Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement: Konzepte, Methoden und Implementierung in Matlab M.Sc.Brice Hakwa SS 2014 Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Kapitel 1: Stochastische Modellierung von Risiken Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Quantitative Modellierung Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Theoretische Konzepte I: Risiko, Risikofaktor? Allgemein Betrachtung Der Begriff ’Risiko’ ist mit der Unsicherheit im Hinblick auf potenzielle zukünftige Veränderungen verbunden (z.B. Verlust auf Grund eines zufälligen Ereignisses ). Ein Risiko wird im Allgemein als die Gefahr einer (negativen) Abweichung von einem in der Zukunft erwarteten Ergebnis interpretiert werden. Risiken sind somit zufällige Ereignisse und können deshalb als Ergebnisse von Zufallsexperimente betrachtet werden. Betriebswirtschaftliche Betrachtung Risiko wird in der Praxis als eine Verlustmöglichkeit, die mit einer unsicheren Unternehmung (z.B. Investition) verbunden ist interpretiert. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Theoretische Konzepte I: Grundannahme der Stochastischen Modellierung Die Grundannahme bei der Beschreibung eines Risikos durch ein Zufallsexperiment besteht darin, dass das zukünftige Verhalten des betrachteten Risiko nicht vorausgesagt werden kann. D.h. es gibt kein Ereignis, das mit Sicherheit eintritt (Die Veränderungen sind nicht deterministisch) dass, die Veränderungen Resultat eines Zufallsexperiments sind. dass alle möglichen Ergebnisse des zugrundeliegenden Zufallsexperimentes und somit alle zukünftigen Realisationen dieses Risiko bekannt sind und dass genau eines dieser Ergebnis bzw. Realisationen eintreten wird. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Theoretische Konzepte II: Man betrachtet zwei Zeitpunkte, den Anfangszeitpunkt t0 = 0 gegebene zukünftige Zeitpunkt t1 > 0 1 Der erste Schritt bei der stochastischen Modellierung von Risiken ist es alle möglichen zukünftigen Ergebnisse bzw. Szenarien zu einer Menge, dem sogenannten Ergebnis- bzw. Zustandsraum Ωt1 , zusammenzufassen (Dies ist eine Grundvoraussetzung um Resultate aus der Wahrscheinlichkeitstheorie anzuwenden: Kolmogorov ). 2 danach wird jeder möglichen zukünftigen Realisation des Risikos ein Element ω aus Ωt1 zugeordnet. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Theoretische Konzepte: III Sei X ein Risiko (z.B. Verlust, Rendite, Optionspreise, Schadenanzahl ) und Ωt1 Dann haben wir im Kontext der stochastischen Modellierung, dass der Wert von X zum Zeitpunkt t0 (Xt0 ) deterministisch bekannt ist (D.h. Xt0 ist eine Zahl). Zum Zeitpunkt 0 sind alle möglichen zukünftigen Zustände und somit alle möglichen zukünftigen Werte Xt (ω) bekannt. der Wert von X zum Zeitpunkt t1 (Xt1 ) vom eintretenden ω abhängt. D.h. Xt is eine Funktion auf Ωt1 Xt1 : Ωt1 → R (1) Xt1 (ω) beschreibt den Wert des betrachteten Risiko zum Zeitpunkt t im Zustand ω. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Theoretische Konzepte: IV Angenommen dass die Menge der möglichen Szenarien endlich ist. d.h. Ω = {ω1 , . . . , ωK } , K ∈N Dann haben wir, dass zum Zeitpukt t = 0 alle K Zustände der Menge Ω mögliche Endzustände zum Zeitpunkt t1 sind. Aber es wird nur einer dieser Zustände als Endzustand realisiert. Xt1 ist dann zum Zeitpunkt t0 nicht deterministisch sondern eine zufällige Ereignis. