Gründungsinformation Nr. 27 Werbung: Tierärzte 09/2012 2 Werbung allgemein Zahlreiche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben in den letzten Jahren zu einer Liberalisierung des tierärztlichen Standesrechts geführt. Dem Tierarzt ist es grundsätzlich erlaubt mit seinen Leistungen zu werben. Werbung bietet ihm verschiedene Möglichkeiten, sich selbst, seine Spezialisierungen und Tätigkeitsschwerpunkte in der Öffentlichkeit darzustellen. Verwandlung früher geltenden (tier-)ärztlichen Werbeverbots in (tier-)ärztliches Werberecht bedeutet aber nicht grenzenlose Gestaltungsfreiheit der Werbemaßnahmen. Für tierärztliche Werbung gelten nach wie vor gesetzliche Regelungen, die unlauteren Wettbewerb verhindern sollen. „Hauptgestaltungsrahmen“ der tierärztlichen Werbung ergeben sich aus folgenden gesetzlichen Regelungen: UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) HWG (Heilmittelwerbegesetz) GOT (Gebührenordnung für Tierärzte) Berufsordnungen der jeweiligen Landestierärztekammern. Das UWG gilt für jeden im Geschäftsverkehr handelnden Tierarzt. Fälle, die wettbewerbswidrig in § 4 UWG (z.B. gezielte Behinderung oder Herabsetzung des Mitbewerbers, intransparente Werbung, Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers und weitere unlautere geschäftliche Handlungen) und irreführend in § 5 UWG (z.B. unwahre Angaben und sonstige Täuschungen) aufgelistet sind. Das HWG gilt für jeden, der im Gesundheitsbereich tätig ist. Im Katalog des §11 HWG sind Werbeverbote zu finden, die im Gesundheitswesen unerwünscht sind. Die GOT ist eine Regel, die im Sinne des §4 Nr.11 UWG das Verhalten von Tierärzten als Marktteilnehmer bestimmt. Die Berufsordnung der Landestierärztekammer regelt und organisiert das Wettwerbsverhalten der Tierärzte. Ein Tierarzt, der wissen möchte, ob und wenn ja, in welchem Umfang eine Außendarstellung seiner Person und seiner beruflichen Tätigkeit zulässig ist, steht etwa der § 24 der Berufsordnung für die Tierärzte (in Bayern) zur Verfügung. Während in der alten Fassung des § 24 BO (vom 27. Juni 1986 (DTBl 1986, S. 867 ff.) noch abschließend aufgezählt war, welche Werbemaßnahmen als zulässige Informationswerbung gelten konnten, vollzieht die neue Vorschrift des § 24 BO (zuletzt geändert am 01. Januar 2011 (DTBl. 1/2011, S. 88 f.) einen Paradigmenwechsel im tierärztlichen Berufsrecht. Im § 24 BO sind abschließend sämtliche Tatbestände berufswidriger und damit unzulässiger Werbung aufgelistet. Folgende Zusammenfassung aus Fragen und Antworten gibt einen Überblick über Gestaltungsmöglichkeiten der tierärztlichen Werbung. Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 3 Was ist eine berufswidrige Werbung? Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Unzulässig ist sowohl das Betreiben als auch das Dulden einer solchen Werbung. Berufswidrig kann Werbung auch dann sein, wenn Werbemethoden der gewerblichen Wirtschaft übernommen werden. Beispielsweise ist zu nennen § 6 Abs. 2 BO der Sächsischen Landestierärztekammer, der das Verbot berufswidriger Werbung im Detail beschreibt: „Berufswidrige Werbung ist dem Tierarzt untersagt, insbesondere: 1. wahrheitswidrige, irreführende, unsachliche oder übermäßig anpreisende Werbung, 2. zu veranlassen oder zu dulden, dass Berichte oder Bildberichte mit Anpreisungen für die eigene tierärztliche Tätigkeit veröffentlicht werden, 3. öffentliche Danksagungen zu veranlassen oder zu dulden, 4. zum Zwecke der Werbung Krankengeschichten oder Operations- und Behandlungsmethoden in anderen als fachwissenschaftlichen Schriften oder in Vorträgen vor Nichtfachkreisen bekannt zu geben, 5. unaufgefordert tierärztliche Behandlungen anzubieten, 6. eine vergleichende und/oder Preis-/Leistungswerbung“. 