Zusatzmerkblatt „Werdende und stillende Mütter in Gärtnereien und Gartenbaubetrieben“ Dieses Merkblatt soll Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen sowie den Personalvertretungen helfen, spezifische Gefährdungen werdender und stillender Mütter bei Tätigkeiten in Gärtnereien und Gartenbaubetrieben zutreffend zu beurteilen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen sowie Beschäftigungsverbote bzw. –beschränkungen ausreichend zu beachten. Gesetzliche Grundlagen: 1. 2. 3. 4. Mutterschutzgesetz (MuSchG) Mutterschutzrichtlinienverordnung (MuSchRiV) Biostoffverordnung (BioStoffV) Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) Pflichten des Arbeitgebers: Neben der Mitteilungspflicht (siehe allgem. Merkblatt) ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitsplatz der werdenden und stillenden Mutter, -ggf. unter Hinzuziehen des Betriebsarztesunter besonderer Berücksichtigung folgender Bestimmungen zu überprüfen: • • • • §2 MuSchG –Gestaltung des Arbeitsplatzes §§ 3,4 und 6 MuSchG – Beschäftigungsverbote § 8 MuSchG – Mehrarbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit MuSchRiV, wobei in die Beurteilung der Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene mit einbezogen werden muss Bei Beschäftigten in Gärtnereien und Gartenbaubetrieben können Tätigkeiten im Freien während der Vegetationsperiode in Endemiegebieten zu einer Exposition gegenüber Infektionskrankheiten führen, die von Zecken übertragen werden. Auch eine Infektion von Wunden mit aneroben Sporenbildnern, die in der Erde oder im Dünger vorkommen (z. B. Clostridium tetani), ist möglich. Das Arbeitsschutzgesetz i. V. mit § 15 Abs. 1, 4 der BioStoffV verpflichtet den Arbeitgeber, Beschäftigte (unabhängig von ihrem Geschlecht) vor Aufnahme von Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen nach Anhang IV der BioStoffV arbeitsmedizinisch untersuchen und beraten zu lassen. Beschäftigten, die biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sein können, hat er eine Impfung anzubieten, wenn ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. Stand März 2007 Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und insbesondere nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen regelmäßig (d.h. mehr als zweibis dreimal pro Stunde) Lasten von mehr als 5 kg Gewicht oder gelegentlich (weniger als zweimal pro Stunde) Lasten von mehr als 10 kg Gewicht ohne mechanische Hilfsmittel von Hand unter ergonomisch günstiger Haltung gehoben, bewegt oder befördert werden. Schwere körperliche Arbeiten sind z. B. Erdarbeiten oder das Tragen oder Bewegen von großen Blumenvasen, Pflanzkübeln, schweren Pflanzen usw.. Mit Arbeiten, bei denen sie sich häufig erheblich strecken oder beugen müssen oder bei denen sie dauernd hocken oder sich gebückt halten müssen, dürfen werdende und stillende Mütter nicht beschäftigt werden, dies sind z. B. Pflanzarbeiten, Verlegen von Steinen und Platten, Unkraut jäten oder Blumenernte. Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mit sehr giftigen, giftigen, gesundheitsschädlichen oder in sonstiger Weise den Menschen chronisch schädigenden Gefahrstoffen beschäftigt werden, wenn der Grenzwert überschritten wird. Außerdem dürfen sie keinen Krebs erzeugenden, Frucht schädigenden oder Erbgut verändernden Gefahrstoffen ausgesetzt sein. Zu den Gefahrstoffen, mit denen im Garten- und Landschaftsgartenbau umgegangen wird, gehören u. a. Pflanzenschutzmittel (Pilz- und Insektenbekämpfungsmittel) oder Unkrautvernichtungsmittel. Bei der Gefährdungsbeurteilung muss auch der Aufenthalt in Räumen, z. B. Gewächshäusern berücksichtigt werden, wenn dort andere Mitarbeiter mit Gefahrstoffen umgehen. Vor dem Betreten dieser Räume muss durch ausreichende Lüftungsmaßnahmen gewährleistet sein, dass für die werdende oder stillende Mutter keine Gefährdung mehr besteht. Beim Umgang mit Pflanzen, Blumenzwiebeln u. ä., die mit