11. VORLESUNG / 24.3.2000 / Pakesch - poekl-net

Werbung
93
11. VORLESUNG / 24.3.2000 / Pakesch
FORENSISCHE PSYCHIATRIE
1. Begutachtung von Personen und ihrem Verhalten im Zusammenhang mit dem Gesetz
2. Behandlung von psychisch Kranken, die straffällig geworden sind
-> Art der Behandlung unterscheidet sich nicht von der Behandlung in anderen
Psychiatrien;
ABER: andere Unterbringung (entspricht Situation im Gefängnis):
* Göllersdorf: ist für Patienten, die nicht fähig sind, Schuld einzusehen und bei denen
Gefahr besteht, daß Wiederausbrechen der Krankheit zu neuerlichem
Gesetzesbruch führt
* Mittersteig: hier sind Zurechnungsfähige untergebracht, deren Tat mit einer schwer
geistig abnormen Persönlichkeit zu tun hat; können Folgen ihrer Tat sehr
wohl abschätzen
HISTORISCHER ASPEKT:
Psychische Krankheit und Straftat gibt es schon im römischen Recht:
* Straffreiheit bei Geistesschwäche,
* Strafmilderung bei affektiver Erregung.
Im germanischen Gewohnheitsrecht gab es nichts Derartiges, wohl aber bei den Langobarden
[Anmerkung des Verfassers: auch die Langobarden sind Germanen!!!] -> wie im römischen
Recht, nur daß die Angehörigen strafrechtlich verfolgt wurden.
Karl der Große:
einzelne Tötungsdelikte wurden aus den üblichen Strafgesetzen
herausgenommen, z.B.
* Kindestötung (Hebamme beigezogen) und
* Totschlag in Erregung (Arzt beigezogen)
17. Jhd. / Italien: zum ersten Mal Gesetze, daß wenn jemand psychisch krank ist und
Rechtsbruch begeht -> Konsultation von Ärzten = notwendig, um
festzustellen, ob Täter straffähig ist.
19. Jhd.:
FRIEDREICH: Buch über die Systeme der gerichtlichen Psychiatrie
KRAFT-EBING (Graz): Lehrbuch der Psychopathologie -> Einwirkungen von
psychischen Krankheiten auf Straftaten.
94
Alle Straftaten unter Einfluß von psychischer Erkrankung
-> Beurteilung durch Psychiater:
* stellt fest, ob Täter straffähig ist oder nicht,
* legt Maßnahmen fest, was passieren soll
Forensik umfaßt aber nicht nur das Strafrecht.
GRUNDLAGE FÜR FORENSISCHE PSYCHIATRIE IN AKTION ZU TRETEN:
Behörde beauftragt Gutachter, über
* bestimmtes Verhalten einer
* bestimmten Person zu einem
* bestimmten Zeitpunkt ein Gutachten zu erstellen.
Gutachter
= Arzt
= Psychologe
ABER: wesentlicher UNTERSCHIED zu dessen Aufgabe in Behandlungssituation:
* in Behandlungssituation: Arzt / Psychologe muß alles unternehmen, was dem
Patienten nützt
* in Gutachtersituation:
strengste Objektivität ist geboten (auch wenn das
nicht zum Vorteil des Patienten ist!)
DAHER: keine Gutachten über Patienten, die man einmal hatte oder die man kennt.
Dabei UNTERSCHIED:
* bei Arzt (bzw. körperlicher Krankheit des Patienten):
muß länger als 5 Jahre zurückliegen
* bei Psychiater / Psychologen:
grundsätzlich nicht Gutachter bei Patienten, die man einmal hatte, da man
viel mehr über Patienten weiß als normaler Arzt. Ist aber nur durch
Konvention, nicht durch Gesetz festgelegt!
Weiterer UNTERSCHIED zwischen Arzt und Gutachter:
-> Gutachter unterliegt nicht der ärztlichen Schweigepflicht!
95
GUTACHTEN:
a) qualitativer Aspekt:
Gutachten soll sein:
1) unparteiisch (emotional)
2) unabhängig (finanziell) -> Problem der Privatgutachten!
