelett die Lasten des alten Gebäudes, das ja beschnitten wurde, zum Teil mittragen muss. Fazit Das Haus wird nun den neuen energetischen Anforderungen gerecht, Räume wurden vergrößert und dadurch besser nutzbar gemacht, so dass die Qualitäten des alten Hauses bestehen bleiben konnten. Aber nicht nur die Qualitäten blieben bestehen, sondern auch die Mankos. Das Haus ist dank fehlender Schallisolierung hellhörig, und dank der belassenen Landhausfassade, die nun, mitsamt Fenstern, als Raumtrenner dient, wird Privatsphäre wohl nur ein Wunschtraum künftiger Teenager bleiben. Auch die Darstellung nach Außen ist fragwürdig. Der grün graue Kubus soll sich in die bewaldete Umgebung integrieren. Dem Betrachter stellt sich dabei aber die Frage, ob sich dieser auch in das bestehende Wohngebiet integriert. Innenansicht 45 Umgang mit dem Bestand Ertüchtigung und Erweiterung Typenschule Schulzendorf Typenschule Schulzendorf vor dem Umbau Konzeptgrafik Typenschule Schulzendorf nach dem Umbau 46 Thema: Projekt: Architekt: Ort: Nutzung: Gebäudetyp: Motivation: Ertüchtigung Typenschule Schulzendorf Zanderroth Architekten Schulzendorf Grundschule Teilschule des Typs t12-9/3-2 Mp Erweiterung und Sanierung Die Maßnahmen am Schulgebäude im Berliner Vorort Schulzendorf lassen sich mit den Schlagworten Ertüchtigung und Erweiterung am besten beschreiben. Der typische, unattraktive DDR-Plattenbau war für die wachsende Schülerzahl zu klein geworden, zudem war er energietechnisch veraltet und bot keinerlei Komfort wie etwa eine Pausenhalle. Mit einfachen Mitteln wurde das Gebäude erweitert und den energietechnischen Anforderungen der Gegenwart angepasst. Eine kostengünstige Alternative zu einem Neubau, der zu einer weiteren Zersiedlung des Geländes, auf dem sich bereits ein Kindergarten, eine weitere Schule und eine Mehrzweckhalle befinden, geführt hätte. Metamorphose Das bestehende Gebäude war H-förmig angelegt. In beiden Riegeln lagen Klassenräume und vertikale Erschließung, im Verbindungsflügel waren Sanitäre Einrichtungen und Lehrerzimmer untergebracht. Die Baumaßnahme beinhaltete eine Erweiterung des Gebäudes um zwei weitere Riegel und die Ertüchtigung der Fassade. Durch die Erweiterung veränderte sich sowohl die äußere Erscheinung des Gebäudes als auch der Innenraum maßgeblich. Die neuen Riegel, die orthogonal vor die Enden der alten Riegel gesetzt wurden und somit die vorher halboffenen Innenhöfe abschließen, machen nun das Gebäude zu einem geschlossenen Kubus. Der nun innen liegende Verbindungsflügel wurde auf die tragende Struktur reduziert und dient nun lediglich der Erschließung. Die Innenhöfe wurden überdacht und wurden zu Lichthöfen, die Fassaden wurden zu diesen Lichthöfen geöffnet. Dadurch entstand im Erdgeschoss eine große, helle Pausenhalle und in den oberen Geschossen ein offener Raum, welcher der Erschließung dient, die um die Lichthöfe angeordnet ist. Das Gebäude, das vorher nur das Nötigste beinhaltet hat, hat nun Platz für zehn weitere Klassenzimmer, eine Aula und sogar einen Raum für die Gemeindebibliothek. Die Ertüchtigung der Fassade, die nötig war um heutige Energiestandards zu erreichen und um dem Gebäude ein einheitliches Äußeres zu geben, wurde für eine völlige Neugestaltung des äußeren Erschei- Solveig Zimmer nungsbildes der Schule genutzt. Die Fensterbänder wurden neu gegliedert, Erdgeschoss und Obergeschosse bekamen verschiedene Fassadenverkleidung. Zum Pausenhof tritt das Erdgeschoss etwas zurück, um überdachten Außenraum zu bilden. Zusammen mit den verschiedenen Materialien von Erd- und Obergeschoss lässt dies die oberen Gebäudeteile wie einen aufgesetzten Kubus wirken. Umgang mit dem Bestand Der vorhandene Baukörper wird voll genutzt. Die Riegel bleiben in ihrer Funktion voll bestehen, der Verbindungsflügel wird auf die Funktion Erschließung reduziert. Der DDR-Bau ist nach Erweiterung und Fassadenertüchtigung als solcher nicht mehr zu erkennen. Farbkonzept im Gebäudeinneren Farbkonzept Knall bunte Farben leiten Besucher, Schüler und Lehrer durch die verschiedenen Etagen des Gebäudes, dabei ist jeder Etage eine andere Farbe zugewiesen. Material Bei der Ertüchtigung der Fassade wurde erstmalig ein aus dem Gartenbau bekanntes Material verwendet: Weidenruten, geflochten auf ein Stahlgerüst gebracht. Diese wurden sonst nur für kleinere Flächen wie Balkonbrüstungen und Gartenzäune verwendet. Ob es sich langfristig als Fassadenverkleidung eignet ist noch nicht klar, aber in der Theorie ist die Fassade leicht zu pflegen und sowohl einzelne Stäbe als auch ein größerer Teil der Fassade sollen leicht auswechselbar sein. Weidenfassade Fazit Durch die Erweiterung und Ertüchtigung der Schule wurde mit einfachen Mitteln aus einem verpönten Bautyp ein ansprechender und interessanter Baukörper, sowohl innen als auch von außen. Ein gutes Beispiel für den Umgang mit DDR Bestand. 47 48 Christian Müller Larin Pchdari Patricia Gajdzik Temporäres Bauen Architektur ist im Regelfall auf eine möglichst lange Dauerhaftigkeit ausgelegt. Dieses Grundverständnis hat bereits Vitruv mit seiner „Baukunst“ und den drei Grundsätzen der Architektur - Nutzbarkeit, Festigkeit und Schönheit- in dem Bewusstsein der Architektenwelt gefestigt. Doch warum weichen wir von der als gemeingültig anerkannten Lehre Vitruvs ab? Seit der Postmoderne wird Architektur in zunehmender Weise eben nicht mehr als das Dauerhafte begriffen sondern als etwas Temporäres, Zwischenzeitliches angesehen. Der temporären Architektur, ebenso der temporären Kunst ist der Aspekt des Vergänglichen gemeinsamungenutzte Gebäude oder Orte werden temporär zwischengenutzt. Dies hat zum einem mit der zunehmenden Beschleunigung der Gesellschaften einhergehend mit der Globalisierung zu tun, in der Marken gesetzt werden, um von dem Umfeld, den Bewohnern und Besuchern überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Es ist des Architekten oder Künstlers Absicht, eben in dieser sich schneller drehenden Welt, einen Bezugspunkt zu schaffen, der auch nach dem Rückbau in den Köpfen der Menschen bleibt, was aufgrund der inflationären Verwendung nicht immer der Fall ist. Temporäre Architektur kann als eigenständiges Gebäude oder Objekt konzipiert sein, aber ebenso auf bestehende Gebäude angewandt werden, indem es sie neu interpretiert, verfremdet oder verhüllt. Nach der Demontage können vertraute, im Alltag der Menschen nicht mehr wahrgenommene Gebäude, eine veränderte Würdigung erfahren, beispielsweise geschehen bei der Reichstagsverhüllung durch die Künstler Christo und Jean Claude. Maximale Aufmerksamkeit lautet die Maxime beispielsweise auch im Freizeitsektor mit seinen fliegenden Bauten. In einer Zeit, in der nicht nur über Expansion sondern aufgrund fehlender Nutzung, Überangebot und geringeren Finanzmitteln, offen über Rückbau gesprochen wird, bietet die Temporäre Architek- tur auch Chancen der Revitalisierung des Ortes. Das Stadtgefüge wird nicht zerstört, sondern erhält durch Temporäre Architektur und Zwischennutzung neue Impulse. Während temporäre Gebäude eigens errichtet werden, um den Ort mit einer Sache zu bespielen, findet Zwischennutzung in bereits vorhanden leerstehenden Gebäuden statt. Dabei offenbart sich eine „Win- win“ Situation. Der Eigentümer, erhält den Wert seiner Immobilie über eingehende Betriebskosten aufrecht, der Zwischennutzer kann für einen Bruchteil der Miete über die Nutzungsfläche verfügen. Im größeren Kontext können so ganze Ensembles oder Stadtteile langfristig aufgewertet werden. Ein weiterer Ableger Temporärer Bauten wird durch Vernetzung der Welt sichtbar. Meldungen über Naturkatastrophen kommen direkt in unser Wohnzimmer. Es liegt nahe, schnell gebrauchsfähige Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Neben einfachen Zelten, werden hierbei zunehmend auch aus in den Industriegesellschaften verwendeten Gebrauchsmaterialien innovative Notunterkunftsshelter entwickelt. Temporäre Bauten haben also nicht nur einen Eventcharakter, oder dienen Vitalisierungsmaßnahmen, sondern können auch zur Linderung der Probleme der Menschheit beitragen. Temporäre Architektur kann anders ausgeführt werden als normale dauerhafte Gebäude, dies liegt an den an sie anders gestellten Ansprüchen und Werten dieser Architektur. Ebenso wenig muss sie in Konkurrenz treten mit gebauten historischen Gebäuden, wie es Neubauten im nahen Umfeld wiederfährt. 49 Temporäres Bauen Thema: Übergangslösung Projekt: reisender Museumspavillon Architekt: Atelier Kempe Thill, Rotterdam Ort: ‚De Parade‘ Theaterfestival Bauausführung: Sommer 2001 Maße: 15m/ 4m/ 6m (Länge/ Breite/ Höhe) Charakter/ Funktion Light Building Der aus einem Wettbewerb des Bundes niederländischer Architekten (BNA) hervorgegangene Pavillon, wurde von den Architekten ‚Oliver Thill‘ und ‚André Kempe‘ umgesetzt und dient als reisendes Ausstellungsgebäude. Außenperspektive 01 02 Das Hauptbaumaterial des Pavillons ist eine speziell angefertigte Serie von Standard- Bierkästen aus farblosen, transluzenten Kunststoff. Die Kästen offenbarten hervorragende Eigenschaften als Baumaterial: Sie sind stabil, leicht stapel bar und ermöglichten durch ihren günstigen Grundpreis von lediglich 55 €/ m³ erst die Umsetzung des Projekts. Verglichen mit ihren im Handel erhältlichen Schwestermodellen verleiht ihre Transluzens dem Gebäude den Vorteil, dass alle Wände lichtdurchlässig sind und aufwendige Fensteröffnungen somit verzichtet werden kann. Der Pavillon eignet sich durch Veränderung der Lichtsituation im Inneren, je nach Stand der Sonne, Wetterverhältnissen, oder der speziellen Lichtsituation des Ortes, zum Inszenieren der ausgestellten Kunst. Vorbeiziehende Wolken und die unmittelbare Umgebung erzeugen zudem dynamische Schattenspiele auf den Wänden, bei Sonnenuntergang färbt sich die Wand feuerrot. Somit sind die Kästen kein reines „objet trouvré“, sondern geben dem Gebäude eine eigenständige Identität- es wird selber zum Ausstellungsstück. Errichtung Das Gebäude kann von sechs Helfern innerhalb nur eines Tages auf- und abgebaut werden und steht somit im Sinne eines Temporären Baus. 50 03 04 05 06 Dazu werden zuerst Systembodenpaneele ausgelegt und zur Stabilität im Boden verankert (01). Zweiter Aufbaupunkt ist das Stapeln der Bierkästen. Die Wände werden aus vormontierten Wandelementen von 3 x 6 Kästen zusammengefügt. Durch die Grifflöcher geführte Gewindestäbe, befestigen jeweils obere mit der unteren Kastenlage. Für Installationen notwendige Elektronikkabel wer- Christian Müller den in den Wänden eingelassen (02). Notwendige Stabilität erhält das Gebäude außerdem über miteinander durch Gewindestäbe verspannte Ringanker an Boden und Dach (03). Der unterste Ringanker wird mit Bewehrungsstäben im Boden verankert und die Scheibenwirkung des aufliegenden Daches ausgenutzt (04). Nach Einsetzen der Türen (05), werden als letzter Schritt Sockelplatten vor dem Pavillon ausgelegt. Nachhaltigkeit/ Fazit Dieses temporäre Gebäude kann als nachhaltig betrachtet werden. Auf aufwendige Infrastruktur wie Heizung oder Klimaanlage wird verzichtet, vielmehr funktioniert der Pavillon als Kaltraum. Die fensterlose Konzeption erspart Kosten und ermöglicht einen schnelleren Aufbau. Durch die Verwendung der Bierkästen als Hauptelement, und den zusätzlichen Baumaterialien Stahl für die Türelemente, die Gewindestäbe und Ringanker, Metallpaneelen im Dachbereich, sowie Holz als Bodenmaterial, ist das Gebäude nach endgültigem Abbruch komplett recycelbar. Außenansicht Seite Innenansicht Lichtsituation 51 Temporäres Bauen Cruise Terminal Ansicht vom View Poin Ansicht View Poin Thema: Übergangslösung Projekt: Temporäres Kreuzfahrtterminal Architekt: Renner Hainke Wirth Architekten Ort: Hafencity Hamburg, Großer Grasbrook Bauausführung: 11/ 2003- 04/ 2004 Maße: 67m/ 23m/ 9m (Länge/ Breite/ Höhe) Charakter Im Zuge des zunehmenden globalen Wettbewerbs der Metropolen im Tourismus- und Kulturbereich, entschied der Hamburger Senat künftig auch auf den Kreuzfahrboom zu setzen. Bis zum Bau eines von ‚Massimiliano Fuksas‘ entworfenen Überseeterminals für anlegende Kreuzfahrtschiffe, in der noch wachsenden Hafencity, sollte ein temporäres Gebäude dessen Aufgaben erfüllen. Das Baugebiet unmittelbar an der Elbe, nahe des Kaispeichers A (spätere Elbphilharmonie), ist geprägt durch freigeräumte Industriebrachen, mit Blickbeziehungen zum Wahrzeichen der Stadt, dem Hamburger ‚Michel‘, den Landungsbrücken sowie der majestätischen Präsenz der gegenüberliegenden Hafenanlagen. Hier entwarf und plante das von der ‚HafenCity Hamburg GmbH‘ beauftragte Hamburger Architekturbüro ‚Renner Hainke Wirth Architekten‘ Anfang 2004 ein temporäres Kreuzfahrterminaldas Cruise Terminal, dessen Lebensdauer auf acht Jahre veranschlagt wird. Zusammen mit dem als Aussichtsturm konzipierten View Point, entstand ein repräsentativer Empfangspunkt der Hafenstadt. Gleichzeitig wurde eine städtebauliche, temporäre Dominante in der noch ungegliederten, unbebauten Fläche der späteren Hafencity gesetzt. Als Leitideen in der Gestaltung des Terminals dienten den Architekten die zwei bekanntesten Elemente der Seefahrt. Der klassische Überseecontainer, als „ewiger Kreuzfahrer“ der Weltmeere, und das helle große Schiffssegel als Symbol für Luxus, Eleganz und Sportlichkeit. Durch Kombination der etwas rauen, eine 67m mal 23m große Halle bildenden Containerbausteine, mit einem großzügigen, zur Stadtseite auskragenden Dach, entstand die Corporate Identity des Terminals. Funktion 52 Innenraum Das Cruise Terminal vereint einen vielfältigen Funktionsmix. Neben der allgemeinen Abfertigung von in Hamburg anlegenden Kreuzfahrschiffen (Registrierung, Gepäckaufnahme und Zollkontrolle der Reisenden), sind dies vor allen die Präsentation der Christian Müller Hafenstadt gegenüber den Neuankömmlingen, als Entrée in die Innenstadt. Das Gebäude ist zudem für verschiedene Veranstaltungsformate zu mieten (800 Personen Fassungsvermögen). Von der einheimischen Bevölkerung und Besuchern wurde das Ensemble aufgrund seiner Wasserlage schnell als Ausflugsziel angenommen. Der View Point ist im Gegensatz zum Cruise Terminal öffentlich zugänglich und dient als Aussichtturm, von dem sich das Baugeschehen in der Hafencity, sowie das geschäftige Treiben auf der Elbe beobachten lassen. Beim Einlaufen Prestigeträchtiger Schiffe, wie der ‚Queen Mary 2‘ wird der Ort zum Sammlungspunkt tausender Schaulustiger. Errichtung Wie für temporäre Bauten üblich, und dem Hafenstandort angemessen, verwendeten die Architekten als Grundbaustein der Halle gebrauchte Materialienbereits um die Welt gereiste ISO (Transport) Container. Beim Terminal kommen zwei der geläufigsten Containertypen zum Einsatz: Der TEU (Twenty Feet Equivalent Unit) und der FEU (Forty Feet Equivalent Unit). Durch Aneinanderreihung und Stapelung in drei Lagen definieren sie die vor äußeren Einflüssen schützenden Raumkanten der Halle. Der unkonventionelle Aufbau konnte durch Zugriff auf die hafeneigene Logistik gewährleistet werden. Nach der Ausbesserung und Ausstattung der Container mit Tür- und Fensteröffnungen, Verstärkung der Containerecken, Verschweißen der Einbauten in der Containerreparatur ‚Burchardkai‘, wurden die gebrauchten Container mithilfe von ‚Reachstackern‘ (hafenüblichen Containerstaplern) aufgebaut. In den Containerecken integrierte Twistlocksysteme verbinden die Container untereinander und sorgen für die strukturelle Stabilität. Weiterer Vorteil der Containerbauweise ist die geringe Aufbauzeit von lediglich acht Stunden. Die als Außenwand dienenden Container beherbergen in der unteren Containerlage teilweise notwendige Räume, wie Lager- und Zollflächen, oder Sanitäranlagen. Eine in den Containern ausgesparte Fassadenöffnung dient als „Fenster zur Stadt“ und lässt Ein- und Ausblicke der Besucher zu. Ansicht View Point Containerausbesserung 53 Temporäres Bauen Das beidseitig auskragende, von ‚Werner Sobek Ingenieure‘ geplante Dach, besteht aus mehreren vorgefertigten Modulen, miteinander verbundenen Holzraumfachwerksbindern. Bei Nacht wird die oberseitig aus Paneelen und unterseitig aus Doppelstegplatten geschlossene, gedämmte Dachkonstruktion von innen beleuchtet und ist weithin sichtbar. Nachhaltigkeit Bauarbeiten verwendete Containertypen Die Nachhaltigkeit des Gebäudes wird garantiert durch eine Low- Cost- Ausstattung. Zu dieser gehören lediglich sanitäre Anlagen, Beleuchtung und Versorgung mit Strom. Auf Vollisolierung wurde aufgrund der nur zeitweisen Nutzung bei Anlegen der Kreuzfahrtschiffe ebenso verzichtet, wie auf eine Klimaanlage und Heizung. Bei Bedarf lässt sich die Halle aber mit einfachen Baustellenheizungen beheizen. Durch den Gebrauch der gebrauchten Container als Hauptbauelemente, fallen kaum Herstellungskosten der Baumaterialien an. Das Dach ist wegen seines modularen, demontierbaren Holzfachwerks, sowie der Verwendung wiederverwertbare Verkleidungen aus Glas und Metallpaneelen ebenfalls nachhaltig. Aufgrund kontinuierlich steigender Zahl angemeldeter Luxusliner (2005: 27, 2006: 56) bedurfte es 2006 dem Bau einer demontierbaren zweiten Terminalhalle, welche aber hinter dem Unikatcharakter des Cruise Terminal zurücktritt. Mit Errichtung des endgültigen Überseeterminals, werden das Terminal und die Erweiterungshalle rückgebaut. Der View Point Tower soll an andere Stelle umgesiedelt werden. Fazit 54 Queen Mary 2, Cruise Terminal Das Zurückgreifen auf die gesamte hafeneigene Infrastruktur- vom Werksarbeiter in der Containerausbesserung, dem vorhandenen Aufbaugerät, bis hin zur Verwendung des Hauptmaterials- dem Seecontainern steht das Cruise Terminal im Sinne eines nachhaltigen Gebäudes. Leider ist der hafenbegeisterten Bevölkerung das markante Gebäude unzugänglich so dass hier die Chance Nachhaltigkeit im Bauen zu lehren und erleben, vertan wird. Christian Müller 55 Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte Zwischennutzungen Strandbar am Spreeufer_Berlin 56 Tentstation der Campingplatz _Berlin Projekt: die Torte Architekt: osa Ort: Schirn, Kunsthalle Jahr: 2006 Globalisierung der Wirtschaft, demografischer und struktureller Wandel sowie kurze Nutzungszyklen spezialisierter Gebäude verursachen nicht nur Leerstände und Brachflächen, sie fordern auch Unsicherheiten über zukünftige Nutzungen heraus. Vor diesem Hintergrund sind Zwischennutzungen ein aktuelles Thema in der Stadtentwicklung. Insbesondere die Effekte auf die Stabilisierung oder Imagebildung von Standorten erhalten zunehmend Aufmerksamkeit. Um Schäden von brachliegenden Flächen und leerstehenden Gebäuden durch Vandalismus zu vermeiden werden diese mit einem geplanten Vorhaben zeitlich begrenzt genutzt. Es gibt zwei Arten von Zwischennutzungen die zeitliche und räumliche Zwischennutzung. Zeitlich gesehen gibt es wiederum es zwei Arten von Zwischennutzungen. Die kurzfristige Zwischennutzung bezieht sich in den meisten Fällen auf Nutzungen wie Ausstellung und Trödelmärkte. Die langfristige Zwischennutzung ist die Gestaltung von Grünflächen. Räumlich gesehen unterscheidet man Zwischennutzungen von leerstehenden Gebäuden bzw. Räumen und von Zwischennutzungen von brachliegenden Flächen unterschieden. Leerstehende Ladenflächen bzw. Gebäude wie Fabrikhallen werden im Sinne des Eigentums ,,vermietet“. Der ,,Mieter“ übernimmt nur die entstehenden Betriebskosten für die genutzte Fläche. Dadurch wird der Leerstand bewirtschaftet und eine geplante Nutzung definiert. Für den Vermieter wird eine Beaufsichtigung des Eigenturms ermöglicht und der Mieter kann sein Vorhaben durch geringe Kosten realisieren. Die Zwischennutzung von Brachflächen eines strukturschwachen Stadtquartieres wird umgestaltet und aufgewertet. Gewerbe: Ladenprojekte, Märkte, Gründerzentren Kunst und Kultur: Ausstellung und Installationen, Theaterprojekte, Open Air Kino, Festivals, Zirkus Freizeit: alternative Spielplätze, Übungsräume für Bands, Werksstätten, Minigolf Sport: Bolzplatz, Street ball, Beachvolleyball Grünflächen: Stadtteilparks, Mietergärten Wohnen: Obdachlosen Unterkünfte, Zeltplätze, temporäre Wohnexperimente Gastronomie: Biergarten, Cafés, Imbiss Larin Pchdari Im Folgenden werden zwei Projekte für Zwischennutzungen unterschiedlicher Zeitdauer vorgestellt. Projekt_1: Geburtstagstorte Kunsthalle Schirn von osa_office for subversive architecture Die Arbeitsgemeinschaft osa beschäftigt sich mit der experimentellen Gestaltung und Transformation von Raum in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen. Besonderes Interesse richtet sich dabei auf Räume und Situationen, die durch eine spezifische Unbestimmtheit ein Maximum an Neuinterpretation möglich machen. Die Mitglieder von osa leben und arbeiten an unterschiedlichen Orten. Die Projekte werden in wechselnden Konstellationen im Internet konzeptionell vorbereitet, um dann zu verabredeten Zeitpunkten an realen Orten umgesetzt zu werden. Diese Art von Zusammenarbeit wird als Netzwerkarchitektur bezeichnet. Im Auftrag der Kunsthalle Schirn erhielten osa_office for subversive architecture die Umgestaltung der Fassade für ihr 20-jähriges Bestehens. Anlässlich dieses JUbiläums verwandelt das Gebäude, die bauliche Hülle der Institution, für die Dauer eines Tages zu ihren feierlichen Kerzen über die Silhouette der Stadt erhebt und gleichzeitig auf einem gedeckten Tisch vor dem Haus Platz nimmt. Die Szenerie, das Gesamtbild ähnelt einem Turm ähnlich, ist nur für den Moment eines Tages aufgebaut. Die kurzfristige Nutzung der Gebäudehülle wird als Ausstellung nach außen verlagert mit dem Hintergrund, dass die Kunsthalle sich selbst als ein Ausstellungsobjekt präsentiert. Durch einen minimalem Aufwand an Materialität, Stahlgerüst und Gewebe, ist an der Kunsthalle eine maximale Wirkung der Aufmerksamkeit erzielt worden. Die Fernwirkung der Verhüllung hat den Reichstageffekt, das Gebäude wird selbst zum Kunstwerk. osa_Netzwerkarchitekten osa_Netzwerkarchitekten osa_Netzwerkarchitekten 57 Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte Projekt: Palast der Republik Architekt: raumlabor_berlin Ort: Berlin, Mitte Jahr: 2005 Projekt_2: Bergkristall Palast der Republik von raumlabor_berlin Palast der Republik_DDR_1977 Der Palast der Republik war ein Gebäude am Schlossplatz auf der Spreeinsel im Ortsteil BerlinMitte von Berlin, das auf einem Teil des Geländes des Berliner Stadtschlosses errichtet wurde. Er beherbergte die Volkskammer der DDR und wurde des Weiteren als volksoffenes Kulturhaus genutzt. Die stadtplanerische Entwicklung des Berliner Schlossplatzes ist aufgrund der zentralen Lage des Platzes und der geschichtlichen Bedeutung von Schloss und Palast seit der Wiedervereinigung Gegenstand intensiver Diskussionen. Im Frühjahr 2004 begann die sogenannte „Zwischennutzung“ des Palastes der Republik unter der Bezeichnung Volkspalast. Zu den vielfältigen Nutzungen gehörten Kunstausstellungen und Theateraufführungen, die im nur noch als Rohbau bestehenden Innenraum des Palastes mit Hilfe provisorischer Zuschauertribünen stattfanden. Palast der Republik_2005 Seit dem Februar 2006 wird der Palast schrittweise abgerissen. Der Abriss ist seit Ende 2008 abgeschlossen. raumlabor_berlin ist eine Gruppe für Architektur und Städtebau, ein Wissens- und Ressourcenpool. Neben Architekturaufgaben beschäftigen sie sich auch mit Städtebau, Aktion, Landschaftsarchitektur, Gestaltung des öffentlichen Raumes und künstlerischen Installationen. Das raumlabor_berlin ist kein Architekturbüro, sondern eine Interessengemeinschaft, die gemeinsame Ziele und Inhalte in der Architektur verfolgt. Demzufolge ist das raumlabor_berlin keine Firma, sondern bildet projektbezogene Arbeitsgemeinschaften 58 Palast der Republik_Innenraum mit dem Berg Larin Pchdari Drei Wochen im August hatte die Berliner AusgehSzene eine einmalige Attraktion: eine von jungen Architekten gestaltete Rauminstallationin der RückbauRuine des Palastes der Republik. „Der Berg“ war das letzte Projekt einer Zwischennutzungsinitiative von raumlabor_berlin, bevor der Palast der Republik abgerissen wurde. Fast majestätisch erhebt er sich im Palastinneren. Eingeklemmt zwischen dem Fußboden und dem 30 Meter hohen Dach unterstreicht er die räumliche Größe, die faszinierende Monstrosität der Ruine. Blaue Lampen im Inneren des künstlichen Massivs lassen den tausendkantigen Berg aus 7000 Quadratmetern Plastikfolie und 80 Tonnen Stahlgerüst im Dunkeln strahlen. Der Berg stellt einen hellen Kontrast zum rostigen Stahlskelett der DDR-Ruine dar. Palast der Republik_ der leuchtende Berg Der Gasthof, ein Minihotel, wie aus dem Massiv herausgebrochen, steht vor der Tür. Das Minihotel besteht aus einem Stahlgerüst, die Zimmer sind aus weiß verputzem Sperrholz und die Fenster sind kleine Holzkisten, die mit Plastikfolie oder einem Mosquitonetz bespannt sind. Der Berg ist eine riesige Rauminstallation, die begeh- und erfahrbar gemacht worden ist. Gleichzeitig bildet er auch das Zentrum in dem Gebäude. Mit Hilfe von drei Wegen wird der Zusammenhang des Bergs mit dem Palast und die Diskussion über den Umgang mit dem Gebäude vermittelt. Palast der Republik_ Axonometrie Hotelzimmer Der Palast der Republik ist für temporäre künstlerische Projekte wie der Berg von raumlabor_berlin der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Um den Bereich der historischen Mitte bereits im Vorfeld der zukünftigen Entwicklung zu beleben, werden die hiervorhandenen Räume für den öffentlichen Gebrauch erlebbar und nutzbar gemacht. Die Initiatoren wollen ein Zeichen setzten, was der Palast der Republik für Berlin bedeutet, denn der Palast ist ein Stück Berlin und soll vor dem bevorstehenden Abriss verschont bleiben. Wiedereinmal ist hier durch einen minimalen Aufwand an Arbeit und Materialität eine maximale Wirkung der Aufmerksamkeit erreicht worden. Palast der Republik_ Hotelzimmer mit Ausblick 59 Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte Projekt: Temporäre Kunsthalle Berlin Architekt: Adolf Krischanitz Ort: Berlin Jahr : 2008 Impuls Projekt_1: Kunsthalle Berlin von Adolf Krischanitz In den Jahren 2008 - 2010 zwischen dem Abriss des Palastes der Republik und der Wiedererrichtung des Stadtschlosses, soll die temporäre Kunsthalle von Adolf Krischanitz ein Initial darstellen, das der Kunstszene in Berlin zugute kommen soll. Desweiteren soll es auch ein Forum für die Diskussion einer späteren, dauerhaften Kunsthalle an einem geeigneten Ort sein. Dabei wird zeitgenössische Kunst von internationalen Künstlern, die in Berlin leben und Künstlern, die einen Bezug zu Berlin in ihren Werken herstellen, ausgestellt. Kunsthalle Berlin Hintergrund Im Dezember 2005 fand die Ausstellung „36x27x10“ als letzte Kunstausstellung im ehemaligen Palast der Republik statt. Dort verwies man zum einen auf das Fehlen einer Kunsthalle für zeitgenössische Kunst und zum anderen auf das ungeheure Potential, für welches Berlin als internationaler Standort für zeitgenössische Kunst inzwischen weltweit bekannt ist. Kurz nach dem Abriss setzten sich Coco Kühn (Künstlerin) und Constanze Kleiner (Kulturmanagerin) für die Idee einer temporären Kunsthalle auf dem Schlossplatz ein. 60 Beispiele für die Gestaltung der Außenfassade Bürgermeister Klaus Wowereit sieht die Kunsthalle als Sprungbrett für die Etablierung einer dauerhaften Kunsthalle für die junge Berliner Kunstszene. Momentan zeigen nur der Hamburger Bahnhof und die Neue Nationalgalerie internationale zeitgenössische Kunst. Doch seitdem fast ausschließlich private Sammlungen den Raum einnehmen, haben junge Künstler kein öffentliches Forum mehr. Der junge Nachwuchs wird nur in vielen kleinen Galerien präsentiert, deren Strahlkraft aber eher gering ist. Patricia Gajdzik Konzept Zentrales Thema des Entwurfs war es eine relativ einfache Architektur zu entwickeln, die sich zum einen leicht in kurzer Zeit auf- und abbauen lässt, weil das Projekt nur für zwei Jahre angesetzt ist. Zum anderen sollte die Architektur als Projektionsfläche von Innen und Außen verstanden werden, auf der sich künstlerische Entwürfe einer großen Öffentlichkeit stellen. Die Kunsthalle präsentiert sich frei von architektonischen und städtebaulichen Kontexten. Dadurch wird die Kunst in den Vordergrund gerückt und nicht die Architektur. Durch das Gestalten der Außenfassade mit wechselnden Künstlerprojekten wird bewusst auf die Zeitgebundenheit und die Vergänglichkeit des Projektes verwiesen. Desweiteren erreicht man, dass die Kunst eine enorme Strahlkraft in den Stadtraum entwickelt. Ausstellungraum Ein Aspekt der temporären Architektur liegt darin, dass sie es schafft für einen bestimmten Zeitraum einen Ort in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Kosten und logistischer Aufwand sind im Verhältnis hoch und erfordern zusätzliche Durchgänge im Planungsprozess. Doch gerade der besondere Wert des Temporären besteht darin dem Ort eine neue Aussagekraft zu verleihen und die Leute dazu zu bewegen eine Problematik aus einer anderen Perspektive zu sehen. In diesem Fall hat sich der Architekt die Aufmerksamkeit, die ein temporäres Projekt ausstrahlt zu Nutze gemacht, indem er mit Hilfe einer 20m x56m x11m großen „Box“ die Kunst in den Vordergrund gestellt hat und die Architektur außen vorgelassen hat. Die Schaffung dieses Forums für junge Künstler, wird als Initialzündung für die Entstehung einer dauerhaften Kunsthalle in Berlin gesehen. Mit Hilfe einfacher Mittel konnte dem Fehlen einer dauerhaften Kunsthalle neue Bedeutung beigemessen werden. „White Cube“ - Ausstellungsbereich 61 Lebensdauer und Nutzung: Temporäre Konzepte Experiment Projekt: Japanischer Pavillon Architekt: Shigeru Ban Ort: Hannover Expo 2000 Jahr : 2000 Projekt_2: Japanischer Pavillon von Shigeru Ban Unter dem Leitthema „Mensch-Natur-Technik. Eine neue Welt entsteht.