Beispiel für die Feststellungsprüfung Deutsch und DSH, alle Kurse 1. 1.1 1.2 Prüfungsteil Verstehen und Verarbeiten eines Hörtextes (50 Minuten, ohne Vortrag) Vorgabenorientierte Textproduktion (60 Minuten) Hörtext - Prognosen für und Auswirkungen auf den Klimawandel 1. Abschnitt 01 Durch Messungen kann ein menschengemachter Klimawandel seit Ende der 1950er Jahre nachgewiesen werden. Methoden und Forschung haben sich seitdem stetig verbessert und heute zweifelt die Wissenschaft nicht mehr daran, dass der Mensch den Klimawandel beeinflusst. Zudem können durch sehr 05 komplexe Modelle zukünftige Klimaveränderungen immer genauer eingeschätzt werden. Wichtig ist es, nicht nur physikalische und naturwissenschaftliche Daten in die Modelle einfließen zu lassen, sondern auch den menschlichen Einfluss als wesentlichen Faktor zu berücksichtigen, um zukünftige Entwicklungen darstellen zu können. 10 In allen Modellen zum Klimawandel spielen die so genannten Treibhausgase eine zentrale Rolle. Bei diesen Gasen handelt es sich um diejenigen Stoffe in der Atmosphäre, die den Treibhauseffekt auf der Erde bewirken. Die kurzwellige Strahlung von der Sonne wird an der Erdoberfläche in langwellige Strahlung umgewandelt und wieder ins Weltall zurückgegeben. Treibhausgase wirken wie 15 eine Barriere in der Erdatmosphäre, die die Strahlung zurückreflektiert und damit zu einer Speicherung der Energie und Wärme auf der Erde beiträgt. Prinzipiell ist der natürliche Treibhauseffekt für das Leben auf der Erde sehr wichtig: ohne seinen Einfluss würde die mittlere Lufttemperatur auf der Erde bei -18 Grad Celsius liegen. Der natürliche Treibhausgaseffekt führt zu einer Erwärmung der 20 mittleren Lufttemperatur auf rund 15 Grad Celsius. Aber durch den Ausstoß immer weiterer Treibhausgase durch den Menschen ist dieser Effekt mittlerweile stärker ausgeprägt. Wissenschaftler sprechen daher von einer menschengemachten Überwärmung durch die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen. Das besondere an diesem vom Menschen beeinflussten 25 Klimawandel ist die Geschwindigkeit, mit der die Erwärmung seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts stattfindet. Diese schreitet sehr viel schneller voran, als dies jemals in der Geschichte der Menschheit der Fall war. 2. Abschnitt Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern, wie in südlichen Regionen, am Äquator oder an Nord- und Südpol, weniger stark von den Klimaveränderungen 30 betroffen. Der Temperaturanstieg kann in manchen Weltregionen zu Wasserknappheit oder starken Unwettern führen und an den Polen das Abschmelzen des Eises bewirken, wodurch es zu starken Veränderungen für Mensch und Natur kommt. In Deutschland hat sich zum Beispiel in den vergangenen 100 Jahren die Jahresdurchschnittstemperatur um 1 Grad Celsius 35 erhöht, wobei für die nächsten 100 Jahre eine weitere Zunahme um 3 Grad Celsius erwartet wird bzw. möglich ist. Gleichzeitig haben die Niederschläge insbesondere im Frühjahr und Winter zugenommen, während im Sommer und Herbst weniger Regen fällt. Dabei scheint auf den ersten Blick der Anstieg um 1 Grad Celsius gering zu sein, die Auswirkungen auf Umwelt, Tiere und den 40 Menschen sind jedoch erheblich. Es wird für Deutschland eine Zunahme und Intensitätssteigerung von Hitzeereignissen und extremen Unwettern erwartet. