"... an intact burial-chamber belonging to a great lady of the Royal

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HILDESHEIMER ÄGYPTOLOGISCHE BEITRÄGE
50
H E R A U S G E G E B E N VON B E T T I N A S C H M I T Z
G E G R Ü N D E T VON A R N E E G G E B R E C H T
PELIZAEUS-MUSEUM
HlLDESHElM
99
Zur Zierde gereicht
...
LL
Festschrift Bettina Schmitz
zum GO. Geburtstag am 24. Juli 2008
herausgegeben von Antje Spiekermann
VERLAG G E B R Ü D E R G E R S T E N B E R G
.
HlLDESHElM 2008
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothekverzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind
im lnternet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
Copyright O 2008 by Verlag Gebrüder Gerstenberg, Hildesheim
Satz: 0 & S Satz GmbH, Hildesheim
Gesamtherstellung:Gebrüder Gerstenberg GmbH & Co. KG, Hildesheim
Printed in Germany
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
ADELBERT UND HEIKE STÄNDER MIT ANTJE SPIEKERMANN
Schriftenverzeichnis Bettina Schmitz
HARTWIG ALTENM~LLER
Vater, Brüder und Götter - Bemerkungen zur Szene der Übergabe der Lotosblüte
PETER DER MANUELIAN
Hemiunu, Pehenptah, and GermanIAmerican Collaboration at the Giza Necropolis
(Giza Archives Project Gleanings: 11)
CHRISTIAN DINGENOTTO
Agyptische Kulturgeschichte(n)
DINA FALSINGSI BEATRIX GESSLER-LÖHR
Eine Königstochter und ein Königssohn aus der 18. Dynastie
RENATE GERMER
Eine Hamburger altägyptische Mumie mit 100-jahriger Röntgengeschichte
HEDViG GYÖRY
Anmerkungen zu jenen Terrakotten, die Harpokrates auf dem Thron sitzend darstellen
ELFRIEDE HASLAUER
Mumienarnulette aus Leder in der Ägyptischen Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien
PETER JANOSI
,,... an intact burial-chamber belonging to a peat lady o f the Royal Family of the Fourth Dynasty
"
oder: Wo waren Chephrens Töchter bestattet?
JOACHIM S. KARIG
Das Grab des Soter - Zur Geschichte eines Fundkomplexes
DIETER KESSLER
Einwickeln und unterirdische Ablage von Bronzen im Tierfriedhof von Tuna el-Gebel
MAIKE KOZOK
Das Pelizaeus-Museum - die frühen Jahre
KATJA LEMBKE
Zeitlose Schönheit - Eine Hildesheimer Neuerwerbung
HERBERT REYER
Der &yptologe Günther Roeder 1881-1966
Biographische Skizze eines Hildesheimer Museumsdirektors mit einem Verzeichnis seiner Schriften
MARGRID SCHIEWEK-GIESEL
b t e n in Hildesheim - aus der Praxis berichtet
ADELHEID SCHLOTT
Altkgyptische Motive in Mozarts Oper „Die Zauberflöte"
und ihre Umsetzung in den Scherenschnittenvon Lotte Reiniger
ANTJE SPIEKERMANN
Steindorff und Mastaba G 2005
FRANK STEINMANN
Einige Bemerkungen zum Schiffbrüchigen
DIRK VAN DER PLAS
Ostrakon Golenischeff 4470
MARTIN VON FALCK
Aegyptiaca Hammonensia
HEIKE WILDE
Aspekte des Regenerationsgedankensder ägyptischen Religion
im Spiegel einiger Objekte der Sammlung Pelizaeus
DAGMAR WINZER
Ohne Muster wird ein Grab draus Plädoyer für das visuelle Gedächtnis altägyptischer Handwerker
Tabula Gratulatoria
ROSEMARIE DRENKHAHN
Ein persönlicher Geburtstagsgruß
MANFRED GUTGESELL
Ein vermasseltes Grußwort zum 60. Geburtstag
,,... an intact burial-chamber belonging to a great kzdy of
the Royal Family of the Fourth Dynasty"*
oder:
Wo waren Chephrens Töchter bestattet?
Peter Jhosi
Auf der Suche nach dem Verbleib der weiblichen Familienmitglieder des Königshauses der 4. Dynastie stöi3t man im erhaltenen Befund recht schnell an die Grenzen möglicher Aussagen. Wie bei vielen Herrschern des Aiten Reiches ist auch für
den vierten König der 4. Dynastie der Familienverband nur skizzenhaft zu rekonstruieren. Bei strenger Prüfung muss man
generell feststellen, dass keine der bisher in der Literatur als Töchter des Chephren gefuhrten Damen ihre Abstammung
lupenrein belegen kann. In allen Fällen deuten lediglich Indizien eine mögliche familiäre Verbindung an. Es mag daher
verwegen erscheinen, nach dem Bestattungsort jener Frauen zu fragen, von denen weder Anzahl noch Zuordnung eindeutig ist.' Der Beitrag soll auf ein nach wie vor ungelöstes Problem in der Diskussion zur Identifizierung von Königskindern
aufmerksam machen, dem die verehrte Jubilarin vor vielen Jahren selbst so meisterlich nachgegangen ist.2 Inwieweit sind
Wahl des Bestattungsplatzes, Form einer Grabanlage und Grabausstattung verlässliche Indikatoren zur Bestimmung des
Status' der Bestatteten?
In der Literatur sind bisher folgende Frauen als Töchter des Chephren identifiziert worden:
Schepsetkau (Mutter: Meresanch IIL3): dargestellt im Grab ihres Bruders Nebemachet (G 8172 = LG 86).4 Ob und mit
ihre Grabanlage ist unbekannt. Weitere anonyme Töchter sind
wem die Prinzessin verehelicht war, ist nicht fest~ustellen;~
im Grab der Meresanch 111. (G 753Osub) dargestellt.6
Chaimerernebti 11. (Mutter: Chaimerernebti I.'), ,,Galarzagrabd'= G 8978': Laut der Architravinschrift ihres Grabes war
Chaimerernebti 11. Prinzessin und Königin, jedoch keine KönigsmutterS9Ailgemein wird Mykerinos als ihr Gatte angesehen, der ebenfalls ein Sohn der Chaimerernebti I. gewesen sein soll und laut der rekonstruierten Familienverbindungen
daher seine Schwester geehelicht haben muss; ein sicherer Beleg für diese Ehe fehlt jedoch.'' Die Position ihrer Grabanlage
im CentralField ist bisher nicht befriedigend erklärt, da sie als Gemahlin des Mykerinos wohl in einer der kleinen Nebenpyramiden (G I11 a-C)beigesetzt werden sollte."
