Kompositorische Invention und theologische Auslegung im

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Hochschule für
Alte Musik
Basler Bach-Forum V –– Montag, 24.11.2008, 18.15 Uhr, Kleiner Saal
Kompositorische Invention und theologische Auslegung
im geistlichen Werk Johann Sebastian Bachs
Ein Workshop um Bachs Kantate zum 27. Sonntag nach Trinitatis, „Wachet auf, ruft
uns die Stimme“ BWV 140
Referenten: Dr. Meinrad Walter und Prof. Rudolf Lutz
Das Thema
Dass Gesichtspunkte der theologischen Auslegung sowie Fragen und Konsequenzen der kompositorischen Invention in Bachs geistlichem Schaffen untrennbar miteinander verbunden sind, ist eigentlich unübersehbar und unüberhörbar. Dennoch werden beide Zugangswege nicht selten getrennt
voneinander beschritten oder sogar polemisch gegeneinander ausgespielt, herrscht manchmal
eine gewisse Sprachlosigkeit gegenüber dem methodischen Instrumentarium und Erkenntnisziel der
jeweils „anderen“ Richtung. In der heutigen Diskussion soll deshalb versucht werden, sowohl die
Grundlagen von Bachs theologischem Wissen und Grundzüge der barocken Auslegungstradition zu
rekonstruieren, als auch ein Verständnis für Eigengesetzlichkeiten der musikalischen Invention eines
barocken Komponisten wie Bach zu entwickeln. Im besten Fall sollte dabei – selbstverständlich im
Dialog mit dem Publikum – Bachs musikalisches „Manövrieren“ (R. Lutz) als Resultante von Traditionsbindung, kompositorischem Handwerk und textbezogener Kreativität erlebbar gemacht werden.
Johann Sebastian Bachs 1731 erstaufgeführte Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ eignet sich
besonders gut für eine solche Betrachtung. Das Libretto der Kantate enthält von Philipp Nicolais berühmtem Choral bis hin zum alttestamentarischen Hohelied zahlreiche Textschichten und Bezüge,
die vielfältige Anknüpfungspunkte sowohl für Bachs musikalische Theologie boten, als auch für unsere heutige Analyse bereitstellen. Die musikalisch sehr eingängige, gross besetzte und mit ihren zwei
Duetten sowie insgesamt drei Sätzen mit einzelner obligater Oberstimme auch höchst eigenwillige
Vertonung wiederum, bietet reichlich Stoff für einen praxisorientierten Einblick in Bachs kompositorische Werkstatt – bis hin zur verwandelten Wiederverwendung von Sätzen (Tenorarie Nr. 4 als Orgelchoral BWV 645). Nicht zuletzt kommt wie in diesem Jahr 2008 ein 27. Sonntag nach Trinitatis nur bei
sehr frühem Osterdatum zustande (in Bachs Leipziger Amtszeit etwa nur 1731und 1742) – ein besserer
Zeitpunkt für die Beschäftigung mit BWV 140 könnte also kaum gefunden werden.
Die Referenten
Dr. Meinrad Walter studierte katholische Theologie und Musikwissenschaft in Freiburg/Br. und München. In seiner Dissertation sowie in zahlreichen weiteren Veröffentlichungen und Vorträgen hat er
sich intensiv mit dem Verhältnis von Theologie und Musik im geistlichen Vokalwerk Bachs auseinandergesetzt. Nach wissenschaftlichen Beschäftigungen u.a. in Freiburg, Mannheim und Zürich ist er
heute als Mitarbeiter für Kirchenmusik der Erzdiözese Freiburg, Lehrbeauftragter für Liturgik an der
Musikhochschule Freiburg sowie nebenberuflich als Kirchenmusiker und darüber hinaus als Mitherausgeber der Zeitschriften „Musik und Kirche“ sowie „Musica Sacra“ tätig.
Prof. Rudolf Lutz hat als Dozent für Improvisation an der Schola Cantorum Basiliensis sowie mit einer
umfangreichen eigenen Konzert- und Vortragstätigkeit wesentlich zu einem neuen Verständnis der
historischen Improvisationskunst und Stilkunde beigetragen. Er ist langjähriger Organist der evangelischen Stadtkirche St. Laurenzen in St. Gallen sowie Leiter des Bachchores St. Gallen. Mit Unterstützung der J.S. Bachstiftung St. Gallen bringt er seit 2006 in einem Langzeitprojekt das gesamte Vokalwerk Johann Sebastian Bachs in kommentierten Darbietungen zur Aufführung.
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