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird sich demnach die Anzahl von Sommertagen verdoppeln, die Anzahl der heißen Tage sogar verdreifachen. Dieser Trend kann sich regional 2 45 50 55 weiter verschärfen. Für das Ruhrgebiet sagen Prognosen beispielsweise eine Verdreifachung der Sommertage und eine Verfünffachung der heißen Tage für die Jahre 2051-2060 im Vergleich zum Beginn des 20. Jahrhunderts voraus. Auch die angenommene Zunahme an starken Niederschlägen hat eine enorme Auswirkung auf Mensch und Umwelt und zeigt bereits heute wirtschaftliche und ökologische Folgen. Schadensstatistiken für Deutschland stellen dar, dass ein bedeutender Anteil der Schäden infolge von Überschwemmungen in städtischen Gebieten aus Sturzfluten resultiert. Auch Stürme können enorme Auswirkungen haben, wie zuletzt der Sturm „Kyrill“ im Januar 2007 gezeigt hat. Entwurzelte und umgeknickte Bäume haben überall Straßen, Stromleitungen, Häuser oder Autos beschädigt. 3. Abschnitt Ein Anstieg der Temperaturen und die damit verbundenen Auswirkungen werden in den verschiedenen Regionen Deutschlands unterschiedlich stark auftreten. Hier ist besonders ein Nord-Süd-Gefälle zu beobachten. So wird es im Süden zu wärmeren Sommern und Wintern kommen, wohingegen nördliche Regionen nicht 60 so stark von Temperaturunterschieden betroffen sein werden. Stattdessen werden vermehrt Stürme und Überflutungen auftreten. Auch die Zunahme der durchschnittlichen Niederschlagsmengen ist in den Wintermonaten bereits beobachtbar. Dagegen nimmt die durchschnittliche Niederschlagsmenge in den Sommermonaten vor allem in Ostdeutschland eher ab. Es können Dürren und 65 Hitzewellen auftreten. Besondere regionale Auswirkungen lassen sich auch für andere Bereiche feststellen. So ist ein Anstieg des Meeresspiegels zu beobachten, der die Küstenregionen bedroht. Im Binnenland dagegen treten Hitzewellen und Überschwemmungen vermehrt auf. Auf dem Land werden sowohl Unwetter als auch Hitzewellen Ernteerträge gefährden oder den Anbau von bestimmten 70 Produkten verhindern. Die Wasserverfügbarkeit wird sich besonders in den Sommermonaten in einigen Regionen als schwierig gestalten. Auf der anderen Seite bieten höhere Temperaturen die Möglichkeit, neue Sorten zu pflanzen und längere Anbauzeiten zu nutzen. Dadurch kann die Produktivität in der Landwirtschaft gesteigert werden. 4. Abschnitt 75 Das Schadensausmaß dieser Ereignisse richtet sich in erster Linie nach der Anfälligkeit der jeweiligen Region, in der die Klimafolgen eintreten. Besonders in Städten und Ballungsräumen stellen Unwetter und langanhaltende Regenfälle neue Anforderungen an die vorhandenen Wasserinfrastrukturen und Hitzewellen tragen zu höheren Gesundheitsbelastungen bei. Die Städte und Ballungsräume 80 sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen, weil sich beispielsweise die bebauten Flächen aufgrund der hohen Bevölkerungs- und Bebauungsdichte tendenziell stärker erwärmen und diese Wärme auch länger speichern. Folgende Handlungsfelder können vom regionalen Klimawandel betroffen sein: 85 - Gefährdung von Gebäuden durch Extremwetter - neue Anforderungen an die Gebäudekühlung - drohende Konflikte bei Wassernutzungen in Trockenperioden - Belastung älterer Menschen und Neugeborener durch Hitze. 