Advertising November_2008 38_BESTSELLER Im Reich der Pillendreher Innovation, Inquisition und Information, das sind die Spannungsfelder der pharmazeutischen Industrie, die nicht nur ihre Pulver und Mittelchen vermarkten will, sondern auch mit ihrem Negativ-Image zu kämpfen hat. Angesichts des engen Werbekorsetts ist das keine leichte Aufgabe. Welche Erfolgsrezepte die Pharma-Agenturen ihren Patienten verschreiben, hat BESTSELLER für Sie recherchiert. text gudrun wolfschluckner D ie Vorwürfe sind schwerwiegend: Ärzte werden zu Handlangern gemacht, alte Medikamente unter neuem Namen und zu höheren Preisen verkauft, preiswerte Generika verhindert. Je knapper die Gesundheitsbudgets sind, desto brutaler presst sie ihre Produkte auf den Markt. Und obendrein will ihr die EU jetzt auch noch die Daumenschrauben in Sachen Werbebestimmungen lockern. „Sie“ ist die Pharmaindustrie, die nach wie vor mit einem schlechten Ruf zu kämpfen hat und sich ungerechtfertigt an den Pranger gestellt fühlt, handle sie doch unter strengen Auflagen, ethisch korrekt und im Dienste der menschlichen Gesundheit. Ihr Dasein auf der Anklagebank liegt nicht ­zuletzt in belastenden Arzneimittel-Skandalen der Vergangenheit begründet, deren mediales Echo bis heute nachhallt. In ­diesem Zusammenhang „Contergan“ zu erwähnen, reicht aus. Damit verlief der soziale Abstieg der weißen Hoheit zum schwarzen Schaf ungleich rasanter, als der steinige Weg zurück zum Sauber-Image bewältigbar ist. Möglich wäre das durch transparente Konzernpolitik und progressive Kommunikationsmaßnahmen, doch Pharmamarken-Ranking 2008 foto Shutterstock Basierend auf Werbespendings 1. 11 Pflanzen Schlankheitskur 2. Supradyn Multivitaminpräparate 3. Dr. Böhm Produkte 4. Bepanthen 5. Formoline 6. Canesten 7. Alpinamed Produkte 8. Hafesan Kapseln 9. Dulcolax Dragees 10. Thomapyrin Tabletten Quelle: Focus BESTSELLER_39 Advertising November_2008 stattdessen übten sich die Pharmakon- von Seriosität und Ethik zumindest nach ten lebt. Die Zeiten, in denen die Ärzte ge- zerne in falscher Zurückhaltung, bemän- außen hin zu wahren. Dadurch bleiben sie kauft werden, sind vorbei. Doch es scheint geln die betreuenden Agenturen. deutlich unter dem Spielraum, den sie mir fast so, als schämte man sich dafür, ­eigentlich hätten.“ Zusätzlich gehemmt dass man Gutes tut.“ Imagekrank durch die „militärischen Hierarchien“ der Die Angst vor dem Arzt, mit dem man es Schon Francis Bacon hat gesagt – und weltumspannenden Pharmakonzerne, de- sich nicht verscherzen wolle, die Angst ­Michael Leitner, Agenturchef von Public ren Länderchefs meist die Hände gebun- vor neuen Möglichkeiten und ein schlech- Health PR, stimmt ihm zu: „Nichts macht den seien. „Das geht bis hin zum Stoß- tes Gewissen, weil man lange Zeit „mit ho- einen Menschen argwöhnischer als wenig trupp, der alle paar Monate kommt, um hen Margen“ hantiert und versucht habe, zu wissen.“ Und ergänzt: „In dem Augen- sich die Landeszahlen präsentieren zu „die eigenen Pfründe abzusichern“, nennt blick, wo man nichts erfährt, entstehen ­lassen und jedem einzelnen Außendienst- hingegen Ewald Zwinz, Geschäftsführer Gerüchte. Das ist auch das Grundproblem mitarbeiter Instruktionen gibt.“ „Unge- der gleichnamigen Wiener Werbeagentur, der Pharmaindustrie.“ Mit dieser Meinung schickt“ in der eigenen Vermarktung, als Ursachen für das selbstverordnete steht Leitner keineswegs alleine da. In nennt es Rachinger. Das Resultat: „Es gibt Schweigen der Pharmabewegung. „Sie ist ­Gesprächen mit den Pharma-Agenturen ganze Industriezweige, die unsere Welt eine supergoldene Branche, nicht allein ­sickern immer wieder Vorwürfe durch, ­ruinieren und dennoch als sexy gelten. wegen ihrer Profitgier, sondern weil wir wonach die Konzerne auch über ihre Und jene, die erfolgreich zur Gesundheit immer wieder krank werden.