3) der Wahrheit entsprechen (NICHTS weglassen!)
4) Beurteilung der Erkrankung soll möglichst objektiv sein, mit Literatur
übereinstimmen hinsichtlich der Symptomatik, der Schlüsse, die man zieht, und der
Diagnosekriterien. Verschiedene Terminologien können verwendet werden.
5) nur psychiatrische Fragestellung beantworten, Beantwortung juridischer Fragen
vermeiden!
6) Gutachten soll so abgefaßt sein, daß es auch für Menschen verständlich und
schlüssig ist, die auf dem Gebiet der Psychiatrie Laien sind (z.B. Richter, Schöffen)
b) formaler Aspekt:
1) Beschreibung der exakten Fragestellung, der vom Gericht oder anregender
Institution gestellten Frage, mit Auflistung der entsprechenden Beschlüsse, wo diese
Frage gestellt wird und Angabe in welchem Verfahren (d.h. was wird begutachtet).
2) genaue Auflistung der Grundlagen, auf die sich das Gutachten stützt (Akten,
Außenanamnese, Zusatzbefunde, Krankengeschichten, persönliche Untersuchung)
3) (SEHR WICHTIG!) Aktenstudium (Gerichts-, Pensions-, Sozialversicherungsakten,
Krankengeschichten, Behandlungsberichte); Zusatzinformationen einholen
(behandelnden Arzt befragen); auf Medikation achten; bedenken, daß diskriminierende
psychiatrische Diagnosen oft nicht angegeben werden (z.B. Alkoholismus)
4) Anamneseerhebung mit Betroffenem, Krankheitsanamnese, biographische Anamnese,
Fremdanamnese (Angehörige, Pflegepersonal)
5) Zusatzbefunde (z.B. wenn notwendig testpsychologische Verfahren; EEG, CT, MRI)
96
6) Psychopathologischer Befund1 (Zustand, in dem sich Betroffener bei Untersuchung
befindet, beschreiben, aber nicht bewerten; eventuell Verlauf; 2-3x zu
unterschiedlichen Zeitpunkten psychopathologischen Befund erheben)
7) neurologischer Status
8) somatischer Status + Befunde (z.B. Blutbild, Leberparameter, Harnbefund
-> Drogen!)
9) Diagnose: * nur stellen, wenn eindeutige Zuordnung zu bestimmter Krankheit
möglich; Angabe der verwendeten Diagnosekriterien (z.B. ICD /
DSM)
* Ist es nicht möglich, klare nosologische Zuordnung zu treffen
-> dann Symptomdiagnose (= deskriptive Diagnose)
10) Beurteilung der Befunde und Beantwortung der Fragestellung
(Auswirkung des Zusammenspiels der Symptome auf die Fragestellung
= DAS Entscheidende.
BEISPIEL: * Schizophrener, der Pfleger tötet, weil Stimme ihm sagt, dieser wäre ein
KGB-Spion -> ist dafür nicht zurechnungsfähig; ABER:
* Schizophrener, der im Supermarkt stiehlt -> ist dafür zurechnungsfähig
11) Begründung
1
Merke: muß sich auf den Zeitpunkt beziehen, zu dem ICH den Patienten sehe!
97
WER HOLT GUTACHTEN EIN?
1) Gerichte: a) Strafbereich:
b) Zivilbereich:
2) Verwaltung:
zahlenmäßig gering, Bedeutung groß
zahlenmäßig hoch, Bedeutung gering (z.B.
Pflegschaftsangelegenheiten (Familienrecht),
Außerstreitbarkeit,
streitige Gerichtsbarkeit (z.B. Ehescheidung);
Arbeitsrecht (z.B. alle Invaliditätsfragen,
Arbeitsunfähigkeit,
vorzeitige Pensionierung, etc.)
Dienstfähigkeits-, Führerschein-, Waffenpaß-Angelegenheiten, usw.
3) Private Gutachten:
vor allem wenn jemand mit Gerichtsgutachten nicht zufrieden ist;
hat aber keinen gerichtlichen Beweischarakter
-> d.h. Gericht kann es akzeptieren, muß aber nicht.
