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VDI Fachtagung am 5. und 6. Oktober 2005 in Dresden
Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
Sichere und wirtschaftliche Vorhersage der
Ausfallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer von
Schraubenverbindungen sowie deren Risikobeurteilung
Bolted connections: safe and cost-effective failureprobability and service-life prediction and risk assessment
Dipl.-Ing. (FH) Bernd Zapf VDI, TÜV SÜD Gruppe, München
Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Schäll, TÜV SÜD Gruppe, München
Dipl. Phys. Gerhard Klein, TÜV SÜD Gruppe, München
Kurzfassung
Anhand einer großen Schraubenverbindung werden durch eine stochastische
Bemessungsweise sowohl die Betriebsbeanspruchungen, die zulässigen Festigkeitswerte
als auch die Sicherheitswerte statistisch gedeutet. Das Ziel der mit dem oben genannten
Weg verbundenen Anstrengungen ist darauf ausgerichtet, die Zuverlässigkeit der
Bemessung zu erhöhen, weil die Phänomene „Betriebslast“ und „Festigkeitsverhalten“ der
Schraubenverbindung durch Wahrscheinlichkeitsfunktionen realistischer beschrieben werden
können als durch das Einhalten pauschaler Grenzwerte.
Abstract
On a large bolted connection, which serves as an example, service loads, permitted strength
values and safety values are interpreted statistically by means of a stochastic approach. The
goal of the above efforts is to increase reliability of dimensioning, because the "service load"
and fatigue behavior of the bolted connection can be described more realistically with the
help of probability functions than by observing general limit values.
Einleitung
Unter den Maschinenelementen sind Schraub- und Schweißverbindungen nach wie vor die
wichtigsten Repräsentanten lösbarer bzw. unlösbarer Fügeverfahren. Zahlreiche
Schadensuntersuchungen weisen aber immer wieder auf erhebliche Unterschiede im
Kenntnisstand zur Haltbarkeit dieser Bauteile hin. So sind für Schweißverbindungen
normierte Wöhler-Linien bekannt, die auf der Basis experimentell-statistischer Absicherung
Überlebenswahrscheinlichkeiten und die Steigung der Zeitfestigkeitsgerade bieten. Die
Auswirkung unterschiedlicher Lastkollektive auf die Zeit- und Dauerfestigkeit wird bei
Schweißverbindungen bereits in „Lebensdauerlinien“ erfasst. Entsprechende Untersuchungsergebnisse sind von Schraubenverbindungen bisher nicht bekannt geworden. Auch
die Bruchmechanik steht dort im Gegensatz zu Schweißverbindungen erst am Anfang. Um
zu einer sinnvollen Aussage über die Lebensdauer von Schrauben zu kommen, muss sie
verknüpft werden mit einer Angabe der dazugehörigen Ausfallwahrscheinlichkeit. Die
bestehende Beziehung zwischen Lebensdauer und Ausfallwahrscheinlichkeit wird mit einem
Vergleich der ertragbaren und der auftretenden Beanspruchung im Netz der Lebensdauerlinie veranschaulicht.
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
1. Konzept einer Betriebsfestigkeitsrechnung für Schraubenverbindungen
1.1 Grundlagen für eine Lebensdauerrechnung an Schraubenverbindungen
Eine Betriebsfestigkeitsrechnung umfasst nach dem Leitfaden aus [6] die zwei Teilabschnitte:
¾ Berechnung der Lebensdauer bis zum technischen Anriss und
¾ Berechnung des Rissfortschritts in der Rissfortschrittsphase.
Dieser Abschnitt umfasst die beiden ersten Phasen des Ermüdungsdiagramms, Bild 1. Der
technische Anriss ist per Definition als Riss gekennzeichnet, der mit den üblichen, betrieblich
anwendbaren Inspektionsverfahren vor Ort entdeckbar ist.
Bild 1: Phase der Werkstoffermüdung, Lebensdauerphasen [6]
Mit der Lebensdauerrechnung wird die Bauteillebensdauer für eine vorgegebene, technisch,
wirtschaftlich und sicherheitsbezogen sinnvoll festzulegende Ausfallwahrscheinlichkeit
abgeschätzt. Die Rechnung setzt also voraus, dass das Bauteil den Abmessungen und der
Gestalt nach festgelegte ist. Im Dimensionierungsvorgang dient die Rechnung der
Überprüfung der Abmessungen für die vorzugebenden Parameter Bauteillebensdauer und
Ausfallwahrscheinlichkeit. Die auf „statischen“ Werkstoffkennwerten basierenden
Festigkeitsrechnung wird durch die Betriebsfestigkeitsrechnung nicht ersetzt. Sie behält ihre
Gültigkeit hinsichtlich der Absicherung gegen maximale Belastungen. Die Betriebsfestigkeitsrechnung löst jedoch solche „quasistatischen“ Festigkeitsbetrachtungen ab, bei denen
dynamische Beanspruchungen durch so genannte „Sicherheitsfaktoren“ berücksichtigt
werden. Bei solchen Konzepten werden in der Regel aus Nenndaten der Anlage abgeleitete
nennspannungswerte mit verschiedenen Faktoren multipliziert, um Stoßvorgänge und
weitere dynamische Betriebseinflüsse zu berücksichtigen. Dem wird andererseits ein
zulässiger Wert der Beanspruchung gegenübergestellt, den man meist mit Hilfe von
Faktoren aus „statischen“ festigkeitskennwerten ableitet oder dem die Dauerfestigkeit des
Werkstoffes als Ausgangswert zugrunde liegt. Diese Vorgehensweise berücksichtigt die
(dabei häufig kaum bekannte oder nur grob in „leicht“, „mittel“, „schwer“ klassifizierte)
dynamische Beanspruchung in einer betriebsfremden, oft unzulässigen weise. Im Gegensatz
dazu berücksichtigt eine Betriebsfestigkeitsrechnung das tatsächliche Beanspruchungsgeschehen und das tatsächliche Schwingfestigkeitsverhalten des Werkstoffes an den Stellen
höchster Beanspruchungen und macht beide Einflüsse auf das Bauteil im Rahmen einer
Zuverlässigkeitsaussage zahlenmäßig bewertbar. Bild 2 zeigt das Konzept einer Betriebsfestigkeitsrechnung. Im Gegensatz zum „quasistatischen“ Rechenkonzept wird nicht ein
einzelner Zahlenwert für die Beanspruchung mit einem Zahlenwert für die Beanspruchbarkeit
verglichen und ihr Abstand als „Sicherheit“ ausgewiesen, sondern es findet ein
zahlenmäßiger Vergleich von Kennfunktionen der Beanspruchung und Beanspruchbarkeit
statt, dessen Ergebnis direkt in einen Lebensdauerwert umgesetzt werden kann.
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Bild 2: Konzept einer Betriebsfestigkeitsrechnung bis zum technischen Anriss [6]
Die Lebensdauerrechnung erfolgt ausschließlich nach einem Kollektiv-Wöhlerlinien-Konzept.
Als Kennfunktion der Beanspruchung dient dabei das Kollektiv, eine mit statistischen
Verfahren ermittelte Häufigkeitsverteilung aller, den dynamischen Beanspruchungsablauf
bildenden Schwingspiele. Demgegenüber kennzeichnet die Wöhler-linie die ertragbaren
Spannungen als Funktion der Schwingspielzahl. Sie wird unter labor-mäßigen Bedingungen
üblicherweise an kleinen Werkstoffproben ermittelt. Bauteile unter-scheiden sich von diesen
Proben nicht nur durch ihre gestalt, sondern vor allem durch ihre größeren Abmessungen.
