Virales Marketing

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Teresa Sengschmid
Virales Marketing
Bachelorarbeit
am Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung
an der Wirtschaftsuniversität Wien
Betreuer: a. o. Univ. Prof. Dr. Helmut Kurz
Wien, im September 2009
1
Inhaltsverzeichnis
3
4
1
Einleitung und Problemstellung
3
2
Virales Marketing
4
2.1 Begriffsdefinition Virales Marketing
4
2.2 Begriffsabgrenzungen
5
2.2.1 Mundpropaganda und Mundpropaganda-Marketing
5
2.2.2 Kundenempfehlungen und Empfehlungsmarketing
6
2.3 Entwicklung des viralen Marketings
7
2.4 Formen des viralen Marketings
9
2.4.1 Aktives virales Marketing
9
2.4.2 Passives virales Marketing
9
Gerüchte als Marketinginstrument
10
3.1 Definition
10
3.2 Gerüchte als Medium
11
Planung und Umsetzung einer viralen Kampagne
14
4.1 Kernbestandteile
14
4.1.1 Kampagnengut
14
4.1.2 Rahmenbedingungen
16
4.1.3 Weiterempfehlungsanreize
16
4.1.4 „Seeding“
18
4.2 Ziele und Zielgruppen
19
4.3 Verbreitung
20
4.3.1 Wirte im viralen Marketing
20
4.3.2 Überträger des Marketingvirus
21
4.4 Erfolgsmessung
5
24
4.4.1 Quantitative Erfolgsmessung
26
4.4.2 Qualitative Erfolgsmessung
27
Fallstudien
28
5.1 Der Horst Schlämmer-Blog
28
5.2 Hotmail
31
5.3. ElfYourself
33
5.4 Snowglobe
35
6
Resümee
37
7
Literaturverzeichnis
39
2
1
EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT
„Virales Marketing“ – (k)eine Krankheit?
Seit einigen Jahren schon ist in Marketingkreisen immer wieder die Rede von viralem
Marketing. Was ist überhaupt virales Marketing? Welche Arten gibt es? Wie
funktioniert eine virale Kampagne und wie lässt sich ihr Erfolg messen? Wie wird sich
virales Marketing in Zukunft entwickeln?
Ziel dieser Arbeit ist es, Antworten auf all diese Fragen zu liefern.
Am Beginn der Arbeit soll der Begriff „Virales Marketing“ genau definiert und von
verwandten Disziplinen abgegrenzt werden, danach wird ein kurzer Einblick in die
relativ kurze Geschichte des viralen Marketings gegeben.
In einem kleinen Exkurs beschäftigt sich die Arbeit auch kurz mit dem Thema
Gerüchte, was man überhaupt darunter versteht und wie man sie im Marketing
nützen kann.
Im nächsten Kapitel wird dann erklärt, wie eine virale Kampagne funktioniert. Dabei
wird konkret auf die Kernbestandteile einer Kampagne, das Kampagnengut, die
Rahmenbedingungen, Weiterempfehlungsanreize und das so genannte Seeding
eingegangen. Die Arbeit soll in weiterer Folge auch die Faktoren darstellen, mit
denen beispielsweise Unternehmen den Erfolg einer viralen Kampagne messen
können.
Zum besseren Verständnis und zur weiteren Vertiefung werden am Ende der Arbeit
vier kurze Praxisbeispiele vorgestellt.
Ganz zu Schluss soll neben einem kurzen Fazit auch auf zukünftige Entwicklungen
des viralen Marketings eingegangen werden.
3
2
VIRALES MARKETING
2.1 Begriffsdefinition „Virales Marketing“
Unter viralem Marketing versteht man gemäß Langner das gezielte Auslösen und
Kontrollieren von Mund-zu-Mund-Propaganda zum Zwecke der Vermarktung von
Unternehmen und deren Leistungen. (Langner 2005, S. 25)
Der ursprünglich aus der Medizin stammende Term „viral“, spielt auf die Fähigkeit
von Viren an, sich als besonders kleiner Krankheitserreger mittels Wirtszellen selbst
rasch vermehren zu können. (Frey 2002, S. 234)
„Wie ein Virus sollen sich Informationen über ein Produkt oder eine Dienstleistung
innerhalb kürzester Zeit von Mensch zu Mensch übertragen“. (Langner 2005, S.25)
Virales Marketing bedient sich dabei Forschungsergebnissen verschiedenster
Wirtschaftszweige, wie etwa der Psychologie, der Sozialwissenschaften oder der
Evolutionstheorie.
Die
dadurch
gewonnenen
Erfahrungen
werden
in
die
unternehmerische Praxis integriert. In den letzten Jahren entstand folglich eine Fülle
an Strategien und Taktiken zur Planung, Durchführung und Kontrolle von
Marketingaktivitäten, die gezielt „soziale Epidemien“ auslösen. (Langner 2005, S. 25)
Eine Bedingung für erfolgreiches virales Marketing ist das Zugrundeliegen einer WinWin- Situation. Die zu transportierende Botschaft muss den Kunden soweit
ansprechen, dass er sie auch an seine Freunde weiterleitet.
Folglich funktioniert virales Marketing nur, wenn beide Parteien von der Kampagne
profitieren und sich keiner übervorteilt fühlt. (Langner 2005, S. 27)
Justin Kirby betont die enge Verknüpfung von viralem Marketing und dem Internet:
„ (…) viral marketing is any marketing activity that accelerates and amplifies word of
mouth in the digital domain. “ (Kirby 2006, S. 88)
Langner setzt dem entgegen, dass virales Marketing prinzipiell nicht an ein
bestimmtes Medium gebunden ist und dass virales Marketing auch offline
durchführbar ist. Das Internet hat aber den großen Vorteil, dass eine kritische Masse
schnell und effektiv erreicht werden kann. (Langner 2005, S. 29f.)
4
Dass virales Marketing auch offline möglich ist, beweist die Tatsache, dass es zum
Teil spezielle Agenturen gibt, die sich auf virale Offline- Kampagnen spezialisieren.
Hierzu werden eigene „Markenanwälte“ rekrutiert, deren Aufgabe es ist, möglichst
viele Personen von einem Produkt zu überzeugen. Vorteil dieser „OfflineMethode“ ist zum einen die leichte Steuerbarkeit der Markenanwälte, zum anderen
gelten persönliche Markenempfehlungen glaubwürdiger als medial verbreitete. Da
man damit aber nur wenige Kunden und die auch nur zu relativ hohen Kosten
erreicht, setzt man hauptsächlich auf Online-Kampagnen. (Weiss 2008)
Röthlingshöfer findet es auch erwähnenswert, dass das, was als Virales Marketing
bezeichnet wird, oftmals nur virale Werbung ist.
(Röthlingshöfer 2008, S.36)
2.2 Begriffsabgrenzungen
2.2.1 Mundpropaganda und Mundpropaganda-Marketing
„Mundpropaganda ist jegliche Kommunikation zwischen Individuen über Produkte,
Dienstleistungen, Marken, die ohne kommerzielles Interesse geschieht. Sie ist nicht
notwendigerweise an mündliche oder schriftliche Äußerungen gebunden. Die
Teilnehmer an der Mundpropaganda können Informationen auch mit Bildern, Videos
oder durch jede andere Kommunikationsform übertragen.“ (Röthlingshofer 2008, S.
27)
In
weiterer
Folge
definiert
Röthlingshofer
Mundpropaganda-Marketing
als
Querschnittsaufgabe mit dem Ziel, positive Gespräche über das Unternehmen zu
maximieren und negative Gespräche zu minimieren. Dazu werden alle klassischen
Elemente des Marketings, also die Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik
und Distributionspolitik herangezogen und so gestaltet, dass sie ihren Beitrag zu
einer positiven Mundpropaganda leisten. (Röthlingshofer 2008, S. 30-31)
Mundpropaganda-Marketing folgt laut Schüller dem Ziel, Aktivitäten so zu steuern,
dass in den jeweiligen Zielgruppen möglichst positiv über ein Unternehmen, bzw.
dessen Produkte und Marken gesprochen wird. Die Aktionen gehen dabei mehr in
5
die Breite und sind eher kurzfristig orientiert. Man spricht auch häufig vom C2C
(Consumer to Consumer) – Marketing.
(Schüller 2008, S.27)
2.2.2 Kundenempfehlungen und Empfehlungsmarketing
„Eine
Empfehlung
impliziert
über
die
reine
Kommunikation
hinaus
einen
einflussnehmenden Handlungshinweis, sei er positiver oder negativer Natur, dem in
den meisten Fällen eine eigene Erfahrung mit dem Angebot vorausgeht. (…) Dabei
wird in der Regel ein nicht kommerzielles Interesse des Empfehlers unterstellt. Das
macht ihn glaub- und vertrauenswürdig.“ (Schüller 2008, S. 27)
Das Ziel von Empfehlungsmarketing ist es bei möglichst vielen Kunden
Empfehlungen auszulösen umso neue Kunden zu gewinnen und in weiterer Folge
die Umsätze zu steigern. Da dies nicht nur das Ziel einer einzelnen Abteilung, z.B.
Marketing& Sales, sein kann, ist Empfehlungsmarketing eher langfristig orientiert und
geht mehr in die Tiefe. (Schüller 2008, S. 27)
Häufig werden Mundpropaganda und Empfehlungsmarketing synonym verwendet.
Natürlich handelt es sich bei Empfehlungen um Mundpropaganda, dennoch
unterscheiden sich die beiden Ansätze insofern, da sich Mundpropaganda Marketing mit allen Aspekten der Kommunikation zwischen den Verbrauchern
beschäftig, Empfehlungsmarketing aber auf die Mundpropaganda, die von bereits
bestehenden Kunden ausgeht, beschränkt ist.
(Röthlingshofer 2008, S. 27-28)
6
2.3 Entwicklung des viralen Marketings
Erstmals wurde der Begriff virales Marketing 1989 in einem Artikel des „PC User
Magazin“ verwendet. Dabei ging es um die Einführung des Macintosh SE.