* S. Hassan, Excavations at G& (1935/[email protected]. VII, Kairo 1953, 4.
Vgl. die Bestandsaufnahmebei B. Schmitz, ,,Untersuchungen zum Etel S i - n j h t Königssohn? Diss. Bonn 1976,18-22, 109-1 13. Zu den Grabanlagen
der Königsmütter jener Zeit siehe zuletzt grundlegend S. Roth, Die Königsmütter des Alten Ägypten von der Frühzeit bis zum Ende der 12. Dynastie.
ÄUAT46,2001, passim, vor allem 3 15-320.
'
Mit ihrer Arbeit zu den Prinzentiteln des Alten Reiches (s. Anm. 1) hat Bettina Schmitz einen heute noch sicheren Weg durch das ,,Titel-Dickicht"
dieser Epoche gewiesen.
Die Ehe mit Chephren ist anhand zeitgenössischer Dokumente nicht belegbar und wird aufgrund von Indizien erschlossen, B. Schmitz, ,,Königssohn",
52; W. Seipel, Untersuchungen zu den ägyptischen Königinnen der Frühzeit und des Alten Reiches. Quelkn und historische Einordnung. Diss. Hambnrg
1980, 151; V. G. Callender, The Wives of the Egyptian Kings. Dynasties I - M I . 3. Bd. Unveröff. Diss. Macquarie University 1992,68f.
PM 1112, 230(3). Die Grabnummern folgen den kürzlich von Peter Der Manuelian vergebenen Kennzahlen für bisher unnummerierte Gräber im
Reisner-Archiv, Boston (www.~iza~vramids.ordcode/emuseum.asp).
B. Schmitz, ,,Königssohn", 52f., 109, 124. Dass sie die Gemahlin des Kanefer (G 2150) war, ist wohl auszuschlief3en, da dessen Gemahlin den Prinzessinnentitel nicht trägt, siehe Y. Harpur, Decoration in Egyptian Tombs of the Old Kingdom. Studies in Orientation and Scene Content. London 1987, 14,
243,250 (8),286.
PM IIIZ, 198(6), 199(5);der Verbleib dieser Frauen ist ebenfalls nicht zu eruieren.
Die Grabanlage dieser Frau ist bisher nicht entdeckt worden (zu einem Identifizier~n~sversuch
siehe M. Baud, BIFAO 95, 1995,ll-21 und ders., GM
164, 1998,7-14, dagegen S. Roth, Königsmütter, 85 Anm. 460).
G 8978 befindet sich in der äußersten Nord-West-Ecke des Central Field und liegt unmittelbar westlich des Chephren-Taltempels. Die Felsanlage
wurde zwischen 1907 und 1908 vom Comte de Galarza freigelegt. Die Grabungsvorberichtevon G. Daressy und A. Bey Kamal sind oberflächlich und
weichen bedauerlicherweise in manchen Details voneinander ab, G. Daressy, ASAE 10, 1910, 4 1 4 9 , und A. Bey Karnal, op.cit., 1186 Selim Hassan
hatte das Grab in seinem Gesamtplan miteinbezogen, eine Beschreibung fehlt jedoch, siehe G t . M, 1960, General Plan. Der ägyptische Ausgräber
arbeitete in den Jahren 1930131 in diesem Sektor des Gräberfeldes, S. Hassan, Gtza 11, Kairo 1936; V. G. Callender - I? Jinosi, MDAIK53, 1997,
1-22.
W.Seipel, Untersuchungen,163-168; V. G. Callender, WivesIII,78-81; V. G. Callender- I!Jinosi, MDAIK53, 1997, fig. 8, TE 1; zuletzt ausführlich
S. Roth, Königsmütter, 81-87.
S. Roth, Königsmütter, 82. Vor allem W. Federn, Zur Familien-Geschichte der IV Dynastie. Unveröff. Diss. Wien 1934, 43; ders., WZKM 42, 1936,
190-192, hat die Geschwisterehe ersten Grades in der 4. Dynastie in Zweifel gezogen, da er dafür keine Beweise sah.
Einer sehr ansprechenden Theorie zufolge, siehe S. Roth, Königsmütter, 8 k 8 7 , könnte G 8978 ursprünglich für Chaimerernebti I. vorgesehen gewesen
sein, wurde dann aber (ahnlich wie im Fall von G 7530sub)zugunsten ihrer Tochter übergeben, als die Mutter nach der Thronbesteignng ihres Sohnes
Mykerinos im Rang einer Königsmutter in einer der Nebenpyramiden (vielleicht G 111-a) bestattet wurde.
Rechitre (Mutter: unbekannt), G 853012:In einer Inschrift am Grabeingang der Mastaba des Totenpriesters (Hr wsr-jb
[Fj.$Ry s;.tJJ genannt und dargestellt, der Kaemnefret Opfer darbringt.I3 Diese Inschrift scheint eine der wenigen
Ausnahmen zu sein, die die A$luinft einer Prinzessin explizit belegt.14 Die Position ihrer Grabanlage im Central Field
spricht nicht gegen die Abkunft von Chephren, doch bestätigt sie diese auch nicht unbedingt. Als mögliche Gemahlin des
dieses HerrMykerinos (s. Anm. 12) erhebt sich nämlich die Frage, warum sie nicht in einer der K~niginnenp~ramiden
schers beigesetzt wurde.
Hemetre (Mutter: unbekannt), G 8464: Seit der Entdeckung ihres Grabes15galt auch „Prinzessin" Hemetre (Hmt-RC)
als eine Tochter des Chephren.16Ihre gewaltige Felsanlage - es ist eines der größten Felsgräber im Central Field - liegt im
nordwestlichen Teil zwischen den Gräbern des Iunre (G 8466) im Nordwesten und des Anchmare (G 8460) im Südosten."
