PROGRAMM DIE FETTE SEELE. FRÜHER BEKANNT ALS (FBA) LA RAPPRESENTATIONE DI ANIMA ET DI CORPO TA TI ON E »R AP PR ES EN DI CO RP O« DI AN IM A ET S · L EONH A RD R H U 0 2 · 3 1 BER 20 6. & 8. OK T O M US IK TH E AT VA LI ER IS ER NA CH CA K IR C H E KLAUS LANG (*1971) die fette seele. (Uraufführung) nach dem Oratorium Rappresentatione di anima et di corpo von Emilio de Cavalieri (ca. 1550-1602) Musikalische Leitung: Johannes Knecht Regie: Alexander Charim Bühne und Kostüme: Ivan Bazak Dramaturgie: Patrick Hahn SOLISTEN DES STUDIOS FÜR STIMMKUNST UND NEUES MUSIKTHEATER Lucy fba Anima: Alessia Hyunkyung Park Evi fba Anima: Natasha López Christie fba Anima: Christie Finn Angy fba Angelo custode: Simone Eisele Mary fba Piacere und Vita mondana: Lena Spohn Tom fba Intelletto: Michael Seifferth Mike fba Tempo und Consiglio und Mondo: Conrad Schmitz Tony fba Corpo: Matías Bocchio Habakuk fba Eine Stimme aus dem Chor: Marius Schötz Joel fba Eine Stimme aus dem Chor/Eine verdammte Seele: Pascal Zurek INSTRUMENTALISTEN DES STUDIOS ALTE MUSIK Cembalo: Violette Rubiano-Stemmer Orgel: Anna Scholl Theorbe: Christian Kiss Klavier: Akino Nishizawa Blockflöte: Carolin Daub, Vladimir Soares Posaune: Max Eisenhut, Akiko Watanabe, Daniel Schmidt Violine: Judith Pfeiffer, Constanze Locher, Charlotte Veihelmann, Christine Ivanovic Viola: Friederike Kastl Violoncello: Delphine Henriet Kontrabass: Jeong Seon Jae Querflöte: Sabine Beisswenger, Helen Sanders Klarinette: Felix Behringer Fagott: Anzhelika Chernych Schlagzeug: Daniel Kartmann Musikalische Assistenz: Jan Croonenbroeck Korrepetition: Violette Rubiano-Stemmer, Anna Scholl, Akino Nishizawa Regieassistenz: Gabriele Lesch Kostüm- und Bühnenbildassistenz: Emilia Dubiel Technische Leitung: Christoph Sommer Licht: Chris Beckett Technik: Ralf Bayer Maske: Dieter Brenner Hospitanz: Franca Zirm Mitarbeit Organisation: Marius Schötz, Pascal Zurek 2« Künstlerische Projektleitung: Prof. Frank Wörner Künstlerische Gesamtleitung: Prof. Angelika Luz »3 DIE SCHÖNHEIT DES WANDELS Große Kunst ist immer eine kreative Auseinandersetzung mit Geschichte, nicht ein fundamentalistisches Nachbeten von Regeln. Das geistlose Befolgen von Regeln ist immer ein Zeichen von Angst und Mittelmäßigkeit, genauso wie der kindisch-pubertäre Bruch von Regeln als Selbstzweck. Regeln versuchen den »Geist« von Kunst, einen eigentlich unfassbaren Gehalt, in eine fassbare Form zu bringen, sie sind immer nur Wegweiser, immer nur Hinweistafeln. (Deshalb ist es auch so absurd zu sehen, wie diese Schilder verehrt werden). Regeln weisen eigentlich – in einem scheinbaren Paradox – einen Weg zur Freiheit. Der orthodoxe Fundamentalist ist derjenige, der mit der Tradition bricht, indem er versucht einen lebendigen Prozess zu einem bestimmten Zeitpunkt »einzufrieren«. Die Rappresentatione ist ein zutiefst ideologisches, wenn nicht gar propagandistisches Stück, aus einer Zeit großer geistiger Umbrüche, in der jedes Stückchen geistiger Freiheit mit Blut und Asche erkauft werden musste von einer herrschenden Religion, die meinte (und immer noch meint) im Besitz der einzig heilbringenden Wahrheit zu sein. Wie verhält Kunst sich heute dazu, in einer Zeit, die ebenso gespalten ist, in Fundamentalismus einerseits und die Erfahrung einer Wirklichkeit mit tausenden Fragen und keinen endgültigen Antworten? Kunst darf niemals in die Falle gehen, einer Ideologie einfach mit einer entgegengesetzten zu begegnen. Sie darf auch nicht zu einem Eskapismus in eine geordnete, geregelte und heile Welt werden. Sie muss, im Gegenteil, einen Geist des Fragens und des Suchens aufrechterhalten. Ihre Aufgabe kann es nicht sein, Antworten zu geben, sondern sie muss ganz im Gegenteil immer wieder aufs Neue Fragen stellen. Kunst kann und muss uns durch Fragen öffnen, sie darf unseren Geist nicht durch vermeintliche Lösungen schließen oder uns in einen dumpfen benebelnden Rausch forttragen. Kunst ist auch nicht Philosophie, sie stellt Fragen nicht in der Form rationaler Analyse. Sie kann uns aber ein intuitives Erleben eines Zustandes großer innerer Wachheit und Offenheit ermöglichen. In diesem Zustand des Fließens zu verbleiben und die Schönheit dieses beständigen Wandels erfahrbar zu machen – vielleicht ist das die wichtigste Rolle von Kunst in dieser heutigen Welt. Klaus Lang »5 6« »7 DIE FETTE SEELE. IM HAPPY CENTER An der Stuttgarter Neckarstraße, von der Samuel Beckett dem Stuttgartbesucher riet, sie nicht zu versäumen, da »der Anreiz des Nichts« dort nicht mehr das sei, »was er einmal war, weil man eben den sehr starken Verdacht hat, längst mitten darin zu sein«; inmitten dieses urbanen Nichts steht ein verlassenes Haus, vor dem Gebrauchtwagen hinter Bauzäunen abgestellt sind. Senkrecht von oben nach unten angebrachte Leuchtbuchstaben verheißen dem Passanten am Straßenrand Glückseligkeit: »Happy Center« steht auf der Fassade des leer stehenden Gebäudes im Nichts. Hier also ist das Glück untergekommen. größere Breitenwirkung erlangen.« Unter diesem Gesichtspunkt muss man auch Emilio de Cavalieris Rappresentatione betrachten, die im Heiligen Jahr 1600, von Papst Clemens VIII. als solches ausgerufen, als besonderes Highlight in Rom erstmals gezeigt wurde. Im Betsaal der Bruderschaft des Heiligen Filippo Neri traf das geistliche Spiel auf ein Publikum, das die in italienischer (und nicht in lateinischer) Sprache gehaltenen Andachten bereits seit langem sehr schätzte, und wo die im Mittelalter bekannte, volkstümliche »Lauda« – ein geistliches Lied mit recht einfacher Struktur und einprägsamen Inhalten – zu einer eigenen Form weiterentwickelt worden war. Was auch immer sich tatsächlich hinter der Fassade des Stuttgarter »Happy Center« abgespielt hat – es könnte der Schauplatz eines eigenartigen Geschehens sein, wie es sich in die fette seele von Klaus Lang und Alexander Charim ereignet. Die musikalische Vorlage und die Inszenierung nehmen beide auf vollkommen unterschiedliche Weise auf ein über vierhundert Jahre altes Werk Bezug, das als ein Schlüsselwerk der Musikgeschichte gilt: Emilio de Cavalieris Spiel von Seele und Körper. Mit historischem Abstand betrachtet, hat Cavalieris geistliches Spiel mit Oper weniger zu tun, als es mit der boomenden Ratgeberliteratur gemein hat, mit der sich sakral Sehnsüchtige, verzweifelte Sinnsucher, Glücksritter von der traurigen Gestalt und esoterische Athleten heute dem »pursuit of happiness« hingeben: dem in der amerikanischen Verfassung gar grundgesetzlich festgeschriebenen Streben nach Glückseligkeit. Der Weg zum Glück, den Cavalieri auf der Grundlage eines Librettos von Agostino Manni in didaktischen Wiederholungsschleifen vorführt, entspricht der Heilslehre der katholischen Kirche im Jahre 1600. Die Seele macht sich hierin nicht etwa breit, wie der Titel der Neufassung andeuten könnte, sie wird hier gefüttert, gemästet geradezu mit guten Ratschlägen und Versprechungen, während der Leib auf Diät gesetzt wird, um den Verführungen des weltlichen Lebens nicht auf den Leim zu gehen. In seinem imperativischen Gestus – »Du sollst Dein Leben ändern!