Modellierung und Simulation Spintronischer Bauelemente / S LV64.456, Modul MPM2 WS 2008/2009 Modellierung und Simulation Spintronischer Bauelemente / S LV64.456, Modul MPM2 Dr. rer. nat. M. Bolte, Prof. Dr.-Ing. D. P. F. Möller Inhalt Einführung Spintronische Anwendungen Grundlagen der Modellierung und Simulation Approximation und Diskretisierung Modelle für Spintronische Simulationen Physikalische Grundlagen (Leitfähigkeit und Temperatur in Halbleitern, Magnetismus) Beispielhafte Modelle: Elektrodynamik, Mikromagnetisches Modell Simulationsplattformen Räumliche Diskretisierungen: Finite-Elemente-Methode vs. Finite-Differenzen-Methode Zeitliche Diskretisierung: Numerische Integration Comsol, SPICE, Matlab, M³S, OOMMF Simulationen verschiedener Spintronischer Anwendungen Seminarplan Studentische Vortragsthemen und Termine Anschließendes Projekt im SS 2009 Einführung Mittels elektrischer Ladung des Elektrons werden im Transistor – Kernkomponente der modernen Informationstechnik – Informationen codiert und verarbeitet. Kaum genutzt wird dagegen die zweite wichtige Eigenschaft des Elektrons: sein Spin oder Eigendrehimpuls. In modernen Rechnerkomponenten beeinflussen, in dünnen ferromagnetischen Schichten, kleinste Magnetfelder den Elektronen-Spin und als Folge davon auch den Widerstand der Komponente, der wegen des kleinen Magnetfeldes sehr groß ist, so genannter Riesen-Magnetwiderstand (GMR). Für die Entdeckung des Riesenmagnetowiderstandseffekts erhielten 2007 Peter Grünberg (Institut für Festkörperforschung, Forschungszentrum Jülich) und Albert Fert (Université Paris-Sud, Orsay, Frankreich) den Nobelpreis für Physik. Diese Entdeckung ermöglichte es, aus winzigen Schichtstrukturen, optimale Leseköpfe für Festplatten zu bauen, was letztendlich in der industriellen Entwicklung magnetischer Speichermedien sehr hoher Datendichte mündete. Das zeitabhängige elektronische und magnetische Verhalten dieser Speicherund Logikzellen kann durch mikromagnetische Simulation dargestellt werden. Einführung Was ist Spintronik? Die Forschung und Entwicklung von Technologien und Bauelementen, bei denen Informationsspeicherung und Logik nicht nur durch die Elektronenladung (elektrische Ströme und Spannungen), sondern auch durch den Elektronenspin realisiert werden, stehen im Zielfokus des Seminars. Spinelektronik beschäftigt sich mit all denjenigen Phänomenen, bei denen der Spin von Ladungsträgern die elektrischen Eigenschaften beeinflusst. Unter „spintronischen Bauelementen“ werden nachfolgend sowohl die eigentlichen „spin-elektronischen Bauelemente“ als auch diejenigen verstanden, die durch eine mittelbare Interaktion von elektrischen Strömen und Elektronenspins eine erweiterte Funktionalität haben,. Einführung Spintronik = Elektronik x Spin Elektronik: Elektronische Schaltkreise, Frequenzverhalten, etc. R1 Quelle: Gross, WMI München R2 Elektronen haben zusätzliche Eigenschaft, den Spin Der hat nur zwei mögliche Zustände, “ “ oder “ “. (das ist parallel oder antiparallel gegenüber einem angenommenen Feld in z-Richtung, das die Symmetrie aufhebt. R1 R2 R1 R2 Spintronik beschreibt nun Veränderungen in den elektronischen Eigenschaften eines Systems aufgrund des Spin-Freiheitsgrads. Einführung Beispiel: Riesenmagnetowiderstand Elektronen können von einer magnetischen Dünnschicht zur anderen unter Beibehaltung ihres Spins gelangen: Spindown eSpinup Durch spin-abhängige Streuung tritt ein Magnetowiderstandseffekt beim Ummagnetisieren eines Kontaktes auf: ∆R R0 WiderstandsModell (Two-current model): GMR-Effekt im Lesekopf: ~ 15 % Einführung Spintronik hat in Hamburg eine lange Tradition: 1886: Dem Hamburger Heinrich Hertz gelingt die Übertragung von Signalen durch elektromagnetische Wellen. 