1 Die Berufswidrigkeit kann sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweils gewählten Mediums insbesondere aus Form, Inhalt und Umfang der Darstellung ergeben. Was ist marktschreierische, anpreisende Werbung? Die Bundestierärztekammer beschreibt diese Form der Werbung als eine „übersteigerte Form der Werbung, insbesondere eine solche mit reißerischen aufdringlichen Mitteln". Dies könne schon dann vorliegen, wenn die Werbeaussagen für den Adressaten inhaltlich überhaupt nichts aussagen, also keinen Informationswert oder jedenfalls keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt haben. Aber auch Informationen, deren Inhalt ganz oder teilweise nachprüfbar sei, könnten aufgrund ihrer reklamehaften Übertreibung anpreisend sein. Anpreisende Werbung wird auch beschrieben als „besonders nachdrückliche Form der Werbung, wie etwa Blickfangwerbung, Verwendung von Superlativen, Eigenlob, Bezugnahme auf Empfehlungsschreiben und Danksagungen". Beispiele für anpreisende Werbung: Im ärztlichen/tierärztlichen Bereich sind etwa Begriffe wie „der beste Tierarzt", „Spitzenmediziner", „Top-Tierarzt", „Spezialist", „Tiergesundheitszentrum" anpreisend und damit unzulässig. Nicht statthaft sind auch Aussagen wie „Dr. Scharf ist der einzige Tierarzt, der diese Operationstechnik beherrscht", „Dr. Blind ist der im Bereich der Augenheilkunde am besten aus- und fortgebildete Tierarzt", „kommen Sie mit Ihrem kranken Tier in meine Praxis; dort werden Sie erleben, wie schnell und effizient Ihrem Tier in einer modernen Tierarztpraxis geholfen werden kann." 1 Berufsordnung der Sächsischen Landestierärztekammer vom 5. Juli 2003 (rechtsbereinigte Fassung einschließlich Zweiter Satzung zur Änderung der Berufsordnung vom 14. November 2009), in http://www.tieraerzte-sachsen.de/?p=Con&s1=Rechtsgrundlagen&s2=Berufsordnung. Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 4 Auch durch die Druckanordnung, die grafische oder bildliche Gestaltung oder die Art der Werbung in Rundfunk oder Fernsehen kann beim Publikum der Eindruck einer Alleinstellung entstehen. In diesem Sinne sind folgende Aktionen zulässig: Hinweis auf Zertifizierung der Praxis Wiederbestellungen auf Wunsch des Patientenbesitzers Tag der offenen Tür Hinweise auf Ortstafeln, in kostenlos verteilten Stadtplänen und über Bürgerinformationsstellen Kultur-, Sport- und Sozialsponsoring Geburtstagsglückwünsche an eigene Patientenbesitzer ohne Hinweise auf das eigene Leistungsspektrum nicht aufdringliches (Praxis-)Logo, Mobilplakate an Einkaufswagen in Supermärkten in nicht aufdringlicher Form unzulässig: Angabe von Referenzenöffentliche Danksagungen unaufgeforderte Wiedereinbestellungen ohne medizinische Indikation Verbreiten von Flugblättern, Postwurfsendungen, Mailingaktionen Plakatierung, z. B. in Supermärkten Was ist irreführende Werbung? Irreführende Werbung ist den Tierärzten gemäß § 5, aber