Die von ihnen ertragenen Beanspruchungen sind fast immer kleiner als die der Proben. Es
ist daher erforderlich, der Lebensdauerrechnung eine Bauteil-wöhlerlinie zugrundezulegen,
die aus der Wöhlerlinie kleiner Proben („Werkstoffwöhlerlinie“) abgeleitet werden muss. Der
zahlenmäßige „Vergleich“ beider Kennfunktionen erfolgt in der Schädigungsrechnung.
1.2 Lebensdauerabschätzung der Schraubenverbindung bis zum technischen Anriss
Für die lineare Schadensakkumulationsrechnung ist für eine zahlenmäßige Bewertung
jedoch noch ein Ansatz für die mit jedem Schwingspiel (Lastspiel) zunehmende Werkstoffschädigung erforderlich. Der einfachste Ansatz liegt mit der linearen Schadensakkumulationshypothese nach Palmgren-Miner vor (Kurzbezeichnung: Miner-Regel). Danach nimmt
die Schädigung linear mit der Lastspielzahl zu. Bei mehrstufiger Schwingbeanspruchung
rufen die Amplituden unterschiedlicher Höhe Teilschädigungen hervor, die linear aufsummiert werden. Die Schädigung je Lastspiel ergibt sich diesem Ansatz entsprechend zu:
Gl. 1
∆S i =
1
Ni
Wobei N i die der i-ten Stufe zugehörige ertragbare Bruchlastspielzahl aus der Wöhlerlinie ist.
Die Schadenssumme für eine k-fach getrepptes Beanspruchungskollektiv mit ni Lastspielen
je Stufe i folgt daraus zu
k
Gl. 2
S =∑
i =1
ni
Ni
Versagen wird – entsprechend dem Einstufenversuch – für S = 1 angenommen. Das Bild 3
zeigt die Vorgehensweise schematisch für ein zweifach getrepptes Kollektiv. Die Durchführung der Rechnung nach Gleichung Gl. 2 kann ohne die in im Bild 3 dargestellte
zeichnerische Gegenüberstellung von Kollektiv und Wöhlerlinie erfolgen. Die gemeinsame
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Darstellung beider Kennfunktionen wird jedoch gern benutzt und erfordert die einfachlogarithmische Auftragungsform der Wöhlerlinie. Hat das vorliegende Kollektiv keine einheitliche Mittelspannung, so benötigt man entsprechend mehrere Wöhlerlinien der Mittelspannungen σ m,i . Findet man, was häufig der Fall ist, keine Wöhlerlinie für σ m = const. , sondern
für R = const., so berechnet man je Stufe das vorliegende Spannungsverhältnis R und führt
die Rechnung im Vergleich mit den entsprechenden R-Wöhlerlinien durch. Fasst man die
bekannt gewordenen Untersuchungsergebnisse zusammen, so ergibt sich, dass im Mittel
Bauteilversagen bei der rechnerischen Schadenssumme S = 1 erfolgt.
Bild 3: Vorgehensweise bei der linearen Schadensakkumulationsrechnung nach dem
Kollektiv-Wöhlerlinien-Konzept [6]
Die als Nachteil der Miner-Regel bekannte Vernachlässigung der Schwingspiele unterhalb
der Dauerfestigkeitsamplitude σ A kann man durch eine Erweiterung der Hypothese ausgleichen. Bild 4 zeigt dazu zwei bekannte Vorschläge. Angenähert nach Corten-Dolan wird
die Zeitfestigkeitsgerade in den Dauerfestigkeitsbereich verlängert. Nach Haibach rechnet
man stattdessen mit einer fiktiven Wöhlerlinien-Verlängerung der Neigung (2k-1). Bei doppellogarithmischer Auftragung kann diese Verlängerung näherungsweise mit halbierter Neigung
des Zeitfestigkeitsastes vorgenommen werden.
Bild 4: Modifizierung der Wöhlerlinie zur Berücksichtigung von Lastspielen mit Amplitude
unterhalb der Dauerfestigkeit [6]
Erhält man für das vorliegende Kollektiv die Schadenssumme SK nach Gleichung Gl. 2 und
ist tK die diesem Kollektiv zuzuordnende Zeitdauer der betrieblichen Nutzung, so folgt auf der
Basis von PA = 50% - Wöhlerlinien die Lebensdauer LPA = 50% zusammen mit der
Versagensbedingung S=1 zu:
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Gl. 3
LPA = 50% =
1
∗ tK
SK
Für die Lebensdauerberechnung unter Punkt 3.4.1 wurde hier das oben beschriebene
Verfahren nach Palmgren-Miner mit der Erweiterung der Hypothese nach Haibach
angewendet.
1.3 Bruchmechanik dynamisch beanspruchter Schraubenverbindungen
Während die Schadensbezogene „Spannungsanalyse“ (Schadensakkumulation) sich u.a. mit
den Bedingungen befasst, die zu einem Bauteil-Anriss führen, ist es das Ziel der
Bruchmechanik, das Verhalten angerissener Bauteile zu beschreiben. Die insgesamt
umfangreiche Literatur zur Bruchmechanik bietet jedoch nur wenige Hinweise auf
Anwendungen bei Schraubenverbindungen. Die Anwendung der Bruchmechanik verlangt
nach Schwalbe eine genaue Beachtung der Randbedingungen. Als erstes ist zu klären, ob
auf die Schadensfälle die linear-elastische Bruchmechanik oder ihre nichtlineare Erweiterung
anzuwenden ist. Aus der Literatur [5] ist zu entnehmen, dass die plastifizierte Zone vor der
Rissspitze weithin klein im Vergleich zu den Abmessungen von Bauteilen und Anriss ist. Zur
Anwendung kann daher die linear-elastische Bruchmechanik (LEBM) kommen. Weiterhin ist
unter den drei Rissöffnungsarten – Modus I, II und III – eine Auswahl zu treffen: Die
rissauslösende Beanspruchung im Gewindegrund und die den Rissfortschritt bestimmende
Beanspruchung bewirkt ein Aufklaffen und Schließen der Rissoberflächen ohne seitliche und
ohne wesentliche radiale Verschiebung. Hierfür kommt Modus I in Betracht. Im Hinblick auf
die Gegebenheiten kommt bei Schrauben als bruchmechanische Grundgleichung in Frage:
∆K I = ∆σ π ∗ a ∗ Y
Gl. 4
mit
(N/mm3/2)
∆K I
(N/mm3/2)
als zyklischer Spannungsintensität Kmax - Kmin
∆σ
(N/mm²)
als Spannungsschwingbreite
a
(mm)
als charakteristische Rissgröße, hier die Risstiefe
Y
2 ∗σ a = σ O − σ U
als Korrekturfunktion, die die Geometrie von Anriss und
Bauteil berücksichtigt.
Das Betriebsverhalten angerissener Bauteile wird durch die Rissfortschrittsgeschwindigkeit
da/dN (mm/Lastwechsel) bestimmt. In der Phase stabilen Rissfortschritts kann sie am
einfachsten durch die Parisgleichung ermittelt werden:
Gl. 5
da
= C ∗ ∆K IM
dN
⎛ mm ⎞
⎜
⎟
⎝ LW ⎠
Hierbei sind C und m werkstoffabhängige Konstante. Der Zusammenhang zwischen diesen
Kenngrößen des Bauteilverhaltens ergibt sich anschaulich aus der bekannten S-Kurve mit
den Logarithmen von da/dN auf der Ordinate und den Logarithmen von ∆K auf der Abszisse.