1922: Otto Stern entdeckt, dass der Spin von Elektronen quantisiert ist (Physik-Nobelpreis 1943). 1925: Wolfgang Pauli entdeckt in Hamburg das Ausschließungsprinzip, das wesentlich für das Verständnis von Ferromagneten ist (Physik-Nobelpreis 1945). Postuliert, dass Spins nur zwei Zustände annehmen kann: „spin-up“ und „spindown“. Entwicklungsmöglichkeiten von hier aus Weitere Vorlesungen Informatik Computer Modelling and Simulation Advanced Computer Architecture Vorlesung Hardware/Software CoDesign Weitere Vorlesungen Physik Elektronik I und II Nanostrukturphysik Vertiefungsveranstaltung zur Nanostrukturphysik I Blockpraktikum Bachelorarbeiten Praktika (Informatik), Vorbereitungsprojekt (Physik) Forschungsstudenten, Masterarbeiten/ Diplomarbeiten Doktorarbeiten Mögliche Vortragsund Praktikathemen in diesen Farben Inhalt Einführung Spintronische Anwendungen Grundlagen der Modellierung und Simulation Approximation und Diskretisierung Modelle für Spintronische Simulationen Physikalische Grundlagen (Leitfähigkeit und Temperatur in Halbleitern, Magnetismus) Beispielhafte Modelle: Elektrodynamik, Mikromagnetisches Modell Simulationsplattformen Räumliche Diskretisierungen: Finite-Elemente-Methode vs. Finite-Differenzen-Methode Zeitliche Diskretisierung: Numerische Integration Comsol, SPICE, Matlab, M³S, OOMMF Simulationen verschiedener Spintronischer Anwendungen Seminarplan Studentische Vortragsthemen und Termine Anschließendes Projekt im SS 2009 Einführung Beispiele für spintronische Anwendungen Existierend: Spin-elektronische Anwendungen: Magnetoresistive Sensoren (AMR, GMR, TMR) Leseköpfe für Festplatten (GMR), im weiteren Sinne auch die Festplatten selbst Magnetische RAMs Aktuatoren Festplatten Permanentmagneten für Generatoren, Elektromotoren, etc. Forschungsthemen: Shape Memory Alloys (SMAs) Racetrack memory STT-RAM Festplatten: Bit patterned media (BPM) Heat assisted magnetic recording (HAMR) Spin transistor Quantencomputing, … Einführung Beispiele heute: 1. 2. Magnetoresistive Sensoren Magnetische Speichermedien: GMR-Leseköpfe 2. Festplatten 3. Magnetische Hauptspeicher (MRAM) 1. 3. Modellierung und Simulation elektrischer Schaltkreise 1. Magnetoresistive Sensoren Magnetoresistive Winkelgeschwindigkeitssensoren Magnetoresistive Winkelsensoren Magnetoresistive Sensoren für Schwachfeld-Detection Barber-Pole-Sensoren Ein Barber‘s pole! Quelle: NXP Barber-Pole-Sensoren United States Patent 6831456 Quelle: NXP Physikalisches Modell Anisotroper Magnetowiderstand (AMR) Aufspaltung des Widerstands durch AMR RAMR ∝ ρ ⊥ + ∆ρ ⋅ cos 2 α , Parabelförmiger Anstieg aufgrund des normalen Magnetowiderstands Ursache: ungleichmäßige räumliche (anisotrope) Verteilung der Ladungsdichten durch Spin-Bahn-WW Bereich aktueller Forschung: Messung und Simulation des lokalen AMR AMR-measurements at 2 K 1µm 500nm self-consistent calculation 1st approx. simulation initial S-state 500 nm initial Cstate V I M. Bolte, et al., PRB 72, 224436 (2005) Bereich aktueller Forschung: Messung und Simulation des lokalen AMR Simulation – Approximations: 