5. Abschnitt Aber was ist zu tun? Welche Anpassungsmaßnahmen sind weltweit möglich und 90 sollten unternommen werden? Hier sind zwei grundlegende Vorgehensweisen wichtig: Zum einen sollte das Klima geschützt werden, d.h. die Veränderung des Klimas auf ein Minimum reduziert werden, um das Ausmaß der zukünftigen 3 95 100 Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Dies kann u.a. durch die konsequente Verfolgung einer globalen Energiewende geschehen, bei der Energieeffizienz und die Umstellung auf eine emissionsfreie Energieversorgung den Ausstoß von Treibhausgasen begrenzen. Zum anderen müssen Mensch und Umwelt vor den Folgen des Klimawandels geschützt werden. Dies kann z.B. durch Hochwasser- und Überflutungsschutz, durch veränderte Gebäudebauweisen und Stadtplanung geschehen. Für beide Prozesse sind Regierungen weltweit verantwortlich. Sie können durch Regelungen, Anreize und gute Beispiele verdeutlichen, wie Anpassungsmaßnahmen konkret und vor Ort umgesetzt werden können. Quelle: Thomas Madry, Jonas Fischer ,http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/183026/auswirkungen-desklimawandels, Stand 7.5.2015, gekürzt und verändert Wörter: 977 / Zeichen (ohne Leerzeichen): 6.435 / Länge: ca. 10 Minuten Aufgaben zum Text „Prognosen für und Auswirkungen auf den Klimawandel“ 1. Abschnitt 1.1 1.2 Begründen Sie, warum der natürliche Treibhauseffekt für das Leben auf der Erde wichtig ist! Schreiben Sie einen Satz! (4,5P) Stellen Sie die Besonderheit des von Menschen beeinflussten Klimawandels dar! Schreiben Sie einen Satz! (2P) 2. Abschnitt 2.1 2.2 Nennen Sie drei mögliche Folgen des globalen Temperaturanstiegs in manchen Weltregionen! Schreiben Sie einen Satz! (3P) Stellen Sie dar, wie sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland in den letzten 100 Jahren verändert hat und wie sie sich vermutlich entwickeln wird! Schreiben Sie einen Satz! (3P) 3. Abschnitt Erarbeiten Sie für diesen Abschnitt eine nominale Überschrift! (4P) 4. Abschnitt 4.1 4.2 Nennen Sie Gründe für die besondere Anfälligkeit der Städte und Ballungsräume für den Klimawandel! Schreiben Sie einen Satz! (4,5P) Welche vier Handlungsfelder können vom regionalen Klimawandel betroffen sein? Geben Sie Ihre Antwort in Form einer nominalen Liste! (8P) 5. Abschnitt Fassen Sie die Aussage dieses Abschnittes in einem Satz zusammen! (8P) Zählen Sie die von Ihnen geschriebenen Wörter, und schreiben Sie die Anzahl unter Ihre Ausführungen! 4 Lösungen zum Text „Prognosen für und Auswirkungen auf den Klimawandel“ 1. Abschnitt 1.1 1.2 0,5 Einerseits würde die mittlere Lufttemperatur auf der Erde 0,5 0,5 1 ohne seinen Einfluss bei -18 Grad Celsius liegen, andererseits 0,5 0,5 führt er zu einer Erwärmung der mittleren Lufttemperatur 1 auf rund 15 Grad Celsius. /4,5 0,5 0,5 Die Besonderheit ist die Geschwindigkeit, mit der die Erwärmung 0,5 0,5 seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts stattfindet. /2,0 2. Abschnitt 2.1 2.2 0,5 Die Folgen des globalen Temperaturanstiegs sind Wasserknappheit, 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 starke Unwetter und das Abschmelzen des Eises an den Polen. /3,0 In Deutschland hat sich die Jahresdurchschnittstemperatur 1 0,5 in den vergangenen 100 Jahren um ein Grad Celsius erhöht, 0,5 während für die nächsten 100 Jahre eine weitere Zunahme 1 um 3 Grad Celsius erwartet wird. /3,0 3. Abschnitt 1 1 1 1 Die unterschiedlichen Auswirkungen eines Temperaturanstiegs in Deutschland /4,0 4. Abschnitt 4.1 0,5 0,5 0,5 Aufgrund der hohen Bevölkerungs- und Bebauungsdichte 0,5 0,5 0,5 erwärmen sich die bebauten Flächen stärker und 0,5 0,5 0,5 speichern diese Wärme auch länger. - 0,5 Die vier Handlungsfelder sind: 0,5 0,5 0,5 Gefährdung von Gebäuden durch Extremwetter 0,5 0,5 0,5 neue Anforderungen an die Gebäudekühlung 0,5 0,5 0,5 0,5 drohende Konflikte bei Wassernutzungen in Trockenperioden - 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 Belastung älterer Menschen und Neugeborener durch Hitze. 