“ präsentieren sich auf der Expo2000 mehr als 180 Staaten. Der japanische Pavillon stellt eine Verbindung zwischen dem Leitthema und dem traditionellen Streben der Japaner nach Harmonie mit der Natur und ihrer Vorliebe für Papier, Holz und andere natürlich Materialien. Shigeru Bans Einsatz von Recycling-Papier als Baustoff war eine Premiere in der Geschichte der Weltausstellungen. Durch die zeitliche Limitierung konnten Baumaterialien eingesetzt werden, welche für dauerhafte Architektur ungeeignet sind. Dadurch erzielte Shigeru Ban neue Raumeindrücke. Mit der Forschung für den Einsatz sparsamer Materialien, insbesondere von Pappe und Bambus begann er schon in den 80er Jahren. Japanischer Pavillon Montage Japanischer Pavillon 62 Ausstellungshalle Material und Konstruktion Das Konzept des Pavillons bestand darin, dass das Material nach der Demontage recycelbar oder wiederverwendbar sein sollte. Die Gitterschalle der Haupthalle ist aus 440 verschnürten Pappröhren konstruiert, die aus Altpapier bestehen und bis zu 40m lang und 12,5cm dick sind. Die Giebelseiten bestehen aus seilverspannten Kartonwabengittern. Aufgrund des starken Kriechverhaltens des Papiers musste die Konstruktion durch gebogene Holzleitern verstärkt werden. Als Gründungskonstruktion wurden die Leitern und die Papprollen mit Stahlrahmen verbunden, welche mit Sand aufgefüllt wurden. Die Dachhaut besteht aus einer fünf-schichtigen, brand- und wasserfesten Papiermembran, die speziell für dieses Projekt entwickelt wurde. Um die Papiermembran komplett verwerten zu können, wurde diese mit Glasfasern verstärkt und mit Polyethylen beschichtet. Polyethylen ist ein wachsartiger Kunststoff, der rückstandsfrei verbrennt und CO2 und H2O als Verbrennungsprodukt hinterlässt. Aus Brandschutzgründen wurde aber letztendlich die Papiermembran noch mit einem üblichen transparenten PVC-Gewebe überzogen. Dieses Gewebe kann aber nicht recycelt werden, weil es bei der Verbrennung giftige Dämpfe freisetzt. Patricia Gajdzik Montage Für die Herstellung des Pavillons musste ein spezielles Bauverfahren entwickelt werden. Besondere Aufmerksamkeit galt den umfangreichen Gerüstbauarbeiten. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus einem Modulgerüst und stufenlos spindel baren Aluminiumstützen. In mehreren Schritten wurden die anfangs flach in einer Ebene liegenden Pappröhren auf einer Arbeitsplattform miteinander verbunden. An genau definierten Punkten wurden diese hydraulisch angehoben, bis sie schließlich nach drei Wochen die gewünschte Form erreicht haben. Ein anderer Bereich der temporären Architektur, wo Shigeru Bans entwickelte Pappröhren-Architektur zum Einsatz kam, beschäftigt sich mit Notunterkünften. Im Jahr 2000 nahm Shigeru Ban an der Biennale in Venedig teil, wo er seine Pappe-Wohneinheiten ausstellte, die er infolge des Erdbebens in Kobe im Jahr 1995 geplant hatte, um das Problem der Obdachlosen auf einfache und wirtschaftliche Art zu lösen. Ziel war es ein Gebäude zu entwickeln, welches billig war, leicht von jedermann zu bauen und es sollte jeglicher Witterung standhalten sowohl im Sommer als auch im Winter. Die Gründung besteht aus Bierkästen, die mit Sand gefüllt sind. Die Wände bestehen aus Pappröhren mit einem Durchmesser von 110cm und sind 4mm dick. Im Endeffekt liegen die Baukosten für 16m² unter 2000 Dollar und die Wohneinheiten können leicht demontiert und recycelt werden. Bei den vorher erwähnten Beispielen wurde das Augenmerk auf die Forschung und das Experimentieren mit neuen Materialien gelegt. In beiden Fällen waren die Ansprüche an das Projekt hoch und konnten im Falle des Japanischen Pavillons nur zum Teil erfüllt werden aufgrund des zusätzlich montierten PVC-Gewebes. Dagegen wurde das Ziel der Wiederverwendbarkeit bei den Paperloghouses erreicht. Durch die gewonnenen Erkenntnisse wurde ein Bewusstsein für die Umwelt geweckt und eine Offenheit für die Verwendung neuer, alternativer Materialien ermöglicht. Paperloghouses Aufbau Paperloghouse 63 64 Carina Dähnert David Malzahn Marcus Bullan Tanja Gödel Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität Architektur entsteht nicht willkürlich, sie ist quasi Mittel zum Zweck und Reaktion auf ein Bedürfnis, wobei diese Bedürfnisse und deren provozierte Reaktionen natürlich ganz unterschiedlicher Natur sein können. Das Grundbedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit, die Thematik des Wohnens spielt dabei eine grundlegende Rolle. Was geschieht nun aber wenn dieses Bedürfnis als Grundlage einer Reaktion sich ändert, wenn das Produkt existiert, die Nachfrage sich jedoch verschiebt, wenn das Wohnen durch Strukturwandel der Bevölkerung anderen Ansprüchen gerecht werden muss. Wie gehen wir mit der vierten Dimension im Leben einer Architektur um, der Zeit? Wie flexibel muss die Architektur sein? Fest steht: Architektur bedeutet Verantwortung. Architektur ist ein komplexes Gebilde aus ökonomischen ökologischen gestalterischen und sozialkulturellen Bausteinen und deren Verzahnungen. Architektur, wenn Sie nicht zu Ende gedacht ist, kann schnell zur Altlast werden. Unsere ausgewählten Beispiele zeigen Möglichkeiten auf wie Wohngebäude und Zeit miteinander umgehen, die Ansätze gehen dabei auf völlig unterschiedliche Schwerpunkte ein. Die Projekte wurden von uns mit Thematiken betitelt um den Grundgedanken schneller erfassen zu können. Projektübersicht: Modulsystem ONV bolig typehuse - ONV architects Wachsende Räume Sozialer Wohnungsbau in Iqique (Chile) - Alejandro Aravena Freie Enteilbarkeit Wohnanlage Mitterweg, Innsbruck (Tirol) - Baumschlager & Eberle Studentenwohnheim, Ørestad – Kopenhagen (DK) Lundgaard & Tranberg, Kopenhagen Frei-Raum Atelierhaus New Loft, Köln-Ehrenfeld - Brandlhuber & Kniess+Partner (b&k+) Nutzungsspontanität Wohnhaus Grieshofgasse, Wien - Helmut Wimmer Architekten Raumaneignung Donnybrook Quarter Housing, London - Peter Barber Architects Gestapelte Kleingartensiedlung, Wien - Helmut Wimmer Architekten 65 Flexibilität Projekt: Fertighaus aus Dänemark 2004 Architekt: ONV architects Dänemark Bauleitung: HP Group Kosten: 84.000 € - 190.400 € (je nach Typ) Modulsystem Das minimalistische Wohnhaus ist in sechs Grundvarianten erhältlich, die individuell gestaltet und um zusätzliche Abschnitte erweitert werden kann. 2 Die vergleichsweisen niedrigen Kosten (1.400€/m ) werden durch einen hohen Grad an Vorfertigung erreicht. Die kleinste Variante wird komplett in der Fabrik erstellt und mit einem Lkw angeliefert, die Größeren sind aus zwei bis vier Teilen zusammengesetzt. Vor Ort werden die Module auf Streifenfundamenten gelagert. Die Holzständerwände des Baukörpers sind außen mit sibirischer Lärche und innen mit Gipsfaserplatten verkleidet. Die Böden sind mit edlen Eschen - oder Natursteinbelag ausgestattet. Konstruktion Die Grundvariante des Hauses ( Typ A) besteht aus 2 2 Modulen und ist 86 m groß (10,10m x 8,40m). Der Grundriss basiert auf einer großen Raumeinheit mit Wohn - und Essbereich, dazu kommt ein Bad und zwei Zimmer. Die Erschließungsflächen sind auf das Nötigste minimiert und erlaubt eine unkomplizierte Erweiterung. Das Modulkonzept macht es möglich 2 2 den Wohnraum bis auf 138 m (inkl. 20 m Terrasse) zu vergrößern. Typ A Typ B Typ C Erweiterungsschemata Grundriss Typ B 66 Schnitt Typ B Typ C Tanja Göbel 67 Flexiblität Projekt: Sozialer Wohnungsbau (93 Häuser) Ort: Iquique (Chile) Architekt: Alejandro Aravena Bauherr: Regionalregierung in Tarapaca, 2 Grundstücksfläche: 5.700 m 2 Kosten: 196 € pro m / brutto Wohnfläche Bauzeit: 1/2004 - 12/2004 Aneignung des Raumes Sozialer Wohnungsbau in Iquique (Chile) Vor mehr als 30 Jahren hatten ca. 100 Familien illegal einen 1/2 ha Land i der Nähe des Stadtzentrums von Iquique besetzt. Inzwischen sind die dort herrschenden Zustände nicht mehr tragbar. Die Aufgabe bestand nun darin, diese 100 Familien auf gleicher Fläche neu unterzubringen. Den Architekten standen jedoch nur 700.000 € zur Verfügung und die Tatsache, dass eine gewöhnliche Herangehensweise bei diesem Projekt nicht möglich war. Vielmehr ging es um innovative Ideen im Bereich der Grundrissgestaltung. Konzept Die zu entwickelnde Grundstruktur soll offen für zukünftige Erweiterungen sein. Das Potential zur Aneignung des Raumes, sieht der Architekt als nicht zu unterschätzende Qualität. Die Ausgangssituation ist für alle Bewohner ist gleich. Auf jeder Parzelle befinden sich jeweils zwei 2 Wohneinheiten mit je 36m . Sowohl ebenerdig, als auch im Obergeschoss gibt es die Möglichkeit zur Erweiterung. Die Bewohner können so ihre nutzbare Wohnfläche verdoppeln. Abb.6: Wohnung horizontal 68 Erweiterungsschemata Wohnung vertikal Schnitt horizontal ( EG, OG, 1.OG) Schnitt vertikal Tanja Göbel Konstruktion Als Voraussetzung für eine spätere Erweiterung, mit den einfachsten technischen Mitteln, muss es eine stabile Grundstruktur geben. Die Häuser wurden in Schottenbauweise konstruiert. Der massive Rohbau besteht aus allen wichtigen Elementen, die es benötigt, dass eine Familie darin leben kann: Küche, Bad, Wohnraum. Auch ohne Erweiterung, ist das Haus bewohnbar. Die Strategie der Architekten war es, den Bewohnern die Möglichkeit zur Aneignung zu geben. Aber immer mit dem Hintergedanken, dass alles auf einer soliden Grundstruktur basiert: geregeltes Wachstum. Wenn dies nicht geschehen würden, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis wieder ähnlich schlechte Lebensverhältnisse vorherrschen würde, wie vor der Neustrukturierung. tragende Konstruktion horizontal tragende Konstruktion vertikal Aneignung des Raumes 69 Flexibilität: Bauen mit festgelegter Nutzung Freie Einteilbarkeit Wohnanlage Mitterweg Projekt: Architekt: Bauherr: Ort: Bauzeit: Wohnanlage Mitterweg Baumschlager & Eberle, Vorarlberg Neue Heimat Tirol - Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungs GmbH Mitterweg 157 / 159 6020 Innsbruck, Österreich 1996 - 1997 Die Wohnanlage Mitterweg wurde am Stadtrand von Innsbruck in unmittelbarer Nähe zum Flughafen errichtet. Die Hauptaufgabe der Architekten bestand darin, einen energiesparenden, kostengünstigen mit hohen Wohnungstandards und Gestaltungsqualitäten versehenen Sozialen Wohnungsbau zu entwickeln, der zwischen dem Naturraum am Inn, den Einfamilienhäusern und den verdichteten Wohnbauten der 60/70er Jahre in der Umgebung vermittelt. Fassadenschichtung und ellyptische Raumkonfiguration Die Architekten entwickelten zwei äußerst kompakte fast kubische Baukörper mit zentraler Erschließung und insgesamt 60 Wohneinheiten auf drei bzw. fünf Geschossen. Charakteristisch für die Wohnanlage ist die tragende Fassade, die von einer vorgesetzten äußeren Fassadenschicht aus Eichenholzrost mit streng geometrische Öffnungen, verdeckt wird. Im Inneren des Baukörpers ist die Tragstruktur aufgelöst in Stützen, die sich um den inneren Erschließungskern anordnen. Der komplette Innenausbau wurde mit Leichtbaukonstruktionen ausgeführt, was ein hohes Maß an Flexibilität in der individuellen Grundrissgestaltung zulässt. Wohnanlage Mitterweg, Südansicht 70 Wohnanlage Mitterweg, Südansicht Pro Geschoss werden 8 Wohneinheiten durch das zentrale Treppenhaus erschlossen. Diese Kernzone wird von oben belichtet und ist mit einer elliptisch gewendelten Treppe ausgestattet, die diesen halböffentlichen Bereich als einen gemeinschaflichen Raum interpretiert. Hingegen stellen die kleinen vorgelagerten Nischen, in denen jeweils zwei Zugänge der Wohnungen liegen, eine mehr auf Privatheit ausgerichtete Zone dar. Eine besondere Qualität bilden die Wände, die leicht konvex zu den vier Nischen schwingen. An diesen zentralen Erschließungskern lagern sich in den einzelnen Wohnungen feste Bestandteile wie Erschließungsstränge, Bäder, Küchen und Nebengelasse an. Alle flexiblen und frei einteilbaren Individualräume sind an die Hauptfassadenschicht angegliedert, vor der sich die umlaufenden Balkone der Wohnungen befinden, die durch die vorgelagerte Fassadenschicht aus Eichenholz- Carina Dähnert Fassade Fassadenausschnitt Erschließungskern rost verdeckt werden. Die Holzhaut nimmt durch ihre haptische Qualität sehr wirksam etwas von der Härte der Baukörper und gewährt den Bewohnern mehr Privatheit. Gleichzeitig werden auch alle individuellen Nutzungen der umlaufenden Balkone und die Tragstruktur der Gebäude versteckt, damit die strenge Geometrie der Baukörper keine deutlich sichtbaren Störungen aufweist. Südostansicht - Wohnanlage Mitterweg Grundriss Regelgeschoss Schnitt - Wohnanlage Mitterweg 71 Flexibilität: Bauen mit festgelegter Nutzung Freie Einteilbarkeit Studentenwohnheim Kopenhagen Konzeptschwerpunkte: _ klare Form _ funktionale Organisation _ ungewöhnliches Konstruktionsprinzip _ expressive Gestaltungsvariationen Projekt: Architekt: Bauherr: Ort: Bauzeit: Kapazität: Studentenwohnheim Lundgaard & Tranberg, Kopenhagen The Tietgenkollegiet Foundation, Rued Langgaards Vej 10 - 18 DK - Orestad, Kopenhagen 2003 - 2006 380 Studenten Das Tietgen-Studentenwohnheim wurde südlich der Kopenhagener Innenstadt, in direkter Nähe zur Universität und in einem erst kürzlich entstanden Stadtteil gebaut. Der Baukörper steht mit seiner zylindrischen Form im Kontrast zur strengen Baustruktur des Stadtteils. Der Entwurf ging als Sieger aus einem Wetbwerb hervor und wurde trotz des Konfliktes mit dem zum damaligen Zeitpunkt gültigen Bebauungsplan umgesetzt. Die Aufgabe der Architekten war es, ein zukunftsweisendes Studentenwohnheim mit der Thematisierung des Wechselspiels von Gemeinschaftlichkeit und Individualität zu entwicklen. Monumentalität für Individualisten Studentenwohnheim Kopenhagen Anordnung der Wohngruppen (Module) 72 Die runde Gebäudeform ist eine Neuinterpretation eines traditionellen, chinesischen Gebäudetyps, der Gemeinschaftlichkeit und Individualität gleichermaßen integriert. Die Monumentalität der Grundform überspielen variierende Fassaden, in denen die unterschiedlichen Tiefen der Wohnräume ablesbar sind. Sie verleichen dem Gebäude einen skulpturalen und kristalinen Ausdruck. Die innere Organisation ist durch die Grundform gegeben. An der Außenseite sind die individuellen Räume und um den zentralen Hof herum, die Gemeinschaftsräume angeordnet. Es gibt drei verschiedene Grundtypen der Zimmer, die unterschiedlich zusammengeschaltet mehr als 30 verschiedene Wohnungstypen (Module) ergeben, die sich radial vom Innenhof aufspannen. Die Rundkonstruktion, aus einer Kombination von Ortbeton, Betonfertigteilelementen und vorgespannten Seilen, schließt 45 zweistöckige, zum zentralen, grünen Innenhof auskragende Betonboxen in drei verschiedenen Größen ein, in denen die Gemeinschaftsräume der Wohngruppen untergebracht sind. Das Erdgeschoss, das ausreichend Platz für Gemeinschaftseinrichtungen wie Werkstätten, Computerräume, Waschmaschinen und Fahrradabstellräume bietet, ist sehr „offen“ gehalten. Massive dreibeinige Rahmen aus Ortbeton stützen die oberen sechs Etagen. Es führen fünf Passagen in den zentralen Innenhof und den vertikalen Er- Carina Dähnert Schnitt schließungstrakten, die das 7-geschossige Gebäude in fünf Segmente teilen. Die oberen sechs Etagen, in denen die Tragstruktur aus Betonfertigelementen besteht, werden ausschließlich als Wohnmodule genutzt, in den sich die Flure, Gemeinschafträume und die großen Balkone zum Innenhof orientieren. Die maximal 12, nach außen zur Umgebung orientierten Zimmer, lassen sich unterschiedlich zusammenschalten und ermöglichen einen hohen Grad an Flexibilität. Um die Tragsicherheit des Baukörpers zu gewähren und zu verhindern, dass das Gebäude aufgrund von Hebelkräften ins Kreisinnere kippt, wurden hochfeste Stahlseile vertikal und horizonzal verspannt. Die Konstruktion ist überall im Gebäude sichtbar und Details, Material und Farben wurden sorgfältig aufeinander abgestimmt. So wirken die Räume hochwertig-solide, klar und einfach. Aufbauphasen - Teilsegmente Aussenfassade Innenfassade Grundriss - Erdgeschoss mit Gemeinschafträumen Grundriss - Wohngruppe (Modul) 73 Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität Architekt: Ort: Bauherr: Statik: Nutung: Bauzeit: Nutzfläche: Kosten: Wohn.-und Atelierhaus Am Kölner Brett Frei-Raum Brandlhuber & Kniess + Partner (b&k+) Am Kölner Brett 2; 50852 Köln Ortner,Schultze,Mertens GbR Führer Kosch Stein Büro, Agentur, Labor,Atelier, Wohnen 1997-2000 1680 qm (140qm/Raummodul) 950€/qm Ort im Wandel Der Stadtteil Ehrenfeld, westlich der Kölner Innenstadt, stellt sich uns als ein sehr heterogenes Gebiet vor. Es dominiert der Wechsel von ehem. Industrieanlagen, welche zu Lofts umgebaut wurden und Wohnbebauung. Ehrenfeld ist geprägt durch eine Durchmischung von Arbeiten und Wohnen, einer lebendigen Kulturszene und der Ansiedelung einer Vielzahl von Künstlern und Grafikern. Das Projekt stellt eine Reaktion auf den vorliegenden Mangel an Industrieeinheiten oder Altbausubstanz dar. Entsprechend des Bedarfs wurde ein Gebäude konzipiert, das Nutzungen aufnimmt, die üblicherweise nur durch Umnutzung bestehender Industrie- und Gewerbeeinheiten in sogenannte „Lofts“ entstehen. Entstanden sind 12 Einheiten, z.T. 2-geschossig Modularer Baukasten Den Grundbaustein setzt ein Raummodul (Stammzelle), welches durch Spiegeln, Drehen und dem Zusammenfügen, eine Matrix aus 12 räumlich identischen Modulen bildet. Das Raummodul besteht aus einer Kombination eines breiten, waagerecht liegenden eingeschossigen und einem schmalen, senkrecht stehenden zweigeschossigen Element ( L-förmig) Konstruktion Installationschacht 74 Der Schottenbau wurde in Ortbeton-Massivbauweise aus tragenden Wandscheiben und Spannbetonfertigteildecken erstellt. Die Grundfläche eines Moduls ist zu einem Drittel zweigeschossig (optional zweite Ebene), zu zwei Dritteln eingeschossig. Im eingeschossigen Teil ist das Einstellen der Sanitäreinheit angedacht, die Leitungen hierfür liegen in den einzelnen Modulen an uns befinden sich in einer Ebene. Sie können im Raum frei verlegt werden. Um individuelle Ansprüche zu realisieren gibt es eine Fülle von Optionen, die auch in Eigenregie der Nutzer verwirklicht werden können. Marcus Bullan Erschließung Das Gebäude wird durch eine abgelöste, untemperierte monolitische Balkon- und Treppenanlage erschlossen. Diese Laubengang-Erschließung ist als Stahl-Beton-Verbund gefertigt, dient sowohl als Erschließungssystem als auch mit eingelassenen Pflanzbeeten dem Aufenthalt im Freien. (halböffentlicher Bereich)Auf den Dachterrassen und Balkonen enstanden durch gezielte Bepflanzung mit Gräsern, Schilf und Bambus neue grüne Freiräume. Fassade Die Fassade präsentiert sich uns teilweise fest verglast, teilweise mit Lüftungsflügeln versehen. Sie wird durch Fassadenelemente aus Skobalit in drei unterschiedlichen Grundformen strukturiert, die ebenfalls neu kombiniert, gespiegelt und variantenreich zusammengesetzt werden. Die Kombination aus Struktur, Raunkhöhe, Erschließung und Leitungsführung ermöglicht, den räumlichen Fluss des Entwurfes und seine Flexibilität in den Schaltmöglichkeiten nicht zu stören. 75 Lebensdauert und Nutzung: Flexibilität Architekt: Helmut Wimmer Architekten, Wien Ortt: Grieshofgasse, Wien Bauträger: Stadt Wien Nutzung: Wohnen Bauzeit: 1993-1996 Wohnhaus Grieshofgasse, Wien Nutzungsspontanität „das Ende der vier Wände“ H. Wimmer Konzept und Ziel dieser Architektur ist die Schaffung von höchster Flexibilität innerhalb der Wohneinheiten. Die Umsetzung findet sich in der Konzeption eines Gesamtraumes. Das Auflösen der Wände und deren Ersatz durch Schiebewandelemente lassen Räume entstehen und wieder verschwinden. Auf diesem Weg lassen sich nutzungsneutrale Bereiche und inszenierte Raumsituationen schaffen. Ergebnis der Überlegungen stellen vier gleichwertige Räume dar, die um eine Verteilerzone gruppiert sind und den Versorgungsbereich festlegen. Die einzelnen Räume haben eine Größe von ca. 16 qm. Das Wesen dieser Architektur besteht nicht aus einer formalen Ausbildung der einzelnen Räume selbst, sondern es entsteht durch die Art und Weise ihrer räumlichen Überlagerung, ihrer Darstellung nach außen und ihrer jeweiligen spontanen (Be-) Nutzung. Die Nutzung kann sich ständig verändern, das Gebäude jedoch immer den aktuellen Zustand wiederspiegeln. Erschließung Das Wohngebäude ist als Zweispänner konzipiert, zwei Wohnungen je Etage werden über ein gemeinsames Treppenhaus erschlossen welches zwischen den Wohneinheiten liegt. Der Fahrstuhl als Element der Barrierefreiheit erweitert die zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten der Architektur. 76 Grundriss Marcus Bullan Nutzungsszenarien Aussenhaut Die Außenhaut selbst besteht wiederum aus einem Denken in Schichten. Sie setzt sich zusammen aus einer zweischaligen Glashaut: außen eine Einfachverglasung, innen eine Isolierverglasung und dazwischen die dem Benutzer zur Verfügung gestellten opaken Schiebetafeln. Ein Flexibilitätsraum der Bewohner. „Wir denken über die Fassade: Die Hülle muss sich anpassen, sich im Gleichklang mit dem Körpergefühl befinden, muss einmal leicht, lichtdurchlässig, offen - extrovertiert, das andere Mal geschlossen, geborgen, sicher - introvertiert sein. Die Hülle soll flexibel sein und nicht wie ein Korsett umschließen. Wir haben uns nicht mehr nur darauf beschränkt, durch das Öffnen oder Schließen der Schiebewandkonstruktionen im Rahmen eines kontinuierlichen Gesamtraumes einzelne Situationen zu ermöglichen. Hier haben wir auch die Raumaußenwand in die Rauminszenierung mit einbezogen. Es obligt dem Bewohner, sich von dem nach außen hin komplett offenen - extrovertierten Raum bis hin zum komplett abgeschlossenen - dem introvertierten Raum alle nur erdenklichen Konstellationen selbst zu wählen.“ 77 Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität Thema: Raumaneignung Projekt: Gestapelte Kleingartenanlage Architekt: Helmut Wimmer Ort: Wien Bauzeit: 2 Jahre Wohneinheiten: 140 Raumaneignung Gestapelte Kleingartensiedlung „Wir nutzen die Terrassen und Vorzonen als geschützten Sitzplatz im Freien...“ Neue Wohnformen – Die Interpretation einer Kleingartesiedlung. Ausführender Architekt ist Helmut Wimmer, er wurde 1947 in Wien geboren und arbeitet seit 1981 als selbstständiger Architekt in Wien. Wimmer war bereits an einigen konzeptionell spannenden Beiträgen zum Wohnungsbau in Wien beteiligt. Er entwickelte beispielsweise ein gestapeltes Einfamilienhaus. Mit seinem Entwurf der gestapelten Kleingartensiedlung geht Wimmer im Geschosswohnungsbau neue Wege. Der für die innerstädtische Lage angebotene Freiraum, ist sehr außergewöhnlich und setzt neue Maßstäbe für zukünftige Projekte. Das Gebäude Abb.1 Das Gebäude ist ein 5 geschossiger Zeilenbau, der über Laubengänge erschlossen wird. 140 Wohneinheiten sind vorgesehen. Konzeptionell ist die Wohnhausanlage als Mehrgenerationenhaus konzipiert. Die Querbelüfteten Appartements variieren von 28m² bis 113m². Auf Barrierefreiheit wurde großen Wert gelegt, alle Wohnungen sind auch mit dem Rollstuhl über ausreichende Lifts zu erreichen. Die Gesamtkosten betrugen etwa 26 Millionen Euro. Das Grundstück liegt im süd-westlichen Randgebiet der Stadt Wien. In der direkten Umgebung dominiert kleinmaßstäbliche Bebauung. Im nördlichen Bereich des Grundstückes befindet sich bereits eine Kleingartenanlage. Das Grundstück liegt an zwei Erschließungsstraßen sowie einer stark befahrenen Hauptstraße, an der es laut Bebauungsplan nicht gestattet ist, Hauptfenster zur Straße zu orientieren. Fünf zeilenförmige Baukörper stehen senkrecht zur Straße und sind in Süd-Ost bzw. Nord-West Richtung orientiert. 78 Abb.2 David Malzahn Die Idylle einer Kleingartensiedlung Wimmers Entwurfsprämisse war es, an der stark befahrenen Breitfurter Straße die Idylle einer Kleingartensiedlung neu zu interpretieren. Dabei soll die Stadtseite, also die Seite zur Hauptstraße, ein der Stadtöffentlichkeit respektvoll entgegentretendes Erscheinungsbild erhalten, gleichzeitig muss der nötige Schallschutz gewährleistet werden, ohne aber eine abweisende Haltung einzunehmen, so Wimmer. Zudem soll eine vielschichtige Gebäudestruktur mit komplexen räumlichen Beziehungen erlebbar gemacht werden. Nach Wimmer also eine gebaute Interpretation der angrenzenden Kleingartenanlage. Abb.3 Die Fassade vereint Schallschutz und Haupterschließung. Wimmers Entwurf äußert sich in 5 zeilenförmig angeordneten Baukörpern, die senkrecht zur Straße liegen. Den Abschluss zur dicht befahrenen Straße bildet eine Spange aus Verbindungsgängen, Stiegen und Aufzügen. In dieser Spange befindet sich die Haupterschließung der Wohnanlage. In allen Geschossen führen Laubengangstege in die Tiefe der Gebäudezeilen. Die 120m lange Lärmschutzfassade besteht aus Glas und erstreckt sich über alle 5 Geschosse. Sie dient als Schallschutzschirm und ist mit einem roten Wald-Motiv bedruckt. Dies ermöglicht einerseits Einsicht in die dahinter liegenden Erschließungswege, andrerseits soll sie mit ihrer Farbenpracht als individuelles Aushängeschild der Wohnanlage dienen, so Wimmer. Abb. 4 Erschließungskonzept. Im Inneren der Wohnhausanlage befinden sich zwischen den Zeilen vier Höfe, von denen zwei den privaten Gärten und Balkonen vorbehalten sind. Die beiden anderen dienen der Erschließung der Wohnungen. Von jedem Fenster der Wohnanlage hat man so einen Blick ins Grüne. Die von der Spange wegführenden Laubengänge spannen zwischen den Zeilen ein Netz aus Wegen und privaten Terrassen. Die Laubengänge sind da Abb. 5 Zwischen den Zeilen liegen vier Höfe, zwei dienen der Erschließung, zwei für private Nutzung. 79 Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität bei so angelegt, dass sie die Zugänge zu den Wohnungen in jeweils zwei Zeilen bilden. Abb.6 Ein Steg erschließt jeweils zwei Zeilen. Zwischen den Laubengängen und den Wohnungen befinden sich auf der einen Seite Aufweitungen, die als kleine Vorzone zu jeweils zwei Wohnungen dienen und auf der anderen Seite große Terrassen, die ebenfalls als Wohnungszugänge dienen und individuell von den Bewohnern genutzt und gestaltet werden können. Der private Bereich beginnt daher schon an der Gartenpforte, die vom Steg betreten wird. Immer zwei solcher Terrassen liegen unmittelbar nebeneinander und sind durch kleine Zäune von einander getrennt. Als Sichtschutz dienen Vorhänge zwischen diesen Terrassen, die von den Bewohnern nach belieben zugezogen werden können. Ein eigenes kleines Stück Kleingarten Genau diese Terrassen, diese undefinierten Räume sind es, die den Entwurf so interessant machen, da es Ähnliches, im Geschosswohnungsbau noch nicht gegeben hat. Abb.7 Individuell genutzte Vorbereiche. Ist der erste Eindruck noch geprägt durch lange Fluchten der Wege und die immer gleiche Wiederholung der Aufweitungen und Terrassen, so bemerkt der Betrachter auf den zweiten Blick die von den Bewohnern individuell gestalteten Wohnvorbereiche. In manchen wurde Kunstrasen verlegt und Blumen gepflanzt. In anderen gibt es kleine Sitzgruppen und Tische und in wieder anderen wird das Kinderspielzeug gelagert. Dies alles verleiht der Anlage eine sehr wohnliche Atmosphäre. Abb.8 Ein kleines Stück Kleingarten für jeden. 80 Die flexibel genutzten Räume vor den eigentlichen Wohnungen, dienen als Erweiterung des eigenen Wohnraumes und werden von allen Bewohnern positiv aufgenommen und ausgiebig genutzt. Es ist kein anonymes Wohnen, was für Wohnanlagen solcher Größe typisch ist, sondern die belebten Vorbereiche erzeugen eine Art Gemeinschaftsgefühl bei den Bewohnern, wie es sonst nur in Kleingartenanlagen außerhalb der Innenstädte vorkommt. David Malzahn 81 Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität Thema: Unspezifische Räume Projekt: Donnybrook Quarter Housing Architekt: Peter Barber Architects Ort: London Bauzeit: Mai 2004 - März 2005 Wohneinheiten: 42 für 130 Einwohner Raumaneignung Donnybrook Quarter Housing „WE’RE NOT DESIGNING A HOUSING SCHEME, WE’RE DESIGNING A PIECE OF THE CITY...“ „Donnybrook Quarter Housing, Städtebau des 21. Jahrhunderts?