“ ­Erfolgserlebnisse und Leistungen für das der Bevölkerung beitragen, werden als die Und wenn doch einmal etwas schief geht? Gemeinwohl Stillschweigen bewahrten. letzten Schurken hingestellt.“ Dann müssten sich die Konzerne ihre ­Fehler im Sinne einer offenen Krisenkom- Wenngleich in den vergangenen Jahren hinter den Mauern ein leichtes Umdenken Operation weiße Weste munikation eingestehen, rät Rachinger. stattgefunden hat, ist die Skepsis davor In den Reihen der vermeintlichen Schur- Modernere Kommunikationsmaßnahmen geblieben. Nicht so bei den Ärzten oder bei ken finden sich „zu wenig gut ausgebildete würden das Image-Leiden der Pharmakon- chronisch Kranken, denn „jene, die regel- Marketing- und Werbeleute, die Budgets zerne also lindern: „Konstruktiveres Auf- mäßig mit der Pharmaindustrie kommuni- werden knapp gehalten, das Bewusstsein treten und Aktionen, bei denen es auch ein- zieren, und das ist erwiesen, haben auch für öffentliche Auftritte und Markenbil- mal um das billige Image-Abstauben geht.“ kein schlechtes Bild von ihr“, weiß Leit- dung fehlt einfach noch“, glaubt Michael Das Marketing-Potenzial, das es hier noch ner. Kommunikationsdefizite diagnosti- Mehler, CEO der ghost.company. „Die auszuschöpfen gilt, scheint beträchtlich. ziert auch swot-Chef Markus Rachinger: Pharmaindustrie sehe ich aber noch lange „Die Firmen verhalten sich teilweise nicht so böse, wie sie oft dargestellt wird, Marken statt Melken päpstlicher als der Papst, um den Schein auch wenn sie wie jeder andere von Profi- Die Agenturen gehen aber davon aus, dass sich dieser schlechte Befund in den nächs- Auf zum Patienten Der PMCA-Präsident über die Umbrüche in der Branche bestseller Wie eingeschränkt sind die Pharmaunternehmen in ihrer weise verbessern wird müssen. Vor allem weil sich die Hersteller von Markenpräparaten schon jetzt angesichts harter Pa- ­Marktkommunikation wirklich? robin rumler Wir sind natürlich eingeschränkt, aber wenn man die Regeln kennt, kann man mit Feingefühl gutes Marketing betreiben. tentregelungen und dem Preisdumping der Generikakonkurrenz warm anziehen müssen. Denn das Prinzip „Cashcow auf- Was könnte man verbessern? rumler Eine direkte Information an den Patienten wäre wünschenswert. Der ­Vorschlag liegt derzeit bei der EU-Kommission in Brüssel zur Begutachtung. Kann man zwischen erlaubter Laieninformation und unerlaubter ­Laienwerbung überhaupt trennen? rumler Man kann in jedem Land eine Kommission mit verschiedenen Experten aus dem Gesundheitswesen einsetzen, die entscheidet, was möglich ist und was nicht. Das Patientenmanagement gehört in eine Hand. ten Jahren verbessern wird beziehungs- bauen und jahrelang abmelken“, wie Michael Leitner es ausdrückt, funktioniert nicht mehr. Eine Lösung: Eigene GeneriRobin Rumler, Präsident des Pharma Marketing Club Austria (PMCA). Was unternimmt der PMCA, um den Marktteilnehmern das Leben zu erleichtern? rumler In den vergangenen Jahren haben wir eine Plattform für alle Teilnehmer im Gesundheitssystem geschaffen, die das Pharma-Business einerseits promoten soll und andererseits immer mehr Teilnehmer mit verschiedenen Interessen an einen Tisch bringt, um über Branchentrends zu diskutieren, zu ­informieren und fortzubilden. Wie ist die Marktsituation derzeit? rumler Ich glaube, dass sich viele Firmen und Agenturen noch zu wenig auskennen