“At Ernst& Whinney, when Macgregor initially put Macintosh SEs up against a set of
Compaqs, the staff almost unanimously voted with their feet as long waiting lists
developed for use of the Macintoshes. The Compaqs were all but idle. John Bownes
of City Bank confirmed this. “It’s viral marketing. You get one or two and they spread
throughout the company.” (Carrigan 1989)
Virales
Marketing
bedeutete
zunächst
also
“Streuung”
mit
dem
Ziel,
Nachahmereffekte zu generieren.
1996 verglich der Harvard Professor Jeffrey Rayport in einem Artikel des USamerikanischen Wirtschaftsmagazins Fast Company Marketingprogramme mit Viren.
“When it comes to getting a message out with little time, minimal budgets, and
maximum effect, nothing on earth beats a virus.” (Rayport 1996)
Der Artikel behandelt das Problem von Werbeleuten in Zeiten, in denen Werbung
immer lauter, schriller und teurer wird, die Verbraucher zu erreichen. Als Lösung
nennt er Virus Marketing, „denn Viren überwinden das Immunsystem, sie infizieren
den Verbraucher unbemerkt und ungewollt und entfalten nach einer gewissen
Inkubationszeit ihre Wirkung.“ (Röthlingshofer 2008, S. 33)
Eine weitere frühe Verwendung des Terms „Virales Marketing“ findet man auch in
Zusammenhang mit dem gratis E-Mail Provider Hotmail, dem es durch simples
Anhängen einer kurzen Eigenwerbung an jede via Hotmail versandte E-Mail gelang
binnen 18 Monaten einen Kundenstock von 12 Millionen aufzubauen.
(Kirby 2006, S. 89)
Als frühe Anwender von viralem Marketing gelten auch Budweiser und John West
Salmon, die eine besonders lustige Werbung vor ihrer eigentlichen Verwendung in
anderen Medien zunächst (unabsichtlich) ins Internet stellten. Durch den „Hauch von
Exklusivität“ der diesen Kampagnen innewohnte, kam es zu einer besonders raschen
Verbreitung und die Werbungen waren bereits vor ihrer Ausstrahlung im TV Klassiker.
(Kirby 2006, S. 90)
7
Auch wenn es der Biermarke und dem Dosenfischerzeuger gelang, große
Bekanntheit zu erlangen, waren die Kampagnen doch eher „glückliche Zufälle“ als
sorgfältig geplantes virales Marketing. (Kirby 2006, S.90)
Da Customer Relationship-Management als äußerst kostspieliges und schwieriges
Unterfangen galt und die Internetuser zunehmend „immun“ gegen normale
Internetwerbung wurden, galt Virales Marketing in den frühen 2000er Jahren als
„magisches Wundermittel“ um Kunden zu gewinnen.
(Kirby 2006, S. 90)
Zu Beginn wurde virales Marketing hauptsächlich als eigenständige Strategie
gesehen und man konzentrierte sich mit wechselndem Erfolg auf die Produktion von
kreativem Material. Mit zunehmenden Mengen an viralen Kampagnen wurde es
entsprechend schwieriger, aus der Masse herauszustechen.
(Kirby 2006, S.90)
Heute setzen Anwender von viralem Marketing laut Röthlingshofer auf folgende
Arbeitsschwerpunkte:
•
Virales Marketing konzentriert sich auf die vom Unternehmen geschaffenen
Werbebotschaften; Gespräche von Konsument über das Unternehmen, bzw.
dessen Produkte und Marken werden außer Acht gelassen.
•
Die Verbreitung der Botschaften soll explosionsartig vor sich gehen. Virales
Marketing beschäftigt sich also mit der Erforschung besonders ansteckender
und sich rasch verbreitender Werbebotschaften.
•
Ob das Interesse von Sendern und Empfängern von kommerzieller Natur ist,
ist völlig zweitrangig.
(Röthlingshofer 2008, S. 34)
8
2.4 Formen des viralen Marketings
Je nach Rolle des Konsumenten im Empfehlungsprozess lässt sich virales Marketing
in zwei Varianten unterteilen. Ist der Konsument in erheblichen Umfang in die
Marketingaktivität
eingebunden,
spricht
man
vom
aktiven,
beziehungsweise
hochintegrativen viralen Marketing.
Ist aber Aktivität nur im geringeren Maße gefragt, so spricht man vom passiven oder
geringintegrativen viralen Marketing.
2.4.1 Aktives, bzw. hochintegratives virales Marketing
„Die
aktive
Variante
des
Viral
Marketing
stellt
die
natürliche
Form
der
Weiterempfehlung dar. Hierbei wird der Konsument selbst aktiv und empfiehlt einer
anderen Person eine bestimmte Leistung.“ (Langner 2005, S. 28)
Als Beispiel für hochintegratives virales Marketing nennt Golias ICQ, einen der ersten
„Instantmessenger“. Der User muss bei seinen Freunden und Bekannten aktiv
Überzeugungsarbeit leisten, damit sich diese die ICQ-Software herunterladen. Denn
je mehr Freunde ICQ nutzen, desto nützlicher wird der Service. Weiters wird auch
Amazon von Golias als hochintegratives virales Marketing genannt. Als so genanntes
„Referenz“-Programm obliegt es dem Besitzer einer Homepage, ob er einen Link von
Amazon installiert oder nicht. Für jeden weitergeleiteten Nutzer gibt es dann einen
kleinen Bonus. (Golias 2002)
2.4.2 Passives, bzw. geringintegratives virales Marketing
Weit weniger Aufwand seitens des Nutzers ist bei der passiven Form des viralen
Marketings von Nöten. Allein durch die Nutzung eines Angebots verbreitet der
Konsument Informationen über dieses.
Kostenlose E-Mail Provider, wie Hotmail oder GMX, die an jede E-Mail eine kurze
Eigenwerbung anhängen (zB. „Kostenlose E-Mail-Adresse gibt es bei GMX.de“)
betreiben passives virales Marketing, da der Nutzer mit jedem versandten E-Mail
Empfehlungsarbeit leistet ohne dabei selbst aktiv zu sein.
(Langner 2005, S. 29)
9
3
GERÜCHTE
3.1 Definition
„Gerüchte durchziehen die Gesellschaft und prägen die soziale Wirklichkeit. Durch
sie und um sie herum bilden sich Gruppen, die sie weitergeben, aufbauen und
verändern. Sie füllen die Löcher der Kommunikation, sichern den sozialen
Zusammenhalt, die Abgrenzung zu den anderen und zur Macht, verleihen dem
Unbekannten, Unverständlichen und Geheimnisvollen Sinn. Gerüchte können in die
Wirklichkeit eingreifen, (…), zum Sturz von Politikern, zu geschäftlichen Einbußen,
(…) und manchmal auch zu Kriegen führen, wenn sie über eine lokale Ausbreitung
hinausgehen
und
eine
ganze
Gesellschaft
erfassen.“
(Rötzer
1996
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2042/1.html,15.7.2009)
Jean-Noël Kapferer definiert Gerüchte als nicht nachprüfbare Neuigkeiten, die
innerhalb einer Gruppe zirkulieren. Die Annahme, dass das Gerücht wahr sei, dient
dabei als Antriebsfeder, sobald sich die Geschichte später als unwahr entpuppt, wird
sie unwichtig und gemäß dem französischen Forscher nicht mehr weitertransportiert
und in Folge inexistent.
(Kapferer 1995, http://www.nzzfolio.ch/www/d80bd71b-b264-4db4-afd0277884b93470/showarticle/509f4cf0-8aed-4cfc-bde6-97cf632b44df.aspx, 15.7.2009)
Dank des Internets ist es heutzutage möglich, Nachrichten und Gerüchte mit
rasender Geschwindigkeit global zu verbreiten. Der Cyberspace ist laut Gundolf
Freyermuth
zu
einem
zentralen
Tummelplatz
für
Verfolgungs-
und
Verschwörungswahnsinnige geworden und somit idealer Nährboden für Gerüchte.
(Freyermuth G., in http://www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2042/2.html, 15.7)
Eng im Zusammenhang mit Gerüchten stehen Urban Legends, bzw. moderne
Mythen oder Sagen.
Charakteristisch für Urban Legends sind ihr mysteriöses Erscheinen und die
spontane Verbreitung einer unterhaltsamen Geschichte mit Horror- bzw. Humor
Elementen, die nicht zwangsläufig falsch sei muss, es meistens aber ist. Im
Englischen sind Urban Legends auch unter dem Namen „foaf-tales“ (von "friend of a
10
friend") bekannt, da sie oftmals Elemente, wie „Einem Freund eines Freundes ist das
tatsächlich passiert“ oder „die Geschichte stammt von dem Buchalter meiner
Schwester“ enthalten.
(Emery , http://urbanlegends.about.com/cs/urbanlegends/f/urbanlegends1.htm,
15.7.2009)
Gemäß Langner entstehen Urban Legends durch ein Informationsvakuum. Immer
wenn Freiräume für Spekulationen entstehen, weil wichtige Fragen ungeklärt bleiben,
wird dieses Vakuum durch Gerüchte geschlossen.
(Langner 2005, S. 202)
3.2 Gerüchte als Medium
„Gerüchte sind effizienter als Presseaussendungen, Kampagnen, langwierige
Recherchen und aufwändige Pressekonferenzen.“ (Brauck 2003, S.104)
Auch Langner bezeichnet Gerüchte als effiziente, nachhaltige und intensive Form der
Kommunikation und nennt drei spezifische Vorgehensweisen, wie Unternehmen
Gerüchte instrumentalisieren können. (Langner 2005, S. 193)
Strategie 1 – Verheerende Gerüchte über andere Unternehmen streuen
Hier geht es nicht darum, etwa falsche Informationen über Konkurrenten in Umlauf zu
bringen, um ihnen damit zu schaden. Ein solches Verhalten wäre nicht nur moralisch
höchst bedenklich, sondern würde mit großer Wahrscheinlichkeit auch juristische
Folgen nach sich ziehen.