“ Kaum ein anderes britisches Wohnprojekt des letzten Jahrzehnts erhielt eine so positive Resonanz, wie das neue Donnybrook Quartier. Fachzeitschriften titelten, „die 23 Häuser sind ein leuchtend weißer Magnet für neue Urbanität“. Die außergewöhnliche Architektur mit ihren variantenreichen Wohngrundrissen ist preisgekrönt und mit mehreren Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem mit dem Housing Design Award und dem Royal Acadamy Architecture Price. Ausführende Architekten waren Peter Barber Architekts. Peter Barber ist Engländer. Er gründet sein gleichnamiges Architekturbüro 1989 und arbeitet seitdem an vielen Projekten in Europa und im Mittleren Osten. Abb.1 Im Jahr 2003 fiel der Startschuss für ein neues Wohnquartier im östlichen Londoner Stadtteil Bow. Aus dem, für das Entwicklungsgebiet ausgerufenen internationalen Wettbewerb, an dem sich über 150 Architekturbüros weltweit beteiligten, gingen Peter Barber Architects als Gewinner hervor. Baubeginn war im Mai 2004. Im März 2005 waren alle Baumaßnahmen abgeschlossen. Das aus dem Entwurf entstandene Quartier sieht eine ungefähre Belegung von etwa 130 Einwohnern, verteilt auf 42 Wohneinheiten, vor. Das Angebot reicht dabei von Häusern mit einem und zwei Schlafzimmern, über verschieden große Appartements, bis hin zu Atelierhäusern für kombiniertes Wohnen und Arbeiten. Neue Wege im Städtebau Abb.2 82 Das neu entstandene Quartier hebt sich stark von seiner Umgebung, die durch typische Londoner Townhouse-Architektur sowie Hochhäusern mit schlichter Betonfassade geprägt ist, ab. Zudem fehlen Ähnlichkeiten zu anderen Wohnsiedlungen und Wohnhäusern der heutigen Zeit in England. Dies ist nach Barbers Meinung ein Resultat der aktuellen Entwicklung im Städtebau. Der derzeitige Trend ist, David Malzahn Haus und Stadt von einander zu trennen. Das wird ganz besonders in der Struktur Londons deutlich. Derzeit sind knapp 70% aller Gebäude in London Ein- und Mehrfamilienhäuser. Diese sind meist umzäunt und von der Straße getrennt. Anonyme Hinterhöfe, Mistwege und Straßenräume, wo keiner wirklich weiß wem sie gehören, wo man niemanden kennt und selten jemanden trifft, sind die direkten Konsequenzen einer Trennung zwischen Haus und Stadt. Barbers Entwurf hingegen geht davon aus, dass das Haus eine Erweiterung und ein Ausdruck der Stadt ist und dass man dieses nicht von einander trennen dürfe. Folglich hatte der Entwurf das Oberthema „We’re not designing a Housing Scheme, we’re designing a piece of the city“. Das Hauptthema des Entwurfes ist also die Idee, dass sich die Häuser rund um öffentliche Straßen verteilen um somit das Gefühl einer Gemeinschaft bei den Bewohner zu fördern und Anonymität zu vermeiden. Ziel Barbers ist es dabei, ein Gefühl des Eigentums bei den Bewohnern zu wecken, das über die Grenzen ihrer Häuser und Appartements hinausgehen soll. Es soll Interesse und Verantwortung für das geweckt werden, was sich vor der Haustür abspielt. Zusätzliche architektonische Hilfsmittel, wie beispielsweise viele Fenster in den Fassaden mit Blick auf die Straße, manche gerade Mal so groß, dass eine einzige Person durchschauen kann, sollen die Grenzen zwischen Heim und Straße verwischen. Abb.3 Typische Londoner Townhouse-Architektur umgibt das Enwicklungsgebiet. Abb.4 Gleichzeitig tritt das Quartier nach außen hin als „Gated Oasis“ auf, wie Barber sagt, also als eine Art geschützte Oase, um so die heutigen Sicherheitsbedürfnisse eines modernen Wohnumfeldes zu gewährleisten. Neues Leben für Straßen und Plätze Das Entwurfsgebiet wird durch zwei Straßen geteilt, die mit den umliegenden Straßen verbunden sind. Der Entwurf sieht 42 separate Wohneinheiten vor, die von 1-Schlafzimmer- Appartements bis 4-Schlaf Abb.5 83 Lebensdauer und Nutzung: Flexibilität Abb.6 Standard-Gebäudeblöcke mit Zugang zur Straße. zimmer- Familienhäuser reichen. Die vorderen Türen der Wohneinheiten öffnen sich zur Straße hin, zudem hat jede Wohneinheit ein kleines Stück „Platz im Freien“, was sich als Innenhof oder Terrasse äußert. Den Hauptgebäudetyp des Entwurfes bilden die Standard-Gebäudeblöcke, die im Erdgeschoss ein Zwei- Bett Appartement beinhalten. Im zweiten Stockwerk befindet sich ein Zwei-Bett MaisonetteAppartement. Die Erdgeschoss-Appartements besitzen einen ebenerdigen privaten Außenbereich. Die Maisonettes besitzen einen privaten Treppenaufgang, der zu einem Hof bzw. Terrasse führt. Die Form und Anordnung des Entwurfes geben dem Ganzen eine kantige und eckige Erscheinung, dies dient zur Auflockerung der intensiven weißen Außenwände der Häuser. Das hell leuchtende Weiß, das sich über den ganzen Entwurf erstreckt, dient wiederum dazu, an manchen doch sehr dunklen Stellen sowie Terrassen die benötigte Beleuchtung zu gewährleisten. Die Terrassen dienen als intime Rückzugsorte im Innenraum. Das Leben soll auf den Straßen und Plätzen des Quartiers stattfinden. Abb.7 Jede Wohneinheit besitzt einen kleinen „privaten“ Bereich. 84 Abb.8 Das Leben findet auf den Straße statt. Barber geht damit neue Wege im Städtebau. Anders als in anderen Wohnquartieren, wird der Straßenraum nicht als anonymer Verkehrsraum wahrgenommen, sondern soll als Erweiterung des eigenen Hauses verstanden werden. Öffentlicher Außenraum sowie die privaten Höfe und Terrassen, dienen dabei als flexible Räume für die unterschiedlichsten Nutzungen. Man identifiziert sich so nicht nur mit seinem Haus, sondern mit dem ganzen Quartier, anders als bei anonymen Wohnhäusern, entsteht hier eine persönliche Bindung ans Quartier und seine Bewohner, was einen zusätzlichen Effekt nach sich zieht. Es steigert die Nutzungsdauer erheblich, denn wie schon ein bekanntes Sprichwort sagt: „Da wo man sich wohl fühlt, da lässt man sich nieder“. David Malzahn 85 86 9LNWRULD6FKRFN6WHIDQLH:ODGLND%LDQFD.XKQ-XOLD Schönbrunn Nutzungsoffenes Bauen Eine Planerische Strategie des nachhaltigen Bauens stellt das Nutzungsoffene Bauen dar. Es verlängert die Lebensdauer eines Gebäudes und nutzt damit länger die im Gebäude eingesetzten Ressourcen. Daher sollten Planer und Architekten /HEHQVGDXHU1XW]XQJVÀH[LELOLWlWJHZlKUOHLVWHQ Im Einzelnen bedeutet dies das „Einplanen“ von Nutzungsänderungen im Lebenszyklus eines GeElXGHV,QGLHVHU$UEHLWVROOHU|UWHUWZHUGHQwie gut sich Gebäude gestalten lassen um eine höchstmögliche Nutzungsneutralität zu erzielen. Lebensdauer Betrachtet man die durchschnittliche LebensdauHUGHU7HLOV\VWHPHYRQ*HElXGHQVRVFKZDQNHQ diese stark aufgrund ihrer physischen Beschaffenheiten und natürlichen Eigenschaften: Das Gebäudeumfeld,PLWZHLWEHU-DKUHQ/HEHQVOlQJH ist das stetigste aller Teilsysteme von Gebäuden. 7UDJZHUN)OXFKWWUHSSHQXQG*HElXGHNHUQHKDEHQ im Vergleich dazu eine Lebensdauer von mehr als -DKUHQ'LH*HElXGHKOOH)DVVDGH'DFKGLH GHQJU|WHQ:LWWHUXQJVHLQÀVVHQDXVJHVHW]WVLQG als auch die Haupttrassen der Gebäudetechnik EHUGDXHUQLP0LWWHOQXUQRFKELV-DKUH (LQHZHLWDXVJHULQJHUH+DOWEDUNHLWEHVLW]HQGLHLP *HElXGHDQJHVLHGHOWHQ1XW]XQJHQ:RKQHQ$UEHLWHQ9HUNDXIZlKUHQGXUFKVFKQLWWOLFK-DKUHQ ZlKUHQGGLHLP,QQHQUDXPHLQJHVHW]WHQ0DWHULDOLHQXQG2EHUÀlFKHQHLQH'DXHUKDIWLJNHLWYRQ FD-DKUHQEHVLW]HQ'DUDXVOlVVWVLFKVFKOLHHQ dass die Planung eines nachhaltig konzipierten Gebäudes eine besondere Berücksichtigung von 1XW]XQJVZHFKVHOLQQHUKDOEGHUgesamten Lebens]HLWHLQHV*HElXGHVHUIRUGHUW)ROJOLFKEHWUDFKWHW nachhaltiges Planen nicht nur das Errichten eines *HElXGHVVRQGHUQHEHQVRGLH,QVWDQGKDOWXQJ Nutzung und Umnutzung. Teilaspekte im Nutzungsoffenen Bauen sind die ÀH[LEOH%HVSLHOEDUNHLWYRQ6WUXNWXUHQEHVWLPPWH XQGRIIHQH(OHPHQWHLP*UXQGULVVGHV*HElXGHV PD[LPDOH1HXWUDOLWlW)OH[LELOLWlWEHUJU|HUH*HVFKRVVK|KHQQXW]XQJVRIIHQH$FKVUDVWHUXQGJQstige Installationsführung. Quellen: '(EHUOH9RQGHU6WDGW]XP+DXV6 87 Nutzungsoffenes Bauen 7KHPD)OH[LELOLWlW Projekt: e-science-lab Architekt: Baumschlager-Eberle-Architekten Ort: ETH Zürich %UXWWRJHVFKRVVÀlFKHPð %DXNRVWHQ0LR&+) Installation und Achsraster $EE(VFLHQFHODEGHU(7+=ULFK 88 $EEQXW]XQJVQHXWUDOH=RQHKHOOJHOE$FKVUDVWHU Am Beispiel des e-science Lab der ETH Zürich NDQQPDQJXWHUNHQQHQZLHÀH[LEOH%HVSLHOEDUkeit und eine intelligente Installationsführung eine zukünftige Umnutzbarkeit für das Gebäude ermögOLFKHQ'DV*HElXGHLVWVRJHSODQWXQGJHVWDOWHW GDVVHVDXVUHLFKHQGUlXPOLFKH)OH[LELOLWlWOLHIHUW und variierende Raumaufteilungen und Möblierung zulässt. Baumschlager-Eberle entscheiden sich für eine nutzungsneutrale Raumzone entlang der $XVVHQIDVVDGH$EE$OOHWUDJHQGHQ6WW]HQ HQWODQJGHU)DVVDGHIROJHQHLQHP$FKVUDVWHUGHP DXFK]ZHLPDVVLYH7UHSSHQ)OXFKWXQG9HUVRUgungskerne folgen. Der gesamte ringförmige Raum LVWVWW]HQIUHLXQGGDPLWIUHLWUHQQEDUIUZHFKVHOQGHSURMHNWRULHQWLHUWH)RUVFKXQJVODERUHLKUH(UVFKOLHXQJ%HOLFKWXQJXQG9HUVRUJXQJVVWUXNWXU 'LH*OHLFKEHKDQGOXQJDOOHUÀH[LEOHQ5DXPHLQKHLWHQHU]HXJW1HXWUDOLWlWIUGLH1W]ÀlFKHQXQGYHUKLQGHUWGDV(QWVWHKHQEHYRU]XJWHURGHUQXW]XQJVJHEXQGHQHU5lXPH-HQDFK%HGDUIODVVHQVLFK große oder kleine Raumkompartimente mit nur geULQJHPEDXOLFKHP$XIZDQGJHQHULHUHQ'LHGXUFK GLH5DXPVWUXNWXUJHVFKDIIHQHQÀH[LEOHQ5lXPH fordern aber auch von den Planern eine gezielte – auf räumliche Änderungen angepasste – VersorJXQJVVWUXNWXUIU0HGLHQNDEHO/IWXQJ%HOLFKWXQJ und Gebäudetechnik der Raumeinheiten. Die gebäudetechnische Ausrüstung kann nach 1HXRUGQXQJGHU0RGXOHEHOLHELJYDULLHUWZHUGHQ So entscheiden sich die Gebäudetechnikplaner Laubner IWISA AG unter anderem für eine modular aufgebaute Gebäudeausrüstung. Die Versorgung LQGHQ*HVFKRVVHQLVWVRZHLWVWDQGDUGLVLHUWDXIJHEDXWVRGDVVHLQH=XRUGQXQJYRQWHFKQLVFKHQ Ausrüstungsmodulen völlig frei erfolgen kann (Abb. 'LH6FKDOWHU)KOHUXVZNRPPXQL]LHUHQEHU )XQNPLWGHU*HElXGHDXWRPDWLRQXQGN|QQHQIUHL RKQH9HUNDEHOXQJSODW]LHUWZHUGHQ(QWODQJGHU 5LQJOHLWXQJHQDQGHU)DVVDGHQVHLWHEH¿QGHQVLFK LQMHGHP6WDQGDUGPRGXOMHHLQ.KOXQGHLQ+HL]ventil. So ist jede kleinste Raumeinheit mit eigenem Mikroklima steuerbar. Im Quellluftinduktionssystem $EEZLUGMHGH5DXPHLQKHLWPLWIULVFKHU=XOXIW -XOLD6FK|QEUXQQ EHUGHQ9HUVRUJXQJVULQJYHUVRUJW'LH$EOXIWZLUG EHUHLQHhEHUVWURP|IIQXQJYHUGUlQJW'LHÀH[LEOH 5DXPVWUXNWXUHUIRUGHUWDXFKHLQHQÀH[LEOHQ=XJULII auf Daten- und Elektrokabel. Daher ermöglicht das Elektro- und Datenkanalsystem eine Versorgung der Arbeitsplätze unabhängig von ihrer RaumaufteiOXQJ,QHLQHP6WDQGDUGPRGXOEH¿QGHQVLFKVHFKV '1.DEHOVFKlFKWHGLHMHQDFK5DXPNRQVWHOODWLRQLQ%HWULHEJHQRPPHQZHUGHQN|QQHQ$EE 'HUVWUXNWXUHOOH$QVDW]HUP|JOLFKWK|FKVWH)OH[LELlität auf Nutzungsänderungen. Gerade im Bereich GHU)RUVFKXQJVODERUHYHU]LFKWHWPDQEHZXVVWDXI komplizierte Grundrisse und entscheidet sich zuJXQVWHQGHU)OH[LELOLWlWIUHLQHNODUHHLQIDFKHXQG neutrale Gebäudestruktur. Versorgungselemente ZHUGHQ]HQWUDOLVLHUWXQGJHEQGHOWLQ6FKlFKWHQ geführt und Versorgungspunkte regelmäßig bereitgestellt. Dies hat für die Lebensdauer des GeElXGHVGHQ9RUWHLOGDVVDXFKGLH:DUWXQJRGHU 0RGHUQLVLHUXQJGHV*HElXGHVZHQLJHUNRPSOL]LHUW und besser planbar ist. Nebst anderer baulicher Maßnahmen in Sinne der Nachhaltigkeit ist es be]HLFKQHQGIUGDV)RUVFKXQJVJHElXGHGDVVHVLP gesamten Planungsprozess als ein Gebäude von 'DXHUKDIWLJNHLWEHWUDFKWHWZXUGH $EE9HUWLNDOVFKQLWW $EE*UXQGULVV6WDQGDUGPRGXO $EE4XHOOOXIWLQGXNWLRQXQG:lUPHUFNJHZLQQXQJ Quellenverzeichnis: DOOH2QOLQHTXHOOHQ6WDQG '(EHUOHVon der Stadt zum Haus,6 KWWSZZZKRFKSDUWHUUHFK¿OHDGPLQ3')(7+B(6FLHQFH/DEB Projektdaten.pdf KWWSZZZVLDFKFIUHIHUHQ]GHWDLOFIP"5HI1U KWWSZZZEDXQHW]GHPHOGXQJHQ0HOGXQJHQ/DERUQHXEDXBLQB =XHULFKBHURHIIQHWBKWPO KWWSZZZEDXQHW]GHPHOGXQJHQ0HOGXQJHQB*UXQGVWHLQB IXHUB(6FLHQFHB/DEBLQB=XHULFKBKWPO KWWSZZZDUFKLWHNWXUWHFKQLNFK:HELQWHUQHWD[WQVI%%' '))'((&$&%¿OH$7+LWB SGI"2SHQ(OHPHQW KWWSZZZODXEHULZLVDFKEXFKLQGH[KWPO6IKWWSZZZ KDXVEDXPHVVHFKZHEPHGLHQ3UDVHQWDWLRQB06XO]HUB,QIRUPDWLRQ6FLHQFH/DEB(7+=XULFKBSGI $EE9HUVRUJXQJVV\VWHP5LQJRUJDQLVDWLRQ 89 Nutzungsoffenes Bauen 7KHPD)OH[LELOLWlW 3URMHNW%78&RWWEXV$WHOLHUVGHU)DN,, $UFKLWHNW$UFKLWHNWXUZHUNVWDWW&RWWEXV 2UW&RWWEXV Nutzungsneutralität = Raumneutralität $EEDXI$FKVUDVWHUEDVLHUHQGH1XW]XQJVYDULDWLRQHQ 90 Die Ateliers der Brandenburgischen Technischen 8QLYHUVLWlW&RWWEXV)DN,,ZXUGHQLP=XJHHLQHV Umbaus als nutzungsoffene Atelierräume gestaltet. 'LH1XW]XQJVÀH[LELOLWlWZLUGGXUFKHLQHQRIIHQHQ *URUDXPJHZlKUOHLVWHWGHUYHUVFKLHGHQH1XW]XQgen und unterschiedliche Möblierungsvarianten im =HLFKHQVDDOHUP|JOLFKW$EE Dabei dienen im Besonderen die Spindschränke und Schreibtische als Raumteiler. Die offene RaumVWUXNWXULVWMHGRFKZHQLJHUÀH[LEHODOVVLHDXIGHQ HUVWHQ%OLFNVFKHLQW,P9HUJOHLFK]XU%DXZHLVHDP e-science Lab ist diese Art von Raumtrennung eher $XVGUXFNHLQHUÀH[LEOHQ5DXPQXW]XQJDEHUQLFKW auf Nutzungsänderungen ausgelegt. Das Achsra- -XOLD6FK|QEUXQQ ster von 4 auf 6 Metern orientiert sich an der Standardgroße von Arbeitstischen. Die Möblierungsvarianten sind dadurch eher beschränkt. Das Atelier ist GXUFKGLH6WW]HQIKUXQJLQ/lQJVVFKLIIHJHWHLOW Das Mittelschiff stellt aufgrund der abgehängten $NXVWLNGHFNHHLQHQZHQLJHUJXWEHOLFKWHWHQ$UEHLWV%HUHLFKGDUXQGVLFKHUWQLFKWGLH*OHLFKEHrechtigung aller möglichen Arbeitstischstandorte. Darüber hinaus verringert das Beleuchtungskon]HSWGLH)OH[LELOLWlW'LH+lQJXQJGHU/DPSHQ JHZlKUOHLVWHWHLQHDXVUHLFKHQGH$UEHLWVSODW]EHOLFKWXQJQXUZHQQVLFKGLH$UEHLWVSOlW]HXQPLWWHOEDU XQWHUGHQ/HXFKWHQEH¿QGHQ'HP]XIROJHLVWDXFK die Möblierungsvariation stark eingeschränkt. 'HQQRFKZlUHHLQHUHODWLYNRVWHQXQGHQHUJLHXQDXIZHQGLJH8PJHVWDOWXQJGHV%HOHXFKWXQJVNRQ]HSWVP|JOLFK'LHVKLQJHJHQHUZHLVWVLFK VFKZLHULJHUEHLGHUEULJHQ*HElXGHWHFKQLN'LH +HL]N|USHUGLHVLFKMHZHLOVDQGHQDXHQOLHJHQGHQ 6WW]HQUHLKHQVLQGQLFKWEHZHJOLFK:lKUHQGPDQ im e-science Lab in Zürich mit einem QuellluftindukWLRQV\VWHPIUGLH.OLPDWLVLHUXQJGHU$UEHLWVUlXPH VRUJWJUHLIWPDQLQ&RWWEXVDXIHLQHQNRQYHQWLRQHOlen und kostengünstigeren Heizkörper zurück. Auch hat man bei dem Bereitstellen von VersorgungsXQG0HGLHQOHLWXQJHQ/LFKW(OHNWUL]LWlW+HL]XQJ XQG1HW]ZHUNQLFKWEHUFNVLFKWLJWGLH,QVWDOODWLRQVVFKlFKWHÀH[LEHO]XJHVWDOWHQ'LH/HLWXQJHQ XQG.DEHOIROJHQGHP6WW]UDVWHUXQGHQGHQDQ GHQ6WW]HQEHU6WHFNGRVHQE]ZGLH+HL]N|USHU $EE)ROJOLFKLVWPDQJH]ZXQJHQEHL5HSDUDturen den Holzboden erst zu entfernt um die MeGLHQNDEHOXQG/HLWXQJHQ]XHUUHLFKHQDQVWHOOHGHU Installation von Reversionsklappen zur Wartung HLQ]XODJHUQ=XVDPPHQIDVVHQGLVW]XVDJHQGDVV 5DXPQHXWUDOLWlWQLFKW]ZLQJHQGPLW1XW]XQJVQHXtralität gleichzusetzen ist. $EE1XW]XQJVQHXWUDOH5lXPH $EE7LVFKEHOHJXQJLQHLQHPGHU6HLWHQVFKLIIH Quellen: $EE *UXQGULVVGDUVWHOOXQJ HQWQRPPHQ KWWSZZZOVDRHWX FRWWEXVGH6WDQG $EE]HQWUDOLVLHUWH9HUVRUJXQJ1HW]ZHUNPHGLHQ 6WURP+HL]XQJ 91 Nutzungsoffenes Bauen Projekt: Architekturschule Architekt: Anne Lacaton & Jean-Philippe Vassal Ort: Nantes, Frankreich Fertigstellung: 2009 Kosten: 13,6 M € Bespielbare Struktur Abb. 1: Rendering Eingangssituation Abb. 2: Schnitt Abb. 3: Grundrisse Ebene 1 Ein wichtiges Kriterium des nutzungsoffenen Bauens ist die flexible Bespielbarkeit der Struktur. Lacaton &Vassal haben sich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt und in mehreren Studien auseinander gesetzt. Ihre Entwurfshaltung zeigt deutlich, dass die Lebensdauer ihrer Gebäude über die zunächst vorgesehene Nutzung hinausgeht und dass man hier schon während des Entwurfsprozesses eine Nutzungsänderung einbezieht. In einer Studie zum Thema des sozialen Wohnungsbaus hat dieses Büro nachgewiesen, dass es wirtschaftlich und sozial effizienter ist die Wohntürme der 60er und 70er Jahre durch Sanierung an den heutigen Lebensstandard anzupassen. Interessant ist auch das hier vorliegende Projekt, eine Architekturschule in Nantes. Das Konzept sieht vor eine einfache, teilweise vorgefertigte Stützenplattenkonstruktion aus Betonelementen mit Funktionen zu bespielen, die wiederum erweiterbar oder veränderbar sind. Vom Gebäudetypus der Grundstruktur hat man sich hier an Parkhäusern orientiert. Es gibt eine Rampe, die alle 3 Ebenen erschließbar macht. Die Geschosshöhe von 9 m auf der ersten Ebene und 7 m auf den beiden weiteren Ebenen erlaubt es flexible Stahlrahmenkonstruktionen einzubauen, die wiederum die Ebenen in Zwischenebenen einteilen. Die Stützenspannweite der Primärkonstruktion beträgt 11 m und erleichtert funktionale Änderungen. Auf dem Schnitt in Abb. 2 erkennt man die Einteilung in Grundprogramm, flexible Flächen und Luftraum, den man durch weitere Einbauten wiederum nutzbar machen kann. Eine durchlässige und offene Fassade soll das Innere des Gebäudes preisgeben. Man hat hier bewusst auf eine Aufsehen erregende Fassade verzichtet, um wiederum eine nachträgliche Änderung der Nutzung und Struktur zu erleichtern. 92 Abb. 4: Grundrisse Ebene 2 Zusätzlich stellt sich das Architekturbüro eine temporäre Nutzung wie zum Beispiel auf der Dachebene vor. Nutzungsszenarien wie Flohmär- Viktoria schock kte, Ausstellungen oder sogar als Winterruheplatz eines Zirkuszeltes wären vorstellbar. Zudem lässt die flexible Struktur Raum offen für eine Programmänderung oder Erweiterung der Schule. Vorgesehen sind im Programm insgesammt 26 000 m² Nutzungsfläche. Diese teilt sich in 12 500 m² vom Programm geforderte Fläche, 5 500 m² Flächenreserve im Inneren und 8 000 qm Außenfläche auf. Abschließend kann man sagen, dass die Wesenszüge dieses Gebäudes, nämlich die flexible Struktur, die einzigartige Erschließung über die Rampe und die veränderbare Fassade, positive Tendenzen aufweisen. An diesem Projekt kann man erkennen, dass man sich immer mehr dessen bewusst wird, dass man Gebäude nicht nur primär für eine Nutzung planen muss. Wie man am Beispiel sieht, erlaubt die Rampe sogar eine Nutzung als Parkhaus oder Einkaufszentrum, sollte jemals die Nutzung als Architekturschule nicht mehr wirtschaftlich effizient sein. Man kann nur hoffen, dass man zukünftig mehr Projekte dieser Art realisieren wird. Abb. 5: Grundrisse Ebene 3 Abb. 6: Collage Außenraum / Eingangsbereich Abb. 7: Perspektive Innenraum 93 Nutzungsoffenes Bauen Projekt: Centre Pompidou Architekt: Renzo Piano u. Richard Rogers Ort: Paris, Frankreich Fertigstellung: 31.1.1977 Kosten: 76 M € Kosten Renovierung: 90 M€ Bespielbare Struktur „Das Centre Pompidou ist eines der bekanntesten und umstrittensten Paradigmen der Architektur des ausgeheneden 20. Jahrhunderts. ... In der Tat ist es ein Manifest der späten Moderne mit ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, mit der Integration von Entwurf und Technologie mit dem unerschütterlichen Glauben an totale Flexibilität.“ aus R. Burdett, Richard Rogers - Bauten und Pojekte Blick auf die Ostfassade Isometrie des Centre Pompidou von Rogers & Piano 94 Konzeptskizze der Architekten Das Konzept zum Centre Pompidou war zu seiner Zeit revolutionär. Angelehnt an die Ideen von Archigram und Cedric Price entwickelten Richard Rogers und Renzo Piano eine „Kreativitätsmaschine“, die durch seine Struktur und sein urbanes Erscheinungsbild aus dem Stadtumfeld heraus sticht. In der Ausschreibung zum Wettbewerb für ein Museum der zeitgenössischen Kunst verlangte man auf engstem Raum eine hohe Nutzfläche mit unterschiedlichstem Charakter und einer Nachhaltigkeit im Stadtbild. Das Gebäude sollte ein Stadtfeld belegen, das seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts leer stand. Der städtebauliche Ansatz der beiden Architekten, einen öffentlichen Raum zu schaffen, der die zeitgenössische Kunst einem jeden näher bringen sollte, war ein geschickter Schachzug und brachte den beiden Architekten den Sieg des Wettbewerbs ein. Das Konzept sah von vornherein vor, dass an der funktionalen Fassade große Informationsbildschirme angebracht werden sollten, die jeden Vorbeiströmenden mit Eindrücken der zeitgenössischen Kunst locken sollten. Dieser Gedanke scheiterte am Budget und man kann heute nur schwer sagen, ob das dem Gebäude geschadet hat oder nicht, denn diese überdimensionalen Bildschirme hätten den Blick auf die raupenartigen Rolltreppen verdeckt. Durch die Wahl von 3m hohen Deckenträgern konnten die Architekten einen stützenlosen Innenraum gewährleisten. Alle gebäudetechnischen und erschließungstechnischen Funktionen wurden an die langen Ost- und Westfassaden verbannt. Flexibilität und Effektivität liegen diesem Entwurfsgedanken zugrunde. Man wollte dem Gebäude eine Anpassungsfähigkeit schenken, die auf die jeweiligen Veränderungen in der Welt der Kunst und Ausstellungen reagieren kann. In diese Struktur können unterschiedliche Kisten, Ebenen und Geschossdecken eingehängt werden und somit kann der Raum je nach Bedarf verändert werden. Das Gebäude hat eine Abmessung von 169 m auf 60 m. Es hat eine Höhe von 42 m. Pro Ebene hat Viktoria Schock man 13 Gerberträger, die jeweils 12,9 m voneinander entfernt sind und 7 500 m² Platz schaffen. Alle Aufzüge und Treppen der Haupterschließung liegen an der Westseite, nur einige Fluchttreppen sind an der Ostfassade angebracht. Farblich gekennzeichnet sind die Lüftungsrohre in blau, das Wassersystem in grün, die elektronische Versorgung in gelb und die Transportwege in rot. Man erwartete ca. 5 000 Besucher und wurde dann letztendlich von 25 000 Kunstbegeisterten pro Tag überrollt. Diese sehr hohen Besucherzahlen führen natürlich auch zu starken Gebrauchsspuren. Aus diesem Grund musste man von Oktober 1997 bis Januar 2000 das Gebäude für Renovierungsarbeiten schließen. Man beschloss das gesamte Museum zu erneuern. Viele Beläge wurden ausgetauscht, wie zum Beispiel der Teppich im Foyer. Zudem wurden Nutzungsbereiche neu konzipiert. Man hat dem Museum und der Bibliothek mehr Raum zugesprochen und Verwaltungsräume ausgelagert. All diese Reparaturarbeiten waren auf Grund der Flexibilität und der Anpassungsfähigkeit der Struktur leicht durchzuführen, jedoch beliefen sich die Kosten auf rund 90 M €. Auf den Bildern auf der rechten Seite kann man das Foyer vor und nach der Renovierung sehen. Auf dem unteren Foto kann man im Hintergrund das neue graphische Leitsystem des Ateliers „Integral“ sehen, das dem Besucher den Weg durch das Gebäude erleichtert. Die öffentliche Bibliothek im Inneren des Centre Pompidou ist einzigartig in ganz Frankreich und stellt den Besuchern 14 Regalkilometer Bücher zur Verfügung. Dieses Beispiel zeigt wie wichtig eine flexible Struktur auf Grund ihrer langen Lebenszeit für die Nachhaltigkeit eines Gebäudes ist. Das Centre Pompidou bietet eine komplett stützenfreie, große Ausstellungsfläche und zudem funktional klar gegliederte Erschließungs- und Versorgungskerne, was eine Umnutzung erleichtert und eine lange Lebenszeit garantiert. schematischer Grundriss Querschnitt Blick in das Foyer vor der Renovierung Blick in das Foyer nach der Renovierung 95 Nutzungsoffenes Bauen Lichte Raumhöhe Abb. 1: Lichte Raumhöhen im Gründerzeithaus 96 Abb. 2: Lichte Raumhöhen Chicago School Hochhaus Der Aspekt der lichten Raumhöhe ist ein wichtiger Bestandteil des nachhaltigen Bauens. Die lichte Raumhöhe ermöglicht eine maximale Nutzungsoffenheit der einzelnen Ebenen. Sie gewährleistet, dass diese mit einem breiten Spektrum an Nutzungsarten bespielt werden können. Ebenso gewährleistet sie, dass entweder die ganze freie Fläche oder einzelne unterteilte Bereiche für die jeweilige Nutzung verwendbar sind. Hinzu kommt, dass eine nachhaltige lichte Raumhöhe den nachträglichen Einbau und die Anpassung gebäudetechnischer Anlagen an den Stand der Zeit ermöglicht, ohne den Nutzungskomfort der Räume einzuschränken. Gleichzeitig sind die lichte Raumhöhe und ihre Nutzungsflexibilität eng mit der Tragkonstruktion des Gebäudes verbunden. Ohne eine Optimierung der Konstruktion, wären diese Variationsmöglichkeiten nicht gegeben. Welche lichten Raumhöhen haben sich bisher als nachhaltig erwiesen? Um diese Frage, beantworten zu können werden ein Gebäude der Gründerzeit (Abb. 1), ein Gebäude der Chicago School (Abb. 2) und ein Neubau (Abb. 3), der mit dem Anspruch der Nachhaltigkeit geplant wurde, miteinander verglichen. Gründerzeitbauten gelten heutzutage als nachhaltig. Ihre großen Raumhöhen, die zwischen 3,00 Meter und 3,50 Meter liegen zeichnen sich durch ihre angenehme Atmosphäre, als auch durch eine flexible Nutzung aus. Dieser Gebäudetyp wird in den ersten beiden Geschossen oft für Geschäfts- und Wohnzwecke genutzt, während die oberen, niedrigeren Etagen meist dem Wohnen vorbehalten sind. Die Verwaltungsgebäude der Chicago School zeichnen sich durch unterschiedliche Raumhöhen aus. Das erste und das zweite Geschoss gelten als „Basis“ des Hauses und weisen lichte Raumhöhen zwischen vier und fünf Meter auf. Die nachfolgenden Geschosse werden als „durchgehender Schaft“ bezeichnet. Ihre lichten Raumhöhen rangieren zwischen 3,30 Meter und 3,50 Meter. Abgeschlossen wird das Gebäude durch die „Kapitelletage/n“. Sie haben eine lichte Raumhöhe von ca. vier Meter. Vergleichen wir nun diese gewonnenen Höheninformationen mit den lichten Raumhöhen der beispiel- Stefanie Wladika haft herangezogenen „Villa Menti Plaza“ von Baumschlager-Eberle. Die ersten drei Geschosse sind dem Wohnen oder Arbeiten und die Etagen vier bis schs ausschließlich dem Wohnen vorbehalten. So kann man erkennen, dass die 3,80 Meter im Arbeits- und Wohnbereich durchaus vergleichbar mit der lichten Raumhöhe der Kapitelletage des Chicago-School Gebäudes ist. Die Wohnraumhöhen mit je 3,30 Meter kommen der durchschnittlichen Raumhöhe eines Gründerzeitgebäudes gleich. Gibt es Richtwerte für nachhaltige lichte Raumhöhen? Bisher gibt es keine empfohlenen Werte für nachhaltige lichte Raumhöhen. Daher wird in Abbildung vier versucht diese zu ermitteln. Für die Nutzung der Räume wird zwischen Wohnen, Gaststätte, Büro und Handel unterschieden. Die jeweiligen Flächen und Höhenangaben in der Spalte lichte Raumhöhen sind aus dem „Planungsatlas“ entnommen. Dabei werden jeweils die Werte der höchsten Fläche weiterverwendet, um später eine maximale Nutzungsflexibilität gewährleisten zu können. Diese besagten Zahlen werden mit einem gängigen Höhenwert für gebäudetechnische Anlagen addiert. Die sich daraus ergebenden Zahlen werden als nachhaltige lichte Raumhöhen bezeichnet. Abb. 4: Ermittlung nachhaltiger lichter Raumhöhen Abb. 3: Lichte Raumhöhen im Neubau mit Mischnutzung 97 Nutzungsoffenes Bauen Thema: Projekt: Architekt: Ort: Wohnanlage Villa Menti Plaza Baumschlager - Eberle Feldkirch, Ö Villa Menti Plazza Villa Menti Plaza liegt im Villengürtel von Feldkirchen. Die Gegend ist stark durch großbürgerliche Gründerzeitbebauung und ausgedehnte Grünräume geprägt. Das 10000 Quadratmeter große Grundstück, auf dem 1850 die heute unter Denkmalschutz stehende „Villa Menti“ errichtet wurde, ist durch eine hochwertige Wohnanlage mit Dienstleistungsflächen aufgewertet worden. Abb. 5: Lageplan Abb. 6: Villa Menti mit den Neubauten im Hintergrund 98 Abb. 7: lichte Raumhöhen Die drei Neubauten bestehen aus drei klar geschnittenen Baukörpern und umrahmen die alte „Villa Menti“ zu drei Seiten hin mit gebührendem Abstand. Sie heben sich von dem weiß verputzten Bestand optisch durch eine hellrote Ziegelverkleidung ab. Die Fassade lässt weiter keine hierarchischen Elemente erkennen und zeichnet sich durch eine klare, geradlinige und sehr reduzierte Gestaltung aus. Anhand der Gebäudefassade lässt sich jedoch klar die Position der Loggien ablesen, da diese mit Faltschiebefenster (in der Fassade) ausgestattet sind. Desweiteren sind die drei Komplexe im Erdgeschoss durch eine Kolonnade miteinander verbunden. Über diese werden die Häuser erschlossen. Im Inneren der 20 Meter breiten Gebäude lieget jeweils ein Erschließungskern mit angelagerten Funktionsräumen. Ab dem dritten Obergeschoss verjüngen sich die rechteckigen Baukörper auf quadratische Grundflächen. Die Gebäude unterteilen sich in zwei verschiedene lichte Raumhöhen: Das Erdgeschoss ist der am stärksten frequentierte, öffentlichste und gleichzeitig repräsentative Bereich des Komplexes. Mit einer lichten Raumhöhe von 3,84 Meter wird es hauptsächlich für Kanzleien, Praxen und Büros genutzt. Auch die darüber liegenden ersten und zweiten Obergeschosse weisen eine lichte Raumhöhe von je 3,84 Meter auf. Dadurch wird ihre Mischnutzung, Büro und Wohnen auf einer Ebene, erst ermöglicht. Die Obergeschosse drei bis fünf sind der private Stefanie Wladika und von Straßenraum aus am schwersten zugängliche Bereich des Gebäudes. Sie sind ausschließlich dem Wohnen vorbehalten und weisen eine lichte Raumhöhe von je 3,30 Meter auf. Aus den eben angeführten lichten Raumhöhen lässt sich eine vertikale Hierarchisierung des Gebäudes ablesen. Diese wird durch die vertikale Staffelung der Nutzungen von öffentlich, halb-öffentlich bis hin zu privat verstärkt. Die einzelnen Ebenen zeichnen sich durch ihre Gestaltungsflexibilität aus. Sie können als offene Räume genutzt oder in bis zu sechs getrennte Raumabschnitte aufgesplittet werden. Für die Wohngeschosse bedeutet dies zum Beispiel: Sie können jeweils als ganzflächige, offene PenthouseWohnung oder als bis zu vier separate Ein- bis VierZimmerwohnungen genutzt werden. Abb. 8: Grundriss EG Die offene Bauweise mit ihrer maximalen Flexibilität in Punkto Nutzung und Gestaltung, sowie der Verzicht auf tragende Zwischenwände ist nur durch die optimierte Tragkonstruktion möglich. Sie besteht aus einem festen Erschließungskern mit angelagerten Nebenraumzonen und einem Stahlstützenraster. Dieses wird durch tragende Wandelemente in der Fassade ergänzt. Abschließend bleibt zu sagen: Bei der Villa Menti Plaza ist mit Hilfe der nachhaltigen lichten Raumhöhe eine Durchmischung mit maximaler Nutzungsflexibilität geglückt. Diese gewährt der Bebauung zu recht den Titel der Nachhaltigkeit. Abb. 9: Grundriss OG V Abb. 10: Lichtdurchfluteter, eleganter Raumeindruck 99 Nutzungsoffenes Bauen Thema: Projekt: Architekt: Ort: Mischnutzung (wohne, arbeiten) Solids IJburg Baumschlager - Eberle Amsterdam, NL Solids IJburg Der Stadtteil IJburg in Amsterdam wird seit 1999 im Binnensee