auch gemäß § 3 UWG und gemäß § 3 HWG verboten. Entscheidend ist die Verwendung von Bezeichnungen und Aussagen, die beim Publikum (Patientenbesitzern) irrige Vorstellungen über die Qualifikation des Tierarztes, seine therapeutischen Möglichkeiten oder seine Praxis hervorrufen. Beispiele: Es ist z.B. irreführend, wenn der Tierarzt fälschlich den Eindruck erweckt, dass ein therapeutischer Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Irreführend ist es auch, wenn Verfahren oder Behandlungen eine therapeutische Wirksamkeit und Wirkungen nachgesagt werden, die sie tatsächlich nicht haben. Die Bezeichnung „Tierarztpraxis Günzburg" ist insofern irreführend und damit nicht zulässig, als damit der irrige Eindruck erweckt wird, es existiere in Günzburg nur eine Tierarztpraxis; tatsächlich sind dort aber mehrere Tierärzte niedergelassen. Unzulässig ist es auch, wenn in einem Zeitungsartikel der Eindruck hervorgerufen wird, dass ein bestimmter Tierarzt eine Zusatzbezeichnung führt, die er tatsächlich nicht erworben hat. Beispiel: „Dr. Armin Nickhaut, prakt. Tierarzt und Spezialist für Augenheilkunde, hat diesen Eingriff am Auge schon 100 mal durchgeführt". Die Verwendung des Begriffs „Augenheilkunde" im genannten Beispiel ist irreführend, weil Dr. Nickhaut die Zusatzbezeichnung „Augenheilkunde" gemäß Weiterbildungsordnung nicht erworben hat und damit über das wahre Qualifikationsniveau des Tierarztes getäuscht wird. Möglich ist im obigen Fall z.B. folgende Formulierung: „Dr. Armin Nickhaut beschäftigt sich seit Jahren mit Augenleiden bei Hunden" - vorausgesetzt wird aber auch hier, dass die Aussage den Tatsachen entspricht. Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 5 Ebenso unzulässig ist es, wenn ein Tierarzt eine Zeitungsannonce veröffentlicht mit dem Inhalt „Dr. Klaus Kolik, praktischer Tierarzt, Klinikbetrieb für Pferde ", wenn dieser Kollege von der Kammer keine Genehmigung zum Führen der Bezeichnung „Tierärztliche Klinik" erhalten hat. Hier liegt das irreführende Moment in der Gefahr der Verwechslung des tatsächlich verwendeten Begriffes „Klinikbetrieb" mit dem durch die Klinkrichtlinien geschützten Begriff „Tierärztliche Klinik". Für eigenen Geschäftsbetrieb mit dem Wort „Klinik“ zu werben ist irreführend, weil es sich nicht um eine Klinik unter tierärztlicher Leitung handelt. Zweittierarztpraxis in einem Haus darf man nicht als „Tierklinik“ bezeichnen (LG Würzburg, Versäumnisurteil vom 24. April 2008, Az. 1 HKO 343/08). Auch Werbung im Telefonbuch mit der Bezeichnung „Kleintierklinik“ ist irreführend. Gemäß § 25 Abs. 1 der Berufsordnung der Landestierärztekammer Hessen ist die Bezeichnung „Tierärztliche Klinik“ berufsrechtlich geschützt. Dem angesprochenen Verbraucher, der nicht zwischen „Kleintierklinik“ und „Tierärztliche Klinik“ unterscheidet, muss sich der Eindruck aufdrängen, der Tierarzt/-in führe eine solche, nach der Berufsordnung zugelassene Klinik. Um sich als „Tierärztliche Klinik“ bezeichnen zu dürfen, müssen die in den Klinik-Richtlinien erforderlichen Mindestanforderungen erfüllt werden und von zuständiger Landestierärztekammer entsprechende Zulassung erhalten sein. Eine durchschnittliche Tierarztpraxis darf sich nicht als „Gesundheitszentrum für Kleintiere“ bezeichnen (Landgericht Passau, Urteil vom 22. Februar 2007, Az: 