Ziel sollte es hier sein, Informationen zu wahren Begebenheiten, die ein
Wettbewerber zu vertuschen versucht, aufzudecken.
(Langner 2005, S. 194)
Als Beispiel für diese Taktik gilt das in den Medien heftig diskutierte Versagen der
Mercedes A-Klasse beim Elch-Test. Hinter dieser Kampagne stand (angeblich) der
VW-Konzern. "Da hat Ferdinand Piëch (Anm. der damalige Konzernchef der
Volkswagen-Gruppe) seine Leute drangesetzt, dass sie ihm eine gute Story
11
recherchieren, die Daimer-Benz schadet, und die ist dann Journalisten zugeflüstert
worden.(…) Der Elch-Test war etwas, mit dem Journalisten was anfangen konnten.
Gut für Schlagzeilen, tolle Fernsehbilder.“ (Pichler 2003, in Brauck 2003, S.105)
Strategie 2 – Bestehende Gerüchte über die eigene Marke fokussieren
Einfacher als authentische Gerüchte über das eigene Unternehme oder eigene
Produkte in die Welt zu setzen, ist es, bestehendes Gerede über eine bestimmte
Produktkategorie auf die eigene Marke zu fokussieren.
Die Gerüchte um den Oralsex aufwertende Pfefferminzbonbons nützte zum Beispiel
die britische Firma Altoids, um ihre Bekanntheit zu erhöhen. Die urbane Legende,
dass Pfefferminzbonbons den Oralsex erheblich verbessern, existierte zwar schon
seit Jahrzehnten, doch erst Anfang 1997 tauchte eine E-Mail auf, die diese Legende
in direkten Zusammenhang mit den Lutschpastillen von Altoids stellte. Der Verdacht,
dass es sich dabei um eine gezielt gestreute Nachricht handelt, erhärtet sich durch
die inflationäre Verwendung des Markennamens, dennoch zählt die Geschichte auch
heute noch zu den populärsten Gerüchten im Internet. (Langner 2005, S. 194ff; o.V.
http://urbanlegends.about.com/od/sex/Sex_and_Scandal.htm, 15.7.2009)
Strategie 3 – Gerüchte indirekt über vermeintlich illegales Vorgehen auslösen
Durch öffentliches Anprangern von angeblich illegalen Handlungen kann man viel
Aufmerksamkeit erregen. Als Meister in diesem Fach der Gerüchte-Verbreitung
nennt Langner die Filmindustrie. Die Studios sichern sich, sobald ein Filmprojekt
abgesegnet wurde, jede Internetdomain, die irgendwie nach dem Film klingt und
richten dort vermeintliche Fan-Sites ein, die in späterer Folge mit angeblich
geheimem Material versorgt werden. Dieses angeblich unabhängige Material sollte
dann im Idealfall von den Medien aufgegriffen werden und noch vor dem Filmstart
einen Hype entstehen lassen.
Auch die Computerindustrie macht sich diese Taktik zu Nutze, immer wieder
gelangen „geheime“ Informationen zu neuen Apple-Produkten an die Öffentlichkeit
und immer wieder berichten die Medien darüber, wie ungehalten Apple über solche
Vorkommnisse ist, was das Interesse an den geheimen Informationen natürlich um
ein Vielfaches erhöht. (Langner 2005, S. 197f.)
12
Langner führt in Folge zahlreiche Rahmenbedingungen und Multiplikatoren auf, die
den Erfolg von Gerüchten nachhaltig erhöhen.
Als Grundlage für ein erfolgreiches Gerücht sollte immer eine interessante
Geschichte dienen, als besonders günstig erweisen sich Tabus, über die nur hinter
vorgehaltener Hand gesprochen wird.
Wichtig ist auch, dass kein Herkunftsnachweis über den wahren Ursprung des
Gerüchts besteht. Sobald der Verdacht entsteht, ein Gerücht sei gezielt von einem
Unternehmen geschürt worden, erlahmt der Verbreitungsprozess, da sich kaum
jemand wissentlich für ein Unternehmen einspannen lässt.
Bevor man ein künstliches Gerücht „freigibt“, sollte man eine gründliche
Risikoabschätzung
durchführen,
denn
sollten
sich
beispielsweise
bestimme
Käuferschichten nicht mit der Geschichte identifizieren können oder diese sogar
ablehnen, kann dies einen extremen Schaden für das Unternehmen bedeuten.
Bedeutend für den Erfolg eines Gerüchts ist auch die Presse, die immer an
faszinierenden Geschichten interessiert ist. Hier gilt es ebenfalls, den direkten Bezug
zum Unternehmen zu „verschleiern“, daher lohnt es sich durchaus der Einsatz von
professionellen Mitteln, wie etwa spezialisierten Agenturen. (Langner 2005, S. 199f)
13
4
PLANUNG UND UMSETZUNG EINER VIRALEN KAMPAGNE
4.1 Kernbestandteile einer viralen Kampagne
Im Wesentlichen besteht eine virale Kampagne aus vier Elementen
•
Kampagnengut
•
Rahmenbedingungen
•
Weiterempfehlungsanreize
•
Zielgruppenspezifisches Streuen (Seeding)
(Langner 2005, S. 35)
Im Folgenden wird auf diese Elemente näher eingegangen.
4.1.1 Kampagnengut
Steht im klassischen Marketing meist das Verkaufsobjekt im Mittelpunkt, so ist der
Kern des viralen Marketings fast immer ein Kampagnengut, das sich vom
eigentlichen Verkaufsobjekt unterscheidet.
So genannte Kampagnengüter dienen, laut Langner, als Köder und Zugpferd für die
tatsächliche Leistung des Unternehmens. Ihr Zweck ist es nicht zu verkaufen,
sondern sie sollen Aufmerksamkeit erregen, um Menschen zu aktiveren Handlungen,
wie etwa Weiterempfehlungen, zu setzen.
„Ziel ist es, den faden Beigeschmack von Werbung zu verlieren und die Zielgruppe
indirekt mit dem eigentlichen Werbeanliegen vertraut zu machen.“ (Langner 2005, S.
36)
Da niemand eine Botschaft freiwillig verbreitet, die ihm selbst nicht gefällt, ist es
wichtig, das Kampagnengut möglichst interessant auszugestalten. Hierbei sind
folgende Charakteristika eine große Hilfe; Ziel sollte es sein möglichst viele, wenn
auch nicht alle, zu erfüllen.
•
Das
Unterhaltung, Vergnügen, Spaß
Kampagnengut
sollte
möglichst
abwechslungsreich,
ungewöhnlich
und
unterhaltsam gestaltet sein, um so zum Weiterleiten zu animieren.
Zahlreiche Kampagnen setzen auf Unterhaltung, die Beispiele reichen von
strippenden Weihnachtsmännern bis zu Tauben und Katzen mordenden Autos.
(Langner 2005, S. 36f.; Schüller 2008 S.110)
14
•
Neu und einzigartig
Empfiehlt jemand ein Unternehmen oder ein Produkt, so steht oft der Wunsch
dahinter sich damit profilieren zu können. Das gelingt natürlich nur dann, wenn der
Gegenüber nicht bereits von anderer Seite Informationen über das Objekt der
Empfehlung erhalten hat.
Innovative und neuartige Kampagnengüter sind für eine virale Kampagne daher
besonders geeignet, da sie dem Weiterempfehler die Sicherheit geben, etwas Neues
und nicht etwa Altbackenes weiterzuleiten.
(Langner 2005, S. 39)
•
Außergewöhnliche Nützlichkeit
Dass Kampagnengüter auch ohne Unterhaltungselemente erfolgreich sein können,
zeigen zahlreiche Beispiele.
Gerade im beruflichen Umfeld werden hilfreiche Websites, Checklisten und
Musterbriefe zum Downloaden oder kleine Tools und Programme weiterempfohlen.
Als Beispiele dienen ein vom ZDF angebotener Nachrichtenbildschirmschoner oder
ein vom Haarpflegemittelhersteller Alpecin angebotener „Glatzenrechner“.
(Langner 2005, S. 41; Schüller 2008, S. 111)
•
Kostenlose Bereitstellung
Kostenpflichtige Elemente innerhalb einer viralen Kampagne wirken sich stark
hemmend aus, da sich viele Kunden fragen, ob sich der Kauf überhaupt lohnen wird.
Als Folge verebbt die Kampagne meistens, bevor sie erst überhaupt richtig starten
konnte.
Ein erfolgreiches Kampagnengut wird in der Regel also kostenlos sein.
(Langner 2005, S. 42)
•
Einfache Übertragbarkeit
Das Kampagnengut muss leicht und schnell übertragbar sein. In der Praxis sollte die
Übertragung der Botschaft mittels E-Mails möglich sein und die Downloadzeit
möglichst kurz. (Langner 2005, S. 43)
15
4.1.2 Rahmenbedingungen
Eine virale Kampagne wird, laut Langner, nur dann zum Erfolg führen, wenn man
bestehende Kommunikationsnetze und Verhaltensmuster nutzt, die ausreichende
Verfügbarkeit des Kampagnenguts sicherstellt und eine offene Informationspolitik
betreibt. (Langner 2005, S. 44)
„Eine erfolgreiche Viral-Marketing-Kampagne nutzt die Vorteile bestehender
Kommunikationsnetze
und
instrumentalisiert
gängige
Verhaltensmuster
der
Zielgruppe.“ (Langner 2005, S.52)
Die physische und virtuelle Verfügbarkeit eines Kampagnenguts muss auch bei
einem unerwartet großen Erfolg gesichert sein. Der beim viralen Marketing
gewünschte exponentiell wachsende Besucheranstrom kann schon so manchen
Serverrechner in die Knie zwingen. (Langner 2005, S. 45)
Berichterstattungen in den Medien stellen einen bedeutsamen Multiplikator im viralen
Marketing dar. Ein Bericht in einem bekannten Medium kann über Nacht zu
Reichweiten führen, die über reine Mund-zu-Mund-Propaganda erst nach Wochen
erreicht worden wären. Die professionelle Integration von Medien gestaltet sich als
äußerst schwierig, da es die Aufgabe von Zeitungen und Magazinen ist, über neue
Trends zu berichten und nicht diese zu entwickeln.
