02. – 05. 03. 2015 / 9.45 Sinnlichkeit und Erotik tiefer weiblicher Stimmen Frauenpower in vokalen Abgründen Gestaltung: Gerhard Hafner „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, gurrte einst Marlene Dietrich und beflügelte auch aufgrund ihrer sonoren tieffrequentierten Stimme so manche Männerfantasie. Tiefe Frauenstimmen üben schon seit jeher eine ungemeine Faszination aus. In der Barockoper wo das Spiel der Geschlechter zum – im wahrsten Sinn des Wortes – „guten Ton“ gehörte, verkörperten Altistinnen oft Travestierollen; d.h. als Männer verkleidete Frauen. Als die Kastraten aus der Mode kamen, die Komponisten es aber weiterhin schätzten wenn der Opernheld etwas androgynes, nicht Kategorisierbares an sich hatte, übernahmen weibliche Contralti deren Funktion. So komponierte beispielsweise Gioachino Rossini die Titelhelden in „Tancredi“ oder „Ciro in Babilonia“ diesem Stimmtypus in die Kehle. In der Romantik, durften die Altistinnen dann ihre Hosen gegen Röcke eintauschen, die „Ring“-Erda wäre an dieser Stelle zu nennen. Auch, ja viel mehr noch als in der Klassik, sind in der Ethno- und Unterhaltungsmusik tiefe Frauenstimmen anzutreffen. Und natürlich auch im alltäglichen Leben. So nimmt etwa beim Flirten die Stimme neben Augenkontakt, Witz und Duft einen enormen Stellenwert ein. Forscher haben herausgefunden, dass Menschen ihre Stimme senken, wenn sie ihr gegenüber attraktiv finden. Im Stimmklang spiegeln sich ungemein viele Dinge wider. Von plötzlichen Emotionen bis hin zu gesellschaftlichen Entwicklungen. Letzteres lässt sich gut an der weiblichen Tonlage demonstrieren. Stimmlich gesehen, vollzieht sich in Mitteleuropa ein Kulturwandel. Die Stimmen der Frauen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten im Schnitt um eine Terz, also um zwei bis drei Halbtöne, gesenkt. Eine Folge der Emanzipation, vermuten Soziologen. Eine Piepsstimme sei nicht vereinbar mit dem Selbstbild moderner Frauen. Diese Radiokolleg-Reihe beleuchtet die unterschiedlichsten Facetten tiefer Frauenstimmen und lässt dabei ausübende Vertreterinnen diverser Zünfte zu Wort kommen. Aber ebenso auch Lehrende, Stimmexperten und Psychologen.