1. AMR-measurements at 2 K α • Constant, uniform current flow self-consistent calculation 1st approx. simulation initial S-state 2. • Exact current flow as given by microscopic Ohm‘s law • Potential and Current density are functions of magnetoresistance initial Cstate M. Bolte, et al., PRB 72, 224436 (2005) Vergleich Messungen und Simulation MFM Measured MFM images 1µm Calculated MFM images Magnetization from Simulation A B C D AMR 0.23 Ω offset 0.1 Ω offset 0.05 Ω offset E A B C DE 2x1 µm² 70 nm simulated 4x2 µm² 70 nm measured 2.1 Magnetische Festplatten Aufbau Arm Spindel Lese-Schreibkopf { Aktuator Platter (3) 2.1 Magnetische Festplatten Aufbau Arm Arm Gleiter Spindel Spindel Schreibkopf Lese-Schreibkopf { Aktuator Platter (3) Aufbau einer Festplatte Ansprüche an einzelne Bauteile Wenige Atomlagen!! Aufbau einer Festplatte Ansprüche an einzelne Bauteile 6 nm = 20 Atomlagen!! Geschwindigkeit = 7200rpm·π·3,5 inch ~120 km/h Quellen: HitachiGST • Verglichen dazu müßte ein Flugzeug mit 800 km/h konstant 1 cm über dem Boden fliegen!! • Möglich durch extrem glatte Oberflächen und Luftkissen unter dem Gleiter Lese und Schreibköpfe Pro Wafer ca. 40,000 Leseköpfe Schreibkopf Lesekopf realisiert durch GMR-Dreischichtsystem Magnetische Dipole erzeugen ein Feld über der Festplatten-Oberfläche Polschuhe bringen Magnetfeld auf die Festplatten-Oberfläche GMR-Effekt: •Grundlagen •Anwendungen Aufbau einer Festplatte Lesekopf – GMR-Effekt 4x3x0.86 mm 55 mg 860x700x230 µm 0.6 mg 2x1.63x0.43 mm 5.9 mg Quellen: HitachiGST Mooresches Gesetz •Ursprünglich: kosteneffizienteste Anzahl von Bauelementen auf einem Chip, •Dann: Verdoppelung der Anzahl von Transistoren in Prozessoren innerhalb von 18 Monaten •Gilt auch für Festplatten: Verdoppelung der Speicherdichte bei Festplatten in 12 Monaten (heißt hier eigentlich „Kryder‘s Law“. 2.2 Festplattenoberflächen Fortschritte in der Speicherdichte 1956 - 5 Mbyte RAMAC 1956 70 kbits/s 2 kbits/in2 50x 24” disks $10,000/Mbyte 4 Gbyte ~ 6 Filme 2008 - 1 Tbyte Microdrive 100 Gbits/in2 1 x 1” disk ~ 800 Mbits/s 250 Gbits/in2 2 x 3.5”glass disks < $0.0001/Mbyte Quelle: Hitachi GST Fortschritte in der Speicherdichte Bit-Größe Bits 1991 Bits 1998 IBM Research Almaden AG Schatz, Uni Konstanz Wozu braucht man Simulationen? TU Vienna, AG Fidler Bit Patterned Media (2011?) Einzeldomänen Mehrere Domänen Quelle: Hitachi GST Bit-Patterned Media Heat assisted magnetic recording Soll bis zu einem Faktor 10mal größere Speicherdichten erlauben >1 Terabit/in² ~10 TeraByte-Festplatten Beispiele heute: 1. 2. Magnetoresistive Sensoren Magnetische Speichermedien: 1. 2. 3. 3. GMR-Leseköpfe Festplatten Magnetische Hauptspeicher (MRAM) Modellierung und Simulation elektrischer Schaltkreise 2.3 Magnetische Hauptspeicher MRAM 2.3 Magnetische Hauptspeicher MRAM Magnetic Random Access Memory R. Gross, TU München Wie MRAMs funktionieren Lesemodus © Cypress Semiconductors Schreibmodus Vorteile der MRAM-Technologie Nichtflüchtig – keine Refreshing-Zyklen im Hauptspeicher notwendig Energiesparend (heute werden in Computern ca. 50% der Leistung durch Auffrischen der Hauptspeicherzellen verbraucht) Herstellung durch etablierte CMOS-Technologie Geringe Produktionskosten Hohe Speicherdichte möglich Sehr hohe Schreib-LeseGeschwindigkeiten möglich (prinzipiell GHz), vgl. Flash MRAM in Standard CMOS Nur etwa ~20 extra Schritte notwendig (von insgesamt ~250) 4Mb-MRAM © Cypress Semiconductors Quelle: Freescale (Motorola) MRAM als programmierbares Bauelement? • Eine einzige Zelle genügt, um die wesentlichen Befehle AND, OR, NAND, NOR Speichern durchzuführen • In Laufzeit programmierbar • Sehr schnelle, dichte logische Einheit •MRAM Logic für rekonfigurierbare Logiken •Spin-transfer-torque •STT-RAM •Nano-Oszillatoren A. Ney, C. Pampuch, R. Koch & K. H. Ploog, “Programmable computing with a single magnetoresistive element”, Nature 425, 485 (2003) Warum Simulation? Ultraschnelles Schalten: Wie schnell geht es? 1. Problem: Magnetisches Klingeln (Nachschwingen der Magnetisierung) verlängert Dauer des Umschaltenvorgangs 2. Lösung: Mehrere Pulse, die gerade so lang sind, dass Umklappen erfolgt („Precessional Switching“) 3. Wichtig: Die Grundfrequenzen (Eigenmoden) der Elemente kennen. 5.9 GHz H1 H2 Bit-Leiterbahn I2 9.2 GHz I1 Wort-Leiterbahn I1 Randmode Centermode einer 220nm großen MRAM-Zelle I2 t Warum Simulation? Einfluß der Form: Zuverlässiges Schalten M. Kläui, C A F Vaz, L Lopez-Diaz and J A C Bland J. Phys.: Condens. Matter 15 (2003) R985–R1023 M. Kläui et al., Phys. Rev. B 68, 134426 (2003) “Mikromagnetismus ist ein äußerst wichtiges M. H. Park et al., Appl. Phys. Lett. 83, 329 (2003) Werkzeug für die Optimierung der Strukturform“ Dr. K. Ounadjela 3. Modellierung und Simulation elektronischer Systeme Notwendigkeit durch größere Konkurrenz bei gleichzeitigem Anstieg der Systemkomplexität Innovationsdruck durch Globalisierung führt zu immer kürzeren Innovationszyklen (Time-to-Market) Lösung: Modellierung und Simulation elektronischer Systeme Verschiedene Ansätze: Model-Based-Design für komplette Designzyklen Für neue Komponenten oder Technologien: Modellierung und Simulation einzelner Bauelemente Simulation des Zusammenspiels elektronischer Bauelemente mit Hilfe von Netzlisten (SPICE) Schnellere Hardware-Entwicklung durch Simulationssoftware Design and prototype process flow. From cst.com Model-Based Design Automatische Generierung von Maschinencode, Systemspezifikation und Testbedingung Beschreibung der erforderlichen Logik und Prozeßflüsse in Simulink Zusammen mit programmierbarer Hardware eine Plattform für Rapid-Prototyping (Hardware-in-the-loop) Halbleiter- Simulationen Hochfrequenz-Simulationen eines kompletten ICs Berechnung der Stromdichteverteilung/ elektrischen Potentiale für 24pin highspeed IC (Infineon) Abtastpunkte erlauben das Auslesen von Lösungsvariablen an beliebigen Stellen Komponenten moderner Simulationssoftware 1. CAD Tools zur komfortablen Systemspezifikation 2. leistungsfähige Solver zur Berechnung der Lösungsvariablen (meist gut versteckt) 3. Visualisierungswerkzeuge zur Darstellung vieldimensionaler Variablen 4. komplexe, auf den Bedarf zugeschnittene Analysewerkzeuge SPICE (Simulation Program with Integrated Circuit Emphasis) Netzliste für einfachen Schaltkreis links Die Berechnung des (dynamischen) Verhaltens von elektronischen Schaltkreisen erfolgt z.B. über die Maschen-Knotenregel. Als Grundlage dafür sind möglichst genaue Modelle der realen Bauelemente vonnöten (siehe unten). Feedback von Euch Seminarplan Seminarzeitplan Dienstags 12:00 – 14:00 Uhr; F-132 Beginn: 23. Oktober 2008 Ende: 10.02.2009 Präsenz Anwesenheitspflicht ! Fehlen nur in sehr begründeten Ausnahmefällen: max. 2 Fehltermine (!), informieren Sie den Veranstalter im Vornherein ! Themenvorschläge für Referate