• Test I In-Ear-Kopfhörer InEar ProPhile 8 Zahlenkünstler 8 Treiber, 4 Wege, 2 Schalter – wir reden hier nicht von einer großen OverEar/Kopfhörerverstärker-Kombi, sondern von einem In-Ear, genauer vom neuen ProPhile 8 der InEar GmbH. Und das ist bei Weitem nicht die einzige Besonderheit dieses neuen Spitzen-In-Ears. Unter den Herstellern von In-Ears gibt es zwei Fraktionen. Die einen setzen darauf, konventionelle dynamische Treiber immer weiter auszureizen, die anderen setzen auf Balanced-Armature-Treiber (BAT), die ursprünglich aus der Hörgerätetechnik kommen. Konventionelle dynamische Treiber können sehr breitbandig eingesetzt werden, auf mehrere Wege kann man meist verzichten, weil ein Treiber das gesamte Hörspektrum wiedergeben kann. Allerdings lässt sich die klangliche Abstimmung im Wesentlichen nur über die Konstruktion des gesamten Treibers bzw. Kopfhörers beeinflussen. BATs sind meist nur schmalbandig einzusetzen, so dass man hier Mehrwegesysteme realisieren kann bzw. muss, was aufgrund der geringen Baugröße dieser Systeme auch bei einem In-Ear möglich ist. Der Vorteil ist, dass man die klangliche Abstimmung über die Auswahl und Anzahl der Treiber sowie über die bei Mehrwegesystemen notwendige Frequenzweiche vornehmen kann. Allerdings fängt man sich damit so gut wie alle Probleme ein, mit denen sich auch Konstrukteure von MehrwegeLautsprechern beschäftigen müssen. Das ist nicht nur der optimale Frequenzgang, sondern etwa auch das Phasenverhalten. Bei der InEar GmbH aus Roßdorf bei Darmstadt setzt man auf die BAT-Technik. Mit den In-Ears der StageDiver-Serie haben die Hessen einiges an Erfahrung mit der Konstruktion von In-Ears mit BATs gesammelt. Der ProPhile 8 stellt das brandneue Spitzenmodell der Firma dar. Und da sich das neue Modell nicht nur an Bühnenprofis sondern auch an engagierte Audiophile richtet, heißt er nicht mehr StageDiver, sondern „ProPhile“ – quasi eine Art Akronym aus Profis und Audiophile. Ausstattung Beim ProPhile 8 kommen insgesamt acht BAT-Treiber, die auf vier Wege aufgeteilt sind, zum Einsatz. Darüber hinaus finden sich an jedem Ohrstück zwei winzige Schalter. Die beeinflussen den Frequenzgang des ProPhile 8 dahingehend, dass sie eine dezente Bassbzw. Höhenanhebung bewirken. Klar, dass Treiber, Schalter und Frequenzweichen dann doch ein wenig Platz beanspruchen. Das ist kein Problem, denn bereits für die Stage-Diver-Monitore haben die 10 010-011_InEar_EI117.indd 10 Ingenieure von InEar über 500 Ohrabformungen ausgewertet und eine Form entwickelt, die nahezu perfekt in jedes Ohr passt. So findet das vergleichsweise große Gehäuse bequem in der Ohrmuschel Platz und Halt. Lediglich die Adaption an den Gehörgang erfolgt mit den üblichen Ohrpasstücken aus Silikon oder Spezialschaum. Dem ProPhile liegen diverse Ausführungen bei. Damit kein Cerumen (vulgo Ohrenschmalz) in die Schallkanäle des ProPhile gelangt und den Klang beeinträchtigt, setzt InEar Mikrofilter aus der Hörgerätetechnik ein. 16 Filtersets lagen unserem Testexemplar bei, dazu eine Kapsel mit Trockenmittel. Sollten die ProPhile 8 nach einer anstrengenden Bühnenperformance tatsächlich einmal „durchgeschwitzt“ sein, kann man sie mit dem Trockenmittel zusammen in das zugehörige wasserdichte Pelicase legen, so dass in die Kopfhörer eingedrungene Feuchtigkeit herausgesogen wird. Dem Kopfhörer liegen noch ein Adapter auf den großen 6,3-mm-Klinkenstecker bei sowie ein Werkzeug, mit dem man sowohl den Schallkanal reinigen als auch die Mikroschalter umschalten kann. Passform Die Firma InEar verspricht nicht zu viel, wenn sie von einer universellen Passform spricht. Lediglich bei der Auswahl der Ohrpasstücke sollte man sorgfältig vorgehen. Gegebenenfalls sind die Ohren unterschiedlich, so