Bewältigung autistischer Verfassungen und Identität im Erwachsenenalter Kai Vogeley Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Klinikum der Universität zu Köln [email protected] Bewältigung autistischer Verfassungen und Identität im Erwachsenenalter 1. Einleitung 2. Diagnose 3. Komorbiditäten und Differentialdiagnose 4. Psychotherapie 5. Berufliche (Re)Integration 6. Erleben der eigenen „Identität“ 7. Fazit 1. Einleitung „Personenwahrnehmung“ und „Dingwahrnehmung“ „thing perception“ „non-social perception“ (Heider 1958) „person perception“ „social perception“ (Heider 1958) Kausalität Ambiguosität Intentionalität Deterministische Verarbeitung Probabilistische Verarbeitung Heider 1958 1. Einleitung Sozialer Blick „Die Komplexität von Gefühlen und Handlungen, die mit einem Blick verstanden werden können, ist überraschend groß, obwohl die volle Bedeutung der Relationen zwischen Mensch und Mensch nicht direkt evident ist“ (Heider 1958) „Sogar die Blickrichtung kann einen wichtigen Hinweis dafür liefern, was eine Person denkt, fühlt und wünscht …“ (Heider 1958) 1. Einleitung Sozialer Blick Kobayashi & Kohshima 2001 1. Einleitung Blickbasierte Interaktion: Nonverbaler „Turing-Test“ Mensch > Computer (Humall_block > Comall_block) mOFC VS VS x=7 y=4 Computer > Mensch (Comall_block > Humall_block) IPS MFG PC IPS z = 45 IFG MFG Gyrus frontalis inferior Parameter estimates Parameter estimates Sulcus intraparietalis Ventrales Striatum Parameter estimates Parameter estimates mOFC y = 55 Siemens 3T, SPM8, Event-Related-Design, n=20, random effect, height threshold p (FWE-corr.) = 0.05, extent threshold = 20 voxels Pfeiffer et al. 2011, 2012, 2014 1. Einleitung Blickbasierte Interaktion: Nonverbaler „Turing-Test“ Mensch > Computer Kontrollpersonen HFA x=4 x = -6 y=9 z = -15 Siemens 3T, SPM12, Event-Related-Design, Kontrollpersonen: n=8; HFA: n=8; Pfeiffer et al. 2011, 2012, 2014; Georgescu et al., in Vorbereitung 1. Einleitung Theory of Mind, Mentalising Fähigkeit, anderen Personen mentale Zustände adäquat zuzuschreiben, um das Verhalten anderer Personen vorhersagen oder erklären zu können (kognitive Domäne) Premack & Woodruff, BBS, 1978 Newen & Vogeley, Consc Cogn 2003; Frith & Frith, Br Res 2006 1. Einleitung Inferentielle und intuitive soziale Kognition Kognitive Prozesse Explizit Bewusst Rational Logisch Implizit Unbewusst Heuristisch Intuitiv Frith & Frith 2008 Verarbeitungsmodalitäten Verbal expliziter semantischer Code Sequentielle Verarbeitung Bewusste Produktion und Dekodierung Nonverbal Kein expliziter semantischer Code Dimensionale und prozessuale Komplexität Unbewusste Produktion und Dekodierung Frey 1999; Grammer et al. 1999 „Dual Process“-Modelle von Attributionsprozessen Kontrollierte, dispositionale, kausale Inferenz („reflektives System“) Automatische Verhaltensidentifikation („reflexives System“) Lieberman et al. 2002 1. Einleitung Kompensationsmechanismen Kognitive Leistungsfähigkeit Hohe KompensationsLeistungen Hochfunktionaler Autismus “Niedrigfunktionaler“ Autismus Geringe KompensationsLeistungen Alter Kindheit ErwachsenenAlter 2. Diagnose Autistisches Erleben („Hypo-Mentalising“) Störungen des intuitiven „Mentalisierens“ „Seit meiner Pubertät ist interpersonelle Kommunikation mein Lieblingsthema. (...) Zu lernen, das Handeln von Menschen vorausahnen zu können, interessierte mich.