und sich in ihrer Kreativität einschränken. Und ich merke auch, dass progressivere Unternehmen, die sich trauen, mutige Werbung zu machen, immer wieder im Fokus der öffentlichen Kritik stehen. Durch die so genannten ­Neuen Medien befinden wir uns in einer Umbruchphase und auch modernere Tools in der klassischen Werbung sind im Kommen. Wir müssen proaktiver kommunizieren, um alle Beteiligten in der Verschreiberkette zu erreichen und uns darauf einstellen, dass der Patient in Zukunft stärker informiert werden will. kafirmen eröffnen. Die andere: Company Branding und konsequente Markenführung. Gerade jene Pharmaunternehmen, die bereits starke Marken im Portfolio haben (siehe Kasten), „haben immer auch eine starke Corporate Communication“. Daneben glauben aber noch viele, „dass sie sinnvolle Markenbildung betreiben, wenn eine Initiative genauso aussieht wie die Medikamentenpackung“, so Leitner, daher gäbe es auch nur wenige „wirkliche“ Pharmamarken. Michael Mehler bestätigt: „Wenn ich über die einzelnen Produkte hinaus mit dem Firmennamen arbeite und Kampagnen 40_BESTSELLER fotos PMCA, ghost.company, Public Health PR, swot Michael Mehler, ghost.company: „Laien­ werbung für ein Krebsmittel geht mir ­entschieden zu weit.“ „Es gibt keine weißen und schwarzen Schafe, sondern verschiedene Variationen von Grau“, weiß Michael Leitner von Public Health PR. Markus Rachinger, swot, zur konfliktscheuen Pharmaindustrie: „Es muss auch mal ums ­billige Image-Abstauben gehen.“ mache, die das Unternehmen als verant- Spielregeln – einmal abgesehen von den In diesem Bereich gibt es auch kaum Pro- wortungsbewusst und topmodern erschei- ethischen Richtlinien, die sich die Pharma- teste. Anders bei den verschreibungspflich- nen lassen, wirkt sich das sicher positiv industrie selbstrestriktiv auferlegt hat tigen Medikamenten (RX-Produkte), für auf den Markt aus.“ Und auf das Image (PHARMIG-Verhaltenskodex, IGEPHA- die bis dato jede Form von Werbung und seiner Teilnehmer – hier kommt die so Werbekodex). Ähnlich der Tabakwerbever- ­Information an den Endverbraucher unter- ­genannte Corporate Social Responsibility bote wurde vom Gesetzgeber ein strenges sagt ist. Nun wird auf EU-Ebene darüber (CSR) ins Spiel. Reglement über die Branche verhängt verhandelt, ob dieses strikte Werbeverbot (siehe Kasten), über deren Sinn und Unsinn gegenüber Laien liberalisiert werden soll, Weiße und graue Schafe viel diskutiert wird. So ist Werbung an was von den meisten Agenturvertretern Geht es jedoch um die Vermarktung der ei- Ärzte und Patienten nach dem Österreichi- naturgemäß begrüßt wird. Allerdings ge- genen Präparate, liegt das Problem weni- schen Arzneimittelgesetz (AMG) bekannt- hen die Meinungen darüber auseinander, ger in falscher Zurückhaltung der Unter- lich nur für rezeptfreie, so genannte unter welchen Bedingungen gelockert wer- nehmen begründet als vielmehr in Justitias ­Over-the-counter-Produkte (OTC), erlaubt. den soll. Die besten Seiten der Online-Werbung Wer Online-Zielgruppen sucht hat jetzt guten Grund zur Freude. Die adworx Interest-Channels sind das Ergebnis jahrelanger Erfahrung und bringen Ihre Werbung punktgenau an Ihre Zielgruppe. Ohne Streuverluste, auf den größten und besten Seiten des Landes. Und darüber hinaus gibt es auch noch die detaillierte Kampagnen-Auswertung und Analyse Ihrer Sujets. adworx hat eben einiges was andere nicht haben und das ist ein guter Grund zur Freude. 