« – erinnert Cavalieris geistliches Spiel an ein Trainingslager zur seelischen Wiederbewaffnung, an einen Hindernislauf für Gottsucherbanden mit Siegerehrung im Himmel. Cavalieri hatte sich als Komponist und Gelehrter bereits in seiner Zeit am Hof von Florenz an der Diskussion beteiligt, wie die antike Musik, insbesondere in ihrer theatralischen Ausformung, geklungen haben könnte. Wegweisend an seiner Rappresentatione wurde vor allen Dingen ihr neuer Deklamationsstil, das »recitar cantando«, das singende Sprechen, das den musikalischen Verlauf aus dem natürlichen Fluss der Sprache heraus entwickelte. Da die gedruckte Partitur zudem mit einem ausführlichen Vorwort versehen ist, das den innovativen Anspruch Cavalieris deutlich herausstreicht, wurde das Spiel von Seele und Körper zu einer wichtigen Quelle für die Musikkultur an der Epochenschwelle zum Barock, ein wesentliches Dokument aus der Entstehungszeit der Kunstform »Oper«, noch vor den ersten Meisterwerken eines Monteverdi. ERBAUUNG UND SPEKTAKEL Musik und geistliche Spiele übernahmen in Zeiten, in denen das sakrale und das profane Leben noch weniger voneinander getrennt waren als in unserer gegenwärtigen Gesellschaft, durchaus auch glaubenserzieherische Aufgaben: Die Scheidelinie zwischen geistlicher Meditation, geistiger Erbauung und unterhaltsamem Spektakel war, – gerade in der vorreformatorischen Zeit – fließend. »Wie im Mittelalter war im katholischen Europa die Kirche auch im Barockzeitalter die Kulturvermittlerin schlechthin, vor allem für die mittleren und unteren Schichten«, schreibt der Historiker Peter Hersche. »Einmal war praktisch das ganze Bildungswesen von unten bis oben von der Kirche getragen. Die großen künstlerischen und musikalischen Schöpfungen konnten außerhalb der Oberschichten nur durch die Kirche 8« Die Frage, ob es sich bei der Rappresentatione um eine Oper oder ein Oratorium handelt, ist wohl allenfalls noch für Musikwissenschaftler interessant – der Begriff der »Konzertoper«, den Egon Friedell ins Spiel gebracht hat, charakterisiert die Form treffend. Bei aller Mühe, die sich Cavalieri gegeben hat, die allegorischen Figuren aus der Vorlage Ernesto Mannis – die Hauptfiguren Seele und Körper, die Zeit, der Verstand, der gute Rat und der Schutzengel auf der einen, das Vergnügen, die Welt und das weltliche Leben auf der anderen Seite – mit echtem Leben zu füllen, stellt die schematische Gegenüberstellung von Gut und Böse, Himmel und Hölle, weltlichem und seelischem Leben für jede szenische Realisierung eine große Herausforderung dar. Das Ringen um die richtige Lebensweise zwischen Anima und Corpo, von dem der erste Akt geprägt wird, erfährt erst durch den verführerischen Auftritt des Vergnügens und seiner Gefährten im zweiten Akt dramatischen Konfliktstoff. Der zweite kulminiert in der Entkleidung der Welt und des Weltlichen Lebens, die unter der glänzenden Oberfläche ihre Vergänglichkeit offenbaren. Ein Moment, dessen szenische Darstellung im Vorwort ausführlich beschrieben wird, dem jedoch musikalisch keine weitergehende »Ausmalung« entspricht. Überhaupt erfordert eine Aufführung hinsichtlich der musikalischen Gestaltung größte Phantasie und Kenntnis, denn die Partitur besteht lediglich aus zwei Linien: der Melodie und dem (bezifferten) Generalbass. Wie Himmel und Hölle klingen, von denen der dritte Akt handelt, ist eine Entscheidung der Interpreten, die sich das instrumentale Dispositiv für jede Aufführung selbst zusammenstellen müssen. »9 ANALYSE UND ÜBERMALUNG Hier beginnt gleichsam der »kompositorische Akt«, der einer Aufführung von Cavalieris Rappresentatione immer innewohnt. In seiner Übermalung und Fortschreibung des Stückes hat der Komponist Klaus Lang in unterschiedlichen Graden in Cavalieris Vorlage eingegriffen. Zum einen hat er die originale Partitur stellenweise lediglich für das Instrumentalensemble ausgearbeitet und instrumentiert. Zum anderen hat Lang die originale Struktur an manchen Stellen übermalt, so dass Cavalieris Musik zwar noch erkennbar bleibt, jedoch wie von Schlieren und Schleiern umhüllt oder durch ein Sieb gefiltert. Ein dritter Pol von Langs Komposition ist die vollständige Übermalung der ursprünglichen Struktur, in der Cavalieris Vorlage vollkommen in seiner eigenen Musik aufgegangen ist. Klaus Lang hat sich sowohl als Organist wie auch als Komponist intensiv mit der Musikpraxis des Mittelalters und der Renaissance beschäftigt und macht die damals entwickelten Techniken auch in seinem eigenen Schaffen fruchtbar. Insbesondere ältere Stimmungssysteme, die seit Werckmeisters Erfindung des »wohltemperierten Klaviers« mit zwölf gleichschwebend gestimmten Tönen pro Oktave aus der Mode gekommen waren, macht sich Klaus Lang zunutze, um den Klang präziser komponieren zu können – mit reinen Harmonien, aber auch mit mikrotonalen Färbungen, die durch den Gebrauch der zu Cavalieris Zeit üblichen mitteltönigen Stimmung möglich werden. Man könnte Klaus Langs Kunst vielleicht am ehesten als »abstrakten Expressionismus« bezeichnen, mit der Betonung auf »abstrakt«, denn der Ausdruckswut, die im 19. Jahrhundert ihren Ursprung hat, hat er abgeschworen. Seine Musik ist auch insofern Neue Musik, als sie sämtliche Dogmen, wie sie auch die musikalische Avantgarde entwickelt hat, weit hinter sich lässt und Musik als einen Freiraum begreift, in dem Erkenntnis auf, im Wortsinne, irrationale Weise möglich wird. Mit Oper im traditionellen Sinne steht Klaus Lang nur insofern im Bunde, als sich ein Satz aus Richard Wagners Parsifal sich prägnant auf seine Musik münzen lässt: »Zum Raum wird hier die Zeit.« Langs Musik ist keine ausgedachte, sondern eine gefundene Musik, die eine geradezu natürliche Schönheit ausstrahlt. Oder sollte man eher sagen »naturgesetzliche« Schönheit? Denn sie bildet nichts ab, sie durchschaut die Dinge vielmehr bis auf den genetischen Code und lässt daraus »zweite Naturen« erwachsen, die meist in großer Langsamkeit die Schönheit der gefundenen Struktur vorführen. Klaus Lang ist ein post-epischer Erzähler. Sein Vorgehen bei der Neukomposition der nicht überlieferten Zwischenspiele zu Cavalieris Rappresentatione ist hierfür beispielhaft. Die Interludien beruhen ausschließlich auf einer präzisen harmonischen Analyse des Werks. Die hieraus abgeleiteten Proportionen und Strukturen wurden für ihn zum Ausgangspunkt seines Werks: Das erste Zwischenspiel ist in letzter Konsequenz eine gestauchte und diminuierte Spiegelung – oder wie man kompositionstechnisch sagen würde: ein »Krebs« – der Struktur des ersten Aktes. Mit Hilfe von Kompositionstechniken aus der Entstehungszeit der Rappresentatione hat sich Klaus Lang Cavalieri solchermaßen anverwandelt. Eine inhaltliche Analyse des Werks war für seine Instrumentierung maßgeblich. Die Auftritte der vier vorkommenden Gruppen – Vertretern des »Guten« (Tempo, Intelletto, Angelo Custode), des »Bösen« (Piacere, Mondo, Vita mondana), Seele und Körper – haben ihm zu einer algebraischen Formel verholfen, die er mit neuen Inhalten belegt hat. Bestimmte Instrumente repräsentieren auf diese Weise im Orchestersatz das Auftreten bestimmter Charaktere: Die sich in Verzierungen ergehenden Blockflöten 10 « » 11 stehen für »die Guten«, während »die Bösen« in Gestalt des Dulcians erklingen. Ihnen sind im Orchesterklang Fagott und Posaunen, als Begleitbass das Cembalo zugeordnet. Wenn die »Himmelsfiguren« singen, gehört ihnen die Orgel als basso continuo-Instrument. Als Instrumentalgruppe sind ihnen Flöten und Klarinette zugeordnet. Wenn Anima singt, spielen Schlagzeug und Klavier, außerdem Laute und Orgel als Continuo-Instrumente. Corpo hingegen wird von Laute und Cembalo begleitet, ihn stützt als »Orchesterklang« zudem der Chor. Die Chöre spielen bereits bei Cavalieri eine große Rolle. Auffällig ist, dass sie sich von der komplexen Polyphonie, die Madrigale und Motetten um 1600 weithin geprägt haben, deutlich abheben und – zugunsten der vom Trienter Konzil geforderten Textverständlichkeit – auf Homorhythmie setzen. Der tanzartige, überschäumende Charakter des »Sprechens mit einer Stimme« zeichnet die Vokalensembles in der Rappresentatione in erster Linie aus. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Chöre bei Klaus Lang. Sie sind alles andere als »ballabile« oder »sprachorientiert«, hier sind die Stimmen hochindividualisiert. In absteigenden Vokalisen entfalten sie ihren Klang, der jederzeit eingebettet sein soll in das Kontinuum aus Stimmen und Instrumenten. HOFFNUNG UND GEWALT Auf diese zunehmende Abstraktion der Musik reagiert Alexander Charim in seiner Inszenierung stets mit Konkretion. Er verortet das Geschehen an einem zeitgenössischen Nicht-Ort, der mehr von einer Autobahnkirche oder einem Seminarraum hat, als von einem Seelenlustkurort. Hier trifft sich eine Gruppe verlorener Menschen: die Prostituierte Christie, der frauensüchtige Tony, seine Ex-Freundin Lucy, die Business-Frau Eva, die fromme Angy, Mary, die in der Spiritualität einen neuen Kick sucht, der Gruppenguru Tom, sein Handlanger Mike, der Zivi Joel und der Novize Habakuk. Es gibt innerhalb der Inszenierung keine Trennung zwischen Soli und Chor, die Gesamtbesetzung des Vokalensembles wurde zum Ausgangspunkt für die Entwicklung der Bühnenfiguren. Von einer harmlosen, durch nicht ganz durchschaubare Rituale gesteuerten Zusammenkunft schaukelt sich die Gruppendynamik auf bis zum Exzess: von einer »prüden Orgie« über eine Prozession bis hin zu einer gewalttätigen Entladung und einem abschließenden Exorzismus. Solche transgressiven Momente erinnern nicht nur an die Mechanismen von Gewalt und Unterdrückung, mit denen auch heute noch Menschen in Sekten und Religionen diszipliniert werden; sie erinnern auch daran, dass – quasi zeitgleich zur Uraufführung der Rappresentatione – im Februar 1600 nur 500 m von Filippo Neris Oratorio entfernt, Giordano Bruno für seine vom Dogma abweichenden Ideen auf dem Scheiterhaufen sterben musste. Dazwischen gibt es in die fette seele jedoch auch Momente der Zärtlichkeit, in denen sich die Teilnehmer Halt und Nähe geben, in denen Intimität zwischen Unbekannten entsteht. Die Musik von Klaus Lang wird immer wieder zum Katalysator szenischer Radikalisierungen. Sie ist die Aufforderung, die heile Welt des Emilio de Cavalieri zu verlassen und sich in einen Raum zu begeben, wo Fragen an die Stellen von Antworten treten – oder wo sich Strukturen, die Halt zu geben versprechen, als fragwürdig erweisen. Einer der ersten markanten Einsätze der Musik von Klaus Lang ist just in jenem Moment, in dem Intelletto, alias Tom eine Antwort zu geben verspricht, was allein sein Sehnen stillen kann. Von »happiness« ist an dieser Stelle nicht mehr die Rede. Patrick Hahn 12 « » 13 Warum wollen Menschen heute wieder glauben? Was treibt Menschen heute zur Religion (oder, vielleicht zeitgemäßer, zur Spiritualität)? In welcher Situation suchen Menschen diesen Trost, diese »magischen Momente« die Spiritualität zu schenken vermag? Die Projektion ins Religiöse ersetzt das Fehlen von Antworten auf immer komplexer werdende Fragen, warum halten wir die fehlenden Antworten so schlecht aus? Der religiöse Ort stillt ein Bedürfnis nach Nähe, Sicherheit und Harmonie, die scheinbar viele in einer immer kälter werdenden Gesellschaft verzweifelt vermissen. Die Intimität mit Gott ersetzt die Entfremdungen in der Familie und den sozialen Bindungen. Der Glaube als Phänomen unserer Zeit steht im Mittelpunkt unserer musiktheatralen Untersuchung. Gleichzeitig wollen wir mit Cavalieris Stück die Frage stellen: Wie funktioniert religiöse Gewalt? Wie wird die Angst von Menschen missbraucht, um Gewalt anzuwenden? Wie gerinnt Glaube zur Ideologie und wie wird diese Ideologie durchgesetzt? Die neue Religiosität manifestiert sich in einer Fülle von Angeboten, die Grenzen von Esoterik zu Sektentum und Repression werden fließender. Vielleicht ist die Gruppe der Akteure auf der Bühne eine Sekte, vielleicht auch nur eine Selbsthilfegruppe, die langsam in sektenähnliche Strukturen abdriftet. Jeder trägt die Wunden seines Lebens mit sich herum. Jedes hier vorgetragene Bekenntnis ist nur die Fassade eines Traumas, einer Angst, einer Sehnsucht. Die Menschen auf der Bühne eint die Sehnsucht nach dem aseptischen einer solchen Zusammenkunft, nach Harmonie. Stuhlkreis, Familienaufstellung, Chorsingen, Prozessionen und Voodoo-artige Austreibungsrituale wechseln sich ab, erst kindlich-naiv, dann immer bedrohlicher werdend. Nach und nach zeichnen sich deutliche Machtstrukturen ab. Cavalieri zeigt Allegorien, die wir zu gebrochenen und fragilen Figuren formen. Diese neuen Figuren werden auf den Folien der Cavalieri-Allegorien aus erfundenem und dokumentarischem Material gemeinsam mit den Sängern entwickelt. Durch den Gegensatz zwischen dem artifiziellen Ton der Cavalieri-Musik und der Zeitgenossenschaft des Ortes ist den Figuren ihre Brüchigkeit bereits eingeschrieben. Alexander Charim 14 « » 15 LIBRETTO […] Text von Agostino Manni (1547-1618) Aus dem Italienischen auf der Grundlage von Übersetzungen durch Simone Priori und Serena Malcangi 7. Die Seele Ich will dieses Wasser nicht mehr trinken, weil dadurch mein brennender Durst noch stärker wird. s Lang über malt Einfach durchgestrichen = von Klau s Lang deckend über malt Zweifach durchgestrichen = von Klau […] = von Klau s Lang ausgesparte Teile ERSTER AKT ERSTE SZENE 1. Die Zeit Die Zeit die flieht, alles Leben geht zu Ende. Schon meine ich, sie zu hören, die letzte Trompete, sie ruft: Heraus aus dem Grab, verstreute Asche und Gebeine! Auch ihr, Seelen, steht auf, nehmt eure Körper zur Stunde; kommt, um die Wahrheit zu sagen, Ob es besser gewesen ist, der eitlen Welt zu dienen oder dem König des höchsten Himmels? Damit jeder weiß, die Augen öffnet und begreift, dass diese Leben ein Windhauch ist, verweht im Augenblick: Heute wird einer geboren, morgen stirbt er. Heute erscheint er, morgen verschwindet er. Es mache also jeder den Versuch, solange noch Zeit dazu ist, alles, was in der Welt ist, zu verlassen, auch wenn all das Ergötzen bringt. Mit Hand und Herz sei er bemüht, denn die Ehre ist die Frucht des guten Handelns. ZWEITE SZENE 2. Chor Dieses sterbliche Leben hat Flügel, um rasch zu fliehen. 16 « Es geht so eilig vorüber, weil es von Stürmen und Blitzen getrieben wird. Der Tag eilt schnell der Nacht entgegen, und auf einmal sind Sommer und Winter vorbei, von einem Moment in die Ewigkeit. Die Zeit, die nicht dauert, zermürbt uns, sie misst uns. Ach, wie in einem Augenblick der Himmel das Leben schenkt, und schon trägt der Wind es fort! Doch darf der Weise das Leben, das kurz ist, nicht hassen, weil uns eine geringe Zeit umso schneller zum ersehnten Hafen bringt. DRITTE SZENE 3. Der Verstand Jedes Herz liebt das Gute, keiner will in Kummer sein: Daher hört man tausend Wünsche und tausend Seufzer, und daher hört man überall Lachen und Trauer zusammen. Und ich, der das Wohlsein so liebe, rufe aus tiefstem Herzen: Ach, wer kann mein gieriges Verlangen stillen? Der Reichtum? Nein, nein, der vermag mich nicht zu sättigen. Die Ehre? Was bietet sie mir, wenn sie mich nicht begehrlicher macht? Die Lust? Was nützt sie mir schon, wenn sie erneuten Durst verschafft? Ich wünsche mir die einzige Sache, die allein mein Sehnen stillen kann: 8. Der Körper Nimm hin die Ehren der Welt, genieße sie hier so viel du willst, hier kannst du den Hunger stillen. 