Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 1 Sprachwissenschaft Deutsch 15.04.2002 Grammatik = Elemente + Regeln Frage: Wie entstehen Elementkategorien? Laute / Wortstamm + Endung / Silben / Wörter / Satzglieder / Sätze / Text Morpheme = funktionale Einheit <= ein Wort Satzzeichen = Leseanweisung, Intonationsanweisung Pragmatik = Wie wirkt eine Äußerung im Zusammenhang mit einer bestimmten Verwendungssituation? - Abhängig von Kommunikationsabsicht - Eigentliches / uneigentliches Sprechen - Abhängig von sozialen Verhältnissen Verwendung v. Namen NUR am Anfang und Ende eines Gespräches, nie mittendrin. 22.04.2002 Grammatik (normativ: richtig / falsch) (deskriptiv: Regelsystem, das zu einem Zeitpunkt für eine Sprache vorhanden ist, reflektiert Sprachzustand) Normalerweise ist Grammatik aus dem aktuellen Zustand ableitbar „So, wie alle sprechen, ist es richtig“ Präskriptive (vorschreibende) / deskriptive (beschreibende) Normen Paradigma = Beispiel Paradigmatische regeln Was kann statt einander vorkommen? Syntagmatische regeln Was kann hintereinander vorkommen? Jeder Laut (Phon) besteht aus einer charakteristischen Mischung von Schallwellen Schallwellenkonzentration = „Formanten“, für Kommunikation mindestens 2 vonnöten Ein Vokal wird durch seine Relation zu anderen Vokalen definiert. ü i u e o a Vokaldreieck Koartikulation: [ti:] <tea>: /ti:/ erklingt über Zeitraum hinweg gleichzeitig. Lautkontinuum: Alle Laute gehen ineinander über. Alles, was Bedeutung unterscheidet: Phonem Unterschiedliche Ausspracherealisierung: Allophon Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 2 29.04.2002 Blickwinkel auf Phoneme Relationeller: Gehirn gleicht aus: Wenn „i“ an bestimmter Stelle klingt, dann muss „a“, „e“, „o“ etc. da und dort liegen Gehirn ordnet Positionen des Vokaldreiecks automatisch zu. Funktionaler: Minimalpaaranalyse Deutsch i ü e ö a Kombinatorische Varianten Ich / aich Andere Sprache U o i U a Regionale Varianten [r] / [R] Freie Varianten Grund. d. Variation unklar Siebs – Wörterbuch der Deutschen Aussprache Bühnenaussprache. Siebs’sche Hochlautung Kurzvokale / Langvokale B, d,g p,t, k im Silbenauslaut Auslautverhärtung <Tag> [ta:k] <Gab> [ga:p] <Bad>[ba:t] 6.05.2002 <lesen> [le:z?n] « z » zwischen Vokalen <haus> [haus] im Auslaut <sagt> [za:kt] Auslautverhärtung <tag> [ta:k] Auslautverhärtung ∂ = Schwa Distinktiv: Merkmale, um Laute zu unterscheiden / beschreiben: lässt alles weg, was nicht zur eindeutigen Identifizierung notwendig ist. Artikulatorisch: Alles, was zur Artikulation notwendig ist, wird aufgezählt. i: Lang Hoch Ungerundet Vorne geschlossen I Kurz Hoch Ungerundet Vorne Offen Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 3 L = Liquid N = Nasal V = Vokal O = Obstruent (O) B (LN) (V) Ä O: Ä M L K (LN) R R R Anfangsrand (O) T Endrand stimmhaft Silbengipfel Distributionsregeln ( Phonetische / Phonologische) Phonetisch: - „ich“ nach vorderem Vokal, „aich“ nach hinterem Auslautverhärtung Stimmhaftes „s“ nur im Silbenanlaut j nur im Silbenanlaut ch nur im Silbenanlaut „ng“ nie im Silbenanlaut „ng“ nie nach Langvokal keine Kurzvokale im absoluten Auslaut. Syntagmatische Regeln = Distributionsregeln Phonologische Schrift: Graphem = Phonem. Historische Schreibung (z.B. ‚Stein’) <bieten> - Um-Interpretierung des „e“’s als Verlängerung des „i“’s Monophtongierung des Diphtongs <sehen> - Neuinterpretationen des „h“’s: Längenanzeiger im ihm alt Neu sige Sieg bine Biene Graphe Graphem <s> Allographe. Verschiedene Realisierungen (Graphe) eines Graphems in einer Handschrift: Allographe. 