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Die „schwammige“ Gesetzeslage sei mitunter daran Schuld, dass den Pharmakonzernen „fiese Tricks“ an- Werbeträger 2007 (bis September) Fachzeitung 4.393.614 Magazin 4.354.843 Regionale Wochenzeitung 2.125.515 Tageszeitung 11.019.535 Print gesamt 21.893.507 TV Radio Outdoor Online Gelbe Seiten Kino Gesamt 7.849.569 1.210.371 7.518 216.114 195 78.640 31.255.914 2008 (bis September) 4.833.094 4.986.379 3.151.279 11.499.380 24.470.132 Veränderung in Prozent 10 15 48 4 12 7.952.561 1.408.822 659.421 140.337 426 0 34.631.699 1 16 8.671 -35 118 -100 11 Bruttowerbespendings in Euro Quelle: Focus steckte‘ Aktionen machen und der Konsu- verschreibungspflichtige Arzneien an die Ärzte ohne Grenzen? ment nicht merkt, wer dahinter steht.“ Öffentlichkeit kommunizieren darf, dann Markus Rachinger findet es „eigenartig, Sinnvolle Verschreibungen und nicht mehr will ich auch wirklich Werbung dafür ma- dass es den Europäern versagt ist, über Verschreibungen per se könnten nur er- chen dürfen. Aspirin darf auch in TV-Spots verschreibungspflichtige Arzneimittel Be- zielt werden, „wenn wir zeigen dürfen, beworben werden.“ Außerdem müssten scheid zu wissen“. Nicht zuletzt, weil es ein dass die Produkte tatsächlich funktionie- RX-Arzneien so oder anders vom Arzt ge- Leichtes sei, sich alle möglichen Informati- ren“. Eine „ewige Grauzone“ werde es nehmigt werden. Mehlers Vorschlag lau- onen aus dem Internet zu beschaffen. Die- auch dann bleiben, wenn „informiert“, tet daher, nach Krankheitsbildern zu reg- sen „Anachronismus“ führt der swot-Chef aber nicht „geworben“ werden dürfe, hält lementieren. Soll heißen: „Dort werben, mitunter auch darauf zurück, dass Ärzte Michael Mehler dagegen: „In dem Fall wo eine gewisse Aufklärung im Volk da ist und Apotheker ihren Wissensvorsprung bräuchten wir wohl einen hundertköpfigen und verständlich kommuniziert werden nicht an den „mündigen Konsumenten“ Beirat, der immer wieder über die Gren- kann. Es wird keinen Sinn machen, für ein verlieren wollten. „Lästige Fragen“ der Pa- zen entscheidet. Wenn Information nicht Krebsmittel Werbung zu machen, um es tienten könnten den Göttern in Weiß nicht zwingend langweilig sein muss, ist Wer- hart auszudrücken. Das geht mir dann ent- gefallen, meinen auch andere. Eine Locke- bung für mich auch Information.“ schieden zu weit.“ Und: „Wenn wir Laien- rung der Werbebestimmungen wäre aus In den USA funktioniere das System der werbung machen dürfen, müssen wir ext- Rachingers Sicht nicht nur ein Fortschritt Laienwerbung schon jahrelang und die Le- rem auf die Wahrheit achten, die hieb- und für den Konsumenten, sondern auch gleich- benserwartung dort sei nicht geringer, sagt stichfest von wissenschaftlichen Studien sam für die Unternehmen am Gesundheits- der ghost.company-Chef. „Wenn ich schon belegt sein muss.“ sektor, die nicht mehr nur „auf den Pharma eher krisenfest Justitia lässt grüßen Werbeentwicklungen im gesundheitsbusiness Rechtsgrundlagen in der Pharmawerbung Das aktuelle Werbeplus in der Pharmabranche von insgesamt 11 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist laut Focus-Geschäftsführer Klaus Fessel „immer noch beachtlich“. Obwohl sinkende Werte ab August dieses Jahres bereits ein Zeichen für den ­erwarteten Konjunktureinbruch sein könnten – das sei derzeit aber noch schwer absehbar. Die ältere Bevölkerung in Österreich sieht der Marktforscher im internationalen Vergleich gut abgesichert, hinzu komme, dass die Konsumenten ihre Gesundheit auch in wirtschaftsschwachen Zeiten eher wichtig nehmen würden, wodurch die Pharmawerbung wohl „nicht ganz Mag. Klaus Fessel, ­Focus-Geschäftsführer. so stark“ von den zu erwartenden Rückgängen ­betroffen sein dürfte. Mit