für, dass über- gewichtige Kin

Werbung
f e atu r e
Freitag, 24. Jänner 2014
medianet – 5
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© Alpen-Adria-Universität/J. Puch
R a l f T e r lu t t e r
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
www.uni-klu.ac.at
kamen auch amerikanische Forscher der University of Missouri
– Kansas City, die verglichen, wie
Schulkinder mit zu hohem und mit
gesundem Körpergewicht auf Marken-Logos reagieren.
Alexandra Binder
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Prozent der Kinder sind
übergewichtig, neun Prozent leiden an Adipositas. Das dickste Kind aus 146 untersuchten hatte 108,92 kg. Diesen
alarmierenden Zahlen einer erst im
November 2013 veröffentlichten
Präventionsstudie, die vier Wiener
Schulen inkludierte, stehen daran
nicht ganz unschuldige lustige
Gesellen gegenüber: Haribobär
Thomas Gottschalk etwa, der Kinderpinguin oder die M&Ms – um
nur einige der kindlichen Werbeikonen zu nennen. Zwischen 20.000
und 40.000 Werbespots sehen Kinder laut der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung pro Jahr im Fernsehen. In der Hälfte davon werden zuckerhaltige Limonaden, Süßwaren
und Salzgebäck beworben.
Das ist deshalb besonders tragisch, weil die neue Wiener Studie
auch aufzeigt, dass nur 25 Prozent
der befragten Kinder gut über Ernährung informiert sind, zehn
Prozent fallen sogar durch extrem
mangelhaftes Wissen auf. Diese
Kinder glauben beispielsweise,
dass nur die Menge, nicht aber die
Qualität des Essens ihr Gewicht
beeinflusst. Insofern überrascht es
auch nicht mehr, dass 26 Prozent
der Kinder angeben, nie Gemüse
zu essen. International sieht es
nicht besser aus: In Europa sind
16 bis 22 Prozent der Jungen und
­Mädchen übergewichtig, vier bis
sechs Prozent sind fettleibig. Und
die WHO ging 2012 von rund 170
Mio. übergewichtigen Kindern
weltweit aus.
Wie Werbung auf Dicke wirkt
Dass die Werbung Einfluss auf
das Ernährungsverhalten von
Kindern hat, ist inzwischen unumstritten. Eine britische Studie
führte bereits im Jahr 2007 vor,
dass Kinder nach einschlägigen
Werbespots doppelt so viel Süßigkeiten und Snacks aßen als nach
einer Vergleichswerbung.
Jason Herford und seine Kollegen von der University of Liverpool
ließen 60 Kinder zwischen neun
Stichwort Hirnaktivität
Um kognitive
Dissonanz zu
vermeiden,
entwickeln
jene Kinder,
die gern ungesundes ­Essen
konsumieren,
ein höheres
­Risiko, weniger
skeptisch auf
in der Werbung
angepriesene
Lebens­mittel
zu blicken.“
und elf Jahren entweder Werbespots für Nahrungsmittel oder
Spielzeug anschauen, auf die ein
Cartoon folgte. Den Kindern standen dabei unbegrenzte Mengen an
Leckereien zur Verfügung – von
Schokolade bis zu Gummibärchen.
Allerdings, und damit sind wir
beim Thema: Es gab Unterschiede
zwischen normal- und übergewichtigen Kindern. Während sich normalgewichtige Kinder 84 Prozent
mehr einverleibten, waren es bei
den übergewichtigen 101 Prozent,
bei den adipösen sogar 134 Prozent
mehr. Abgesehen davon war auch
die Auswahl der Leckereien nicht
die gleiche. Die Normalgewichtigen
griffen durchaus auch zu weniger
fetten Süßigkeiten wie Gummibärchen, die schwer adipösen hingegen fast ausschließlich zu fettreicher Schokolade. Ob Süßigkeiten
oder Fast-Food-Produkte: Dass
Werbung für bekannte Marken
von Lebensmitteln übergewichtige
Kinder offenbar besonders stark
anspricht – zu dieser Erkenntnis
„Wir wollten wissen“, erläutert
die Forscherin Amanda S. Bruce,
„ob sich die Gehirnaktivitäten angesichts von Marken-Logos von
Nahrungsmitteln bei übergewichtigen und normalgewichtigen Kindern unterscheiden.“ Um das zu
eruieren, zeigte sie 10- bis 14-Jährigen – je zehn übergewichtigen
und zehn normalgewichtigen Kids
– 60 bekannte Marken-Logos von
Lebensmitteln, etwa Fast-FoodKetten, und 60 Logos von anderen
Produkten wie etwa Sportmarken.
Gleichzeitig wurde mit funktioneller Magnetresonanztherapie die
Hirnaktivität analysiert. Und siehe da, es zeigten sich gravierende
Unterschiede. Bei den Übergewichtigen stellten die Forscher höhere
Aktivitäten in jenen Hirnregionen
fest, die mit Belohnung verbunden
sind, allerdings nicht typischerweise mit Essen zusammenhängen.