“ (Lasse von Dingens, Risse im Universum) „Ich wollte eine Freundin haben (...) Jedoch war mir weder klar, wie ich so eine Freundin finden sollte, noch wusste ich, was das bedeutet oder wozu es gut sein sollte.“ (Miggu, Risse im Universum) „Das Komplizierte an meinen Mitmenschen ist mitunter auch die Tatsache, dass sie nie richtig sagen, was sie meinen und umgekehrt auch nie richtig meinen, was sie sagen.“ (Florian P., Risse im Universum) „Wäre es nicht schön, wenn jeder schwiege?“ (Brauns, Buntschatten und Fledermäuse) „Die Welt, in der ich meine Kindheit verbrachte, war menschenleer. (...) Ich lebte in einer menschenleeren Welt. All diese Wesen, die mich umgaben, schienen einer anderen Spezies anzugehören, schienen sich qualitativ nicht zu unterscheiden von Tieren, Pflanzen oder Dingen. (...) Als Bewohner einer inneren Welt, war ich alleine, der Einzige.“ (Hajo, Risse im Universum) „Wenn ich Autismus in einem einzigen Satz erklären müsste, würde er so lauten: Autisten müssen mit ihrem bewussten Verstand lernen, was Nichtautisten intuitiv lernen.“ (Marc Segar, Survival Guide) 2. Diagnose Hochfunktionaler Autismus („Hypo-Mentalising“) 004 2. Diagnose Vergleich ICD-10 und DSM-5 ICD-10 Verschiedene Diagnosegruppen (F84.0, F84.1, F84.5, F84.8, F84.9) Interaktionsstörungen, Kommunikationsstörungen, Repetitive Verhaltensweisen, DSM-5 Diagnosegruppen Diagnostische Kriterien Frühe Manifestation, Signifikante Beeinträchtigungen, Fehlende alternative Erklärung Differenzierung nur über F84.0, F84.1, F84.5 Undifferenziert Eine Diagnosegruppe („Autism Spectrum Disorder“) Interaktions-/Kommunikationsstörungen, Repetitive Verhaltensweisen (inkl. sensorischer Symptome) Frühe Manifestation, Signifikante Beeinträchtigungen, Fehlende alternative Erklärung Schweregrad Lebensspanne Klinische „Specifier“ (Unterstützungsbedarf, Sprache, Intelligenz) Differenziert Somatische Störungen und Intelligenzminderung diagnostizierbar Zusatzdiagnosen Weitere psychische Störungen diagnostizierbar (bis 70%) Nicht spezifizierte tiefgreifende Entwicklungsstörungen (PDD-nos) Differentialdiagnosen Social (pragmatic) communication disorder (SCD) 3. Komorbiditäten und Differentialdiagnose Komorbidität Depression Kontrollen 100 100 80 80 60 28% 40 % der Fälle % der Fälle AS/HFA 60 40 15% 20 20 0 0 unauffällig unauffällig < 11 milde-mäßig milde-mäßig 11-17 klinisch relevant kli. relevant > 17 unauffällig milde-mäßig <11 11-17 Depressive Symptomatik in 43% der AS/HFA-Gruppe (p<0,001, t-Test) Lehnhardt et al. 2011 klinisch relevant >17 3. Komorbiditäten und Differentialdiagnose Differentialdiagnose Lehnhardt et al. 2013 4. Psychotherapie Partnerschaften Bisher keine Partnerschaften 27% Kinder 18% Ledig 7% Verheiratet/ Geschieden 24% Aktuelle oder frühere Partnerschaften 25% n = 148/178 Lehnhardt et al. 2011 4. Psychotherapie Berufsausbildung Abgeschlossenes Universitäts-/FH-Studium 35% Keine abgeschl. Schulausbildung 4% Keine abgeschl. Berufsausbildung 8% Realschulabschluss/ Abitur 16% Abgeschlossene