Fachkongress „Social Business“ Tagungsband 2013 www.ebusiness-lotse-nordost.de Herausgeber: eBusiness-Lotse NordOst c/o ATI Westmecklenburg GmbH Agentur für Technologietransfer und Innovationsförderung GmbH Geschäftsführerin: Steffi Groth Amtsgericht Schwerin, HRB 6729 Hagenower Str. 73 19061 Schwerin Telefon +49 (0) 385 / 39 93 770 Telefax +49 (0) 385 / 39 93 780 E-Mail: [email protected] ISBN 978-3-00-043454-9 1 Inhaltsverzeichnis: Social Business: Kundenorientierte Dienstleistung im Internet…………………………3 Zwei Fallbeispiele der MANDARIN Medien GmbH……………………………………..12 Wirtschaftlicher Mehrwert durch den Einsatz von Sprachtechnologien………………24 Social CRM – die Evolution des Kundenbeziehungsmanagements………………….33 Forschung und Entwicklung zu Assistenzsystemen und Big Data – Vorsprung durch Datensparsamkeit…………………………………………………………………………..41 Anomalienerkennung durch Analyse der körperlichen Aktivität……………………….56 Mobilität trotz Demenz als Ziel technischer Assistenzsysteme………………………..62 2 Social CRM – die Evolution des Kundenbeziehungsmanagements Einleitung Unternehmen stehen vor vielen Herausforderungen. Produkte und Dienstleistungen müssen konkurrenzfähig sein, Mitarbeiter sollen motiviert und loyal ihre Arbeit verrichten. Einkauf und Verkauf müssen synchron auf sich ständig ändernde Marktgegebenheiten reagieren. Besonders der globalisierte Markt und die Durchdringung der Gesellschaft mit sogenannten Web 2.0 Medien und sozialen Netzwerken stellt Unternehmen vor viele neue Herausforderungen, die bisher völlig unbekannt waren. Dieser Artikel zeigt auf, welche Herausforderungen Social Media an das Kundenbeziehungsmanagement (engl. Customer Relation Management, CRM) stellt und welche Möglichkeiten sich Unternehmen bieten, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Das Augenmerk liegt hier auf der Integration von Social Media in Kundenbeziehungsmanagement, mit dem Ziel für Unternehmen, dadurch nicht nur die Konkurrenz hinter sich zu lassen sondern auch Kunden zufriedener machen und somit eine langfristige Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden zu erzeugen. Zu Beginn zeigt der Artikel einen Überblick über die veränderten Kaufgewohnheiten moderner Konsumenten und daraus entstehenden Herausforderungen für Unternehmen. Um Social CRM für die Nutzung in Unternehmen zu qualifizieren und den Sinn einer intensiven Beschäftigung mit Social CRM zu darzustellen , werden verschiedene Chancen aufgezeigt, die sich ergeben, wenn ein Unternehmen Social Media in sein Kundenbeziehungsmanagement aufnimmt. Daneben werden typische Ansätze aufgezeigt, die Social CRM in die Unternehmensstrategie integrieren. Darauf folgt eine Darstellung verschiedener Unternehmensprozesse, die Unternehmensaktivitäten im Bereich Social CRM abbilden. Seitens der Unternehmens-IT werden aktuelle Fähigkeiten moderner Softwaresysteme vorgestellt. Der Artikel schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf zukünftige Themen im Bereich Social CRM. Kundenbeziehungsmanagement als Grundlage für den Erfolg des Unternehmens Customer Relationship Management könnte auch als Kundenpflege bezeichnet werden. Im Zuge der Einführung von CRM im Unternehmen richtet das Unternehmen seine Tätigkeiten auf seine Kunden aus [1]. Sowohl Unternehmensstrategie als auch Unternehmensprozesse und die unterstützende IT sind bei dieser Ausrichtung einbezogen. Ziel ist es, alle Unternehmensprozesse dahingehend zu optimieren, dass der Kunde im Mittelpunkt aller Aktivitäten steht. Dieses gilt besonders für solche Prozesse, die einen Customer-Touch-Point1 darstellen. So entstehen systematisch gestaltete Kundenbeziehungsprozesse, die zwei wesentliche Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Umgang mit dem Kunden bieten, ist dieser doch meist unstrukturiert und inkonsistent [1]. Zum einen fühlt sich ein Kunde besser wahrgenommen und zum anderen kann ein Unternehmen besser auf die Wünsche seiner Kunden reagieren. Diese beiden Benefits, die CRM einem Unternehmen bietet, sind eng verzahnt. Kundendaten verschiedenster Art treten an verschiedenen Orten im Unternehmen auf. In der Akquise sammeln auf den Verkauf geschulte Mitarbeiter die ersten Kontaktinformationen. Hier werden häufig auch die ersten weitergehenden Informationen über einen Kunden erhoben. Ohne CRM gelangen die 1 Unter Customer Touch Point verstehen wir die zahlreichen Kontaktpunkte von Kunden mit einem Unternehmen. 33 Informationen nur selten in andere Bereiche des Unternehmens. Das Unternehmen kann durch eine strukturierte Verteilung der Kundeninformationen über die Abteilungen hinweg einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz erlangen. Ist beispielsweise der Service über alle Aktivitäten des Vertriebs informiert, kann er einen eingehenden Kundenanruf mit Informationen unterfüttern, die er ohne die strukturierte Informationsverteilung nicht zur Verfügung hat. Das Unternehmen bekommt dadurch die Möglichkeit, Kunden bedarfsgerecht zu betreuen. Nutzt ein Unternehmen CRM, entsteht das Modell der strukturierten Verteilung von Kundeninformation, was zu einer umfangreicheren Sicht auf den Kunden führt. Diese Sicht wird als 360° - Sicht auf den Kunden [2] bezeichnet und kann maßgeschneidert an die Bedürfnisse der einzelnen Abteilungen angepasst werden. Dieses Vorgehen ist seit dem Entstehen von CRM zu einem Standard geworden. Seit Beginn der CRM - Ära sammeln Unternehmen ähnliche Daten über Kunden um diese besser betreuen zu können und Kundenwünsche besser erkennen und befriedigen zu können. Das Aufkommen von Social Media und im Besonderen die Entwicklung von Social Networks ändern einige wichtige Rahmenbedingungen für den Umgang mit Kunden [1]. Durch Social Media ändern sich nicht nur die Einkaufs und Informationsmuster von Kunden, auch die Beziehung zwischen Kunden und Unternehmen und die Erwartungshaltung der Kunden wandeln sich [3]. Social Media und Social Networks Social Media und die dazugehörigen Social Networks sind eines der Phänomene unserer Zeit, die Wissenschaftler als eine der wichtigsten Entwicklungen des Internetzeitalters bezeichnen. Vor Jahrmillionen entwickelten die Menschen Sprache, später Schrift und Buchdruck. Es folgten Radio, Fernsehen und Telefon. Mit Medien wie Büchern oder dem Radio war es erstmals möglich, eine 1 zu n Kommunikation über weite Strecken hin zu etablieren, was das massenhafte Verbreiten von Nachrichten ermöglichte. Ein Sender bediente viele Empfänger ohne jedoch direktes Feedback zu erhalten. Das Internet revolutioniert die Kommunikation zwischen Menschen ein weiteres Mal. Es ermöglicht dem Menschen sich der Welt mitzuteilen, und gleichzeitig Informationen aus der ganzen Welt zu beziehen. Quelle dieser Informationen sind nicht mehr nur Unterhaltungssender oder Konzerne, die Ihre Werbebotschaften propagieren. Heute entsteht durch das sogenannte Mitmach-Web ein stetig wachsender Informationsfluss, in den sich jeder Mensch einklinken kann. Egal ob er Informationen einspeisen oder beziehen möchte, der Informationsstrom des Web 2.0 ist das erste Medium, zu dem jeder Mensch als Sender und Empfänger ohne hohe Einstiegshürden Zugang erlangt [4]. Das Internet hält verschiedene Ausprägungen von Social Media für die Nutzer bereit. Zum einen gibt es Blogs und Dienste wie Picasa2 oder Youtube3, auf denen Nutzer Inhalte mit anderen Nutzern teilen. Zum Anderen gibt es Social Networks, mit denen sich Nutzer vernetzen und über Chatsysteme und Social-Streams kommunizieren. Beide Arten von Social Media beinhalten per Definition eine Unmenge von Inhalten, welche die Nutzer selbst produzieren. Dazu gehören