ProPhile 8 Testbericht - Ear In 01-2017

Werbung
• Test I In-Ear-Kopfhörer InEar ProPhile 8
Zahlenkünstler
8 Treiber, 4 Wege, 2 Schalter – wir
reden hier nicht von einer großen OverEar/Kopfhörerverstärker-Kombi, sondern von
einem In-Ear, genauer vom neuen ProPhile 8 der
InEar GmbH. Und das ist bei Weitem nicht die einzige
Besonderheit dieses neuen Spitzen-In-Ears.
Unter den Herstellern von In-Ears gibt es zwei Fraktionen. Die einen
setzen darauf, konventionelle dynamische Treiber immer weiter auszureizen, die anderen setzen auf Balanced-Armature-Treiber (BAT),
die ursprünglich aus der Hörgerätetechnik kommen. Konventionelle dynamische Treiber können sehr breitbandig eingesetzt werden,
auf mehrere Wege kann man meist verzichten, weil ein Treiber das
gesamte Hörspektrum wiedergeben kann. Allerdings lässt sich die
klangliche Abstimmung im Wesentlichen nur über die Konstruktion
des gesamten Treibers bzw. Kopfhörers beeinflussen. BATs sind meist
nur schmalbandig einzusetzen, so dass man hier Mehrwegesysteme
realisieren kann bzw. muss, was aufgrund der geringen Baugröße dieser Systeme auch bei einem In-Ear möglich ist. Der Vorteil ist, dass
man die klangliche Abstimmung über die Auswahl und Anzahl der
Treiber sowie über die bei Mehrwegesystemen notwendige Frequenzweiche vornehmen kann. Allerdings fängt man sich damit so gut wie
alle Probleme ein, mit denen sich auch Konstrukteure von MehrwegeLautsprechern beschäftigen müssen. Das ist nicht nur der optimale Frequenzgang, sondern etwa auch das Phasenverhalten. Bei der
InEar GmbH aus Roßdorf bei Darmstadt setzt man auf die BAT-Technik. Mit den In-Ears der StageDiver-Serie haben die Hessen einiges
an Erfahrung mit der Konstruktion von In-Ears mit BATs gesammelt.
Der ProPhile 8 stellt das brandneue Spitzenmodell der Firma dar. Und
da sich das neue Modell nicht nur an Bühnenprofis sondern auch an
engagierte Audiophile richtet, heißt er nicht mehr StageDiver, sondern
„ProPhile“ – quasi eine Art Akronym aus Profis und Audiophile.
Ausstattung
Beim ProPhile 8 kommen insgesamt acht BAT-Treiber, die auf vier
Wege aufgeteilt sind, zum Einsatz. Darüber hinaus finden sich an
jedem Ohrstück zwei winzige Schalter. Die beeinflussen den Frequenzgang des ProPhile 8 dahingehend, dass sie eine dezente Bassbzw. Höhenanhebung bewirken. Klar, dass Treiber, Schalter und
Frequenzweichen dann doch ein wenig Platz beanspruchen. Das ist
kein Problem, denn bereits für die Stage-Diver-Monitore haben die
10
010-011_InEar_EI117.indd 10
Ingenieure von InEar über 500 Ohrabformungen ausgewertet und
eine Form entwickelt, die nahezu perfekt in jedes Ohr passt. So findet das vergleichsweise große Gehäuse bequem in der Ohrmuschel
Platz und Halt. Lediglich die Adaption an den Gehörgang erfolgt mit
den üblichen Ohrpasstücken aus Silikon oder Spezialschaum. Dem
ProPhile liegen diverse Ausführungen bei. Damit kein Cerumen (vulgo Ohrenschmalz) in die Schallkanäle des ProPhile gelangt und den
Klang beeinträchtigt, setzt InEar Mikrofilter aus der Hörgerätetechnik
ein. 16 Filtersets lagen unserem Testexemplar bei, dazu eine Kapsel
mit Trockenmittel. Sollten die ProPhile 8 nach einer anstrengenden
Bühnenperformance tatsächlich einmal „durchgeschwitzt“ sein, kann
man sie mit dem Trockenmittel zusammen in das zugehörige wasserdichte Pelicase legen, so dass in die Kopfhörer eingedrungene Feuchtigkeit herausgesogen wird. Dem Kopfhörer liegen noch ein Adapter
auf den großen 6,3-mm-Klinkenstecker bei sowie ein Werkzeug, mit
dem man sowohl den Schallkanal reinigen als auch die Mikroschalter
umschalten kann.
