Wertermittlungsverfahren für Immobilien Musterlösungen zum Modul IMK.10.9 Lernfeld 10 – Immobilien vermitteln und mit Immobilien handeln 1) Nennen Sie mind. drei gesetzliche Grundlagen, die im Rahmen der (Immobilien)-Wertermittlung eine Rolle spielen können. Bewertungsgesetz, Baugesetzbuch, Wertermittlungsverordnung, Wertermittlungsrichtlinien, NHK 2000 2) Was ist Ziel der Wertermittlung? Bestimmung des Verkehrswertes 3) Definieren Sie den Begriff „Verkehrswert“ und geben Sie eine gesetzliche Quelle dieser Definition an. Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der am Wertermittlungsstichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Gegebenheiten, der Beschaffenheit und Lage des Grundstücks ohne Berücksichtigung besonderer Verhältnisse zu erzielen wäre. s. Wertermittlungsrichtlinien 1.3 oder Baugesetzbuch § 194 4) Nennen Sie einige Beispiele, bei denen der Ermittlung des Verkehrswertes eine wichtige Bedeutung zukommt. - im öffentlichen Bereich, z. B. Enteignung, öffentliches Vorkaufsrecht, Sanierung, Zwangsversteigerung, Bodenordnung - in privaten Bereich, z. B. bei Kauf, Verkauf, Tausch, Erbschaftsangelegenheiten, Darlehensverhandlungen 5) Welche drei gesetzlich normierten Wertermittlungs-Verfahren gibt es? Nennen Sie je mind. ein Anwendungsgebiet. Vergleichswertverfahren: gleichartige Objekte wie unbebaute Grundstücke, Reihenhäuser, Eigentumswohnungen Sachwertverfahren: Immobilien, bei denen keine Erträge (Renditen) erwirtschaftet werden sollen oder können, bei denen die Kosten der Wiederherstellung im Vordergrund stehen – spezielle Fabrikanlagen, Bahnhöfe, militärische, kulturelle oder kirchliche Einrichtungen, z. T. auch selbstgenutzte Wohnimmobilien in Verbindung mit dem Vergleichswertverfahren Ertragswertverfahren: Renditeobjekte, Immobilien zur Bewirtschaftung, also MFH oder Gewerbeobjekte mit Erträgen Üblicherweise werden mind. zwei Verfahren angewendet und die verschiedenen Ergebnisse durch den Gutachter gewichtet und daraus der Verkehrswert bestimmt. 6) Beschreiben Sie das Vergleichswertverfahren und die verschiedenen Herangehensweisen Grundsätzlich wird vom bekannten Preis eines Vergleichsobjekts auf den Wert des zu bewertenden Objekts geschlossen. Da Immobilien niemals völlig gleichartig sein können, sind ggf. Zu- oder Abschläge vorzunehmen a) Unmittelbarer Preisvergleich / Auf- oder Abwertung durch Vergleich von GS-größe, Lasten und Beschränkungen lt. Grundbuch Art und Maß baulicher Nutzung Lage, Schnitt Alter Baureife, Erschließungszustand Bodenbeschaffenheit u. ä. m. b) Mittelbarer Preisvergleich auf Basis der Kaufpreissammlungen bzw. der daraus resultierenden Bodenrichtwerte. (herausgegeben vom Gutachterausschuss) c) Koeffizientenverfahren (GFZ : GFZ) für sonst gleichartige (Wohnbauland-) Grundstücke bei unterschiedlicher baulicher Nutzung ( s. Anlage zu WertR) www.becker-info.de Seite 1 von 5 IMK_10_9_Wertermittlung_Loesg.doc Wertermittlungsverfahren für Immobilien Musterlösungen zum Modul IMK.10.9 GFZ 0,4 0,6 0,8 1,0 Umrechnungskoeffizient 0,66 0,78 0,90 1,00 Lernfeld 10 – Immobilien vermitteln und mit Immobilien handeln GFZ 1,2 1,4 1,6 1,8 Umrechnungskoeffizient 1,10 1,19 1,28 1,36 GFZ 2,0 2,2 2,4 Umrechnungskoeffizient 1,45 1,53 1,61 Beispiel: bekanntes Vergleichsobjekt: GFZ 0,8 => Umr.koeff. 