98
STRAFRECHT:
In Österreich erstmals 1803 im 1. Strafgesetzbuch
1975 wesentliche Änderung (Strafrechtsreform unter Justizminister Christian BRODA)
-> gilt bis heute:
§11 STGB:
„wer zur Zeit der Tat wegen Geisteskrankheit2, Schwachsinns,
tiefgreifender Bewußtseinsstörung3 oder
wegen anderer schwerer, gleichwertiger seelischer Störung4
unfähig ist, Unrecht seiner Tat einzusehen5
oder nach dieser Einsicht zu handeln6,
handelt nicht schuldhaft7.“
2
Geisteskrankheit: = alle Psychosen (schizophrene / affektive / organische -> z.B.
Alkoholdelir).
Symptom der Psychose muß für Rechtsbruch verantwortlich sein
(d.h. Krankheit muß Tat verursacht haben).
3
= tiefgreifende Bewußtseinsstörung: z.B.
* Alkohol über 3,5 Promille;
* bei Intoxikation
* Dämmerzustand nach epileptischem Anfall (ist sehr schwer zu beurteilen, denn Patient
kann sich nicht erinnern!)
WICHTIG: muß aber persönlichkeitsfremd sein!
BEISPIEL:
Drogenkranker sticht Frau nieder, hat Valium genommen, kann sich an
nichts mehr erinnern... Hat aber 10 Vorstrafen wegen Gewalttätigkeit
-> ist nicht persönlichkeitsfremd!
4
Betonung liegt auf SCHWER
5
= Diskretionsfähigkeit (ist meist erhalten, z.B. auch bei Debilität;
nicht aber bei höhergradigem Schwachsinn, z.B. bei Imbezilität
6
= Dispositionsfähigkeit (z.B. bei Schizophrenem, der aufgrund von Halluzinationen jemanden
angreift, weiß sehr wohl, daß er das nicht darf, kann es aber nicht
steuern)
99
Gefährdung der Allgemeinheit verhindern / Behandlung des Patienten gewährleisten soll:
§21 / 1:
Jemand ist unzurechnungsfähig und nach Art der Tat ist zu befürchten, daß er
aufgrund seiner Krankheit wieder Straftat begehen könnte
-> Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
Merke:
Das ist nicht jemand, der ständig Kleindelikte setzt
(z.B. ständige Streitereien mit der Hausmeisterin), sondern
jemand, der SCHWERE Tat vollbracht hat
(z.B. immer wiederkehrender schwerer Betrug bei Manikern;
schwere Körperverletzung.)
=> Es wird keine Strafe ausgesprochen, sondern Betroffener kommt nach
Göllersdorf, so lange, bis er wieder stabil ist. Dann mühsame
Entlassungsprozedur...
(ABER: in Göllersdorf gibt es sehr wenige Plätze, daher bleibt Betroffener oft
im Gefängnis und wird dort behandelt oder er kommt in Psychiatrie)
§ 21 / 2:
betrifft Zurechnungsfähige, die Tat unter Einfluß ihrer seelischen Abartigkeit
begangen haben:
* Sexualdelikte (Spitzenreiter derzeit: Pädophilie)
* Impulskontrollstörungen (z.B. Kleptomanie, Pyromanie)
=> bekommt Strafe -> Einweisung in Mittersteig; dort Therapie, müssen Strafe
absitzen (vorzeitige Entlassung möglich, aber selten).
Ist Strafe abgesessen -> Betroffener ist nicht frei, sondern davor
Begutachtung8 notwendig (d.h. kann, wenn nötig, lebenslang drinnen sein)
Strafe => 2 Prinzipien:
* Generalprävention (= Abschreckung) -> Maßnahme wird gesetzt
Göllersdorf / Mittersteig sollen das NICHT haben;
hier im Vordergrund = Behandlung!