rund 70 Prozent entfällt der größte Teil des pharmazeutischen Media-Mix weiterhin auf Printwerbung. Die TV-Werbung sei zwar insgesamt etwas ­zurückgegangen, erreiche aber umgerechnet immerhin noch 23 Prozent, ­ergänzt Fessel. Die atypischen Zahlen in der Außenwerbung erklärt er so: Die Pharmaunternehmen hätten im Vorjahr kaum auf Plakat und Co. gesetzt, „auch heuer entfallen auf diese Werbeträgergruppe umgerechnet nur rund zwei Prozent, damit ist sie stark unterrepräsentiert“. Ebenso wie die Kino­ werbung, die eher jüngere, also für die Pharmaindustrie weniger relevante ­Zielgruppen anspreche. 42_BESTSELLER Nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) ist Arzneimittelwerbung nur für rezeptfreie OTC-Produkte erlaubt. Für rezeptpflichtige Arzneimittel (RX) ist ­jede Form von Werbung und Information an Verbraucher verboten. Redaktionelle Beiträge nimmt der Oberste Gerichtshof nur dann von den Werbebeschränkungen des Arzneimittelgesetzes aus, wenn sie nicht – auch nicht in indirekter Weise – auf ein Arzneimittel ­Bezug nehmen. Ein Beispiel: In einem Bericht wird der Wirkstoffname, nicht aber der Handelsname und das ­Unternehmen in Zusammenhang mit Aussagen wie „neue Hoffnung bei Brustkrebs“, „neue Therapie“, „erst- Dr. Maria-Luise Plank, Juristin. mals die Möglichkeit, das Risiko einer Wiedererkrankung entscheidend zu verringern“ genannt. Diese Aussagen werden als anpreisende Angaben und damit als verbotene Laienwerbung gewertet. Informationen über die menschliche Gesundheit oder Krankheiten gelten nicht als Werbung, sofern darin nicht, auch nicht indirekt, auf ein Arzneimittel Bezug genommen wird. Die Fach- und Gebrauchsinformation ist vom Werbeverbot für Arzneimittel ausgenommen. Im Herbst 2008 plant die EU-Kommission, den Arzneimittelherstellern zu ermöglichen, die Allgemeinheit über verschreibungspflichtige Arzneimittel in Fernseh- und Radioprogrammen sowie durch Verteilung von gedrucktem Material zu informieren. Ein Kontrollsystem besetzt durch staatliche Stellen und Arzneimittelvertreter soll Transparenz und Qualität sichern. fotos Focus Media, Maritczak kreidet würden: „Eben dass sie ‚ver- Advertising November_2008 ­Flaschenhals der Fachgruppen, Ärzte und Apotheker beschränkt wären“, und verstärkt in Richtung Endverbraucher investieren könnten. Nachsatz: „Heute kann man nicht einmal eine ordentliche Patientenbroschüre machen, weil man das Produktlogo nicht abbilden darf.“ Unerwünschte Nebenwirkungen fürchtet Rachinger nicht, denn auch nach einer Liberalisierung werde verantwortungsvoll kommuniziert und keineswegs „marktschreierisch hinausposaunt“, ist er sicher, denn er glaubt an Nicht rezeptpflichtige Präparate, es gilt der IGEPHA-Werbecodex Checkliste für OTC-Arzneimittel Vorgaben für Werbung an Verbraucher und Fachkreise •Arzneimittel ist zugelassen •Arzneimittel ist nicht rezeptpflichtig und enthält auch nicht den Namen eines rezeptpflichtigen Arzneimittels •Übereinstimmung der Werbeaussagen mit den Angaben in der Fachinformation •Angabe des Namens der Arzneispezialität und des Wirkstoffs (bei Monopräparaten) •Werbecharakter kommt deutlich zum Ausdruck •Quellenangaben für wissenschaftliche Aussagen, Studien, Produktvergleiche •Quellenangaben für Preisvergleiche, Therapiekosten … •Eigene Produktnamen sind als Marken (®) gekennzeichnet •Keine Nennung von geschützten Marken von Mitbewerbern •Keine Bezugnahme auf andere Arzneimittel •Keine übertreibenden Aussagen/Irreführungen (Superlative) •Maximal bis ein Jahr ab dem ersten Inverkehrbringen als „neu“ bezeichnet •Kein Preisausschreiben oder Hinweise