Grundlagen der Zweitor-/Vierpol-Theorie W. Kippels 28. Juni 2013 Inhaltsverzeichnis 1 Definition des Zweitors 2 2 Widerstands-Matrix 2 3 Leitwert-Matrix 2 4 Hybrid-Matrix 3 5 Umrechnungen 4 6 Eigenschaften besonderer Zweitore 6.1 Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 4 7 Schaltungsbeispiele 7.1 Schaltungsbeispiel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Schaltungsbeispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Schaltungsbeispiel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 5 5 1 1 Definition des Zweitors Nebenstehend ist ein Zweitor – auch Vierpol genannt – mit seinen Anschlüssen sowie der Bezeichnung der Spannungen I1 I2 und Ströme dargestellt. Die beiden linken Anschlüsse stellen Tor 1 dar, die beiden rechten Tor 2. Um als Tor angesehen U1 U2 werden zu können, muss an beiden Toren die Torbedingung erfüllt sein. Das bedeutet, dass der Strom, der am oberen TorI1 I2 anschluss hineinfließt, am unteren Toranschluss wieder herausfließt. In der Schaltskizze wird das durch gleiche Namen der Ströme (I1 bzw. I2 ) ausgedrückt. Die angegebenen Strom- und Spannungsrichtungen sind verbindlich! 2 Widerstands-Matrix Eine Möglichkeit, ein Zweitor zu beschreiben, ist die Angabe der Widerstands-Parameter. Da die Widerstände neben Wirkanteilen auch Blindanteile enthalten können, werden die Parameter vom Grundsatz her als Komplexe Größen definiert. Diese Parameter fasst man zu einer Matrix zusammen. Die Widerstandsmatrix lautet: Z Z Z = ¯ 11 ¯ 12 Z21 Z22 ¯ ¯ ¯ Die einzelnen Parameter sind wie folgt definiert: U1 Z11 = ¯ ¯ I ¯1 U 1 Z12 = ¯ ¯ I ¯2 U 2 Z21 = ¯ ¯ I1 ¯ U 2 Z22 = ¯ ¯ I ¯2 bei I2 = 0 (Tor 2 offen) ¯ bei I1 = 0 (Tor 1 offen) ¯ bei I2 = 0 (Tor 2 offen) ¯ bei I1 = 0 (Tor 1 offen) ¯ 3 Leitwert-Matrix Wie wir noch sehen werden, ist die Angabe der Widerstandsparameter nicht bei jedem Zweitor möglich. Wenn beispielsweise das Zweitor nur je eine Verbindung zwischen den oberen Anschlüssen der Tore und den uteren Anschlüssen der Tore enthält, wird nirgendwo ein Strom fließen, wenn ein Tor offen bleibt. Dann müsste man durch 0 dividieren, was bekanntlich ja nicht möglich ist. In diesen Fällen können (meist) stattdessen die 2 Leitwert-Parameter angegeben werden. Die Leitwertmatrix lautet: Y11 Y12 Y= ¯ ¯ Y21 Y22 ¯ ¯ ¯ Die einzelnen Parameter sind wie folgt definiert: I1 Y11 = ¯ ¯ U1 ¯I 1 Y12 = ¯ ¯ U2 ¯I 2 Y21 = ¯ ¯ U1 ¯I 2 Y22 = ¯ ¯ U2 ¯ bei U2 = 0 (Tor 2 kurzgeschlossen) ¯ bei U1 = 0 (Tor 1 kurzgeschlossen) ¯ bei U2 = 0 (Tor 2 kurzgeschlossen) ¯ bei U1 = 0 (Tor 1 kurzgeschlossen) ¯ 4 Hybrid-Matrix Leider gibt es Schaltungen, die weder mit der Widerstands- noch mit der LeitwertMatrix zu beschreiben sind. Wenn das Zweitor beispielsweise nur einen Transformator enthält, dann ist ein solcher Fall gegeben. Hier hilft die Hybrid-Matrix weiter. In der Hybrid-Matrix sind unterschiedliche Größen zusammengefasst. Es handelt sich um einen Widerstand, einen Leitwert, ein Spannungs- und ein Stromverhältnis. Einzelheiten sind im Folgenden dargestellt. Die Hybridmatrix lautet: H11 H12 H= ¯ ¯ H21 H22 ¯ ¯ ¯ Die einzelnen Parameter sind wie folgt definiert: U1 H11 = ¯ ¯ I ¯1 U 1 H12 = ¯ ¯ U2 I¯2 H21 = ¯ ¯ I ¯I1 2 H22 = ¯ ¯ U2 ¯ bei U2 = 0 (Tor 2 kurzgeschlossen) ¯ bei I1 = 0 ¯ (Tor 1 offen) bei U2 = 0 (Tor 2 kurzgeschlossen) ¯ bei I1 = 0 ¯ (Tor 1 offen) 3 5 Umrechnungen Die unterschiedlichen Parameter können in jeweils andere Parameter umgerechnet werden.1 Ohne dass ich eine Herleitung dazu durchführen möchte, will ich folgende Umrechnungsformeln angeben: Y22 Z11 = ¯ ¯ det Y det ¯H ¯ Z11 = ¯ H22 Z¯22 Y11 = ¯ ¯ det Z 1 ¯ Y11 = ¯ H11 ¯det Z ¯ H11 = ¯ Z22 1 H11 = ¯ Y11 ¯ Y12 Z12 = − ¯ ¯ det Y H12 ¯ Z12 = ¯ ¯ H22 ¯ Z 12 Y12 = − ¯ ¯ det Z H12 ¯ Y12 = − ¯ ¯ H11 Z12¯ H12 = ¯ ¯ Z22 Y12 H12 = − ¯ ¯ Y11 ¯ Y21 Z21 = − ¯ ¯ det Y H21 ¯ Z21 = − ¯ ¯ H22 ¯Z 21 Y21 = − ¯ ¯ det Z H21 ¯ Y21 = ¯ ¯ H11 ¯Z 21 H21 = − ¯ ¯ Z22 Y21 H21 = ¯ ¯ Y11 ¯ Y11 Z22 = ¯ ¯ det Y 1 ¯ Z22 = ¯ H22 ¯Z 11 Y22 = ¯ ¯ det Z det ¯H ¯ Y22 = ¯ H11 1¯ H22 = ¯ Z22 det Y ¯ H22 = ¯ Y11 ¯ 6 Eigenschaften besonderer Zweitore 6.1 Reziprozität Zweitore können reziprok sein. Darunter versteht man folgendes: Legt man eine Spannung U1 an Tor 1 an, so ergibt sich an Tor 2 ein Strom I2 , wenn Tor 2 kurzgeschlossen wird. Legt man die gleiche Spannung als Spannung U2 an Tor 2 an, so ergibt sich an einem reziproken Zweitor der gleiche Strom als Strom I1 am kurzgeschlossenen Tor 1. Alle Schaltungen, die ausschließlich R-L-C-Bauelemente enthalten, sind reziprok. Reziproke Zweitore erfüllen folgende Bedingungen: H21 = −H12 Y21 = Y12 Z21 = Z12 ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ Es reicht, wenn man eine der Bedingungen überprüft. Ist diese erfüllt, sind die anderen automatisch auch erfüllt. 6.2 Symmetrie Ist ein Zweitor symmetrisch – das bedeutet, man kann die Tore ohne Funktionsänderung gegeneinander austauschen, dann gilt zusätzlich zur Reziprozitätsbedingung: Z11 = Z22 ¯ ¯ 1 Y11 = Y22 ¯ ¯ det H = 1 ¯ Je nach Größe der jeweiligen Parameter kann es passieren, dass man dabei auch einmal durch Null dividieren muss. In diesem Fall ist eine Umrechnung natürlich nicht möglich. 4 7 Schaltungsbeispiele Hier folgen noch ein paar einfache Schaltungsbeispiele. Beachtenswert ist, dass nicht alle Parameter zu jeder Schaltung aufgestellt werden können. 7.1 Schaltungsbeispiel 1 In dieser Schaltung kann niemals ein Strom (I1 oder I2 ) fließen, solange ein Tor offen bleibt. Die Z-Parameter können daher nicht gebildet werden, denn im Nenner steht jeweils der Strom I1 oder I2 . Die Y - und auch die H-Parameter hingegen können aufgestellt werden. Hier folgen die zugehörigen Matritzen: 1 Z existiert nicht ¯ Y= ¯ Z ¯1 −Z ¯ Z I1 I2 U1 U2 I1 − Z1 ¯1 Z ¯ I2 ! H= ¯ Z 1 ¯ −1 0 7.2 Schaltungsbeispiel 2 Wenn in dieser Schaltung ein Tor (Tor 1 oder Tor 2) kurzgeschlossen wird, sind beide SpanI1 nungen (U1 und U2 ) Null. Da bei den Y Parametern bei jeweils einem kurzgeschlosseU1 nen Tor eine dieser Spannungen im Nenner I1 steht, sind die Y -Parameter in dieser Schaltung nicht zu bestimmen. Z- und H-Parameter können hingegen angegeben werden. Diese lauten wie folgt: Z= ¯ Z −Z ¯ ¯ −Z Z ¯ ¯ I2 Z I2 Y existiert nicht ¯ U2 H= ¯ 0 1 −1 Z1 ¯ 7.3 Schaltungsbeispiel 3 Bei einem (idealen) Transformator als Zweitor können weder Z- noch Y -Parameter angegeben werden. Man kann sich leicht selbst überlegen, warum das so ist. Lediglich H-Parameter können angegeben werden: 0 n H= −n 0 ¯ 5 I1 U1 n:1 I2 U2 I1 I2 !