* Spezialprävention
7
Schuldprinzip (= Strafprinzip) ist vorherrschend
8
1x pro Jahr darf behandelnder Arzt einen diesbezüglichen Antrag stellen
100
ZIVILRECHT:
UNTERBRINGUNGSGESETZ (UNTERBRINGUNGSVERFAHREN)
1. Instanz:
Bezirksgericht (für in seinem Bereich angesiedelte Psychiatrie zuständig)
2. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen
3. Instanz:
Oberster Gerichtshof (wird aber üblicherweise nicht erlaubt, nur wenn neue
Fragestellung zu beantworten ist, die der Oberste
Gerichtshof bisher noch nie beantwortet hat)
Ablauf: „Von draußen ins Psychiatrische Krankenhaus“
Früher:
heute:
mit Krankenhausparere (gibt’s nicht mehr)
nur nach
1) ärztlicher Untersuchung durch einen Polizeiamtsarzt (Stadt)
oder Gemeindearzt (Land).
Muß 3 Bereiche feststellen:
a) ist eine psychische Erkrankung vorhanden
b) besteht erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung
c) gibt es keine andere Behandlungsmöglichkeit außerhalb der Anstalt
=> Bescheinigung (nach §8 / Unterbringungsgesetz):
Damit ist die Freiheit des Menschen bis ins psychiatrische Krankenhaus aufgehoben,
er kann jetzt gegen seinen Willen in die Psychiatrie gebracht werden
2) Ankunft in Psychiatrie -> unverzügliche Untersuchung durch 2 Fachärzte
=> wieder a) - c) feststellen!
* unabhängige Untersuchungen
* unabhängige Zeugnisse
Dann: Unterbringung: Psychiatrie hat Recht und Pflicht9, den Betreffenden nicht mehr
wegzulassen.
9
BEISPIEL:
Untergebrachter kann wegen Nichtaufpassens aus AKH-Psychiatrie fliehen -> zündet Haus an
-> Gemeinde Wien strafbar!
101
3) Ärztliches Zeugnis binnen 1 Tages an:
* zuständiges Gericht und
* Patientenanwalt10: Dieser kann sein Jurist / Arzt / Psychologe, etc. Ist der gesetzliche
Vertreter des Patienten im Unterbringungsverfahren, ist autonom.
Patient kann sich aber auch von eigenem Anwalt vertreten lassen.
4) Gericht hat 3 Tage Zeit für persönlichen Augenschein = Erstanhörung
(= Gerichtsverhandlung: * behandelnder Arzt legt Gründe dar;
* Patient wird gehört;
* Patientenanwalt;
* unabhängiger Gutachter, wenn Richter das will
=> Beschluß, ob Unterbringung zulässig11 oder nicht.
Bei Erstanhörung bestellt Richter Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens
(schriftlich, binnen 1 Woche), bei Gutachter, der nicht an diesem Krankenhaus ist
-> schickt’s an alle (Gericht, Patientenanwalt, Patient, Spital, usw.)
5) Nach 14 Tagen Unterbringungsverhandlung, falls Unterbringung noch aufrecht.
Merke:
Wenn zwischenzeitlich Punkt a) - c) wegfallen
-> behandelnder Arzt kann Unterbringung jederzeit aufheben:
1/3 der Eingelieferten überhaupt nicht untergebracht
1/3 der Untergebrachten bleiben nicht bis zur Verhandlung
1/3 kommt überhaupt zur Verhandlung
Wieder persönlicher Augenschein aller;
mündliches Gutachten durch externe, anwesende Gutachter
=> Beschluß, ob Unterbringung gültig12 oder nicht.
Krankheitsbilder der Untergebrachten:
70% Psychose
20% senile Demenz (z.B. Weglaufen in Verwirrtheitszustand)
10% Depression, Suizide, Minderbegabung
10
Davon zu unterscheiden ist der „Patientenanwalt der Gemeinde Wien“ (ist zuständig für ALLE Beschwerden
ALLER Patienten)
11
gilt für 14 Tage
12
Beim 1. Mal: Frist von 1-3 Monate
Beim 2. Mal: alles von vorn ab ärztliche Zeugnisse / Erstanhörung; Frist = 6 Monate
Beim 3. Mal: selber Zirkus; Frist = wieder 6 Monate; zusätzlich 2. externer Gutachter.
Eine längere Unterbringung sieht das Gesetz nicht vor!