4.2 - /4,5 /8,0 5 5. Abschnitt 1 Als weltweite Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel sollte einerseits 1 1 1 1 das Klima gerettet werden und andererseits die Menschen und die Umwelt 1 1 1 vor den Folgen des Klimawandels geschützt werden. /8,0 gesamt: 37 Punkte Inhalt: Sprachliche Korrektheit: Stil: Gesamt: 1. 1.1 1.2 37 10 03 50 Punkte Punkte Punkte Punkte Prüfungsteil Verstehen und Verarbeiten eines Hörtextes (50 Minuten, ohne Vortrag) Vorgabenorientierte Textproduktion (60 Minuten) Interpretieren Sie die folgende Grafik (Thema - Informationen - wertende Zusammenfassung)! Schreiben Sie etwa 250 Wörter! Zählen Sie die von Ihnen geschriebenen Wörter, und schreiben Sie die Anzahl unter Ihre Ausführungen! Quelle: Globus Infografik GmbH, 29.11.2012, verändert. 6 Lösungen - Textproduktion Thema Die Grafik informiert über die Entwicklung (0,5) der Zahl (0,5) der privaten Haushalte (0,5) von 1991 bis 2030 (0,5) in Deutschland (0,5). Die Angaben erfolgen in Millionen (0,5) und tragen für das Jahr 2030 prognostischen Charakter (0,5). Gleichzeitig vergleicht sie die prozentualen (0,5) Anteile (0,5) der Privathaushalte (0,5) mit unterschiedlichen Personenzahlen (0,5) an allen Haushalten (in Deutschland) im gleichen Zeitraum (0,5). Die von der Globus Infografik GmbH erstellte Grafik basiert auf Informationen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (1). /7P Informationen Die Zahl der Privathaushalte in Deutschland betrug im Jahr 1991 35,7 Mio., bis zum Jahr 2030 wird diese Zahl wahrscheinlich auf 41,5 Mio. steigen. /2P Im Jahr 1991 lag der Anteil der Einpersonenhaushalte in Deutschland bei 34 %. Dieser Anteil wird bis zum Jahr 2030 auf 43 % an allen Haushalten zunehmen. /1P Haushalte mit zwei Personen, die 1991 eine Beteiligung von 31 % an allen Haushalten in Deutschland hatten, werden im Jahr 2030 vermutlich 37 % ausmachen. /1P In 17 % der Haushalte lebten im Jahr 1991 drei Personen unter einem Dach, dieser Anteil wird wohl bis zum Jahr 2030 auf 10 % sinken. /1P Während in Deutschland im Jahr 1991 18 % der Privathaushalte aus vier und mehr Personen bestanden, wird für das Jahr 2030 ein Anteil von 10 % registriert. /1P Wertende Zusammenfassung Probleme: Zunahme der Zahl der Privathaushalte, v.a. der Ein- und Zweipersonenhaushalte, von 1991 bis 2030 in Deutschland; Abnahme der Zahl der Privathaushalte mit drei bzw. vier und mehr Personen im gleichen Zeitraum /2P Ursachen und/oder Folgen (mind. 3) /3P Lösungsvorschläge (mind. 2) /4P Bewertung Inhalt: Stilistische Bewältigung: Sprachliche Korrektheit: Gesamt: /22 /03 /25 /50 Punkte Punkte Punkte Punkte 7 2. 2.1. 