Gefahrstoffen wie z. B. Pflanzenschutzmittel vorbehandelt sind, müssen ggf. Wartezeiten berücksichtigt werden. Auf jeden Fall muss beim Umgang mit Gefahrstoffen geeignete Schutzkleidung (z. B. undurchlässige Schutzhandschuhe) getragen werden. Im Hinblick auf Beschäftigungsverbote für werdende und stillende Mütter wird darauf hingewiesen, dass Schnittblumen meistens deutlich Pflanzenschutzmittel behaftet sind. Mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 bis 4 dürfen werdende Mütter nicht arbeiten, soweit bekannt ist, dass diese Arbeitsstoffe oder durch sie im Krankheitsfall bedingte therapeutische Maßnahmen die Gesundheit der schwangeren Arbeitnehmerin und des ungeborenen Kindes gefährden (Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz Anl. 1 Abs. A Nr. 2). Sofern werdende und stillende Mütter mit Erde umgehen, z. B. bei Umtopfarbeiten, beim Bepflanzen etc., sollte ein ausreichender Impfschutz gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) vorliegen. Bei Tätigkeiten im Freien besteht je nach Witterungsverlauf in der Zeit von März bis Oktober, insbesondere aber im Frühling und Frühsommer eine erhöhte Gefährdung durch Zeckenbisse. Mit einer etwas geringeren Gefährdung ist im Herbst zu rechnen. In Endemiegebieten (siehe Empfehlungen der Ständigen Impfkommission – STIKO-) kann sich hieraus eine erhöhte Gefahr von Frühsommermeningoencephalitis ergeben. Hiergegen ist vom Stand März 2007 Arbeitgeber eine Impfung anzubieten. Zusätzlich besteht eine erhöhte Gefahr der Infektion mit Erregern der Borreliose. Eine Übertragung der Erreger auf den Fötus ist möglich. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ist zu Beginn der Schwangerschaft höher als im weiteren Verlauf. Etwa bei 30% der infizierten Schwangeren kann es zu Schädigungen der Leibesfrucht kommen. Deshalb dürfen Schwangere nicht mit Tätigkeiten beschäftigt werden, bei denen ein Kontakt mit Zecken wahrscheinlich ist. Nach § 4 Abs. 1 MuSchG dürfen werdende Mütter nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von Hitze, Kälte oder Nässe ausgesetzt sind. Bei zu hohen Umgebungstemperaturen ist die Wärmeabfuhr des Körpers nicht ausreichend gewährleistet. Insbesondere bei länger andauernder Beschäftigung werdender Mütter z. B. in Gewächshäusern kann es zu schädlichen Einwirkungen von Hitze kommen, wenn die in der nachstehenden Tabelle aufgeführten Temperaturen überschritten werden. Gleiches gilt nach § 6 Abs. 3 MuSchG für stillende Mütter. Luftfeuchtigkeit unter 60 % über 60 % leichte Arbeiten 30 °C 28 °C mittelschwere Arbeiten 26 °C 24 °C Werdende Mütter dürfen nach § 4 Abs. 1 MuSchG nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von Lärm oder Erschütterungen ausgesetzt sind. Von einer schädlichen Einwirkung durch Lärm wird ausgegangen bei impulshaltigen Geräuschen oder wenn der Beurteilungspegel am Arbeitsplatz über 80 dB (A) beträgt. Erschütterungen können z. B. beim Arbeiten mit Rasenmähern, Baggern o. ä. auftreten. Gleiches gilt nach § 6 Abs. 2 MuSchG für stillende Mütter. Arbeiten, bei denen die werdende und stillende Mütter einer erhöhten Unfallgefahr, insbesondere der Gefahr auszugleiten, zu fallen oder abzustürzen, ausgesetzt sind, sind nicht zulässig, dies sind z. B. alle gefährlichen Baumarbeiten. Auf Baustellen kann im allgemeinen die Einhaltung der Schutzmaßnahmen und Beschäftigungsbeschränkungen nicht gewährleistet werden, so dass in den meisten Fällen eine Beschäftigung dort nicht möglich sein wird. Werdende und stillende Mütter, die im Stehen oder Gehen beschäftigt werden, müssen jederzeit die Möglichkeit haben, sich auf einer geeigneten Sitzgelegenheit kurzfristig auszuruhen. Zum Ausruhen während der Pausen und, wenn es erforderlich ist, auch während der Arbeitszeit, ist es den schwangeren Mitarbeiterinnen und stillenden Müttern zu ermöglichen, sich auf einer Liege in einem geeigneten Raum hinzulegen und auszuruhen. Stand März 2007