Was passiert mit denen, die länger brauchen? (= Gesetzeslücke!)
Da Unterbringungsverfahren eingestellt, wenn Patient nicht mehr in Psychiatrie -> Patient für eine Nacht aus
der Psychiatrie z.B. auf die Interne => Folge: ganz neues Unterbringungsverfahren beginnt...
102
Unterbringungsgesetz im Ganzen positiv;
ABER: nicht berücksichtigt:
= Behandlungsunwilligkeit (kann erst untergebracht werden, z.B. bei akuter
Lungenentzündung)
= Krankheitsuneinsichtigkeit (z.B. Maniker, der seine ganze Familie mit seinen
Aktionen ruiniert)
=> denn: es gibt keine finanzielle Selbst- und Fremdgefährdung, nur eine
gesundheitliche! (z.B. auch keine Fremdgefährdung liegt vor, wenn jemand ständig
Katze in Mikrowelle steckt -> Katze ist laut Gesetz eine Sache!)
Unterbringungsgesetz / Verfahrensablauf (Folien)
ärztliche Bescheinigung gemäß §8 Unterbringungsgesetz
2 ärztliche Zeugnisse
Erstanhörung
Gutachten fakultativ
schriftliches Gutachten eines externen Gutachters
mündliche Verhandlung und
Erörterung des Gutachtens + Gutachter
Unterbringungsgesetz - Gutachten:
Stellungnahme zu
Vorliegen einer psychischen Krankheit
Vorliegen der Gefährdungsmomente
Vorliegen bzw. Nicht-Vorliegen der Substitarität
Begründung der Zustellung bzw. Nicht-Zustellung des Gutachtens an den Kranken
Voraussetzung der Unterbringung:
1. Vorliegen einer psychischen Krankheit
2. Vorliegen einer ernstlichen oder erheblichen Gefährdung für das Leben oder die
Gesundheit des Patienten oder einer anderen Person
3. eine ausreichende ärztliche Behandlung außerhalb einer Anstalt ist nicht möglich
(Subsidarität)
103
________________________________
Ergänzung: Einspruch gegen Unterbringung:
Richter sagt in den 14 Tagen „Unterbringung ist nicht zulässig“
-> Abteilungsleiter des Krankenhauses hat Einspruchsrecht13
(= Rekurs, d.h. kann aufschiebende Wirkung beantragen) -> Patient bleibt!
Wichtig: Rekurs mit aufschiebender Wirkung verbessert Obsorgepflicht
(d.h. Patient kann nicht abgeschoben werden; Habe ich als Arzt keinen Rekurs
beantragt -> Patient ist frei -> passiert etwas -> Doktor ist verantwortlich dafür!)
SACHWALTERSCHAFT:
Bis 1994 Entmündigungsverordnung
-> Entmündigung
}
-> Teilentmündigung
}
wegen Geistesschwäche
Es gibt kein Sachwalterschaftsgesetz, Vorschriften sind in verschiedenen anderen Gesetzen
enthalten:
=> Rechtsgrundlagen der Sachwalterschaft:
* ABGB § 273 Abs. 1
* Jurisdiktionsnorm (-> für Verfahrensablauf)
* Außerstreitgesetz
* Bundesgesetz für Vereine zur Namhaftmachung von Sachwaltern
Angesiedelt beim Bezirksgericht, gleiche Richter wie bei Unterbringung.
§ 273 / 1:
Person, die an psychischer Krankheit leidet oder geistig behindert ist,
und alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten14 nicht ohne Gefahr eines
Nachteils für sich selbst besorgen kann
-> bekommt einen Sachwalter.
BEISPIEL: Geistig Behinderter erkennt Geldscheine nicht -> bekommt einen
Sachwalter für finanzielle Angelegenheiten; also für Spezialbedürfnis,
nicht gleich prophylaktisch!
13
14
Patienteneinspruch hat KEINE aufschiebende Wirkung
nicht generell wie beim alten Entmündigungsgesetz!
104
Wer bekommt einen Sachwalter?