Ihre Grabinschriften weisen sie als „älteste leibliche Königstochter" und „Priesterin der Hathor" aus.'* Die Verbindung mit
Chephren erfolgte aufgrund der im Grab genannten Domänennamen, die ausschließlich diesen Herrscher nennen.19Als
Angelpunkt zur Datierung diente darüber hinaus auch ein im Grab genannter Totenpriester mit dem basilophoren Eigennamen Schep~eskafanch.~~
Anhand gut belegbarer Kriterien hat jedoch Andrey 0. Bolshakov überzeugend aufieigen können, dass Hemetre frü.~~
hestens in die zweite Hälfte der 5. Dynastie zu datieren ist und daher nicht direkt von Chephren a b ~ t a m m t e Dieser
Ansatz kann auch durch die komplexe Baugeschichte des Felsgrabes gestützt werden, welches um die Wende zur 5. Dynastie begonnen worden sein dürfte, später dann aber von „Prinzessin" Hemetre „usurpierta und erweitert wurde.22Hemetre
ist folglich aus der Prinzessinnenreihe der 4. Dynastie ausz~scheiden.~~
Anonym, G 8250: Als Tochter des Chephren ist eine anonyme Grabbesitzerin bekannt, deren Bestattung komplett er. ~ der
~ Literatur spielt
halten (!) in einer Mastaba im CentmlFieMentdeckt wurde („Mastabaof Daughter of K h e ~ h r e n " )In
Die Grabanlage liegt einige Meter südlich des Chephren-Aufivegs und Ca. 155 m östlich vom Grab der Königin Chaimerernebti 11. (G 8978). Die
Anlage wurde 1934135von Selim Hassan entdeckt und freigelegt, der auch die einzige - leider etwas verwirrende - Dokumentation liefert, Gtm VI13,
5-8. Als Gatte der Königin wird mehrheitlich Mykerinos vorgeschlagen, W. Seipel, Königinnen, 169-172; Y. Harpur, Decoration, 244; S. Roth, Königsmiitter, 396; vorsichtig B. Schmitz, ,,Königssohn", 124f.; V. G. Callender, Wlves 111, 83.
S. Hassan, G t m VI/3,22, Abb. 14 und 15, TE 6; PMIIIZ,250; B. Schmitz, „Kön&ohn'~ 48; M. Baud, Farnille royale etpouuoirsous ljlncien Empire
L'ptien. BdE 126, 1999,515 [149]. Ostlich vor dem Grab des Iriennacht wurde ein unvollständigerArchitravblock mit der Inschrift „Der König von
Ober- und Unterägypten (Chephren), seine älteste Tochter 111" gefunden, der seit seiner Entdeckung ebenfalls der Königin zugewiesen wird, S. Hassan,
op.cit., 26 Abb. 19, TE 9A.
l 4 Angaben zur direkten Abkunft von einem namentlich genannten Herrscher sind selten und in allen bisher bekannten Fällen nicht mit dem in den
Texten erwähnten König zeitgenössisch: Im Grab der Meresanch 111. nennt Hetepheres 11. ihre Abkunft von Cheops und im Grab ihres Sohnes,
Snofruchaief (G 7070), wird Nefretkau als Tochter des Snofru genannt. Da der verworfene und unvollständigeArchitrav (s. Anm. 13) sicher nicht vom
Felsgrab der Rechitre stammt bzw. die Zuweisung an diese Königin ohnehin nicht eindeutig ist, bestünde theoretisch auch die Möglichkeit, die Inschriften im Grab des Kaemnefret als fiktive Genealogie anzusehen, die die Priesterfamilie zur Steigerung ihres Ansehens in der 6. Dynastie anfertigen
lieg.
l5 1934135 legte Selim Hassan dieses Felsgrab frei, G t m VI13,43-65; PMI112,2436
l 6 B. Schmitz, ,,Königsrohn': 110; Y. Harpur, Decoration, 243. Anders H. Jaquet-Gordon, Les noms des domaines&nLraires sour hncien empire Lgptien,
BdE 34, 1962, 232, die Schepseskaf als Vater vorschlug.
I7 PMIIIZ,243, 246.
l 8 S. Hassan, Giza VI/3,43. Auch die Bezeichnung nb.t-jmib 6r-jt.s wurde als Indiz einer leiblichen Abkunft von einem König angesehen, B. Schmitz,
,,Königssohn ", 110.
S. Hassan, GEzaVI/3,49-51, Abb. 37 und 38, Tf. 24; H. Jaquet-Gordon, Domaines, 232f. (14G4-5).
" S. Hassan, Gtm VI13, 64f., P M IIIZ,243; B. Begelsbacher-Fischer, Untersuchungenzur Götterwelt des Alten Reiches im Spiegel der Priuatgräber der ii!
und V Dynastie. O B 0 37, 1981, 121; Y. Harpur, Decoration, 268. Obwohl Harpur bereits einige Merkmale in den Texten und Darstellungen des
Grabes aufgefallen sind, die sich mit der Datierung in die späte 4. Dynastie schwer vereinbar ließen, blieb sie vermutlich aufgrund der im Grab vorhandenen Königsnamen beim älteren Datier~n~svorschlag.
A. 0.Bolshakov, CdE 67, 1992,203-210; ders., in: ,Le lonü qui sort de terre't Melanges offert d Edit Varga. Bullen'n du Mwe'e Hongroü des Beau-Arts
Suppl. 2001 (hg. von H. Györy), Budapest 2001, 77-80. Auch die von N. Cherpion erarbeiteten Kriterien (crit. 46 und 47: Mastabas et Hypogh
dAncien Empire. Leproblhe de la Datation. Brüssel 1989, 71, 192-194, 227) schließen eine Datierung der Hemetre nach der Mitte der 5. Dynastie
nicht aus. An der Datierung am Ende der 4. Dynastie hält hingegen M. Baud, Farnille royak, 517f., fest, ohne allerdings Bolshakovs Argumente zu
entkräften.
2z So bereits A. 0. Bolshakov, CdE 67, 1992, 205; I> Jhnosi, Gim in der 4. Dynastie. Die Baugeschichte und Belepng einer Nekropole des Alten Reiches E
Die Mastabas der Kernfiiedhhöfe und die Felgräber. Untersuchungen der Zweigstelle Kairo, ÖsterreichischeAkademie der Wissenschaften, Denkschriften der Gesamtakademie,Wien 2004,418-422.