Das Bild 5 besagt, dass zum Ausbreiten eines bruchmechanischen beschreibbaren Anrisses
muss zunächst ein werkstoffabhängiger Schwellenwert ∆K O überschritten werden. In der
anschließenden Phase stabilen Rissfortschritts vergrößert sich ∆K I mit der zeitlich
zunehmenden Zahl N von Lastwechseln bis zum Erreichen eines zweiten Schwellenwertes
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∆K b , der den Beginn beschleunigten Risswachstums kennzeichnet. Mit der weiteren
Zunahme von ∆K I kommt es zum Bruch, Spannungsintensität K IC erreicht ist.
Bild 5: Schematische Darstellung der Risswachstumsphasen [5]
Die ab einer Anfangsrisstiefe a1 bis zur Endrisstiefe an erreichbaren Lastwechselzahl N
ergibt sich im Bereich stabilen Rissfortschritts durch Integration der Gleichung Gl. 5
theoretisch zu
Gl. 6
N=
a1
1
∫ C ∗ ∆K
aO
m
I
(LW)
da
Diese Integration ist numerische durchzuführen, weil die zyklische Spannungsintensität
∆K I während der Lebensdauer des Bauteils nicht konstant bleibt, sondern mit der zeitlich
wachsenden Risstiefe a zunimmt. In den hier betrachteten Fällen kann die zyklische
Spannungsintensität ∆K I dem K I -Wert gleichgesetzt werden, weil im Hinblick auf den
Vorspannungsverlust gilt
Gl. 7
σ U ~ =→ K Im in ~ 0
und
∆K I = K Im ax − K Im in ~ K I
Außerdem muss näherungsweise von einer konstanten Spannungsschwingungsbreite
∆σ = 2 ∗ σ a = σ O − σ U ausgegangen werden, weil die Lastkollektive im einzelnen nicht
genau genug bekannt sind. Bei der Ermittlung von Lebensdauern nach Gleichung Gl. 2 sollte
nicht übersehen werden, dass die kritische Spannungsintensität K IC sowie die „Konstanten“
C und m werkstoffabhängig sind und damit einen großen Wertebereich überdecken. Dies gilt
bei dickwandigen Bauteilen, denen große Schraubenverbindungen zuzuordnen sind, auch
über die Wanddicke. Lastwechselzahlen aus Gleichung Gl. 2 und das Kriterium der
Spannungsintensität K IC können im Ernstfall also mit erheblichen Unsicherheiten verbunden
sein. Näherungslösungen zur Spannungsintensität KI an Schraubverbindungen. Zu der in
Gleichung Gl. 4 enthaltenen Korrekturfunktion Y waren in der Literatur zunächst keine
speziellen Lösungen für Schraubverbindungen aufzufinden. Es mussten daher
Näherungslösungen gesucht werden, die zunächst nur für die Fälle „gezogener Rundstab mit
konzentrischem Außenanriss“ geboten wurden, und noch keine Differenzierung
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unterschiedlicher Gewindearten gestattet. Diese Näherungslösungen lassen sich mit den
vereinheitlichten Beziehungen gemäß Gleichung Gl. 1 und unter Bezug auf eine weitab vom
Anriss wirksame Beanspruchung σ n folgendermaßen darstellen:
Gl. 8
KI = σ n D
π⎛
D
⎞
⎜1,72 ∗ − 1,27 ⎟
4⎝
d
⎠
Brückner gültig für d/D ≤ 0,8
1, 5
Gl. 9
KI = σ n
⎛ D⎞
a⎜ ⎟
⎝d⎠
2
⎤
⎡
⎛d⎞
3∗⎜ ⎟
3
4⎥
⎢
d
π ⎢
D
⎛d⎞
⎛d⎞
1+
+ ⎝ ⎠ − −0,363 ∗ ⎜ ⎟ + 0,731 ∗ ⎜ ⎟ ⎥
2 ⎢ 2D
8
⎝ D⎠ ⎥
⎝ D⎠
⎥
⎢
⎦
⎣
Benthem unbegrenzt gültig
Gl. 10
KI = σ n a
Gray gültig für
1,25 ∗ π
⎡ ⎛ a ⎞1, 47 ⎤
⎢1 − ⎜ ⎟ ⎥
⎣⎢ ⎝ R ⎠ ⎦⎥
2, 4
a
< 0,7
R
Konzentrischer Außenanrisse
einseitige Außenanrisse
Bild 6: Gezogener Rundstab als bruchmechanische Näherungslösungen für
Schraubenverbindungen [5]
2. Ausfallwahrscheinlichkeit und Risikobeurteilung von Schraubenverbindungen
Die Belastbarkeit von Schraubenverbindungen insbesondere von Gewinden ergibt sich aus
den Betriebsbedingungen, der Bauteilgestalt und den Werkstoffeigenschaften. Durch die auf
das Bauteil einwirkenden Belastungen wird dieses verformt und es entstehen im Inneren des
Teiles Spannungen. Die am Bauteil angreifenden äußeren Kräfte und Momente müssen
durch das Bauteil übertragen werden. Dies führt zu einer Beanspruchung des Bauteiles.
Daher muss die Interferenz von Beanspruchung und Widerstandsfähigkeit in ihrem zeitlichen
Verlauf untersucht werden.
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
2.1 Interferenz von Beanspruchung und Widerstandsfähigkeit
Das statistische Ausfallverhalten von Bauteilen und Systemen ergibt sich u. a. dadurch, dass
weder der Beanspruchung σ L noch der Widerstandsfähigkeit des Werkstoffes σ R feste
Werte zugeordnet werden können. Sowohl σ L als auch σ R schwanken in einem gewissen
Bereich und müssen deshalb als Zufallsvariable angesehen werden, die eine statistische
Verteilung besitzen. Wird die Beanspruchung größer als die Widerstandsfähigkeit, so kommt
es in dem Übergangsbereich der beiden Verteilungen zu Ausfällen. Die theoretischen
Modelle, die sich mit diesen Vorstellungen befassen, werden als Interferenz-Modelle
bezeichnet. Die Grundgedanken der Interferenz-Modelle werden nachfolgend vorgestellt.
2.1.1 Statische Interferenz-Modelle
Bild 7 zeigt beispielhaft einen Belastungsfall. Ein Träger wird an einem Ende mit einer
konstanten Kraft F belastet. Dadurch ergibt sich im kritischen Einspannungsquerschnitt die
wirkende Beanspruchung σ L . Falls die ertragbare Spannung σ R im Einspannungsquerschnitt größer ist als σ L , wird kein Ausfall auftreten.
F
Bild 7: Einfacher Belastungsfall eines Trägers (Beispiel)
Für einen einzelnen Träger ergeben sich für σ L und σ R ganz bestimmte Werte. Es kann
einfach entschieden werden, ob σ L größer ist als σ R und ob mit einem Ausfall zu rechnen
ist. Wird der Träger jedoch vielfach hergestellt und eingebaut, so werden die
Widerstandswerte σ R der einzelnen Träger herstellungsbedingt differieren. Eine statistische
Auswertung würde dann eine Verteilung liefern, wie sie in Bild 8 dargestellt ist. Das gleiche
gilt in entsprechender Weise für die Kraft F. Obwohl versucht wird, die Kraft F immer
konstant zu halten, werden sich von Träger zu Träger aus vielerlei Gründen gewisse
Unterschiede ergeben. Der Beanspruchung σ L und der Widerstandsfähigkeit σ R kann
deshalb ebenfalls eine Verteilung zugeordnet werden. In allen Fällen, bei denen eine große
Belastung σ L auf eine kleinere Widerstandsfähigkeit σ R trifft, werden die Träger versagen.