2.2. Prüfungsteil Verstehen und Verarbeiten eines Lesetextes (60 Minuten) Verstehen und Verarbeiten wissenschaftssprachlicher Strukturen (30 Minuten) 1. Abschnitt 01 Das Internet ist aus unserem Alltag kaum mehr weg zu denken. Es gibt uns viele Möglichkeiten an die Hand, sich mit anderen Menschen im kleinen Kreis oder in breiter Öffentlichkeit auszutauschen, Informationen zu allen erdenklichen Themen zu finden, bequem und stressfrei von Zuhause aus einzukaufen oder sich mit allen 05 möglichen Formen von Rollen-, Strategie- und Denkspielen die Zeit zu vertreiben. In den vergangenen Jahren ist seine Bedeutung vor allem dank der "sozialen Medien", wie zum Beispiel Wikipedia und Facebook, YouTube oder Twitter, noch einmal gestiegen. Diese bieten unter anderem zusätzlich die Möglichkeit, den Kontakt zu anderen Menschen zu pflegen und Inhalte aller Art im Internet zu 10 veröffentlichen. Weil es dabei oft auch um persönliche Daten oder Informationen geht, werfen die sozialen Medien aber eine Reihe von sehr grundlegenden Fragen rund um Datenschutz, Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung auf. 2. Abschnitt Was macht den Reiz der sozialen Medien aus, warum hat ihre Nutzung so rasant zugenommen? Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht ist die Antwort 15 relativ einfach: Weil sie Nutzungsweisen ermöglichen, die für Menschen hilfreich oder wertvoll sind. Drei ganz grundlegende Nutzungsweisen lassen sich im Zusammenhang mit sozialen Medien unterscheiden: Erstens machen sie es ihren Nutzern leicht, die eigenen Interessen, Erlebnisse, Meinungen oder Erfahrungen mit anderen zu teilen, also bestimmte Bereiche des eigenen Lebens 20 anderen zugänglich zu machen. Zweitens erleichtern es die sozialen Medien, den Kontakt zu Menschen zu halten, die man bereits kennt (z.B. aus der Schule, einem Austauschjahr, dem Sportverein oder von einer Party) oder aber neue Menschen kennen zu lernen, die ähnliche Interessen oder Hobbies teilen. Drittens kann man mit Hilfe der sozialen Medien Informationen aller Art filtern, 25 mit anderen gemeinsam bearbeiten oder diskutieren, und an andere Menschen weiter verbreiten. Diese drei Praktiken laufen auf Facebook anders ab als z.B. auf YouTube oder in der Wikipedia. Aber gerade weil die sozialen Medien jeweils auf ihre eigene Art die Menschen bei diesen Nutzungsweisen der Selbstpräsentation, der Beziehungspflege und des Informationsmanagements unterstützen, sind sie 30 so wichtig. 3. Abschnitt Die meisten Menschen nutzen mittlerweile das Internet und insbesondere die sozialen Medien als ganz selbstverständlichen Teil ihres Alltags. Und doch: In einem ganz wesentlichen Punkt funktionieren die sozialen Medien anders als Gespräche am Telefon oder in der Kneipe und auch anders als Massenmedien 35 wie Fernsehen oder Zeitung. Die Verbindung von technischen Merkmalen und dem Gebrauch durch ihre Nutzer führt dazu, dass ein neuer Typ von Öffentlichkeit entsteht, der so derzeit nur in den sozialen Medien existiert: die "persönliche Öffentlichkeit". Auf Facebook können Menschen Themen und Erlebnisse, die für sie persönlich relevant sind, mit ihren "Facebook-Freunden" 40 teilen. Anders als bei journalistischen Medien ist man in der „persönlichen Öffentlichkeit“ also nicht auf Themen beschränkt, die möglichst für große Teile der Gesellschaft relevant sind, sondern man kann auch persönliche Erlebnisse und Gedanken mitteilen. Außerdem gibt es bei Facebook auch den direkten "Rückkanal", also die Möglichkeit, auf ein Status-Update oder ein hochgeladenes 45 Foto direkt feedback in Form von Kommentaren oder likes zu bekommen. Hinzu kommen technische Merkmale von Facebook, die gewissermaßen die 8 50 55 "kommunikative Architektur" dieser „persönlichen Öffentlichkeit“ prägen. Denn Konversationen, Bilder, Videos oder andere Informationen sind dort erstens persistent, also dauerhaft gespeichert, und zweitens kopierbar, somit ohne Qualitätsverlust zu vervielfältigen und zu verbreiten. Drittens ist die kommunikative Reichweite skalierbar, sodass das Publikum (kommunikationstechnisch) prinzipiell beliebig groß sein kann, und viertens ist die „persönliche Öffentlichkeit“ durchsuchbar, sodass sich Informationen und Daten zu einer Person oder einem Thema aus unterschiedlichen Kontexten auffinden und bündeln lassen. 