Sollten die Medien dennoch auf das Kampagnengut aufmerksam werden, so sollten
bereits Pressemitteilungen, Abrufzahlen und Ähnliches bereit stehen, um den
Journalisten die Recherche-Arbeit zu erleichtern.
(Langner 2005, S. 46)
4.1.3 Weiterempfehlungsanreize
Im Prinzip sollte bereits das Kamapagnengut an sich genügend Anreize zum
Weiterleiten liefern. Viele Unternehmen bedienen sich aber weiterer Belohnungen,
die unschlüssige Personen überzeugen sollen. Das können sowohl kostenlose Boni,
Rabattgutscheine oder Gewinnspiele sein. (Langner 2005, S.47)
16
Mau, Schulz und Silberer sprechen in diesem Zusammenhang von anreizbasiertem
Marketing. (Mau et al. 2008, S.21)
Dass die Anzahl der Personen, an die eine E-Mail verschickt wird, durch
Belohnungen erhöht werden kann, belegen zahlreiche Erfahrungen. Eine von
Alexander durchgeführt Studie konnte dafür jedoch keinen Beweis erbringen.
Alexander bot der Hälfte der studentischen Teilnehmer als Gegenleistung für das
Weiterleiten die Chance auf den Gewinn eines MP3-Players. Der Kontrollgruppe
wurde dieser Anreiz verwehrt. Erstaunlicherweise wurde die E-Mail von den
Studenten ohne zusätzlichen Anreiz eher weitergeleitet. (Alexander 2006, zit. nach
Mau et al. 2008, S.21ff)
Abgesehen
davon
bergen
Weiterempfehlungsanreize
immer
auch
ein
Missbrauchsrisiko.
Eine erhebliche Gefahr geht dabei von „Spammern“ aus, denen es gelingt mittels
weniger Mausklicks eine Mail an Millionen von oft illegal erworbenen Kontakten zu
senden. Auch wenn es gelingt zu beweisen, dass die Empfehlungen unrechtmäßig
vonstatten gegangen sind und man die versprochene Belohnung nicht auszahlen
muss, so wird diese E-Mail in weiterer Folge als unerwünschte Werbung
wahrgenommen und führt zu einem erheblichen Image-Schaden. (Langner 2005,
S.48)
Weiterempfehlungsanreize in Form von materiellen oder finanziellen Belohnungen
sollten daher klare Restriktionen aufweisen, die Missbrauchsversuche und exzessive
Ausnutzung
eindämmen.
Einschränkungen
immer
Dabei
nur
muss
einen
man
aber
Kompromiss
beachten,
darstellen
dass
solche
und
den
Empfehlungsprozess bremsen. (Langner 2005, S.48f.)
Eine weitere Gefahr von Belohnungen liegt in Trotzreaktionen von Kunden, die sich
nicht „vor den Karren des Unternehmens spannen lassen“ wollen. Wenn man etwas
geschenkt bekommt, läuten bei vielen Menschen die Alarmglocken und man
vermutet ein verstecktes Kaufangebot. In solchen Situationen kommt es oft vor, dass
Kunden
auf
ein Weiterleiten
verzichten
und
die
eigentliche
Absicht
des
Unternehmens zunichte gemacht wird.
(Langner 2005 S.49f)
17
4.1.4 Seeding
„Entscheidend für den Erfolg einer viralen Kampagne ist die Frage, ob es gelingt,
möglichst viele Menschen zur Weiterleitung einer Botschaft zu animieren. Um dies zu
steuern, ist es wichtig, die Erstempfänger sorgfältig auszuwählen. Dieser Prozess
wird als „seeding“ bezeichnet.“ (Schüller 2008, S. 112)
Zwei Varianten des Seedings haben sich in der Praxis herauskristallisiert.
•
Einfaches, bzw. passives Seeding
Beim einfachen Seeding soll die Zielgruppe das Kampagnengut selbst entdecken
und dann den Empfehlungsprozess quasi auf natürliche Weise in Gang setzen. Dazu
reicht es, eine Botschaft einfach auf einer Website „auszusetzen“ oder im
unternehmenseigenen Newsletter zu erwähnen. Folglich halten sich die Kosten beim
einfachen Seeding in Grenzen.
•
Erweitertes, bzw. aktives Seeding
Ziel beim erweiterten Seeding ist es, möglicht rasch möglichst viele Konsumenten zu
erreichen. Um dies zu erreichen, wird das virale Element über möglichst viele Kanäle
und Plattformen gleichzeitig verbreitet. Dies setzt eine strategische Planung voraus,
daher ist aktives Seeding dementsprechend kostenaufwändiger.
(Schüller 2008, S.112; Langner 2005, S. 71)
In
den
letzten
Jahren
haben
sich
eigene
Spezialagenturen
für
Seeding
herausgebildet. Mit ihrem Wissen um Blogs und Portale, in denen sich Viren
besonders fruchtbar verbreiten, sorgen sie für Zielgenauigkeit. Umstritten ist dabei
die Frage, ob man in weiterer Folge die „Online-Meinungsmacher“ entlohnen soll, um
so dem Weiterleitungsprozess auf die Sprünge zu helfen.
(Willhardt 2008, S. 38)
18
4.2 Ziele und Zielgruppen
Bereits vor der Kampagnenplanung sollte jede Marketingabteilung eindeutige Ziele
definieren und eine adäquate Zielgruppe bestimmen um das bestmögliche Ergebnis
zu erreichen.
Langner nennt als wichtigste Zielbereiche viraler Kampagnen 3 Kategorien. Das am
häufigsten zu erreichen versuchte Ziel ist die Steigerung der Markenbekanntheit
(Brand Awareness). Durch „gebrandete“ Spiele und E-Cards oder durch lustige
Werbeclips soll sich der Kunde mehr oder weniger unbewusst mit dem Produkt, der
Dienstleistung oder der Marke auseinandersetzen.
Als zweithäufigstes Ziel einer viralen Kampagne zählt Langner die Gewinnung von
Kundeninformationen auf.
Letztendlich kann eine virale Kampagne auch dazu dienen, die Produktverkäufe zu
erhöhen. Als Beispiel nennt Langner verschiedene Onlinedienste, die ein Produkt
zunächst kostenlos veröffentlichen, um später dann Premiumdienste oder weitere
Auflagen und Versionen nur gegen Gebühr anzubieten.
(Langner 2005, S.57f.)
Neben einer klaren Zielsetzung ist auch die Formulierung von messbaren
Zielaussagen für erfolgreiches virales Marketing von Nöten. Mittels präziser
Erfolgskriterien wird es später möglich sein, den Erfolg einer Kampagne zu messen.
Dabei muss man darauf achten, dass die Ziele eindeutig, messbar, erreichbar,
realistisch und zeitlich machbar sind. Das bedeutet, dass allgemeine Zielsetzungen
wie zum Beispiel „die Steigerung der Markenbekanntheit“ oder „die Erhöhung der
Abverkäufe“ als Ziele nicht geeignet sind. Als konkrete Ziele zählen beispielsweise
„2000 neue Newsletter-Abonnenten“ oder „15% mehr Verkäufe während der
Kampagne“
(Langner 2005, S.58f.)
Sobald ein Virus ausgelöst wurde, ist dieser nicht mehr kontrollierbar. Die Auswahl
der richtigen Zielgruppe ist daher umso entscheidender für den Erfolg einer viralen
Kampagne. Daher sollte bereits im Rahmen der Entwicklung von Zielen die
angesprochene Zielgruppe genau definiert werden.
Eine Zielgruppenanalyse soll
dabei helfen, die richtige Zielgruppe anzusprechen. Gemäß Prosch genügt es nicht,
19
einfach nur allgemeine Zielgruppen wie zum Beispiel „Studenten“ zu definieren. In
einem weiteren Schritt soll die Zielgruppe noch einmal genauer betrachtet werden,
damit die Kampagnenidee so authentisch wie möglich gestaltet werden kann. Um die
Zielgruppen möglichst exakt zu definieren, empfiehlt Prosch Mikrosegmentierung.
(Prosch 2008, S. 75)
4.3 Verbreitung
Um einen Marketingvirus verbreiten zu können, benötigt man mindestens einen Wirt
und einen Überträger. Die Unterscheidung zwischen Wirt und Überträger ist aber
nicht immer eindeutig zu vollziehen, daher wird in der Praxis diese Unterscheidung
kaum vollzogen. (Langner 2005, S. 71)
4.3.1 Wirte im Viral Marketing
„Der Wirt im Viral Marketing ist klassischer Weise ein Mensch, der – einmal
angesteckt – den Virus an viele andere Personen überträgt.“ (Langner 2005, S. 62)
Bei besonders ungewöhnlichen und zielgruppenspezifischen Kampagnengütern
muss aber nicht zwingend ein Mensch der Wirt sein, sondern können auch Anzeigen,
Fernsehspots oder Websites als Wirte dienen. Eine Unterscheidung zur klassischen
Massenkommunikation ist dabei aber nur schwer zu vollziehen.
Besonders begehrte Wirte sind so genannte „Superspreader“, also Personen, die mit
ihren Aussagen eine Vielzahl von Konsumenten erreichen. Als Beispiele nennt
Langner den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der bis ins Jahr 2001 mit seinem
literarischen Quartett die Verkaufszahlen von darin vorgestellten Büchern in die Höhe
schnellen ließ. (Langner 2005, S. 62 f.)
Cakim unterstreicht die Bedeutung von „Online-Meinungsführern“.
„Online opinion leaders (e-fluentials) are influential gate-keepers and diffusers of
information on the Internet. They should be a high-priority target group in viral
marketing campaigns.” (Cakim 2006, S. 118)
20
4.3.2 Überträger des Marketingvirus
Als Überträger eines Marketingvirus’ eignen sich mit stark unterschiedlichem
Erfolgspotenzial die persönliche Kommunikation, das Telefon, das Internet,
Printmedien sowie das Fernsehen und der Rundfunk.