13.05.2002 Haus [au] [ao] D: explosiv dental stimmhaft unbehaucht lenis Weicher Einsatz T: Artikulatorische Merkmale: Distinktive, Distinktive Merkmale: 2 + 1 Explosiv Dental Stimmlos Behaucht Fortis Harter Einsatz Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 4 Tag [ta:k] Morphologisches Prinzip: Auch wenn ein Wort abgewandelt wird, behält es seine Schreibweise, damit Worte innerhalb eines Paradigmas gleich bleiben. Paradigma: Tag [ta:k]gütig Des Tages [ta:ges] Dem Tag Den Tag Semantisches Prinzip: wider Wieder Lid Lied Saite Seite Semantisch = bedeutungsmäßig. Durchbrechung des phonologischen Prinzips. Grammatisches Prinzip: Substantive werden im Deutschen groß geschrieben. Dt. Großschreibung ist teilweise aus Ehrerbietung entstanden. Kurzvokal: Verlängerung durch e; h; Doppelkonsonant, eh (du ziehst) <s> /s/ /z/ /∫/ Le s Silbengrenze Schön giftig zerbrechlich arm gütig klug ung Morphemgrenze Schönheit Giftigkeit Zerbrechlichkeit Armut Gütigkeit Klugheit ...bar ...lich ...keit ...sam Einfaches Adjektig: ...heit ...heit ...keit Allomorphe, die in einem Morphem zusammengefasst werden. Sind kombinatorisch, da von Art des Adjektivs abhängig. ..chen ..lein Stellungsbedingte, kombinatorische Allomorphe. Ei Grundmorphem er Plural Bohr Grundmorphem Bohrer = Nomen instrumenti er Instrument Bohr | t Bohr | en Flexive Flexion Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 5 Bohr | er = Wortbildung Plural = Flexion Verkleinerung = Wortbildung Lehrer = nomen agentis; Täterbezeichnung Neue semantische Komponente Öffner = Nomen instrumenti Öffn-er Öffn-en Mein-er = Flexionsparadigma Kammer = Grundmorphem Dieser = Flexionsmorphem Unser = Grundmorphem Jeder = Flexion Fahrer = nomen agentis / nomen acti (Umgangssprachlich: Ich hab’ einen Fahrer in mein Heft gemach ) Seufzer / Jodler: Nomen acti. 27.05.2002 segmentiert klassifiziert Morph Morphem Wortbildung Präfixbildung (v.a. bei Verben) vorne + Präfix Präfixoid Kann nicht alleine stehen (be|arbeiten) Kann alleine stehen (aus|arbeiten) Derivation: Explizite Ableitung (+ hinten) (Anhängen eines Suffixes, i.d.R. unselbstständig) Modifikation (Haus Häuschen) / Transposition (Schön Schönheit; Wortklasse ändert sich. Beispiel: Fußball Fußballer) 0 – Ableitung (implizite Ableitung) ruf | en Ruf ruf | t Ruf Konversion (kommt auch nichts hinzu). Hauptsächlich Verb Substantiv Das Leben ist schwer. Haus haus | en keine explizite Ableitung, da „en“ ein Flexiv ist. Komposition Uhr | werk Schlüssel | bund Beide Komponenten sind selbstständig Zusammenrückung (Syntagma: Aus dem Satzzusammenhang herausgerissen) Vergissmeinnicht (= Vergiss meiner nicht) Hohepriester Sauregurkenzeit Außerdem Zusammenbildung Problem: Grundsteinlegung („Legung“ gibt es nicht) Lösung: Substantiviertes Syntagma „grundsteinlegen“ Menschwerdung Lösung: Substantiviertes Syntagma „menschwerden“ Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 6 Abkürzungswörter (Kopfform / Schwanzform / Klammerform) Kopfform: Biologie Bio Universität Uni Schwanzform: Omnibus Bus Eisenbahn Bahn Klammerform: Lammwalze Lamm(fell)walze Apfelschorle Apfel(saft)schorle [Silbenworte: StraBa] Haus Grundmorpheme Basismorpheme Freie Morpheme Lexikalische Morpheme Hoffnung Gebundene Morpheme Grammatische Morpheme Derivate / Flexive Derivation = Ableitung „Du brauchst nicht zu kommen“ zu ist frei, doch inhaltslos freies grammatisches Morphem Sams | tag Sams ist Unikales / Blockiertes Morphem (Kommt nur in Samstag vor) Him | beere Konfixe (Gebunden, lexikalisch, kommt alleine nicht vor) Biogemüse Stief | kind mutter Biblio | thek (2 Konfixe) Überbegriff für Präfix und Suffix: Affix Zirkumfix: „geblümt“ Transposition + explizite Ableitung Ein gemachter Mann Flexion Motivation Brombeere Stachelbeere mach | bar Straßenbahnschaffner Teilmotiviert Vollmotiviert Motiviert Motiviert Beispiel: Durchführbarkeit durchführbar – keit durchführ(en) – bar durch | führ(en) Transposition Explizite Ableitung Adjektiv - Substantiv Transposition Explizite Ableitung Verb – Adjektiv Modifikation Präfixbildung Präfixoid 10.06.2002 Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 7 „bar“ morphologische Wirkung: Adjektivierung. Umschreibung mit „etwas was ... werden kann“ testen mit passivischer Umschreibung. Auffindbar: etwas was aufgefunden werden kann. kostbar Lexikalisiert Althochdeutsch (700-1500) Kündbar “ Mittelbar “ beran tragen offenbar “ fruhtbari Fruchttragend dankbari Dank hervorbringend sunterbari Bringt Absonderung hervor (sonderbar) Bar = verbum + passivisch potentiell Mittelhochdeutsch: -baere klage(s) / klage(v) Beispiel: gruozbaere für schwierige Bedeutungsdifferenzierung von „baere“ Im Mhd S / V als Basis, oft doppelt motiviert. [Substantiv ODER Verb] keine Regelmäßigkeit bei baere. Über die doppelt motivierten Formen hat das VERB den Fuß in die Tür bekommen. Ein Umlaut wurde früher durch ein Folgendes i bewirkt. mensa -ae Tag - 0 -e -ae -arum -es -e -ae -is -e -e|n -am -as -0 -e Pluralinformation ist mit Kasusinformation Der Singular ist nicht gekennzeichnet, beinhaltet verwoben hauptsächlich Kasusinformatinoen. Der Plural jedoch ist durch das „e“ gekennzeichnet. 17.06.2002 Grammatische Funktion der Artikel im Neuhochdeutschen: Kasusanzeiger. Wenn Kasus unklar, dann durch Artikel angezeigt. Semantik Vorstellung / Inhalt / Bedeutung Bezug bedeutet ruft hervor [baom] Das Bezeichnete / Die Sache / Signatum Wörter bekommen ihre Bedeutung erst im Gebrauch. Beschreiben von Bedeutungen: • Paraphrasierung • Darauf deuten 01.07.2002 Bei einem System handelt es sich um etwas voraussagbares. System Inhalt Ausdruck Sache Verben haben eine zeitliche Dimension bei sich. Ein Verb ist das, was ein Tempussignal hat. Skriptum Sprachwissenschaft Deutsch, Stand Donnerstag, 20. Mai 2004 Seite 8 Nootka – Indianer: Kennen nur verben. (Hier stuhlt es, es tischt, es bergt, es steint, es richardet) alles relativ zur Zeit gesehen. Mensch: Hyperonym (Oberbegriff) Kind, Mann, Frau: Hyponym Obligatorische Semantische Merkmale: Mann Mensch Männlich Erwachsen Denotat fakultative Merkmale Konnotat Wortfelder leicht – schwer Gleiche Wortart Verweisen auf Zusammenhänge, ein Weltausschnitt onomasiologisch = vom Inhalt ausgehend semasiologisch = ?