86 B a u e n _ M i n e r g i e - P - E c o - Ü b e r b a u u n g > Mühlebachstrasse EnergieeffizieNz ist auch in der City möglich autor: Peter Boller An innerstädtischer Lage in Zürich, direkt am hochfre- te handelt es sich um eine bevorzugte Wohnlage am Schnitt- quentierten Bahnhof Stadelhofen, sind zwei Bauten mit punkt von kulturellen Angeboten und ruhigem Wohnquartier, Pioniercharakter für nachhaltige Baukultur entstanden. hervorragend angebunden an den öffentlichen Verkehr. Zwi- Die beiden sechsgeschossigen Wohn- und Bürohäuser schen den beiden Neubauten und den bestehenden Nach- sind konstruktiv in vorfabrizierter Holzbauweise erstellt bargebäuden haben die Architekten einen teilweise begrünten und haben das Zertifikat Minergie-P-Eco ® erhalten. innerstädtischen Aussenraum geschaffen. Schliesslich galt es an der Mühlebachstrasse, zwischen dem angrenzenden Das Grundstück zwischen Mühlebachstrasse und Hufgasse Haus aus der Gründerzeit und einem Bürogebäude aus der befand sich seit Generationen in Familienbesitz. Die Gebäu- Hochkonjunktur zu vermitteln. Als Lösung entschied man de dienten zuletzt als Proberäume des in Gehdistanz gele- sich für eine Fassade an beiden Neubauten aus kleinteiligen, genen Opernhauses. Als sich die Frage stellte, was mit den anthrazitfarbenen Naturschieferplatten. Diese kontrastiert Liegenschaften geschehen sollte, war für die Eigentümerinnen mit den hellgelb eingefärbten Fensterrahmenelementen mit vom Verkauf bis zur Sanierung der Gebäude alles denkbar. eingelassenen Schiebeläden. Die Attikageschosse und die Schliesslich entschieden sie sich, selber neu zu bauen. Klar Hoffassade des zur Mühlebachstrasse orientierten Hauses war dabei, ein Projekt an dieser zentralen Lage mitten in Zü- umhüllen hellgelbe Eternitplatten. Darin sind geschosshohe, rich mit Blick auf künftige Generationen nachhaltig und for- dunkle Flachkollektoren so geschickt eingefügt, dass sie im mal überzeugend zu erstellen. Der Architekt Beat Kämpfen, Bild gar nicht gesondert auffallen. «Wir haben es geschafft, der grosse Erfahrung im energieeffizienten Bauen hat, ent- mit den beiden vom Hersteller angebotenen Standardgrös- wickelte zusammen mit seinem Team einen Entwurf, der mit sen zu arbeiten», erzählt Projektleiter Beni Knecht. Eine be- zwei eigenständigen Baukörpern auf die städtebauliche Si- sondere Herausforderung sei allerdings die Führung der tuation reagiert. Während das Haus an der Mühlebachstras- Leitungen gewesen. Die Flachkollektoren sind Teil eines Ge- se als rechteckiger Bau eine Gebäudelücke schliesst, bildet samtsystems, das die beiden Häuser hinsichtlich des Ener- das Gebäude an der Hufgasse den Abschluss einer Zeile mit gieverbrauchs optimiert. Dieses setzt eine möglichst gut ge- Häusern aus den 1940er-Jahren und reagiert mit der leicht dämmte Aussenhülle und eine schlanke Gebäudetechnik vo- geschwungenen Fassade und der abgewinkelten Form auf raus. Für die fast 4500 m 2 beheizte Nutzfläche sind 60 kW an die Hofsituation. Wärmeleistung installiert – 13,5 Watt pro m 2. Fassade aus Naturschiefer Optimale Energiebilanz Der Bauplatz am Bahnhof Stadelhofen liegt unmittelbar vor Für die Wärmeerzeugung sorgt eine Pellets-Feuerung, er- der historischen Stadtgrenze mit den Schanzenanlagen. Heu- gänzt durch die vertikalen Flachkollektoren in der Hoffassa- 1 2 1_Nordansicht Mühlebachstrasse. 2_Nordansicht Hufgasse. 3 3_Nordansicht Hufgasse. 4_Attika Mühlebachstrasse. 5_Fassadenbekleidung Naturschiefer. 