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Fragestellung des quantitativen Risikomanagement Beim Risikomanagement interessiert man sich vor allem für die probabilistischen Eigenschaften von Risiken. Z.B. Häufigkeiten: Z.B. Ruin-, Ausfallwahrscheinlichkeit Erwartungswert: Z.B. Faire Preise Quantil: Z.B. Value-at-Risk Dies setzt die Beantwortung der folgenden Frage voraus - Welche Realisation des Risikos ist wie oft zu erwarten ? D.h. ein Maß für das Eintreffen von Realisationen ist hier gefragt. Hierbei ist das Konzept eines Wahrscheinlichkeitsraumes bzw. Wahrscheinlichkeitsmaß grundlegend Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Wahrscheinlichkeitsdefinition Definition Das Fundament der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die axiomatischen Definition einer Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P). Sei Ω eine Menge und F eine Familie von Teilmengen von Omega. F heißt σ-Algebra, falls 1 ∅∈F 2 F ∈ F ⇒ Ω\F ∈ F 3 F1 , F2 , F3 , ... ∈ F ⇒ ∞ S Fi ∈ F i=1 Das Paar (Ω, F) heißt messbarer Raum. Eine Funktion P : F 7→ [0, 1] heißt Wahrscheinlichkeitsmaß, falls 1 P (∅) = 0; P (Ω) = 1 2 Sind ∞F1 , F2 , F3 , . . . ∈ F paarweise disjunkt so ist S P∞ P Fi = i=1 P (Fi ) i=1 Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Das Tripel (Ω, F, P) heißt Brice Wahrscheinlichkeitsraum Wahrscheinlichkeitsdefinition Interpratation Ω lässt sich als Menge der Elementarereignisse interpretieren. Nur eines der Elementarereignisse kann eintreten Eine Teilmenge F ⊂ Ω kann als Fragestellung (Ereignis) interpretiert werden, ob eines der Elementarereignisse in F eingetreten ist. P (F ) als die Wahrscheinlichkeit, dass eines der Elementarereignisse in F eintritt Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Zufall variable als modell für Risiko Ein Risiko wird durch eine Zufallsvariable Xt : (Ω, F, P) → (R, B, PX ) modelliert. Dabei is P ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf dem Meßraum (Ω, F) und PXt (F ) := P Xt−1 (F ) := P ({ω ∈ Ω; Xt (ω) ∈ F }) ∀ F ∈ F (2) ist das durch Xt und P auf (R, B) induzierte Wahrscheinlichkeitsmaß (Bildmaß) Das Bildmaß PXt ist ein W-Maß auf und wird Verteilung von Xt gennant. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Beschreibung durch Dichte f und Verteilungsfunktion F Es gilt: R +∞ f (t)dt = 1 Rx F (x) = −∞ f (t)dt Rb P(X ∈ [a, b]) = a f (x) dx = F (b) − F (a) P R∞ k k ·p = mk = E X k = ∞ x x dF (x) = i i=1 i −∞ R∞ −∞ −∞ x k f (x) dx. k ∈ N Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Beschreibung durch Dichte f und Verteilungsfunktion F Sei f die Dichte eine ZV. X. Nehmen wir an, dass f stetig ist. Dann gilt Z t+∆t P (t ≤ X ≤ t + ∆t) = f (x) dx ≈ ∆ · f (t) (3) t und somit P (t ≤ X ≤ t + ∆t) . (4) ∆t D.h. die wahrscheinlichkeit, dass X ∈ [t; t + ∆] lässt sich durch f (t) ≈ Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Spezielle Verteilungen: Gleichverteilung Die Dichtefunktion einer auf dem Intervall [a;b] gleichverteilten Zufallsvariable X ∼ U(a; b) hat die Gestalt ( f (x) = 1 b−a 0 a ≤ x ≤ b, sonst. (5) Die Verteilung ist Zx F (x) = f (t)dt = 1 b−a a Z x dt = a 0 1 · t|xa = x−a b−a b−a 1 for x < a for a ≤ x < b for x ≥ b Es gilt b+a 2 (b − a)2 Var [X ] = 12 E [X ] = Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Anwendung Die Gleichverteilung ist ein einfaches Modell für Kleinschäden mit vorgegebener Obergrenze b, wie sie z. B. in der Kfz-Kasko-Versicherung vorkommen, oder für die