1 HK O 60/06). Laut BO dürfen Tätigkeit- oder Interessenschwerpunkte und sonstige nicht geregelte Spezialisierungen dann nicht öffentlich genannt werden, wenn diese mit erworbenen Qualifikationen nach förmlichem Weiterbildungsrecht verwechselt werden können. Da das „Gesundheitszentrum für Kleintiere“ eine Spezialisierung auf Kleintiere der dort tätigen Tierärzte verweist, ist eine Verwechslung mit der nicht entsprechenden Fachtierarztbezeichnung möglich. Das Auftreten unter der Bezeichnung „Tierarzt-Notdienst Bochum“ oder www.tierarztnotdienst-b... .de oder „Tierarzt-Notdienst: ganztägig zu erreichen unter 018011…..0“ oder „Sammelnummern tierärztlicher Notdienste ist irreführend. Was ist wahrheitswidrige Werbung? Wahrheitswidrige Werbung ist berufswidrig und damit verboten. Dazu gehören sämtliche Werbeaussagen, in denen falsche, also unrichtige „Tatsachenbehauptungen“ aufgestellt werden. Die für den Patientenbesitzer bestimmten Informationen müssen wahrheitsgemäß sein. Beispiele: Der niedergelassene Tierarzt Dr. Schlaflos wirbt in einer Zeitungsannonce mit dem Zusatz „ganzjährige 24-Stunden Dienstbereitschaft". Tatsächlich ist die Praxis aber nur während der regulären Sprechzeiten dienstbereit und samstags sowie sonntags geschlossen. Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 6 Was ist vergleichende Werbung? Vergleichende Werbungen sind berufswidrig. Es ist generell unzulässig, das eigene berufliche Können und Wissen mit den Fähigkeiten anderer tierärztlicher Kollegen zu vergleichen und dabei werbend herauszustellen. Persönlich vergleichende Werbung nimmt Bezug auf die persönlichen Eigenschaften und Verhältnisse tierärztlicher Kollegen, vergleichende Werbung auf die Tierarztpraxis oder Behandlung anderer Tierärzte. Letzteres kann entweder in negativer Form geschehen, um Kollegen in der Vorstellung des Patientenbesitzers herabzusetzen, oder in positiver Form, um deren Vorzüge als eigenen Vorteil zu nutzen. Beispiele sind Aussagen wie: „Im Vergleich zu meinen Nachbarkollegen Dr. Murks und Dr. Schlamp investiere ich in besonderem Maße in die tierärztliche Fortbildung" oder „Im Vergleich zu den Nachbarpraxen Dr. Hinz und Dr. Kunz werden in der Praxis von Dr. Überschall auch komplizierte operative Eingriffe am Tier durchgeführt." Was ist Preis-Leistungs-Werbung? Gemäß § 24 BO Abs.3 für die Tierärzte in Bayern etwa ist Tierärzten jegliche PreisLeistungs-Werbung untersagt. Es ist somit dem Tierarzt nicht erlaubt, öffentlich mit (günstigen) Preisen für die von ihm angebotenen kurativen Leistungen zu werben. Unter dieses Verbot fällt z.B. auch die Ankündigung von Rabatt- und Sonderaktionen. Beispiele für unzulässige Werbeaussagen: In einer Zeitungsannonce wird veröffentlicht: „Tierarztpraxis Dr. Angora; nur diese Woche: Kastration Ihrer Katzen 1000 Euro (alles inklusive)" oder „Vom 3. Mai bis zum 15. Mai 2012 Sonderaktion in der Praxis Dr. Schleuder, frühjahrs-Check Ihres Hundes einschließlich Untersuchung aller Organe, Entwurmung und Impfung nur 50 Euro." Was versteht man unter dem Verbot, öffentliche Danksagungen oder anpreisende Veröffentlichungen zu veranlassen? Nicht statthaft ist es z.B., im Zusammenhang mit Auftritten von Tierärzten im Rundfunk oder im Fernsehen (Ratgebersendungen) öffentlich Dankesschreiben von zufriedenen Patientenbesitzern