9. Die Seele Nein, nein, ich weiß doch aus Erfahrung, wie viel Gift und Galle sich im falschen Honig der Welt birgt. 10. Der Körper Seele, du bist schöner und lieblicher als alles andere: Finde Befriedigung bei dir selbst. 11. Die Seele Ich selbst habe mich nicht geschaffen: wie könnte ich dann in mir meine Gefühle befriedigen? 12. Der Körper Ach, was wird aus uns! Wenn du so widerwillig bist, werden wir hier immer weinend stehen? 13. Die Seele Das nicht, wenn du auf mich hörst, und wenn du mit mir zu höheren Zielen strebst. Erde, warum ziehst du mich immer abwärts zu dir? Folge jetzt meinem Willen, und dann werden wir beide in Gott ruhen. die Sinne überwältigen mich, mein Fleisch versucht mich, Die Ewigkeit erschreckt mich! Ich Elender, was soll ich tun? Werde ich mich ans Schlimmste klammern? Nein, nein, es ist nicht recht für ein trügerisches Gefallen, für mein kurzes Vergnügen den Himmel, das ewige Leben und Gott zu verlieren. Deshalb nun, meine Seele, gemeinsam mit dir werde ich mit Liebe suchen den Himmel, das ewige Leben und meinen Herrn. FÜNFTE SZENE 15. Chor Der huldvolle Himmel überschüttet und beschenkt uns unaufhörlich mit Gnade und Gunst, der große Herr öffnet die göttliche Hand und teilt seine Güte aus. Seelen, die ihr auf Erden die Gaben erhaltet, preist den Herrn, denn er ist gut. Sein Antlitz ist gütig, seine Stirn ist immer heiter, er sieht, hört und antwortet. Seine Hand ist barmherzig, sein Herz ist väterlich, er verbirgt die Irrtümer der anderen, er straft bedächtig und verzeiht schnell. Preist den Herrn, denn er ist gut. Orgel und Saitenspiel, Pauken, Zithern und Trompeten, bereitet ein Fest dem Herrn, Psalmen und Hymnen sollen sich in Harmonien vereinen und in lauten Klängen widerhallen. Jeder soll singen und im Einklang mit den Tönen sagen: Preist den Herrn, denn er ist gut. 14. Der Körper Ach, wer gibt mir einen Rat? Auf welchen von beiden soll ich mich stützen? Die Seele tröstet mich, » 17 ZWEITER AKT […] ZWEITE SZENE 17. Der gute Rat Unser Leben auf Erden ist nichts als Krieg; Erbitterte Feinde sind Tag und Nacht um uns herum, und mit List und Betrug bringen sie uns häufig zu Fall. Die Welt macht sich schön mit Spiegel und Schmuck schön; Das Fleisch verdeckt die Würmer des Verwesens durch böse Werke; und dieses Leben vergoldet auch noch seine Asche, deshalb soll der erwählte Soldat Stirn und Brust bewehren, den Brustpanzer anlegen und in den Kampf ziehen. Denn jeder Mensch, der sich Gott gegeben hat, muss versucht werden. Aber glücklich ist der, der seinen Feind angriff und gewann, denn für seine Treue erhält er im Himmel Zepter und Krone als Preis. DRITTE SZENE 18. Chor Wieviel Irrtum und Finsternis belasten den menschlichen Geist! Oh, in wieviel Abgründen liegen die Herzen, die immer wirr reden! Warum muss das Menschenherz zwischen Schlamm und Staub so gierig den Jubel suchen, der nur im Himmel zu finden ist? Schaut, ihr gierigen Geister die klaren Quellen des Himmels, und verlasst die trüben Gewässer der unreinen Welt. Welcher Zauber, welcher Reiz erdrückt euer Herz und bedrängt es, 18 « Gift als Nahrung zu nehmen und der Seele den Tod geben? […] 22. Die Lust und ihre Gefährten O Gesänge, o Lachen, o zärtliche Liebe, frische Wasser, weiche Wiesen, heitere Lüfte, edle Harmonien, die die Herzen erfreuen, Gastmähler und wohlschmeckende Speisen, zarte Gewänder und süße Düfte, Triumphzüge und Feste voll Fröhlichkeit, Vergnügen und Freude, Jubel und Lust, glücklich die Seele, die euch genießen kann. 23. Die Seele Ich glaub euch nicht, nein, nein, ich kenne eure Falschheit: All eure Dinge, die ergötzlich scheinen, sind am Ende alle bitter, glücklich die Seele, die auf all das verzichten kann. 24. Die Lust und ihre Gefährten Verjagt die trüben, traurigen und dunklen Gedanken, öffnet, öffnet die Seele der Lust und dem Vergnügen, öffnet, öffnet das Herz der Freude und der Liebe. Süßer Genuss, der die Brust erfreut, sanfte Glut, Freude des Herzens. 25. Die Seele Fort, fort ihr falschen Sirenen, voll von Betrug und Arglist, das Ziel eures Gesanges ist immer nur das Weinen. Alles Vergnügen ist kurz, aber was uns quälen kann, wird kein Ende haben. 26. Die Lust und ihre Gefährten Da euch nun unsere heitere Gesellschaft nicht gefällt, werden wir weiter ziehen, wo wir von anderen erwünscht sind: um Freude zu haben, werden sie zu Hunderten und Hunderten kommen. FÜNFTE SZENE (Der Körper und die Seele, Antwort aus dem Himmel) 27. Der Körper Ich weiß nicht, ob es gut war, Auf so viel Vergnügen zu verzichten, das auf der Welt ist. 28. Die Seele Ich will den Himmel, der niemals die Wahrheit verbirgt, befragen: Hören wir seine Antwort. Liebt der Weise die weltliche Lust oder flieht er sie? ... Er flieht sie! Was ist der Mensch, der sie vergeblich sucht? ... Ein Irrender! Wer gibt dem Herzen schmerzvoll den Tod? ... Das Vergnügen! Wie erhält das Leben, der das Leben ersehnt? ... Durch die Liebe! Liebt er die Schönheit der Welt oder Gott? ... Gott! Also der die Lust begehrt, er wird sterben, ist es wahr? ... Es ist wahr! Das also, was der Himmel sagte, mache ich mir ganz und gar zu eigen: Fliehe die eitle Lust und liebe den wahren Gott. SECHSTE SZENE 29. Der Schutzengel Stärkste aller Krieger, die ihr die stolzen Feinde vertrieben habt, der Herr hat mich hierher gesandt, um euch bei jedem harten Kampf die Herzen aufzumuntern. Ein weiterer Kampf bleibt noch, der mühsam und lästig ist, aber fürchtet nichts, denn ich bin für euch hierher gekommen, und in jedem harten Fall werde ich euch die Hand reichen. 30. Chor Manche bändigen die Bestien, andere triumphieren über die Hochmütigen, aber stärker als jeder Krieger ist der, der die verführerischen Sinne besiegt. SIEBENTE SZENE 31. Die Welt Ich bin die Welt, die Größe im Überfluss hat, und mit meinen wunderbaren Armen erreiche ich alles. Mir sind alle Schätze, all […] 36. Das weltliche Leben wart- […] viel- […] wa- […] verg- […] die […] –weiß […] wenn das Leben ver- […] 37. Der Schutzengel Nicht alles ist, wer […] –passt was […] lacht […] sei […] an […] ihr mit- […] wird? mit- […] wird? Seele, dem feurigen Feind […] 38. Die Seele Ich trage in mir das Bildnis des Königs, ich wurde als Abbild meines Schöpfers in Ehren geschaffen; was habe ich mit der Welt zu tun, die vergeht und in die Tiefe stürzt? » 19 39. Die Welt Bewundert doch mein Aussehen! Ich werde euch geben, was ich verspreche: Nehmt die schöne Gabe! Lebet froh und heiter! und seht, welch ein trauriges Schicksal es ist, zu umarmen, was euch zum Tod führt. 40. Die Seele Ich, der ich ewig währender Geist und Verstand bin, was habe ich mit dem Leben zu tun, das plötzlich vorüber ist? 48. Das weltliche Leben Weh mir, das will ich nicht! 41. Die Welt Du wirst es schon merken, wenn du dich weiter wehrst. 42. Der Schutzengel Diese unselige Böse ist flitterbedeckter Schlamm. Diese Falsche und Unzüchtige ist der Tod, der zu leben nur scheint. Jetzt sollen die Menschen kommen und sehen, was das Leben und die Welt sind: Entkleidet den Gottlosen und sieh, was dein Herz nicht glaubt. 