Diese Fälle können im Übergangsbereich der beiden Verteilungen auftreten, wo also das
rechte Verteilungsende der Beanspruchung den linken Verteilungsbeginn der
Widerstandsfähigkeit überschneidet.
Bild 8: Verteilung von
σ L (Stress / linke Kurve) und σ R (Strength / rechte Kurve)
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2.1.2 Statische Zuverlässigkeit
Die Versagenswahrscheinlichkeit der Konstruktion lässt sich bei bekannten Verteilungen für
σ L und σ R berechnen. Die Versagenswahrscheinlichkeit F ist dabei definiert als die
Wahrscheinlichkeit, mit der die Beanspruchung σ L größer ist als die Widerstandsfähigkeit
σR:
Gl. 11
F = P (σ R ≤ σ L )
Für einen Widerstandswert σ X
werden all diejenigen Bauteile versagen, für die gilt:
σ R ≤ σ L Die Wahrscheinlichkeit für den Ausfall der lässt sich dann mit dem Integral
∞
Gl. 12
∫f
L
(σ L )dσ L
σX
ermitteln. Der Widerstandswert σ X tritt jedoch nur mit der Wahrscheinlichkeit
Gl. 13
f R (σ R )dσ R
auf. Die Gesamtversagenswahrscheinlichkeit der Konstruktion ergibt sich für den
Widerstandswert σ X mit dem Multiplikationssatz der Wahrscheinlichkeit somit zu:
Gl. 14
f R (σ R )dσ R ⋅
∞
∫σ f
L
(σ L )dσ L
X
Werden nun alle möglichen Widerstandswerte 0< σ X < ∞ betrachtet, so erhält man für die
Versagenswahrscheinlichkeit der Konstruktion:
∞
Gl. 15
∫
0
f R (σ R )dσ R ⋅
∞
∫σ f
L
(σ L )dσ L
X
Die Veranschaulichung dieses Integrals zeigt Bild 9:
Strength distribution
Stress distribution
Overlap = failure!
Overlap = failure!
Bild 9: Verteilung von
σ L (Stress / linke Kurve) und σ R (Strength / rechte Kurve)
Zur Beschreibung der Verteilung von σ L und σ R werden oft Normalverteilungen oder
logarithmische Normalverteilungen verwendet.
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2.1.3 Dynamische Interferenz-Modelle
Bei den statischen Interferenz-Modellen ändern sich die Verteilungen von σ L und σ R im
Laufe der Zeit nicht. Die Konstruktion versagt entweder bei der ersten Lastaufbringung oder
sie kann die Belastung beliebig lange ertragen. Die statischen Interferenz-Modelle sind
deshalb zeitinvariant. Bei dynamischen Vorgängen ist jedoch anzunehmen, dass zeitliche
Veränderungen der Verteilungen auftreten. Von der Widerstandsfähigkeit des Werkstoffs ist
z. B. bekannt, dass sie mit zunehmender Lebensdauer entsprechend dem Verlauf der
Wöhlerlinie abnimmt. Das dynamische Interferenz-Modell in zeigt die Abnahme von σ R und
ihre Überschneidung mit der Beanspruchung σ L .
Ausfallwahrscheinlichkeit
Spannung
Widerstandsfähigkeit
Belastung
Lebensdauer t
Bild 10: Dynamische Belastung
Die Überlagerung der beiden Verteilungen führt mit zunehmender Zeit zu einer wachsenden
Versagenswahrscheinlichkeit. Diese Wahrscheinlichkeit ergibt sich aus dem Integral in Gl. 15
und wird in Bild 11 nochmals dargestellt:
P
Load
Real resistance
at time t
Initial resistance
Failure Risk at t1
Failure Risk at t0
Load,
resistance
Bild 11: Versagenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Zeit
Diese Darstellung gilt sozusagen für eine bestimmte Lebensdauer oder einen der
Lebensdauer entsprechenden Parameter wie etwa die Lastwechselzahl. Die Kurve der
Ausfallwahrscheinlichkeit F in Bild 10 kann deshalb schrittweise durch die Berechnung
statischer Interferenz-Modelle angenähert werden [11]. Damit sind die Aufgaben im
vorliegenden Fall beschrieben: Zum einen ist die Verteilung der Belastung zu
charakterisieren (sog. Lastkollektiv), zum anderen diejenige der Belastbarkeit oder
Beanspruchbarkeit. Beide Verteilungen müssen dann wie beschrieben überlagert werden.
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2.2 Versagenswahrscheinlichkeit
2.2.1 Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen
Unter einer Zufallsgröße oder Zufallsvariablen X versteht man eine Funktion, die jedem
Elementarereignis ω aus der Ergebnismenge Q eines Zufallsexperiments genau eine reelle
Zahl X(ω) zuordnet. Bei einer Zufallsvariablen X sind die folgenden Eigenschaften von
besonderer Bedeutung. Der Wertebereich, die Wahrscheinlichkeit P dafür, dass die
Zufallsvariable X einen bestimmten Wert annimmt bzw. wertemäßig in einem bestimmten
Intervall liegt. Die Verteilungsfunktion F(x) bestimmt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die
Zufallsvariable X einen Wert annimmt, der kleiner oder gleich einer vorgegebenen reellen
Zahl x ist. Demnach gilt ganz allgemein:
Gl. 16
F(x)= P(X≤x)
Die Zufallsvariable X wird dabei durch ihre Verteilungsfunktion F(x) vollständig beschrieben.
Verteilungsfunktionen besitzen ganz allgemein die folgenden Eigenschaften, siehe auch Bild
12.
F(x) ist eine monoton wachsende Funktion mit 0≤F(x)≤1.
lim F(x) = 0 (x→- ∞ )
lim F(x) = 1 (x→ ∞ )
Die Wahrscheinlichkeit P (a<X≤b) dafür, dass die Zufallsvariable X einen Wert zwischen a
(ausschließlich) und b (einschließlich) annimmt, lässt sich mit Hilfe der Verteilungsfunktion
F(x) wie folgt berechnen:
Gl. 17
P(a<X≤b)=F(b)-F(a)
Dichtefunktion f(x)
0
x
Verteilungsfunktion F(x)
1
0,5
x
Bild 12: Dichte- und Verteilungsfunktion
2.2.2 Kennwerte oder Maßzahlen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsvariablen X lässt sich in
vollständiger Weise entweder durch die Verteilungsfunktion F(x) oder
zugehörige Wahrscheinlichkeits- bzw. Dichtefunktion f(x) beschreiben. Die
aber auch durch bestimmte Parameter, die man als Kennwerte oder
Verteilung bezeichnet, charakterisiert werden. Zu ihnen zählen u. a.:
eindeutiger und
aber durch die
Verteilung kann
Maßzahlen der
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der Mittel- oder Erwartungswert µ
die Varianz σ 2
die Standardabweichung δ
Sie sind wichtige Sonderfälle einer Gruppe von Kennwerten, die als Momente einer
Wahrscheinlichkeitsverteilung bezeichnet werden. Der Mittelwert µ kennzeichnet dabei in
gewisser Weise das Zentrum oder die Mitte der Wahrscheinlichkeitsverteilung, während die
Varianz σ 2 und die Standardabweichung δ geeignete Maßzahlen für die Streuung der
Werte um diesen Mittelwert darstellen.