0,9; Vergleichspreis EUR 200,00 / m² Bewertungsobjekt: GFZ 1,2 => Umr. koeff. 1,1 Berechnung: 1,1 / 0,9 * 200 = 244,00 Euro / m² d) Bodenwertermittlung aus dem zu erwartenden Ertrag Ist der Ertrag eines Vergleichsobjekts bekannt, kann daraus auf den Ertrag des zu bewertenden Objekts geschlossen werden. Sehr unsicher, nur im Ausnahmefall oder als Ergänzung geeignet. In jedem Einzelfall muss abgewogen werden, ob der Wert des Vergleichsobjekts tatsächlich als Verkehrswert des Bewertungsobjekts dienen kann oder ob etwaige Anpassungsfaktoren berücksichtigt werden müssen (Marktsituation, Infrastruktur, veränderter FNP / BBP, politische Einflüsse ...) e) In der Fachliteratur (Ross/Brachmann, Zielbaum, Gottschalk, Simon) werden verschiedene detaillierte Vergleichswertverfahren dargestellt, so z. B. das Abstrakte Vergleichswertverfahren oder die Zielbaummethode. Dabei werden, ausgehend von einem Vergleichswert (Bodenrichtwert) einzelne Kriterien verglichen und gewichtet. Diese unterschiedlich starke Wichtung führt zu prozentualen Zu- oder Abschlägen. 7) Beschreiben Sie in groben Zügen das Sachwertverfahren Grundsätzlich wird im Sachwertverfahren ermittelt, welche Kosten bei einem Neubau (Ersatz) des zu bewertenden Objektes entstehen würden. Im Anschluss wird die Abnutzung bewertet und abgezogen. Des Weiteren sind sonstige wertbeeinflussende Umstände zu berücksichtigen. Das Sachwertverfahren bezieht sich meist auf die baulichen Anlagen, der Wert des Grund und Boden wird im Regelfall im Vergleichswertverfahren bestimmt. In einem ersten Schritt ist der Typ der baulichen Anlagen zu bestimmen. Die verschiedenen Gebäudetypen werden u. a. in den Normalherstellungskosten (NHK) 2000 definiert, ergänzend auch in Baukosteninformationen der Architektenkammern. Nach einer Korrektur (Bundesland, Ortsgröße) liegen damit die theoretischen Baukosten für das Jahr 2000 fest (= Index 100). Über die Indexierung der Baukosten (Zahlenreihen Statistisches Bundesamt, Fachliteratur) ermittelt sich der aktuelle Gebäudeneuwert (Wiederherstellungskosten, reine Baukosten) zuzüglich eines prozentualen Baunebenkosten-Ansatzes zum Bewertungsstichtag. Entsprechend des Alters bzw. der Restnutzungsdauer sind Abschläge vorzunehmen, so dass sich der tatsächliche Zeitwert ergibt. Dieser ist ggf. um weitere wertbeeinflussende Faktoren (Instandhaltungsrückstau) und - nach Einschätzung des Gutachters evtl. um einen Marktanpassungsfaktor - zu korrigieren. Der Wert des Grundstücks wird in der Regel nach dem Vergleichswertverfahren ermittelt und dem Gebäudewert zugeschlagen. Kürzest-Zusammenfassung: 1. Baukosten nach NHK 2000 ermitteln 2. Indexierung („Hochrechnen“) zum aktuellen Bewertungsstichtag 3. Abzüge wegen Alters und Instandhaltungsrückstau 4. zuzüglich Bodenwert 5. ggf. Marktanpassungsfaktor = Sachwert www.becker-info.de Seite 2 von 5 IMK_10_9_Wertermittlung_Loesg.doc Wertermittlungsverfahren für Immobilien Musterlösungen zum Modul IMK.10.9 Lernfeld 10 – Immobilien