Die Hirnaktivität von Normalgewichtigen spielte sich in Arealen
ab, die mit bewusster Kontrolle
und Selbstbeherrschung in Verbindung gebracht werden. Für Bruce
ist klar: „Diese Studie liefert vorläufige Beweise dafür, dass übergewichtige Kinder anfälliger für die
Effekte von Nahrungsmittel-Werbung sein könnten.“ Sie plädiert
dafür, die Fähigkeit zur Selbstbeherrschung zu fördern, wenn es um
erfolgreiches Abnehmen gehe.
Ralf Terlutter von der Abteilung
für Marketing und Internationales
Management der Universität Klagenfurt dürften all diese Erkenntnisse nicht wirklich fremd sein.
Er veröffentlichte zusammen mit
Julia Spielvogel nämlich kürzlich
ebenfalls eine Studie zum Thema.
Und die sagt kurz gefasst Folgendes aus: Gewicht, Körperwahrnehmung, Selbstbewusstsein und
Ernährungsgewohnheiten spielen eine Rolle dabei, wie Kinder
mit Werbung für Nahrungsmittel
umgehen. Für Terlutter lautet der
nächste logische Schritt daher:
Übergewichtige Kinder brauchen
Training, um ihre Medienkompetenz beim Konsum von Werbung
zu erhöhen.
„Advertising Literacy“
In diesem Zusammenhang
kommt das noch nicht ganz gängige Schlagwort „Advertising
Literacy“ ins Spiel. Darunter versteht man die Fähigkeit, Werbung
zu erkennen, einzuordnen und zu
verstehen. Erwerben Kinder diese
Kompetenzen in ihrer kindlichen
Entwicklung, dann werden aus ihnen informierte und kompetente
Konsumenten.
Unsere Studie
liefert vorläufige Beweise dafür, dass übergewichtige Kinder anfälliger
für die Effekte
von Nahrungsmittelwerbung
sein könnten.“
Amanda S. B ruce
University of Missouri
http://missouri.edu
Neu ist die wissenschaftliche
Beschäftigung mit diesem Thema
nicht: De facto beschäftigten sich
bereits jede Menge internationale
Studien in den letzten Jahrzehnten
mit der Entwicklung dieser Fähigkeit, wie Terlutter bestätigt: „In
den letzten 40 Jahren wurde am
häufigsten das Alter der Kinder
als entscheidender Faktor dafür
angenommen“, sagt er. Doch es
hätten sich immer wieder große
Differenzen innerhalb einer Altersgruppe gezeigt. Deshalb habe man
für die aktuelle Untersuchung den
Einfluss von Körpergewicht und
Körperwahrnehmung sowie von
Ernährungsgewohnheiten als Kriterien herangezogen.
Trainingsmaßnahmen
Für ihre Studie haben Spielvogel und Terlutter in drei österreichischen Volksschulen insgesamt 249 Interviews mit Kindern
zwischen sieben und elf Jahren
geführt. Und sie sind dabei zu
Erkenntnissen gekommen, die
nachdenklich machen sollten.
„Eine der zentralen Erkenntnisse
ist, dass das kindliche Selbstbewusstsein, das teilweise durch
den Body-Mass-Index und die Körperwahrnehmung bestimmt wird,
auch die ‚Advertising Literacy‘ beeinflusst“, so Terlutter. Gleichzeitig
konnte die kritische Haltung gegenüber Nahrungsmitteln als anderer
Einflussfaktor identifiziert werden.
Und dann passiert laut Terlutter
Folgendes: „Um kognitive Dissonanz zu vermeiden, entwickeln jene
Kinder, die gern ungesundes Essen
konsumieren, ein höheres Risiko,
weniger skeptisch auf in der Werbung angepriesene Lebensmittel
zu blicken.“ Dem Dilemma, sagen
die Autoren, könne man mit zusätzlichem Training entgegentreten. Die Kinder müssten lernen,
ihre Medienkompetenz beim Konsum von Werbung zu erhöhen.
Das betreffe insbesondere den so
wichtigen Bereich der Ernährung.
Die Eltern bleiben allerdings auch
nicht ungeschont.
Denn die Studie zeigt noch eines
ganz klar: den großen Einfluss der
Haltung der Eltern gegenüber den
beworbenen Lebensmitteln auf die
Sichtweise der Kinder. Eltern sind
aber nicht nur bei der Ernährung
Vorbilder, sondern auch bei der
„Advertising Literacy“, deren Entwicklung sie maßgebend prägen
können, wie Terlutter betont.
noch dicker?
Übergewichts-Problem Werbespots, die das Kinderprogramm
flankieren, stehen schon lange unter Verdacht, verantwortlich für die
Übergewichts-Epidemie unter Kids zu sein, die um sich greift. Jetzt
warnen Forscher der Universität Klagenfurt: Ohnehin schon dicken
Kindern fehlt offenbar die sogenannte Advertising Literacy, also die
Fähigkeit, Werbung zu erkennen, einzuordnen und zu verstehen.
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