Das Internet ist dabei den anderen eindeutig überlegen, da es die vier Elemente
eines effektiven Überträgers auf sich vereint. Es bietet Multimedialität, persönliche
Interaktivität, ist personalisierbar und bietet eine echte maschinelle Interaktivität, die
dem Internet besonders aus Automatisierungsgesichtspunkt einen ungeheuren
Vorteil gegenüber den anderen Medien verschafft.
In weiterer Folge soll auf effektive Überträgerformate im Internet eingegangen
werden. (Langner 2005, S. 63f.)
E-Mails
Da nahezu 100 Prozent der Internetnutzer E-Mails zur Kommunikation nützen
genießt dieses Medium trotz der Spam-Problematik immer noch enorme Vertrautheit
der Anwender. E-Mails eignen sich zur Verbreitung von Geschichten, Gerüchten oder
Witzen. Dabei lassen sich Markennamen aber eher nur schwer unterbringen und
darüber hinaus besteht die Gefahr, dass der Markenname im Laufe der Zeit einfach
gelöscht wird. Weniger problematisch ist es, wenn man in betreffendem Mail einfach
eine Internetadresse mitschickt. Dies hat auch den Vorteil, dass in weiterer Folge die
Erfolgsmessung viel leichter von statten gehen kann.
Auch E-Mail Anhänge können als virale Übeträger dienen, dabei ist aber nicht nur
auf die Größe der Datei zu achten, sondern auch auf die Verwechslungsmöglichkeit
mit echten Computerviren.
(Langner 2005, S. 66f.)
Blogs
Weblogs, kurz Blogs genannt, sind Online-Tagebücher, denen auch Fotos, Filme
oder Audiodateien hinzugefügt werden können. Weblogs zeichnen sich besonders
auch durch ihre starke Vernetzung aus, mittels „RSS Feeds“ kann man sich ständig
über neue Beiträge eines Blogs informieren lassen, „Trackbacks“ ermöglichen es,
dass man in seinem Blog einfach auf Beiträge in anderen Weblogs verweisen kann
und darüber hinaus besteht stets die Möglichkeit einen Beitrag zu kommentieren. Da
21
die Kommunikation mittels Weblogs nicht weiter schwer ist, weist die Zahl der
Weblogs ein starkes Wachstum auf. (Stauss 2008, S.254)
Laut Technorati.com, eine auf Weblogs spezialisierten Suchmaschine, gab es Ende
2006 bereits etwa 57 Millionen Weblogs. Täglich entstehen etwa 100 000 neue
Weblogs und 1,3 Millionen Beiträge.
(http://www.sifry.com/alerts/archives/000443.html 7.7.2009).
Die Zahl der deutschsprachigen Blogs wurde 2007 auf ca. 27.000 geschätzt.
(http://www.trigami.com/blog/2007/04/22/es-gibt-ungefahr-27000-aktivedeutschsprachige-blogs/ 7.7.2009)
Viele Blogs widmen sich Produkten, Produktbewertungen sowie Marken und werden
von Kunden zum Erfahrungsaustausch genutzt. Zahlreiche Nutzer sind nicht nur
selbst als Blogger aktiv, sondern lesen meist selbst viele Blogs, daher können sich
Nachrichten über Weblogs rasch verbreiten und sind somit ideal Überträger im
viralen Marketing. (Prosch 2008,S. 40)
Skype
Skype ist ein gratis Anbieter von VOIP (voice over internet protocol), der es seinen
Nutzern ermöglicht, mittels Internetverbindung zu telefonieren und zu chatten. In den
letzten Jahren wurde Skype der bekannteste Anbieter und kann auf Millionen von
Nutzern verweisen.
(http://www.businessdictionary.com/definition/Skype.html, 7.7.09)
Einerseits können mittels Skype Links sowie Dateien rasch an die persönlichen
Kontakte gesendet werden. Andererseits kommt noch hinzu, dass die Benutzer
jeweils kurze Botschaften in eine für jeden Kontakt sichtbare Box schreiben können.
Die so genannten „mood messages“ dienen oftmals dazu, Links oder andere aktuelle
Informationen rasch zu verbreiten. Aus diesen Gründen ist Skype ein ideales
Überträgerformat für virale Botschaften.
(Prosch 2008, S.43)
22
YouTube
2005 wurde YouTube gegründet und es gelang der Website binnen weniger Jahre,
zur bekanntesten Videoplattform zu werden. YouTube erlaubt seinen Nutzern das
Hochladen, Ansehen und Kommentieren von kurzen Videoclips.
(http://www.pcmag.com/encyclopedia_term/0,2542,t=You+Tube&i=57119,00.asp
month, 8.7.09).
Eine im Juni 2009 bei Usern von Online-Foren und Social Communities
durchgeführte Studie ergab, dass YouTube neben Facebook und Twitter zu den
beliebtesten
Social
Communities
zählt.
(http://www.ambuzzador.com/wp-
content/uploads/2009/07/amb_socialmediastudie_090709_sh.pdf, 1.8.2009)
Eine der ersten Marken, die YouTube als Plattform für virales Marketing nutzte, war
Nike, die bereits 2005 mit einem 2,5-minütigen Spot über den brasilianischen
Fußballstar Ronaldhino mehr als 20.000.000 Aufrufe erzielen konnte.
(Wassermann 2006, S.14-17)
Twitter
Twitter ging 2006 ans Netz und bietet einen Mikro-Blogging-Dienst. Die Nutzer
können maximal 140 Zeichen lange Textnachrichten, so genannte Updates oder
„Tweets“ hochladen. Diese Nachrichten werden dann an alle „Follower“ verteilt, die
sich für den jeweiligen Autor angemeldet haben. Die „Tweets“ werden dann einem
Blog ähnlich chronologisch dargestellt.
(Fuith 2008, S. 280)
Twitter kann auf ein exorbitantes Wachstum verweisen. Nutzten im Februar 2008 nur
457 000 User den Dienst, so waren es ein Jahr später bereits 7 Millionen Nutzer. Die
stärkste Nutzergruppe sind dabei Personen im Alter zwischen 35 und 49 Jahren.
Laut Nielsen Online besucht circa die Hälte aller Twitter-User die Seite ein zweites
Mal oder öfter und im Durchschnitt blieb jeder Besucher sieben Minuten.
Die Nutzung von Twitter für virales Marketing ähnelt sehr stark der von Blogs. Wie
auch schon der „großen Bruder“ muss auch Twitter mit seiner Glaubwürdigkeit
kämpfen, denn wer im Endeffekt hinter den einzelnen Tweets steckt, bleibt im
Dunkeln.
(Puscher 2009, S.38)
23
Facebook
Facebook wurde 2004 von Mark Zuckerberg an der Harvard Universität als soziales
Netzwerk für Studenten entwickelt. In den letzten Jahren wurde Facebook der
Inbegriff eines sozialen Netzwerks und konnte im April 2009 auf 200 Millionen aktive
Nutzer weltweit verweisen.
Facebook bietet jedem User eine Profilseite, auf der er sich mittels Fotos und Videos
vorstellen kann. Auf der dazugehörigen „Pinnwand“ kann der User selbst dem MikroBlogging ähnelnde Meldungen verfassen, Videos hochladen und Nachrichten von
Freunden empfangen. (o.V. http://www.facebook.com/press/product.php , 29.7.2009)
Eine Umfrage von Jupiter Research im Jahr 2007 hat ergeben, dass MarketingAgenturen in Facebook das größte Potenzial für virales Marketing sehen. 25 Prozent
der Befragten geben dem sozialen Netzwerk die besten Chancen, der bedeutendste
Ausgangspunkt
von
viralem
Marketing
im
Internet
zu
werden.
(Korkki
http://www.nytimes.com/2008/07/06/business/06count.html?_r=1&scp=3&sq=Facebo
ok%20Jupiter%20Research%20viral%20marketing&st=cse, 29.7.2009)
Bei Facebook werden vor allem Fanseiten zum viralen Marketing genutzt. Die Nutzer
können diesen Seiten beitreten, die unter anderem Filme, Musik oder aber auch
Konsumgüter und Unternehmen zum Thema haben. In Folge bekommen diese
Produkte gratis Werbefläche auf den Profilseiten der Fans. Außerdem können die
Marken vom Image ihrer Fans profitieren, wenn diese beliebt sind und in ihrem
Freundeskreis Vorbildwirkung haben.
(o.V. http://www.computerwoche.de/netzwerke/web/1868180, 29.7.2009)
4.4 Erfolgsmessung
Da niemand gerne Geld für etwas ausgibt, ohne zu wissen was man dafür tatsächlich
bekommt, ist es auch bei viralen Kampagnen von Nöten, den Erfolg zu messen.
(Prosch 2008, S. 89)
Generell gilt, dass die Erfolgsmessung von viralen Kampagnen kein leichtes
Unterfangen darstellt, aber dennoch möglich ist.
Das Problem ist, dass sich Mund zu Mund-Propaganda als zwischenmenschlicher
Austauschprozess nur schwer mit Kennzahlen messen lässt. Eine Erfolgsmessung
24
ist
daher
oft
erst
nach
Verbreitung
des
Virus
mittels
Hilfsgrößen,
wie
Umsatzsteigerungen, erhöhte Einschaltquoten, Besucheranstiege indirekt möglich.
Auch wenn Mund zu Mund-Propaganda mit den klassischen Methoden der
Marktforschung derzeit nur eingeschränkt nachweisbar ist, so gibt es doch
Bestrebungen, den Erfolg von Weiterempfehlungen mittels Identifizierung und
Überwachung von hoch kommunikativen Netzwerkmitgliedern nachzuweisen. Der
Aufwand rechnet sich aber in der Regel nur für virale Großprojekte.