Statusmeldungen, die vielleicht etwas über die Gemütslage oder eine Vorliebe verraten, Kommentare zu den verschiedensten Objekten und Umständen, hochgeladene Bilder oder auch die Mitteilung über den aktuellen Aufenthaltsort. Quelle dieser Informationen ist das menschliche Bedürfnis, sich der Welt mitzuteilen. Eine moderne Form des Handabdrucks, den Neandertaler an Höhlenwänden hinterließen. So erzeugte Inhalte sind es, die für Unternehmen interessant sind. 2 3 http://picasa.google.com www.youtube.com 34 Kunden früher - Kunden heute Eine Art von Dienst, die sich rasant im neuen Web 2.0 verbreitet hat, ist auf Bewertungsportalen zu finden. Portale, die Ihren Nutzern Informationen über die Qualität von Produkten bereitstellen, gibt es schon seit geraumer Zeit. Interessant sind solche Portale, in denen die Nutzer selbst die Quelle von Produkt- oder Dienstleistungsbewertungen sind. Nutzer eines solchen Portals stellen eigenständig Produktbewertungen und Produktrezensionen für andere Nutzer bereit. Eine Eigenart des Menschen ist es, mehr Vertrauen zu dem Gegenüber zu haben, mit dem er sich selbst identifiziert. Das Vertrauen zu Gleichrangigen, gleichartigen Personen ist signifikant. Es ist um ein Vielfaches höher, als das Vertrauen, welches Konsumenten Unternehmen entgegenbringen, die sie mit Werbebotschaften versorgen. An dieser Stelle erschließt sich die Macht und Bedeutung von Social Media. Inhalte, die ähnliche oder gleichartige Menschen produziert haben, erscheinen vertrauenswürdiger als jede Werbung. Inhalte auf Bewertungsportalen können daher ebenso zu einer Kaufentscheidung beitragen wie ein Kommentar zu einem Produkt auf Facebook. Heutige Kunden beziehen die kaufentscheidenden Informationen nicht mehr aus den Unternehmen selbst, sondern von Peers4, denen sie aufgrund von Gleichartigkeit vertrauen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie herkömmliche Werbestrategien überdenken müssen und neue Möglichkeiten für die Kommunikation von Werbung benötigen. Es gilt dem immer und überall bestens informierten Smart-Customer [5] gerecht zu werden. Durch den Umgang mit dem Smart-Customer entsteht eine der großen Herausforderungen, denen Unternehmen heute gegenüberstehen. Wer es an dieser Stelle schafft, sein Unternehmen auf die neuen Gegebenheiten anzupassen, macht auch den Smart-Customer zu einem eigenen Kunden. Hier kann Social CRM als eine Erweiterung von CRM unterstützen. So nutzen Unternehmen Social CRM Social CRM berücksichtigt die neuen Kommunikationsmechanismen, die der Kunde von heute benutzt. Es integriert Social Media in allen Facetten. Ziel ist es, die Informationen, die potentielle Kunden durch selbst produzierten Content oder anderen Spuren in Social Media und Social Networks hinterlassen, aufzubereiten. Sammelt ein Unternehmen solche Daten über seine Kunden, kann es eine umfangreiche Sicht auf den Kunden erzeugen. Diese erweiterte Sicht auf den Kunden beinhaltet nicht mehr nur die herkömmlichen Informationen wie beispielsweise das Alter, Geschlecht oder die Wohngegend. Heute ist es beispielsweise möglich, über spezielle Analyseverfahren aus Social Networks zu extrahieren, welche Vorlieben eine Person hat. Für die Vorbereitung von gezielter Werbung und die Beziehungspflege zwischen Unternehmen und Kunden sind solche Informationen nützlich. Social CRM stellt dabei jedoch keinen Ersatz für das bekannte CRM dar. Die Grundsätze des CRM bleiben erhalten. Der Kunde soll immer noch im Mittelpunkt aller Unternehmensaktivitäten stehen. Durch die Integration von Social Media in CRM erweitert sich jedoch der Zugriffsrahmen auf Informationen über Kunden um einen hohen Faktor [6]. Die bisher erhobenen Kundendaten werden im einfachsten Fall durch Informationen aus Social Networks und anderen Social Media Plattformen