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Können die anteiligen Kosten für Bürgermeister, Landrat und Organe
sowie Kosten für Rechtsberatung bei der Bemessung von Benutzungsgebühren und Kostenerstattungen berücksichtigt werden?
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat mit Beschluß vom
27.02.1996 (NVwZ-RR 1996, 593) entschieden, daß anteilige Kosten aus dem Gehalt
des Landrats und den Sitzungsgeldern des Kreistags bei der Kalkulation von Abfallgebühren nicht berücksichtigt werden können, auch wenn sich diese Organe in nicht
unbedeutendem Maß mit der Abfallwirtschaft des Landkreises und mit der Abfallwirtschaftssatzung beschäftigt haben. Das Gericht begründet dies zum einen damit, daß
diese Personalkosten durch Einnahmen des Landkreises, insbesondere durch die
Kreisumlage und den Finanzausgleich, finanziert werden. Zum anderen seien Tätigkeiten im „Vorfeld“ der Beratung und Beschlußfassung über die Abfallentsorgung und
ihre Ausgestaltung als öffentliche Einrichtung und über die Gebührenkalkulation noch
keine dem Gebührenschuldner zurechenbaren „Leistungen“ der Einrichtung selbst.
Im Normenkontrollurteil vom 13.05.1997 (vgl. „Gemeindekasse“ 16/1998) hat der VGH
Baden-Württemberg entschieden, daß gerichtliche und außergerichtliche Kosten der
Rechtsberatung, die einer Gemeinde in Rechtsbehelfsverfahren gegen Gebührenbescheide entstehen, bei der Kalkulation der Abwassergebühren nicht angesetzt werden
können, weil es sich insoweit nicht um betriebsbedingte Kosten handle.
Der VGH Baden-Württemberg legt danach den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff,
der auch in Baden-Württemberg für die Gebührenbemessung maßgebend ist, sehr
restriktiv aus.
Wir sind gefragt worden, welche Folgerungen aus diesen Entscheidungen für die Gebührenbemessung und auch für sonstige Verrechnungen - etwa zwischen Eigenbetrieb und Trägerkörperschaft (Kameralhaushalt) - zu ziehen sind. Wir beurteilen den
Sachverhalt wie folgt:
1. Gebührenkalkulation
Die Entscheidungen des VGH Baden-Württemberg vom 27.02.1996 und vom
13.05.1997 sind zum baden-württembergischen Kommunalabgabengesetz ergangen,
haben also für die Rechtslage in Bayern keine unmittelbare Bedeutung.
Nach der Rechtsprechung des BayVGH muß zur Auslegung des Kostenbegriffs (Art. 8
Abs. 2 Satz 1 KAG) auf die in der betriebswirtschaftlichen Kostenlehre entwickelten
Abgrenzungskriterien zurückgegriffen werden. Danach werden die Kosten „aus Menge
und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch
genommenen Dienste ermittelt“. Merkmal des Kostenbegriffs ist ein leistungsbezogener Güterverzehr (Urteile vom 03.03.1993, VGH n.F. 46, 70, „Fundstelle“ 157/1993,
und vom 29.03.1995, VwRR 1995, 25). Leistungsbezogene Verwaltungskosten sind
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u.E. auch die Verwaltungskosten für die leitenden Organe (so auch „Fundstelle“
28/1987 Ziff. 1 Buchst. b und KGSt-Bericht 15/1985 „Verwaltungskostenerstattungen
VKE“, Abschn. 6.1), weil letztlich auch sie bei der Leistungserstellung mitwirken. Besonders augenfällig wird dies bei Zweckverbänden - etwa zur Wasserversorgung oder
Abfallentsorgung -. Die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg hätte in letzter
Konsequenz zur Folge, daß die Personal- und Sachkosten für die Verbandsorgane
(Verbandsvorsitzender, Verbandsversammlung) aus allgemeinen Haushaltsmitteln der
Mitgliedsgemeinden zu finanzieren wären, obwohl sich die Organe ausschließlich mit
einrichtungsbezogenen und damit auch leistungsbezogenen Aufgaben befassen.