43. Der Körper Lege ab diese Hülle, denn ich will dich sehen. 47. Der Schutzengel Entkleide auch diese! 49. Der Körper Weh, unseliges Schicksal! Ist also das Leben der Tod? Ist also das menschliche Leben nichts anderes, als der verkleidete Tod? 50. Der Schutzengel Da ihr nun den verborgenen Betrug entdeckt habt, mit verachtender Hand jagt beide weit weg. 45. Der Körper O, wie ist doch die ganze Welt armselig und hässlich! Ich erkenne dich gut an den Gewändern, Nie mehr, nie mehr betrügst du mich. 46. Chor O elende Liebende, die ihr der Welt eure Herzen schenkt, seht, wie niedrig ist, was euch so lieblich scheint, 53. Engel im Himmel, der sich öffnet Kommt in den Himmel, Auserwählte, Kommt, Gebenedeite, denn diese schönen Orte sind für euch über den Sternen geschaffen! 20 « NEUNTE SZENE 54. Chor (Ein Sänger) Nach kurzer Pein von der Hitze und dem Frost der Erde, die voll Unheil ist, selig in den Himmel zu ewigen Ehren aufsteigen zu können, ist das glückliche Schicksal der Sterblichen. Nach all den Prüfungen für den zerbrechlichen und suchenden Menschen, der aber ein Freund der Tugend ist, in die Höhe, wo unvergänglicher Reichtum wartet, emporzusteigen, ist das glückliche Schicksal der Sterblichen. Aus irdischen Abgründen, wo der Tod herrscht, durch Geschick zum höchsten ewigen Guten zu gelangen, das unvergleichbar ist, ist das glückliche Schicksal der Sterblichen. Das ewige Gute zu lieben, in den höchsten Himmel zu gelangen, dem Bösen der Welt zu entfliehen, ist das glückliche Schicksal der Sterblichen. 51. Der Körper und die Seele Fort, fort, trügerische Welt! Fort, fort, flüchtiges Leben! Gehet und suchet die Toren, deren Augen geblendet. Oh, wie viel Nebel und Schatten verdüstert die Augen der Sterblichen! ACHTE SZENE 52. Der Schutzengel Dem starken Sieger gebührt die Ehre, Die Ehre, die im Himmel bereitet wird, die Ehre, die beglückt, Ihr, die ihr im Krieg die Erde besiegt habt, wendet das Herz, das Antlitz und die Schritte zum Paradies. 44. Die Welt Weh! die Kräfte der Engel, wodurch zwingen sie mich? Verlasst nun die Erde, wo ewiger Krieg herrscht; steigt empor im glorreichen Flug, in den Himmel, wo Friede und Ruhe sind, wo man ohne jeden Schleier den König des Firmaments erblickt. » 21 DRITTER AKT ERSTE SZENE 55. Der Verstand Steigt empor in den Himmel, denn im Himmel sieht man Gott, ein reicher Lohn für das Herz. 56. Der gute Rat Flieht die Hölle, wo jedes Böse wohnt, wo die unsterbliche Schlange lebt. 57. Der Verstand Steigt empor in den Himmel, wo Gesänge man von Engeln und Heiligen hört. 58. Der gute Rat Flieht die Hölle, wo man die Stimmen der grausamen Engel hört. 59. Chor Der Steuermann flieht vor dem gefährlichen Sturm des Meeres, aber mehr noch zu fliehen ist vor dem Zorn und der Wut des Himmels. 60. Der Verstand Im Himmel herrscht immer Freude, im Himmel ist immer das Licht, das ewig leuchtende Licht. 61. Der gute Rat In der Hölle ist Schrecken, in der Hölle ist Schmerz, Finsternis und Entsetzen. 62. Der Verstand Im Himmel sind Reichtümer, im Himmel sich Schätze und ewige Ehren. 22 « 63. Der gute Rat In der Hölle sind allezeit Elend und Niedrigkeit, Schande und Armseligkeit. 64. Der Verstand Im Himmel sind Paläste aus goldenen Steinen, wunderbar gearbeitet. 65. Chor Andere suchen fortwährend die wertvollen Juwelen. Doch man sollte eher die seltenen Juwelen des Himmels suchen. 66. Der gute Rat In der Hölle sind Höhlen und Grotten, in denen die Nacht haust. 67. Der Verstand Im Himmel ist der Frühling, der das Paradies mit Blumen schmückt und mit ewigem Duft erfüllt. 68. Der gute Rat In der Tiefe ist Winter, der Schmutz, der Gestank, und abscheulicher Geruch. ZWEITE SZENE (Der gute Rat, verdammte Seelen, es öffnet sich der Höllenschlund; der Verstand , die Seele und der Körper) Der gute Rat Ihr, die ihr da unten seid, was quält euch am stärksten? Was ist in der Hölle? 69. Die verdammten Seelen (Eine einzelne Seele) Das Feuer, das ewige Feuer, greuliche, greuliche Sünden, für welche uns verdammt hat der höchste Richter zum Feuer, zum ewigen Feuer. […] 72. Die Seele der Verstand, der Körper, der gute Rat (Der Himmel ist offen) O großes Staunen! o schwerer Irrtum! Dass der sterbliche Mensch ein solches Elend, das ewig dauert, verblendet nicht achtet! VIERTE SZENE (Der gute Rat, verdammte Seelen, die Hölle öffnet sich wieder. Der Verstand, die Seele, der Körper; offener Himmel) 73. Der gute Rat Unglückliche Seelen, erhebet eure hochmütigen Stimmen, was traf euch für ein Geschick? 74. Die verdammten Seelen Tod, ewiger Tod hat uns als Schicksal getroffen! Der Tod, der nie stirbt, im Schmerz begraben; bitter, mühselig und schwer, ewiger, ewiger Tod. FÜNFTE SZENE (Der Verstand, selige Seelen im offenen Himmel, Chor, der gute Rat, die Seele und der Körper, die Hölle schließt sich wieder) […] 77. Chor O großes Staunen! o schwerer Irrtum! Dass der sterbliche Mensch ein solches Elend, das ewig dauert, verblendet nicht achtet! SECHSTE SZENE (Der gute Rat, verdammte Seelen; und Hölle öffnet sich. Der Verstand, die und der Körper; offener Himmel) 78. Der gute Rat Seelen, werden die Schmerzen und Qualen, die euch so sehr plagen, jemals enden? 79. Die verdammten Seelen Niemals, niemals, niemals! O ewiges Unglück, das nie endet, niemals, niemals, niemals! SIEBENTE SZENE (Der Verstand, selige Seelen; die Hölle schließt sich; der gute Rat, die Seele und der Körper) […] 82. Seele, Verstand, Körper, guter Rat Ein jeder tue nur Gutes, denn der Tod kommt schnell: jeder soll Gott, der sein Herr ist, lieben, er soll der trügerischen Welt entfliehen; und wenn er gefehlt hat soll er für seine Sünden mit reinem Glauben Gnade erbitten! Er soll gute Werke tun und sein Leben bessern, da die Ewigkeit nur von einem Augenblick abhängt. » 23 83. Die Seele und der Körper Wie der dürstende Hirsch zur ersehnten Quelle eilt, so ersehnen und wünschen wir, mit euch den steilen Weg zum Himmel zu steigen Doch singen wir erst miteinander Und loben den großen Herrn. ACHTE SZENE 84. Engel, selige Seelen, die Seele, der Körper, der Verstand, der gute Rat, gemeinsam. Ehre sei Gott dem Höchsten, Der in Ewigkeit lebt! Dem hohen und großen Herrn Sei immerwährender Ruhm. […] MATÍAS BOCCHIO (Bariton) geboren in La Pampa, Argentinien. Bachelor in Komposition in Córdoba. Derzeit Master-Studium Neue Musik/Gesang bei Frank Wörner an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Mit dem Studio für Stimmkunst und Neues Musiktheater nahm er an verschiedenen Projekten und Werkstattkonzerten teil. Als Gast Mitwirkung im Staatsopernchor Stuttgart. SIMONE EISELE (Mezzosopran) geboren in Leonberg. Studium der Gesangspädagogik bei Annette Koch in Münster, anschließend Master-Studium Operngesang bei Marga Schiml im Masterstudiengang Operngesang an der Hochschule für Musik Karlsruhe. 2011/12 Mitglied im Opernchor Bonn. Derzeit Master-Studium Neue Musik bei Angelika Luz an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. 