angereichert. Komplexere Integrationsstrategien analysieren beispielsweise Verhaltensweisen durch Data Mining5 auf Kommentaren und Aktivitäten, die potentiellen Kunden in Social Networks hinterlassen. Daraus leiten Unternehmen Vorlieben von potentiellen Kunden ab und nutzen dieses Wissen für maßgeschneiderte Werbung und Produktentwicklung. Nutzen Unternehmen Social CRM, qualifiziert sich Social Media zu einer Informationsquelle, die als Basis für Marketing, Forschung und Entwicklung dient. Die Integration von Social Media in CRM erweitert somit die Wissensbasis eines Unternehmens. Betrachtet man das Wissen eines Unternehmens als 4. Produktionsfaktor, zeigt Social CRM seinen Nutzen und Beitrag zur Wertschöpfung in Unternehmen. 4 Unter Peer ist eine gleichgestellte, ähnliche Person zu verstehen. Unter Data Mining versteht man das systematische Anwenden statistischer Methoden auf einem Datenbestand. Ziel ist es, neue Muster zu erkennen und neues Wissen aus den Daten zu extrahieren. 5 35 Eine weitere Methode, mit der Unternehmen Social Media in CRM integrieren können, nutzt die Kommunikationsmöglichkeiten, die Social Media bietet. Ein grundlegender Aspekt von Social Media ist die neue Art der Kommunikation, die Blogs, Micro Blogging Dienste, Social Networks und viele weitere Dienste anbieten. Allen Diensten gemein ist das hohe Maß an Interaktivität, das sie ermöglichen. Ein Unternehmen kann sich in Social Media durch Profile auf Social Networks oder Blogs ebenso wie ein privater Nutzer präsentieren. Das Unternehmen stellt Bilder von einer neuen Produktionsstätte oder dem letzten Betriebsausflug online. Es berichtet über neue Produkte, Aktionen und versucht über geeignete Kommunikation andere Nutzer zu involvieren. Sind Unternehmen und potentieller Kunde in Social Media verknüpft, z.B. über Facebook, platziert das Unternehmen seinen Output direkt in dem Social Network seiner Kunden [1]. Durch eine offene Verhaltensweise und geeignete Nutzung der neuen Kommunikationskanäle schafft ein Unternehmen eine Transparenz, die über herkömmliche Werbung und Imagekampagnen nicht realisierbar ist. Das Unternehmen zeigt seinen Kunden, wer hinter dem Unternehmen steht, wie das Unternehmen arbeitet, wie es lebt. Auf diese Art und Weise baut sich zwischen Unternehmen und potenziellen Kunden ein ähnliches Verhältnis auf, wie es zwischen zwei privaten Nutzern vorkommt, die in einem Social Network miteinander assoziiert sind. Ziel des Vorgehens ist es, über die Teilnahme an Social Media und die Integration in CRM Nutzer zu Freunden, Partnern oder Helfern zu machen. Dieses gelingt, wenn die Kommunikation zwischen Unternehmen und potentiellen Kunden zu einer engen Verbindung zwischen beiden Parteien führt. Die Kommunikationskanäle, die das Unternehmen nutzt, unterliegen dem Kontrollbereich des CRM und sind auf die Vorlieben der Zielgruppen ausgerichtet. Wie und welche Informationen das Unternehmen aus Social Media ziehen will und welche Kommunikationskanäle es für welche Art der Kommunikation mit dem Kunden nutzen möchte, entscheidet ein Unternehmen nach Anforderungslage und strategischer Ausrichtung. Konkrete Nutzungsmöglichkeiten von Social Media in CRM aus Abteilungssicht Wie auch herkömmliches CRM bietet Social CRM jeder Abteilung im Unternehmen unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten. Im Folgenden ist eine Auswahl von Methoden dargestellt, die Social CRM einigen Abteilungen eines Unternehmens bereitstellt. Forschung und Entwicklung - Erlangen von Hinweisen für Produktverbesserungen durch die Analyse von Social Media. - Innovationen durch Probleme, die Kunden mit Produkten oder Dienstleistungen haben und in Social Media schildern. Marketing - Erzeugen einer höheren Sichtbarkeit des Unternehmens durch pro - aktives Mitwirken in Social Media. - Möglichkeit, die Kommunikationskanäle zu bedienen, die der Kunde beherrscht und nutzt. - Maßgeschneiderte Werbung durch umfangreiche Sicht auf den Kunden. Service und Support - Kundenorientierte Wahl des Kommunikationskanals. - Offengelegte Kommunikation mit Kunden führt auch bei Problemfällen und Reklamationen zu einer vertrauensbildenden Maßnahme. 