1) Demenz 54,3 %15
2) chronische, schizophrene Erkrankung, schizoaffektive Psychose,
wahnhafte Störung 15%
3) organische Psychosyndrome unterschiedlicher Genese,
einschließlich Insulte mit Aphasie 12,5%16
4) Intelligenzminderung 10%
5) manisch-depressive Erkrankung 2,5%17
6) sonstige Diagnosen 5,6%
Wann bekommt man Sachwalter?
1) Diagnose der psychischen Erkrankung18
2) Diagnose der geistigen Behinderung
3) Feststellung der Aufgabenbereiche / Lebensbereiche
4) Subsidaritätsprinzip (Ausgleich durch Familie, z.B. wenn jemand aus dieser den
Patienten versorgen kann -> kein Sachwalter!)
5) Schutz und Hilfe für Patienten, nicht für Dritte (nicht um Familie vor dem Patienten
zu schützen; auch nicht, wenn sie durch ihn geschädigt wird)
15
Sind vor allem Pflegeheimpatienten; in 2 Gruppen unterteilbar:
* bei Antragstellung auf Pflegegeld
* bei Operation im Pflegeheim, zwecks Einverständniserklärung zu OP
16
= Subgruppe der Demenzen
17
Manie:
Depression:
18
Bettlägeriger alter Mann, der gar nichts mehr kann, aber geistig klar
-> bekommt KEINEN Sachwalter, denn: er kann ja eine Vollmacht ausstellen;
d.h. körperliche Behinderung darf nicht zur Sachwalterschaft führen!
Kontrollverlust beim Geldausgeben
Antriebslosigkeit -> Nichtzahlen z.B. der Miete
105
Ablauf des Verfahrens:
Jeder kann für jeden einen ANTRAG stellen;
ABER: Erbringung eines Beweises für Punkte 1), 2) und 5) (siehe oben!)
Wenn nicht durch Institute, sondern durch Private Antrag gestellt wird, wird meist ein Befund
ans Gericht gebracht
ERSTANHÖRUNG (Richter verschafft sich Ersteindruck)
bestimmt EINSTWEILIGEN SACHWALTER für Dinge, die zu regeln sind
(z.B. finanzielle Angelegenheiten) oder Einstellung19.
Wer kann Sachwalter sein?
a) jemand aus Verein für Sachwalterschaft (= vollberufliche Sachwalter; meist Sozialarbeiter,
einige Psychologen; regelt z.B. Wohnung und Beruf)
b) wenn juridische Handlungen zu setzen sind (d.h. ein Prozeß) -> Sachwalter = Anwalt
c) Angehörige (am häufigsten, und zwar: Eltern für ihre geistig behinderten Kinder, Kinder für
ihre dementen Eltern;
NICHT: wenn vermögensmäßige Kollision, z.B. Sohn ist Mieter im Haus des Vaters, will
diesen ins Pflegeheim abschieben)
Es gibt keine Ausbildung für Sachwalter
Sachwalter muß sich nach bestem Wissen und Gewissen für den ihm Beauftragten handeln wie
für sich selbst. Derjenige, der einen Sachwalter bekommt, ist rechtlich gestellt wie ein Kind unter
14 Jahren.
Wofür bekommt man einen Sachwalter?
1) Finanzen (z.B. für laufende Überweisungen)
2) Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden, Gerichten
3) Wohnungsangelegenheiten
4) Bestimmung des Aufenthaltsortes (z.B. bei Alten, die nicht ins Pflegeheim wollen)
19
Ist sich der Richter nicht sicher, so kann er auch einen einstweiligen Sachwalter im Sachwalterverfahren
bestimmten.
106
GESCHÄFTSFÄHIGKEIT:
bedeutet laut § 865 ABGB:
„...daß Kinder unter 7 Jahren und Personen über 7 Jahren, die den Gebrauch der
Vernunft nicht haben, unfähig sind, ein Versprechen zu machen oder es
anzunehmen...“20
§ 869: „Die Einwilligung in den Vertrag muß frei, ernstlich, bestimmt und verständlich
erklärt sein, um gültig zu sein.“
Krankheiten, die beeinflussen -> psychische Krankheiten:
* chronische Psychose mit Halluzinationen / Wahn;
* geistige Minderbegabung (erhöhte Beeinflußbarkeit);
* Manie (fehlende Kontrolle), usw.
d.h. aber NICHT, daß der Betreffende nicht zahlen muß..., aber er bekommt keine Strafe!