23 Vermutlich war sie nur eine entfernte Verwandte aus dem Königshaus der 4. Dynastie, die sich noch im CentralFieldvon Giza bestatten ließ. Hemetre nennt drei Söhne und drei Töchter, die jedoch alle nur den rh(t) niswt-%tel tragen, S. Hassan, GizaVI13, 43; vgl. B. Schmitz, ,,Königssohn", 104.
Ihr Gemahl ist unbekannt. HassansVermumng (GizaVI/3,65), dass der Priester Senebuka ihr Mann gewesen sein könnte, da er in den Darstellungen
eine prominente Rolle spielt (vgl. auch Y. Harpur, Decoration, 16 und Anm. 21), ist abzulehnen, da Ehemänner in den Gräbern von Frauen nicht
dargestellt werden, s. A. M. Roth, JARCE 36, 1999,456 G. A. Reisner, A History ofthe G i m Nerropolis. Vol. I, Cambridge (Mass.) 1942, 229, schlug
hingegen einen gewissen Schepsesrevor, da einer der im Grab genannten Söhne den Namen Schepsesrescheri trägt, siehe auch B. Schmitz, op.cit., 126;
M. Baud, Farnille royale, 5 18f.
24 PMIIIZ,239.
IZ
"
"
diese Frauenbestattung eine untergeordnete Rolle, da die Identifizierungweder anhand von Inschriften noch irgendwelcher
Darstellungen erfolgte, sondern allein auf dem archäologischen und architektonischen Befund der Mastaba aufbaut.
Die von Selim Hasssan 193617 freigelegte Anlage (Abb. 1 und 2) liegt in dem unregelmaßigen Steinbruchgeländeetwas
südöstlich des Felsgrabkomplexes des Prinzen Iunmin (G 8080 = LG 92).25Der Oberbau (max. 21,l X 12,2 X 3,5 +X m) ist
aus groi3en und grob zugehauenen lokalen Kalksteinblöcken unterschiedlicher Qualität errichtet, die auf einem natürlichen Felssockel des anstehenden Steinbruchbodens verlegt wurden (Photo). An der östlichen Fassade des Grabes sind zwei
goße Scheintüren angebra~ht.'~
Während die nördliche lediglich einen einfachen Rücksprung zeigt, weist die südliche
einen zweifachen Rücksprung und eine schmale Türnische auf. Beide Scheintüren blieben unbeschrifiet. Knapp südlich
der Hauptscheintür und unter dem Bodenniveau führt ein kurzer Stollen unter das Grabmassiv, der wohl als Beginn einer
weiteren (oder ersten?) geplanten Substruktur anzusehen ist.27Ungefahr in der Mitte und unter dem aufgemauerten Teil
des Mastabaoberbaus öffnet sich direkt im Fels ein schräger Korridor, der in eine Nord-Süd orientierte Sargkammer führt.
Die niedere SargDer Eingangskorridor war bei der Entdeckung noch original mit vier Kalksteinblöcken ver~chlossen.~~
kammer ist grob aus dem Fels geschlagen und misst 4 X 2-2,l X 1,55 m mit einer 3,35 X 1,6 m goi3en Erweiterung nach
Westen, wo der nur roh geglättete, jedoch versiegelte Kalksteinsarkophag stand." Dieser enthielt die Bestattung einer Frau,
deren Kopf nach Norden und das Gesicht nach Osten gerichtet waren. Der Körper der Bestatteten war von Kopf bis zu
den Knöcheln mit verschiedenartigem Goldgeschmeide geschmückt, wovon bedauerlicherweise weder Aufnahmen noch
Vor der Ostseite des Sarkophags lag unter verschiedenen Keramikgefäßen auch ein Reservekopf
Zeichnungen exi~tieren.~'
aus feinem Kalkstein auf dem B ~ d e n . Darüber
~'
hinaus wurden auch die Überreste eines halben Ochsen, zwei Silexklingen
und an der Südostecke des Sarkophags ein Ensemble aus 22 Modell-Kupfenverkzeugen ~ichergestellt.~~
Weder am Oberbau noch in der Sargkamrner geben Inschriften Auskunft zur Identität der Bestatteten. Die Datierung
des Grabes und Zuordnung der Grabbesitzerin nahm der Ausgräber aufgrund der Bauweise der Mastaba33und des in der
e s ~Vor
~ allem letzterer schien Hassan ein ausreichendes Indiz zu sein, die BestatSargkammer gefundenen E r s a t ~ k o ~ fvor.
tung in die 4. Dynastie zu datieren, da ,,... the employment [of the head] was limited to the Fourth Dynasty''.35 Da die Mas-
S. Hassan, Gtza VII, 1-5, Tfn. I-VI, GeneralPlan: H115. Eine ausgezeichnete Aufnahme von der Grabungstätigkeit S. Hassans in diesem Nekropolengebiet zeigt das Luftbild der Egyptian Army Airj$orce vom 29. Februar 1936 (www.gizapyramids.orglcodelemuseum.asp?newpage=gizal936zoomi~).
Im Photo sind deutlich die hohen Schuttmassen zu erkennen, unter denen das Grab noch völlig verborgen liegt. Die heute eher unbeachtete Anlage
samt ihrer Bestattung ist mit einer kurzen Notiz in der Zllustrated London Newsvom 11. April 1936 (S. 639) bedacht worden und fand auch Erwähnung
im renommierten Fachmagazin AmericanJournal ofArchaeology,April-June 1936,248. Wohl erkannte Hassan die Wichtigkeit seiner Entdeckung und
publizierte bwits im Band GIza VIJpart 11, 1948, 7f. seiner Giza-Reihe unter dem Titel ,,The Burial-Chamber andEilipment ofa Princess, Daughter
of HCj.f-RC"einekurze Zusammenfassung des Befundes. Die eigentliche Publikation im Band VII !geht jedoch trotz des ungestörten Befundes in der
Sargkammer und der darin gemachten Goldfunde bedauerlicherweise kaum über die ältere Version hinaus (s. Anm. 30).
l6 S. Hassan, GizaVII, Fig. 2.
27 Die Breite des Korridors entspricht dem des nördlichen Korridors. In der Schuttfüllung fanden sich ,,afew roughly madejars of red-ware",S. Hassan,
Giza VII, 1.
28 S. Hassan, Gtza VIlpart 11, 7; ders., Giza VII, 1. Weder Maße noch Zeichnungen bzw. Photographien wurden von dieser Blockierungveröffentlicht.