2006 Gewinnerin des »Euregio Vocalistenconcours« in Terborg/Niederlande, 2011 Stipendiatin der Kammeroper Schloss Rheinsberg. Bühnenerfahrung sammelte sie bislang u. a. als Zigeunerbacchantin (L’abandon d’Ariane) an den Städtischen Bühnen Münster, als Kaisermutter (Des Kaisers neue Kleider) am Stadttheater Bielefeld und als Hermia (Midsummer Night‘s Dream) am Institut für Musiktheater Karlsruhe. CHRISTIE FINN (Sopran) geboren in Pennsylvania, USA. Studium an der Manhattan School of Music bei Lucy Shelton, an der Southern Methodist University (Dallas, Texas) bei Joan Heller. Derzeit MasterStudium Neue Musik/Gesang bei Frank Wörner an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Zweifache Gewinnerin des Interpretationspreises der Stockhausen-Kurse Kürten. Gründerin der experimentellen Kammermusikformationen NOISE-BRIDGE und Synchronous. Konzertauftritte u.a. mit dem Asko Schönberg Ensemble, dem VocaalLAB, dem Hezarfen Ensemble, der Ligeti Academy sowie mit verschiedenen Ensembles in New York. Außer in Produktionen des Studios für Stimmkunst und Neues Musiktheater sammelte sie u. a. Bühnenerfahrung in der Sitcom-Opera Happiness is the Problem und Sextuor: L’origine des Espèces von Georges Aperghis in New York. NATASHA LÓPEZ (Sopran) geboren in Südafrika. Diplomstudium der spanischen Philologie an der Universidad Complutense de Madrid. Gesangsstudium in Madrid und an der Hochschule für Musik Weimar, seit 2011 Master-Studium Neue Musik bei Angelika Luz und Frank Wörner an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Meisterkurse bei Vokalperformern wie Lauren Newton, David Stützel, Sigune von Osten und Donatienne Michel-Dansac, Jurij Vasiljev und Makedony Kiselev. Stipendiatin der »Fundación Caja Madrid«. Sammelte Bühnenerfahrung in Zusammenarbeit mit Dirigenten wie Giuliano Carella, Carlos Domínguez-Nieto, Wolfgang Katschner, Giancarlo de Lorenzo und Karsten Wiegand. Auftritte als Sängerin u. a. beim 2. Stuttgarter Klangbüro Festival für zeitgenössisches Musiktheater und experimentelle Musik, bei den Stockhausen Sommerkursen mit den Ensembles Forum Neue Vokalmusik und Ensemble Iberoamericano Weimar. ALESSIA HYUNKYUNG PARK (Sopran) geboren in Seoul, Südkorea. Gesangsstudium in Seoul und ab 2007 studierte sie an der Hochschule für Musik Weimar bei Siegfried Gohritz. Seit 2011 Master-Studium Neue Musik/Gesang bei Angelika Luz und Frank Wörner und ab 2013 Konzertexamen bei Angelika Luz an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Sie wirkte als Solistin bei den »Tagen Neue Musik« in Weimar und Lübeck mit. Weitere Konzerte sang sie in Rom, Seoul, München, Rostock und Stuttgart. Erste Bühnenerfahrung sammelte sie in Seoul als Zerlina (Don Giovanni) und 24 « » 25 Adele (Lelisir d’amore) sowie am Deutschen Nationaltheater Weimar in der Produktion Die Grille von Richard Ayres. Preise errang sie beim Internationalen Wettbewerb »Fata Morgana« in Italien und beim Wettbewerb für Stimmkunst und Neues Musiktheater der Stuttgarter Hochschule. MARIUS SCHÖTZ (Tenor) geboren in Weilburg/Hessen. 2010 bis 2012 Studium der Schulmusik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main, Klavier bei Axel Gremmelspacher und Gesang bei Henriette Meyer-Ravenstein. 2010 bis 2012 Studium der Komposition bei Claus Kühnl am Dr. Hoch’s Konservatorium. Seit 2012 Studium Bachelor Komposition bei Caspar Johannes Walter und Gesang bei Frank Wörner an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. MICHAEL SEIFFERTH (Tenor) geboren in Leipzig. Gesangsstudium an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig bei Friedemann Röhlig, am Institut für Musiktheater der Hochschule für Musik Karlsruhe sowie als Erasmus-Stipendiat bei Gianni Fabbrini in Florenz. Mehrfach Bundespreisträger des Wettbewerbs »Jugend musiziert«, ausgezeichnet mit dem Förderpreis der BW-Bank, erhielt Stipendien u. a. von »Live Music Now«, der »Yehudi Menuhin Stiftung« und des Freundeskreises der Hochschule für Musik Karlsruhe. Bühnenerfahrung sammelte er als Oronte (Alcina), Orest (Iphigenie auf Tauris), Jim Mahoney (Songspiel) und als Nanky-Poo (Mikado). An Opernhäusern ist er regelmäßiger Chorgast und in verschiedensten Formationen sammelte er Ensembleerfahrung. Michael Seifferth unterrichtet an der »Tonika« Musikschule Karlsruhe. CONRAD SCHMITZ (Bariton) geboren in Stuttgart. Studierte Schulmusik und Musiktheorie in Stuttgart. Ab 2007 Gesangsstudium bei Friedemann Röhlig, zunächst in Leipzig und dann an der Hochschule für Musik in Karlsruhe. Weiterführende Studien sowohl im Operngesang als auch in der Liedklasse bei Mitsuko Shirai und Hartmut Höll. Zusätzliche Impulse erhält er von Frank Wörner (Stuttgart) und Artur Korn (Wien). Meisterkurse bei Marlis Petersen, Julia Varady, Daniel Fueter und Wolfgang Rihm ergänzen seine Ausbildung. Zusammen mit der Pianistin Anna Graczykowska 2012 Finalist beim »Internationalen Wettbewerb Franz Schubert und die Musik der Moderne« in Graz. Er übernahm 2012 die Baritonpartie in der Uraufführung des Musiktheaters von Manos Tsangaris Vivarium - Reisen, Kochen, Zoo... unter Leitung von Rüdiger Bohn im Rahmen des Warschauer Herbstes. Conrad Schmitz ist auch als Chorleiter und Gesangspädagoge tätig. LENA SPOHN (Mezzosopran) geboren in Stuttgart. Studiert seit 2009 an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart Schulmusik, seit 2013 Gesang bei Bernhard Gärtner. Erste Auftrittserfahrung konnte die Mezzosopranistin im Rahmen einiger Projekte des Studios für Stimmkunst und Neues Musiktheater, als Solistin mit dem Freiburger Oratorienchor sowie im Extrachor der Staatsoper Stuttgart in Verdis Nabucco sammeln. PASCAL ZUREK (Bariton) geboren in Nordenham/Niedersachsen. Studierte Gesang an der Hochschule für Musik und Theater Rostock bei Heidrun Warczak und schloss mit einem Staatsexamen ab. Parallel erwarb er ein Diplom in Physik an der Universität Rostock. Derzeit Master-Student Neue Musik bei Frank Wörner an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Intensiv beschäftigt er sich auch mit skandinavischer Gesangsliteratur. Internationale Meisterkurse unter anderem bei Barbro Marklund-Petersone, Margreet Honig, Anders Eby und Lauren Newton. Er ist Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und erhielt den Projektpreis des Wettbewerbs »HMT Rostock Interdisziplinär 2013«. 26 « STUDIO FÜR STIMMKUNST UND NEUES MUSIKTHEATER AN DER STA ATLICHEN HOCHSCHULE FÜR MUSIK UND DARSTELLENDE KUNST Die Stadt, in der wir leben und arbeiten, ist wie kein anderer Ort prädestiniert für eine Institution, die den Mensch mit seiner Stimme im theatralischen Raum in den Mittelpunkt rückt und untersucht. Denn Stuttgart weist in seiner Geschichte nach 1945 eine außerordentliche Vielfalt an Entwicklungen Neuer Musik mit dem Schwerpunkt Stimme auf. Aufgrund der Ausstattung der Hochschule mit der einzigartigen Kombination des Lehrangebots von Neuer Vokalmusik, Gesang, Sprechkunst, Schauspiel, Opernschule und Figurentheater neben anderen Studiengängen, wie den Instrumentalfächern, dem Studio Neue Musik, dem Elektronischen Studio oder auch dem Studio Alte Musik können sich hier Künstlerinnen und Künstler quer durch die Fakultäten, Studierende und Dozenten jenseits aller Hierarchien gemeinsam an kreativen Prozessen beteiligen. Eine solche interaktive Entwicklung von Musik, Theater und Raum ist spannend, voller Energie und immer wieder überraschend. Mit dem Ziel Ausführende heranzubilden, die den komplexen Anforderungen Neuen Musiktheaters gewachsen sind, betreuen die Leiter des Studios, Prof. Angelika Luz und Prof. Frank Wörner, die Studiengänge Master und Konzertexamen Neue