36 Abbildung 1: Übersicht über den Informationsfluss in Social CRM Verschiedene Abteilungen nutzen Social CRM auf unterschiedliche Art und Weise. Eine Übersicht über den Informationsfluss in Social CRM und die generelle Einbindung ist in Abbildung 1 dargestellt. Social CRM in der Unternehmensstrategie Holland [7] und Hippner [8] definieren CRM selbst als eine ganzheitliche Unternehmensstrategie, die den Kunden in den Mittelpunkt aller Unternehmensaktivitäten rückt. Durch die Integration von Social Media und CRM entsteht neben der erweiterten Informationssicht auf den Kunden auch die erweiterten Kommunikationskanäle. Besonders diese beiden Aspekte benötigen eine tiefergehende Betrachtung, soll durch die Nutzung von Social CRM ein langfristiger Erfolg entstehen. Social CRM ist als Teil von CRM zu sehen, und damit automatisch auch als Teil der gesamten Unternehmensstrategie. Ebenso wie das Unternehmen die übergeordnete Unternehmensstrategie entwickelt und Ziele definiert, muss es auch die Nutzung von Social CRM strategisch durchdringen, Ziele setzen und entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung von Social CRM an Strategie und deren Zielen ausrichten. Aus den konkreten Nutzungsmöglichkeiten von Social Media in CRM ergeben sich beispielhaft verschiedene Ziele einer Social CRM Strategie: 1. Sichtbarkeit des Unternehmens, Produkten oder Marken erhöhen. 2. Anreichern der Informationen über Kunden durch Kontaktdaten aus Social Media. 3. Höhere Kundenzufriedenheit bei Serviceanfragen. Grundlegende Strategien für die Integration von Social Media in CRM (entsprechend den gesetzten Zielen) 1. Erzeugen einer größeren Sichtbarkeit durch die pro aktive Teilnahme an Social Media Beispielhaft abgeleitete Maßnahmen: - Bereitstellen von Informationen über das Unternehmen, die für die Zielgruppen interessant sind. Beispielsweise als Timelinebeiträge auf Facebook. - Teilnahme an relevanten Diskussionen. Beispielsweise auf Blogs oder Bewertungsportalen. 2. Anreichern der Kundendaten durch die Analyse von Nutzerdaten in Social Media Beispielhaft abgeleitete Maßnahmen: - Bezug von Kontaktinformationen aus Social Network. Beispielsweise Adress-Import aus Xing. 37 - Data Mining in den Daten und Aktivitäten, die ein Nutzer in Social Media hinterlässt. Beispielsweise eine Vorlieben-Analyse auf den Beiträgen die ein Nutzer auf Twitter postet. 3. Steigerung der Kundenzufriedenheit bei Servicefällen durch das Aufsetzen eines Multi-KanalServicecenters Beispielhaft abgeleitete Maßnahmen: - Integration der durch die Kunden bevorzugten Social Media Kanäle in den Servicebereich des CRM. - Etablieren einer Policy6, die garantiert, dass Anfragen innerhalb einer definierten Zeit beantwortet werden. Ähnlich wie herkömmliches CRM unterliegt auch Social CRM einer kontinuierlichen Veränderung. Stetig ändern sich Rahmenbedingungen (z.B. Kommunikationskanäle) und nehmen direkten Einfluss auf die Nutzung von Social CRM. Auch Ziele, Maßnahmen und deren Wirkung bei den Kunden eines Unternehmens ändern sich mit der Zeit. Unternehmen erhalten gute Ergebnisse, wenn sie die Social CRM Strategie einerseits konsequent umsetzen, andererseits aber auch bereit sind, zu lernen und neue Erkenntnisse in Strategie und Umsetzung einfließen lassen. Häufig ist die Initiale Umsetzung noch nicht das Optimum. Hier hilft es, wenn ein Unternehmen die Umsetzung beobachtet und die Ergebnisse in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess einfließen. Social CRM - Prozesse Neben den herkömmlichen CRM - Prozessen erzeugt die Integration von Social Media in CRM weitere Prozesse, die spezifisch für dieses Themengebiet sind. Grundlegend ist der generelle Ablauf, den Social CRM forciert, um Kundenbeziehungen zu verbessern. Ausgehend von den Inhalten, die ein Unternehmen im Rahmen von Social CRM in Social Media einspeist, wird ein Ablauf in Gang gesetzt, der zu Konversationen mit den Zielgruppen führt. Bestenfalls ergeben sich aus diesen Konversationen zwischen Unternehmen und Kunden neue Beziehungen zwischen Unternehmen und Individuen der Zielgruppen. Freunde Inhalte Konversationen Partner Gute Kundenbeziehung Unterstützer Abbildung 2: wie Inhalte in Social Media zu guten Kundenbeziehungen führen Beispiele von Social CRM - Geschäftsprozessen finden sich im Marketing ebenso wie im Servicebereich. Aber auch in weiteren Unternehmensbereichen finden sich Prozesse, die eng mit Social CRM verknüpft sind. Grundsätzlich sind diese Prozesse neben den Kerngeschäftsprozessen auch die Managementprozesse und Unterstützungsprozesse eingebunden. Beispielhaft wird im Folgenden ein Prozess aus den Bereichen Marketing gezeigt. 6 Eine Policy beschreibt eine Unternehmensrichtlinie. 38 Durchführung einer Multichannel-Kampagne (Marketingprozess) Der Marketingbereich im CRM eignet sich ideal, um Empfängergruppen so zu strukturieren, dass Marketingmittel möglichst exakt die individuellen Bedürfnisse von Konsumenten treffen. Herkömmliches CRM benötigt oftmals eine manuelle Pflege der Kundendaten, anhand derer die Marketingabteilung Kunden für eine Kampagne auswählt. Inhaltliche Vorbereitung der Markeingkampagne Auswahl der Empfänger anhand von Bedürfnissanalysen Individuelle Auswahl der Kommunikationskanäle pro Empfänger Verteilung der Werbemittel über die individuell gewählten Kanäle Sammeln und Auswerten der Kunden-Reaktionen Abbildung 3: Beispielhafter Ablaufprozess einer Marketingkampagne die duch Social CRM gesteuert wird Der Unterschied zu einer herkömmlichen Marketingkampagne besteht in der Auswahl der Empfänger und der damit zusammenhängenden Wahl der Kommunikationskanäle. Einerseits können die Empfänger auf der Datenbasis, die durch Social CRM bereitsteht, exakter beschrieben und ausgewählt werden, andererseits kann die Marketingabteilung die Werbemittel über genau die Kanäle verteilen, die jeder Empfänger individuell bevorzugt. Die Erfolgschancen sind im Vergleich zu einer herkömmlichen Kampagne höher einzustufen. Ebenfalls kann das Marketing den Impact einer Kampagne direkt aus dem CRM heraus in Social Media beobachten. Mittel der Wahl ist an dieser Stelle Social Media Monitoring7 und Data Mining. Social CRM - Integration in modernen Softwarelösungen Erst IT macht CRM in vollem Umfang nutzbar. Gleiches gilt für die Integration von Social Media in CRM. Auf der einen Seite existiert die Vielzahl von Diensten, die Social Media bereitstellen. Hierzu gehören unter anderem Facebook, Twitter8, Xing9 und Youtube. Diese Plattformen bieten den Nutzern Raum zum Austausch und beinhalten die Informationen, die CRM integrieren kann. Auf der anderen Seite existieren CRM - Systeme, die abteilungsübergreifend die oben beschriebene Sicht auf den Kunden erzeugen. Social CRM steckt auf IT-Seite noch in den Kinderschuhen. Die Hersteller beginnen mit der Integration von Facebook und Twitter. Einfache Mechanismen ergänzen einen Kundendatensatz im CRM - System mit den letzten Aktivitäten, die der Kunde beispielsweise auf Facebook oder Twitter durchgeführt hat. Als Resultat stehen die letzten Status-Nachrichten oder Tweets direkt im Kundenprofil im CRM Systems bereit. Weitergehend analysieren einige Hersteller bereits Millionen von Nachrichten in Social Media, um die allgemeine Meinung einer Zielgruppe zu einem Produkt oder einem Unternehmen zu extrahieren. Fazit und Ausblick Besonders kleine und mittlere Unternehmen können einen Nutzen aus der Verbindung von Social Media und Kundenbeziehungsmanagement ziehen. Durch einfache Tools ist es möglich, mehr Wissen 7 Social Media Monitoring beobachtet Social Media und analysiert das Auftreten von vorher definierten Begriffen und Mustern über den zeitlichen Verlauf. 