4 5 de (Haus Mühlebachstrasse) und Vakuumröhrenkollektoren Schon im Konzept des Entwurfs lag der Schwerpunkt auf auf dem Dach (Haus Hufgasse) für Warmwasser und Hei- einer optimalen Energiebilanz des Projekts. Wie das Ergeb- zungsvorwärmung. Separate Speicher in beiden Häusern nis zeigt, lassen sich auch innerstädtische Bauten sehr öko- stellen den optimalen Betrieb sicher und dienen als Energie- logisch und energieeffizient realisieren. speicher (semizentrales System). Das Pelletslager ist zweigeschossig und befindet sich in den Untergeschossen des Holz ist sichtbar Gebäudes an der Mühlebachstrasse. Je eine Fotovoltaikan- Für beide Bauten entschied man sich für eine Skelettbauwei- lage auf dem Dach des Baus Mühlebachstrasse (27 kWp) und se aus Holz mit 24 Zentimeter starken Brettschichtholzstüt- des Baus Hufgasse (14 kWp) produzieren jährlich rund zen aus Fichte und Tanne. Bei der Deckenkonstruktion wur- 37'000 kWh Strom. Dies genügt für den Jahresstrombedarf den Holz-Beton-Verbundelemente gewählt. Weil diese relativ von zehn der 15 Wohnungen. Die Lüftungsanlage funktioniert schwer sind und die Bedingungen auf der Baustelle mitten in für die beiden Häuser getrennt, damit der Regelungsmecha- der Stadt sehr beengt waren, erwog man vor Baubeginn, auf nismus möglichst einfach bleibt. Die Luft wird mittels Erd- eine Vorfertigung der Elemente zu verzichten und den Beton sonden vorgewärmt oder gekühlt. Die Luftmenge lässt sich direkt auf der Baustelle auf die 16 Zentimeter dicke Brettsta- je nach Wohnung oder Büroeinheit individuell regulieren. pelkonstruktion anzubringen. Eine Analyse ergab jedoch, 89 6 6_Küche Attika Hufgasse. 7_Badezimmergestaltung. 8_Situationsplan und Schnitt. 7 8 Mühlebachstrasse PV-Anlage PV-Anlage und Kollektoren Innenhof begrünt sse Hufga N Lageplan Mühlebachstrasse-Hufgasse - Schnitt dass diese Vorgehensweise nicht wirtschaftlich gewesen räume mit Mineralwolle aufgefüllt. Die Dämmungen sind nicht wäre. Schliesslich gelang der Transport der Fertigteile doch. brennbar ausgeführt. Weitere Gipsfaserplatten in den tra- Allerdings musste man die Geschossdecken im Erdgeschoss genden Aussenwänden leisten einen Feuerwiderstand von 30 der Mühlebachstrasse verstärken, damit die Transportfahr- Minuten für das Tragsystem. Um den notwendigen Feuerwi- zeuge sie befahren konnten. derstand des Tragwerks von 60 Minuten zu erreichen, sind die Die Untersicht aus Holz der Holz-Beton-Verbunddecken Stützen zusätzlich auf 30 Minuten Abbrand dimensioniert. ist in den Wohnungen und Gewerbeeinheiten sichtbar. Daran Eine Brandabschottung in jedem zweiten Geschoss auf Höhe erkennt man den Holzbau. Dank der sehr präzis gefertigten der Fenster verhindert, dass sich ein Brand über die Hinterlüf- Bauteile sieht man fast nichts von den Elementstössen. Die tung der Fassade ausbreitet. UV-Schutz-Lasur des Holzes verhindert, dass dieses durch die Sonneneinstrahlung nachdunkelt. Die Lüftung ist durch len. Für das Material sprechen die guten Eigenschaften von abgehängte Decken in den Gängen der Büros versteckt und Holz in Bezug auf Ökologie und Graue Energie und die ver- doch leicht zugänglich. Das Brandschutzkonzept sieht zu- gleichsweise schmalen Wandaufbauten, die trotz tiefer dem unterschiedliche Brandabschnitte vor. Wohnungstrenn- U-Werte möglich sind. Ein massiv erstelltes Untergeschoss wände sind beidseitig mit Gipsfaserplatten beplankt, Hohl- mit Räumen für Technik, Keller oder Veloabstellplätze und Es war unbestritten, die beiden Häuser in Holz zu erstel- 90 einer gemeinsamen Tiefgarage verbindet die beiden eigen- Alpen. Während das Haus an der Mühlebachstrasse so kon- ständigen Volumen. Auch das Erdgeschoss ist jeweils noch zipiert ist, dass Wohnungen und Büros möglich sind, ist das vollständig betoniert – ebenso die beiden Treppenhauskerne Objekt an der Hufgasse mit einer zimmerartigen Struktur auf aus Gründen des Brandschutzes und wegen der Statik