Modellierung von Schadenquoten Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Gamma-Verteilung Die Dichtefunktion einer Gamma-verteilten Zufallsvariablen X ∼ Γ(k, λ). mit den reellwertigen Parametern k > 0 und λ > 0 hat die Gestalt ( k λ k−1 · e −λx falls x > 0, Γ(k) · x (6) fX (x) = 0 falls x ≤ 0. Z mit Γ (x) := ∞ t x−1 · e −t dt. 0 Eigenschaften der Gammafktion Γ(k) = (k − 1)!, , k ∈ N Γ(x + 1) = x · Γ(x), √ 1 Γ = π 2 Brice Hakwa x <0 (7) (8) (9) Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Gamma-Verteilung Die Verteilungsfunktion der Gamma Verteilung ist explizit gegeben nur für k ∈ N Z x λn t n−1 e−λt dt F (x) = Γ (n) 0 Z x λn = t n−1 e−λt dt (n − 1)! 0 = ..... Γ(n, λx) =1− (n − 1)! n−1 X (λx)i −λx =1−e i! i=0 und wird in diesem fall auch als Erlang Verteilung bezeichnet. k Es gilt : E [X ] = (10) λ k Var [X ] = 2 (11) Brice Hakwa Praktische Aspekte derλ Quantitativen Risikomanagement Anwendung Die Gamma-Verteilung ist wegen ihrer zwei Parameter recht flexibel und wird zur Modellierung kleiner bis mittlerer Schäden verwendet, z. B. in der Hausrat-, Gewerbe-, Kfz-Kasko- und Kfz-Haftpflichtversicherung. Der Formparameter k bestimmt die Form der Dichte Der Skalenparameter λ bestimmt, wie stark die Dichte bzgl. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Weibull-Verteilung Die Dichtefunktion einer Weibullverteilten Zufallsvariablen X (k; λ) mit den reellwertigen Parametern k > 0 und λ > 0 ist für x > 0 gegeben durch f (x) = λ · k · x k−1 e−λ·x k (12) Die entspreschende Verteilungsfunktion F (x) ist k F (x) = 1 − e−(λ·x) (13) Es gilt: 1 E [X ] = λ · Γ 1 + k ! 2 2 1 2 Var [Var ] = λ k · Γ 1 + −Γ 1+ k k 1 k Brice Hakwa (14) (15) Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Weibull-Verteilung Anwendung In der Schadenmodellierung wird die Weibull-Verteilung in der Regel nur für k < 1 verwendet, und zwar zur Abbildung von Groäden, z. B. im Industriebereich, in der Kfz-Haftpflicht und der Rückversicherung; für k > 1 eignet sie sich nur für die Modellierung von Kleinschäden. Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Exponentiel verteilung Die Dichtefunktion einer Exponentialverteilten Zufallsvariablen X ( X ∼ Exp(λ) mit λ > 0) ist gegeben durch ( λe −λx x ≥ 0 f (x) = (16) 0 x <0 Die Verteilungsfunktion der Exponentialverteilung ist ( Zx 1 − e−λx x ≥ 0, F (x) = f (t) dt = 0 x < 0. −∞ Es gilt: E(X ) = Z∞ 1 −λx λxe dx = . λ 0 Z∞ Z∞ Z∞ Z∞ 1 2 1 1 −λx 2 −λx −λx −λx Var(X ) = x− λe dx = λ x e dx − 2 xe dx + e dx = λ λ λ2 0 0 Brice Hakwa 0 0 Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Exponentiel verteilung Anwendung Modellierung von Wartezeit Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Normal Verteilung Die Dichtefunktion einer normalverteilten Zufallsvariablen X ( X ∼ N (µ, σ) ist gegeben durch 1 x−µ 2 1 f (x) = √ e − 2 ( σ ) σ 2π Die Verteilungsfunktion der Normalverteilung ist 1 F (x) = √ σ 2π Es gilt für z = x Z 1 e− 2 ( t−µ 2 σ ) dt −∞ t−µ σ 1 F (X ) = √ 2π (x−µ)/σ Z 1 2 e − 2 z dz = Φ( x −µ ) σ (17) −∞ Dabei ist Φ die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung Z x 1 2 1 Φ(x) = √ e − 2 t dt. 2π −∞ Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Normal Verteilung Es gilt E (X ) = µ (18) 2 (19) VaR(X ) = σ Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement t Verteilung Die Dichtefunktion einer t verteilten Zufallsvariablen X − n+1 2 Γ n+1 x2 2 fn (x) = √ 1 + n nπΓ n2 (20) Es gilt für den