(Langner 2005, S. 86)
Erfolgsversprechender ist es, nicht etwa über Befragungen der Zielpersonen den
verdeckt stattfindenden Empfehlungsprozess zu messen, sondern ihn indirekt mittels
den Überträgern, also zum Beispiel E-Mails und Website-Aufrufen, sichtbar zu
machen. (Langner 2005, S.86)
Bei der Erfolgsmessung im Internet sollte man sich an dieselben Kriterien halten, die
auch für alle anderen Kommunikationsaktivitäten gelten sollten. Langner fasst diese
in 6 Schritten zusammen.
1. Zielsetzung – Was will man erreichen?
2. Erfolgskriterien – Woran wird der Erfolg gemessen? Hier ist gemäß Langner
zu beachten, dass die verwendeten Kriterien, zum Beispiel Abrufe des
Kampagnenguts, Verkäufe pro Tag oder Informationsanfragen, auch wirklich
für Erfolg stehen, messbar sind und der viralen Kampage zugerechnet werden
können.
3. Benchmark
–
Hier
gilt
es,
die
definierten
Kennzahlen
mit
den
Kampagneergebnissen zu vergleichen.
4. Soll-/Ist- Vergleich – In diesem Schritt geht es darum, die Benchmarks mit der
Zielsetzung zu vergleichen, dadurch lässt sich erst feststellen ob die virale
Kampagne ein Erfolg war.
5. Maßnahmen – Da Erfolgsmessung als kontinuierlicher Prozess gedacht ist,
hilft die stetige Kontrolle, Fehler bereits im Anfangsstadium zu erkennen und
bei Bedarf Gegenmaßnahmen einzuleiten.
6. Kontrolle
(Langner 2005, S. 87f.)
25
Die Erfolgsmessung des viralen Marketing im Internet beruht auf 2 Säulen:
qualitativen und quantitativen Mitteln.
4.4.1 Quantitative Methoden und Techniken der Erfolgsmessung
Bei der quantitativen Methode der Erfolgsmessung unterscheidet Langner zwischen
Server-Abrufen und Server-Anfragen.
Server-Abrufe sind alle Anfragen an einen Server, die das Übertragen einer Datei
vom Server zum Client beinhalten. Man erhält so absolute Zahlen ohne Bezug zu
den Nutzern. Für das virale Marketing von besonderer Relevanz sind folgende
Kennzahlen:
•
Seitenabrufe (Page Impressions): misst die Aufrufe einer Internetseite, wird
eine Webpage als Überträger eines Virus genützt, so kann man mittels Page
Impressions die erzielten Zugriffe auf Seiten einer Homepage messen.
•
Downloads: gibt Auskunft darüber, wie oft eine Datei, zum Beispiel ein lustiges
Werbevideo herunter geladen wurde. Was mit dieser Datei aber weiter
geschieht, ob sie zum Beispiel als Attachement weitergeleitet wird, ist daraus
nicht ersichtlich.
•
Zähl-Pixel Abrufe: sind gemäß Langner eine Mischung aus Page Impressions
und Downloads. Dabei fügt man in eine E-Mail ein Pixel großes GIF
(Dateiformat) ein, das fortan als Spion fungiert. Öffnet der Empfänger nun die
präparierte Nachricht, wird die Grafik vom Server angefordert. Die Zahl der
Abrufe des Zähl-Pixels gibt dann einen Überblick, wie häufig die E-Mail
weitergeleitet und gelesen wurde.
•
Klicks: zeigen wie oft ein Interaktivitätselement, zum Beispiel ein Link zu einer
Homepage, angeklickt wurde.
(Langner 2005, S. 90f.)
Server-Anfragen
Im Unterschied zu Server-Abrufen, die nur absolute Zahlen liefern, wird bei ServerAnfragen
auch
gemessen,
wie
viele
unterschiedliche
Rechner
auf
das
Kampagnengut zugegriffen haben. Langner nennt als wichtigste Kennzahlen für das
virale Marketing folgende vier.
26
•
Besuche (Visits): misst die Aufrufe einer Internetseite von unterschiedlichen
Rechnern.
Dies
erfolgt
durch
Auswertung
der
Anzahl
der
Zugriffe
unterschiedlicher IP-Adressen auf den Server.
•
http-Request: sind im wesentlichen das gleiche wie Visits, werden von
Langner aber extra erwähnt, da sie auch in Videos und Dateien integriert
werden können und somit bei viralen Kampagnen eine wichtige Rolle spielen
können.
•
Empfehlungs-Skripte: Unter Empfehlungs-Skripte versteht man die Möglichkeit,
direkt auf einer Website E-Mail Adressen von Bekannten angeben zu können
um ihnen automatisch einen Tipp zu senden. Interessant ist dann besonders
das Verhältnis dieser Zahl im Vergleich zu anderen Kennzahlen, wie zum
Beispiel Seitenabrufe. In der Praxis sind es dann meist weniger als 10% aller
Konsumenten, die dieses Service nutzen.
•
Verweildauer: Mittlerweile lässt sich auch die Verweildauer eines Nutzers, bzw.
einer
IP-Adresse
eruieren.
Diese
Kennzahl
sollte
man
aber
nicht
überbewerten, da sie nichts darüber aussagt, wie die Verweildauer genutzt
wurde.
(Langner 2005, S. 91f)
4.4.2 Qualitative Erfolgsmessung
„Die
qualitative
Erfolgsmessung
basiert
auf
der
Auswertung
von
Meinungsäußerungen über das Kampagnengut in Weblogs, Foren, On- und OfflineMagazinen sowie auf Partner- und Zielportalen.“ (Langner 2005, S.97)
Da es unzählige Möglichkeiten gibt, wohin sich eine Botschaft verbreiten kann, reicht
es nicht, sich nur einige wenige Websites anzusehen. Daher stieg (und steigt) die
Nachfrage nach qualitativen Messmodellen, der sowohl universitäre Forscher als
auch private Marktforschungsunternehmen nachkommen wollen.
(Prosch 2008, S. 93)
27
5
FALLSTUDIEN
5.1 Der Horst Schlämmer Blog
Abb 1: http://farm1.static.flickr.com/172/375882142_a6a5af8954.jpg, 4.9.2009
Im Jahr 2007 zeigte der Volkswagen Konzern wie eine erfolgreiche virale Kampagne
funktioniert.
Das Kernelement der Kamapagne war die Kooperation mit dem in Deutschland sehr
bekannten „Horst Schlämmer“, der vorgab, jetzt seinen Führerschein machen zu
wollen.
Die von Hape Kerkeling verkörperte Kunstfigur gilt kaum als das klassische WerbeTestimonial, da er weder jung, noch besonders attraktiv ist und auch nicht für
außergewöhnlichen Erfolg steht. Aufgrund seiner Generationen und Zielgruppen
übergreifenden Popularität war er dennoch ein idealer Partner für die Golf-Kampagne,
da er das Motto „ein Wagen für jedermann“ perfekt verkörperte.
Im Konkreten bestand die Kampagne aus drei Phasen:
•
Die Mystery-Phase: In dieser Phase startete Horst Schlämmer seinen Blog, ohne
dabei aber auf den Sponsor VW zu verweisen.
„Euer Horst macht jetzt Führerschein, und ihr seid dokumental live dabei, in
Ton und Bild und Wort. Denn ich habe euch, Freunde, dafür extra das Internet
gebloggt. Wisst ihr Bescheid.“ (Schlämmer 2007).
Begleitend in dieser Phase wurde der Blog über eine Bannerkampagne beworben
und eine Seeding-Agentur zeigte sich dafür verantwortlich, dass die Videos auf
den größten Videoplattformen platziert wurden, darüber hinaus wurden
Multiplikatoren im Bereich Comedy gezielt auf den Blog aufmerksam gemacht
und Einträge in passende Foren gestellt. Ferner wurde die Aktion auch noch über
klassische PR kommuniziert.
28
•
Die Sponsoring-Phase: Gut einen Monat nach dem Start des „Schlämmerblogs“,
gab sich VW zu erkennen. Horst Schlämmer „outete“ seinen Sponsor persönlich
auf seinem Blog.
„Es sind Vermutungen aufgetaucht. Ja, es wird geradezu diskutiert, ob mir
jemand den Führerschein bezahlt hat. Ich muss sagen, es bleibt euch nichts
verborgen, ihr seid nicht vom Kopf gefallen. Von meiner Person her war
Diskretion bisher die Zierde der Könige. Doch jetzt wird eine Position
erforderlich, auch öffentlich. Damit ihr, Freunde, es als Erste erfahrt. Also
passt auf. Die Situation ist ernst – ich brauche Führerschein. Aber mit einem
Brutto-Gehalt muss man sehen, wo man bleibt. Die Lösung heißt: […]
Volkswagen übernimmt faktisch meinen Führerschein. Und sorgt auch dafür,
dass Ihr, Freunde, dokumental live dabei sein könnt. Das schaffe ich doch
nicht alleine!“ (Schlämmer 2007)
•
Die Vermarktungsphase: Schlussendlich wurde der Blog geschlossen und durch
die Website „schlaemmerhatgolf.tv“ abgelöst, auf der man die ganze Aktion
nachlesen konnte. Auch unter www.volkswagen.de wurde die Aktion mit einem
Werbespecial aufgegriffen.
(Maltzen, Figge 2009, S. 34ff)
Das Kampagnenergebnis
Mit einem Budget von 1,5 Millionen Euro, von denen nur rund 117.000 Euro in
bezahlte Medialeistung in Form von Bannerwerbung investiert wurde, wollte VW
15.000 „Leads“1 generieren und außerdem sollte es im Marken-Tracking des Golfs
eine erkennbar höhere Zustimmung für die Items „ Der Golf ist ein Auto für Menschen
wie mich“ und „Der Golf ist ein qualitativ hochwertiges, zuverlässiges Auto“ geben.
Als direktes Kampagnenziel galt es, binnen sechs Wochen eine Million „Views“ der
Videos, zu erreichen Darüber hinaus sollte die durchschnittliche Bewertung der
Videos auf einer 5-teiligen Skala nicht unter drei Sternen liegen.