8 www.twitter.com 9 www.xing.de 39 über Kunden zu erlangen und Kampagnen exakter auf die Zielgruppe zuzuschneiden. Auch die Kommunikation mit den Kunden wird durch Social CRM einfacher und lässt sich leichter auf die Kundenbedürfnisse abstimmen. Durch eine entsprechende Strategie kann ein Unternehmen zu einem Partner des Kunden werden, und muss nicht länger der misstrauisch betrachtete Hersteller oder Dienstleister bleiben. Die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunde pflegt das Unternehmen in einem CRM System, das auf die Strategie des Unternehmens ausgelegt ist. Viele kleine und mittlere Unternehmen haben bereits die ersten Schritte getan, um Social Media zu bedienen und aktiv Kundenbeziehungen über Social CRM zu pflegen. Große Unternehmen sind hier jedoch in der Vorreiterstellung. So betreibt beispielsweise die Telekom erfolgreich eine Supportline über Twitter und Facebook. Durch den Erfolg des Projekts senkt die Telekom die Supportkosten und erzeugt gleichzeitig zufriedenere Kunden. Seitens der Forschung gibt es verschiedene Bestrebungen, die besonders auf die Analyse von Daten und Verbindungen innerhalb von Kundennetzwerken abzielen. Die Forscher versprechen sich eine noch exaktere Sicht auf den Kunden, seine Vorlieben und Informationen über Einflussfaktoren. In Anbetracht aktueller politischer Diskussionen und Themen ist davon auszugehen, dass auch Datenschutz und der Schutz von Privatsphäre zunehmende Beachtung als Forschungs- und Diskussionsthemen erfahren. Autor Dipl.- Inf. (FH) Julius Hoyer, M.Sc. ist Mitarbeiter der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule Osnabrück. Er füllt im Rahmen des BMWi geförderten eKompetenz-Netzwerk für Unternehmen die Position des eBusiness-Lotsen aus und unterstützt Unternehmen bei Fragestellungen rund um eBusiness, Kundenbeziehungsmanagement und Wissensmanagement. Herr Hoyer hat Medieninformatik (Dipl.-Inf. FH) und verteile und mobile Anwendungen (M.Sc.) an der Hochschule Osnabrück studiert und ist seit 2009 im Rahmen von verschiedenen Projekten für die Hochschule als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Der eBusiness-Lotse Osnabrück adressiert mit seinem Angebot die rund 80.000 Unternehmen des Wirtschaftsraums Osnabrück und der angrenzenden Landkreise. Folgende Partner stellen das Konsortium des eBusiness-Lotse Osnabrück: Universität Osnabrück, Fachgebiet Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik (IMWI) und Fachgebiet BWL/Management Support und Wirtschaftsinformatik (MSWI), Fakultät Wirtschaft und Sozialwissenschaften, Fachgruppe Quantitative Methoden & Informatik (QMI-WINFO) sowie die ecoservice - Agentur für eBusiness und eCommerce. Koordinator des Konsortiums ist die Science to Business GmbH der Hochschule Osnabrück. Darüber hinaus arbeitet der eBusiness-Lotse Osnabrück eng mit der WFO Wirtschaftsförderung Osnabrück GmbH, der WIGOS Wirtschaftsförderungsgesellschaft Osnabrücker Land mbH, der IHK Osnabrück-Emsland und der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland zusammen. Außerdem ist der eBusiness-Lotse Osnabrück Partner im Cluster Nord des eKompetenz-Netzwerks des BMWiFörderschwerpunkts Mittelstand-Digital. Besondere inhaltliche Schwerpunkte setzt der eBusiness-Lotse Osnabrück in den Bereichen ProzessOptimierung, Business-Intelligence, Kundenbeziehungsmanagement und Wissensmanagement. 40