4. Abschnitt Die beschriebenen Besonderheiten der sozialen Medienkommunikation über Dinge von persönlicher Relevanz in der „persönlichen Öffentlichkeit“ einerseits und die technische Gegebenheiten andererseits machen in ihrer Kombination deutlich, warum sich unser Verständnis von Privatsphäre und Öffentlichkeit 60 derzeit wandelt. Denn aus Sicht der Nutzer bietet die „persönliche Öffentlichkeit“ auf der einen Seite die Möglichkeit, das eigene erweiterte soziale Netzwerk von Freunden, Bekannten, ehemaligen Kolleg/innen etc. an ihrem Leben teilhaben zu lassen, während die technischen Merkmale der Persistenz, Kopierbarkeit, Skalierbarkeit und Durchsuchbarkeit von Informationen es nahezu unmöglich 65 machen, die Reichweite der „persönlichen Öffentlichkeit“ trennscharf einzugrenzen, wodurch es immer schwerer fällt, die Privatsphäre zu wahren. 70 75 80 Nun bedeutet Privatsphäre nicht für alle Menschen und zu allen Zeiten das gleiche. In der Psychologie und Soziologie weiß man, dass sich kein Kriterienkatalog von "privaten Informationen" aufstellen lässt, der universelle Gültigkeit hat. Stattdessen geht man davon aus, dass Privatsphäre denjenigen Bereich des eigenen Lebens umfasst, für den man kontrollieren möchte und kann, wer davon Kenntnis bzw. dazu Zugang hat. Im Internet und speziell den sozialen Medien kommt es nun zu einer eigentümlichen Situation, die man auch als "Privatsphäre-Paradox" bzw. "privacy paradox" bezeichnet: Aus Umfragen wissen wir, dass Menschen jeden Alters, also auch Jugendliche und junge Erwachsene, den Schutz ihrer Privatsphäre nach wie vor für sehr bedeutsam halten und ihr einen hohen Wert beimessen. Zugleich nutzen sie aber Kommunikationstechnologien, in denen sie die Kontrolle über die Speicherung und den Fluss ihrer persönlichen Daten und Informationen weitgehend verloren haben. Nutzer der sozialen Medien befinden sich also in einer schwierigen Situation: Facebook, YouTube und Co. sind in unserem Alltag ein wichtiger Teil von Beziehungspflege und Informationssuche, doch wir können nicht mehr wirklich abschätzen, wer eigentlich welche Informationen über uns einsehen und für welche Zwecke nutzen kann. Quelle: Dr.rer.pol. Schmidt, J-H.(2014): „Wie im echten Leben? Praktiken und Risiken sozialer Medien“. URL: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/datenschutz/ 194364/praktiken-und-risiken-sozialer-medien [Stand: 10.3.2015], gekürzt und verändert. 9 Aufgaben zum Lesetext 1. Abschnitt Listen Sie die Möglichkeiten, die uns das Internet und die sozialen Medien bieten, nominal auf! (13P) 2. Abschnitt 2.1 Nennen Sie in einem Satz die drei grundlegenden Nutzungsweisen der sozialen Medien! (3P) 2.2 Beschreiben Sie in einem Satz eine Nutzungsweise genauer! (2P) 3. Abschnitt 3.1 Erklären Sie den Begriff „persönliche Öffentlichkeit“ und begründen Sie anhand von zwei Beispielen, warum sie anders funktioniert als z.B. Massenmedien wie Fernsehen oder Zeitung! Schreiben Sie maximal