3.2.3 Mittelwert, Varianz und Standardabweichung einer stetigen Zufallsvariablen
Bei einer stetigen Zufallsvariable werden die drei Kennwerte Mittelwert µ , Varianz σ 2 und
Standardabweichung δ wie folgt in der Integralform definiert:
Mittelwert µ
Gl. 18
µ = E( X ) =
∞
∫ x ∗ f ( x)dx
−∞
Varianz σ 2
∞
Gl. 19
σ = Var ( X ) = ∫ ( x − µ ) 2 ∗ f ( x)dx
2
−∞
Standardabweichung δ
Die Standardabweichung σ ist die Quadratwurzel aus der Varianz σ 2 =Var (X):
Gl. 20
δ = Var ( X )
3.3 Statische Versagenswahrscheinlichkeit
Die Anzahl der möglichen Ausfälle bzw. die Versagenswahrscheinlichkeit lässt sich bei
bekannten Verteilungen von δ B und δ W berechnen. Die Versagenswahrscheinlichkeit Fges
ist dabei definiert als die Wahrscheinlichkeit, mit der die Belastung größer als die
Widerstandsfähigkeit ist, siehe Bild 14:
Fges.= P( δ B > δ W )
0,45
0,40
Dichtefunktion
0,35
0,30
0,25
0,20
0,15
Versagenswahrscheinlichkeit
0,10
f(W)
0,05
-3
0,00
Belastung
Widerstandsfähigkeit
σ
90,0%
Bild 14: Versagenswahrscheinlichkeit
Mit Verwendung des standardisierten Merkmals u nach folgender Vorschrift transformiert
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Gl. 21
u=
x−µ
δ
ergibt sich folgendes für die Versagenswahrscheinlichkeit, unter Berücksichtigung der
transformierten Gleichung für die Belastung δ B :
−
Gl. 22
uB =
δ −δ B
sσ B
und der transformierten Gleichung für die Widerstandsfähigkeit σ W :
−
Gl. 23
uW =
δ −δ B
sσ B
Die Wahrscheinlichkeit F1 (u B > u B ' ) , dass die Variable u B Werte größer als u B ' annimmt.
Gl. 24
F1 (u B > u B ' ) = F (∞) − F (u B ' ) = 1 − F (u B ' )
Die Wahrscheinlichkeit F2 (uW < uW ' ) , dass die Variable uW Werte kleiner als uW ' annimmt.
Gl. 25
F2 (uW < uW ' ) = F (uW ' ) − F (−∞) = F (uW ' ) − 0
Für die statische Versagenswahrscheinlichkeit Gesamt Fges gilt demnach:
Gl. 26
Fges = F1 + F2 = 1 − F( u
B
')
+ F( u
W
')
⎛δ ' −δ B
= 1 − F⎜
⎜ sσ
B
⎝
⎛ '
⎞
⎟ + F⎜ δ − δ W
⎟
⎜ sσ
W
⎠
⎝
⎞
⎟
⎟
⎠
3. Beispielrechnung von Ausfallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer
Im Rahmen einer Beispielrechnung von Ausfallwahrscheinlichkeit und von Lebensdauer
einer großen Schraubenverbindung sollen die theoretischen Überlegungen in 1. und 2. an
einem praktischen Beispiel umgesetzt werden. Hierzu wurde eine Verankerung einer Turbine
mit anschließendem Generator gewählt. Die Turbine und der Generator sind mit großen
Schraubenverbindungen im Beton verankert. Diese Schraubenverbindungen werden als
Betonanker bezeichnet. Sie bestehen aus dem eigentlichen Bolzen und aus einer
Ankerplatte der Disk. Alle Betonanker besitzen einander ähnliche Geometrie, allerdings bei
veränderten Abmessungen und Randbedingungen. Die Betonanker haben unterschiedliche
Positionen und zwar B1, B3, D1, D3 und D4.
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Bild 15: Schematische Darstellung der Betonanker und deren Lage
3.1 Allgemeine Daten
3.1.1 Geometrie der untersuchten Schraubverbindungen
Ankerplatz Komponente Bezeichnung
B1 & B3
Stud bolt
D1 & D3
Stud bolt
D4
Stud bolt
D4
Disc/Anchor
D1 & D3 Disc/Anchor
B1 & B3 Disc/Anchor
M100
M80
M64
M80
M125
M160
GewindeStei- FlankenKernGewinde- Spannungs- KernquerNenngung
durch durchmesser tiefe
querschnitt schnitt
durchmesser
messer
d=D
P
d2=D2
d3
D1 h3 H1
As
A3
[mm²]
[mm²]
100
6
96
93
4
7000
6740
80
6
76
73
4
4344
4144
64
6
60
57
58
4
3
2676
2520
80
2
79
78
1
4794
4723
125
2
124
123
1
11900
11795
160
3
158
156
2
19400
19192
Tabelle 1: Geometriedaten der untersuchten Schraubenverbindungen
3.1.2 Werkstoffe der untersuchten Schraubverbindungen
Aus unserer zusammengestellten Materialdatensammlung der TÜV SÜD Gruppe wurden
folgende (gemittelten) Materialdaten für dieses Projektbeispiel verwendet:
Komponente
Stud bolt
Material:
Rm
RP0,2
C
m
∆Kth
KIC
[N/mm²] [N/mm²]
[MPa m ] [MPa m ]
-9
21CrMoV5-7
850
550
1,11*10 3,54
6,3
/
Disc
St37-2
400
270
1,25*10-9 3,38
10,2
~ 80
Anchor/Pin
St52-3
492
360
3,15*10-9 3,07
10,4
~ 80
Tabelle 2: Verwendete Materialkennwerte (Bruchmechanik)
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
Komponente
Anchor
Disk
Material
Spannung
LW
Dauerfestigkeit
Dauerfestigkeit
[N/mm²]
Exponent
Streuspanne
St 52-3
1,87 · 106
79,4
4,01
2,11
St 38b-2
1,87 · 106
103,5
5,71
2,13
Tabelle 3: Verwendete Materialkennwerte (Ermüdung)
3.1.3 Lastannahmen der untersuchten Schraubverbindungen
Anchorage
B1&B3
D1&D3
D4
D
[mm]
160
130
95
Stud bolt
connection
M100
M80
M64
Pre-load
[kN]
1852
888
535
External load
[kN]
309
312
62
Tabelle 4: Lastannahmen für die untersuchten Schraubenverbindungen
3.2 Beanspruchung und Lastkollektive
Die gesamte resultierende Spannung σ der Schraube im Normalbetrieb ergibt sich aus der
Summe der Vorspannung und der betrieblichen Spannung. Mit den angegebenen Kräften
sowie Spannungsquerschnitten ergeben sich folgende Werte für Disk bzw. Anchor
(negatives Vorzeichen bedeutet Druckspannung, positives Vorzeichen Zugspannung):
1
2
3
4
5
Summe
Summe
Spannungen
Spannungen
VorSpannung
Spannungen
Normalbetrieb
Spannung
betriebl. Grundlast Gewicht + Grundlast spannung
an einzelner
Gewicht [N/mm²]
(= Spalte 3 +
[N/mm²]
(= Spalte 1 +2)
[N/mm²]
Disk
4)
[N/mm²]
[N/mm²]
-12
4
-8
95
87
σ B1
-12
-4
-17
95
79
σ B3
-17
-4
-20
75
54
σ D1
-17
4
-13
75
61
σ D3
-8
-2
-10
112
101
σ D4
Tabelle 5: Spannungen an der Disk im Normalbetrieb
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
1
2
3
4
5
Summe
Summe
Spannungen
Spannungen
Spannung
Spannungen
VorSpannung
Normalbetrieb
am einzelner
betriebl. Grundlast Gewicht + Grundlast spannung
(= Spalte 3 +
Gewicht [N/mm²]
(= Spalte 1 +2)
Anchor
[N/mm²]
[N/mm²]
4)
[N/mm²]
[N/mm²]
-12
4
-8
92
84
σ B1
-12
-4
-16
92
76
σ B3
-15
-3
-18
67
49
σ D1
-15
3
-12
67
55
σ D3
-6
-1
-7
75
69
σ D4
Tabelle 6: Spannungen am Anchor im Normalbetrieb
Diese Daten entsprechen einer stationären Grundlast. Um hieraus ein Belastungskollektiv zu
erhalten, sind in erster Linie konkrete Messwerte erforderlich, die im vorliegenden Beispiel
natürlich nicht vorliegen. Die Belastung erfolgt durch wechselnde Lasten um die stationäre
Grundlast. Die „Unschärfe“ dieser Belastung resultiert daraus, dass keine konstante
Amplitude vorliegt, sondern diese ihrerseits eine Verteilung aufweist. Die vielfältigen
Einflüsse, die hierbei denkbar sind, können hier nicht ermittelt werden, daher kann hier nur
versucht werden, das Lastkollektiv konservativ, aber nicht zu vorsichtig abzuschätzen.