zu verlesen oder einzublenden. Verboten ist beispielsweise folgender Text im Rahmen eines unter Mitwirkung des Tierarztes entstandenen Praxisporträts: Isolde Heilig ist von ihrem Tierarzt Dr. Erwin Alles-, kann hellauf begeistert: „Ich war vorher schon bei ´zig Tierärzten - alle haben sie mich enttäuscht. Dr. Alleskann war der erste Tierarzt, zu dem ich Vertrauen fassen konnte er hat meinem Hund Fiffi' wirklich geholfen. " Oder „Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben; aber die Behandlungsmethode von Dr. Genius ist wirklich einmalig." Zulässig ist hingegen eine sachliche Aussage: „Nachdem Dr. Forssmann die Herzkrankheit bei meinem Fiffi festgestellt hat und ich meinem Hund regelmäßig die Tabletten gebe, geht es ihm nun schon viel besser." Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 7 Was versteht man unter dem Verbot, unentgeltliche Behandlungen oder Behandlungen zu unterhalb der Mindestgebührensätze liegenden Preisen anzubieten? Gemäß § 14 BO ist es unzulässig, die Einfach-Sätze der Gebührenordnung für Tierärzte zu unterschreiten, es sei denn, es liegt ein begründeter Ausnahmefall vor. Folgerichtig bestimmt § 24 BO, dass tierärztliche Leistungen auch nicht zu Konditionen angeboten werden dürfen, die unterhalb der Einfach-Sätze der GOT liegen. Als unter dieses Verbot fallendes Beispiel sei genannt die öffentliche Ankündigung in der Tageszeitung „Vom 1. bis 6. Oktober 2003 Aktionswoche in der Tierarztpraxis Dres. Billig und Jakob: in dieser Zeit kostenlose Trächtigkeitsuntersuchungen beim Rind und beim Pferd sowie Katzenkastrationen zum halben fach-Satz der GOT". Was versteht man unter dem Verbot unaufgefordert tierärztliche Behandlungen anzubieten? Verboten ist demnach z.B. der Versand von Rundschreiben eines Tierarztes mittels Postwurfsendung an Haushalte der Gemeinde Hundskaffhausen, in denen die Adressaten aufgefordert werden, mit ihren Tieren (falls vorhanden) zur Vorsorgeuntersuchung und Impfung nach Terminabsprache in die Tierarztpraxis zu kommen. Allgemeine Empfehlungen sind hingegen erlaubt: Interviewbeispiel: Dr. Bohrer antwortet. „Ich kann nur an alle Hundehalter appellieren, die Zähne ihrer Vierbeiner regelmäßig untersuchen zu Lassen." Was versteht man unter dem Verbot, zum Zwecke der Werbung Krankengeschichten in anderen als fachwissenschaftlichen Schriften oder in Vorträgen vor Nichtfachkreisen bekannt zu geben? Der Verbotstatbestand dürfte nicht erfüllt sein, wenn der Tierarzt in abstrakter, nicht personalisierter Form über Erfahrungen mit neuen Behandlungsmethoden referiert, sondern erst dann, wenn er über einen konkreten in seiner Praxis vorgekommenen Fallberichtet und dabei in aufbereiteter Form den Inhalt der Krankenakte (Dokumentation im Sinne des § 16 BO) vorträgt. Beispiel für verbotenen Inhalt: „Frau Rassig suchte am 23.2.2012 meine Praxis mit ihrer neunjährigen Irish-Setterhündin Alfine von der grünen Insel auf. Laut Frau Rassig verlor Alfine schon seit einiger Zeit an Kondition und Appetit. In der vorangegangenen Nacht war die Hündin unruhig und hatte mehrmals gehustet. Seitdem wird Alfine regelmäßig medikamentös behandelt.“ Beispiel für zulässigen Inhalt: „Der Verlust von Kondition und Appetit, nächtliche Unruhe und Husten können Anzeichen für ein Herzproblem des Hundes sein. Herzkranke Hunde können in der Regel nicht geheilt werden. Ihr Herz muss zeitlebens mit Arzneimitteln unterstützt werden.“ Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 8 Wie groß darf ein Praxisschild sein und welche Angaben dürfen auf dem Praxisschild stehen? Auf dem Praxisschild dürfen alle sachlich-informativen Angaben über den niedergelassenen Tierarzt und dessen Praxis stehen, es sei denn, sie sind irreführend, wahrheitswidrig, anpreisend oder marktschreierisch. Unter welchen Voraussetzungen darf man ein Praxishinweisschild anbringen? Auch hier gelten die allgemeinen Werbegrundsätze. Solange die Beschriftung der Hinweisschilder wahrheitsgemäß und weder irreführend noch anpreisend ist, ist die Anbringung eines Hinweisschildes unbeschadet evtl. bei der Gemeinde einzuholender Genehmigungen erlaubnisfrei möglich und zulässig. Darf man auf dem Praxisauto den Namen des niedergelassenen Tierarztes, die Praxisadresse und -telefonnummer anbringen? Für die sachangemessenen Informationen über den Tierarzt, seine Praxis und seine Berufstätigkeit spielt es keine Rolle, welches Medium dafür genutzt wird. D. h. sie dürfen auch über alle anderen Medien verbreitet werden. Darf man als Tierarzt Vorträge vor Tierhaltern zu tiermedizinischen Themen halten, etwa in Tierschutzvereinen oder im Rahmen von Kursen, die an der Volkshochschule angeboten werden? Die Vortragsveranstaltung darf also nicht zu einer reinen Personality/Publicity-Schau zugunsten des referierenden Tierarztes mit anpreisenden Ankündigungen umfunktioniert werden. Darf man als Tierarzt eine Homepage für die eigene Praxis ins Internet stellen und welches sind die zulässigen Inhalte dieser Homepage? Üblicherweise wird die Startseite in Anlehnung an ein Praxisschild gestaltet und beschriftet. Weiterführende Informationen mit medizinischen und praxisorganisatorischen Hinweisen werden in aller Regel auf den Folgeseiten veröffentlicht. Auf den Folgeseiten genießt der Tierarzt im Hinblick auf zulässigerweisen veröffentlichungsfähige Inhalte große Freiheiten. Bei der inhaltlichen Gestaltung der Homepage einschließlich der Folgeseiten sind jedoch die Grenzen des Wettbewerbsrechts und des Heilmittelwerbegesetzes zu beachten. Bei welchen Anlässen dürfen praxisbezogene Anzeigen von Tierärzten in der Tagszeitung geschaltet werden? Das Bundesverfassungsgericht hat in einer wegweisenden Entscheidung festgestellt, dass berufliche Werbung keiner besonderen Anlässe bedarf. Auch das Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung oder der Tiere könne nicht als Rechtfertigung dazu dienen, alle Zeitungsanzeigen ohne Rücksicht auf ihren Sinn und Zweck oder ihren Informationswert generell zu verbieten bzw. unter Erlaubnisvorbehalt zu stellen. Im Ergebnis können also Inserate einer Tierarztpraxis zur Bekanntgabe der Sprechstundenzeiten beispielsweise wöchentlich erscheinen, auch wenn kein spezieller Anlass dafür gegeben ist. Die allgemeinen Werberegeln (s.o.) sind auch hier wieder zu berücksichtigen. Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 9 Unter welchen Voraussetzungen dürfen Tätigkeitsschwerpunkte angegeben werden? Gemäß § 24 Abs. 4 BO dürfen Tätigkeitsschwerpunkte dann öffentlich genannt werden, wenn sie nachweisbar sind und nicht mit nach geregeltem Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen verwechselt werden können. Voraussetzung ist ferner, dass der Tierarzt die davon umfassten Tätigkeiten nicht nur gelegentlich ausübt. Das ist nach Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes dann der Fall, wenn die Tätigkeiten jedenfalls mehr als 20% der Gesamtleistung ausmachen. Wer Tätigkeitsschwerpunkte angibt, muss dies sowohl wissenschaftlich als auch praktisch im Sinne eines besonderen Praktizierens nachweisen können. Die Berufsordnung hat nicht festgelegt, was im einzelnen Tätigkeits- und Interessensschwerpunkte sind. Sie hat auch nicht festgelegt, wie viele geführt werden dürfen. Von Schwerpunkten kann nur gesprochen werden, wenn diese sich in der betreffenden Tierarztpraxis gegenüber anderen dort ausgeübten Tätigkeiten herausheben. Es kann sich daher nur um einige wenige Tätigkeiten handeln. Analog zur Begrenzung der Führung von Fachtierarzt- und Zusatzbezeichnungen nach der Weiterbildungsordnung wird man die Angabe von mehr als drei Schwerpunktbezeichnungen als nicht mehr zulässig ansehen müssen. Die Bekanntgabe von 10 Schwerpunkten ist unglaubhaft, irreführend und wettbewerbsbeeinträchtigend, weil kein Tierarzt in 10 Bereichen gleichzeitig schwerpunktmäßig tätig sein kann. Die Kammer kann anlassbezogen die Überprüfung der Ankündigung der Tätigkeitsschwerpunkte vornehmen, etwa durch Vorlage von Fortbildungsnachweisen, Zertifikaten und die Dokumentation von Behandlungsfällen. Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 10 Quellen: Bayerische Tierärztekammer: Berufsordnung für Tierärzte in Bayern (zuletzt geändert am 01. Januar 2011 (DTBl. 1/2011, S. 88 f.)), abgerufen am 12.09.2012 Christiane Köber: Werbung für die Tierarztpraxis – Chancen und Risiken, in http://www.wettbewerbszentrale.de/media/getlivedoc.aspx?id=29783, abgerufen am 12.09.2012 Christiane Köber: Wann Werbung als Orientierungshilfe funktioniert, in http://www.wettbewerbszentrale.de/media/getlivedoc.aspx?id=30701, abgerufen am 12.09.2012 Dr. Hermann-Josef Omsels: Der Online-Kommentar zu UWG, in http://www.omsels.info/die-verbote-oder-was-darf-ich-nicht/besonderebranchen/2-heilmittelwerbegesetz abgerufen am 12.09.2012 o.V.: http://www.tierklinik.de/ratgeber.php?content=00205, abgerufen am 12.09.2012 o.V.:http://www.vetion.de/focus/pages/FText2.cfm?focus_id=63&text_select=377&far be=ts, abgerufen am 12.09.2012 Sächsische Landestierärztekammer: Berufsordnung der Sächsischen Landestierärztekammer vom 5. Juli 2003 (rechtsbereinigte Fassung einschließlich Zweiter Satzung zur Änderung der Berufsordnung vom 14. November 2009), in http://www.tieraerztesachsen.de/?p=Con&s1=Rechtsgrundlagen&s2=Berufsordnung, abgerufen am 12.09.2012 © Institut für Freie Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Abteilung Gründungsberatung Marienstraße 2 90402 Nürnberg Telefon: (0911) 23565-0 Telefax : (0911) 23565-52 E-mail: [email protected] Internet http://www.ifb-gruendung.de Hinweis: Das Institut für Freie Berufe übernimmt keine Garantie dafür, dass die in diesen Unterlagen bereitgestellten Informationen vollständig, richtig und in jedem Fall aktuell sind. Das Institut für Freie Berufe behält sich das Recht vor, ohne vorherige Ankündigung Änderungen oder Ergänzungen der bereitgestellten Informationen vorzunehmen. 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