1
Unter Lead versteht man einen Kontakt zu jemanden, der wahrscheinlich Interesse am Kauf eines
Produktes bzw. einer Dienstleistung hat. Ist erst einmal ein Kontakt hergestellt, ist der Interessent
nicht mehr anonym und kann durch den Vertrieb weiter betreut werden. Im Idealfall führt ein Lead also
zu einem Produktverkauf. (Ehinger 2008, http://www.femity.net/mein-business/blog/beitrag/internetworking-1/die-rolle-von-leads-im-online-marketing-287/, 4.9.2009)
29
Dass die Ziele schnell erreicht und sogar übertroffen wurden, geht aus Tabelle 1
eindeutig hervor.
Die Kampagne rief ein gewaltiges Medienecho hervor. In wenigen Wochen gelang es
dem „Schlämmerblog“ Platz 2 der deutschen Blogcharts zu erklimmen und auf
YouTube erhielt „Schlämmer“ den Status „most viewed –Germany“.
Tab. 1: Ziele und Ergebnisse der Horst-Schlämmer-Kampagne
Zielkategorie
Zielgröße
Ergebnis
Zielerreichungsgrad
Reichweite/Verbreitung viraler Content
Video-Views/1 Mio.
2,8 Mio. innerhalb von 6
Downloads
innerhalb von Wochen
6 Wochen
(7,1 Mio. innerhalb von 9
Monaten)
Vertriebsunterstützung
Leads
15.000
Cost per Lead
unter 190
Euro
Markenwahrnehmung
Zustimmung zur
Aussage „ist ein
Wagen für Menschen
wie mich“
Zustimmung zur
Aussage „ist ein qualitativ hochwertiges
zuverlässiges Auto“
280 %
(bezogen auf 6 Wochen)
90.000
16,63 Euro
600 %
n/a
deutlich über
51 %
57 %
n/a
deutlich über
54 %
63 %
n/a
Die Erfolgsfaktoren sehen Maltzen und Figge einerseits in der Seeding-Strategie, die
gezielt besonders aktive Blogger vom „Schlämmerblog“ in Kenntnis setzte, aber auch
in den klassischen Medien, die durch ihre Berichterstattungen Aufmerksamkeit für die
Kampagne außerhalb des WWW erzeugten. (Maltzen, Figge 2009, S.36f.)
Bezüglich der Inhalte ist der Erfolg der Kampagne besonders interessant, da sie
gegen grundlegende Spielregeln der Bloggerszene verstoßen hat.
Guegan betont, dass falsche Identitäten und verdeckte Werbung oder gekaufte
Multiplikatoren als Fehlverhalten gelten, das durch harsche Kommentare konsequent
bestraft wird. (Guegan 2007, S. 23). Auch das Zensieren von Kommentaren gilt als
Manipulation
und
folglich
als
absolutes
„No-Go“.
(Lixenfeld
2007
http://www.handelsblatt.com/technologie/news/warum-horst-schlaemmer-golffaehrt;1244894).
30
Den Grund dafür, dass die Kampagne dennoch von Erfolg gekrönt war, sehen
Maltzen und Figge einerseits darin, dass „Horst Schlämmer“ bereits vor der
Kampagne als Kunstfigur bekannt war und nicht extra für die Kampagne kreiert
wurde,
andererseits
wurde
im
Blog besonders
darauf
hingewiesen,
dass
Kommentare zensiert werden.
Am Schwerwiegendsten war wohl, dass die Identität des Auftraggebers zunächst
nicht aufgedeckt wurde. Dies führte auch zunächst zu leichten Verstimmungen, die
aber dank des offiziellen „Outings“, der Beliebtheit von Hape Kerkeling und nicht
zuletzt durch die hohe Qualität des viralen Inhalts aus dem Weg geräumt wurden.
(Maltzen, Figge 2009, S.36f.)
5.2 Hotmail
Hotmail gilt als das Paradebeispiel des viralen Marketings und wird oft als einer der
ersten Anwender dieser Marketingtechnik genannt.
Die Idee von Sabeer Bhatia und Jack Smith einen kostenlosen webbasierten E-MailDienst anzubieten, war zu dieser Zeit zwar revolutionär, dennoch schien zunächst
kaum jemand davon Notiz zu nehmen. Das lag wohl einerseits an dem Datum der
Markteinführung, dem 4. Juli 1996. Der US-amerikanische Unabhängigkeitstag war
an Symbolträchtigkeit wohl kaum zu überbieten, dennoch ist der 4. Juli ein Feiertag
in den USA, an dem die US-Medien nur mit einer kleinen Besetzung arbeiten. Als
Folge wurde über die Einführung von Hotmail kaum berichtet. Hinzu kommt noch,
dass es kaum begleitende Werbemaßnahmen gab. Von den 300.000 $ Startkapital
waren nicht weniger als 50.000 $ für Werbemaßnahmen vorgesehen.
(Randsdell, 2007)
“Then a funny thing happened: Customers began signing up.” (Randsdell, 2007)
Zu Weihnachten 1996, also gerade Mal ein halbes Jahr nach der Markteinführung
konnte Hotmail bereits auf 1 Million registrierte Nutzer verweisen. Ein solch rasantes
Wachstum konnte zu diesem Zeitpunkt keine andere Firma aufweisen. (Randsdell,
2007)
31
Eine kleine Zeile verhalf Hotmail zu diesem Erfolg. Jede mittels Hotmail verschickte
E-Mail wurde mit einer anklickbaren URL versehen. : "Get Your Private, Free Email
at http://www.hotmail.com" (Randsdell, 2007)
Die Idee dazu stammt nicht von den Gründern von Hotmail, sondern von Tim Draper,
Mitgeschäftsführer des kapitalgebenden Unternehmens. Ursprünglich sollte der
Anhang "P.S.: I love you. Get your free Web-based email at Hotmail." lauten, doch
Bhatia und Smith waren entschieden dagegen, stellte dieser Anhang für sie nicht
mehr als Spam dar. Schlussendlich einigte man sich auf die Version ohne „P.S. I love
you“. (Randsdell, 2007)
Tim Draper und Steve Jurvetson beschreiben in einem Aufsatz für den internen
Newsletter von Netscape mit dem Titel „Viral Marketing“ die Strategie, die Hotmail
zum Durchbruch verholfen hat. Dieser Aufsatz wird seitdem von zahlreichen Autoren
als Manifest des viralen Marketings angesehen. (Krauße, Zorbach 2001, S.9)
"... every outbound message still conveyed an advertisement and a subtle implied
endorsement by the sender - the recipient knew that the sender was a Hotmail user,
and that this new free email thing seemed to work for them. Each new user becomes
a company salesperson, and the message spreads organically." (Draper, Jurvetson
1997)
Krauße und Zorbach schreiben in ihrer Diplomarbeit, dass anders als bei einer
klassischen Produkteinführung die Werbebotschaft im Falle Hotmail also nicht im
Zuge einer One-to-Many-Kommunikation des Unternehmens übertragen wurden,
beispielsweise durch die Ausstrahlung von Fernsehspots, sondern über One-ToOne-Kommunikationen der Nutzer im Internet. (Krauße, Zorbach 2001, S. 10)
Wie hoch der Erfolg von Hotmail einzuschätzen ist, zeigt sich besonders im Vergleich
mit den direkten Konkurrenten. Hotmail konnte mit einem Budget von weniger als
500.000 $ innerhalb von 18 Monaten 12 Millionen Nutzer gewinnen. Juno, der
härteste Mitbewerber, gab 20 Millionen an Werbegeldern aus, konnte aber nur einen
Bruchteil von Nutzern akquirieren. (Krauße, Zorbach 2001, S.10f)
Jurvetson und Draper bezeichnen den exponentiellen Wachstumsprozess, der
Hotmail zur „Nummer Eins“ machte, als „Hyper-Growth“. Zunächst wuchs der E-Mail32
Provider im Verborgenen; nachdem der Service den „Tippin’ Point“ erreicht hatte, lag
er aber bereits uneinholbar in Front. Später konnte Hotmail dann von so genannten
„positiven Feedbackschleifen“ profitieren, die den Vorsprung auf die Mitbewerber
immer weiter vergrößerten. (Jurvetson, Draper 1997)
Einen weiteren Erfolgsfaktor von Hotmail findet man im Seeding. Wenn auch nicht
unbedingt bewusst gewählt, so waren die ersten Nutzer, auf die der „HotmailVirus“ traf, US-amerikanische Studenten, die sich als besonders kontaktfreudige
Überträger erwiesen. Da es sich bei den Überträgern meist um vertraute Personen
des Empfängers handelte, genoss der Hotmail-Virus besondere Aufmerksamkeit und
auch die Werbebotschaft wurde als besonders glaubhaft angesehen. So konnte
Hotmail seinen Siegeszug über den Campus in die ganze Welt antreten. (Krauße,
Zorbach 2001, S.10f)
5.3 Elf Yourself
Abb 2: http://www.ghacks.net/wp-content/uploads/2007/12/elf-yourself.jpg, 4.9.2009
Im Jahr 2006 bediente sich der US-amerikanische Büroausstatter OfficeMax einer
viralen Kampagne um am Weihnachtsgeschäft mitnaschen zu können.
Das in den USA, Kanada, Europa, Neuseeland und Mexiko agierende, an der Börse
notierte Unternehmen muss sich nicht nur gegen direkte Mitbewerber durchsetzen,
33
sondern auch gegen „Superstores“ wie zum Beispiel Walmart, die ebenfalls
Büroartikel in ihrem Sortiment führen.
(http://about.officemax.com/html/officemax_company_faqs.shtml#link3, 25.7.2009;
Borden 2008)
Da vor allem aber in der Branche selbst die Unterschiede zwischen den Anbietern
nur schwer zu erkennen sind, war es ein Ziel, während der Weihnachtsgeschäftszeit
klar hervorzustechen.