IJmeer in Form von sieben künstlich aufgeschütteten Inseln errichtet. Auf der größten Insel entstehen die Solids. Sie liegen direkt am Eingang der Insel gegenüber der Festlandsbrücke und bilden so den Auftakt zum Quartier. Abb. 11: Lageplan Abb. 12: Quartier 100 Abb. 13: Ausschnitt Ansicht N Die neungeschossige Blockrandbebauung besteht aus sieben Baukörpern. Diese ordnen sich um einen Innenhof an, dessen Mittelpunkt ein rechteckiger Patio mit großem Wasserbecken bildet. Die Gebäude werden in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet und unterscheiden sich durch ihre Fassadengestaltung leicht voneinander. Jedoch wird hierbei darauf geachtet, dass alle eine Dreiteilung aufweisen. Die Dreiteilung kennzeichnet sich durch eine deutlich ausgeprägte „Basis“, einen „durchgehenden Schaft“ und einer abschließenden „Kapitelletage“, entsprechend den Hochhäusern der Chicago School. Insgesamt basiert die Grundidee für die Solids-Gebäude auf dem „klassischen städtischen Geschäftshaustypus mit umlaufenden Kolonnaden, Lochfassade, Balkonen und repräsentativer Steinverkleidung …“ (Baumschlager-Eberle 2002-2007, S. 58). Die oben beschriebene Gliederung der Fassade ist auch in der vertikalen Gestaltung der Bebauung nachvollziehbar. Das sehr stark frequentierte und öffentlich genutzte Erdgeschoss, bildet zumeist zusammen mit dem ersten Obergeschoss die Base des Gebäudes. Mit einer lichten Raumhöhe von sechs Meter gewährleistet es zum einen ein sehr breit gefächertes Spektrum an Nutzungen und gleichzeitig bietet es die Möglichkeit das Geschoss durch eine zusätzliche Galerieebene zu erweitern. Die darüber liegenden Obergeschosse eins bis sechs bzw. sieben haben eine lichte Raumhöhe von 3,50 Meter. Dadurch können sie optimal für Wohnoder Hotelzwecke genutzt werden. Das letzte und oft auch das vorletzte Obergeschoss weisen eine lichte Raumhöhe von vier Meter auf. Stefanie Wladika Sie sind für viele Nutzungen geeignet. Die Ebenen haben jeweils eine Tiefe von bis zu 20 Meter und zeichnen sich durch ihre offene Gestaltungsmöglichkeit aus. Ein jedes Geschoss kann als durchgehende offene Fläche genutzt werden, oder in bis zu vier getrennte Mietbereiche, mit einer Größe von mindestens 90 Quadratmeter aufgeteilt werden. Dies alles ist nur durch die optimierte Tragkonstruktion des Gebäudes möglich. Die anfallenden Lasten werden über rasterartig angeordnete Stahlbetonstützen und den massiven Erschließungskern mit angelagerten Nebenraumzonen abgetragen. Auf Grund dieser Konstruktionsweise kann auf tragende Wände verzichtet werden. Abb. 14: lichte Raumhöhen und Fassadenstaffelung Insgesamt weisen die Solids mit ihren großzügigen lichten Raumhöhen, ihrer maximal flexiblen Nutzbarkeit und ihrer optimierten Konstruktion die besten Voraussetzungen für ein langlebiges und somit nachhaltiges Gebäude auf. Abb. 15: Grundriss EG Abb. 16: Grundriss OG V 101 102 Sandra Grenner Daniel Meister Kay-Alexander Michalczack Roman Schuppan Lebensdauer und Konstruktion Die Betrachtung nachhaltiger Konzepte zur Optimierung von Gebäuden sollte im Planungsprozess mehr Beachtung erfahren und darüber hinaus im Ergebnis zu einem Gesamtkonzept nachhaltig orientierter Planungsprinzipien beitragen. Dabei resultiert in Hinblick auf die Konstruktion von Gebäuden und deren konstruktiven Details sowie den sich daraus ergebenden Anforderungen an den Planer und den gesamten Planungsprozess eine vielschichtige Herangehensweise für nachhaltige Konzepte. Diese Kausalität nachhaltiger Planungsprinzipien findet ihre Anwendung sowohl bei der Erstellung, Instandhaltung und Optimierung von Bauteilen sowie der Trennbarkeit von Schichten in der Nutzungsphase und beim Abbruch eines Gebäudes. Die Zunahme der gesellschaftlichen und politischen Wahrnehmung von Umweltproblemen (z.B. Verknappung fossiler Ressourcen, steigende Energiepreise) und damit verbundene Förderung nachhaltiger Konzepte sollten Planer und Architekten nutzen, um nachhaltige Planungsprinzipien anzuwenden und darüber hinaus weiterzuentwickeln. Hierbei sollten bewährte planerische Grundlagen eng gekoppelt an aktuelle technische Entwicklungen leitende Prinzipien nachhaltiger Architektur sein. In Deutschland verbrauchen private Haushalte etwa die Hälfte der gesamten Primärenergie, insbesondere für Wohnen (Raumwärme, Warmwasserbereitung, elektrische Geräte) und Verkehr. Damit sind sie neben Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen eine wichtige Zielgruppe für Maßnahmen und Kampagnen zur Einsparung von Energie. Dennoch bedeutet Nachhaltigkeit nicht ausschließlich das Planen und Erstellen energieeffzienter Gebäude durch Einsparung von Energie in der Nutzungsphase. Ein weiterer Aspekt nachhaltiger Planung, dem mehr Beachtung geschenkt werden sollte, ist der Zusam- menhang von Lebensdauer und Konstruktion eines Gebäudes. In den folgenden Beiträgen soll aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten es gibt um Material einzusparen, Konstruktionen zu Optimieren und auf deren Wiederverwendbarkeit hinzuweisen. Der Bausektor verbraucht momentan weltweit 50% aller verarbeiteten Rohstoffe. Diesem Trend kann mit einer gezielten Minimierung und Optimierung von Konstruktionen entgegengesteuert werden. Zudem kann auch durch die Optimierung und Reduzierung von Schichten ein nennenswerter Effekt erzielt werden. Das ideale Zusammenwirken unterschiedlicher Materialien hinsichtlich ihrer bauphysikalischen sowie mechanischen Eigenschaften ist dabei von großer Bedeutung. Des Weiteren steht die Trennbarkeit der Schichten im Vordergrund. Dabei geht es in erster Linie um wei wesentliche Aspekte: die Trennbarkeit in der Nutzungsphase und darüber hinaus die Trennbarkeit während des Abbruchs. In der Nutzungsphase ist die erforderliche bzw. mögliche Austauschbarkeit einzelner Elemente aufgrund neuester technischer Erkenntnisse bezüglich des Baustoffs oder der Materialität (z.B. bessere Wärmedämmwert) sehr wünschenswert. Ferner lassen sich heute auch beim Abbruch eines Gebäudes die Schichten leichter voneinander trennen, womit die eingebrachten Ressourcen effizienter und damit nachhaltiger recycelt werden können. 103 Lebensdauer und Konstruktion Wohnkonzept Balance „[...] ein zukunftweisendes Energiekonzept, schöne helle Räume und grosszügige Raumabfolgen bilden die Voraussetzungen für ein zufriedenes, auf lange Sicht hin konzipiertes Wohnen und Leben. [...]“ Thema: Lebensdauer und Konstruktion Projekt: Wohnkonzept Balance Architekt: Sabine Hubacher, Christoph Haerle Ort: Melchrütistrasse, Wallisellen /Zürich Das Büro Haerle Hubacher Architekten BSA, besteht seit 1996. Sabine Hubacher und Christoph Haerle messen vor allem einer zukunftsgerichteten und nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung, mit planerischen und architektionischen Beiträgen, eine große Bedeutung bei. Dabei tritt die Entwicklung von prototypischen Bauten mit neuen Anforderungen, die engagierte Stellungnahme für die Relevanz des öffentlichen Raumes und das Definieren von planerischen Grundprinzipien in den Vordergrund. Diese Leitprinzipien erfahren ihre Anwendung auch bei der Planung und Umsetzung des Wohnparks Balance in Wallisellen. Die Trennbarkeit und Optimierung der Schichten, sowie die Reduzierung der eingesetzten Energie für das Material und der Transportenergie waren dabei von besonderer Bedeutung. Siedlungskonzept Sabine Hubacher, Christopher Haerle (v. li.) 104 Siedlungskonzept Wohnpark Balance Der Lageplan zeigt ein Muster von 13 fünfgeschossigen Einzellbaukörpern in der Agglomeration Zürich. Die 62 Wohneinheiten umfassende Anlage wurde so konzipiert, dass sie sowohl einen Wohn- und Arbeitsort ermöglichen und somit auf die sich ändernde Lebensbedingungen langfristig reagiert werden kann. Durch ein hohes Maß an flexiblilität bei der Planung der Grundrisse, wird somit ein wichtiges Kriterium für nachhaltiges Bauen umgesetzt. Bei der Anordung der Gebäude wurde darauf geachtet, jedes Haus so zu den Nachbargebäuden steht, dass der Freiraum und die Südausrichtung möglichst groß bleibt. Können die einzelnen Baukörper als eine Uminterpretation des Reihenhauses verstanden werden. Statt nebeneinander liegen die 200m² grossen Wohneinheiten übereinander. Dennoch wird mit den großen Terassen und dem gedeckten Umgang ein hoher Grad an Privatsphäre erreicht. Dieses kompakte Konstruktionsprinzip sowie die konsequente Ausrichtung nach Süden führt zu einer Steigerung der Energieeffizienz. Roman Schuppan Bautechnologie Während der Planungs- und Erstellungsphase wurden die Konstruktion und die Materialisierung der Gebäude als Schwerpunkte thematisiert. Hierbei stand nicht nur die Kostengünstigkeit bei gleichbleibender technischer Qualität, sondern auch die Ausbildung jedes Bauteils in Hinsicht auf eine Vielzahl von Funktionen, Trennbarkeit von Schichten (Sanierung, Abbruch) sowie die Elementierung in handhabbaren Größen und Gewichten im Vordergrund. Erstellung Betonrohbau mit Holzstützen Bei der Erstellung der Bauten kam ein altes Konzept zum tragen, somit erfolge die Realisierung über eine Bauhütte, hierbei wurde eine Vielzahl von Gewerken in einer selbständigen Unternehmung zusammenfasst. Auf der Baustelle wurde sehr eng zusammen gearbeitet. Zum Teil arbeiteten bis zu 30 verschiedene Firmen in einem Team zusammen. Dies wiederum erforderte eine Anpassung der Infrastruktur, es entstanden Duschen, eine Baukantine sowie eine Kaffeestube. Dabei stand die Kurze und direkte Kommunikation im Vordergrund, Probleme konnten an Ort und Stelle gelöst werden. Sämtliche Materialien wurden direkt beim Produzenten eingekauft und als Rohmaterialien in Einheitsmaßen angelieferten und im Bauzelt mit geringstem Verschnitt und Abfall zu Fertigelementen zusammengebaut. In der Regel konnten diese von zwei Arbeitskräften bzw. im Team montiert werden, z.B. Fassadenkonsturktion. Wesendliche Gründe für dies Art der Baustellenorganisation sind die Kostenersparnis, Energieersparnis durch kürzere Wege bei der Lieferung der verwendeten Materialen, sowie das Schaffen einer hohe Motivation bei den Beteiligten. Konstruktionsprinzipen Die Grundrisse der realisierten Überbauungen zeigen ein differenziertes Abbild der lokalen sozialen Gegebenheiten auf. Die Bauhütte 105 Lebensdauer und Konstruktion Wohnungen konnten noch während der Bauphase an veränderte Lebensumstände angepasst. Die Flexibilität der Grundrisse ist auf das Tragwerkskonzepts des Gebäudes zurückzuführen. Der Kern des Baukörpers ist ein Betonschacht, welcher die statische Funktion übernimmt und den Lüftungsschacht für die Zuluft und Abluft beinhaltet. Dieser Kern wird somit zum architektonischen, statischen und haustechnischen Rückrat des Wohnkonzeptes Balance. Die Betondecken werden an der Fassade von den Parallam-Stützen (Markenbezeichnung) aus verleimten Furnierstreifen zusätzlich getragen. Furnierstreifenholz Parallam PSL (Parallel Strand Lumber) besteht aus ca. 16 mm breiten und 3 mm dicken Schälfurnierstreifen, die parallel zur Balkenlängsachse mit Phenolharzklebstoff verklebt sind. Die Schälfurnierstreifen werden aus sehr hartem Holz hergerstellt. Bei der Raumaufteilung ist die individuelle Gestaltung frei gegeben, einzig die Kernzone mit der Infrastruktur sowie die Fassaden sind fix. Die haustechnische Versorgung der Küchen und Bäder erfolgt über den Betonkern. Die Zimmeraufteilung von zwei knapp 60m² bis sechs knapp 10m² grossen Räumen kann selber bestimmt werden. Die Wände, sind einfach zu bauen und leicht wieder zu entfernen. Sie übernehmen keine tragende Funktion. Die Wohnungen jeder Nutzungsphase angepasst, nach Bedarf sogar in zwei Wohnungen aufgeteilt werden Trennbarkeit der Schichten 106 Grundrisse Wohnprojekt Balance Die Rahmenkonstruktion der Fassade besteht aus mehreren Schichten. Tragend dabei sind lediglich die Parallam-Stützen die neben dem Betonkern eine statische Funktion übernehmen. Die Fassadenkonstruktion besteht aus den Eingangs beschriebenen Tragstützen aus Holz mit den Maßen 160 /180mm und einem Rasterabstand von 246cm. Als Sekundärkonstruktion wurden TJI-träger verwendet. TJI-Träger funktioniert nach dem gleich Prinzip wie ein Stahlträger , ist jedoch aus Holzwerkstoffen gefertigt. Zwei Gurte aus verleimtem Roman Schuppan Schichtholz (Furniersperrholz ) werden durch einen Steg aus OSB (Grobspanplatte ) über spezielle Verleimung verbunden und bilden so einen biegesteifen Träger. Dieser Träger ist sehr leicht bei gleichzeitig hoher Tragfähigkeit. Diese sind beidseitig mit Gipskarton beplankt und mit Zellulose ausgeblasen, Ausflockung 21cm. Der Holzanteil der Wand ist geringer als im herkömmlichen Rahmenbau und verbessert die Dämmeigenschaften um 9%. An den Aussenwänden werden in allen Orientierungen neben den Fenstern die Kartonwaben in drei Farben eingesetzt. Mit dem Wandaufbau von 36cm Stärke und 21cm Zellulose wird ein U-Wert von 0.2W/m²K erreicht. Darüber hinaus ist die Solarfassade mit einem Wärmepolster auf der Aussenwand zu vergleichen. Die Abstrahlverluste sind mit dem vorgesetzten Glas tiefer und da die Kartonwabe eine geringe Speicherfunktion übernimmt, ist der Wärmeverlust der Fassade im Vergleich zu einer Wand ohne Verglasung mit gleichem U-Wert geringer. Fassadenschnitt Die Konstruktion kann auf einfache Art u. Weise neuen Anforderungen angepasst werden. Die hinter der Verglasung angeordneten Kartonwaben lassen sich in Zukunft durch höherwertige Dammmaterialien einfach ersetzen. Die hohe Trennbarkeit erlaubt es, Schichten der Aussenwand nicht nur kostengünstig, sondern auch wenig umweltbelastend auszuwechseln. Die umlaufende Brüstung aus unbehandelt Douglasie, lässt darüber hinaus ein einfaches austauschen der Elemente zu. Es wird keine zusätzliche Rüstung benötig. Abschließend kann das Wohnkonzept Balacne als ein gelungenes Gesamtkonzept nachhaltig orientierter Planungsprinzipien gelten. Mehr solcher in ihrer Gesamtheit geplanter nachhaltiger Projekte wäre wünschenswert. Balkon und umlaufende Brüstung, Dougasie unbehandelt 107 Lebensdauer und Konstruktion Trennbarkeit der Funktionsschichten „Nur Minergie-Standard ist nicht mehr zukunftsfähig“ „Wichtig war zu zeigen, dass keine Abstriche bezüglich Ästhetik gemacht werden müssen.“ Peter Schürch Ansicht Südwesten Beispiel Lamellentrennung Thema: Minergie P Eco Haus Projekt: Mehrfamilienhaus Gebhardstraße, Architekt: Halle 58 Architekten Ort: 3097 Liebfeld bei Bern Schweiz 2006 Das Mehrfamilienhaus Gebhardtstrasse des Architekten Peter Schürch der Halle 58 Architekten ist das erste Minergie P Eco Haus, das in der Schweiz realisiert worden ist. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, daß der Architekt bei der Konstruktion des Gebäudes ein differenzierte Trennung der jeweiligen Funktionskörper und der benötigten Isolation vollzogen hat. Als überzeugter Verfechter nachhaltiger Bauweisen, sagt er, daß es nicht mehr zukunftsfähig sei, nur Minergie-Standard zu erreichen. Wichtig bei diesem Bau ist ihm eine passive Nutzung der Sonne, der Einsatz von erneuerbaren Energien und die Verwendung von langlebigen und auch recycleten Materialien. Zentrale Maßnahme bei der Planung des Gebäudes war eine optimale Wärmedämmung und die Sonnenausrichtung. Schnitt Konstruktion 108 Ansicht Treppenhaus als Kaltraum ausgebildet Das Untergeschoss des Objektes ist eine massive Betonkonstruktion. Diese ist wasserdicht ausgeführt, weshalb man nicht auf Recycling-Beton zurückgegriffen hat. Die oberen Geschosse sind eine komplette Holzrahmenkonstruktion, zur Glasfassade auf Betonstützen aufliegend. Der geschlossene Fassadenteil besteht aus unbehandelten zementgebundenen Holzfaserplatten, die in einer Werkstatt vorfabriziert wurden. Etagenweise ist diese aus Holzrahmenelementen, der raumhohen Verglasung und einer Eingangstür aufgebaut. Als Decken zwischen den Wohnungen dienen 50 Zentimeter dicke Holzkastendecken, die zum Teil mit Split gefüllt sind. Thermisch getrennt von diesem Aufbau, gliedert Kay Michalczack sich davor das Treppenhaus, welches bewusst als Kaltraum ausgelegt ist. Treppenhaus ungedämmt Grundriss Zonierung Am Beispiel des Grundrisses der Familie Schürch, betritt man, nach dem Aufstieg durch das holzverschalte Treppenhaus, einen Flur, der in Richtung der Schattenseite Zugang zu drei Zimmern und dem Bad gewährleistet. In Richtung Südwesten öffnet sich hingegen ein großer Koch-, Ess-, und Wohnbereich. Diesem Bereich vorgeglagert ist eine Terrasse und ein Art Laubengang, der vertikal mit Holzlammellen komplett verschattet werden kann. Zellulose (Isofloc) und Dreifachverglasungen isolieren das Haus, biologische Farben zieren die Wände innen. Eine Bodenheizung führt im Winter die nötige Wärme von der Pelletsheizung oder den Sonnenkollektoren zu. Eine Komfortlüftung sorgt permanent und lautlos – ohne Wärmeverluste durch das Öffnen von Fenstern – für frische Luft. Besonders gefällt am Objekt das vermittelte Gefühl durch die raumhohe Verglasung den Aussenraum nach Innen zu transportieren und die Verschattung eine Ebene vorzulagern. Es bietet sich damit ein erweitertes Raumgefühl mit klimatischen Vorteilen. Detailschnitt Fassade 109 Lebensdauer und Konstruktion Thema: Trennbarkeit der Schichten Projekt: Forum Chriesbach Architekt: Bob Gysin und Partner Ort: Bern Schweiz 2006 . Trennbarkeit der Schichten „Architektur ist mehr als bloßes Bauen, Nachhaltigkeit mehr als eine Worthülse, dafür fühle ich mich als CEO von BGP verantwortlich“ Bob Gysin Das Forum Chriesbach ist das Wasserforschungsinstitut der ETHZ (Eidgenössisch-Technischen Hochschule Zürich). Es engagiert sich für den sorgfältigen Umgang mit Wasser und anderen Ressourcen. Um es überhaupt ressourcensparend zu realisieren, war es wichtig das Gebäude in klar abgegrenzte, der Funktion zugewiesene Bereiche zu gliedern. Kubatur und Raumprogramm Das Objekt ist ein Atrium umschliessender kompakter Baukörper, der Tageslicht hineinlässt. Der Körper wird durch gebäudeprägende blaue Glaslamellen umhüllt. Diese sind einem von jedem Raum erreichbaren Fluchtbalkon vorgelagert. Abhängig von der Jahreszeit und dem damit verbundenen Sonnenstand lassen sich die Lamellen ausrichten und bieten somit optimale Verschattungsmöglichkeit oder auch Geschlossenheit. Ansicht von Südwesten Schnitt Fassade Laubengang Büro Die einzelnen Räume gliedern sich -förmig auf den gesamten 5 Etagen um das Atrium, welches von einzelnen Sitzungsboxen in der Offenheit durchdrungen wird und sich mit dem Treppenaufgang zum besonderen Erlebnis gestaltet. Das Atrium, mit einem abgehangenem Modell eines Wassermoleküls, lässt sich für Grossanlässe als Empfangs- und Ausstellungsfläche nutzen. Es existieren zahlreiche Büroarbeitsplätze, Seminarräume, Vortragssäale, Sitzungszimmer, ein Restaurant und eine Bibliothek. Laubengang und Fluchtweg zwischen äußerer Hülle und innerer Dämmschicht 110 Raumklima Bei der Planung wurde ein ausgefeiltes Klimakon- Kay Michalczack zept für die Lüftungsführung entwickelt, daß eine konventionelle Heizung oder Klimaanlage überflüssig macht. Eine zentrale Steuerung versorgt das Gebäude entweder mit vorgewärmter oder gekühlter Luft, die aus der Versorgungstechnik gewonnen wird und sich die Kernspeichermasse der Stahlbetonkonstruktion zu Nutze macht. Die klare Trennung der Schichten in die vorgelagerten Lamellen der Fassade, den Laubengang und die innere Dämmschutzebene dient dem direktem Sonnenschutz und verhindert eine direkte Erwärmung der Luft im Inneren. Die Vorlagerung des Fluchtweges in die äußeren Laubengänge bildet so eine Art Luft-Pufferzone, die dem Hausklima positiv zuarbeitet. Anbringung der Glaslamellen Konstruktion und Materialien Bei dem Gebäude handelt es sich um einen reinen Stahlbetonskelettbau. Grosser Wert wurde dabei auf Ressourcenschonung als auch auf Umwelt und Gesundheitsverträglichkeit gelegt. Die Decken wurden deshalb aus Recyclingbeton gefertigt. Wandaufbau der inneren Dämmschicht Schnitt Atrium mit Symbolik Lüftung Die Ausfachung der Wände innerhalb der Stahlbetonskelettbauweise erfolgte in einer mehrschichtigen Holzrahmenkonstruktion mit einem Querschnitt von 450mm. Diese Schicht lässt sich eventueller Veränderungen anpassen und in der Dämmstarke erweitern. Es bietet sich durch die Aufbautrennung eine große Flexibilität und Potential zukünftige Veränderungen durchzuführen. Atrium als seperater Luftraum zur Klimakontrolle 111 konstruktion Minimierung von Konstruktionen Um Konstruktionen in ihren Aufwand wie Transport, Aufbau, Wartung und Rückbau zu minimieren ist es von entscheidender Bedeutung wie komplex das einzelne Tragwerk konzipiert ist. Ein wesentlicher Faktor ist die Summe der verwendeten Materialien bzw. der Verbund dieser. Je weniger unterschiedliche Materialien im Gebrauch sind um so weniger Verknüpfungspunkte/ Fügungen sind auszuführen. Umso einfacher, leichter und somit nachhaltiger wird das Gebäude. Ferner spielt die kraftoptimierte Geometrie eine Entscheidende Rolle, was nicht immer mit dem Gestaltungswillen konform geht. So ist es clever sich den tatsächlichen, aus Eigengewicht und Verkehrslasten, resultierenden Kraftflüssen anzupassen um mögliche auftretende Momente zu eliminieren, und dadurch unnötige Bewehrungsmaßnahmen mittels Armierungsgitter, Über- Unterzügen etc. zu vermeiden. Genauer sollten nur Normalkräfte (Zug oder Druck) im Bauteil fließen. Folgend sind Prinzipien von Seiltragwerken und Schalenkonstruktionen beschrieben die aufgrund dieser Überlegungen entwickelt wurden. Konstruktionen von Frei Otto Eine zwischen zwei festen Punkten gespannte Membran die gleichzeitig Dach und Dachhaut darstellt ist das hängende Dach, welches dem Urtyp Zelt zugrunde liegt. Entsprechend den Hängebrücken in ihrer Bauweise sehr ähnlich gibt es zwei Typen hängender Dächer: Frei Otto Prinzipskizze: starre Fahrbahn/ starres Dach Prinzipskizze: flexible Fahrbahn/ flexibles Dach 112 -Eine starre Fahrbahn / ein starres Dach hängt an Tragseilen: Um sich durch Wettereinflüsse nicht zu verformen, muss bei dieser Bauweise das Dach in sich steif sein, wodurch es aber schwer und kompliziert zu bauen ist. Exemplarisch wurde z.B. die Golden Gate Brücke in SanFrancisco und ein Pavillon zur Weltausstellung 1933 in Chicago mit einem Durchmesser von 60 m gebaut. -Eine flexible Fahrbahn / ein flexibles Dach hängt zwischen Trag- und Spannseilen: Die Vorteile dieser Konstruktion überwiegen, denn hier wird die Stabilität der Fahrbahn oder des Daches durch sich gegenseitig belastende, in verschiedene Daniel Meister Richtungen gekrümmte Bauteile erreicht. Diese Konstruktion ist resistent gegen Wind, Regen und Schnee da sie in ihrer Gesamtheit unter Spannung steht. Frei Ottos Bauwerke, wie das Olympiastadion in München (rechts ) funktionieren zum Großteil nach diesem Prinzip. Zugbeanspruchte Konstruktionen brauchen also in sich keine Steifigkeit und können daher leicht und einfach konstruiert werden. Vorgespannte gekrümmte Gebilde sind dabei für Dächer besonders geeignet. Hierbei wird durch Vorspannung des Materials in verschiedene Richtungen eine dünne Membrane besonders steif, welche im gewichtslosen Zustand unter Spannung steht. Zirkuszelte werden in der Regel so gebaut. Zugbeanspruchten Konstruktionen sind auch Seilnetze, welche genauso reagieren wie eine geschlossene Haut. Spannt man deren Seile so, dass an jedem Seilende die gleiche Kraft auftritt, so erhält man die „Grundform“, die Minimalfläche, die die optimale, stabilste und sicherste Form darstellt. Frei Otto entwickelte zur Findung dieser Minimalfläche verschiedene Seifenhautversuche, da sich diese Form mathematisch kaum erfassen lässt. Hierzu wird ein Rahmen, der den geometrischen Anforderungen des späteren Bauwerks entspricht, in Seifenlauge getaucht. Nach dem Herausnehmen bleibt innerhalb des Rahmens eine Seifenhaut bestehen, die, die später möglichst exakt zu realisierende Dachform darstellt. Die Seifenhaut wird vermessen und maßstabsgerecht auf Netze oder Stoffe übertragen. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte auch Antoni Gaudí ähnliche Methoden zur Findung einer stabilen Form seiner Bauwerke durch Experimente verwendet. Da er druckbeanspruchte Bauwerke schuf war seine Methode allerdings eine andere. Er hing Ketten oder Schnüre mit kleinen Gewichten an Haken, die in ihrer Anordnung dem späteren Standpunkt der Säulen und Stützkonstruktionen entsprach. Eine Fotografie der Anordnung, um 180 Grad gedreht, zeigte dann den optimalen Formverlauf z.B. eines Gewölbes. Erstmals verwendete Gaudí diese Methode für die Planung der Kapelle der Siedlung Güell und später bei der Sagrada Familia. Minimalfläche Olympiastadion München -vorgespannte Seilnetzkonstruktion -besteht aus 9 einzelnen Seilnetzen -teilkreisförmige Gesamtfläche von 34550m² -8 Stützen außerhalb des Stadions verankert -großer Zugring übernimmt Abspannung -Sattelschale doppelt gegesinnig gekrümmt 113 schlanke Tragwerke Multihalle Mannheim Multihalle Mannheim Hängemodell Hein Isler 114 Wenn man sich eine Kette an zwei Punkten schlaff aufgehängt vorstellt so ergibt sich durch ihr Eigengewicht die Katenoide, die Kettenlinie. Die Kettenlinie ist eine geometrische Form bei der als Schnittkräfte nur Zugkräfte auftreten und somit umgedreht vorgestellt nur Druckkräfte aufnimmt. Auch Frei Otto experimentierte mit der Hängemethode zur Planung einiger druckbeanspruchter Konstruktionen, wie z.B. der Multihalle in Mannheim (1975) für die er eigens ein Kettenmodel im Maßstab 1:5 anfertigte hier links im Bild. Später beschäftigte sich Otto viel mit einer Sonderform der zugbeanspruchten Konstruktionen, den Pneus. Auch bei diesen, meist kuppelartig geformten Gebilde steht das Material unter Zugbelastung, da durch den im Inneren aufgebauten höheren Luftdruck wiederum eine Vorspannung erzeugt wird, die für Stabilität sorgt. Allen Konstruktionen ist gemein, dass gezieltes Entwerfen nur selten möglich ist, da die Idealform physikalisch vorgegeben ist. Doch gerade diese naturgegebene Form innerhalb des vom Architekten vorgegebenen Rahmens gibt den zugbeanspruchten Konstruktionen ihre besondere ästhetische Anmutung. Konstruktionen von Heinz Isler Durch Naturbeobachtungen und nicht mit mathematischen Definitionen entwickelte Isler die optimalen Formen von dünnwandigen Schalen aus Beton, die als Dächer verwendet werden. Ursprünglich experimentierte Isler mit geometrischen Schalen. Aufgrund des nicht optimiert geleiteten Kraftverlaufes gibt es Momente welche er nur durch Stahlbeton ableiten konnte. Für ihn war es wichtig das Tragwerk so zu konzipieren dass es möglichst schlank wird und große Spannweiten überbrücken konnte. Er suchte nach neuen Möglichkeiten Geometrien zu erstellen und lenkte sein Augenmerk auf die in der Natur vorkommenden Konstruktionen. Er entwickelte drei Betrachtungsweisen für die Schalenerstellung. Die erste Betrachtung (1954) lag einer Kissenform zu Grunde, die er durch eine in Holzrahmen gespannte Gummimembran, mittels Luftdruck erzeugt werden konnten. Hierbei entstand die Buckelschale die vorzüglich für Industriebauten verwendet wurde weil sie einen praktischen rechteckigen Grundriss hatte, es somit keine „toten“ Ecken gab und folglich gesamtflächig nutzbar ist. Desweiteren ist die Buckelschale von Isler beliebig kombinierbar. Die entstehenden Randspannungen mussten aber immer noch mit Zuggliedern abgefangen werden. Aus der aufgeblasenen Membran entstanden Buckelscha- Daniel Meister len, die Grundrisse von 54 Meter × 58 Meter mit 15 bis 19 Zentimeter dicken Stahlbetonschalen überspannen. Sein Garten diente ihm für zahlreiche Studien, so entdeckte er im Winter 1955 das Prinzip des hängenden Tuches. Durch Benetzung mit Wasser und das anschließende Gefrieren von Tüchern konzipierte er Schalen. Die gefrorene Form folgte dem Eigengewicht und ist beim auf dem Kopf stellen völlig druckbeansprucht, wodurch er dem Einsatz von Bewehrung gänzlich eliminierte. Zudem kam, dass das reine Druckgebilde keine Spannungsrisse aufweist womit der Einsatz einer wasserdichten Dachhaut entfällt. Anwendung fand dieses Prinzip z.B. bei der Tankstelle von Detingen. Dritte Beobachtung ereignete sich in einer Fabrik er sah dort zum dritten Mal eine organische hügelform, als er Polyurethanschaum aus einem Rechteckrohr quellen sah. Hiermit entstand eine Kuppel die nicht nur an vier Punkten, sondern an der gesamten Außenlinie des Rechteckgrundriss die Kräfte ableitet. An Modellen wies er meist die ausreichende Standsicherheit nach. Außerdem legte er den Bauablauf fest, überwachte die Bauausführung und beobachtete jahrelang das Tragverhalten der Schalen. Alle hier genannten Konstruktionsprinzipien eignen sich hervorragend für Überdachungen, sind schnell zu erstellen und durch die gering verwendeten Massen verhältnismäßig kostengünstig. Unbewehrte Betonschalen benötigen bei der Erstellung allerdings viel Schalungstrukturen, die nach Fertigstellung des Bauwerks oft nicht wiederverwendet werden können. Die Wartung dagegen ist oft unproblematisch und gerade bei Islers selbstverdichtenden Schalen gar nicht, bis auf Säuberungsaktionen, notwendig. Ferner ist besonders positiv hervorzuheben, dass der Energieaufwand beim Rückbau gering ausfällt, da man den Beton komplett als Recyclingmaterial verwenden kann und nicht aufwendig von der Bewehrung getrennt werden muss. Problematisch ist die Anbindung einer Fassade an die oft doppelt gekrümmten Geometrien. Häufig stellen Dehnungsfugen und komplizierte Anschlüsse einen erhöhten Aufwand dar. Nichtsdestotrotz sind Seil- und Schalentragwerke eine effiziente Methode, freie Überdachungen zu realisieren. Durch ihren einfachen, homogenen und materialoptimierten Aufbau werden diese Konstruktionen besonders ressourcenschonend und sind somit äußerst nachhaltig für ihren spezifischen Zweck. Kissenform im Industriebau hängendes Tuch, Tankstelle bei Deitingen Fließform, Überdachung Firma Kirchler 115 Konstruktion „Recycling konstruktiver Elemente“ Thema: „Recycling konstruktiver Elemente“ Projekt: Das recyclete Haus Beispiele: Marie-Curie-Gymnasium Einfamilienhaus in Leinefelde Wohnblock in Magdeburg Die demographische Entwicklung in Deutschland wird anhand der Rückbauplanungen und Totalabrisse von Plattenbauten auf drastische Weise deutlich. So das sich die Frage stellt, inwiefern die Vernichtung von materiellen Werten unter zusätzlicher Investition von Geld und Energie sowohl ökonomisch als auch ökologisch nachhaltig ist. Aus stadtplanerischen und ¿QDQ]LHOOHQ$VSHNWHQZLUGHV]XNQIWLJXQDXVZHLFKlich sein einzelne Siedlungsgebiete mit Rücklaufendem Wohnbedarf den aktuellen gegebenheitenanzupassen. Unter dem Titel „Up-Cycling“ wird die Schaffung eines Mehrwertes aus vermeintlich überÀVVLJHQ5HVVRXUFHQ]XP.RQ]HSWJHPDFKW'XUFK den teilweisen Rückbau von Wohnblöcken mit der Sanierung des verbleibende Gebäudestumpfes oder der Remontage als Ein- oder Zweifamilienhäuser wird ein menschenfreundliches Verhältnis zwischen %DXPDVVH XQG )UHLÀlFKHQ DQJHVWUHEW ,Q GHQ IROgenden 3 Beispielen werden kurz die Konzepte der jeweiligen Projekte bezüglich des Plattebau recyclings erläutert. Modernisierung einer Plattenbauschule „Up Recycling“ das Potential der Platte Im Rahmen eines Pilotprojektes der Thüringer Landesregierung wurde die Sanierung des MarieCurie-Gymnasiums ermöglicht. Ziel des Projektes war es, die in Plattenbauweise errichtete Schule den modernen pädagogischen Anforderungen anzupassen und die teilweise mangelhafte Bausubstanz zu modernisieren. Oberlichter im neu erstellten Verbindungsgebäude lassen Licht und Helligkeit in das vorher beengend wirkende Gebäude. Durch moderne Materialien bei der Innenausstattung und architektonischer Leichtigkeit kann das aus den 80er Jahren stammende Plattenbaugebäude ohne Zweifel überzeugen. Oberlichter im neu erstellten Verbindungsgebäude lassen Licht und Helligkeit in das vorher beengend wirkende Gebäude.Die eigentlichen Gebäudekörper blieben erhalten und die Raumaufteilung für die notwendigen Klassenraumgrössen wurden angepasst. Remontage eines Einfamilienhauses 116 Marie-Curie-Gymnasium in Bad Berka In diesesem Projekt wird deutlicht, dass die integrative Stadtentwicklung die Einwohner Leinefeldes mit Sandra Grenner „auf die Reise nimmt“ und zu privatwirtschaftlich motivierten Projekten einlädt. Bauherren die bisher in einer Plattenbauwohnung zu Hause waren und mit Größe, Schnitt und Ausrichtung zufrieden sind, werden die potentiellen Kunden sein. In Ihrem neuen Eigenheim sollen sich diese Eigenschaften wieder ¿QGHQ 6R QHKPHQ VLFK GLH %DXKHUUHQ LKUH 3ODWtenbauwohnung „mit ins Grüne“. Aufgrund der Bestandsorientierten Planung kann ein Wiederverwendungsgrad von ca. 80% erreicht werden. Der Rohbau richtet sich nach dem statischen System des demontierten Bestandsgebäudes, wobei die Installationsführung und die Raumunterteilung individuell nach den Wünschen der Bauherren über nichttragende Trockenbau Konstruktionen ausgeführt wurden. Das entstandene Gebäudekonzept orientiert sich an den Parametern der ehemaligen Mietwohnung. Die gewünschten Kriterien an Raumgrößen, Raumaufteilung und allseitiger Belichtung wurden mit aufgenommen. Die entstandene ebenerdige Erschließung des Wohnbereiches, des Carports und des Kellerersatzraumes werden langfristig die Wohnqualität steigern. Einfamilienehaus in Leinefelde Rückbau zum Mehrfamilienhaus Einst standen hier fünfgeschossige Wohnblocks, die bis auf das dritte Geschoss zurückgebaut wurden und mit Ziegeldächern versehen. 