vermitteln und mit Immobilien handeln 8) Beschreiben Sie in groben Zügen das Ertragswertverfahren Beim Ertragswertverfahren geht es in erster Linie um die Wertermittlung unter Rendite-Gesichtspunkten. Es ist also (aus Investorensicht) durchaus vorstellbar, dass ein altes vernachlässigtes - aber billiges Mietwohnhaus in schlechter Lage eine höhere Rendite (in Prozent) erwirtschaftet als ein moderner - teurer - Neubau in guter Lage. Die Rendite berechnet sich grundsätzlich aus dem Verhältnis zwischen Ertrag (Gewinn) und Kosten. Dementsprechend kann das Ertragswertverfahren auch nur angewendet werden für Objekte, die einerseits Kosten verursachen, aber andererseits auch Erträge (z. B. Mieteinnahmen) erwirtschaften. Ausgangspunkt der Ertragswertermittlung ist der nachhaltig erzielbare Rohertrag, also die dauerhaft erzielbare Jahres(nettokalt)miete. Kurzfristige Schwankungen durch vorübergehenden Leerstand oder außergewöhnlich lukrative Vermietung bleiben außer Betracht. Von diesem Rohertrag werden die laufenden Bewirtschaftungskosten abgezogen (Verwaltung, Instandhaltung, Mietausfall) – als Ergebnis erhält man den Jahresreinertrag der gesamten Immobilie. Rechnerisch interessiert vorerst aber nur der Jahresreinertrag des Gebäudes. Dementsprechend wird der auf Grund und Boden entfallende jährliche Reinertrag (Bodenwertverzinsung, Bodenwertsteigerung) abgezogen. Damit bleibt als Zwischenergebnis der Gebäudereinertrag für ein Jahr. Dieser Jahresbetrag wird mit einem bestimmten Faktor (Vervielfältigertabelle) entsprechend der Restnutzungsdauer multipliziert. Damit erhält man den Gebäudeertragswert, bezogen auf die gesamte Restnutzungsdauer. Addiert man zu diesem Wert den aktuellen Bodenwert (Vergleichswertverfahren), und korrigiert das Ergebnis ggf. um weitere wertbeeinflussende Sachverhalte, so liegt der Ertragswert vor. Kürzest-Zusammenfassung: 1) Nachhaltigen Jahresreinertrag ermitteln 2) abz. Bodenertragsanteil 3) mal Vervielfältiger 4) plus aktueller Bodenwert = Ertragswert 9) Wie können Sie den Bodenpreis eines Grundstücks bestimmen, wenn Ihnen keine Vergleichspreise bekannt sind? Über den örtlichen Gutachterausschuss bzw. die dort laufend geführte Bodenrichtwertkarte 10) Welches Instrument können Sie heranziehen, um die Gesamtnutzungsdauer bzw. Restnutzungsdauer zu ermitteln? Anlage 4 zu WertR (Stand 2006) und/oder NHK 2000 11) Wie ermitteln Sie den Vervielfältiger, mit welchem Sie den Jahresreinertrag eines Bauwerks multiplizieren müssen? Vervielfältigertabelle, Anlage zu § 16 (3) WertV 12) Wie können Sie die Höhe der Bewirtschaftungskosten zur Ermittlung des Jahresreinertrages bestimmen? pauschal zwischen 15% (moderner Neubau) und 40% (unmodernisierter Altbau) oder Anlage 3 zu WertR (Stand 2006) 13) Erklären Sie den Begriff „Liegenschaftszins“ Durch Gutachterausschüsse / Kaufpreissammlungen ermittelte langfristig durchschnittliche Bodenwertsteigerung, Bodenwertverzinsung 14) Wie können Sie eine angemessene Wertminderung eines Gebäudes wegen des Alters bestimmen? Abschreibung nach Anlage 8 der WertR (Stand 2006) www.becker-info.de Seite 3 von 5 IMK_10_9_Wertermittlung_Loesg.doc