der die Nutzung als Wohnraum ausgelegt. Beide Gebäude erfül- Gebäude. Die übrige Konstruktion ist ein vorfabrizierter Holz- len den Minergie-P-Eco-Standard – auch das eine Selbstver- rahmenbau mit Holz-Beton-Verbunddecken. Reine Holz- ständlichkeit im Architekturbüro von Beat Kämpfen. decken mit einer notwendigen Höhe von 45 cm kamen aufgrund der baurechtlichen Vorschriften in Bezug auf die Gesamthöhe der Gebäude nicht infrage. Die Wohnungen, deren Mietpreise wegen der exklusiven Lage im oberen Segment Kontakte liegen, sind grosszügig ausgelegt. Sie bestechen durch qua- Bauherrschaft Privat litätsvolle Materialien und in den oberen Geschossen durch eine wunderbare Sicht über die Stadt und den See bis in die Daten und Fakten Ort Mühlebachstrasse 8 + Hufgasse 11, Zürich Höhe ü.M. 409 m Heizgradtage 2006–2011 2951 bis 3663 Kxd/a Gebäude Planung2010 Bau / Sanierung 2010 – 2012 Gebäudetyp Wohn- und Geschäftsüberbauung Anzahl Wohnungen Total 15 Anzahl Arbeitsplätze MBS 42 / HUF 8 Energiebezugsfläche (EBZ) 2630 / 1794 m 2 Gebäudehülle Gebäudehüllfläche thermisch Ath Gebäudehüllzahl Ath/EBF Fensterfläche FF Fensterfläche FF/EBF U-Wert Glas g-Wert Glas 2466 / 1847 m 2 0,94 / 1,03 Ath/Ae 555 / 277 m 2 0,21 / 0,15 0,60 W/m 2K 60 % U-Werte Boden gegen Erdreich Boden gegen unbeheizt Wand gegen Erdreich Wand gegen unbeheizt Wand gegen aussen Decke resp. Dach gegen aussen Fenster, inkl. Rahmen 0.15 W/m 2K 0.18W/m 2K 0.15 W/m 2K 0.18 W/m 2K 0,13 W/m 2K 0.09 W/m 2K 0.68–0.77 W/m 2K Energieerzeugung Heizkessel Pelletskessel, 17 kW –60 kW modulierend, Pelletraum 81 m 3 Sonnenkollektoren MBS, Flachkollektoren an der Fassade, 95 m 2 HUF, Röhrenkollektoren auf Dach, 20 m 2 Wärmespeicher MBS 7700 Liter, HUF 3000 Liter PV 27 / 14 kWp Kontrollierte Lüftung mit WRB MBS 4500 / HUF 2200 m 3/h Luftvorwärmung / Kühlung mittels Erdsonden Wärmeverteilung Bodenheizung Energieberechnung (Projekt) Heizwärmebedarf optimiert Wärmebedarf für Warmwasser Gewichtete Energiekennzahl Ertrag Sonnenkollektoren Ertrag PV 7.5 / 9.4 kWh/m 2EBFa Wohnen/Büro 12.2 / 18.9 kWh/m 2EBFa 11.7 / 18.8 kWh/m 2EBFa 14 440 / 9860 kWh/a 21'600 / 11'200 kWh/a ArchitektInnen kämpfen für architektur ag Badenerstrasse 571, 8048 Zürich Fon +41 (0)44 344 46 20, Fax +41 (0)44 344 46 20 [email protected], www.kaempfen.com Energieplaner Planforum GmbH, Ingenieurbüro Tösstalstrasse 12, 8400 Winterthur Fon +41 (0)52 213 08 05, Fax +41 (0)52 213 08 10 [email protected], www.planforum.ch Planung Haustechnik Planforum GmbH, Ingenieurbüro Tösstalstrasse 12, 8400 Winterthur Fon +41 (0)52 213 08 05, Fax +41 (0)52 213 08 10 [email protected], www.plan-forum.com Planung Bauphysik Amstein & Walthert AG, Zürich Andreastrasse 11, 8050 Zürich Fon +41 (0)44 305 91 11, Fax +41 (0)44 305 92 14 [email protected], www.amstein-walthert.ch Planung Holzbauingenieur Makiol + Wiederkehr Dipl. Holzbauingenieure HTL/SISH Industriestrasse 9, 5712 Beinwil am See Fon +41 (0)62 765 15 35, Fax +41 (0)62 765 15 30 [email protected], www.holzbauing.ch Planung Bauingenieur De Vries Engineering GmbH Bächtoldstrasse 2, 8044 Zürich Fon +41 (0)43 268 42 20 Holzbau Hector Egger Holzbau AG Steinackerweg 18, 4901 Langenthal Fon +41 (0)62 919 07 07, Fax +41 (0)62 919 07 10 [email protected], www.hector-egger.ch Fassadenbau Gadola Fassaden AG Willikon 42, 8618 Oetwil am See Fon +41 (0)44 929 61 61, Fax +41 (0)44 929 61 71 [email protected], www.gadola-bau.ch PV-Anlage BE Netz AG Industriestrasse 4, 6030 Ebikon LU Fon +41 (0)41 319 00 00, Fax +41 (0)41 319 00 01 [email protected], www.benetz.ch Solarsysteme Solarline AG Elisabethenstrasse 8, 8004 Zürich Fon +41 (0)44 295 60 95, Fax +41 (0)44 295 60 99 [email protected], www.solarline.ch