Musik/Gesang. Bernd Schmitt ergänzt das Team in den Bereichen Dramaturgie und Szene. Seit der Gründung des Studios für Stimmkunst und Neues Musiktheater 2011 entstanden in der Zusammenarbeit mit Galerien, Bibliotheken, Kirchen und Veranstaltern in Stuttgart und in der Region zahlreiche Programme, vom szenischen Lied über Musiktheater bis zur Performance. Nach der Musiktheaterproduktion 2012 »Die drei Tode des Narziss« mit fünf Uraufführungen im Wilhelmspalais und der zweiten Musiktheaterproduktion mit der Uraufführung »die fette seele« beim Kirchenmusikfestival in Schwäbisch Gmünd 2013 folgt im Januar 2014 das Lied-Projekt mit Szene und Figurentheater »Frauenliebe« mit Musik von Robert Schumann und Uraufführungen von Kompositionsstudierenden aus den kooperierenden Hochschulen Luzern, Salzburg und Stuttgart. Die Dramaturgie übernehmen Prof. Angelika Luz und Prof. Cornelis Witthoefft. Szene und Regie liegen in den Händen von Prof. Stephanie Rinke und Prof. Angelika Luz. Die Aufführungen finden im Kammermusiksaal der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst am 5. und 7. Januar 2014statt. Anschließend wird das Projekt auch in Luzern und Salzburg zu sehen sein. Die Produktion »Aventures | Spiel | Nouvelles Aventures« von Györgi Ligeti und Samuel Beckett in Kooperation mit der Musikhochschule Saarbrücken und tonArt Esslingen findet am 13. Februar 2014 in der Dieselstrasse in Esslingen statt. Die szenische Leitung übernimmt Prof. Frank Wörner. Die Anmeldungen von Teilnehmern aus allen Kontinenten für die jährlich stattfindenden Meisterkurse für Stimmkunst und Neues Musiktheater – im nächsten Jahr vom 17. bis 21. Februar 2014 – bestätigen das außergewöhnliche Profil dieser Studio-Einrichtung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. » 27 STUDIO ALTE MUSIK Das Studio Alte Musik wurde 2004 eingerichtet, um die Zusammenarbeit der Lehrenden und Studierenden im Bereich der historischen Aufführungspraxis zu fördern. In dieser »künstlerisch-wissenschaftlichen Einrichtung« arbeiten fachübergreifend Kolleginnen und Kollegen aus allen Fakultäten mit, die entsprechende Instrumente spielen und unterrichten, wie zum Beispiel historische Tasteninstrumente, Blockflöte, Traversflöte, Barock-Violine, Laute, Barock-Trompete und Barock-Posaune. Das Studio Alte Musik hat die Aufgabe, innerhalb der Hochschule mitzuhelfen bei der Organisation und Koordinierung zahlreicher Projekte, Initiativen und vor allem der Lehrveranstaltungen, die in den verschiedenen Studiengängen im Bereich der historischen Aufführungspraxis obligatorisch oder fakultativ angeboten werden. Das Studio Alte Musik verwaltet die zahlreichen, historischen besaiteten Tasteninstrumente der Hochschule. Es handelt sich um Kopien von ein- und zweimanualigen Cembali sowie drei Hammerklaviere und drei Clavichorde. Die Hochschule besitzt weitere Kopien historischer Blas- und Streichinstrumente, die den Studierenden zur Verfügung gestellt werden können. KOMPOSITION KLAUS LANG (Komponist) geboren 1971 in Graz. Studium von Komposition und Musiktheorie und Orgel an der Musikhochschule in Graz. Wichtige Lehrer: Hermann Markus Preßl, Beat Furrer, Younghi Pagh Paan. Erhielt Aufträge verschiedener internationaler Festivals: Steirischer Herbst Graz, Wien Modern, Eclat Stuttgart, Maerzmusik Berlin, Lucerne Festival, Wittener Tage für neue Kammermusik, New Music Festival Stockholm, Monday Evening Concerts Los Angeles, Biennale München, Takefu Festival Japan. Seine Werke werden aufgeführt durch Klangforum Wien, Arditti Quartet, Ensemble Intercontemporain, musikFabrik, OENM, SWR Vokalensemble, hr Sinfonieorchester, Tehran Symphony Orchestra. Musiktheaterarbeiten: stimme allein (Oper Bonn) königin ök (Oper Bonn) handschuh des immanuel (Hörtheater für den Aachener Dom) kirschblüten. ohr. (hebbeltheater berlin) die perser. (Theater Aachen) zwei etagen. keine treppe. (hebbel theater berlin) vom mond. (Landestheater Innsbruck 2007) kommander kobayashi - am ende. (Sophiensäle Berlin 2007) the moon in a moonless sky. (two.) (Philharmonie Luxemburg 2007) architektur des regens. (Biennale München) BUCH ASCHE. (Oper Bonn 2010). Konzerte als Organist mit alter, neuer und improvisierter Musik. CD-Aufnahmen mit Musik von Klaus Lang (Auswahl): trauermusiken (amras quartet) (edition-rz) die überwinterung der mollusken (klangforum wien) (edition-rz) missa beati pauperes spiritu (col legno) einfalt. stille. (edition-rz) the book of serenity. (klangforum wien) (kairos). Veröffentlichte zahlreiche Artikel für Zeitschriften (positionen, kunstmusik), einen Artikel für das Grove Musiklexikon und eine umfangreiche Arbeit über historische Stimmungssysteme. Seit 2006 Professur an der Musikuniversität Graz. 2008 Dozent für Komposition bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik. MUSIKALISCHE LEITUNG JOHANNES KNECHT (Dirigent) geboren in Speyer am Rhein. Studierte Musikund Literaturwissenschaften in Saarbrücken, später Violine, Klavier und Dirigieren in Mannheim und Köln. Neben solistischer und kammermusikalischer Tätigkeit war er Mitglied verschiedener renommierter Orchester. 1993 wurde er als Dirigent ans Stadttheater Pforzheim engagiert. Sein Weg als Kapellmeister führte ihn von Coburg über Wuppertal nach Stuttgart. Dort ist er seit 2012 erster Chordirektor beim vielfach ausgezeichneten Staatsopernchor. Gastengagements verbinden Johannes Knecht mit den Rundfunkchören des SWR, WDR und NDR, dem Rias Kammerchor, den Stuttgarter Philharmonikern, der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, dem Orchestra Filarmonica Italiana. Seit 2003 ist Johannes Knecht künstlerischer Leiter des Philharmonia Chores Stuttgart. Mit diesem Ensemble gastierte er bei nationalen und internationalen Festivals. CD-Aufnahmen dokumentieren seine Arbeit. Als Professor für Oratorienleitung und Vokalensemble an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart pflegt Johannes Knecht eine intensive Zusammenarbeit mit den dortigen Kompositionsklassen. Zahlreiche Uraufführungen sind unter seiner Leitung erklungen. 28 « » 29 REGIE ALEXANDER CHARIM, geboren 1981 in Wien. Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Wien. Regieassistent und Hospitant am Burgtheater Wien und an der Wiener Staatsoper, unter anderem bei Günter Krämer, David Pountney, Michael Sturminger, Luc Bondy und Peter Zadek. 