Wertermittlungsverfahren für Immobilien Musterlösungen zum Modul IMK.10.9 Lernfeld 10 – Immobilien vermitteln und mit Immobilien handeln 15) Bestimmen Sie den Wert eines Baugrundstücks: A= zu bewertendes Grundstück: Größe 1000 qm; zulässige GFZ 1,4; B= Vergleichsgrundstück: Größe 800 qm; Kaufpreis 160.000 EUR; zulässige GFZ 1,6 A: GFZ 1,4 = Umrechnungskoeffizient 1,19; Preis pro qm = X B: GFZ 1,6 = Umrechnungskoeffizient 1,28; Preis pro qm = 200 EUR X = 1,19 * 200 / 1,28 = 185,94 EUR/qm 185,94 * 1000 qm = 185.937,50 EUR 16) Ermitteln Sie den Ertragswert: Der jährliche Reinertrag eines gemischt genutzten Grundstücks beträgt 48.000,-- EUR, die Bewirtschaftungskosten liegen bei 40% des Rohertrages; die Grundstücksgröße beträgt 900 qm, der Bodenrichtwert liegt bei 200 EUR pro qm, der Zinssatz wird mit 5,5% angenommen, als Vervielfältiger für die Restnutzungsdauer von 30 Jahren gilt 14,5; Rohertrag 80.000,00 32.000,00 abz. 40 % Bewirtschaftungskosten = Reinertrag 48.000,00 abz. Bodenwertanteil (200 € * 900 qm * 5,5 %) 9.900,00 = Gebäudereinertrag 38.100,00 * Vervielfältiger 14,5 = Gebäudeertragswert 552.450,00 + akt. Bodenwert 180.000,00 732.450,00 = Ertragswert 17) Ermitteln Sie den Sachwert und den auf volle TEUR gerundeten Verkehrswert: älteres EFH mit einfacher Ausstattung, Baukosten lt. NHK 2000 betragen 120.000,-EUR, Baukostenindex zum Bewertungsstichtag = 108; Gesamtnutzungsdauer (GND) 80 Jahre; Restnutzungsdauer (RND) 20 Jahre; Bodenrichtwert 140,-- EUR pro qm, Grundstücksgröße 500 qm; Marktanpassungsfaktor nach Meinung des Gutachters beträgt 1,2 wegen der starken Nachfrage Neubauwert aktuell 120.000 * 1,08 abz. Wertminderung wegen Alters 66% (lt. Tabelle) = realer Gebäudesachwert zzgl. Bodenwert = Sachwert 129.600,00 85.536,00 44.064,00 70.000,00 114.064,00 * Marktanpassungsfaktor 1,2 = Sachwert => Verkehrswert (gerundet) www.becker-info.de 136.876,80 137.000,00 Seite 4 von 5 IMK_10_9_Wertermittlung_Loesg.doc Wertermittlungsverfahren für Immobilien Musterlösungen zum Modul IMK.10.9 Lernfeld 10 – Immobilien vermitteln und mit Immobilien handeln 18) Welcher Nachteil ist allen drei Verkehrswertermittlungs-Verfahren aus Investorensicht gemeinsam? Es ist eine zeitpunktbezogene Wertermittlung; künftige absehbare Entwicklungen (Mietpreissteigerungen, Modernisierungen, Kostenänderungen, …) können nicht berücksichtigt werden, könnten aber die Rendite gravierend beeinflussen und damit schon im Vorfeld trotz eines scheinbar günstigen Preises die Investitionsentscheidung kippen. 19) Wie wirkt sich eine kürzlich vorgenommene Modernisierung auf die Wertermittlung aus? Durch die Modernisierung wurden die Gebäudeverhältnisse in größerem Umfang verbessert, diese Tatsache wirkt sich positiv, also wertsteigernd, auf den Verkehrswert aus 20) Wie wirken sich kürzlich vorgenommene Pflasterarbeiten und Gestaltung von Vorgarten und Terrasse auf den Wert aus? Pflaster, Terrasse usw. gehören zu den Außenanlagen, diese werden üblicherweise mit 5% des Gebäudewertes berechnet. Damit kann man kaum mit einer Höherbewertung rechnen. www.becker-info.de Seite 5 von 5 IMK_10_9_Wertermittlung_Loesg.doc