44 Wohneinheiten im Reihenhaus-Stil mit jeweils zwei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss sind entstanden. Anstelle des Flachdachs zieren nun kleingliedrige Satteldächer mit Ziegeldeckung den Gebäudeabschluss. Um diese optisch interessanter zu gestalten, wurde bei jedem dritten Reihenhaus die Firstrichtung des Dachs um 90 Grad versetzt angeordnet. Die einst kleinen Wohnungen von 56 m² wurden zu WohnHLQKHLWHQ DE Pð :RKQÀlFKH -HGH 5HLKHQhaus-Wohnung ist voll unterkellert, mit separatem Eingang, PKW-Stellplatz vor der Tür, Garten und Terrasse. Das Potential der Ostdeutschen Wohnplatte in ökologischer wie auch ökonomischer Hinsicht ist erkannt worden und animiert die heutige Architektenschaft zu ansehnlichen „Neubauten“. Trotz der eingeschränkten Formvarianten ist eine individuelle Erscheinungsform möglich. „Spendergebäude“ Plattenbau Umgebauter Wohnblock in Magdeburg/SachsenAnhalt 117 Konstruktion Thema: „Reduktion von Schichten“ Projekt: MFH Martinsbergstrasse Architekten: Urs Burkard Adrian Meyer + Partner Ort: industriebrache im Zentrum Martinsbergstrasse in Baden Nordfassade mit Garagenerschliessung und Nebeneingaengen „Reduktion von Schichten“ Die Bebauung ist an der südöstlichen Ecke des Merker-Areals, einer Industriebrache im Zentrum YRQ%DGHQ]X¿QGHQ'LHGUHLIUHLVWHKHQGHQ%DXN|Uper, von denen in einer ersten Phase zwei realisiert wurden, spiegeln das typologische Muster von Einzelhäusern aus dem frühen 20. Jahrhundert wieder, GDV HQWODQJ GHU 0DUWLQVEHUJVWUDVVH ]X ¿QGHQ ZDU Südseitig werden die Bauten als Solitäre wahrgenommen. Durch den Niveauunterschied auf der Nordseite, liegt das Untergeschoss frei und bildet ein zusammenhängendes Fassadenbild. Das Projekt stellt ein Experimentalbau auf städtebaulicher, sozialer sowie auf räumlicher und konstruktiver Ebene dar. Fensteröffnungen 118 Schnitt Die Spannweiten der Fenster von Süd- und Nordfassade gehen mit ca. 4,60 m hart an die Grenzen des Möglichen. Das angrenzende Optitherm Mauerwerk kann seiner Porosität wegen , weniger Druck aufnehmen und hält nur knapp die Hälfte der Kräfte eines normalen Backsteins aus. Ost- und Westseite sind geprägt vom Geschossweisen Wechselspiel zwischen Fassadenbündigen Nurglas Fenstern und französischen Fenstern mit tiefer Leibung. Die Lastverteilenden Stirndeckenelemente ermöglichen. dem Bauherrn aus entwerferischer Sicht bis kurz vor %DXEHJLQQGLHÀH[LEOH$QRUGQXQJGHU)HQVWHU Sandra Grenner Schichtenaufbau der Außenwände Der konstruktive Aufbau der Außenwände setzt sich aus einem 40 cm dicken Verband aus «Optitherm»Steinen (Isolierstein) und 12 cm «Kelesto» (unterhalb der Sintergrenze gebrannter Sichtbackstein) zusammen. Die beiden Mauerwerksschalen werden gleichzeitig hoch gemauert und in jeder 4. Lage durch eine Binderreihe miteinander verzahnt. Die so entstehenden Holräume in der Außenwand bleiben unverfüllt und stellen einen Dämmeffekt her, der mit einem U-Wert von 0.38 W/m2K angegeben werden kann. Der beinahe identische Dehnungsfaktor beiGHU6FKLFKWHQOlVVWHLQH'HKQXQJVIXJHEHUÀVVLJ werden. Die Geschoßhohe Verglasung der Veranden ist beinahe auf die gesamte Breite zu öffnen, indem die Flügel vor das Mauerwerk geschoben werden können. So wird die Veranda, welche im Winter als Pufferzone dient, zum vollwertigen Balkon. Auf Blockrahmen, wie bei üblichen Schiebefenstern, wurde bewusst verzichtet. Eine untere und obere Führungsschiene kamen zur Anwendung und ermöglichten durch die Tiefenstaffelung von Fenster und Mauerwerk der Fassade eine Plastizität zu vermitteln. Aussenwaende aus 40cm aus «Optitherm»-Steinen und 12 cm «Kelesto» (unterhalb der Sintergrenze gebrannter Sichtbackstein) Unterschiedliche Raumhöhen Die jeweils vier Geschosse der Wohnbauten wurden so miteinander verschränkt, dass ein drei Meter hoher, durchgehender Wohnraum mit einem normal hohen, kleinteiligeren Bereich (Schlafen/Arbeiten_2.5 m) in Beziehung gesetzt wurde. In jedem Geschoss wechseln die Wohnfunktionen die Seite, um sich die unterschiedlichen Raumhöhen zu nutze zu machen. Der Zentral integrierte Treppenkern mit Aufzug gestattet den Bewohnern eine Nord- und Süderschließung und lässt dem Wohnraum die maximale Belichtungsmöglichkeit. Im Experiment mit dem Aussenwandaufbau sind in diesem Gebäude relative gute Ergebnisse erzielt worden,die jedoch zukünftig ohne nachträgliche Maßnahmen nicht zufriedenstellend sein werden. Die Verander als unbeheizte Zwischenzone 1.OG Grundriss 2.OG Grundriss 119 120 Tino Müller Anne-Caroline Bergmann Franziska Kestel Anna Viktoria Rödde Lebensdauer und Material “Mehr denn je wird es Zeit, zu unseren Ursprüngen zurückzukehren, unser Verständnis von Umwelt zu vertiefen und damit den Wäldern, die für die Gestaltung und Entwicklung des menschlichen Geistes eine so wichtige Rolle spielen, anders umzugehen.“ Tadao Ando Wenn man sich mit der Lebensdauer von Gebäuden auseinandersetzt, ist das Material ein, wenn nicht das entscheidende Thema. Heute ist es immer wichtiger über die Fertigstellung der Bauten allein hinaus zu planen, den Lebenszyklus zu Ende zu denken, die Konstruktion und vor allem das Material betreffend. Bei der Auswahl des Baustoffs ist zu bedenken welche Rohstoffe die Herstellung benötigt, sowohl „aktiv“ -als späterer Bestandteil des Materials- als auch „passiv“ -als Energielieferant zur Herstellung. Also welcher Primärenergiebedarf entsteht? Das heißt, wie weit muss der Baustoff zur Produktion und von dort zur Baustelle transportiert werden und wie aufwändig ist dieser Transport in Bezug auf Gewicht und Dimension des Materials? Was genau leistet dieser Baustoff? Ist er alleine in der Lage wichtige Anforderungen zu erfüllen oder ist eine Kombination mit anderen Materialen unbedingt nötig? In diesem Fall, welche Kombinationsvarianten gibt es und wie sieht diese Verbindung tatsächlich aus? Diese Fragen spielen vor allem für den letzten Lebensabschnitt der Gebäude eine Rolle, für den Abbruch und die Entsorgung. Allgemein unterscheidet man Materialien, die recyclebar sind, also wieder zu verwenden oder zu verwerten, und solche, die als Abfall enden, der nicht weiter zu verwenden ist und so die Umwelt belastet. Wenn Materialien in Kombination mit anderen verwendet werden, wie es meist nötig ist um die vielfältigen und umfangreichen Anforderungen moderner Bauten zu genügen, ist die anschließende Trennbarkeit zu berücksichtigen. Ist beispielsweise ein recyclebarer Stoff mit einem nicht-recyclebarem untrennbar kombiniert, entstehen damit vermeidbar größere Mengen von Abfall. Insofern ist es Aufgabe der Forschung Möglichkeiten zu finden genau solche Probleme von vornherein zu vermeiden. Also die Optimierung von Verbindungen, sodass sie im Nachhinein trennbar sind, Konstruktionen mit nicht schädlichen Verbindungsmitteln oder im besten Fall ganz ohne gesondertes Verbindungsmittel. Im Folgenden wird eine Auswahl von Materialien vorgestellt, die ein gutes Beispiel dafür sind, was Weiterentwicklung von bereits bekannten Materialien möglich macht. Dabei werden die Eigenschaften und Stärken neu betrachtet und der Einsatz unter Beachtung dieser Erkenntnisse optimiert. Neben dieser Forschung ist die wohl noch größere Aufgabe im Prozess des Nachhaltigen Bauens die Veränderung des Bewusstseins der Bauherren und Planer -und eine Art von Aufklärung darüber, was inzwischen möglich ist. 121 Lebensdauer und Material Alt bekannt und neu entdeckt Wenn man über Material im nachhaltigen Bauen spricht, sollte der Holzbau nicht ungenannt bleiben. Durch verschiedene Umstände ist die Forschung in diesem Gebiet zu neuen, innovativen Ergebnissen gekommen, sodass erstmals in der Geschichte eine Entwicklung weg vom Massivbau hin zum Holzbau beobachtet wird (besonders in Skandinavien und Zentraleuropa). Grund hierfür ist vor allem der bewusstere Umgang mit dem Rohstoff und seinen Eigenschaften. In der Geschichte des Holzbaus wurde hauptsächlich mit Vollholz gearbeitet, sodass eine hohe Holzqualität nötig war und viel Ausschuss produziert wurde. Rohstoffknappheit ist im Gegensatz dazu heute in allen Bereichen ein aktuelles Thema und verändert so auch den Holzbau entscheident. Um auch mit Hölzern geringerer Qualität und ihren Produkten bauen zu können, musste eine grundsetzliche Änderung der Konstruktionsstruktur vorgenommen werden: an die Stelle des Stabs als Grundelement tritt nun die Platte. Für die Herstellung wird Holz aller Qualitäten verwendet -vom Vollholz bis zum Span- und dem entsprechend entstehen Holzwerkstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften. Allen gemeinsam sind die sehr guten Voraussetzungen der Platte: Richtungsneutralität, hohe Festigkeit, Steifigkeit und die statische Scheibenwirkung. Durch die sich daraus ergebende Auflösung des bisher nötigen Rasters im Holzbau, entsteht eine große Flexibilität für die Gestaltung, besonders im Hinblick auf die Öffnungen. Ein weiterer Charakterzug des neuen Holzbaus ist die Vorfabrikation. So entstehen Fertigbausysteme 122 Bresta Brettstapelelement aus Kombination verschiedener Materialschichten, was die Ausnutzung der spezifischen Eigenschaften der einzelnen Bestandteile optimiert. Dabei muss erwähnt werden, dass sich auch der Begriff „Fertigbauweise“ verändert hat. Es handelt sich nicht um massenweise vorgefertigte Modulelemente, die die Planung und Gestaltung auf ein Raster festlegen, vielmehr wird in enger Zusammenarbeit von Architekt und (Holz-)Fachplanern der fertige Entwurf in für Transport und Handling ideale Teile „gestückelt“, die als Blackbox auf die Baustelle geliefert werden und vorort nur noch zusammengesetzt werden müssen. Der Begriff Blackbox beschreibt in diesem Zusammenhang das fertige Sandwichelement, dass die Anforderungen von Tragwerk, Bauphysik und Witterunsschutz erfüllt. Das alles macht den Holzbau aus heutiger Sicht in der Disskusion zum Thema ökologisches und ökonomisches Bauen mehr als konkurrensfähig. Und nicht zuletzt ist das ein Beispiel dafür was möglich wird wenn man ein Material genauer betrachtet und den erkannten Charakter im positiven zu nutzen weiß. Vorbereitung total Im Folgenden wird ein Auswahl von aktuellen Präfabsystemen vorgestellt, anhand derer die Vorteile von geschicktem Umgang mit dem Material Holz alleine oder in Kombination mit anderen Materialien deutlich werden. + Bresta Brettstapelsystem Bei diesem Präfabrikationssystem handelt es sich um ein Schichtholzelement, für das auch minderwertiges Material verwendet werden kann. Die Verbindung der einzelnen Seitenbretter (30mm stark) erfolgt ausschließlich durch Hartholzdübel, also eine lösbare Variante die keinen Leim benötigt. In der Planung kann dieses Element für Wände (8-12cm) und Decken (18-26cm) verwendet werden und bietet hohe Flexibilität da kein Raster nötig (Scheibe) und die Elementgröße beliebig möglich ist. Auch die Öffnungen sind frei zu setzten. Die Wärmespeichereigenschaften des Holzes werden dabei optimal ausgenutzt. Anna Viktoria Rödde + Ligu Holzbauelement Das Ligu-Element nutzt in seinem Aufbau aus Massivholzlamellen, abwechselnd mit Luftkammern geschichtet, die Dämmeigenschaften von Holz in Kombination mit stehender Luft. Dadurch wird jeglicher weiterer Dämmstoff unnötig -optimale Schichtenreduktion und Materialersparnis. + Wellsteg Kammer-Element In diesem Element ist dasHauptaugenmerk bei der Optimierung auf das Gewicht im Verhältnis zur Leistung gerichtet. Durch die Konstruktion (Wellstegträger mit gewelltem Sperrholzsteg) sind nur 7% Gewicht einer Betondecke nötig, um die gleiche Auflast bei gleicher Höhe und Stützweite zu tragen. Ligu Holzbauelement: Wand - Decke - Dach + Eco Welding: Holz schweißen Eco Welding ist ein Verfahren zur Thermo-mechanischen Holz-Holz-Verbindung. Seit zehn Jahren forscht und entwickelt Dr. Balz Gfeller, Hochschule für Architektur, Bau und Holz HSB, und sein Team nun schon diese ökologische Holzschweiß-Technologie der Zukunft, die inzwischen mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde. Variationen des selben Prinzips, nämlich Verbindung Holz-Holz durch einen Anregungsmechanismus (Reibung) ohne Leim, sind das Ultraschall-Verfahren, das Lineare Reibschweißen, das Orbitale Reibschweißen und das Rotationsschweißen. Unterschiede liegen dabei in der Bewegungsrichtung, Frequenz und Amplitude. So wird das UltraschallVerfahren vor allem für punktuelle Verschweißung und Verbindung kleiner Flächen genutzt, während das Rotationsschweißen besonders für stabförmige Verbindungsmittel (z.B. Dübel) geeignet ist. Das Reibschweißen (Lineare Vibrationstechnologie) ermöglicht flächig starke Verbindung zweier Holzbauteile. - Lineare Vibrationstechnologie: Ein Holzstück wird in die Schweißmaschine eingespannt und das zweite durch lineares Hin- und Herbewegen unter hohem Druck daran gerieben. Durch die entstehende Temperatur wird der Holzbestandteil Lignin an der Oberfläche geschmolzen und erhärtet sofort wieder. Dabei entsteht eine sehr starke Verbindung, die sofort belastbar ist. Das Produkt kann sofort weiter verarbeitet werden. Wellsteg Kammer-Element Eco Welding 123 Lebensdauer und Material e 3. Berliner Holzhochhaus Ansicht Esmarckstraße Verwendete Knotenvarianten 124 Detail: „Hochhängen“ der Brettstapel an den Deckenrändern Thema: Lebensdauer und Material Projekt: e3 -Wohnhaus Esmarckstraße Architekt: Kaden + Klingbeil Architekten, Berlin Ingenieure: Dipl.Ing. Tobias Linse, Dachau, und Bois Consult Natterer BCN, Etoy (CH) Ort: Berlin Prenzlauer Berg Hochhäuser aus Holz -per Definition höher als 21mgibt es schon seit dem 15. Jahrhundert und einige davon sind auch heute noch in gutem Zustand. Allerdings haben sich die Ansprüche und Anforderungen an Wohnbauten seit dem Mittelalter sehr verändert, weshalb es trotzdem Verwunderung hervorruft, wenn man von dem Neubau der Bauherrengemeinschaft e3 aus Berlin hört. Das Grundstück der Baugruppe liegt in einem gut erhaltenen Gründerzeitquartier in Berlin Prenzlauer Berg und bringt so die üblichen Dimensionen einer Lückenbebauung mit sich. Grundlegender Wunsch der Bauherren war es, ein ökologisch sinnvolles Gebäude zu bauen und Holz als elementaren Baustoff dafür zu verwenden. Das Büro Kaden + Klingenbeil Architekten war das einzige was dieses Vorhaben nicht von vornherein als unmöglich abgetan, sondern Entwurfsansätze für das Holzwohnhaus der Gebäudeklasse 5 vorgelegt hat. Dabei galt es in erster Linie eine Konstruktion zu entwickeln, die den Brandschutzanforderungen an Wohngebäude höher als 22m entspricht, da es in diesem Zusammenhang baurechtlich einer Zustimmung im Einzelfall bedarf. Kern dieses Entwurfs wurde also ein umfassendes Brandschutzkonzept. Der wohl wichtigster Bestandteil dieses Konzepts ist das Treppenhaus, das als Erschließungsturm in Stahlbeton F-90A ausgeführt wurde und mit Abstand zum eigentlichen Gebäude die Wohneinheiten über Brücken erschließt, sodass der Fluchtweg auch im Brandfall gesichert ist. Ebenfalls in F-90A ausgeführt sind die Installationsschächte, von denen zwei auf der Mittelachse des Gebäudes angeordnet sind und dort auch als zentraler Bestandteil der Gesamtkonstruktion dienen. Der Aufbau dieser Konstruktion ist prinzipiell simpel: es handelt sich um einen Holz-SkelettBaukörper der eine Hülle in Quaderform ausbildet. Die Gebäudefassade ist diesem Raster folgend in Anna Viktoria Rödde einem Schachbrettmuster angelegt, in dem sich Glasflächen mit geputzten Feldern abwechseln. Damit ist zusätzlicher Brandschutz durch erschwerten Feuerübersprung erreicht. Die tragenden Stützen des Skeletts sind in Massivholz F-90B(!) mit einem Querschnitt von 30x36cm ausgebildet und stehen in einem Abstand von 3 bis 3,30m. Die Knoten des Skeletts sind ausschließlich in Stahl/Stahl ausgeführt. Die Aussteifung des Gebäudes wird von Auskreuzungen je eines Gefaches pro Fassade und den Medienschächte in der Gebäudemittelachse übernommen. Diese Schächte tragen außerdem den deckengleichen Unterzug, über den die Decken 6m weit spannen. Dadurch ist eine freie Grundrissgestaltung in den Geschoss-Wohneinheiten garantiert. Der Deckenaufbau ist wie das gesamte Gebäude von dem Material Holz bestimmt: die Bauherren hatten hier den Wunsch deckenunterseitig die Holzkonstruktion zu sehen. Dementsprechend wurde eine Holz-Beton-Verbunddecke entwickelt. 16cm Brettstapel-Holz mit einer 10cm starken Aufbetonschicht entsprechen dem Kraftfluss in den freispannenden Decken. Die Verbindung zwischen den beiden Materialien wird durch eine Ausblattung aus der Oberseite der Holzschicht hergestellt, während der Brandschutz durch eine Brandschutzbeschichtung unterseitig gewährleistet ist. Um die Ansicht des Anschlusses Decke-Wand möglichst wenig zu stören und den unterseitigen Riegelüberstand zu reduzieren, wurde das Verbundsystem so ausgeführt, dass die Brettstapelschicht an der Wandoberfläche endet und die Betonschicht durch zusetzliche Bewehrung als Kragarm funktioniert, also alleine aufliegt. So ist auch ein übergangsloser Anschluss an die BetonBrücken möglich. Mit für dieses Gebäudevolumen normalen Kosten leistet e3 wesentlich mehr als andere Neubauten: es erfüllt KfW-40-Standart (förderungswürdig), alle Wohnungen verfügen über einen mechanischen Raumluftwechel mit Wärmerückgewinnung und der Primarenergiebedarf liegt bei nur 50% imVergleich zu konventioneller Bauweise. Alles in allem ein absolut vorbildliches Projekt für ökologisches Bauen mit Holz was Schule machen sollte und beweist was Holzbau heute zu leisten im Stande ist. Längsschnitt Detail Anschluss Holz-Beton-Verbunddecke Außenwand 125 Materialien Bauen mit Glas Glas ist nachhaltig Eine verschwindend geringe Abnutzung macht Glas zu einem Material von besonders hoher Lebensdauer. Und durch seine vollständige Wiedervendbar- bzw. Wiederverwertbarkeit gilt Glas als ein wirklich nachhaltiger Baustoff. Glas ist stark Glas birgt ein riesiges Innovationspotential. Immer häufiger wird nicht nur aus gestaltungs-ästhetischen Gesichtspunkten auf das an sich spröde und zerbrechliche Material zurückgegriffen, sondern auch aufgrund vergleichsweise kleinerer Konstruktionsflächen. Seit wenigen Jahren wird Glas im konstruktiven Bereich eingesetzt.Dazu gehören schlanke Glasschwerter, wie zum Beispiel beim apple retail store in der fifth avenue, New York. Oder die Glastreppe, wie bei der 2006 fertiggestellten Zentrale eines Telekommunikationsunternehmens in Paris, die von zwei gläsernen Wänden getragen wird. Allerdings trifft man aufgrund der relativ hohen Brüchigkeit, verglichen mit Stahl oder Holz, sehr schnell an die Grenzen des Materials. Die bisher längste selbsttragende Glasbrücke hat eine Spannweite von knapp 7 Metern. Zum Vergleich: die längste selbsttragende Brücke aus Lego-Bausteinen überspannt eine Länge von 14 Metern. Glas hält warm 126 „Brücke 7“, entwickelt vom Instituts für Baukonstruktion und Entwerfen, Lehrstuhl 2 der Universität Stuttgart Das Innovationspotential von Glas wurde in den letzten Jahrzehnten immer weiter ausgereift. Bei der Wahl von Glas als Fassadenelement steht der Planer grundsätzlich vor zwei Problemen. Zum Einen muss das Glas so beschaffen sein, dass es möglichst viel natürliches Tageslicht durchlässt, gleichzeitig soll es aber Sonneneinstrahlung im Sommer weitestgehend in irgendeiner Weise reflektieren oder Anne-Caroline Bergmann absorbieren, um eine Überhitzung des Gebäudes zu vermeiden. Früher wurde aus diesem Grund das Glas ganz einfach dunkel eingefärbt und die langwelligen Infrarotstrahlen, aus denen das Licht zu 51% besteht, wurden somit vor Eintritt in das Gebäude absorbiert. Auf diese Weise konnten die Innenräume zwar vor Überhitzung geschützt werden, jedoch kam auch verhältnismäßig wenig Tageslicht herein. Heutzutage setzt man in unseren gemäßigten Breiten 3-fach-Isolierglas ein, das mit den Gasen Argon, Krypton oder Xenon in ihrem Zwischenräumen gefüllt und mit einer Folie (die die langwelligen Infrarotstrahlen zurück in den Raum reflektiert) beschichtet ist. Die Gase haben eine geringere Wärmeleitfähigkeit als Luft und verhindern so, dass zu viel Wärme eindringt. Argon ist dabei das preislich ökonomischste Gas. Krypton und Xenon erlauben jedoch 3-fachVerglasungen, die nur unwesentlich dicker sind als 2-fach-Verglasungen. Vollverglasung. Weiterer Sonnenschutz ist nicht erforderlich. Die Wärmeschutz- oder auch Klimafolie befindet sich auf einer der beiden Glasscheiben auf der innengelegenen Seite. Durch die Beschichtung und die Befüllung der Scheibenzwischenräume mit Edelgas können bei hervorragenden Lichtdurchlässigkeitswerten extrem hohe Wärmeschutzwerte erreicht werden (k-Wert = 0,45). Der Lichttransmissionsgrad von 53 % ist verglichen mit anderen Sonnenschutzisoliergläsern sehr hoch. Das Heat-Mirror-Prinzip ist dabei die vorherige Technik der 3-Glasscheiben-Isolierung abzulösen. Mit seinen zwei Glasscheiben ist es nicht nur schmaler sondern auch leichter als bisherige Isolierverglasungen. Die Firma Pilkington entwickelte in den letzten Jahren zusätzlich eine Titan-Dioxid-Beschichtung, die für den sogenannten Lotus-Blüten Effekt sorgt. Kombi-Glas Neueste Entwicklungen sorgen hierbei für eine sehr hohe Transparenz des Glases bei gleichzeitig sehr guter Wärmedämmung. Ein spezielles Beschichtungsverfahren, durch das eine metallische Klimafolie aufgebracht wird, macht das möglich: Die Beschichtungsmaterialien werden im Vakuum einer Hochleistungskathodenzerstäubung ausgesetzt. Durch Ionenbombardement frei gewordene Silber- und Metalloxidatome legen sich auf die Glasscheibe nieder.1 1 Detail 10/2004 Die Firma Glasfischer entwickelte auf Grundlage dieses Verfahrens ein Dreifachisolierglas im sogenannten Heat-Mirror-Prinzip. Dieses Glas besteht aus nur zwei Glasscheiben und einer Edelgasfüllung im Zwischenraum und ist als Gebäudehülle in der Lage im Winter eine Auskühlung der Räume zu verhindern. Im Sommer schützen die Edelgase Argon und Krypton vor einer Überhitzung der Räume trotz herkömmlicher Wandaufbau, Außendämmung Styrodur. Dicke insgesamt: 40 cm, Dicke der Dämmung: 14 cm 3-fach-Isolierglas bestehend aus zwei Glasscheiben und einer Edelgasfüllung. Dicke: 3,3 cm 127 Material Thema: Glas Projekt: Haus Sobek, R128 Architekt: Werner Sobek Ort: Römerstraße 128, Stuttgart Experimentalhaus des Architekten Werner Sobek, fertiggestellt 2000. High-Eco-Tech-Architektur Nordansicht des Gebäudes bei Nacht Das Haus Sobek macht sich die Heat-MirrorTechnologie zu eigen: Der vollverglaste Kubus (12,80x8,20x10m) kommt ohne Sonnenschutz aus. Dafür sorgt nicht nur das 3-fach-Isolierglas, das im Jahre 2000 noch so unerprobt war, dass der Architekt selbst die Garantie dafür übernahm, auch das intelligente Kühlsystem hat seinen Anteil an einem stets angenehmen Raumklima. Durch Rohrleitungen, die bis tief unter die Erde führen, wird Wasser in die Unterste der vier Etagen des Wohnhauses gepumpt. Die Temperatur des Wassers hat zu diesem Zeitpunkt 15°C. Es wird mit Salz angereichert und in die unter den Decken befindlichen Rohrleitungen geführt. Im Sommer kühlt das Wasser die Räume, im Winter wird die Salzlösung im Wärmetauscher mittels Strom, der aus der Photovoltaikanlage auf dem Dach stammt, erwärmt. Transparenz im ganzen Haus 128 Modellfoto des R 128 Die Maße einer Isolierglasscheibe hängen grundsätzlich immer von der maximal herstellbaren Größe ihrer Klimaschutzfolie ab. So auch beim Haus Sobek: Die modularisierten Glaspaneele messen auf der Nord- und Südseite 2,80m x 1,36m und auf der Ost- und Westseite 2,80m x 1,42m. Befestigt wurden die Scheiben nach dem structuralglazing-Verfahren. Nur an wenigen Metall-Füßen kleben einzelne Scheiben an der Stahl-Skelett Kon- Anne-Caroline Bergmann struktion und sorgen damit für ein glattes einheitliches äußeres Erscheinungsbild. Die vier Außenwände sind zugleich die einzigen Wände im Haus Sobek. Eine Ausnahme bildet lediglich das WC, das von transluzentem Glas umgeben ist. Die gesamte technische Ausrüstung im Gebäude ist frei sichtbar und nicht hinter Putz versteckt, dessen Entsorgung nur auf dem Sondemüll möglich ist. Auch hier wurde an eine vollständige Rezyklierbarkeit des Hauses gedacht. Die elektrischen Leitungen verlaufen in Alurohren, die an den Stahträgern angeschraubt sind und sich per Klappmechanismus öffnen lassen. Das Stahlskelett wird ebenfalls nur mit Schraubverbindungen zusammengehalten. Die Dickholzfußböden sind passgenau in die Konstruktion hineingelegt. Damit sind alle Elemente leicht von einander trennbar und wiederverwendbar. Dementsprechend schnell war das R 128 auch montiert: Nur vier Tage brauchte man zur Errichtung des Skeletts. Innerhalb von vier Wochen war das komplette 4 geschossige Wohnhaus errichtet. Das Material Glas leistet beim Haus Sobek hervorragende Arbeit. Trotz exponierter Südfassade herrschen in den Räumen immer angenehme Temperaturen, so dass auf einen vorgesetzten Sonnenschutz verzichtet werden konnte, der das klare Erscheinungsbild des Architektenhauses beeinträchtigt hätte. Daran hat natürlich das Kühl- und Heizsystem seinen eigenen Anteil. Einen sehr nachhaltigen noch dazu, da es einen regenerative Energieträger, die Erdwärme, nutzt. Und auch die Lage des Haus Sobek machen eine derart transparente Hülle erst möglich: Von der Straße aus versperrt das Garagentor die Sicht auf das Haus. Ost und Westseite sind von Bäumen umgeben. Und in Richtung Süden steht das nächste Haus viel zu weit entfernt, um die Privatsphäre der Sobeks beeinträchtigen zu können. So kann Werner Sobek mit einem Baupreis von 500.000 € nur im übertragenen Sinne die Blicke der Neider auf sich ziehen. 