Berufsausbildung 36% Etwa 35 % der betroffenen Personen sind seit etwa 6 Jahren (oder länger) arbeitslos (Männer zu Frauen etwa 2:1, mittlerer IQ 110 nach HAWIE-R, mittleres Alter 33 Jahre). n = 148/178 Lehnhardt et al. 2011 4. Psychotherapie Konzept „Erweiterung des Verhaltensrepertoires“ (Remschmidt & Kamp-Becker 2006) Verhaltensänderungen haben positiven Einfluss auf Gefühle und Gedanken, Einstellungen, Wertvorstellungen und können soziale, kommunikative und Problemlösungskompetenzen bereitstellen. Format der Therapie Gruppentherapie als „Laborsituation“ für soziale Interaktionen (begrenzte Personenzahl, geschlossene Gruppe, geschulte Therapeuten) Einzeltherapie bei komplexen Problemen, die nicht in der Gruppe besprochen werden können, Komorbidität Struktur der Sitzungen Äußere Rahmenbedingungen (Ablauf, Raum, Sitzordnung, Tageszeit etc.) möglichst nicht verändern Hohe Transparenz Spontaneität vermeiden Nonverbale Kommunikation vermeiden Beziehung zwischen Therapeut(in) und Patient(in) Transparente, direkte, explizite Kommunikation anstreben Nonverbale Kommunikation vermeiden (Botschaften zwischen den Zeilen, Metaphern, Ironie) „Kritik aushalten“ Vogeley 2012; Gawronski et al. 2012 4. Psychotherapie Offene Fragestellung Inhaltsanalyse Geschlossene Fragestellung Entwicklung eines bedarfsorientierten Konzepts Evaluation Gawronski et al. 2011, 2012 4. Psychotherapie Analyse der Therapiebedürfnisse autistischer Personen Forschungsfrage: „In welchen Bereichen wünschen sich Personen mit einer Autismus-Spektrum-Störung psychotherapeutische Hilfe und welche Anforderungen werden an den Psychotherapeuten gestellt?“ Gawronski et al. 2011, 2012 4. Psychotherapie Analyse der Therapiebedürfnisse autistischer Personen Soziale Kompetenz/Hilfe beim Abbau sozialer Angst und Training sozialer Fertigkeiten Kommunikation/Training kommunikativer Fertigkeiten Emotionen/Erkennen, Benennen, Umgang und Kommunikation von Emotionen Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen/Hilfe bei der Identitätsfindung Priorisierung/ Hilfe bei Organisation und Zeitmanagement Stress und Überforderung/Erlernen von Copingstrategien Komorbidität: Depression und Ängste/Störungsspezifische Interventionen Berufliche Passung/Hilfe bei der Berufsfindung Gawronski et al. 2011, 2012 4. Psychotherapie Wünsche an die/den Therapeutin/Therapeuten Die/Der Therapeutin/Therapeut soll auch für andere Kommunikationswege als den verbalen offen sein (schriftliche Kommunikation, Musik etc.). Die/Der Therapeutin/Therapeut soll nur auf das hören, was die/der Betroffene sagt und weniger das nonverbale Verhalten beachten und/oder interpretieren. Die/Der Therapeutin/Therapeut soll nicht versuchen, die/den Betroffene(n) zu einer Persönlichkeit zu machen, die er nicht ist. Gawronski et al. 2011, 2012 4. Psychotherapie Psychotherapiebedürfnisse 57% 46% 51% 61% 54% 55% 39% 30% 24% 21% 60% 50% 53% 50% 52% 43% 67% 22% 36% 33% 30% 24% 21% 18% 15% 6% 49% 43% 48% 60% 24% 18% 15% 9% 60% 53% 72% 27% 21% 15% Fragebogen Qualitative Inhaltsanalyse Kernproblematik Soziale Interaktion Kommunikation Theory of Mind Soziale Kompetenz Kognitive Flexibilität Assoziierte Problematik Berufliche Passung