Daher wird in zwei Schritten vorgegangen:
1) Bestimmung einer Belastungsamplitude
2) Bestimmung der Verteilung dieser Amplitude.
Zu 1): Hier wird von folgenden Annahmen ausgegangen:
Die Schwankungen der Spannungen im Normalbetrieb mit Vorspannung sind normalverteilt
um den Grundlastwert aus den Spalten 5 in Tabelle 5 und Tabelle 6. Die Amplitude der
Spannung ergibt sich aus dieser Spalte 5 mit folgender Überlegung: Die Amplitude, die im
Störfall „Schaufelbruch“ erreicht wird (i. f. kurz „Störfallamplitude“ σSt, s. Tabelle 7 bzw.
Tabelle 8, Spalte 1, für Disk bzw. Anchor), ist ein extrem seltenes Ereignis. Der
Wahrscheinlichkeit, dass dieses Ereignis oder sogar höhere Werte auftreten, wird ein Wert
von 10-6 zugeordnet. Bei einer Normalverteilung mit Mittelwert m (entspricht hier der
Grundlast) und Standardabweichung s liegen allgemein Werte mit einer Wahrscheinlichkeit
von 10-6 außerhalb des Bereichs m +/- 6 s. Also liegt die Störfallamplitude σSt bei σ St = 6 s .
Die so ermittelte Standardabweichung s wird in Tabelle 7, Spalte 2, bzw. Tabelle 8, Spalte 2,
angegeben. Für die Amplitude der Belastung σL (i. f. kurz „Lastwechselamplitude“) kann nun
unter Bezug auf diese Standardabweichung gewählt werden. Hier werden die drei Fälle
untersucht, dass 68% bzw. 80% bzw. 95% der auftretenden Spannungsamplituden kleiner
oder gleich der Lastwechselamplitude sind. Das entspricht Werten von 1 bzw. 1,282 bzw.
1,96 · s (s. Tabelle 9 und Tabelle 10, Spalten 1 bis 3):
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
1
2
Spannungsamplitude (+/-) am einzelnen Anker im Störfall Standardabweichung
[N/mm²]
s [N/mm²]
24
4,9 * 10 -6
σStörfall B1 (=B3)
39
8,1 * 10 -6
σ Störfall D1 (= D3)
20
4,0 * 10 -6
σ Störfall D4
Disk
Tabelle 7: Störfallamplitude im Störfall „Schaufelbruch“ und daraus errechnete Standardabweichung
1
Anchor
2
Spannungsamplitude (+/-) am einzelnen Anker im Störfall Standardabweichung
[N/mm²]
sSt [N/mm²]
σStörfall B1 (=B3)
σ Störfall D1 (= D3)
σ Störfall D4
4,8 * 10 -6
7,2 * 10 -6
2,7 * 10 -6
23
35
13
Tabelle 8: Störfallamplitude im Störfall „Schaufelbruch“ und daraus errechnete Standardabweichung
1
Disk
Lastwechselamplitude σL B1 (=B3)
[N/mm²]
Lastwechselamplitude σL D1 (=D3)
[N/mm²]
Lastwechselamplitude σL D4
[N/mm²]
2
3
Vertrauensber Vertrauensber Vertrauensber
eich
eich
eich
68%
80%
95%
4,9 * 10 -6
6,3 * 10 -6
9,7 * 10 -6
8,1 * 10 -6
10,3 * 10 -6
15,8 * 10 -6
4,0 * 10 -6
5,1 * 10 -6
7,8 * 10 -6
Tabelle 9: Lastwechselamplitude σL für Disk aus Standardabweichung in Tabelle 7
1
Anchor
Lastwechselamplitude σL B1 (=B3)
[N/mm²]
Lastwechselamplitude σL D1 (=D3)
[N/mm²]
Lastwechselamplitude σL D4
[N/mm²]
2
3
Vertrauensbere Vertrauensbere Vertrauensbere
ich
ich
ich
68%
80%
95%
4,8 * 10 -6
6,15 * 10 -6
9,5 * 10 -6
8,1 * 10 -6
9,23 * 10 -6
11,5 * 10 -6
4,0 * 10 -6
3,46 * 10 -6
4,3 * 10 -6
Tabelle 10: Lastwechselamplitude σL für Anchor aus Standardabweichung in Tabelle 8
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
Zu 2): Für die Spannungsamplitude ist nun noch abzuschätzen, welche Verteilung sie
wiederum aufweist, um so die möglichen Lastverteilungen zu erhalten.
Dazu werden folgende Annahmen getroffen:
Die in 1) ermittelte Spannungsamplitude σL wird als Erwartungswert einer logarithmischen
Normalverteilung interpretiert. Um weitgehende Konsistenz mit den Annahmen aus 1) zu
erhalten, wird wieder angenommen, dass Amplituden größer gleich der „Störfallamplitude“ σSt
mit einer Wahrscheinlichkeit von 10-9 bei einer Lastwechselamplitude mit Vertrauensbereich
68% auftreten.
Aus den Eigenschaften der logarithmischen Normalverteilung folgt dann, dass
µ
Gl. 27
σL = e
Gl. 28
σ St = e
log + slog
2
/2
µ log + 6 slog
für die Grundlastamplitude und
für die Störfallamplitude gilt.
Hierbei sind µlog und slog hier die Parameter, die die Lognormalverteilung charakterisieren
und aus Gl. 27 erhalten werden können. Damit ist die Verteilung der Belastung vollständig
definiert. Es sollte aber beachtet werden, dass die Ermittlung eines realen
Belastungskollektivs (etwa über ein Jahr, entsprechend ca. 1,4 · 109 LW1) unbedingt
erforderlich ist, um eine zuverlässig untermauerte Aussage zu erhalten.