drei Sätze! (5P) 3.2 Nennen Sie die Eigenschaften der "persönlichen Öffentlichkeit" die sie aufgrund der technischen Merkmale von Facebook hat! Schreiben Sie einen Satz! (2P) 4. Abschnitt Fassen Sie diesen Abschnitt in einem Satz zusammen! (4P) Gesamttext: Formulieren Sie eine nominale Überschrift für diesen Text! (3P) Zählen Sie die von Ihnen geschriebenen Wörter, und schreiben Sie die Anzahl unter Ihre Lösungen! Lösungen zum Lesetext 1. Abschnitt Die Möglichkeiten, die uns das Internet und die sozialen Medien bieten, sind(0,5): 1 0,5 0,5 - (der) Austausch mit anderen Menschen im kleinen Kreis oder in breiter Öffentlichkeit 1 0,5 0,5 - (das) Finden von Informationen zu allen erdenklichen Themen 0,5 0,5 1 0,5 - (das) bequeme(s) und stressfreie(s) Einkaufen von Zuhause aus 1 1 - (der) Zeitvertreib mit allen möglichen Formen von Rollen-, Strategie- und Denkspielen 1 1 - (die) Pflege des Kontakts zu anderen Menschen 1 1 - (die) Veröffentlichung von Inhalten aller Art im Internet. /13,0P 10 2. Abschnitt 2.1 Die drei Nutzungsweisen sind die Selbstpräsentation(1), die Beziehungspflege(1) und das Informationsmanagement(1). /3,0P 2.2 1. Unter Selbstpräsentation versteht man das Teilen von eigenen Interessen, Erlebnissen, Meinungen oder Erfahrungen mit anderen, wodurch man also bestimmte Bereiche des eigenen Lebens anderen zugänglich macht(2). 2. Bei der Beziehungspflege erleichtern es die sozialen Medien, den Kontakt zu bereits bekannten Menschen zu halten oder aber neue Menschen mit ähnlichen Interessen und Hobbies kennen zu lernen(2). 3. Beim Informationsmanagement kann man mit Hilfe der sozialen Medien Informationen aller Art filtern, mit anderen gemeinsam bearbeiten oder diskutieren, und an andere Menschen weiter verbreiten(2). (2,0 P für die Erklärung einer selbstgewählten Nutzungsweise) /2,0P 3. Abschnitt 3.1 Die "persönliche Öffentlichkeit" ist ein neuer Typ von Öffentlichkeit(0,5), der so derzeit nur in den sozialen Medien existiert (0,5) und durch die Verbindung von technischen Merkmalen (0,5)und dem Gebrauch durch(0,5) ihre Nutzer entsteht. Hier beschränkt man sich nicht auf Themen, die möglichst für große Teile der Gesellschaft relevant sind(1), sondern man kann auch persönliche Erlebnisse und Gedanken mitteilen(0,5). Und es gibt auch den direkten "Rückkanal"(0,5), also die Möglichkeit, direkt feedback (0,5)in Form von Kommentaren oder likes(0,5) zu bekommen. /5,0P 3.2 Die "persönliche Öffentlichkeit" ist persistent, kopierbar, skalierbar und durchsuchbar. /2,0P 4. Abschnitt Die sozialen Medien sind in unserem Alltag ein wichtiger Teil von Beziehungspflege und Informationssuche(1), doch aufgrund ihrer Besonderheiten und technischen Gegebenheiten können wir nicht mehr wirklich abschätzen(1), wer eigentlich welche Informationen über uns einsehen und für welche Zwecke nutzen kann(1), wodurch der Schutz der eigenen Privatsphäre nicht mehr gegeben ist(1).) /4,0P oder: Die soziale Medienkommunikation führt zu einem Wandel des Verständnisses von Privatsphäre und Öffentlichkeit(1), denn, obwohl die meisten/viele Menschen den Schutz ihrer Privatsphäre immer noch für sehr wichtig halten(1), nutzen sie zunehmend Kommunikationstechnologien(1), in denen sie die Kontrolle über ihre persönlichen Daten und Informationen weitgehend verloren haben(1). Gesamttext: Möglichkeiten(1)/Potential und Risiken(1)/Gefahren (des Internets und) der sozialen(1) Medien /3,0P 11 2. 