Identitätsfindung Umgang mit eigenen Emotionen Komorbiditäten Sensorik Priorisierung Stressbewältigung Motorik Übergreifende Problematik Unterstützung durch Institutionen/soziales Umfeld Kein Therapiebedarf Aufarbeitung autobiographischer Ereignisse Optimistische Lebenseinstellung Therapeutenvariablen Übergreifende Therapeutenmerkmale Fundierte störungsspezifische Kenntnisse Angepasste Kommunikation Gawronski et al. 2011, 2012 4. Psychotherapie Manualisierte Gruppenpsychotherapie Sitzungsübersicht Vorstellung und Kennenlernen Autismus-Spektrum & Depression Entspannung Stress I: Modell & Auslöser Stress II: Umgang mit Stress Stress III: Umgang mit Stress Stress IV: Umgang mit Stress Soziale Situationen I: Situationen analysieren Soziale Situationen II: Analysetraining Soziale Situationen III: Kommunizieren Konflikte I: Konfliktentstehung Konflikte II: Training konkreter Beispiele Ressourcen & Stärken Abschluss & Rückblick Gawronski et al. 2011; 2012 5. Berufliche (Re)Integration Absolvierte Berufsausbildungen Studienfächer (Universität, Fachhochschule) Informatik Jura Maschinenbau Psychologie Mathematik Musikwissenschaften Physik Elektrotechnik Geowissenschaften Pädagogik Chemie Ingenieurwissenschaften Luft- und Raumfahrt Philosophie Wirtschaftswissenschaften Bürokommunikation BWL Germanistik Japanologie Medizin Medizinische Bildverarbeitung Pharmazie Religionswissenschaften Theologie Visuelle Kommunikation 11 5 5 5 4 4 4 3 3 3 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Lehrberufe Diplom-Kaufmann Bürokauffrau Krankenschwester Sachbearbeiter Buchhalter Chemielaborant Elektroinstallateur Schriftsetzerin Technischer Zeichner Apothekenhelferin Arzthelferin Bauzeichner Buchbinder Buchhändler Chemisch-Technischer Assistent Chemotechniker Erzieher Fachinformatiker Fliesenleger Friseurin Kfz-Mechaniker Kolorist Kommunikationselektroniker Landschaftsgärtner Maschinenbauzeichner Mathematisch-Technischer Assistent Mediengestalter Online-Redakteur Sanitärinstallateur Schlosser Steuerfachwirt Tischler Lehnhardt et al. 2011 8 3 3 3 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 5. Berufliche (Re)Integration Ausbildung und Arbeitslosigkeit nach Altersgruppen Alter 15-24 25-34 35-44 45-54 55-65 Mittel Abiturienten N (MmA) MmA [%] BRD [%] Faktor 8 62,50 40,10 1,56 26 83,30 46,20 1,80 26 80,80 36,80 2,20 27 59,30 29,60 2,00 4 100,00 24,40 4,10 77,18 35,42 2,33 Hochschulabsolventen MmA [%] BRD [%] Faktor 12,50 1,30 9,62 39,10 17,90 2,18 38,50 18,90 2,04 33,30 16,60 2,01 50,00 18,00 2,78 34,68 14,54 3,72 Arbeitslosenquote MmA [%] BRD [%] Faktor 25,00 5,30 4,72 29,20 8,30 3,52 26,90 6,40 4,20 7,40 6,20 1,19 0,00 8,00 0,00 17,70 6,84 2,73 Arbeitslosigkeit nach Berufsqualifikationen Abschluss N (MmA) Ausbildung 40 Hochschule 31 Ungelernt 13 Mittel Arbeitslosenquote MmA [%] BRD [%] Faktor 15,00 3,90 3,85 9,70 1,90 5,11 69,20 17,80 3,89 31,30 7,87 4,28 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt in Zahlen, Bestand an Arbeitslosen nach ausgewählten Merkmalen Sept. 2014 5. Berufliche (Re)Integration Faktoranalyse „Erfahrungen am Arbeitsplatz“ Informelle Kontakte Regelbasierte Kontakte Team Strukturen Äußere Bedingungen Berufliche