TESTIERFÄHIGKEIT § 566:
Testat = ungültig, wenn:
„Erklärung im Zustand der Raserei, des Wahnsinns, des Blödsinns oder der
Dummheit geschehen ist“
-> muß aber bewiesen werden...
=> Das ist aber sehr schwierig, da Testament meist lange vor dem Tod gemacht wurde;
Frage: Hatte Person damals schon Demenz oder nicht?
Nützlich dafür sind Pflegeberichte
-> 2x pro Tag schreibt Schwester ca. 20 Zeilen über den Patienten dort hinein)
=> Richtlinie für Gutachter: Plausibilität des Testaments (z.B. 2 Tage vor Tod
Testamentsänderung zugunsten einer Pflegerin ist nicht
plausibel!)
20
gilt aber nur für Tag der Unterschrift
107
EHESCHEIDUNGSVERFAHREN:
§ 50: * Begeht Ehepartner aufgrund psychischer Krankheit eine Eheverfehlung
(z.B. Ehebruch) -> Scheidung, aber schuldlos (wichtig für Unterhalt...)
* Ist jemand geisteskrank und das wirkt sich auf die Ehe aus
-> Gatte kann automatische Scheidung beantragen
SORGERECHTSVERFAHREN:
* keine gesetzliche Bestimmung, aber wenn ein Partner psychische Krankheit hat oder
bekommt und nicht für Kind sorgen kann -> Gutachten beantragen
* bei schwerer Geistesbehinderung
-> jemand, der sich selbst nicht versorgen kann
-> jemand in akuter Psychose
=> Jugendamt nimmt Kind weg
* Gutachten, wenn Psychotischer Kind wieder haben will
VERWALTUNGSRECHT:
a) WAFFENGESETZ (§8):
* GANZ NEU:
Berechtigung zur Führung einer Waffe
-> grundsätzlich nur nach psychologischer Testung
(dabei verwendet MMFI)
=> Prognose ob psychische Auffälligkeit
* Behörde wird psychische Krankheit oder psychische Auffälligkeit bekannt
-> Waffenpaß weg (jede Einweisung in Psychiatrie wird gemeldet!)
-> dann Gutachten über Verläßlichkeit und psychische Gesundheit21.
b) FÜHRERSCHEIN:
* Verkehrsdelikte (z.B. über 50 kmh in Ortsgebiet)
-> Prüfung durch Verkehrspsychologen
* Straftaten im Zusammenhang mit Auto (z.B. Bankraub mit Fluchtauto)
-> Führerschein weg
21
Auch bei Drogen / Alkoholmißbrauch und amtsbekannter Aggressivität, die nicht auf
psychischer Krankheit beruht (z.B. Ehekrach)
108
* bei allen Sittlichkeitsdelikten, wenn in Auto
-> Führerschein weg (+ Psycholog. Maßnahmen)
* bei allen Tötungsdelikten
-> Führerschein weg
Führerschein-Gesundheitsverordnung:
regelt Untersuchung aller Führerscheingruppen
(z.B. Blinde bekommen überhaupt keinen Führerschein)
§ 13 betrifft psychische Erkrankungen:
* Depressionen (Suizidgefahr im Straßenverkehr!),
* Psychosen, organisches Psychosyndrom
=> Reaktionsfähigkeit getestet, auch wenn psychisch stabil, aber
Dauereinnahme von Medikamenten
* Alkohol- und Drogenabhängige: -> Führerschein weg; zurück nur bei
Nachweis der Nichtmehrabhängigkeit;
bei Alkohol -> Subgruppe:
bei 1. Entzug:
* alles über 1,6 Promille zur verkehrspsychologischen
Untersuchung
* Amtsarzt hat Verdacht auf Abhängigkeit
-> Psychiater + Gutachten
bei Dauermedikation mit Methadon
Herunterladen