129 Material Außerordentlich hohe Dämmeigenschaften und Umweltfreundlichkeit in der Wiederverwertung machen Stroh zu einem nachhaltigen Baustoff. So erhält ein Material, das lange Jahre ausschließlich in der Landwirtschaft Verwendung fand, eine neue Aufgabe. Bauen mit Stroh ertses Strohballenhaus der USA, 1914 Geschichte und Entwicklung Seit über hundert Jahren bewährt sich Stroh als Baumaterial in den USA. Davon zeugen viele Häuser, die auch heute noch als Wohnhäuser genutzt werden. Erst seit 1999 ist diese Bauweise, aus Stohballen Häuser zu bauen, in Deutschland bekannt. Trotz vieler Vorläufer in den Staaten, aber auch in Europa (Frankreich, Schweiz) ist Stroh in Deutschland kein baurechtlich zugelassenes Baumaterial. Bis 2004 wurden erst zwanzig Strohballenhäuser, wobei es sich nur um Experimentalbauten handelt, in Deutschland gebaut. Dabei erfüllt Stroh alle Anforderungen an einen nachhaltigen Baustoff. Stroh verbraucht bei seiner Herstellung kaum Energie, da es bei der Getreideernte als Abfallprodukt anfällt. Allein das Pressen von Ballen benötigt Energie, die aber durch die Photosynthese beim Wachsen des Getreides wieder an die Umwelt in Form von Sauerstoff zurückgegeben wird. Durch viele Anbaugebiete ist Stroh in großen Mengen überall in Deutschland erhältlich. Dies bewirkt, dass lange Anfahrtswege und hohe Kosten beim Transport entfallen. Das Bauen mit Stroh ist höchst umweltfreundlich, da das Material nach seiner Benutzung in den natürlichen Kreislauf, in Form von Mulch oder als Auflockerung für den Ackerbau, zurückgeführt werden kann. Herstellung und Verwendung 50-120 cm 32-70 cm Strohballengrößen 130 50 - 300 cm In verschiedene Ballenformen gepresst wird Stroh hauptsächlich als Futterzusatz oder als Stalleinstreu verwendet. Das lose Stroh, das der Mähdrescher bei der Getreideernte abwirft, wird von einer Presse, die meistens von einem Traktor gezogen wird, aufgesammelt und in handliche Ballen gepresst. Dabei entstehen je nach Art der Presse, runde oder eckige Strohballen. Zum Bau von Häusern werden ausschließlich eckige Strohballen verwendet. Je nach Konstruktionsart werden verschieden große Ballen benötigt. Kleinballen (32/50/50-120), mittelgroße Ballen (50/80/70240) und Jumboballen (70/120/100-300) finden am häufigsten Verwendung. Tino Müller Eigenschaften als Baumaterial Durch die Verdichtung beim Pressen der Ballen brennt Stroh nur sehr langsam. In Kombination mit einem Putz als Schutzschicht erreicht es sogar einen Feuerwiderstandswert von F90. In Deutschland ist ein Feuerwiderstandswert von F30 für Wohngebäude vorgeschrieben. Die dicken Wände, die typisch für Strohballenhäuser sind, weisen eine Wärmeleitfähigkeit von 0,0456 W/mK auf. Durch diesen hohen Dämmwert können Strohballenhäuser bei ordnungsgemäßer Ausführung Passivhaus-Standart erreichen. Beim Bauen mit Stroh treten natürlich auch verschiedene Bedenken auf, die aber unbegründet sind. Mäuse und Ungeziefer beispielsweise, haben keine Chance sich in das Stroh einzunisten, da durch die Pressung eine hohe Dichte entsteht. Auch Feuchtigkeit führt nicht zum Schaden, wenn das Stroh richtig austrocknen kann. Daneben besitzt Stroh auch Eigenschaften, die das Bauen beeinflussen. Durch die dicken Wände, die immerhin 30% der Baufläche in Anspruch nehmen, entstehen tiefe Fensterlaibungen, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen. Außerdem können Strohballenhäuser nicht höher als drei Geschosse gebaut werden, da das Stroh dem hohen Druck nicht standhält und unter der hohen Last zusammenbrechen würde. Lasttragende Bauweise Wandkonstruktionen mit Stroh Bei der Lasttragenden Bauweise wird die Last des Daches direkt über die Strohballen abgetragen. Hierbei werden Jumbostrohballen aufeinander gestapelt, verspannt und anschließend verputzt. Bei der Nichtlasttragenden Bauweise ist das Haupttragwerk aus einer Holzständerkonstruktion, die anschließend mit kleinen Strohballen ausgefacht wird. Das Stroh hat keine tragende Funktion. Die vorgesetzte Strohballenschale als Dämmung wird vorwiegend beim Sanieren von Altbauten verwendet. Vor die bereits bestehende Wand wird eine Schale aus Kleinballen gesetzt. Dabei entstehen besonders tiefe Wandöffnungen. Zudem müssen Fundamente und Dachüberstände verbreitert werden. Nichtlasttragende Bauweise 131 Oberthema (Arial Regular, 9 pt) Projekt: Haus Braun Architekt: Werner Schmidt Ort: Disentis, Schweiz Baujahr: 2002/2003 Jahresheizwärmebedarf: 5kWh/m²a Ferien im Stroh Ein Haus in der Schweiz Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Architekt Werner Schmidt mit dem alternativen Baumaterial Stroh und dessen Eigenschaften als dämmendes aber auch tragendes Bauteil. Nach ersten erfolgreichen Versuchen in der Nichtlasttragenden Bauweise folgte 2002 das erste Lasttragende Strohballenhaus, das in Disentis in der Schweiz unter seiner Leitung errichtet wurde. Das Ferienhaus steht am Hang in 1300 Metern Höhe. Durch die enormen Massen von Schnee, die in dieser Höhe anfallen, musste eine Konstruktion gefunden werden, welche die großen Dachlasten abtragen kann. So fiel die Wahl auf das Baumaterial Stroh, das nicht nur dem hohen Druck standhält, sondern auch einen sehr guten Wärmedurchlasswert besitzt. Das Ferienhaus ist ein zweigeschossiges Gebäude, das talwärts von drei Betonstützen gehalten wird und am Hang auf einer Stützmauer aufliegt. Nach Norden und Süden ragt das Giebeldach über zwei Meter hinaus. Die Wände aus 125 Zentimeter dicken Jumbo-Strohballen sind an drei Seiten fast fensterlos, dafür nach Süden hin mit einer großen Glasfront versehen, vor der sich eine großzügige Panoramaterrasse ausbreitet. Im Winter wird das Gebäude durch die einfallende Sonne beheizt. Im Sommer dienen die Verschattungselemente als Schutz. Im Erdgeschoss befindet sich der Eingang des Gebäudes, den man durch eine Treppe von der unteren Straße aus begehen kann. Die Aufteilung der Räume ist einfach. Im Erdgeschoss gibt es einen großen Wohn- und Essbereich, im Obergeschoss drei weitere Zimmer und ein Bad. 132 Die dicken Strohballenwände lassen sich im Grundriss nicht verbergen. Sie nehmen ein Drittel der gesamten Grundfläche des Hauses ein. Durch die daraus entstehenden Dämmeigenschaften erreicht das Ferienhaus in Disentis Passivhaus-Standart. Allein die große Südfassade reicht aus, das Haus im Winter zu beheizen. Zusätzlich wurde ein kleiner Holzofen eingebaut, der laut Besitzer aber bisher nie in Betrieb genommen wurde. Tino Müller Der Bauablauf Auf eine umlaufende Betonkante der Bodenplatte, die auf der Stützwand und den Rundstützen aufliegt, kommt eine dünne Dränageschicht (1) aus Split, die vor Feuchtigkeit schützen soll. Darauf werden anschließend die vorgefertigten Holzgewände (2) aus Drei-Schicht-Platten für die Fenster und Türen und die ebenfalls vorgefertigte Südfassade gesetzt. Auf die Splitschicht versetzt man die Strohballen (3), die zwischen 255 und 260 Zentimeter lang, 70 Zentimeter hoch und entsprechend der Wandstärke 125 Zentimeter breit sind. Die Setzfugen und Anschlüsse müssen in Handarbeit mit losem Stroh ausgestopft werden. Auf den Erdgeschosswänden liegt ein Kranz aus Drei-Schicht-Platten als Ringbalken (4) auf. Dieser Hohlkörper ist mit Steinwolle gefüllt und an den Ecken kraftschlüssig verschraubt. Mit herkömmlichen Kunststoff-Packbändern, die unten durch die Rohrhülsen der Betonaufkantung gefädelt werden, verzurrt man nun die Strohballen und den umlaufenden Kranz. Anschließend wird die 15 Zentimeter Massivholzdecke auf den Kranz aufgelegt. Im Obergeschoss ist der Konstruktionsablauf identisch, allerdings liegen auf dem Kranz direkt die Dachbinder (5) auf. Im Dachraum liegt eine 72-ZentimeterStrohschicht als Wärmedämmung. Nach dem Verschließen der Dachhaut und der Giebelflächen wird eine vierwöchige Arbeitspause eingelegt, in der sich das Stroh setzt (etwa 10 Zentimeter). Wegen dieser Setzung bleiben zwischen den Ringbalken und den Fenstergewänden ausreichend große Zwischenräume. Hat sich das Stroh gesetzt, werden die Kunststoffbänder nachgespannt. Für den Innen- und Außenputz wurden in die Lagerfugen der Strohballen lose Bänder eingelegt, mit denen man die Putzgitter innen und außen zusammenzieht. Anschließend werden Kalk-Zement-Putze (6) aufgebracht. Das Ferienhaus in Disentis zeigt, wie aus dem einfachen Abfallprodukt Stroh ein nachhaltiges und umweltfreundliches Bauwerk entstehen kann. Nach diesem ersten erfolgreichen Versuch, baute der Architekt drei weitere Gebäude in der lasttragenden Strohbauweise. Das letzte sogar mitten in der Stadt. (1) Dränageschicht und (2) Holzgewände (4) Ringbalken (6) Putzschicht (3) Strohballen (5) Dachbinder 133 Material Innovative Dämmstoffe Mit der bewirtschaftung des Gebäudebestandes verbrauchen wir etwa 50 % der benötigten Energie in Deutschland. Folglich kann eine bessere Dämmung der Gebäudehülle zu einer beträchtlichen Einsparung an fossilen Energieträgern führen und in erheblichen Umfang zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes beitragen. Eine Möglichkeit dazu bietet der Einsatz innovativer Dämmsoffe. Die Wärmeleitfähigkeit herkömmlicher Dämmmaterialien wie Glas-, Mineralwolle oder Polystyrenschäume liegt zwischen 0.035 und 0,050 W/(mK). Als innovative Dämmstoffe sucht man also Materialien, deren Wärmeleitfähigkeit noch darunter liegt. Um innovative Dämmstoffe zu klassifizieren ordnet man sie nach ihrem Funktionsprinzip. Arten von Dämmstoffen wären zum Beispiel: die transparente Wärmedämmung, die solare Wärmedämmung, Vakuumdämmung und die Latentwärmespeicher. Zu diesen Klassifizierungen gibt es verschiedenste Dämmsysteme einige von ihnen sollen im nachfolgenden Text näher beschrieben werden. Transparente Wärmedämmung Glasfasermatte der Firma Wacotech 134 Schulaula, Sulgenbach Die Transparente Wärmedämmung oder kurz TWD bezeichnet Materialien die eine gute Wärmedämmung mit einer hohen Lichtdurchlässigkeit verbinden. Die Vorteile liegen klar auf der Hand man kann Flächen die sonst dunkel versiegelt sind mit einer tranzuluzenten Dämmung versehen und so für eine gleichmässige Belichtung der Räume sorgen. Eine sehr hohe tranzluzens hat die Glasfaser der Firma Wacotech GmbH. Die sehr dünnen, gesponnenen Glasfasern werden mit einem lichtstabilen Binder versehen und zu einem sehr leichten und lichtdurchlässigen Glasgespinst verwoben. Die eingeschlossene, stehende Luft im Glasgespinst sorgt für eine sehr gute Wärmedämmung. Im Sommer wird durch die gute Sonnenschutzwirkung der Wärmeeintrag stark reduziert (niedriger g-Wert). Das Glasgespinst kann ein- oder mehrlagig eingesetzt werden, je nach angestrebtem U-Wert und Lichtdurchlässigkeit. Beim Neubau der Schulaula in Sulgenbach, Bern von Guteg Architekten, wurde die Glasfaser in einer Pfosten-Riegel-Konstruktion in Holzrahmenbauweise eingesetzt. Die Fassade ist als Doppelfassade ausgebildet und in Rasterfelder mit variierenden Franziska Kestel Längen unterteilt. Elemente mit unterschiedlichem Materialcharakter füllen diese Felder und gehen ein interessantes Wechselspiel miteinander ein. Die transluzenten Felder sind mit drei Lagen der Glasfaser befüllt und tragen zur gleichmäßigen Ausleuchtung des dahinter liegenden Raumes bei. Solare Wärmedämmung Wenn man von solarer Wärmedämmung spricht, sind dies Dämmsysteme die sich die Energie der Sonne zu nutzen machen, so auch das Holzlamellensystem hinter Glas von Lucido Solar. Lucido ist eine Solarfassade, die aus einem Solarglas, einem Holzabsorber und einer Dämmwand besteht. Das System setzt die gewonnene und in sich gespeicherte Sonnenenergie als natürliche Isolationskraft für das Gebäude ein. Der Temperaturunterschied zwischen Wohnraum und Außenklima wird praktisch aufgehoben. Lucido optimiert die Energieeffizienz des Hauses so, dass dessen Energieverlust auf praktisch gegen Null geht. Eine konventionelle Wand aus Holz oder Beton, ist sie neu oder schon bestehend, übernimmt die statische Funktion der Fassade. Auf ihr ist der Absorber befestigt und mit einem kleinen Abstand folgt das Solarglas, das mit einer Halterung aus Aluminium, Chromstahl oder Holz befestigt ist. Die Strahlen der hoch stehenden Sommersonne werden teils von den kleinen Prismen auf der Oberfläche des Solarglases reflektiert, treffen andererseits aber auch auf die geneigten Lamellen. Ein Grossteil des Absorbers ist verschattet, da die Strahlen aufgrund ihres Winkels nur auf die Kanten der Lamellen treffen können. Die dort entstandene Hitze wird durch natürliche Thermik im Luftspalt weggeführt. Diese Effekte verhindern eine Überhitzung des Systems. Im Winter funktioniert das System so das die horizontalen Lamellen des Absorbers leicht nach unten geneigt sind. Die tief stehende Wintersonne kann ganz in die Lamellenstruktur eindringen und den Absorber erwärmen. Die dahinter liegnde Massivwand speichert die wärme über Nacht und kühlt nur langsam wieder aus. Nur wenig Licht reicht aus um das Gebäude genügend zu isolieren und so vor Wärmeverlust nahe vollständig zu schützen. Aufbau der Solarfassade, Lucido Anwendung der Solarfassade Lucido, in Hofberg, Schweiz von Fent Solar Architektur 135 Material Vakuumdämmung Vakuumisolationspanell Wandaufbau 136 Wohnungsbau, Lichtblau Architekten Vakuumwärmedämmung bezeichnet ein hocheffizientes System zur thermischen Dämmung, bei dem der durch die Gasmoleküle der Luft bedingte Wärmetransport verhindert wird. Dieses Prinzip macht sich das Vakuumisolationspanell zu nutzen. Vakuumdämmplatten (auch Vacuum Insulated Panel, kurz VIP) sind hocheffiziente Materialien zur Wärmedämmung. Sie bestehen aus einem porösen Kernmaterial, das unter anderem als Stützkörper für das in der Vakuumdämmplatte vorliegende Vakuum dient und einer hochdichten Hülle, die einen Gaseintrag in die Dämmplatte verhindert. Der Stützkern einer Vakuumdämmplatte muss verschiedene Anforderungen erfüllen. Zum einen muss er dem Luftdruck, der auf der Oberfläche der Vakuumdämmplatte lastet (ca. 10.000 kg·m²) standhalten. Zum anderen muss er evakuierbar sein, also aus einem offenporigen Material bestehen. Je größer die Poren des Materials sind, desto höher sind die Anforderungen an das anliegende Vakuum, um niedrigste Wärmeleitfähigkeiten zu erreichen. Mit Vakuumdämmplatten lassen sich Wärmeleitfähigkeiten von weniger als 0,004 W·m/K realisieren, eine Vakuumdämmplatte mit 20 mm Dicke kann also eine Styroporplatte mit 200 mm Dicke ersetzen. Die Lebensdauer einer Vakuumdämmplatte hängt entscheidend von der Qualität ihrer Umhüllung ab. Je mehr Gasteilchen (Atome, Moleküle) durch die Umhüllung diffundieren, umso schneller steigt der Druck in der Vakuumdämmplatte an, wodurch sich die Isolationseigenschaften verschlechtern. Bei allen Vorteilen die, die Vakuumdämmung mit sich bringt muss man doch erwähnen das diese erheblich teuerer ist wie herkömmliche Dämmungen und es besteht die große Gefahr die empfindliche Hülle beim Einbau zu beschädigen. Bei einem Wohnungbauprojekt der Lichtblau Architekten in München kamen Vakuumdämmplatten zum Einsatz. Es wurde ein Niedrigstenergiehaus in Massivholzbauweise errichtet, bei dem die hocheffiziente Dämmhülle mit schlanken und architektonisch hochwertigen Konstruktionen eingesetzt wurde. Der Aufbau erlaubt ein Austauschen von belüfteten VIPs. Die Gesamtwanddicke beträgt weniger als 20 cm bei einem U-Wert von 0,14 W/(m²K). Um die Wärmebrü- Franziska Kestel cken zu minimieren ist es notwendig, maßgenaue VIPs einzubauen. Die Größe der hauptsächlich eingesetzten VIPs betrug 100 x105 x 4 cm³. Auch für Dach und Außentüren kamen VIPs zum Einsatz . Latentwärmespeicher Ein Latentwärmespeicher ist eine Einrichtung, die thermische Energie verborgen, verlustarm, mit vielen Wiederholzyklen und über lange Zeit zu speichern in der Lage ist. Dies kann erzielt werden mit sogenannten Phase Change Materials kurz PCM. Phase Change Materials sind Paraffine oder Salzhydrate, die ihren Zustand ab einer bestimmten Materialtemperatur wechseln können. So gehen diese Materialien bei Erwärmung und Erreichung des Grenztemperaturbereiches vom festen in den flüssigen Zustand über. Damit wirken sie wie ein Wärmespeicher der ab einer bestimmten Temperatur aufgeladen werden kann. Je nach Zusammensetzung des Materials ist die Grenztemperatur einstellbar, damit ist die Anwendung vielfälltig. Im Gebäude können durch Beimischungen von PCM im Putz oder in Leichtbaudecken je nach PCM-Anteil Schichten von 1 – 6 cm die selben thermischen Eigenschaften wie eine 20 cm dicke Betondecke erreichen. Somit sind PCMs keine richtigen Dämmstoffe im traditionellen Sinne sondern werden in anderen Baustoffen integriet. Beim Servicecenter eines Möbelherstellers in Ludwigshafen, von den Allmann Sattler Wappner Architekten, wurden erstmals mikroverkapselte Wachskügelchen als Latentwärmespeicher großflächig eingesetzt. Die Kügelchen auf der Basis von Paraffinwachs sorgen dafür, dass die Innenräume auch an heißen Tagen lange Zeit kühl bleiben. Sie wurden in eine fünf Zentimeter dicke Gipsplatten gemischt, die im Innenraum liegen und zur verkleidung der Wände dienen. Sobald sich der Raum erwärmt, schmilzt das Wachs in den Kapseln und nimmt die Energie auf - die Luft bleibt kühl. Nachts werden die Kügelchen durch ein verzweigtes Wassersystem gekühlt, das durch die Gipsverkleidung fließt, so dass sie wieder erstarren. Die gespeicherte Energie wird an das Wasser abgegeben. Bei diesem Kühlsystem wird nicht nur Kühlenergie sondern auch Material gespart: Die Wärmekapazität der fünf Zentimeter dicken Gipsdecke entspricht der einer 20 Zentimeter starken Betondecke. Wachsmoleküle Servicecenter Ludwigshafen 137 138 Jantje Bley Anja Schneider Elaheh Sarrafi Björn Seifert Christian Krupsch Energetische Konzepte Heutzutage ist beim Planen eines Gebäudes nicht mehr ausschließlich die Ästhetik zu beachten, sondern auch eine energieeffiziente Bauweise. Da der Klimawandel sich in den letzten Jahrzehnten als immer wichtiger werdendes Problem offenbart, ist es zwingend notwendig neue energetische Konzepte in die Entwürfe zu integrieren. Hierbei geht es vor allem darum, immer knapper und teurer werdende Energieressourcen sparsam und nachhaltig zu verwenden. Der heutige Stand der Forschung und Entwicklung erlaubt es uns Neu- und Umbauten ohne erheblichen Mehraufwand durchzuführen. Zwar erscheinen die Kosten zu Beginn der Maßnahme erhöht, aber diese Kosten relativieren sich. Dies hängt vor Allem mit der Lebensdauer und der Effizienz der Maßnahmen zusammen: Bei einer umfassenden Energieeinsparmaßnahme kann im Laufe der Jahre ausreichend Energie eingespart werden, um die Kosten der Installation zu decken. Besonders bei Bauwerken mit einer geringeren Lebensdauer ist es wichtig Materialien einzusetzen, die effizient wieder verwendet werden können. Die folgenden Projekte zeigen, dass energie- und kosteneinsparendes Bauen keineswegs ein Verzicht auf hohen Wohnkomfort bedeutet. Die von uns vorgestellten Gebäude wurden unter folgenden Aspekten erbaut: Das Heliotrop in Freiburg als erstes Plusenergiehaus, das Alten- und Pflegewohnheim in Steinfeld mit einem Atrium als Klimapuffer, das Studentenwohnheim von B et E in Wien als beispielhaftes Gebäude, das vielen unterschiedlichen Ansprüchen an Wohnkomfort gerecht wird, das Wohngebäude „sunny woods“ in Zürich als erstes Mehrfamilienhaus der Schweiz, dem ein Nullenergiekonzept zugrunde liegt, der Neu- und Wiederaufbau des Autobahnwerkhofes CeRN in Bursins, der sich durch eine hohe Menge an wiederverwendeten und weiterverwendbaren Materialien auszeichnet. 139 Energetische Konzepte Energiesparende Gebäudekonzepte 140 Tabelle zur Einordnung verschiedener Bauweisen Um eine bewertende Betrachtung energiesparender Gebäudekonzepte durchführen zu können, müssen vorerst Standards und Kriterien definiert werden: Gebäude, in denen fast ohne Heizverteilsystem im Winter und ohne Klimaanlage im Sommer eine hohe Behaglichkeit erreicht werden kann, werden als Passivhäuser bezeichnet. Besonders durch eine optimierte Gebäudehülle können bis zu 90% des Heizwärmeverlustes eingespart werden. Passivhäuser sind keine neue Bauweise, sondern ein Baustandard: es werden besondere Anforderungen an Architektur, Technik, Ökologie und Komfort des Hauses gestellt, wobei Kennzahlen festgelegt sind, nach denen ein Gebäude dem Passivhausstandard gerecht werden kann. So darf der Jahresheizwärmebdarf 15 kWh/(m²a) nicht überschreiten, genauso wie die Primärenergiekennzahl für Restheizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Haushaltsstrom bei höchstens 120kWh/(m²a) liegt. Der Infiltrationswechsel, also der Lufteintritt in das Gebäude über Undichtigkeiten in der Gebäudehülle, muss bei 50pa kleiner als 0,6/h sein. Der Begriff Passivhaus ist aber kein geschützter Begriff und wird somit oft auch als Bezeichnung von Jantje Bley Gebäuden verwendet, welche die genannten Richtlinien nicht einhalten Kriterien Das Grundprinzip eines Passivhauses besteht darin, Energieverluste zu minimieren und passiv solare Energie zu gewinnen. Folgende Kriterien sollten hierbei erfüllt werden: eine hochgedämmte Gebäudehülle mit einem U-Wert von weniger als 0,15W/(m²K), hierfür werden Dämmstoffdicken zwischen 25 und 40cm benötigt hierzu gehören auch eine Superverglasung und Superfensterrahmen mit einem U-Wert von höchstens 0,8W/(m²K) der Baukörper sollte möglichst kompakt sein, um das Verhältnis zwischen Außenhülle und zu heizendem Innenraum optmial zu halten Wärmebrücken sollten vermieden werden durch eine Südorientierung und weitestgehende Verschattungsfreiheit wird die Möglichkeit der passiven Solarenergienutzung bestmöglich ausgeschöpft es sollte eine Wärmerückgewinnung aus der Abluft erfolgen, sowie Solarkollektoren oder eine Wärmepumpe verwendet werden um das Trinkwasser zu erwärmen durch einen Erdwärmetauscher kann zu sätzlich eine passive Luftvorerwärmung er folgen Schema einer Lüftungsanlage für ein Passivhaus Die verbrauchte Abluft wird über die Nutzräume abgesaugt, gibt im Wärmetauscher einen Großteil ihrer Temperatur ab und gelangt dann ins Freie. Die Außenluft gelangt durch einen Erdwärmetauscher in den innenliegenden Wärmetauscher und dann direkt in die Aufenthaltsräume. Lüftung und Wärmerückgewinnung Die luftdichte Außenhülle eines Passivhauses erfordert ein spezielles Lüftungssystem, eine sogenannte Komfortlüftung. Aus hygienischen Gründen wird die Luft hierbei alle 1 bis 4 Stunden ausgetauscht. Bei dieser Komfortlüftung muss eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung stattfinden, bei der etwa Schema der Funktionsweise eines Wärmetauschers 141 Energetische Konzepte der Wärme der Abluft über einen Wärmetauscher an die Zuluft abgegeben werden. Trotzdem wird der größte Teil der benötigten Wärme im Haus vo den sich dort aufhaltenden Menschen, die Wärmeabgabe von Haushaltsgeräten sowie durch solare Wärmegewinnung über die Fenster erzielt. Warmwasseraufbereitung Passivhaus von Carsten Grobe, 1999 in Ottbergen Beim Bau dieses Gebäudes wurde besonders auf die Kompaktheit und die verglaste Südfront geachtet. Im Passivhaus ist der Energiebedarf für die Bereitstellung von Trinkwarmwasser im Wohnbereich die höchste verbliebene Energieanforderung, für die eine ganzjährige Wärmebereitstellung erforderlich ist. Durch eine thermische Solaranlage können bis zu 65% dieses Jahresbedarfs abgedeckt werden. Kühlung und Heizung Durch die das ganze Jahr über gleichbleibenden Innentemperaturen in einem Passivhaus ist eine aktive Kühlung der Räume in der Regel nicht notwendig. Bei Gebäuden mit erhöhter innerer Wärmebelastung (Kaufhäuser oder Büros) kann eine zusätzliche Kühlung über einen Erdreichwärmetauscher oder Kälteanlagen erfolgen. Im Vergleich zu herkömmlichen Neubauten benötigen Passivhäuser ca. 80% weniger Heizleistung. Dieser geringe Heizwärmebedarf und hohe Innenoberflächentemperaturen der Außenbauteile machen verschiedene Konzepte zur Restwärmeerzeugung denkbar: Die Grundheizung stellt eine Zuluftheizung dar, die über die vorhandene Lüftungsanlage mit Nachheizregister betrieben wird. Hierüber hinausgehende Raumheizlasten können durch einen Ofen, Fernwärme oder ein Wärmepumpenkompaktgerät erzielt werden. Nullenergiehäuser 142 Der Begriff Nullenergiehaus bezeichnet einen Energiestandard für Gebäude, die rechnerisch in der Jahresbilanz keine externe Energie (Gas, Öl, Elektrizität,...) beziehen. Hierbei ist aber wichtig zu beachten, dass diese Gebäude in der Regel Jantje Bley vor allem im Winter externe Energie benötigen, in den heißen Monaten des Jahres konnte aber ein Überschuss an Energie produziert und in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Die im Winter zusätzlich benötigte Menge darf die eingespeiste Menge nicht überschreiten. Die Energie aber, welche zur Errichtung des Gebäudes benötigt wird, wird in dieser Gleichung nicht berücksichtigt. Die sogenannte Energierücklaufzeit kann 12 Jahre betragen, es dauert 12 Jahre bis das die verbrauchte Energie wieder eingespart wurde. Schutz vor Sommersonne und Einlass der Wintersonne Der weite Dachüberstand schützt in den Sommermonaten vor zu großer Hitze durch direkt einfallendes Sonnenlicht. Die tieferstehende Wintersonnen kann ungehindert einfallen. 