dass man links und rechts andere Größen benötigt. Die auswechselbaren Kabel sind so ausgelegt, dass sie über und hinter den Ohren entlanggeführt werden. Dazu ist das erste Stück mit einer Art biegsamem Schlauch ummantelt. Bis man die Ohrstücke das erste Mal richtig eingesetzt hat, kann es etwas dauern. Mit wenig Übung geht das später ganz schnell, • Mit den zwei winzigen Schaltern an jedem Ohrstück lassen sich eine dezente Bass- und eine Höhenbetonung einstellen EAR IN 1/2017 27.10.16 12:58 InEar ProPhile 8 eine leichte Drehung beim Einführen in die Ohren ist der Trick. Mit den richtigen Ohrpassstücken sitzen die ProPhile 8 dann sehr sicher im Ohr. Die über die Ohren geführten Kabel verschaffen den Kopfhörern zusätzlichen Halt. Zudem reduziert diese Kabelführung erfahrungsgemäß Kabelgeräusche deutlich. Wobei sich mechanische Störgeräusche beim Tragen eh in erfreulichen Grenzen halten. Klang Einmal richtig eingesetzt, mag ich die ProPhile 8 gar nicht mehr aus den Ohren nehmen. Zum einen sitzen sie so gut, zum anderen klingen sie so was von überzeugend, dass ich sowieso erst einmal nur Musik hören möchte. Was gut abgestimmte BAT-Systeme leisten können, zeigt der neue InEar-Kopfhörer aufs Beeindruckendste. Der Bass ist in keiner Weise künstlich betont, kommt unglaublich präzise und geht tief hinunter. Das entlarvt manche Pop-Produktion oder Dancefloor-Nummer, die mit fetten Beats zu beeindrucken versucht. Meist sind die Bässe hier nämlich gar nicht so tief, damit die Musik auch über einfache Wiedergabeketten gut klingt. Und gerade mit sehr bassbetonten Kopfhörern gelingt das gut. Der ProPhile 8 lässt sich hier nicht zu einer künstlichen Show verleiten. Er zeigt vielmehr auf, dass das Synthie-Tok-Tok da gar nichts wirklich Beeindruckendes ist. Wenn es aber mal richtig tief runter geht, etwa bei einem akustischen Kontrabass, zeichnet er jedes Einschwingen der Saiten, jede Resonanz des Instrumentenkörpers, ja des Aufnahmeraums sauber nach. Weiter im Grundton ist er ebenso ehrlich und lässt manche lieb gewonnene Stimmenaufnahme so dünn klingen, wie sie nun mal ist. Gute Stimmen bringt er dagegen eindringlich und intensiv zu Gehör. Die Höhen kommen sauber mit einer enormen Detailfülle rüber. Aber auch hier hält der ProPhile 8 exakt Maß, nervt nicht, unterschlägt nichts und bringt die Aufnahme bestmöglich zur Geltung. Schaltet man die Höhenanhebung zu, macht sich das nur sehr dezent bemerkbar. Das Klangbild strahlt ein wenig mehr, gerät aber nicht aus der Balance. Das passt ideal, um z.B. zurückhaltenden Aufnahmen ein wenig mehr Frische zu verleihen, ohne sie zu verfälschen. Ähnlich dezent, aber wirkungsvoll macht sie die Bassanhebung bemerkbar. Man wird nicht von Monsterbässen überwältigt, lediglich der Akzent verschiebt sich ein wenig hin zu tiefen Frequenzen. Martin Mertens Preis: Vertrieb: Internet: Gewicht: Typ: Anschluss: Frequenzgang: Impedanz: Wirkungsgrad: Bauart: Kabel: geeignet für: 1.300 Euro InEar, Roßdorf www.inear-monitoring.eu/de 21 g In-Ear 3,5-mm-Stereoklinke 10 Hz – 20.000 KHz 34 Ohm k. A. geschlossen 1,3 m HiFi, High End, mobiles HiFi, mobiles High End Ausstattung: Hardcase, 7 versch. Paar Ohrpassstücke, Adapter auf 6,3-mm-Klinkenstecker, 16 Paar Cerumen-Filter, Trockenmittel, Umschaltwerkzeug, Reinigungstuch Bewertung: Klang Passform Ausstattung Design 50% 20% 20% 10% 1,0 1,2 1,4 1,6 Wer wissen will, was klanglich zurzeit mit In-Ears möglich ist, höre sich die InEar ProPhile 8 an. Die Frage, ob der stolze Preis angesichts so kleiner Kopfhörer gerechtfertigt ist, erledigt sich angehörs des Klangs dieser Ausnahme-In-Ears sofort. EAR IN Das Kopfhörermagazin Preis/Leistung 1,2 Referenzklasse 1/2017 gut – sehr gut 11 010-011_InEar_EI117.indd 11 27.10.16 12:58