2.1. 2.2. Prüfungsteil Verstehen und Verarbeiten eines Lesetextes (60 Minuten) Verstehen und Verarbeiten wissenschaftssprachlicher Strukturen (30 Minuten) 1. Transformieren Sie den Relativsatz (Rechtsattribut) in ein Partizipialattribut (Linksattribut)! Auf Facebook können Menschen Themen und Erlebnisse, die für sie persönlich relevant sind, mit ihren „Facebook-Freunden“ teilen. 2. Transformieren Sie den Hauptsatz im Aktiv in einen Passivsatz! Schreiben Sie den Satz neu! Zugleich nutzen Sie aber Kommunikationstechnologien, in denen die Kontrolle über persönliche Daten und Informationen weitgehend unmöglich ist. 3. Nominalisieren Sie den Nebensatz, und schreiben Sie den ganzen Satz neu! Der Gebrauch der sozialen Medien durch ihre Nutzer führt dazu, dass ein neuer Typ von Öffentlichkeit entsteht. 4. Ersetzen Sie die Passivumschreibung durch ein passivisches Prädikat mit Modalverb! Schreiben Sie den Satz neu! Drei ganz grundlegende Nutzungsweisen lassen sich im Zusammenhang mit sozialen Medien unterscheiden. 5. Ersetzen Sie das Modalverb durch eine andere sprachliche Form! Schreiben Sie den Satz neu! Wir können nicht mehr wirklich abschätzen, wer eigentliche welche Informationen über uns einsieht und für welche Zwecke sie genutzt werden. 6. Ersetzen Sie das unterstrichene Funktionsverbgefüge (Nomen-Verb-Verbindung) durch das entsprechende Vollverb! Schreiben Sie den Satz neu! Menschen jeden Alters nutzen Kommunikationstechnologien, in denen sie keinen Einfluss mehr auf die Speicherung ihrer persönlichen Daten und Informationen nehmen können. Lösungen Grammatik 1. Transformieren Sie den Relativsatz (Rechtsattribut) in ein Partizipialattribut (Linksattribut)! Auf Facebook können Menschen (0,5) für sie persönlich relevante (1) Themen und Erlebnisse (0,5) mit ihren „Facebook-Freunden“ teilen (0,5). kein Komma: 0,5 Punkte /3,0P 2. Transformieren Sie den Hauptsatz im Aktiv in einen Passivsatz! Schreiben Sie den Satz neu! Zugleich werden (1) von (1) ihnen (1) aber Kommunikationstechnologien (0,5) genutzt (1), in denen die Kontrolle über persönliche Daten und Informationen weitgehend unmöglich ist (0,5). /5,0P 3. Nominalisieren Sie den Nebensatz, und schreiben Sie den ganzen Satz neu! Der Gebrauch der sozialen Medien durch ihre Nutzer (0,5) führt zur (1) Entstehung (1) eines (0,5) neuen (0,5) Typs (0,5) von Öffentlichkeit (0,5). /4,5P 12 4. Ersetzen Sie die Passivumschreibung durch ein passivisches Prädikat mit Modalverb! Schreiben Sie den Satz neu! Drei ganz grundlegende Nutzungsweisen (0,5) können (1) im Zusammenhang mit sozialen Medien (0,5) unterschieden (1) werden (1). /4,0P 5. Ersetzen Sie das Modalverb durch eine andere sprachliche Form! Schreiben Sie den Satz neu! Wir sind (1) nicht (0,5) mehr (0,5) wirklich (0,5) in der Lage (1) abzuschätzen (1), wer eigentlich welche Informationen über uns einsieht und für welche Zwecke sie genutzt werden (0,5). /5,0P 6. Ersetzen Sie das unterstrichene Funktionsverbgefüge (Nomen-Verb-Verbindung) durch das entsprechende Vollverb! Schreiben Sie den Satz neu! Menschen jeden Alters nutzen Kommunikationstechnologien, in denen sie die Speicherung ihrer persönlichen Daten und Informationen (0,5) nicht (1) mehr (0,5) beeinflussen (1) können (0,5). /3,5P Gesamt: 25P Notenspiegel – Feststellungsprüfung – Deutsch – 175 Punkte insgesamt 166,0 175,0 = 1 140,0 165,5 = 2 114,0 139,5 = 3 087,5 113,5 = 4 052,5 087,0 = 5 000,0 052,0 = 6