Zufriedenheit 5. Berufliche (Re)Integration Faktoranalyse „Erfahrungen am Arbeitsplatz“ Informelle 13,6% Kontakte Berufliche 12,7% Zufriedenheit Regelbasierte 11,2% Kontakte Äußere 11,0% Bedingungen Strukturen 8,1% Team 7,0% Anteil der Varianzaufklärung N = 71 Faktorladungen 5. Berufliche (Re)Integration Ergebnisse „Wünsche an den idealen Arbeitsplatz“ Autismusbezogene Wünsche Nicht autismusbezogene Wünsche N = 71 Mittlere Antwort 5: stimme voll zu; 1: stimme überhaupt nicht zu 5. Berufliche (Re)Integration Maßnahmenkatalog zur Inklusion Eignungsdiagnostik Schullaufbahn, frühere Berufsausbildungen, kognitive Leistungsfähigkeit, individuelles Neigungsprofil, „Gebrauchsanweisung“ Coaching Coaching-Gruppenangebot („off the job“) Ziel: Autistische Personen; bedarfsorientiert; professionell moderierte Gruppe; ggf. Coaching-Manual Coaching-Einzelangebot („on the job“) Ziel: Autistische Personen; flankierendes individuelles Arbeitstraining; professionelles Coaching-Angebot; ggf. Coaching-Manual Mitarbeiterschulungen Regelmäßige Seminarangebote Ziel: MitarbeiterInnen; festes Schulungsprogramm; ggf. Coaching-Manual Coaching-Mediations-Angebot Ziel: Autistische Personen und MitarbeiterInnen; bedarfsorientiert; professionelle Mediation 6. Erleben der eigenen „Identität“ Offene Befragung „Hat sich durch die Diagnose eines AS (F84.5) etwas in Ihrem Leben verändert? Wenn ja, was?“ „Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Gesundheits- und Sozialsystem im Anschluss an die Diagnosestellung gemacht?“ „Haben Sie therapeutische Hilfen in Anspruch genommen?“ „Wurden sonstige Hilfen beantragt oder in Anspruch genommen?“ „Wie bewerten Sie die Unterstützung durch Ihr soziales Umfeld?“ Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) Schoofs 2015 6. Erleben der eigenen „Identität“ Schoofs 2015 6. Erleben der eigenen „Identität“ Schoofs 2015 7. Fazit Spezialsprechstunde für ASS-E, Uniklinik Köln 1. Autismus-Spektrum-Störungen (ASS), die erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden, betreffen ganz überwiegend den hochfunktionalen Autismus bzw. das Asperger-Syndrom. 2. Erwachsene Betroffene werden überwiegend selbst auf die Differentialdiagnose ASS aufmerksam und suchen meist eigeninitiativ Psychologen oder (Fach-)Ärzte auf. 3. Differentialdiagnostisch sind das Mentalisierungsdefizit, die Rolle der sozialen „Intuition“, das Bedürfnis nach Struktur und die Lebensgeschichte zu erörtern. Häufigste Komorbidität sind depressive Syndrome. 4. Alltagsschwierigkeiten werden besonders im Beruf und in der Gestaltung von Beziehungen (Partnerschaften und Freundschaften) sichtbar. Daraus ergeben sich auch entsprechende Versorgungsbedürfnisse. 5. Wenngleich Screening- und neuropsychologische Instrumente einen Verdacht bestätigen können, kann aber auf dieser Grundlage dennoch keine Diagnose gestellt werden, diese muss geschulten Personen überlassen bleiben. 6. Die Diagnosestellung wird überwiegend als positiv für die eigene Identität (Neubewertung des eigenen Lebens, Gestaltung von Interaktionen mit anderen) erlebt. Nachholbedarf besteht in der beruflichen (Re-)Integration und in der Unterstützung durch Behörden, Ämter oder Institutionen.