Zwischen zwei der Blockiersteine war eine fein gearbeitete und in mehrere Teile zerbrochene Kopfstütze aus Alabaster eingeklemmt, s. ders., G i z VII,
Tf. I und IIA. In einem Aquarell, das den intakten Befund der Sargkammer festhält, siehe S. Hassan, Giza V, Tf. lA, ist die Kopfstüm in zusammengesetztem Zustand auf der Nordostecke des Sarkophagdeckels stehend abgebildet und erweckt den fälschlichen Eindruck, als wäre sie dort intakt gefunden worden.
1%
'' Laut Ausgräber, Gtza VIlpart II,7; ders., GizaVII, 4, war die Sargkammervom Kammerboden bis an die Decke mit Nilschlamm gefüllt, deren Ursache er auf schwere Regenfälle oder eine starke Nilflut zurückführte. Letzteres ist angesichts der Lage der Mastaba wohl auszuschließen. Vgl. dazu den
Mastaba (G 8260) (siehe Anhang). In der Sargkarnmer fand sich nur eine
Befund in der nördlichen Sargkammer der ,,PrinzuChn~mbaefzu~ewiesenen
s. ders., Giza VIIpart II,9; ders., Gtza VII, 9. Da es unwahrscheinlich ist, dass die Schlammmenge in der
dünne Schicht von S~hlammablagerun~en,
anonymen Mastaba über den blockierten Eingangskorridor in die Sargkammer eingedrungen ist, muss man annehmen, dass der Kalksteinboden, auf
ist. Beachte dazu auch die Beobachtung des Ausgräbers, dass auch der versiegelte Sardem die Mastaba errichtet wurde, porös und wasserd~rchl'ässi~
kophag bei der Öffnung ,,entirelyfiied with mupwar, S. Hassan, Giza VIIpart 11, 8; ders., Giul VII, 4.
30 Hassan, Giza VIIpart 11, 8; ders., Giul VII, 4. Der Verbleib dieses Goldfundes ist unbekannt (vielleicht im Magazin in Giza?). Er umfasste laut Grabungsbericht ein mehrteiliges Ensemble bestehend aus einem goldenen Stirnband mit ebensolchen Seitenbändern, einer Halskette mit auf drei Goldfäden aufgezogenen Steatitperlen, einer unbestimmte Menge an Gold- und Fayenceperlen einer weiteren Halskette, die von zwei halbrunden Goldverschlüssen zusammengehalten wurde, einem Kupfergürtel mit Goldfolie, Arm- und Fugreifen aus Blattgold sowie goldenen Fingerhülsen.
31 Während die Höhe des Kopfes in der Grabpublikation mit 25 cm angegeben wird, S. Hassan, GLza VII, 4f., Tfn. I11 U. IVA, wird sie in der älteren
Veröffentlichung mit 27,8 cm vermerkt, Hassan, Gtza VIIpart 11, 8. Der Verbleib des Kopfes ist unbekannt, R. Tefnin, Art et Magie au Temps des Pymmides. TLenipe des teter dites ,,de remplacernent'! Mon. Aeg. V , 1991, 11 8.
32 S. Hassan, Giza VIlpart 11, 8; ders., Gtza VII, 5, Tfn. IVB, V und VI.
33 S. Hassan, Gtm VII, 5: ,,Nevertheless, fiom the style of the masonry of the superstructure we were able to date it to the Fourth Dynasq "
34 S. Hassan, Gtza VIlpart 11, 8; ders., G h VII, 5, Tfn. N B , V.
35 S. Hassan, Gtza VII, 4f.
25
taba zudem ,,between those of two members of the royalfdmily" steht,36lag für ihn der Schluss nahe, die Grabbesitzerin al:
Mitglied der Königsfarnilie zu identifizieren.
Ist bereits der Umstand befremdlich, dass trotz der intakten Bestattung und der gefundenen Objekte keine einzige In.
schrift die Identität der angeblichen Prinzessin dokumentiert, so verweisen einige Details im Befund die Beisetzung in dit
späte 5. Dynastie, womit die Abkunft der anonymen Dame von Chephren unwahrscheinlich wird.
Bezüglich des Ausgräbers Verweis auf die Art des Mauerwerks der Mastaba, die für die 4. Dynastie charakteristisch seir
soll, ist anzumerken, dass dies kein einschränkendes Kriterium darstellt, da auch in späterer Zeit Gräber in dieser groben
Bauweise vor allem im CentralFieldnachzuweisensind, wo der unregelmäßig anstehende Steinbruchboden sowie die Qualität des minderwertigen Gesteins eine regelmäßige Bauweise verhinderten. Doch auch wenn die Anlage ein Werk dei
späteren 4. Dynastie sein sollte, so datierte sie apriori noch nicht die Bestattung. Untypisch für die 4. Dynastie ist nämlich
das Fehlen eines vertikalen Schachtes durch das Massiv in den Felsboden. Auffällig sind zudem die wuchtigen Scheintüren
(die südliche war bei der Freilegung 3,5 + X m hoch), die im Verband mit dem Mauerwerk aus unterschiedlich großen lokalen Kalksteinblöcken der Anlage stehen (Photo). Eine Verkleidung des Massivs war demnach nicht vorgesehen. Erwähnenswert ist auch, dass außer den beiden Scheintüren offenbar keine Kultkapelle vorhanden war. Völlig untypisch für die
friihe Zeit ist jedoch die Lage und Form der unterirdischen Anlage mit der Öffnung im Felsboden unterhalb des Gehniveaus an der Ostseite. Substrukturen dieser Bauart lassen sich in Giza erst ab der späten 5. Dynastie (nach Niuserre) nachweisen.37
Der Ersatzkopf (s. Anm. 3 1) ist trotz seiner gesicherten Fundlage in der Grabkammer kein verlässliches Indiz zur Dastammt die Mehrheit aus dem Westfriedhof in Giza. Bei den
tierung. Von den insgesamt 33 bekannten Er~atzköpfen~~
wenigsten der gefundenen Köpfe ist allerdings der archäologische Fundzusammenhang mit den umliegenden Gräbern
ge~ichert.~'
Etliche Köpfe wurden auch im Ostfriedhof gefunden,40deren Zugehörigkeit zu den Prinzengräbern ebenfalls
nicht geklärt ist, und schlief3lich stammt je ein Kopf aus Dahschur (frühe 4. Dynastie?), Saqqara-Süd (6. Dynastie) und
sowie ein Ohr eines Kopfes aus Abusir-Süd (Anfang 5. Dynastie).42Die in Saqqara und Abusir
Abusir (späte 5. Dyna~tie)~'
festgestellten Befunde zeigen, dass die Verwendung der Köpfe in späterer Zeit offenbar keine Ausnahmeerscheinungwar,
und folglich aus dem Fund des Kopfes keine Anhaltspunkte zur Datierung der anonymen Frauenbestattung abgeleitet
werden können. In Anbetracht des Gesamtbefundes handelt es sich wohl um ein verschlepptes Objekt, das die Grabbesitzerin in Anlehnung an alte Grabbräuche oder vielleicht aufgrund des Fehlens von eigenen Statuen in ihre Sargkarnmer
mitgenommen hat.43
Abschlief3end betrachtet bleibt zu konstatieren, dass die Frauenbestattung in G 8250 nicht der 4. Dynastie entstammt
und die anonyme Frau aus der Prinzessinnenliste zu streichen ist. Der Gesamtbefund deutet auf eine Beisetzung friihestens
nach Niuserre, wobei die Beigaben und die Form der Substruktur eine spätere Ansetzung nahe legen (Djedkare-Isesi bis
Unas).