Auch Rechtsberatungs- und Prozeßkosten, die in einrichtungsbezogenen Angelegenheiten entstehen, sind „betriebsbedingt“ und deshalb u.E. grundsätzlich den betriebswirtschaftlichen Kosten zuzurechnen. Diese Kosten sind zwar nicht in dem Sinne erforderlich, daß ohne sie die betriebliche Leistung nicht erbracht werden könnte. Sie
fallen jedoch gelegentlich der Leistungserstellung an und sind deshalb u.E. als betriebsbedingte Kosten zu qualifizieren, die bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen sind. Andernfalls könnten beispielsweise Eigenbetriebe, nach Eigenbetriebsrecht geführte kommunale Einrichtungen oder Kommunalunternehmen, bei denen Benutzungszwang besteht, derartige Kosten nicht über Benutzungsgebühren finanzieren;
letztlich müßte in diesen Fällen die Trägerkörperschaft bzw. der Gewährträger dafür
einstehen.
Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG soll das Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten „einschließlich der Kosten für die Ermittlung und Anforderung von einrichtungsbezogenen Abgaben“ decken. Dieser Zusatz wurde mit Gesetz vom 28.12.1992 (GVBl S. 775) eingefügt und ist als Reaktion
des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des BayVGH zu verstehen, der diese Kosten unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 KG als nicht ansatzfähig wertete (vgl.
„Fundstelle“ 115/1993). Daraus kann u.E. aber nicht der Schluß gezogen werden, daß
nur die Kosten für die Ermittlung und Anforderung von Abgaben, nicht aber damit zusammenhängende Rechtsberatungs- und Prozeßkosten ansatzfähig wären. Denn
nach der Entstehungsgeschichte der Gesetzesergänzung ist nicht anzunehmen, daß
es Wille des Gesetzgebers war, den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff insoweit
einzuschränken.
Die vorstehend angesprochenen Kostenarten fallen zwar im Rahmen der gesamten
nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG ansatzfähigen Kosten nicht ins Gewicht, können u.U.
aber bei der Frage einer Verletzung des Kostenüberschreitungsverbots (Art. 8 Abs. 2
Satz 3 KAG) Bedeutung gewinnen.
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2. Kostenerstattungen
Leistungen, die die Kommune für ihre Unternehmen mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit erbringt, sind angemessen zu vergüten (vgl. Art. 94 Abs. 3 GO, Art. 81
Abs. 3 LKrO, Art. 79 Abs. 3 BezO, § 7 Abs. 1 Satz 1 EBV, § 3 Abs. 2 WkKV, § 3
Abs. 2 WkPV, § 13 Satz 1 KUV). Angemessen ist dabei grundsätzlich der Preis, der
von Dritten bei gleichen Verhältnissen verlangt würde (vgl. Lenz/Schieder, Eigenbetriebsverordnung Bayern, 3. Auflage, RdNr. 1 zu § 7 EBV). Dabei sind u.E. auch die
Leistungen der Organe der Kommune zu berücksichtigen. Die anteiligen Aufwendungen hierfür werden nach unseren Erfahrungen auch bei steuerpflichtigen Betrieben als
Betriebsausgaben anerkannt, soweit den geltend gemachten Aufwendungen plausible
Berechnungen zugrunde liegen.
Der erwähnte Beschluß des VGH Baden-Württemberg vom 27.02.1996 hat für die
Auslegung der vorstehend zitierten Vorschriften keine Bedeutung, zumal er nicht das
Verhältnis zwischen Eigenbetrieb bzw. Unternehmen und Trägerkörperschaft, sondern
das Verhältnis zwischen Kommune und Gebührenschuldner betrifft.
Bei der Bemessung von Beiträgen (Art. 5 KAG, §§ 127 ff. BauGB) und der Aufwandserstattung für Grundstücksanschlüsse (Art. 9 KAG) können solche Kosten dagegen
nicht berücksichtigt werden, weil in diesen Bereichen nicht auf den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff abzustellen ist.
EAPl: 87 (870); 93 (930)
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