auf Prämien •Keine Dank-, Anerkennungs- und Empfehlungsschreiben von Anwendern •Keine Abgabe von Proben, Mustern oder Gutscheinen für Arzneimittel an Laien •Kein Angebot an den Verbraucher zur Rücknahme bei Nicht-Erfolg •Begriffe „sicher, Sicherheit“ sind definiert •Pflichttext (Warnhinweis) vorhanden: „Über Wirkungen und mögliche unerwünschte Wirkungen informieren Gebrauchsinformation, Arzt oder Apotheker“ •Verständlichkeit für Laien •An Laien, Verbraucher gerichtet: keine Darstellungen, keine Abbildung von Ärzten, keine ­weißen ­Mäntel, keine B ­ ezugnahme auf Kinder, Testimonials und Prominente sowie keine ­Bezugnahme auf Naturprodukte und den ­Versandhandel Quelle: Rechtsanwaltskanzlei DDr. Meinhard Ciresa „diese Selbstregulierungskräfte“. Robert Riedl, Geschäftsführer der Wiener Agentur Welldone, „outet“ sich hingegen als Ungläubiger: „Ich finde es schlichtweg falsch, pure Werbung für einzelne, rezeptpflichtige Medikamente zu machen, weil damit eine falsche Begehrlichkeit geweckt und die freie Entscheidung des Arztes gefährdet wird.“ Pharmaunternehmen und ihre Agenturen sollten sich lieber ­darum bemühen, seriös und umfassend über alle Therapiemöglichkeiten einer bestimmten Krankheit zu informieren, um die Patienten in die Pflicht zu nehmen, auf ihre Gesundheit zu achten und zum Arzt zu gehen, der sich dann um die „Compliance“ – die richtige Medikation und Therapieeinhaltung – kümmern würde. Gegen die bestehenden Regulative hat Riedl somit nichts einzuwenden: „Wenn man diese Regeln kennt, ist die ­kreative Kraft ungebremst. In der Kommunikation an den Arzt und den Rezeptpflichtige Präparate, es gilt der PHARMIG-Verhaltenscodex Checkliste für RX-Arzneimittel Vorgaben für Werbung an Fachkreise •Arzneimittel ist in Österreich zugelassen •Übereinstimmung der Werbeaussagen mit den Angaben in der Fachinformation •Wortgetreue Übernahme und Quellenangaben für wissenschaftliche Aussagen, Studien, Tabellen, Produktvergleiche •Quellenangaben für Preisvergleiche, Therapiekosten … •Vergleichbarkeit von zitierten Studien •Aktuelle Fachkurzinformation ist am Werbemittel enthalten (bei allen schriftlichen und elektronischen Unterlagen für Fachkreise) •Angabe des Zeitpunkts, zu dem die Unterlage erstellt oder zuletzt geändert worden ist •Maximal bis ein Jahr ab dem ersten Inverkehrbringen als „neu“ bezeichnet •Informationen sind genau, aktuell, überprüfbar und vollständig •Eigene Produktnamen sind als Marken (®) gekennzeichnet •Keine Nennung von geschützten Marken von Mitbewerbern •Keine übertreibenden Aussagen/Irreführungen (Superlative) •Kein Preisausschreiben, keine Prämien, keine finanziellen oder materiellen Vorteile jenseits der Geringfügigkeit ­versprechen •Begriffe „sicher, Sicherheit“ sind definiert •Werbung nur Fachkreisen zugänglich (Homepage) •Für Patienten (Laien, Anwender….) keine Werbung für RX-Arzneimittel Quelle: Rechtsanwaltskanzlei DDr. Meinhard Ciresa 44_BESTSELLER Patienten.“ Patienten im Visier Wie ein adäquates „Laienwerberecht“ aussehen könnte, wird sich erst zeigen. Jedenfalls hat die Pharmaindustrie den Patienten längst ins Visier genommen und buhlt je nach Produktgruppe und Rechtslage mit un­terschiedlichen Marketing-Methoden um seine Aufmerksamkeit. Dem kommt entgegen, dass der Wunsch nach mehr ­Information bei Patientenvertretern und Selbsthilfegruppen lauter wird. Im OTCSegment sind der Kreativität vergleichsweise ­wenige Grenzen gesetzt. Im ethischen ­Bereich der verschreibungspflichtigen Präparate lautet das Zauberwort derzeit „Bewusstseinsbildung“, um dennoch – quasi „präventiv“ – Arzneibedarf zu schaffen. zu machen: „Ein Außendienstbesuch kostet zirka 100 Euro und wenn Sie Pech haben, spricht der Referent in diesen fünf Minuten beim Arzt nicht über die Produkte, sondern übers Tennis spielen.