Passform
Die Firma InEar verspricht nicht zu viel, wenn sie von einer universellen Passform spricht. Lediglich bei der Auswahl der Ohrpasstücke
sollte man sorgfältig vorgehen. Gegebenenfalls sind die Ohren unterschiedlich, so dass man links und rechts andere Größen benötigt. Die
auswechselbaren Kabel sind so ausgelegt, dass sie über und hinter
den Ohren entlanggeführt werden. Dazu ist
das erste Stück mit einer Art biegsamem
Schlauch ummantelt. Bis man die Ohrstücke das erste Mal richtig eingesetzt
hat, kann es etwas dauern. Mit wenig
Übung geht das später ganz schnell,
• Mit den zwei winzigen Schaltern an jedem
Ohrstück lassen sich eine dezente Bass- und
eine Höhenbetonung einstellen
EAR IN
1/2017
27.10.16 12:58
InEar ProPhile 8
eine leichte Drehung beim
Einführen in die Ohren ist
der Trick. Mit den richtigen
Ohrpassstücken sitzen die ProPhile 8
dann sehr sicher im Ohr. Die über die
Ohren geführten Kabel verschaffen den
Kopfhörern zusätzlichen Halt. Zudem reduziert diese Kabelführung erfahrungsgemäß Kabelgeräusche deutlich. Wobei
sich mechanische Störgeräusche beim Tragen eh in erfreulichen Grenzen halten.
Klang
Einmal richtig eingesetzt, mag ich die ProPhile 8 gar nicht mehr aus den Ohren nehmen. Zum einen sitzen sie so gut, zum anderen klingen sie so was von
überzeugend, dass ich sowieso erst einmal nur Musik hören möchte. Was gut
abgestimmte BAT-Systeme leisten können, zeigt der neue InEar-Kopfhörer aufs
Beeindruckendste. Der Bass ist in keiner Weise künstlich betont, kommt unglaublich präzise und geht tief hinunter. Das entlarvt manche Pop-Produktion oder
Dancefloor-Nummer, die mit fetten Beats zu beeindrucken versucht. Meist sind
die Bässe hier nämlich gar nicht so tief, damit die Musik auch über einfache Wiedergabeketten gut klingt. Und gerade mit sehr bassbetonten Kopfhörern gelingt
das gut. Der ProPhile 8 lässt sich hier nicht zu einer künstlichen Show verleiten.
Er zeigt vielmehr auf, dass das Synthie-Tok-Tok da gar nichts wirklich Beeindruckendes ist. Wenn es aber mal richtig tief runter geht, etwa bei einem akustischen
Kontrabass, zeichnet er jedes Einschwingen der Saiten, jede Resonanz des Instrumentenkörpers, ja des Aufnahmeraums sauber nach. Weiter im Grundton ist
er ebenso ehrlich und lässt manche lieb gewonnene Stimmenaufnahme so dünn
klingen, wie sie nun mal ist. Gute Stimmen bringt er dagegen eindringlich und
intensiv zu Gehör. Die Höhen kommen sauber mit einer enormen Detailfülle rüber.
Aber auch hier hält der ProPhile 8 exakt Maß, nervt nicht, unterschlägt nichts und
bringt die Aufnahme bestmöglich zur Geltung. Schaltet man die Höhenanhebung
zu, macht sich das nur sehr dezent bemerkbar. Das Klangbild strahlt ein wenig
mehr, gerät aber nicht aus der Balance. Das passt ideal, um z.B. zurückhaltenden
Aufnahmen ein wenig mehr Frische zu verleihen, ohne sie zu verfälschen. Ähnlich dezent, aber wirkungsvoll macht sie die Bassanhebung bemerkbar. Man wird
nicht von Monsterbässen überwältigt, lediglich der Akzent verschiebt sich ein
wenig hin zu tiefen Frequenzen.
Martin Mertens
Preis:
Vertrieb:
Internet:
Gewicht:
Typ:
Anschluss:
Frequenzgang:
Impedanz:
Wirkungsgrad:
Bauart:
Kabel:
geeignet für:
1.300 Euro
InEar, Roßdorf
www.inear-monitoring.eu/de
21 g
In-Ear
3,5-mm-Stereoklinke
10 Hz – 20.000 KHz
34 Ohm
k. A.
geschlossen
1,3 m
HiFi, High End, mobiles HiFi,
mobiles High End
Ausstattung: Hardcase, 7 versch. Paar Ohrpassstücke,
Adapter auf 6,3-mm-Klinkenstecker,
16 Paar Cerumen-Filter, Trockenmittel,
Umschaltwerkzeug, Reinigungstuch
Bewertung:
Klang
Passform
Ausstattung
Design
50%
20%
20%
10%
1,0
1,2
1,4
1,6
Wer wissen will, was klanglich zurzeit mit In-Ears
möglich ist, höre sich die InEar ProPhile 8 an. Die Frage, ob der stolze Preis angesichts so kleiner Kopfhörer
gerechtfertigt ist, erledigt sich angehörs des Klangs
dieser Ausnahme-In-Ears sofort.
EAR IN
Das Kopfhörermagazin
Preis/Leistung
1,2
Referenzklasse
1/2017
gut – sehr gut
11
010-011_InEar_EI117.indd 11
27.10.16 12:58
Herunterladen