Erwartungswert erhält man für n > 1 E(X ) = 0. (21) und die Varianz ergibt sich für n > 2 Var(X ) = Brice Hakwa n . n−2 (22) Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement t Verteilung Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Parametric Distributions in Matlab pdf - Probability density functions cdf - Cumulative distribution functions inv - Inverse cumulative distribution functions Distribution name + fit - Distribution fitting functions rnd - Random number generators Example: Normal distribution 1 2 3 4 5 6 7 8 9 q = 0 % specify quantiles p = 0.5 % specify probabilities mu = 1 % mean sigma = 2 % standard deviation normpdf (q , mu , sigma ) % return density at q normcdf (q , mu , sigma ) % return cumulative prob at q norminv (p , mu , sigma ) % return quantile at p normrnd ( mu , sigma ,10 ,2) % return m by n matrix normfit ( x ) % return estimated parameters Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Example: Binomial distribution 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 p =0.3; % Parameter p N =10; % Parameter N x =( -2.0:1:12) ; % Wertebereich der Darstellung bindist = binopdf (n ,N , p ) ; % density bindist = binocdf (x ,N , p ) ; % distribution subplot (1 ,2 ,1) % Plotten der Funktionen h = stem (n , bindist , ’b - ’) ; xlabel ( ’n ’) ; ylabel ( ’P ( X = n ) ’) subplot (1 ,2 ,2) stairs (x , binvert , ’b - ’) xlabel ( ’x ’) ; ylabel ( ’P ( X \ leq x ) ’) Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Example: Binomial distribution Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Example: Lognormal distribution 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 sigma =0.15; % Parameter p der B in om ia l ve rt ei l . mu =2; % Parameter N der B i no mi al v er te il . x =(0.0: 0.01:15) ; % Wertebereich der Darstellung dens = lognpdf (x , mu , sigma ) ; % density dist = logncdf (x , mu , sigma ) ; % distribution plot (x , dens , ’b - ’) ; xlabel ( ’n ’) ; ylabel ( ’P ( X = n ) ’) hold on plot (x , dist , ’b - ’) legend ( ’ Density ’ , ’ distribution ’) ; Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Example: Lognormal distribution Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Basic data analysis measures in matlab 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 length ( S ) % number of elements in y sum ( S ) % sum of elements prod ( S ) % product of elements range ( S ) % difference between maximum and minimum mean ( S ) % mean median ( S ) % medium var ( S ) % variance std ( S ) or sqrt ( var ( S ) ) % standard deviation corrcoef ( S ) % correlation coefficients skewness ( S ) % get the skewness kurtosis ( S ) % get the kurtosis ( NOT excess ) quantile (S ,0.01) % returns the quantiles at p min ( S ) % minimum value max ( S ) % maximum value sort ( S ) % sort in ascending or descending order abs ( S ) % absolute value diff ( S ) % differences between elements Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement Praxis der Risikomodellierung Für ein bestimmtes Risiko 1 Wahl einer geeigneten Verteilung bzw. Verteilungstype (durch f , F , oder ϕ) Tools: Datenanalyse Visualisierung z.B. einfache plot, Trend,.... Expertenwissen, Intuition Statistischer Test (z.B. QQ-Plot, PP-Plot, und Hypothese-Test) 2 Wahl geeigneter Parameter (Kalibrierung) Tools: Momentenmethode Regression (Kleinste-Quadrate) Maximum Likelihood Methode Brice Hakwa Praktische Aspekte der Quantitativen Risikomanagement