“ Mit einem Direct-Mail etwa würde vergleichsweise „hochfrequent und kostengünstig gefahren“. Im Übrigen glaubt der swotChef an den „guten, alten Print“. Einen an„Es ist meine Gesundheit und Ärzte sind keine Götter, was ist also dabei“, sorgt sich Agenturchef Ewald Zwinz um das Inforecht der Patienten. „Ich bin gegen amerikanische Verhältnisse“, betont Robert Riedl von Welldone, „die Entscheidungshoheit muss beim Arzt bleiben.“ deren Vertriebskanal, der um seine Rolle Schlau und integriert angelegt, kann man mehr Nischenprodukte und Facharztme- Monopol kippen, indem sie Drogerie- damit alle an der Verschreibungskette dikamente auf den Markt kommen, wird märkte als Umschlagplatz für Arzneien ­Beteiligten erreichen, vom Arzt über den er gezielter und spezialisierter einge- zulässt und branchenfremden Personen Patienten und Angehörige bis hin zur ge- setzt“, schildert Leitner. Das heißt aber erlaubt, eine Apotheke zu führen. Erst sundheitsinteressierten Öffentlichkeit – auch, dass die breite Kommunikation an kürzlich haben sich neun Apotheken unter mitunter auch jüngere Zielgruppen. Die die Allgemeinmediziner stärker über an- dem Namen „Team Santé“ in einem Fran- sensibilisierenden Awareness-Kampag- dere Kanäle (siehe Kasten) wie Anzeigen chise-System formiert, um sich für die nen liegen im Trend, obzwar „wir im Au- und redaktionelle Berichte in Fachmedien ­Zukunft zu wappnen. Damit das auch ge- genblick keine Medikamente, sondern laufen muss. Diese Entwicklung begreifen länge, müssten sich die Pharmazeuten Krankheiten kommunizieren“, kritisiert manche Agenturen als Chance. darum bemühen, ihren Point of Sale konsu- Michael Leitner von Public Health PR. Markus Rachinger hofft, dass der teure mentenfreundlicher zu gestalten, meint „Das heißt, wir reden über die Krankheit, Außendienst an Bedeutung verliert, um Michael Mehler. Eines steht fest: Das Wett- um in diesem Kontext auch sagen zu kön- den Weg „für direktere Maßnahmen“ frei rüsten der Pillendreher geht weiter. bangt, stellen die rund 1.250 Apotheken in Österreich dar. Die EU könnte ihnen ihr nen, dass es neue, effektive Medikamente zur Heilung gibt.“ Damit sei man wider jede Logik gezwungen, „problem- statt ­lösungsorientiert“ vorzugehen. Ein heißes Eisen in diesem Zusammenhang ist natürlich das Internet, das von den Agenturen als wirksames MarketingTool erkannt, aber nicht zuletzt auch aus der eingangs erwähnten Scheu vor dialogorientierter Kommunikation und der heiklen Rechtslage von der Industrie nur unergiebig genützt wird. „Das Internet wäre dann effektiv, wenn es nicht als Einbahnstraße verkümmern würde. Wir machen so viele Informationsseiten für Pharmaunternehmen, die wir bewusst ‚tot‘ anlegen müssen, um jede Interaktion mit den Zielgruppen künstlich zu unterbinden“, ärgert sich swot-Geschäftsführer Markus Rachinger. „Die einzigen, die eigentlich keine Chance haben, dort richtig auf Konsumentenfragen zu antworten, sind die ­Erzeuger von Pharmapräparaten“, findet auch Werfotos Shutterstock, Zwinz, Welldone ber Ewald Zwinz. Ihr Arzt oder Apotheker Um rezeptpflichtige Präparate zu bewerben, wird wohl auch nach einer Gesetzesnovelle der Arzt die erste Anlaufstelle bleiben, er wird vornehmlich von Pharma- ❯❯ Schnell ❯❯ Flexibel ❯❯ GünStiG ❯❯ erFahren referenten betreut. Doch auch der Außendienst hat sich gewandelt. „Da immer phone +43 (0)1 478 90 50 [email protected]