Aus dem Bericht des Ausgräbers geht allerdings nicht eindeutig hervor, auf welche beiden Grabanlagen er sich bezog. Im Westen könnte man an die
große Felsanlage des Iunmin (G 8080) denken (die in demselben Band veröffentlich wurde, G t m VII, 13-20), während im Nordosten nur die Mastaba des Chnumbaef (G 8260) in Frage kommt, den Hassan allerdings fäischlichenveise als Sohn des Chephren identifizierte, S. Hassan, Giuz VIIpart
11, 9; ders., G t . VII, 9; zu dieser Grabanlage siehe die Bemerkungen im Anhang.
37 G. A. Reisner, Gizu I, 101, 150-155. Reisner nennt als äitestes sicher datierbares Beispiel die Anlage G 2370A (Senedjemib-Jnti) aus der Zeit des
.?.
Bericht über die
Djedkare-Isesi. Etwa zeitgleich oder knapp später ist der sekundär angelegte Korridor in der Mastaba des Sechemkai, H. Junker, G
von der Akademie der Wissenschafen in Wien aufgemeinsame Kosten mit Dr. Wilbelm Peliza~usunternommenen Grabungen auf dem Friedhof des AR bei
den IJyramiden von Gim. Bd. X I , 1953, 8-10, Abb.1, Tf. IIId. Zu weiteren Belegen in der Nekropole siehe ders., Gizu VIII, 7-9. Diese Form der unterirdischen Anlage ist nicht zu verwechseln oder zu vermengen mit jener, die ab der zweiten Hälfte der 4. Dynastie in den Felsgräbern in Giza auftritt.
Die Korridormündungen dieser Substrukmren liegen ohne Ausnahme in den begehbaren Kulträumen und nicht außerhalb des Grabbaus. Die von der
Augenseite unter das Grabmassiv führende Substruktur scheint erstmals Mitte der 5. Dynastie in Abusir und Saqqara in Gebrauch zu kommen, vgl. T!
Jdnosi, in: Abusir und Saqqara in the Year2000 (hg. von M. Barta und J. Krejcf). ArOr Suppl. M, Prag 2000,458465.
38 Siehe dazu eingehend D. Bisping, Die sogenannten ,Ersatz- bzw. Porträtköpfe'des ägptkchen Alten Reiches: Gegenstand Terminologie, S t a d der Forschung, Awblick. Unpublizierte Magisterarbeit Berlin 2001.
3"ur
Problematik des Befundes in dieser Nekropole s. I!Jhosi, Giza I, 117f.
40 D. Bisping, ,Ersatz- bzw. Porträtköpfe: Kat. Nrn. 10, 11,22 und 30.
41 D. Bisping, ,Ersatz- bzw. Porträtköpfe: Kat. Nrn. 3, 14 und 28.
42 In der beraubten Grabkammer der Mastaba des Kaaper wurde das linke Ohr eines Ersatzkopfes gefunden, M. Birta, Abwir V: The CemeteriesatAbusir Soutb I. Prag 2001, 177, Tf. 72a. Zu den anderen Ohren, die in Sargkammern gefunden wurden, s. D. Bisping, ,Ersatz- bzw. Porträtköpfe: 31f. und
Kat.-Nrn. I-VI.
43 Schlieglich sind auch das keramische Fundgut und das Instrumentarium aus Kupfer, die in der Grabkammer gefunden wurden, zu erwähnen. Von
diesen hat der Ausgräber einige Photos publiziert, die eine zeitliche Aussage gestatten, siehe Gtza VII, Tfn. IIB-C, IVB, V, VIA-B. So ist die Form des
Spitzkruges mit zylindrischem Hals und Mündung typisch für die Zeit der ausgehenden 5. Dynastie und später. Auch die Form der Meidum-Schale
mit gedrungenem Rand fällt in dieselbe Epoche. Die Anhäufung der Modellinstrumente aus Kupfer ist ebenfalls für das spätere Alte Reich charakteristisch. Ich danke Herrn Miroslav Birta für seine weiterführende Auskunft zur Keramik und Bestätigung der Datierung.
36
Das Fazit dieser kurzen Darlegung ergibt folglich, dass von den ohnehin wenigen bekannten Frauen, die der Familie des
Chephren zugerechnet werden, nur jene Personen durch eine Grabanlage nachweisbar sind, die durch Ehe mit einem
Herrscher in den Status einer Königsgemahlin bzw. Königsmutter aufrückten (Chaimerernebti II., Rechitre). Für die übrigen Prinzessinnen (etwa die Töchter der Meresanch 111.) und die vielen anderen königlichen Töchter sind keine eigenen
Grabanlagen auszumachen. Etliche werden wohl durch Ehe mit Prinzen oder hohen Beamten eine Bestattung im Grab
ihres Mannes gefunden haben.