3.3 Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit
Gewöhnlich werden für die Belastbarkeitskurven Wöhlerlinien verwendet, die aus
Schwingversuchen mit konstanter Amplitude gewonnen werden. Für die Verteilung der
Lastspielzahlen bei gegebener Amplitude wird üblicherweise eine logarithmische
Normalverteilung angenommen:
ln(σ)
Neigung k
y
yD = ln(σD)
Fiktive Fortsetzung mit Neigung (2k-1)
x90%
x10%
xD = ln(ND)
x = ln(N)
x50%
Bild 16: Wöhlerlinie mit wesentlichen Parametern
1
Die Lastwechselzahl wurde hier mit 3600s/h · 24h/d · 330d/y (Zeitverfügbarkeit 90%) · 30a (projektierte Laufzeit)
· 50s-1 (Turbinendrehzahl) zu LWmax ≅ 5 · 1010 LW.
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
x10% (bzw. x50% bzw. x90%) sind die 10%- (bzw. 50%- bzw. 90%-Quantile) dieser Verteilung.
Der jeweils zugehörige Wert der Lastspielzahl, z. B. N10, besagt, dass in 10% der Fälle
Lastspielzahlen größer N10 bei der gegebenen Amplitude auftreten. Das Verhältnis der
Lastspielzahlen
N10
N90
wird bekanntlich auch als Streuspanne S bezeichnet.
In doppelt-logarithmischer Darstellung ist die Wöhlerlinie eine Gerade mit der Steigung
a = ∆y
Gl. 29
∆x
= ∆ ln(σ )
∆ ln( N )
< 0
Der „Exponent“ k, der üblicherweise in Datenblättern zur Wöhlerlinie mit angegeben wird,
steht zu a in der Beziehung
a = − 1k
Gl. 30
Die Geradengleichung der Wöhlerlinie lautet dann
Gl. 31 (a)
y = a ( x − x D ) + y D für y ≥ y D
wobei x (bzw. y) der Logarithmus der Lastwechselzahl (bzw. der Spannungsamplitude) ist
und xD (bzw. yD) der Logarithmus der Lastwechselzahl (bzw. Spannung) ist, ab dem der
Bereich der Dauerfestigkeit beginnt. Im Bereich y < y D wird in Übereinstimmung mit [16]
angenommen, dass auch Belastungen unterhalb der Dauerfestigkeit σD ein
Schädigungsbeitrag beizumessen ist. Diesem Sachverhalt wird durch eine fiktive Linie mit
der Neigung (2k – 1) statt k entsprochen (s. a. Bild 16):
(b)
y = a2 ( x − xD ) + y D
für y < y D ; a 2 = −
1
2k −1
In der (x, y)-Darstellung sind die x bei gegebenem y nun normalverteilt. Die entsprechende
Verteilung lautet:
Gl. 32
f ( x) =
1
2π s LW
−
e
( x − µ LW ) 2
2 s LW 2
µLW ist der Erwartungswert (oder das 50%-Quantil) der Lastwechselzahl, sLW ihre
Standardabweichung.
Für die Normalverteilung gelten allgemein die Beziehungen:
Gl. 33
x10% = x50% + 1,282 sLW
x90% = x50% − 1,282 sLW
Daher ist
Gl. 34
x10 − x90 = ln( NN1090 ) = ln(S ) = 2,564 s LW und
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
s LW =
ln(S )
2,564
Um nun bei gegebener Schwingspielzahl die Verteilung der Spannungen bei gegebener
Lastwechselzahl zu erhalten, ist die Umkehrfunktion zu Gl. zu bilden:
x=
Gl. 35
( y − yD )
+ xD
a
für x ≤ x D
Daraus und mit Gl. (a), (b) und Gl. ergeben sich folgende Umkehrfunktionen:
Gl. 36 (a)
(b)
⎛ ( y − yD )
⎞ 1
g ( y) = f ⎜
=
+ xD ⎟
a
⎝
⎠ a
1
e
2π s a
⎛ ( y − yD )
⎞ 1
g 2( y ) = f ⎜
=
+ xD ⎟
a2
⎝
⎠ a2
⎛ y − yD
⎞
−⎜
+ x D − µ LW ⎟
⎝ a
⎠
1
2π s a 2
e
2
2 s2
für y ≥ y D
⎛ y − yD
⎞
−⎜
+ x D − µ LW ⎟
⎝ a2
⎠
2
2 s2
für y < y D
3.4 Ergebnisse
3.4.1 Lebensdauerabschätzung
Für die Lebensdauerabschätzung wurde das Kollektiv für die Schädigungsrechnung
aufbereitet. Auf der Basis des Lastkollektives und der Werkstoffkennwerte wurde eine linear
Schadensakkumulationsrechnung nach Palmgren-Miner durchgeführt. Die Ankerkomponenten wurden nach Herstellerangaben für eine Lebensdauer von 30 Jahren ausgelegt.
Dieser Wert bildet auch unsere Basis für die Berechnungen. Um die Rechenergebnisse mit
der Auslegungslebensdauer vergleichen zu können haben wir die Jahre in ein
Lastwechselzahl umgerechnet.
Die Lastwechselzahl wurde hier mit 3600s/h * 24h/d * 330d/y (Zeitverfügbarkeit 90%) * 30a
(projektierte Laufzeit) * 50s-1 (Turbinendrehzahl) zu LWmax ≅ 5*1010 LW.
für Störfallgrößen:
Disk
B1 (=B3)
D1 (=D3)
D4
N
7,686*1012
4,882*1010
5,138*1012
Anchor
B1 (=B3)
D1 (=D3)
D4
N
1,120*1010
5,878*108
6,148*1011
Tabelle 11: Lebensdauerabschätzung für Störfallgrößen
Es zeigt sich das die „Anchor“ B1&B3 und D1&D3, bei den hohen Störfalllasten, die
geforderte Lebensdauer nicht erreichen. Da aber die Störfalllasten nur selten auftreten und
die Rechnung konservativ angesetzt wurde, kann man hier die errechneten Lastwechselzahl
vernachlässigen. Die anderen Komponenten, in Tabelle 11, erreichen die geforderte
Lebensdauer.
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
für Betriebslastgrößen:
Disk
B1 (=B3)
D1 (=D3)
D4
N
9,668*1016
5,991*1014
1,622*1018
Anchor
B1 (=B3)
D1 (=D3)
D4
N
2,662*1013
1,454*1012
1,451*1015
Tabelle 12: Lebensdauerabschätzung für Betriebslastgrößen
Bei den ständig anliegenden Betriebslasten erreichen alle Komponenten die geforderte
Lebensdauer. Sie übertreffen diese sogar um ein vielfaches. Für die Lebensdauer der
Ankerkomponente kann man unter Berücksichtigung der unter der Störfalllast auftretenden
geringeren Lebensdauer von B1&B3 und D1&D3 die Aussage treffen, dass die geforderte
Lebensdauer erfüllte wird. Wie aufgrund der bereits erfolgten Auslegung nicht anders zu
erwarten, sind die Anker so dimensioniert, dass sich die auftretenden Spannungen und
Lastwechselzahlen i. W. im Dauerfestigkeitsbereich befinden. Daraus resultieren
ausgesprochen geringe Versagenswahrscheinlichkeiten, die in der Regel Versagenswahrscheinlichkeiten unter 10-6 liefern. Im Folgenden sind daher nur Ergebnisse mit Werten
größer 10-6 aufgeführt. Eine Bruchmechanische Betrachtung der Schraubenverbindungen
wurde im Beispiel nicht durchgeführt.