Zu diesem Zweck wurde die Agentur Toy New York engagiert, die binnen kurzer Zeit
20 Web-Sites mit weihnachtlichem Inhalt erstellte. Ziel der Seiten war es,
gelangweilte Büroangestellte mittels lustiger Spiele wie zum Beispiel „Hangman“ mit
einem Schneemann, zu unterhalten. Eine Seite bot auch die Möglichkeit, einen
tanzenden Elf mit einem eigenen Foto und seiner eigenen Stimme zu personalisieren
und ihn als lustigen Weihnachtsgruß weiter zu schicken,
Die Kosten für die Erstellung beliefen sich auf etwa 350.000 $, also nicht mehr als die
Kosten einer herkömmlichen Fernsehwerbung.
Gesät wurden die Viren nicht nur bei Mitarbeitern der Firma OfficeMax, sondern auch
in der Bloggerszene.
Als der Renner schlechthin erwies sich bereits nach kurzer Zeit der tanzende Elf.
Anne Bologna von Toy’s New York sieht den Erfolg folgendermaßen: „ (…) there
would be a breakout hit. It turned out to bet the dancing elf. The magic had to do with
the name, the dance,… it was all so simple yet involved the consumer. It was silly,
but there was a purity to it. There was no engagement of the head, but of the heart,
the fun part of us that’s still childlike.” (Bologna, in Borden 2008)
Schnell eroberten die tanzenden Elfen auch herkömmlichen Medien, nicht zuletzt
auch die New York Times.
Während der Weihnachtssaison 2006 konnte die Seite Elf Yourself mehr als 36
Millionen Besucher verzeichnen, die mehr als 11 Millionen Elfen kreierten. Aufgrund
dieses Erfolges beschloss man, auch im darauf folgenden Jahr auf die tanzenden
Elfen zu setzen. In diesem Jahr besuchten 193 Millionen Nutzer die Seite. Dass die
Kampagne inzwischen ein globales Ausmaß erreicht hatte, beweist die Tatsache,
dass elfyourself.com in mehr als 50 Ländern unter den 1000 beliebtesten Seiten
landete. (Borden 2008)
34
All diese Erfolge wären aber bedeutungslos geblieben, hätten sie nicht die
Bekanntheit von OfficeMax erhöht.
Nachfolgende Untersuchungen haben aber gezeigt, dass mehr als ein Drittel der
Besucher angaben, Elf Yourself würde zukünfitge Einkäufe bei OfficeMAx
beeinflussen, ebenfalls ein Drittel behauptete, dass Elf Yourself ihr Bild von
OfficeMax verbessert hätte. Ganze 95 Prozent gaben an, elfyourself.com auch im
nächsten Jahr besuchen zu wollen. (Borden 2008)
Mark Andeer, Markenstratege von OfficeMax fasst es so zusammen: „This isn’t just
about elves and that technology, but about connecting with out customers and
people online in ways that build your brand. “ (Andeer, in Borden 2008)
35
5.4 Snowglobe
Die Snowglobe- Weihnachtsaktion war eine hauseigene virale Kampagne der auf
Virales
Marketing
spezialisierten
Agentur
e-tractions.
(http://www.e-
tractions.com/examples/index.htm, 28.7.2009)
Ziel war es, Klienten und mögliche Neukunden zu beeindrucken. Man verzichtete
daher auf herkömmliche postalische Weihnachtsgrüße und kreierte ein E-Card-Spiel
namens Snowglobe. (http://www.albinoblacksheep.com/flash/snowglobe, 28.7.2009)
Wie der Name schon verrät, spielt sich das Geschehen in einer animierten
Schneekugel ab. Während kitschige Weihnachtsmusik im Hintergrund läuft, spielen
Kinder ausgelassen im Schnee. Der Zuseher kann nun die Schneekugeln heftig
schütteln, wobei die Kinder laut kreischend wild durch die Luft geschleudert werden
und unter dumpfen Aufprallgeräuschen an die Glaswände stoßen.
Als weiteren Gag frisst ein Schneemann Kinder um kurz darauf zu explodieren.
(http://www.e-tractions.com/web_dev/downloads/sherpa_sno.pdf, 28.7.2009)
Als Zielgruppe visierte man neben den bestehenden und potenziellen Kunden auch
Journalisten an. Für die sechswöchige Kampagne wurde ein Budget von mindestens
40 000 bis 75 000 $ veranschlagt. (Langner 2005, S. 141)
Die Kampagne stand in zweierlei Hinsicht unter besonderem Druck. Einerseits
musste sie sich gegen eine Vielzahl anderer Weihnachts-E-Cards, die 2000 gerade
groß in Mode waren, durchsetzen. Andererseits war e-tractions bereits bekannt für
die erfolgreiche virale Kampagne „Whack-a-Flack“, die ein massives Presseecho
hervorrief und zahlreiche Neukunden anlockte. Diesen Erfolg wollte man übertreffen.
(http://www.e-tractions.com/web_dev/downloads/sherpa_sno.pdf, 28.7.2009)
Doch der Erfolg stellte sich nicht ein. Die Kampagne verlief im Sand. (http://www.etractions.com/web_dev/downloads/sherpa_sno.pdf, 28.7.2009)
Sascha Langner nennt verschiedene Gründe, die für den Misserfolg der Kampagne
ausschlaggebend waren.
36
•
Die Zielgruppe fand die Idee hinter Snowglobe einfach zu wenig lustig und so
entstand für sie kein Bedürfnis, die E-Card weiterzuleiten; als Folge daraus
konnte nie eine kritische Masse erreicht werden.
•
E-Cards
gelten
als
zu
unpersönlich
und
landen
viel
schneller
im
„Papierkorb“ als herkömmliche Post, Snowglobe gelang es nicht, die
Aufmerksamkeit der informationsüberlasteten Zielgruppe erlangen.
•
E-Tractions verzichtete auf ein aktives Seeding. Man beschränkte sich darauf
die E-Card an bestehende Kontakte zu senden und wandte sich nicht an
einschlägige Portale.
•
Es gab keinen Pre-Test. Bei E-tractions war man so überzeugt von der Arbeit,
dass man darauf verzichtete. Die Agentur konnte als nicht ahnen, dass der
„Humor“ bei den Kunden nicht so gut ankam.
(Langner 2005, S. 143)
2002, also 2 Jahre nach dem ursprünglichen Kampagnenstart, geschah aber etwas
Bemerkenswertes.
Um den 6. Dezember fand irgendjemand die Kampagne in einem Archiv und sandte
sie an einige Kontakte. Laut Mike Gauthier, Gründer von E-Tractions (http://www.etractions.com/company/management-team.htm, 28.7.2009) handelte es sich dabei
weder um einen Mitarbeiter der Agentur, noch um einen ihm bekannten Kunden.
(http://www.e-tractions.com/web_dev/downloads/sherpa_sno.pdf, 28.7.2009)
Diesmal kam der Virus außer Kontrolle und binnen 6 Wochen wurden mehr als
200.000 Nutzer in drei Kontinenten erreicht. Obwohl der Großteil davon nicht der
ursprünglich anvisierten Zielgruppe von E-Tractions angehörte, konnte die Agentur
einige zukünftige Kunden beeindrucken, eine Firma wollte E-Tractions sogar
aufkaufen.
(http://www.e-tractions.com/web_dev/downloads/sherpa_sno.pdf 28.7.2009)
Aufgrund des großen Erfolgs setzte E-Tractions weiterhin auf eine überarbeitete und
damit noch erfolgreichere Version der Schneekugel. (Langner 2005, S. 145 ff.)
37
6
RESÜMEE
Virales Marketing ist eine relativ junge Form des Marketings, dessen Ziel darin liegt,
Schneeballeffekte zu generieren.
Dies geschieht meist online, ist theoretisch aber auch offline möglich.
Eine virale Kampagen besteht aus 4 Elementen. Dem Kampagnengut, das
beispielsweise ein lustiger Videoclip, ein amüsantes Online-Spiel, oder auch eine
nützliche Webapplication sein kann. Ein weiteres Element, das es zu beachten gilt,
sind die Rahmenbedingungen. Darunter versteht man einerseits die Verfügbarkeit
des Kampagnenguts, aber auch Begleitmaßnahmen, wie die Berichterstattung in den
Medien. Der dritte Erfolgsfaktor für eine virale Kampagne sind die richtigen
Weiterempfehlungsanreize und viertens ist es auch ausschlaggebend für den Erfolg
einer Kampagne, diese bei den richtigen Kunden zu säen.
Entscheidend beim viralen Marketing sind auch die Überträger des Virus. Die
Möglichkeiten einen solchen zu übertragen sind in den letzten Jahren stets mehr
geworden. Wurden Anfang des Jahrtausends virale Botschaften meist mittels E-Mails
übertragen, so stehen heute mit Facebook, Twitter oder Youtube mehrere Medien
zur Verfügung, die sich zur Verbreitung von viralen Botschaften ausgezeichnet
eignen.
Zu guter Letzt sollte auch jede virale Kampagne eine entsprechende Erfolgsmessung
durchführen.
Sabine Hoffmann, Expertin für virales Marketing in Österreich, meint, dass virales
Marketing eines der „schwierigsten Dinge“ ist, da viele glauben, es bedeutet einfach,
mit wenig Geld große Effekte zu erzielen. Dabei wird oft vergessen, dass bei einer
viralen Kampagne viele Faktoren perfekt zusammen spielen müssen, damit es
wirklich zu einem durchschlagenden Erfolg kommt.
In Zukunft wird es, dank sozialen Netzwerken, wie etwa Facebook, leichter werden
virale Kampagne zu „seeden“, da die Konsumenten einerseits immer besser vernetzt
sind und somit in der Lage sind Informationen schneller zu teilen, andererseits weiß
man immer mehr von den Konsumenten und kann Kampagnengut, dank des
besseren „Insights“ gezielter streuen.
(Hofmann 2009)
38
Dennoch besteht weiterhin das Risiko, dass man nicht den richtigen Nerv zum
richtigen Zeitpunkt erwischt.
Virales Marketing kann weder die klassische Werbung revolutionieren, noch wird sie
diese ablösen, wahrscheinlich aber ist es, dass virale Kampagnen auch in Zukunft
die Werbelandschaft bereichern werden.
39
7
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