Anhang: Die Datierung der ,,Prinz" Chnumbaef (Babaef) zugeschriebenen Mastaba G 8260 und ihrer nördlichen Bestattungsanlage (G 8260-Nord)
Wenige Meter nordöstlich der anonymen Anlage G 8250 liegt eine weitere Mastaba, die seit Hassans Freilegung44einem
s3 njswt mmw-b?ifChnumbaef (oder Babaef) zugewiesen wird (Abb. 1). Auch diese Anlage besitzt weder im Oberbau
noch in der Substruktur Inschriften. Die Zuweisung an Chnumbaef erfolgte aufgrund eines beschrifteten Statuenunterteils
aus grauem Granit, das dislociert bei der südlichen Scheintür gefunden wurde.45Ein weiteres Statuenfragment aus rotem
Granit mit der Nennung eines Chnumbaef, das vom Ausgräber in der Nähe von G 8400 (= LG 100, Grab der Königin
~.~~
der erhaltenen Titel auf den beiden
Chentkaus 1.) entdeckt wurde, diente als weitere Stütze der I d e n t i f i ~ i e r u nAufgrund
Statuenteilen glaubte Hassan nicht nur, dass Chnumbaef der Eigentümer der Anlage G 8260 war, sondern auch (ohne allerdings dafür stichhaltige Argumente zu liefern) ein Sohn des Chephren gewesen sei.47
Hassans Deutung sind jedoch schwerwiegende Argumente entgegenzuhalten: Die Identifizierung des Mastababesitzers
bemht ausschließlich auf den Fundumständen der beiden Statuen. Dies ist jedoch problematisch, denn schon Malte
Römer machte auf den Umstand aufmerksam, dass die Plastiken aus der Mastaba des Babaef (G 5230) verschleppt
sein könnten.48Aus den Inschriften der verworfenen Fragmente allein lässt sich folglich keine gesicherte Zuordnung ableiten4' - bereits der Fundort des zweiten Statuenteils nahe G 8400 (LG 100) sollte hinsichtlich der Identifizierung des Besitzers von G 8260 zur Vorsicht mahnen.50Außerdem hob Bettina Schmitz hervor, dass der Chnumbaef der Statuen zwar
charakteristische Rang- und Ehrentitel der Prinzen, nicht aber den fiir Königssöhne dieser Zeit typischen Zusatz ... n jtlf
trägt und er demnach der einzige Chephrensohn ohne diesen Zusatz wäre. Sie verwies zu Recht auf den Umstand, dass das
epigraphische Material zu kärglich sei, um eine Entscheidung treffen zu können.51
Entscheidend ist jedoch die in der nördlichen Substruktut gefundene Bestattung samt Beigaben. Im Sarkophag lag, in
einem Holzsarg beigesetzt, die intakte Beisetzung, die vom Ausgräber als die des Grabbesitzers identifiziert wurde. Ungewöhnlicherweise war auf dem Sarkophagdeckel ein prächtiger Goldschmuck au~gebreitet,~~
der, nach den vorliegenden
Einzelteilen zu schließen, jedoch einer Frau gehört haben muss, wie Slawomir Rzepka betont.53Auch wenn keine anthropologischen Ergebnisse seitens des Ausgräbers vorliegen, so ist es doch mehr als wahrscheinlich, dass in dieser Bestattungsanlage eine Frau beigesetzt war.
G 8260 ist eine ahnlich der Anlage G 8250 errichtete Mastaba (Abb. 3), allerdings mit nur einer Scheintürnische am
Südende der Qstfassade. Das Grabmassiv, aus großen lokalen Kalksteinblöcken errichtet, erhebt sich auf einem natürlich
Das Massiv birgt einen Schacht, der in 13,5 m Tiefe nach Süden in eine unvollendete Sargstehen gelassenen Fels~ockel.~~
kammer führt, die völlig leer aufgefunden wurde.55Die auffällige Position des Schachtes in der Nähe der Kultstelle an der
" Giza VII, 7-1 1, PMII12, 239 genannt Babaef [Bjbifl.
S. Hassan, Giza ViI, 8, Fig. 5B, T f . 8; siehe auch K. Baer, Rank and Title in the Old Kingdam. The Structure of the Egyptian Administration in the Fz$h
and Si& Dynasties. Chicago 1960, 117 [400].
46 S. Hassan, GtzaVII, 10, Fig. 5A, T f . 15.
47 S. Hassan, GEut VTI, 9.
48 Zum Problem von Titulatur und Herkunft bei den ägyptischen,,KÖnigssöhnen"desAlten Reiches. Diss FU Berlin 1977,67,78; vgl. auch B. JaroS-Deckertl
E. Rogge, Statuen des Alten Reiches. CAAWien 15, 1993, 72E, 154. Zum Besitzer von G 5230 siehe zuletzt, M . Baud, Famille royak, 61, 442 f. [551.
49 Laut Hassans Bericht wurde am Nordende der Mastabaostfassade ein Serdab entdeckt, ,,which contained a fwfiagments o f p n i t e , apparently smashed
fiom the statuettejwt described [i.e. die Statue, die bei der Scheintür gefunden wurde]". Außer dieser kurzen Feststellungwurden vom Ausgräber weder
Zeichnungen noch Photos von diesem Serdab veröffentlicht. Es bleibt daher zweifelhaft, ob die Interpretation des Befundes korrekt ist. Es könnte sich
nämlich auch um einen der zahlreichenWerkstattplätze handeln, an denen vor allem in der Spätzeit Statuen aus wertvollem Gestein zu ScheingeMen
und anderen Objekten umgearbeitet wurden, siehe dazu die Beobachtung von H. Junker in G I S, Vorläufiger Bericht über die sechste Grabung der
Akademie der Wüsenschaften in Wien bei den Pyramiden von Gizeh vom 26 Februar bis 28. April 1928,AnvlWWNt 14-28, 1928, 151.
50 AUSdiesem Grund gehe ich an dieser Stelle auch nicht näher auf den von S. Rzepka, MDAIK56,2000, 353-360, gemachten Vorschlag ein, Chnumbaef (G 8260) mit dem Besitzer der Anlage G 5230 (Babaef) gleichzusetzen. Dieser hatte laut Autor zuerst die Mastaba im CentralFieiaerrichten und
nach Erreichen der höchsten Ämter eine zweite, größere Anlage im Westfeld erbauen lassen. Da die Zuweisung der Anlage G 8260 einzig und allein
auf dem verworfenen Statuenteil aufbaut, halte ich diese Theorie für zu gewagt.