3.4.2 Versagenswahrscheinlichkeit
3.4.2.1 Disk
Nur an den Positionen D1 und D3 konnten Versagenswahrscheinlichkeiten über 10-6 ermittelt
werden und auch hier nur für den Fall, dass eine Lastamplitude zum Vertrauensbereich 95%
angesetzt wurde, der hier 15,8 N/mm² beträgt. Das Ergebnis zeigt das Bild 17:
0,100%
Versagenswahrscheinlichkeit
0,04%
0,010%
Disk Position D1&D3;
15,8 N/mm²
0,001%
0,000%
1,0E+07
1,0E+08
1,0E+09
1,0E+10
1,0E+11
Lastwechselzahl
5·1010
Bild 17: Versagenswahrscheinlichkeit über Lastwechselzahl für Disk Positionen D1 und D3
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
3.4.2.2 Anchor
Hier waren neben den Positionen D1 und D3 auch in einem Fall die Positionen B1 und B3
auffällig, letztere allerdings erneut nur im Fall einer Lastamplitude zum Vertrauensbereich
95% (beim Anchor 9,7 N/mm²). Der Maximalwert bei Position D1 und D3 des Anchor liegt bei
11,5 N/mm² und 5 · 1010 Lastwechseln knapp unter 4%. Das gesamte Ergebnis zeigt Bild 18:
10,000%
Versagenswahrscheinlichkeit
4%
1,000%
Anchor Position
D1&D3; 5,9 N/mm²
Anchor Position
D1&D3; 7,5 N/mm²
Anchor Position
B1&B3; 7,6 N/mm²
0,100%
0,010%
Anchor Position
D1&D3; 11,5 N/mm²
0,001%
0,000%
1,0E+07 1,0E+08 1,0E+09 1,0E+10 1,0E+11
Lastwe chse lzahl
5 · 1010
Bild 18: Versagenswahrscheinlichkeit über Lastwechselzahl für Anchor
3.4.3 Risikobewertung
Zur Bewertung sind zwei Konservativitäten in der vorliegenden Betrachtung nochmals
hervorzuheben:
Der Dauerfestigkeitsbereich wurde unter der Annahme linearer Schadensakku-mulation fiktiv
unterschritten.
Eine entsprechende Berücksichtigung der Belastbarkeit etwa nach der modifizierten Form
der Miner-Regel wurde nicht durchgeführt. Erfahrungsgemäß bedeutet die Berücksichtigung
dieser Regel hinsichtlich der Beanspruchbarkeit eine um bis zu drei Größenordnungen
wachsende Schwingzahl der Dauerfestigkeit. Daraus wiederum resultiert eine geringere
Versagenswahrscheinlichkeit.
Für Konstruktionen oder Bauteile, durch deren Versagen Menschenleben gefährdet oder
großer wirtschaftlicher Schaden verursacht werden kann, ist nur eine extrem niedrige
Ausfallwahrscheinlichkeit, etwa von der Größenordnung 10-4 bis 10-7, vertretbar [11]. Dieser
Fall ist hier nicht unmittelbar gegeben, da in einer Position bis zu vier Anker vorhanden sind,
deren gleichzeitiges Versagen durch Ermüdungsbruch unter der Annahme von
Zufallsamplituden nicht unterstellt werden muss. Die Situation würde sich allenfalls bei
Gewalteinwirkung anders darstellen, hier könnten auch mehrere Positionen versagen.
Jedoch bleibt ein solches Ereignis ohnehin nicht unbemerkt und führt zu größeren Schäden.
Dennoch liegen die erreichten Versagenswahrscheinlichkeiten bei Disk und Anchor meist
unter den o. g. Werten. Nur bei Vorliegen betrieblicher Lastspannungen, die in dieser
Untersuchung als konservativ gewertet werden, werden nennenswerte Versagenswahrscheinlichkeiten durch Ermüdungsbruch erreicht. Somit ist es gerechtfertigt, von einer
ausreichend geringen Versagenswahrscheinlichkeit auszugehen.
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
4. Zusammenfassung
Anhand des Beispiels, einer großen Schraubenverbindung, wurden durch eine stochastische
Bemessungsweise sowohl die Betriebsbeanspruchungen, die zulässigen Festigkeitswerte
als auch die Sicherheitswerte statistisch gedeutet. Das Ziel der mit dem oben genannten
Weg verbundenen Anstrengungen ist darauf ausgerichtet, die Zuverlässigkeit der
Bemessung zu erhöhen, weil die Phänomene „Betriebslast“ und „Festigkeitsverhalten“ der
Schraubenverbindung durch Wahrscheinlichkeitsfunktionen realistischer beschrieben werden
können als durch das Einhalten pauschaler Grenzwerte.
Durch eine sinnvolle Kombination von Lebensdauervorhersage und stochastischen
Methoden ist eine Sichere und wirtschaftliche Vorhersage der Ausfallwahrscheinlichkeit und
Lebensdauer von Schraubenverbindungen sowie deren Risikobeurteilung möglich. Dies
Kombination beiden Methoden kommt bei der TÜV Industrie Service GmbH TÜV SÜD
Gruppe bei Problemstellungen von hochbelasteten Schraubenverbindungen zur Anwendung.
5. Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
VDI 2230 Blatt 1
VDI-Richtlinie, Systematische Berechnung hochbeansprochter
Schraubenverbindungen Zylindrische Einschraubverbindungen, Ausgabe 02/2003
Dr.-Ing. H. Wiegand, Dr.-Ing. K.-H. Illgner, Berechnung und Gestaltung von
Schraubenverbindungen, Konstruktionsbücher, dritte neu bearbeitete Auflage,
Springer Verlag 1962
Prof. Dr.-Ing. habil. Karl-Heinz Kübler, Dr.-Ing. Walter J. Mages, Handbuch der
Hochfesten Schrauben, 1. Auflage, Verlag W. Girardet Essen 1986
Prof. Dr. sc.techn. Walter Gnilke, Lebensdauerberechnung der Maschinenelemente,
Carl Hanser Verlag München Wien 1980
Dipl.-Ing. Armin Kober, Grosse Schraubenverbindungen in Schadensbezogener
Spannungsanalyse und Bruchmechanik, Hieronymus Buchreproduktion GmbH,
München 1984
Leitfaden für eine Betriebsfestigkeitsrechnung, Empfehlung zur Lebensdauerabschätzung von Bauteilen in Hüttenwerksanlagen, 2. Auflage, Verein Deutscher
Eisenhüttenleute (VDEh), Verlag Stahleisen Düsseldorf 1985
Roloff/Matek Maschinenelemente, Normung, Berechnung, Gestaltung;
13. überarbeitete Auflage, Vieweg Verlag, 1998
FKM-Richtlinie, Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis für den Maschinenbau. 1.
Ausgabe, VDMA Verlag GmbH, 2001
HSB, Handbuch Struktur Berechnung im Flugzeugbau, Berechnung von hoch
vorgespannten Schraubenverbindungen, Nr.: 24000-02 Ausgabe C von 1993
HSB, Handbuch Struktur Berechnung im Flugzeugbau, Richtlinie zur Bestimmung der
Lebensdauer und der Ausfallwahrscheinlichkeit von hochbeanspruchten Schraubenverbindungen, Nr.: 63521-01, Ausgabe B von 1986
B. Bertsche, G. Lechner – Zuverlässigkeit im Maschinenbau, Ermittlung von Bauteilund System-Zuverlässigkeiten, Springer Verlag, Stuttgart 1990
Haibach, Erwin – Betriebsfeste Bauteile, Ermittlung und Nachweis der
Betriebsfestigkeit, konstruktive und unternehmerische Gesichtspunkte, Springer
Verlag, 1992
VDI Fachtagung 2005 Schraubenverbindungen – Berechnung, Gestaltung, Anwendung
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