143 Energetische Konzepte Thema: Plusenergiehäuser Projekt: Heliotrop Architekt: Rolf Disch Ort: Freiburg Plusenergiehäuser Innerer Kern des Gebäudes 144 Heliotrop in der Bauphase Eine weitere Steigerung dieser energiesparenden Häuser ist das Plusenergiehaus. Hierunte versteht man Gebäude, die nicht nur wie Nullenergiehäuser ihren eigenen Bedarf decken, sondern soviel Energie produzieren, das diese in das öffentliche Netz eingspeist werden kann. Der freiburger Architekt Rolf Disch ist der „Erfinder“ und hat diese Bezeichnung schützen lassen. Er wollte ein Gebäude konstruieren, „das höchsten Ansprüchen an Architektur und Umweltschutz genügt und dennoch ohne lästige Einschränkungen seinen Bewohnern exklusiven Wohnkomfort bietet“. Das Gebäude mit dem Namen „Heliotrop“ wurde im Jahr 1994 fertiggestellt und beinhaltet eine Wohneinheit mit zwei Bewohnern. Um eine hohe Passgenauigkeit zu gewährleisten wurden die einzelnen Elemente des Gebäudes in Modulen vorgefertigt und auf dem als unbebaubar geltenden Grundstück montiert. Das wichtigste Baumaterial ist Holz. Eine zentrale Säule trägt die Konstruktion und beherbergt die meisten Elektroinstallationen. Hierum windet sich eine Wendeltreppe von der aus alle Ebenen des Hauses zu betreten sind. Interessant ist hierbei, das sämtliche Räume nicht abgeschlossen, sondern durch Trennwände unterbrochen sind. Dies gewährleistet eine hohe Variabilität bei der Nutzungsaufteilung der Wohnfläche. Auch die Konstruktion des Skeletts besteht aus Holz. Die mittige Säule ruht auf einem Drehkranz mit Schwenklager, der von einem Elektromotor angetrieben wird. Hierdurch kann sich das Gebäude mit der Sonne drehen und so eine maximale Ausbeute der Sonnenenergie erzielen. Genauso ist es möglich, während zu heißer Stunden die bewohnten Räume von der Sonne weg zu wenden, um so eine zu große Überhitzung und die damit zusammenhängende Notwendigkeit der aktiven Kühlung der Räume zu vermeiden. Hierzu trägt auch die äußere Hülle des Gebäudes bei: Auf der einen Seite des Gebäudes findet sich eine dreifache Wärmeschutzverglasung, die Wände der anderen Seite sind hoch wärmegedämmt. Für den verbleibenden Wärme- und Heizwärmebedarf dienen drei Elemente: zu den Brüstungselementen gehören Vakuumröhren, die Jantje Bley zur Warmwasseraufbereitung dienen. Dies geschieht durch Erwärmung des durchfließenden Wassers durch die Sonne. Außerdem findet sich unter dem Gebäude ein Erdwärmetauscher. Das dritte wichtige Element ist ein PhotovoltaikSolarkraftwerk welches auf der Dachterrasse installiert worden ist. Dieses Kraftwerk ist wie das Gebäude schwenkbar und kann so fünf- bis sechsmal mehr Strom erzeugen, als im Haus verbraucht wird. Gleichzeitig dient es als Sonnen- und Regenschutz. Auch in anderen Belangen ist das Gebäude ökologisch ausgerichtet. Regenwasser wird gesammelt und zum Spülen und Waschen verwendet und das Abwasser in einer bepflanzten Teichkaskade geklärt. Abfall und Fäkalien werden geruchlos in einer Trockenkompostanlage kompostiert. Ansicht des Gebäudes Heliotrop 145 Energetische Konzepte Thema: Atrium als Klimapuffer Projekt: Alten- und Pflegewohnheim Architekt: Dipl. -Ing. Dietger Wissounig Ort: Steinfeld, Kärnten/Österreich Baujahr: 2003-2005 Bauherr: Sozialhilfeverband, Spittal/Drau Tragwerksplaner: ARGE Dipl. -Ing. Kurt Pock Atrium als Klimapuffer Anischt der Westseite 146 Eingangsbereich mit Blick auf das Atrium Bei der Planung des Alten- und Pflegewohnheims wurde das Hauptaugenmerk auf eine möglichst kostengünstige und energieeffiziente Bauweise gegelegt. Wissounig schafft diese Gradwanderung durch eine sehr kompakte Bauweise. Diese wird durch ein Atrium im Inneren des Gebäudes erreicht, das sowohl für Belichtung, sowie auch für die Be- und Entlüftung innerhalb der Räume sorgt. Kurzbeschreibung Das 2005 von Dietger Wissounig erbaute Altenund Pflegewohnheim liegt am Ortsrand von Steinfeld in Kärnten. Der kompakte Baukörper orientiert sich von West nach Ost und reagiert so auf seine Umgebung. Der äußerlich eher introvertiert wirkende Bau öffnet sich im Gebäudeinneren zu einem komplett verglaseten, dreigeschossigem Atrium. Servicebereiche, wie Büros und notwendige Pflegeeinrichtungen, bilden einen Puffer nach Norden. Die großzügig geplanten Wohneinheiten, sowie die Aufenthalts- und Gemeinschaftsräume orientieren sich nach Südost und gewinnen so an natürlicher Belichtung und an passiver Solarenergie. Das, aus Beton konstruierte Erdgeschoss setzt sich unter den Obergeschossen zurück. Dadurch ermöglicht es die maximale Sonneneinstrahlung. Die einzelnen Wohneinheiten wurden als einzelne „Wohnboxen“ aus Holz konstruiert. Der doppelte Wandaufbau gewährleistet eine erhöhte Wärmedämmung, die auf das Niveau eines Passivhauses herankommt. Eine zusätzliche Fußbodenheizung, die an das örtliche Biomassenetz angeschlossen ist, wurde dennoch vorsorglich installiert. Das Atriumprinzip Das komplett verglaste Atrium im Gebäudekern bildet den wichtigsten Teil des Gebäudes. Dieses erstreckt sich über alle drei Etagen und ist mit raumhohen Pflanzen bestückt. Lediglich einzelne Brücken bilden eine Verbindung von West nach Ost. Durch das verglaste Atriumdach, wird die passive Solarenregie genutzt. D.h. durch den Lichteinfall kann zum Einen tagsüber auf künstliche Belichtung verzichtet werden und zum Anderen wird die Wärme die, die Sonneneinstrahlung auf den Wintergarten bewirkt, für den umliegenden Flur genutzt. Anja Schneider Die wohl wichtigste Funktion des Atriums ist jedoch das Be- und Entlüftungssystem. Über das öffenbare Atriumdach wird frische Luft angezogen, die mit vorgewärmter bzw. vorgekühlter Luft aus den Erdregistern vermischt und über Quelllüftungen in die, ansonsten nicht belüftbaren, Wohnräume weitergeleitet wird. So erreicht das Gebäude, ohne zusätzliche Beheizung bzw. Belüftung im Sommer Temperaturen zwischen 20 und 30°C und im Winter Temperaturen zwischen 5 und 15°C. So spart das Gebäude, zusammen mit einer Regenwasseraufbereitungsanlage, im Vergleich zu anderen Alten-und Pflegewohnheimen, rund 50% der Gesamtenergiekosten pro Jahr. Passiv- oder Niedrigenergiehaus? Zwar kommt das Alten- und Pflegewohnheim von Wissounig mit einem U-Wert von 16 kWh/ (m²a) nah an das Niveau eines Passivhauses heran, ist aber aufgrund der zusätzlichen Beheizung eher als Niedrigenergiehaus zu bezeichnen. Auch die Aufbereitung von Warmwasser wird noch nicht über das Gebäude selbst gelöst, wie in anderen Beispielen. Eine Nachrüstung wäre aber ohne Weiteres möglich. Fazit Dieses Gebäude ist durchaus zukunftsorientiert geplant worden. Eine eventuelle Umnutzung ist, durch eine barrierefreie und großzügige Planung der Räume, problemlos vorstellbar. Stellenweise wurden bereits andere Nutzungen integriert, die, neben dem sozialen Aspekt, auch zeigen, dass eine Umnutzung durchaus möglich ist. So befindet sich im Erdgeschoss eine Bilbliothek und eine kleine Kaplelle, in der regelmäßige Messen stattfinden. Die Gesamtkosten des Gebäudes lagen zwar höher als bei anderen vergleichbaren Pflegeeinrichtungen. Diese sind aber durch die Einsparung der Energiekosten und die längere Lebensdauer in rund 10 Jahren wieder eingeholt. Schade jedoch ist, dass durch die abgelegene Lage des Gebäudes eine Anfahrt der Besucher durch einen PKW erforderlich ist und somit wieder zusätzliche Energie verbraucht wird. Dieses Problem durch eine bessere Anbindung eines öffentlichen Verkehrsnetztes lösbar. Grundriss Erdgeschoss Grundriss 1.Obergeschoss Atriumprinzip im Winter Atriumprinzip im Sommer 147 Enegetische Konzepte Thema: Energieeffizeinte Bauweise Projekt: Studentenwohnheim Architekt: Baumschlager Eberle P.ARC ZT GmbH Energieplanung: teamGMI Ort: Molkereistrasse 1, 1020 Wien Energieeffiziente Bauweise Immer öfter finden wir Passivhäuser in unseren Städten, auch wenn sie nicht immer gleich als solche zu erkennen sind. Wie bereits beschrieben funktioniert ein Passivhaus nur durch die optimale Zusammenstellung aus verschiedenen ökologischen Komponenten der Energiegewinnung und deren Erhaltung. Jedoch können nicht in allen Passivhausvorhaben alle möglichen Komponenten Verwendung finden. Es liegt immer in der Herausforderung des einzelnen Architekten die besten Komponenten für das geplante Projekt zusammenzustellen und gleichzeitig den Vorgaben der Bauherren und Stadtplaner zu entsprechen. Anhand des Wiener Studentenwohnheimes möchte ich im folgendem ein Beispiel für ein Passivhaus darstellen das sich auf diese Herausforderung eingestellt hat. Architektur Lageplan Molkereistraße/Stuwerstraße/Obermüllnerstraße Westfassade 148 Das Wohnheim bietet 278 Einzelzimmer in unterschiedlichen Wohnungstypen: In den Geschossgrundrissen im Haupttrakt des Gebäudes entlang der Molkereistrasse auf den Ebenen 0 bis 5 werden Zwei- Zimmereinheiten als Standardtyp beidseits des zentralen Erschließungsgangs etabliert. Weiters sind Ein- Zimmereinheiten, Drei- Zimmereinheiten und Vier- Zimmereinheiten systematisch durch alle Geschosse angeordnet. Die Grundstruktur der Wohnungseinheiten wird auch im obersten Geschoss, der Ebene 6, beibehalten, jedoch aufgrund der Dachschräge teilweise modifiziert. Auf der Ebene 0 befinden sich die beiden Eingänge in das Studentenwohnheim: der Haupteingang an der Molkereistrasse, sowie der zweite, behindertengerechte Zugang über eine Rampe aus dem Innenhof des Wohnparks. Die Eingangshalle auf Ebene 0 bildet einen zentralen, zweigeschossigen Gemeinschaftsbereich mit Galerie. Ein weiterer Gemeinschaftsraum ist unmittelbar über dem Haupteingang auf der Ebene 1 angeordnet. Auch die Ebene 4 erhält einen zentral gelegenen Gemeinschaftsraum. Die Geschosse werden durchgehend über eine Doppelliftgruppe an der Südwest - Ecke sowie über zwei Stiegenhäuser erschlossen. Alle vertikalen Elaheh Sarrafi Erschließungselemente führen auch auf die Ebene U1 (Kellergeschoß) in den Bereich weiterer Gemeinschaftsräume, sowie der Nebenräume (Technik, Keller, Lager, Waschküche und Fahrradabstellraum). Das bereits umgesetzte Aussenraumkonzept des Wohnparks wird beim Hofanteil des Studentenwohnheims fortgesetzt. Das Gebäudekonzept Das Studentenwohnheim in der Molkereistrasse ist weltweit das erste Wohnheim das auf Passivhausbasis gebaut wurde. Es verbindet klassische Elemente der Passivhausbauweise mit kreativen Ideen moderner Innen- und Außengestaltung die dennoch den hohen qualitativen Anforderungen der Passivhaustechnik entsprechen. Deutlich wird dies zum Beispiel an der Realisierung des Mittelganges der bei einer ersten Betrachtung dem Standard von Passivhäusern wiederspricht. So gibt es hier mehrere von der Decke des Gebäudes einfallende vertikale, versetzte offene Lichttunnel die sich bis in das Erdgeschoss ziehen. Die Längsseiten der Lichttunnel bestehen aus weißen Wandscheiben die das Tageslicht von der oberen Decke bis ins Erdgeschoß des Gebäudes reflektieren. Auch die äußere Fassade mit ihren fast 300 Fenstern und der hellen Farbgebung lassen den Betrachter nicht gleich an ein klassisches Passivhaus erinnern. Dennoch erzielt das Wohnheim 935 von 1.000 Klimahauspunkten. Dafür sorgt hier nicht nur der Verzicht auf PVC Bodenbeläge sondern auch die Verwendung elektrischer Haushaltsgeräte der Energieeffizienzklasse A++. Grundriss Vor allem die clevere Kombination effektiver Passivhaustechniken wie Absorberregister und Flächenwärmetauscher mit innovativen Ideen zur Wärmegewinnung bzw. Erhaltung machen aus dem Wiener Studentenwohnheim ein vorzeige Passivhaus in dem sich seine Bewohner bestens aufgehoben fühlen. 149 Energetische Konzepte A/V Verhältnis Die knapp 300 Fenster mit Ihren verschließbaren Fensterläden als auch eine individuelle Wärmegewinnung geben den Bewohner reichlichen Möglichkeiten ihr Wohnklima zu regeln. Damit trotzdem so wenig wie möglich Energie verloren geht - dafür sorgt eine Luftdichte 45 cm starke wärmegedämmte Außenwand an die direkt die einzelnen Wohneinheiten anschließen. Somit kühlt das Haus nicht aus und erfüllt so die Richtlinien eines Passivhauses. Die Wohnräume im Inneren des Gebäudes sind kompakt und rational gestaltet so das, jede Wohnung seinen individuellen Wärmehaushalt beibehält. Helle Innenflur Die Erschließung des zentral liegenden Innenflurs ermöglicht ein perfekt A/V Verhältnis. Was den Flur zum Beispiel im Sommer zu einer kühlende Kernzone des Gebäudes macht. Damit dieser gleichzeitig nicht dunkel erscheint dafür sorgen die bereits oben beschrieben Lichttunnel die das Oberlicht erzeugen. Auch die neun Lüftungs- und Versorgungsschächte sind zentral in das Gebäude integriert und somit unabhängig von der Hüllfläche des Gebäudes. Das Gebäude selbst ist in seiner Form und dem Volumen den Gebäuden seiner Nachbarschaft angepasst. Auch wenn es sich durch diese dichte Bebauung in die Umgebung einbringen muss so wurde hier z.B durch den Versatz der Grundrissstruktur, oder durch die gute Nutzung der normalerweise dunklen Hofinnenecken ein dem Passivhausstandard optimales Gebäude erstellt. Interne Wärmegewinnung und das Lüftungskonzept Lüftungsschacht, gemeinsam für zwei Wohneinheiten 150 Die interne Wärmegewinnung des Wohnheimes folgt zu erst klassischen Passivhausprinzipien. Die internen Wärmequellen wie die Bewohner selbst, die Beleuchtung und verwendete Elektrogeräte sowie das über die Fenster eindringende Sonnenlicht ermöglichen eine optimale Basis der Wärmegewinnung. Gehalten wird dies durch eine luftdichte Gebäudehülle deren errechneter maximal Elaheh Sarrafi zulässiger Heizbedarf von 15kWh/m² den Vorgaben des PHPP-Standards(Passivhaus Projektiereungspaket) entsprechen. Hinzu kommt eine individuelle auf die einzelnen Bewohner des Hauses angepasste Wärmequelle. Diese wird indirekt über die Frischluftzufuhr reguliert ohne deren eigentlichen Wirkungsgrad einzuschränken. Als erstes wird die Frischluft in lufthygienisch optimaler Position über dem Dach ansaugt. Anschließend wird diese Luft mit Hilfe von Absorberregister und Flächenwärmetauscher temperiert und über die zentralen Schächte am Mittelgang zu den Wärme-Frischluftboxen der einzelnen Wohnungen geleitet. Die in die Wohnung einströmende Luft kann hier nun über kleine Heizkörper, die direkt unterhalb der Zuluftöffnungen installiert sind, zusätzlich erwärmt werden. So sind die Raumtemperaturen für die Bewohner individuell regelbar ohne die permanente Frischluftzufuhr einzuschränken. Dabei werden je zwei Wohneinheiten durch ein dezentrales Kleinlüftungsgerät mit frischer Luft versorgt. Auch die zu den einzelnen Fluren offenen Lichttunnel, die zentral durch das Gebäude führen, haben neben den bereits beschriebenen Beleuchtungseffekt auch die Funktion der hygienischen Belüftung und dienen als Wärmebrücke über die einzelnen Etagen hinweg. Darüber hinaus haben sie auch einen sicherheitstechnischen Nutzen. Im Brandfall kann mithilfe einer speziellen Ventilatorensteuerung der Rauch über die Lichttunnel entweichen und so die Gänge Rauchfrei halten. Passivhausschema in Wohnheim Molkereistraße Neben Fensterläden und Heizung stehen dem Bewohner durch das öffnen der Fenster eine weitere einfache Möglichkeit zur Verfügung, um das persönliche Wohlfühlklima zu erreichen. Wiederspricht dies in ersten Hinsicht zwar klassischen Passivhaustechniken so wird hier aber die Wärmezufuhr der Frischluftversorgung durch Fensterkontakte automatisch gestoppt sobald das Fenster geöffnet wird. Damit wird einem überhöhten Wärmeverlust entgegengewirkt. Das Zusammenspiel aller verwendeter Passivhauskomponten sorgt in dem Wohnheim Molkereistr. in Wien dafür, dass die Temperaturen, in den Wohnungen ohne zusätzliche Heizlast, im Winter nie unter 17 °C abfallen bzw. im Sommer nie über 26 °C ansteigen. Die Wärmegewinnung über das durch die knapp 2 Meter hohen Fenster einfallende Sonnenlicht wird durch tiefe schräg gestellte Laibungen an der Außenfassade zusätzlich begünstigt. Im Sommer sorgen Fensterschiebeläden für einen kühlenden Schatten. Da die Fensterschiebeläden jedoch aus Kupfer bestehen nehmen sie einen Großteil der durch das Sonnenlicht erzeugten Wärmenergie auf und entwickeln im Sommer wiederum eine relativ große Abwärme was dem kühlenden Schatteneffekt leider entgegenwirkt. Fensterschiebeläden aus Kupfer 151 Energetische Konzepte Thema: Konzept Nullenergiehaus Projekt: Mehrfamilienhaus „Sunny Woods“ Architekt: Beat Kämpfen Ort: Zürich Konzept Nullenergiehaus Mehrfamilienhaus „Sunny Woods“ Sunny Woods gilt als das erste bilanzierte Nullheizenergie-Mehrfamilienhaus der Schweiz und wurde 2002 mit dem Schweizer Solarpreis und dem Europäischen Solarpreis ausgezeichnet. Das am Rand der Stadt Zürich, im Stadtteil Höngg, gelegene Haus „ Sunny Woods“ umfasst sechs mit Einfamilienhäusern vergleichbare Eigentumswohnungen. Es ist ganz dem ihm zugrunde liegenden Nullenergiekonzept folgend gestaltet und konstruiert. Der Energieverbrauch für Heizung, Lüftung und Warmwasser beträgt nur 10% des Bedarfs von heute üblichen Neubauten. Der restliche Bedarf an Energie wird im Gebäude selbst produziert, wodurch die angestrebte Nullenergiebilanz erreicht werden soll. Um dieses Ziel zu erreichen wurde eine Kombination aufeinander abgestimmter Maßnahmen ergriffen. Der Wärmeverlust im Gebäude wurde minimiert, indem ein Mehrfaches der üblichen Wärmedämmung verbaut wurde und an konstruktiv kritischen Stellen spezielle, hochwertige Materialien zum Einsatz kamen. Die kompakte volumetrische Gestaltung des Gebäudes dient ebenfalls der Minimierung des Wärmeverlustes. Mittels passiv-solarer Maßnahmen wird Sonnenenergie aufgenommen und in Form von Wärme gespeichert. Zur Warmwassererzeugung kommen Sonnenkollektoren zum Einsatz und zur Stromerzeugung ist auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert. Entwurf 152 Eingangssituation Trotz der kompakten Bauweise soll jede der sechs Wohnungen die Qualität eines Einfamilienhauses haben. So haben die Wohnungen jeweils einen eigenen direkten Zugang von außen, der nur ein halbes Geschoss höher oder tiefer als das Straßenniveau liegt. Die übereinander angeordneten MaisonetteWohnungen haben jeweils 6 ½ Zimmer mit einem großzügigen und offenen Grundriss. Die lichtdurchfluteten und sich zur Südseite hin öffnenden Wohnräume sind mit den voneinander getrennten, privaten Außenbereichen verbunden und gehen in diese direkt über. Drei der sechs Wohnungen sind mit einem Gartenbereich verbunden und die übrigen drei, darüber liegenden, Wohnungen haben je eine eigene Dachterrasse. Der Grundriss der Gartenwohnungen Björn Seifert und der Attikawohnungen ist an der wohnungstrennenden Decke gespiegelt. Auf diese Weise sind die „belebteren“ Aufenthaltsbereiche der einzelnen Wohnungen durch zwei „Puffer-Geschosse“ getrennt, was auch hinsichtlich des Schallschutzes von Vorteil ist. Damit die die einzelnen Wohnungen so autonom wie möglich sind, hat jede eine eigene Technikeinheit, die für Wärme, Wasser und frische Luft sorgt. Grundriss Attikawohnung Schnitt Attika- und Gartenwohnung Konstruktion Das gesamte Gebäude ist, bis auf das Treppenhaus für die äußere Erschließung, die Kellerwände und die vorgelagerte Tiefgarage, die aus Beton gefertigt sind, als reiner in Schottenbauweise weitgehend vorgefertigter Holzbau ausgeführt. Um eine fast wärmebrückenfreie Konstruktion zu ermöglichen, sind die 35 mm starken Blockholzplatten der tragenden Struktur auf der Innenseite der Aussenwand angeordnet. Die Decken liegen ausschließlich auf diesen 35 mm starken Platten auf. Durch die schlanke Ausführung der Wände wurde eine besonders starke Wärmdämmung der Fassade von 33cm möglich. Außerdem sind konstruktiv schlecht dämmbare Fassadenteile zusätzlich mit einer 20mm starken Vakuumisolation versehen. Wohnraum Attikawohnung mit Blick auf die Terrasse 153 Energetische Konzepte Passive Solargewinnung Südfassade mit Vakuumröhrenkollektoren Zur Wärmegewinnung wird die passive Sonnenenergie maximal ausgenutzt. Die Lage und die Form des Grundstückes begünstigen dieses. Die dem Tal zugewandte Südseite des Gebäudes ist vollständig verglast. Die nur 60 cm tiefen Balkone ermöglichen im Sommer eine ausreichende Verschattung der Räume und lassen die Sonnenstrahlen im Winter, bedingt durch den niedrigeren Sonnenstand, ausreichend tief in den Wohnraum eindringen. Ein Zementunterlagsboden in Verbindung mit einem Bodenbelag aus schwarzem Schiefer begünstigt dies und dient somit als Wärmespeicher. An den Balkonen sind je Wohnung drei Vakuum-Röhrenkollektoren angebracht, die primär der Warmwassererzeugung dienen, aber sekundär auch den Speicher für die Heizwärme versorgen, und zugleich die Balkonbrüstung darstellen. Auch hier kommen besondere Kollektoren zum Einsatz. Sie sind mit drehbaren Absorberlamellen, die dem Sonnenstand entsprechend ausgerichtet werden können, ausgestattet und somit wird auch bei diesem Bauteil die Sonnenenergie optimal ausgenutzt. Photovoltaikanlage 154 Photovoltaikanlage Die Photovoltaikanlage produziert die nötige Strommenge für Heizung, Lüftung und Warmwasser. Das leicht nach Süden geneigte Pultdach hat eine Dachfläche von 300 qm und ist vollständig mit Solarzellen gedeckt. Die PV-Anlage ist netzgekoppelt und produziert in den Sommermonaten meist mehr Strom als benötigt. Dieser Stromüberschuss wird an das öffentliche Stromnetz abgegeben und in den weniger sonnigen Wintermonaten wird auch nur diese überschüssige Menge wieder entnommen. Die gesamte Modulfläche besteht aus sechs autonomen Anlagen mit je 84 Modulen, einem Wechselrichter und einem eigenen Produktionszähler. Insgesamt kommen somit 504 amorphe Dünnfilmmodule mit je 32Wpeak Leistung der Firma Unisolar zum Einsatz. Die in der sogenannten Tripel-Dünnfilmtechnik hergestellten Module haben gegenüber Solarzellen aus kristallinem Silizium einige Vorteile. Zum einen haben sie eine höhere Energieausbeute und zum Björn Seifert anderen wird bei ihrer Herstellung weniger Energie verbraucht. Bei der Herstellung werden außerdem geringere Mengen an Silizium, als bei kristallinen Produkten, benötigt. Fazit Befestigung Dünnfilmmodule Der Architekt Beat Kämpfen möchte mit seinem Projekt Sunny Woods zum einen hinsichtlich der Energieeffizienz,der Nachhaltigkeit und der Ökologie Pionierarbeit leisten und zum anderen zeigen, dass diese Art des Bauens keineswegs einen Verlust an Wohn- und Lebensqualität bedeuten muss. Hoher Wohnkomfort und architektonischer Anspruch wird verbunden mit dem Einsatz neuester technischer Mittel. Das Gebäude dient als Forschungsprojekt und erprobt die Kombination aus bereits in vielen Häusern angewandter Technologien und die Verwendung neuer, noch zu prüfender Mittel. Auch wenn erste Ergebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse darauf hinweisen, dass die bei Sunny Woods kombinierten Maßnahmen den gestellten Anforderungen gerecht werden und zukunftweisend sind, müssen diese über einen längeren Zeitraum betrachtet werden und sich beweisen. Es lässt sich trotz allem schon heute sagen, dass diese Art des Umgangs mit Energie und Ressourcen, in heutiger Zeit unabdingbar ist und somit als Vorbild für künftige Bauten dienen kann. 155 156 Henny Hauptvogel Antje Günther Andrea Jansen Franziska Seidel Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit Die visuelle Haltbarkeit stellt im Bezug zur Lebensdauer einen wichtigen Aspekt des Entwerfens dar. Jedes Gebäude wird individuell wahrgenommen, akzeptiert und interpretiert. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine zeitlose Architektursprache zur Lebensdauer eines Objektes beiträgt. Weiterhin beinhaltet die Fragestellung die Diskussion über das Bestehen einer zeitlosen Architektursprache. In der Geschichte wurde der Versuch gemacht eine Architektursprache zu entwickeln, die heute möglicherweise als zeitlos zu betrachten ist. Allerdings stehen einige Architekten dem Kopieren von Bauelementen früherer Epochen kritisch gegenüber. Die Architektursprache beinhaltet Aspekte, die möglicherweise zeitlose sein können. Einer dieser Aspekte ist die Tektonik. Sie ist der statische und konstruktive Aufbau eines Gebäudes und wird durch eine sinn hafte Vermittlung für den Betrachter wahrnehmbar. Somit erklärt sich das Gebäude selbst und der Betrachter erkennt den Aufbau und die Tragstruktur auf den ersten Blick. Nun stellt sich die Frage ob diese Ehrlichkeit dem Betrachter gegenüber einer zeitlose Qualität sein kann. Diese Ehrlichkeit und Einfachheit kann man auch bei dem Aspekt der geometrischen Formen wieder finden. Hierbei sind die geometrischen Grundformen ein wichtiger Teil der Ordnung, die Regelmäßigkeit, Vielfalt und Symmetrie beinhaltet. In diesem Zusammenhang ist zu klären inwieweit einfache geometrische Formen zur visuellen Haltbarkeit eines Gebäudes beitragen können. Ein weiterer Punkt der Architektursprache ist die Maßstäblichkeit und ihre Beziehung zum Mensch. Der menschliche Maßstab kann möglicherweise als Ausgangspunkt für das Entwerfen gesehen werden. Die Schwierigkeit hierbei ist die Klärung welcher Maßstab menschlich ist und inwieweit er mit den Anforderungen der Stadtplanung vereinbar ist. Des weitern kann man betrachten inwieweit der Maßstab eines Gebäudes zu dessen Zeitlosigkeit beiträgt. Ein weiterer Aspekt einer zeitlosen Architektursprache kann die Typologie sein. Hierbei spielt die Les- barkeit eines Gebäudes eine wichtige Rolle. Sie wird durch die typologischen Merkmale wie Nutzen, Form und Ausdruck ermöglicht. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob ein Gebäude dessen Typologie klar erkennbar ist zeitloser ist als ein Gebäude dessen Typologie nicht zu deuten ist. Unter dem Gesichtpunkt der visuellen Haltbarkeit eines Gebäudes ist weiterhin der Aspekt des Ortsbezugs zu betrachten. Im Gegensatz zu den Bedürfnissen der Benutzer und dem Zeitgeschmack überdauert ein Gebäude die Spanne einer Generation. Die Bezogenheit der Architektur auf den Ort bleibt bestehen und kann somit eine zeitlose Qualität sein. Die vorliegenden Beiträge sollen verschiedene Aspekte visueller Haltbarkeit thematisieren. In ihrer Kürze können sie lediglich nur Denkanstöße geben, welche Gestaltungsmittel dem Architekten zur Verfügung stehen, wenn er eine zeitlose Qualität erreichen will. 157 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit Architektonische Elemente „Architektur ist immer öffentlich und kann, im Gegensatz zu Kunst, nicht einfach eliminiert werden. Ein Gebäude muss primär auf der Ebene des Wahrnehmens sozial akzeptiert und kulturell geschätzt werden.“ Dietmar Eberle (Baumschlager & Eberle) Säulenordnung 158 Forum Romanum, Basilica of Maxentis, Tonnengewölbe Visuelle Haltbarkeit beschreibt die Wahrnehmung eines Gebäudes und die daraus folgende Akzeptanz des Bauwerks. Den Aspekt des Wahrnehmens und Akzeptierens kann man mit dem Wort Schönheit verallgemeinern. Gefällt uns ein Gebäude so bleibt es bestehen, gefällt es uns jedoch nicht, so wird es eventuell abgebrochen. Das Zitat: „Architektur ist immer öffentlich und kann, im Gegensatz zu Kunst, nicht einfach eliminiert werden. Ein Gebäude muss primär auf der Ebene des Wahrnehmens sozial akzeptiert und kulturell geschätzt werden.“ von Dietmar Eberle von Baumschlager & Eberle beschreibt diesen Aspekt der Schönheit sehr gut und stellt ihn als wichtigstes Merkmal für die Langlebigkeit eines Gebäudes hervor. Den Begriff der Schönheit als wesentliche Funktion der Architektur bildete schon Vitruv (Marcus Vitruvus Pollio) in der Antike heraus. Das Prinzip der Schönheit („venustas“) unterteilte er in sechs Unterbegriffe. „Ordinatio“, „eurythmia“ und „symmetria“ beschäftigen sich mit der Proportion. Wobei „ordinatio“ die Proportionierung der Teile nach Maßen oder Modulen, „eurythmia“ die Wirkung der Proportionierung auf den Betrachter und „symmetria“ den Einklang einzelner proportionierter Elemente beschreibt. „Dispositio“ bezeichnet den Bauentwurf und seine Darstellungsmöglichkeiten wie Grundriss, Schnitt, und perspektivische Ansichten. „Decor“ steht für die Angemessenheit des gewählten „genus“ (Art) auf bestimmte religiöse Bauaufgaben. „Distribution“ beschreibt die Angemessenheit der Aufteilung (Raum) für den Auftraggeber. Dabei stellt sich die Frage, ob es überhaupt zeitlos schöne Architekturelemente gibt. Um sich dieser Frage anzunähern ist ein Rückblick in frühere Epochen notwendig. In der Antike bildete sich ein Repertoire an architektonischen Elementen heraus wie Vitruvs Säulenordnung deren er bestimmte Merkmale zuwies. Die dorische Ordnung ist wehrhaft, die ionische ist weiblich und kultiviert und die korinthische Ordnung ist feierlich und erhaben. Weiter Merkmale waren Triumphbögen, Kapitelle, weit gespannte Tonnengewölbe und Kuppeln für große Räume. Diese Elemente fanden in späteren Epochen immer wieder Anwendung. Franziska Seidel Die Renaissance griff Pilaster und Kapitelle auf und belebte sie in einer klassischen Strenge wieder, indem sie sie auf einfache Grundformen anwendete. Das Thema der Schönheit spielte auch hier eine große Rolle. Man studierte die ArchitekturAbhandlungen Vitruvs um daraus Anhaltspunkte für die idealschöne Proportion zu gewinnen. Dadurch kamen auch Vitruvs Säulenordnungen zum Einsatz, jedoch zu dekorativen Zwecken und nicht hauptsächlich aufgrund der Funktion. Zu dieser Zeit ist Alberti zu nennen, welcher den Begriff der Harmonie, also dem Zusammenklang aller Teile, prägte. Nach seiner Vorstellung wird Harmonie erst dann erreicht, wenn an einem Bauwerk nichts mehr hinzu- oder weggenommen werden kann. Somit werden auch Verzierungen notwendig. Renaissance, Villa Rotonda Ein weiteres Beispiel für den Rückgriff auf Antike Bauelemente finden wir im Klassizismus. Er lehnte sich stark an klassisch – antike Vorbilder an. So griff er Merkmale des griechischen Tempelbaus auf und repräsentierte sich durch geradlinig, klare Formen. Auch hier finden wir wieder Säulen, Pilaster und Kapitelle. Klassizismus, München Eine nachfolgende Form des Klassizismus ist der Historismus, welcher je nach Bauaufgabe Stilelemente der Romanik, der Gotik, des Barock und des Klassizismus wieder aufgriff. Dadurch, dass der Klassizismus ein „historisierender“ Stil ist, der sich auf die Antike und ihrer Interpretation in der Renaissance anlehnt, enthält auch der Historismus antike Bauelemente. Der Unterschied zum Klassizismus besteht nicht nur aus der Verwendung mehrerer unterschiedlicher Stile, sondern auch durch eine weitaus größere Dekorfreudigkeit. Historismus (Neorenaissance), Die Alte Oper in Frankfurt 159 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit organische Architektur, Einsteinturm Minimalismus, Bregenz Kunsthaus „Sternschnuppen erregen momentane Aufmerksamkeit und verglühen, die Sonne aber strahlt fast ewig, und immer, genau betrachtet, vielgestaltig.“ Dietmar M. Steiner (österreichischer Architekt, Direktor des Architekturzentrums in Wien) „Ästhetisches Empfinden wird vorrangig durch Sehgewohnheiten bestimmt. Sehgewohnheiten unterliegen aber einem ständigen Veränderungsprozess, da sie von vielen Faktoren beeinflusst werden (Gesellschaft, Mode, Politik, Umwelt u. a.)“ tanja Seeböck (Denkmalpflegerin) 160 Die Wiederaufnahme antiker Bauelemente in den verschiedenen Epochen lässt vermuten, dass sie als schön galten und somit auch eine gewisse zeitlose Qualität besaßen. Doch mit der Moderne ab dem 19. Jahrhundert lässt sich ein Umbruch feststellen. Eine zunehmende organische Architektur und funktionale, minimalistische Tendenzen bildeten sich heraus. Antike Bauelemente, wie Säulen, Pilaster und Kapitelle kamen nicht mehr zur Anwendung und auch die Dekorfreudigkeit nahm ab. Die zeitgenössische Architektur verzichtet teilweise ganz auf Dekoration. Doch lässt sich heute nach dem Traditionsbruch in der Moderne feststellen, dass wieder der Versuch gemacht wird vorhergehende Elemente zu verwenden. Man könnte davon ausgehen, dass wenn Architektur ermüdend wirkt und keine neuen Impulse erkennbar sind, sich der Blick auf vorangegangene Epochen richtet. So erfreut sich, zum Beispiel, das Architekturbüro Patschke & Partner Architekten in Berlin, welches sich auf traditionsbewusstes klassisches Bauen spezialisiert hat, wachsender Beliebtheit. Es stellt sich also die Frage, ob heutige moderne „Starbauten“ in ihrer Gestaltung zeitlos sind, oder doch nur für einen kurzen Moment Bestand haben und klassische Gestaltungsmerkmale dauerhaft bleiben, wie nach Dietmar Steiners Aussage, einem österreichischen Architekten und Direktor des Architekturzentrums in Wien: „Sternschnuppen erregen momentane Aufmerksamkeit und verglühen, die Sonne aber strahlt fast ewig, und immer, genau betrachtet, vielgestaltig.