51 B. Schmitz, ,,K&igssohn ': 8 1 f., op. cit., 60 Anm. 1.
52 S. Hassan, GtmVTlpart 11, 9; ders., GtzaVTI, 96, Tfn. 13 und 14.
53 MDAIK56,2000,359.
54 S. Hassan, Giza X I , 7, Tf. 7.
5 5 S. Hassan, Giza VTI, 1I, Abb. 7 .
45
Ostfassade und nicht in der Längsachse des Grabmassivs gelegen weicht von der Bauweise 4. Dynastie-Mastabas ab und ist
ein Charakteristikum der Grabanlagen im Central Field, die am Ende der 4. und vor allem in der 5. Dynastie errichtet
wurden.56Nach dem bisher vorliegenden Baubefund wird man folglich
mit der Entstehungszeit der Mastaba nicht höher
als das Ende der 4. bzw. Anfang d& 5. Dynastie gehen können.
Aus nicht naher erschließbaren Gründen wurde die Mastaba aufgegeben und nicht für eine Beisetzung genutzt. Zu
einem späteren Zeitpunkt legte man an der Nordseite und mittels eines nach Süden hhrenden Korridors eine zweite Substruktur an, deren Sargkammer unter dem nördlichen Drittel des Oberbaus liegt. In dieser erfolgte die Beisetzung der anonymen Frau. Die Position des Zuganges sowie Form und Lage der Substruktur, die mit dem Oberbau in keiner direkten
architektonischen Verbindung steht, deuten ohne Zweifel auf eine spätere Erweiterung. Da im Gegensatz zu G 8250 die
Osthälfie der Mastaba G 8260 bereits durch den originalen Schacht eingenommen wurde, war man vermutlich gezwungen, mit der Errichtung der sekundären Bestattungsanlage nach Norden auszuweichen. Bereits der Umstand, dass man
nicht die alte Schachtanlage der Mastaba wiederbenutzt hatte, kann als Indikator angesehen werden, dass es zur Zeit der
Errichtung der nördlichen Bestattungsanlage Sitte war, den Zugangskorridor schräg in die Substruktur zu führen. Wenn
auch weit weniger häufig als die Ost-West gerichteten Korridore, so sind von außen angelegte Zugänge an der Nordseite
einer Grabanlage durchaus belegbar und ein Charakteristikum der Grabarchitektur der 6. Dyna~tie.~'
Wie in der anonymen Anlage G 8250 war der Eingangskorridor von G 8260 mit vier Kalksteinblöcken original verschlossen.58Die intakt aufgefundene Bestattung und die Beigaben ahneln der in G 8250 gefundenen auffällig und ergänzen
den Beigabenbefund jener Zeit. Außer dem Goldschmuck und dem Fleischopfer aus einer zerlegten Ochsenhälfie lagen
beim Sarkophag vier Eingeweidekrüge aus Ton mit Deckeln aus Kalkstein, ein Ensemble von 80 Modellwerkzeugen und
AufGeräten aus Kupfer sowie am Südende des Sarkophags eine Kupferkanne und Kupferschale als Handwa~chgeschirr.~~
fällig ist das Fehlen weiterer keramischer Beigaben (vgl. G 8250). Die Ausstattung lässt jedoch wenig Zweifel, dass auch
diese Beisetzung gegen Ende der 5. Dynastie oder etwas später erfolgte.
56
"
5s
l? Jinosi, Giur im Alten Reich. Die Baugeschichte und Belegung einer Nekropole Bd. I1 (in Vorbereitung).
Siehe die Zusammenstellung bei G. A. Reisner, Giza I, 152-155. Eine der ältesten Anlagen mit einem Korridorzugangvon Norden ist die Mastaba des
Ptahschepses Junior in Abusir (Datierung: Niuserre-Menkauhor). Die Korridormündung liegt allerdings nicht außerhalb des Grabes, sondern noch
im Hof der Anlage, M. Birta, b p t e n &Levante X, 2000, 55f., 65f., Abb. 2. Im Grab des Wesirs Qar in Abusir-Süd (Anfang 6. Dynastie) befindet
sich die Korridormündung bereits im nördlich gelegenen Hof der Anlage, ders., in: The OldEngdom Art andArchaeohgy Proceedings ofthe Conference
Held in Prague, May 31 -June 4, 2004. Prag 2006, 51, Abb. 2; ders., SOKAR 14, 2007, 36, Abb. 2, 5. Aus dem Ende der 6. Dynastie sind vor allem
in Saqqara-Süd einige Privatgräber mit im Norden liegenden Zugang in die Substruktur belegbar: M. I11 (Idi-Tepemkau),PMII12, 680; M. XV (Teti),
PMII12, 684; N.V (Schemai),PMIIIZ, 678.
Zu dem Verschluss des Korridoreingangs und einem in der Schräge (noch in situ?) liegenden Kalksteinblock siehe die Aufnahme S. Hassan, Gtza V,
TE IB.
(Kon den Anfangen biszum Beginn
S. Hassan, GtmVI12, 1 3 , 4 0 4 3 ; ders., Gtza VII, 9, Tfn. 9-12; A. Radwan, Die Kupfer- und Bron~e~efa~eAgyptens
der Spätzeit). Prahistorische Bronzefunde Abt. 11, Bd. 2, München 1983,45f. (127A.B), 48, Tf. 23 (127A). Bereits Radwan, op.cit., 68, Tf. 43, fiel die
Ähnlichkeit der Chnumbaef-Kanne mit einer heute in Berlin befindlichen Kanne (1nv.-Nr. 15766) vom Beginn der 6. Dynastie auf; zu letzterer siehe
W. Seipel, Ägypten. Götte~,Gräber und die Kunst. 4000 Jahre Jenseit~~laube.
Bd. I, Linz 1989, 80 [Kat. Nr. 471.
A
1
Abb. 2
The Mastaba of the Princess,
Daughter of Khafia, G 8250
(nach: S. Hassan, Giza VII,
1953, Abb. 1-3)
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G 8260: Die Mastaba des
"Prinzen" Chnumbaef (Babaef)
(nach S. Hassan, Giza VII, 1953,
Abb. 4 , 6 U. 7)
Ansicht der Ostseite der Mastaba G 8250 im CentralFieLd.
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