2003-2007 Studium der Schauspielregie an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin. Stipendiat der Akademie Musiktheater Heute der Deutsche Bank Stiftung. Als freier Regisseur erarbeitete er u. a. Omeros/Combattimento nach Derek Walcott/Claudio Monteverdi für das Weimarer Kunstfest, Strudlhofstiege nach Heimito von Doderer am Schauspielhaus Wien, Rigoletto von Giuseppe Verdi am Schauspielhaus Graz (Finale Ring Award 2008), Romeo und Julia von Shakespeare am Badischen Staatstheater Karlsruhe, Lenz. Eine Deutschlandreise nach Büchner am Radialsystem Berlin, Orfeo – Love will tear us apart nach Claudio Monteverdi bei den Kunstfestspielen Hannover / Herrenhausen, 1.2.2.4.4 – eine Metapraxis nach Franz Kafka für Radialsystem Berlin/ Biennale Salzburg/operadhoy Festival Madrid, Die Jaffa-Orangen des Richard W. – ein israelisches Rheingold nach Richard Wagner, Amos Oz, David Grossmann und Claude Lanzmann für Radialsystem Berlin/Culturescapes Festival Basel/Theater Chur/ Operadagen Rotterdam, Il Barbiere di Siviglia von Gioacchino Rossini für die Staatsoper Hannover, Geometrie der Liebe nach Pier Paolo Pasolini für die Kunstfestspiele Hannover / Herrenhausen, Bismarckstrasse 35 – Konzertinstallation mit Musik von Helmut Lachenmann Deutsche Oper Berlin/Tischlerei, Così fan tutte an der Staatsoper Hannover, Winterreise von Elfriede Jelinek am Theater Osnabrück sowie Fidelio am Theater Aachen. BÜHNE UND KOSTÜME IVAN BAZAK, geboren 1980 in Kolomyja, Ukraine. Er studierte an der Nationalen Akademie der Bildenden Künste und Architektur Kiew sowie an der Kunstakademie Düsseldorf, wo er Meisterschüler bei Karl Kneidl war. Er war Artist in Residence bei der Stiftung BINZ-39 in Zürich, bei KulturKontakt Austria, bei Centro Cultural Andratx in Spanien, bei der Galeria Arsenal in Polen sowie Stipendiat des Goethe Instituts in St. Petersburg. Er verwirklichte Ausstellungen u.a. in der Ukraine, der Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, Israel und Kroatien. Zusammen mit Alexander Charim arbeitete er u.a. bereits bei den KunstFestSpielen Herrenhausen, an der Deutschen Oper Berlin sowie an der Staatsoper Hannover. DRMARTURGIE PATRICK HAHN, geboren 1980 in Zürich. Studierte Musikwissenschaften, Philosophie, Deutsche Literatur an der Universität zu Köln. Von 2004 bis 2011 Mitarbeiter des WDR. Zusammenarbeit als Dramaturg u. a. mit den Komponisten Mark André, Georges Aperghis, Manos Tsangaris, Stefano Gervasoni. Stipendiat der Akademie Musiktheater heute. 2010 Dramaturg des Festivals »Zukunftsmusik« der Kulturregion Stuttgart. Librettist der Musiktheater Die Versuchung des Heiligen Antonius sowie Limbus-Limbo. Seit der Spielzeit 2011/12 ist Patrick Hahn Dramaturg an der Oper Stuttgart. 2012 erhielt er den Reinhard-Schulz-Preis für zeitgenössische Musikpublizistik. 30 « KÜNSTLERISCHE PROJEKTLEITUNG FRANK WÖRNER (Professor für Gesang Musikhochschule Stuttgart) geboren in Esslingen am Neckar. Schulmusikstudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und Studium der Alten Musik an der Schola Cantorum Basiliensis in Basel/Schweiz. Hauptfach Renaissance-Laute, Gesang bei Kurt Widmer. Engagements an den Opernhäusern in Heidelberg, Braunschweig, Triest, Bologna, Salvador (Brasilien) und bei verschiedenen Opernfestspielen u. a. als Basilio, Figaro, Sarastro, Gurnemanz, Ferrando. Rege Konzerttätigkeit als Oratorien- und Liedsänger u. a. bei den Wiener Festwochen, Ars Musica Brüssel, Musique d´un siècle Genf, Musiktage Bad Urach. In den letzten Jahren gefragter Interpret Neuer Musik. Zusammenarbeit bei internationalen Festivals mit Ensemble Recherche Freiburg, KNM Berlin, Ensemble Contrechamps Genf, Ensemble Phoenix Basel, Klangforum Wien, Ensemble Modern, VocaalLab Amsterdam. 2001-2007 Lehrauftrag für Gesang an der PH Ludwigsburg, 2002-2011 Lehrauftrag für Gesang an der Stuttgarter Hochschule. Seit 2011 Dozent und stellvertretender Leiter im Studio für Stimmkunst und Neues Musiktheater der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Seit 2012 Professor für Gesang an der Hochschule für Musik Saar. Meisterkurse am Conservatoire national supérieure de Paris, in Boston (Harvard-University), an den Musikhochschulen in Graz, Bukarest, Riga, Basel, Hannover, Karlsruhe, in Warschau und Israel. KÜNSTLERISCHE GESAMTLEITUNG ANGELIKA LUZ (Leiterin Studio für Stimmkunst und neues Musiktheater) geboren in Ehingen/Donau Studierte Klavier und anschließend Gesang Sylvia Geszty an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart und studierte dort von 1981-83 das Opernfach. Preise errang sie beim Mozart-Wettbewerb Würzburg, beim VDKM-Wettbewerb Berlin und beim Internationalen Koloratur-Wettbewerb Stuttgart. Von 1983-86 war sie an der Oper der Stadt Köln und danach bis 1990 am Landestheater Salzburg engagiert. Mit der Partie der Konstanze (Entführung aus dem Serail), der Königin der Nacht (Die Zauberflöte) und der Rosalinde (Die Fledermaus) gastierte sie u. a. am Opernhaus Zürich, an der Staatsoper Hamburg, am Staatstheater Karlsruhe, am Nationaltheater Mannheim, an der Deutschen Oper Berlin, an der Volksoper Wien und am Smetana-Theater Prag. Mit der Teti in Jommelis Fetonte oder als Poppea in Monteverdis L´incoronazione erweiterte sie ihr Repertoire zur Alten Musik hin. 2003 war sie als Irma Vep in der Uraufführung von Fredrik Zeller bei den Schwetzinger Festspielen, 2004 in der Uraufführung von shadowtime von Brian Ferneyhough bei der Münchner Biennale, 2008 in Trilogia von Adriana Hölszky Beethovenhaus Bonn, 2010 in der Uraufführung Buch Asche. von Klaus Lang an der Oper Bonn zu hören. Mit den Neuen Vocalsolisten war sie bis 2006 verbunden und hat unzählige Werke uraufgeführt. Als Professorin betreut sie seit 2007 den Studiengang Master Neue Musik/Gesang. Seit 2011 leitet sie zudem das Studio für Stimmkunst und Neues Musiktheater. Als Jurorin wurde Angelika Luz mehrfach zu Wettbewerben eingeladen; ihr Fachwissen vermittelt sie international in Meisterklassen. IMPRESSUM Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart Urbanstr. 25 · 70182 Stuttgart · www.mh-stuttgart.de Rektorin: Dr. Regula Rapp · Kanzler: Albrecht Lang Redaktion: Patrick Hahn, Jörg R. Schmidt Gestaltung: Cathrin Rapp · büro petit Fotos: Oliver Röckle, Andreas Lange (30 unten), Johannes Schaugg (31 oben) Titelfoto: Oliver Röckle » 31 KONGRESS I 2 0 14 5 . B I S 8 . J U N KONGRESS FÜR STIMMKUNST UND NEUES MUSIK THEATER Künstlerische Gesamtleitung: Prof. Angelika Luz · Künstlerische Projektleitung: Prof. Frank Wörner Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Andreas Meyer, Christina Richter-Ibáñez Studio für Stimmkunst und Neues Musiktheater der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart in Kooperation mit Musik der Jahrhunderte, SWR, Akademie Schloss Solitude und Institut für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt Das gegenwärtige Musiktheater ist vielfältig. Der Kongress LOST & FOUND Stimme. Musik. Szene vom 5.-8. Juni 2014 möchte eine Bestandsaufnahme wagen, wobei er konkret nach der Stimme und ihrem Träger, also dem Darsteller oder der Darstellerin fragt. Er stellt kammermusikalische Formate in den Mittelpunkt: Formen, die aus Musik geboren sind und zu Theater werden, stehen neben Musik, deren Strukturen sich aus einem theatralischen Ansatz heraus entwickeln – sowohl konzertantes Theater als auch szenisches Konzert stellen uns vor besondere Aufgaben im Spiel mit unserer Wahrnehmung. Schlüsselwerke wie Aventures von György Ligeti, Mauricio Kagels Instrumentales Theater und Dieter Schnebels Kompositionen, die Vokalmusik von Adriana Hölszky oder Georges Aperghis, die Medien integrierende Kammermusik von Carola Bauckholt oder das von den Neuen Vocalsolisten praktizierte a-cappella-Musiktheater werden im Kongress vertreten sein. Das musikwissenschaftliche Symposium »Übergänge. Wege zur inszenierten Musik«, Vorträge und Komponistengespräche, Workshops und Medieninseln zeigen Entwicklungslinien der vergangenen fünfzig Jahre auf und weiten den Horizont mit Beiträgen zu neuer Stimmperformance und aktuellen Konzepten junger Komponisten im FacebookZeitalter. Von der Reflexion der Anfänge des neuen Musiktheaters in den 1960er Jahren und dem Eindruck der Arbeiten der jüngsten Komponistengeneration werden Impulse für Gegenwart und Zukunft ausgehen. 32 « WWW.MH-STUTTGART.DE