“ Jedoch unterliegt unser Schönheitsempfinden einem ständigen Wandel, denn „Ästhetisches Empfinden wird vorrangig durch Sehgewohnheiten bestimmt. Sehgewohnheiten unterliegen aber einem ständigen Veränderungsprozess, da sie von vielen Faktoren beeinflusst werden (Gesellschaft, Mode, Politik, Umwelt u. a.)“ (Tanja Seeböck, Denkmalpflegerin). Ob nun klassische Elemente zeitlos sind, oder neue Impulse die zukünftige Architektur bestimmen, es bleibt eine Herausforderung für eine zeitlose Gestaltung eine Lösung zu finden, die es möglicherweise gar nicht geben kann. 161 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit Maßstab Der Modulor „Mit zunehmender Größe wirkt die architektonische Hülle schwächer auch wenn ihre Dimensionen proportional mitwachsen; sie erfüllen ihre Funktion, den Raum nach Außen abzuschirmen, weniger überzeugend, weil ihre spezifische Anschauungsdichte mit zunehmender Größe abnimmt.“ Rudolf Arnheim, dt.-us amerikanischer Medienwissenschaftler und Kunstpsychologe (1904-2007) Seit Vitruv (1.Jh. v. Chr.) ist „das Größenverhältnis“ die Grundlage der Baukunst. Während Boulleé (1728-1799) seine Werke auf einfache Maßverhältnisse und Grundformen reduzierte und sie ins kolossale übersteigerte, wurde im 20.Jahrhundert von Le Corbusier der Mensch als Maß aller Dinge als Modulor wieder aufgenommen. Maß zu nehmen ist etwas vom Grunsätzlichsten in der Architektur. Durch Bauteile wie Fenster und Türen wird das Größenverhältnis sichtbar und die Größe wahrnehmbar. Treppen hingegen werden vom menschlichen Maßstab abgeleitet und sind, anders als bei Raum- und Türhöhen in ihrer Gestaltung weniger flexibel. Die Größe der Erscheinung prägt die Wahrnehmung von Bauten stärker als die absolute Größe. „Größen“ müssen vermitteln und zueinander stimmig sein. Der Mensch darf dabei nicht aus den Augen verloren werden. Die Beziehung von Mensch und Architektur hängt nicht unbedingt von einem Maßsystem ab, sondern von den verwendetet Dimensionen. Der Mensch soll die Möglichkeit bekommen sich den Raum aneignen zu können. Er muss ihm frei gegenübertreten. Durch freies Bewegen im und vor dem Raum, durch Distanz halten wird Raum zu menschlichem Raum. Welcher Maßstab aber „menschlich“ sei und welcher den Anforderungen der Stadtplanung und Stadtökonomie gerecht wird und ob sich diese zwei vereinbaren lassen, stellt sich als Frage in jeder Entwurfsaufgabe neu. Die Vorliebe für großmaßstäbliche oder kleinteilige Architektur wechselt sich in den Epochen ab. Politische oder Wirtschaftliche Ereignisse hängen häufig damit zusammen. (zusammengefasst aus: Werk, Bauen + Wohnen, 06/2008) Die folgenden Beispiele zeigen Neubauten im unterschiedlichen Umgang mit Maßstäblichkeit. 162 Andrea Jansen Wohnblock Parkrand, Amsterdam NL Die Niederlande sind ein Land des kleinmaßstäblichen. Das niederländische Architekturbüro MVRDV, gegründet 1991 in Rotterdam, ist bekannt für die Entstehung großer Blöcke. Zwischen 2005 und 2007 entstand der 135 m lange, 34 m tiefe und 34 m hohe Wohnblock im westlichen Stadtteil Amsterdams. Umgeben von viergeschossigen Wohnzeilen und einer weiten Parklandschaft ist das Gebäude eher erhaben als malerisch und sprengt selbst den Maßstab der umliegenden Nachkriegsbauten. Die Architekten haben die Gebäudemasse in fünf Türme gebündelt. Somit enstehen in dem großen Volumen Aussparungen, die die Sichtbeziehungen zur Umgebung erhalten sollen. Zwischen den Türmen liegt eine Terrasse. Der mit überdimensionalen Blumentöpfen, Kronleuchtern, Elefantenskulpturen und Rutschen dekorierte Außenraum und das Rautenmuster auf der Fassade, lassen diesen Raum wie ein großes „Freiluft-Wohnzimmer“ scheinen. Durch das Spiel mit dem Maßstab und einem Hell-DunkelKontrast wird Außenraum zu Innenraum. „Bei aller Großmaßstäblichkeit gewinnt die Architektur des Hauses gerade durch diese haptische, stoffliche Qualität ein menschliches Maß.“ (www.baunetzwissen.de) Zollverein School of Management and Design, Essen DE Auf dem Gebiet der ehemaligen Zeche Zollverein in Essen entstand 2005 auf einem flachen Stück Wiese ein Betonwürfel mit quadratischem Grundriss (35 x 35 Meter), der sich in die Umgebung einfügt. Das Objekt ist mehr Skulptur als Gebäude, mehr irritierend als einladend. Der geometrische Grundkörper gibt noch keine Anhaltspunkte für Maßstäblichkeit. Der Rhythmus, der 134 quadratischen Fensteröffnungen in drei unterschiedlichen Größen, scheint zunächst rätselhaft, orientiert sich aber nach der inneren Funktion. Zusammen mit unterschiedlichen Raumhöhen besitzt jede Etage ihre eigene Atmosphäre. Die Architekten SANAA lassen im Inneren die Menschen winzig scheinen. 163 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit Typologie „Unter Bautypologie oder Haustypologie versteht man eine Zuordnung von Gebäuden nach Gruppen, deren Unterscheidung nach morphologischen Kriterien oder einer Nutzungsdifferenzierung her vorgenommen wird“ Wikipedia „Architektur ist ein notwendiger Bestandteil der Kultur und gibt der menschlichen Gesellschaft ihre konkrete Gestalt.“ Aldo Rossi, Architekt (1931-1997) Zu den Aspekten zeitloser Architektur zählen auch typologische Merkmale eines Gebäudes. Diese werden nach verschiedenen Kriterien unterschieden. Gebäude werden beispielsweise nach Nutzen und Verwendung, nach Form und Ausdruck in Gruppen unterteilt. Eine sinnvolle Unterscheidung vereinfacht die Lesbarkeit der Architektur. Der italienische Architekt Aldo Rossi veröffentlichte 1966 das Buch „Die Architektur der Stadt“. Darin beschreibt er die Stadt als architektonisches Produkt von verschiedenen Funktionen bzw. individuellen Gebäuden. Sowohl der Architekt als auch der Stadtplaner muss bei der Planung politische, soziale und ökonomische Aspekte miteinbeziehen. Architektur prägt Kultur und Kultur formt die Gesellschaft. Eine Stadt ist Spiegelbild der in ihr lebenden Menschen. Entwickelt sich die Kultur der Menschen, beispielsweise durch neue Materialien, neue Formen oder neue Techniken, verändert sich auch die Architektur und somit das Stadtbild. Die Suche nach Typen ist wichtig für das Verständnis der Stadt, da jedes Modell auf einen bestimmten geschichtlichen Zeitpunkt und auf die damalige Kultur der Bevölkerung hinweist. Typologische Merkmale ermöglichen die Lesbarkeit eines Gebäudes. Ihre Bedeutung soll an folgenden Beispielen veranschaulicht werden. Theaterbau Staatsoper Unter den Linden, Berlin 164 Stadttheater, Aachen Der Ursprung des Theaterbaus geht auf die Antike zurück. Eines der ersten ist das Teatro Olymico in Vicenza, Italien. Klassische Bauelemente sind Vorbilder für den späteren Theaterbau. Die Staatsoper Unter den Linden im Stadtteil Berlin-Mitte wurde 1743 von dem Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff fertiggestellt. Besonders hervorzuheben sind klassische Bauformen wie Portikus und Giebelfeld. Auch das Theater in Aachen, dessen ursprünglicher Entwurf von Johann Peter Cremer (Portikus auf sechs Säulen) von Karl Friedrich Schinkel bearbeitet und 1825 fertiggestellt wurde, ist ein klassizistischer Bau. Auch hier sind der Portikus auf acht Säulen und das Giebelfeld typische Merkmale. Andrea Jansen Auch in den fünfziger Jahren sind klassische Bauelemente, wenn auch in abstrakter Form, wichtige Gestaltungsmerkmale für den Theaterbau. Dies zeigt auch das Schauspielhaus in Bochum von 1953 von Gerhard Graubner, dessen Portikus nach hinten rückt. Auf das Giebelfeld wird verzichtet. Das Theater am Marientor in Duisburg wurde 1995 errichtet. Der Neubau lässt die Antike hinter sich und knüpft an die Moderne an. Das Gebäude erinnert an ein Kino oder Museum. Schauspielhaus Bochum (li.) Theater am Marientor, Duisburg Bürobau Das erste Bürohaus enstand im 16.Jahrhundert in Florenz. Das architektonische Konzept, zeilenförmige Baukörper mit langen Korridoren, an denen sich Arbeitsräume reihen, ist bis heute prägend für die Büroarchitektur. Die meisten Bürohäuser sind Geschossbauten. Ihre Lochfassade gibt dem Gebäude eine klare Struktur und teilt den dahinter liegenden Raum in kleine Parzellen. Die Beispiele links zeigen Bürohäuser, bei denen die Nutzung an der Fassade ablesbar ist. Beides sind Bestandsgebäude. Daher war es den Architekten nach dem Umbau bzw. der Sanierung wichtig, die Struktur der Fassade zu erhalten. Außergewöhnlich scheint dagegen das Bürohaus Berliner Bogen in Hamburg, das von 1998 bis Ende 2001 errichtet wurde. Der Neubau des Architekturbüros BRT Architekten Bothe Richter Teheranni mit seiner ungewöhnlichen Bogenform erinnert mehr an eine Sport- oder Schwimmhalle, vielleicht sogar an ein Museum oder einen Bahnhof, da sich das Gebäude nur zu zwei Seiten hin öffnet. Die Nutzung des Berliner Bogens ist nicht ablesbar. Bürogebäude, Charlottenstraße, Berlin-Mitte (li.) Bürogebäude, Auguste Hauschner-Straße, Berlin Der Vergleich mit den ersten Beispielen zeigt, dass durch die skulpturale Form die Typologie des Bürohauses nicht mehr erkennbar ist. Dies gilt auch für den Theaterbau. Die Lesbarkeit von Gebäuden nimmt mit der modernen Architektur ab. Berliner Bogen, Hamburg 165 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit Ortsbezug als zeitlose Qualität Projekt: Galerie am Kupfergraben Bauherr: Céline und heiner Bastian Architekt: David Chipperfield Ort: Berlin Bauleitung: BAL Bauplanungs- und Steuerungs GmbH Wettbewerb: 2003 Fertigstellung: 2007 Ein weiterer wichtiger Aspekt der visuellen Haltbarkeit kann der Ortsbezug eines Gebäudes sein. Inwieweit der Ortsbezug eine zeitlose Qualität sein kann lässt sich an den verschiedenen Beispielen erahnen. Begründung des Ortsbezugs Die Lebenszyklen von Bauwerken werden in anderen Zeitabständen gemessen als bei Kleidern oder anderen Gebrauchsgegenständen. Die Architektur wird so nie vollständig den Anforderungen des Zeitgeistes genügen. Der überwiegende Teil des Gebauten überdauert die Spanne einer Generation, was mit ein Grund dafür ist, das der Architektur etwas „Zeitloses“ anhaftet. Die Bedürfnisse der Benutzer und der Zeitgeschmack sind schnelleren Veränderungen unterworfen, die Bezogenheit der Architektur auf den konkreten Ort bleibt aber bestehen. So ist es nahe liegend, dass dem Ortsbezug in der Architektur eine Bedeutung zukommt. Kunstgalerie am Kupfergraben in Berlin Das Galeriehaus wurde im Auftrag von dem Kunstsammler Heiner Bastian von David Chipperfield entworfen und 2007 fertig gestellt. Es liegt in der Mitte von Berlin direkt neben der Museumsinsel. Dem Bau gelingt es sich stark auf sein historisches Umfeld zu beziehen, ohne sich von den Vorgaben einengen zu lassen. Die Kubatur und Höhe des Baukörpers ordnen sich in das bestehende Stadtbild ein. Das Gebäude akzeptiert den „historischen“ Stadtgrundriss der Parzelle und bleibt in der „Berliner Traufhöhe“ von 22 Metern. Fassadenansicht von der Spreeseite 166 Der Bau schließt mit seiner hellen Ziegelfassade an den massigen Nachbarbau mit Sandsteinfassade an. Das Mauerwerk der Galerie besteht aus Ziegeln im „Reichsformat“, vor allem aus Abrissmassen von brandenburgischen Kasernen. Diese wurden dann mit einem kalkfarbenen Mörtelschlemm überzogen. Projekt: Wohn- und Atelierhaus Architekt: Armando Ruinelli Ort: Soglio/CH Fertigstellung: 2003 Wohnfläche: 340 qm Zusätzliche Nutzfläche: 220 qm Baukosten: 2.520.000 SFr Henny Hauptvogel Hierbei wurde auf Materialien und deren Verarbeitung zurückgegriffen, die bereits bei der Renovierung des Neuen Museums erprobt und erlernt wurden. Auf der schmalen Gebäudeseite wird das Ziegelmauerwerk von drei horizontalen Betonwerksteinkonsolen gegliedert, auf der langen Seiten entlang der Strasse hingegen von vier. Dies macht es schwierig die Anzahl der Geschosse zu erkennen. Die übergroßen Fenster, die manchmal über anderthalb, manchmal über zwei Geschosse hinweg die Fassade öffnen erschweren dies. Tatsächlich befinden sich vier Stockwerke hinter der Fassade. Die Fensterausschnitte erscheinen innen als großformatige Bilderrahmen. Ihre wechselnde Position orientiert sich nach den Bezugspunkten im städtischen Umfeld. Sie öffnen sich zur Museumsinsel, zum Deutschen Historischen Museum und zum Schlossplatz. Das Gebäude knüpft durch die Ausblicke eine Beziehung zu seinen Nachbarn. Die Stadtbilder werden durch die riesigen Fenster definiert und gerahmt und machen sie so zum Teil der Ausstellung im Innenraum. Bei diesem Beispiel wird der Ortsbezug durch die Orientierung an der umliegenden Bebauung und dem Bezug auf sein historisches Umfeld gebildet. Ausblick aus den großformatigen Fenstern Wohn- und Atelierhaus in Soglio Es wurde als Sommerdomizil für einen Modefotografen von Armando Ruinelle entworfen und 2003 fertig gestellt. In dem Gebäudekomplex sollte ein umfangreiches Raumprogramm untergebracht werden, nicht nur ein privater Wohnbereich sondern zudem auch ein Fotoatelier. Das Volumen wurde in zwei Häuser aufgeteilt, die lediglich im Untergeschoss miteinander verbunden sind. Dadurch wurde die Kleinteiligkeit und Maßstäblichkeit der umliegenden Bebauung erhalten. Das umfangreiche Raumprogramm tritt somit nach außen nicht in Erscheinung. Man nimmt zunächst Gebäudekomplex in der umgebenden Bebauung 167 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit nur zwei eng beieinander stehende Häuser wahr, die sich in Form und Bauweise unauffällig in die dörfliche Struktur einfügen. Der Gebäudekomplex wurde längs zur Gasse angeordnet, der eine Bau steinern und verputzt, der andere ist mit einer Schalung aus Eichenbrettern versehen. Die beiden Einheiten übernehmen auf die se Weise sinngemäß die Typologie des Ortes. Das verputzte Gebäude, das direkt and er Gasse steht, bildet mit dem Eingang das Haupthaus. Das andere Gebäude ist leicht von der Straße zurückgesetzt und tritt mit seiner Holzschalung auch optisch als Nebengebäude in Erscheinung. Gartensicht auf die beiden Gebäude Auf den ersten Blick wirken die Gebäude traditionell und archaisch. Bei genaueren Betrachten sind sie jedoch klar als Produkt der Gegenwart zu erkennen. Die Stahlschiebefenster, die betonierte Pergola und auch die Verarbeitung der Materialien stellen einen sichtbaren Bezug zur zeitgenössischen Architektur her. Der Entwurf geht auf den Ort ein indem das umfangreiche Raumprogramm unter der Erde und in zwei Häusern organisiert ist und somit der kleinteilige dörfliche Maßstab erhalten bleibt. Des weitern übernimmt der Entwurf in Dimension, Positionierung, Form, Farbe und Material die Typologie der Nachbarhäuser und fügt sich in den baulichen Kontext ein. 168 Projekt: Wohn- und Atelierhaus Architekt: Armando Ruinelli Ort: Soglio/CH Fertigstellung: 2003 Wohnfläche: 340 qm Zusätzliche Nutzfläche: 220 qm Baukosten: 2.520.000 SFr Henny Hauptvogel Hierbei wurde auf Materialien und deren Verarbeitung zurückgegriffen, die bereits bei der Renovierung des Neuen Museums erprobt und erlernt wurden. Auf der schmalen Gebäudeseite wird das Ziegelmauerwerk von drei horizontalen Betonwerksteinkonsolen gegliedert, auf der langen Seiten entlang der Strasse hingegen von vier. Dies macht es schwierig die Anzahl der Geschosse zu erkennen. Die übergroßen Fenster, die manchmal über anderthalb, manchmal über zwei Geschosse hinweg die Fassade öffnen erschweren dies. Tatsächlich befinden sich vier Stockwerke hinter der Fassade. Die Fensterausschnitte erscheinen innen als großformatige Bilderrahmen. Ihre wechselnde Position orientiert sich nach den Bezugspunkten im städtischen Umfeld. Sie öffnen sich zur Museumsinsel, zum Deutschen Historischen Museum und zum Schlossplatz. Das Gebäude knüpft durch die Ausblicke eine Beziehung zu seinen Nachbarn. Die Stadtbilder werden durch die riesigen Fenster definiert und gerahmt und machen sie so zum Teil der Ausstellung im Innenraum. Bei diesem Beispiel wird der Ortsbezug durch die Orientierung an der umliegenden Bebauung und dem Bezug auf sein historisches Umfeld gebildet. Ausblick aus den großformatigen Fenstern Wohn- und Atelierhaus in Soglio Es wurde als Sommerdomizil für einen Modefotografen von Armando Ruinelle entworfen und 2003 fertig gestellt. In dem Gebäudekomplex sollte ein umfangreiches Raumprogramm untergebracht werden, nicht nur ein privater Wohnbereich sondern zudem auch ein Fotoatelier. Das Volumen wurde in zwei Häuser aufgeteilt, die lediglich im Untergeschoss miteinander verbunden sind. Dadurch wurde die Kleinteiligkeit und Maßstäblichkeit der umliegenden Bebauung erhalten. Das umfangreiche Raumprogramm tritt somit nach außen nicht in Erscheinung. Man nimmt zunächst Gebäudekomplex in der umgebenden Bebauung 169 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit Tektonik Unser wahrnehmendes Auge verlangt bei einem Gebäude nach einer sinnhaften wahrnehmbaren Vermittlung der statischen und konstruktiven Sachverhalte, die durch die Form gegeben werden. Diesen Aufbau eines Objektes nennt man Tektonik. Die dabei hervorgehobene Vorstellung vom konstruktiven Aufbau muss nicht mit der tatsächlichen Baukonstruktion übereinstimmen (Wikipedia). Doch wie ist das Verhältnis von Mensch und Gebäude? Ist Tektonik ein Element der zeitlosen Architektursprache? Nach dem Architekten Hans Kollhoff ist die Tektonik die Lehre vom Zusammenfügen von Einzelteilen zu einem Ganzen, zu einem Gebilde der Baukunst, wenn man will: die Lehre vom inneren Aufbau eines Kunstwerks. Daimler-Benz-Projekt,1997 Er beschreibt mit seiner Aussage seine Entwürfe und Gebäude, wie zum Beispiel das Daimler-BenzProjekt in Berlin am Potsdamer Platz, das 1997 fertiggestellt wurde. Durch seine präzise Anordnung der Fensterbänder und Gesimse erhält das Gebäude eine klare, ablesbare Struktur. Diese gibt uns eine gewisse Sicherheit über die Tragstruktur dieses Gebäudes, was sich auch stark an den Hochhäusern Anfang des 20.Jhd. in Chicago orientiert und greift dabei auf Elemente einer vorherigen Epoche zurück. Jedes konstruktive Gerüst wird heute verkleidet, verpackt und ummantelt, da es Feuer, Kälte und Korrosion ausgesetzt ist. Wie es auch in diesem Beispiel unternommen wurde. Ein Gebäude wird somit einer Haut überzogen, die klar getrennt vom bekleideten Körper ist. Diese Haut sollte nach Semper nicht von der künstlerischen Umsetzung betrachtet werden. Sie ist somit gestalterischer Willkür ausgesetzt. Die Haut steht im Verhältnis zur Konstruktion, welche zur Schau gestellt werden kann oder eventuell hindurch scheinen kann. 170 Antje Günther Auch banale konstruktive Sachverhalte können in anschauliche Bilder verwandelt werden. Dies wird besonders an der Fassade des Jugendstilgebäudes der Postsparkassenfiliale in Wien deutlich. Das Gebäude, dass 1906 erbaut und von Otto Wagner entwurfen wurde, besitzt eine Fassade, die aus Marmorflächen und Aluminiumapplikationen besteht. Diese Aluminiumapplikationen sind Montagehilfen aber auch gleichtzeitig Ornamente, die die Fassade gliedern. Postsparkasse Wien, 1906 Fritz Neumeyer meint, dass jede Kostruktion seine eigene ästhetische Dimension besitzt. Sie liegt nicht in der Konstruktion selbst als technische Realität, sondern im Bild der Konstruktion begründet. Der Zusammenhang zwischen dem wie etwas gebaut erscheint, und dem was wir bei seinem Anblick empfinden, hat seine eigene Dialektik. Wie zum Beispiel der Entwurf von Mies van der Rohe, dem gläsernen Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße, von 1922. Detail Aluminiumköpfe Das Bild der Konstruktion ist faszinierend. Die Konstruktion ist ein wesentliches Gestaltungsmittel, dass auch in den Raum mit hineinbezogen wurde. Das ganze Bauwerk wird durch einen Betonkern und Stützen, auf denen sich auskragende Platten befinden, aufgefangen. Diese Böden gliedern das Gebäudes horizontal. Die Fassade ist durchgängig verglast. Das gesamte Gebäude ist eine Haut- und Knochenarchitektur, da die Grundform nur aus Stützen und Deckenscheiben besteht. Modell gläserne Hochhaus 171 Lebensdauer und visuelle Haltbarkeit Heinrich Wölfflin sieht die Tektonik wie folgt: „Selbst toter Stein bleibt für uns in einigen Eigenschaften einfühlbar. Denn das, was wir mit dem toten Stein teilen, sind die Verhältnisse der Schwere, des Gleichgewichts, der Härte usw. Lauter Verhältnisse, die für uns einen Ausdruckswert besitzen.“ Ansicht Steinhaus, 1986 Was uns Menschen interessiert sind Eigenschaften, die wir unserem Körper nachempfinden können. Diese können bei uns Unbehagen oder Vergnügen auslösen. Eigenschaften die wir an einem Gebäude assoziieren, sind oftmals: steht oder liegt es, schwebt es, ist es hermetisch abgeschlossen oder hat es Poren. 172 Diese Vergleiche stellt man auch an dem Beispiel des Steinhauses von Günter Domenig. Er thematisiert Tragen und Auflasten in Analogie zur Natur und abstrahiert die Tektonik, in dem er die Landschaft des Ortes analysiert und skizziert. Dabei verfremdet er immer mehr diese Zeichnungen. Aus dem Unterbau konstruiert er raumbildende Hügel, auf denen Felsen auflagern. Seine „Felsen und Hügel“ symbolisieren für uns die oben genannten Eigenschaften. Die Hügel wirken schwer aufgrund ihres Materials Beton. Die Felsen dagegen scheinen für uns schwebend, obwohl sie durch das Material Metall sehr massiv wirken. Antje Günther Die Beispiele der Tektonik weisen geometrische Formen auf, die aber auch verzerrt dargestellt werden. Doch ist die Verwendung von geometrischen Grundformen ein Indiz für eine zeitlose Architektursprache? Zur Zeit der französischen Revolution entstand eine Reihe von utopischen Entwürfen und visionärer Baukunst. Einer der Gründungsväter der modernen Baukunst ist Etienne-Louis Boulleé. Er reduzierte seine Werke auf einfachste Maßverhältnisse und Grundformen, die ins Kolossale übersteigert wurden. Für Boulleè sind Regelmäßigkeit, Vielfalt und Symmetrie Inbegriffe der Ordnung. Für ihn ist Ordnung Klarheit. Er hebt diese drei Begriffe hervor um die Wirkung der Architektur zu steigern. Größe als Wert an sich, Regelmäßigkeit und einfache Maßverhältnisse, sowie die geometrische Grundform sind die wichtigsten Aspekte seiner Entwürfe. Diese Ordnungen zeigen sich an seinem Entwurf des Newtondenkmals, den Kenotaph. Die Kugel bietet eine größere Oberfläche, die fortlaufend ist und keinen Anfang und Ende besitzt. Die Umrisslinien sind weich und fließend. Das bedeutete für Boulleé Anmut. Selbst Louis Kahn nahm Boulleé zum Vorbild. Er selbst sagte: „Es gibt Boulleé - also gibt es Architektur.“ Ihm ging es darum, den Raum als Ergebnis einer dem Gebauten innewohnenden Ordnung zu entwerfen, die er in geometrischen Formen wieder fand. Die Ordnung stand für Kahn vor Konstruktion und Funktion. Sie erzeugte erst den Raum, der dann Funktionen aufnehmen konnte. Er entwarf 1962 das National Capitol of Bangladesh, das eine städtische Totalform ist und ein ganzheitlich monolithisches Gebäude bildet. Achsialsymmetrie und geschlossene Ganzheit der Körper sind vorherrschende Elemente, die dieses Objekt charakterisieren. Das gesamte Gebäude besteht aus einem homogenen Material, indem Beton vorherrschend wirkt und wechselnde, reliefartige Marmorstreifen im Kontrast stehen. Diese Elemente binden diese Figur und bilden sie zu einem Ganzen. Geometrische Formen Kenotaph, Newtondenkmal,1784 National Capitol of Bangladesh, 1962 173 literaturverzeichnis 11 Positionen Jürgen Tietz ; translation from German - Emil Gola, “Historia architektury XX wieku” Köln : Könemann Verl. : Peter Delius, 2001 Jan Maciej Chmielewski, “Teoria Urbanistyki w projektowaniu i planowaniu miast” Kraków, Oficyna Wydawnicza Politechniki Warszawskiej http://en.wikipedia.org/wiki/Congr%C3%A8s_International_d%27Architecture_Moderne http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesautobahn_100 Neumeyer, Fritz: Quellentexte zur Architekturtheorie, Prestel, Berlin 2002 1. Funktionalismus: Mies van der Rohe, Ludwig: Bauen; Baukunst und Zeitwille,1923, in: Neumeyer, Fritz, Hrsg.: Quellentexte zur Architekturtheorie, München 2002, S, 407 ff. Hilpert, Thilo (Hg.): Le Corbusiers »Charta von Athen«, Texte und Dokumente, kritische Neuausgabe, mit einem Nachwort zur 2. Aufl. (Bauwelt Fundamente, Bd. 56), Wiesbaden 1988 2. Bedeutung städtebaulicher Elemente für das kollektive Bewusstsein Rossi, Aldo: Die Architektur der Stadt (1966), Düsseldorf 1973 Hinweis: Ein Kapitel abgedruckt in: Neumeyer, Fritz (Hrsg.): Quellentexte zur Architekturtheorie, München 2002, S. 495-509 Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Baumschlager-Eberle 2002-2007: Architektur | Menschen und Ressourcen, Wien 2008 3. Zerstörung als urbanistisches Prinzip Oswalt, Philipp: Berlin_Stadt ohne Form, Strategien einer anderen Architektur, München 2000 -Rollka, Bodo; Wille Klaus-Dieter: Das Berliner Stadtschloß. Geschichte und Zerstörung, Verlag Haude & Spener, Berlin 1987 Schug, Alexander: Palast der Republik: Politischer Diskurs und private Erinnerung, BWV Verlag, 2007 Redecke, Sebastian: Kritische Rekonstruktion, Bauwelt Heft 3.09, Bauverlag BV GmbH 2009 Reuther, Hans: Die grosse Zerstörung Berlins: Zweihundert Jahre Stadtbaugeschichte, Propyläen, Berlin 1985 von Eckardt, Wolf: Erich Mendelsohn, G. 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07/08 2 Boligen Berlingske 12.09.2004 (dänische Zeitschrift) 3 www.onv.dk (Stand 15.11.2008) 4 www.hp3.dk (Stand 15.11.2008) Aneignung des Raumes 1 Detail 2008 – 09 2 archplus 183 2007 – 05 3 http://www.elementalchile.cl/category/vivienda/iquique/ (Stand 15.11.2008) Wohnhaus Grieshofgasse 1 Nextroom Architekturdatenbank, http://www.nextroom.at/building_article.php?building_ id=19166, letzter Zugriff 10.02.09 2 ATS-Architekten, http://www.ats-architekten.at/wimmer/gestapeltekleingaerten.htm, letzter Zugriff 10.02.09 Gebäudekunde Ausarbeitung Gestapelte Kleingartensiedlung 1 Living Streets Wien, http://www.wohnbauforschung.at/Downloads/LivingStreets_Ebner_LF.pdf, S.16-25, letzter Zugriff 10.02.09 Schneider, Tatjana; Till, Jeremy: Flexible Housing, Architectural Press, Oxford 2007 76 Nutzungsoffenes Bauen Architekturschule in Nantes 1 www.lacatonvassal.com 2 Detail, Heft 12/2002 3 architektur aktuell, Heft 3/2006 Centre Pompidou: 1 Richard Burdett, Richard Rogers - Bauten und Projekte, Deutsche Verlagsanstalt GmbH, Stuttgart, 1996 2 Kenneth Powell, Richard Rogers, Phaidon Press Limited, London, 1999 3 Jean Poderos, Centre Georges Pompidou - 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Bauen mit Glas 1 Hrsg: Werner Blaser, Frank Heinlein: R 128 by Werner Sobek, Basel 2001 (Birkhäuser) 2 http://www.zae-bayern.de/files/schema_vig.png Innovative Dämmstoffe 177 1 Arch+ 184 2 Archithese 4/2004 3 Detail 6/2007 4 Detail 5/2008 5 DBZ 1/2009 6 Forschungsstand Innovative Dämmstoffe im Bauwesen/ Bremer Energie Institut 7 Green Building - Konzepte für nachhaltige Architektur / Michael Bauer/ Callway 8 Neue Passivhäuser/Anton Graf/ Callway 9 Energieatlas 10 www.bremer-engergie-institut.de 11 www.umwelt-wand.de (Fachverband Transparente Wärmedämmung) 12 www.solarlux.ch 13 http://www.lucido-solar.com 14 http://www.wacotech.de 15 http://www.gap-solar.at 16 www.baulinks.de 17 http://www.baunetzwissen.de Brian Edwards with Paul Hyett, Rough guide to sustainability, Seite 60 ff, RIBA Publishing 2005 Studie von Steffen Reichert and der HGF Offenbach in: Arch+188, Juli 2008) Manfred Hegger, Matthias Fuchs, Thomas Stark, Martin Zeumer „Energie Atlas “, Detail Verlag, November 2007, 127 Energetische Konzepte Alten- und Pflegewohnheim 1 Energieatlas (2007) 2 Architektur aktuell (6/2006) 3 Bauen mit Holz (1/2007) 4 www.arcguide.de (28.12.2008) 5 www.nextroom.at (28.12.2008) 6 www.wissounig.at (02.01.2009) 7 www.passiv.de (02.01.2009) Studentenwohnheim 1 Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Baumschlager - Eberle .2002 - 2007 . 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Galerie am Kupfergraben 10 in Berlin von David Chipperfield Architects, in: Werk, Bauen + Wohnen Nr. 6, 2008 178 Tektonik 1 Günther Domenig, Titel: Steinhaus in Steindorf, Verlagsort: Klagenfurt, Jahr: 1993 2 Jörg Krichbaum, Titel: Mit Gesprächen über die Zukunft der Architektur in den neuen Bundesländern, Verlagsort: Stuttgart, Jahr: 1994 3 Boullée, Etienne-Louis, Titel: Architektur, Abhandlungen über die Kunst, Verlagsort: Zürich, Jahr: 1987 4 Hans Kollhoff, Titel: Über Tektonik in der Baukunst, Jahr: 1993 5 Louis I. Kahn, Titel: Kahn, Louis I. , Verlagsort: Basel, Jahr: 2001 6 http://de.wikipedia.org/wiki/Tektonik_(Architektur) 179 Impressum Brandenburgisch Technische Universität Cottbus Fakultät II Architektur, Bauingenieurwesen, Stadtplanung Konzept: Lehrstuhl für Entwerfen, Gebäudekunde und Raumgestaltung Prof. Dr. h.c. Jörg Kühn Norbert Kling Richard Knoll Henri Praeger Julia Zillich Gestaltung: Tino Müller Design_Lab 180 Kontakt: www.tu-cottbus.de [email protected] [email protected] 181 NEUES BAUEN! ist eine Schriftenreihe des Lehrstuhls für Entwerfen, Gebäudekunde & Raumgestaltung Prof. Dr. h.c. Jörg Kühn Fakultät II - Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung 182