ZO/AvU Samstag, 28. Mai 2016 Regionalwirtschaft l 11 Zwischen Grafikbranche und Logistikmarkt wuchsförderung ist mit 80 Lehrlingen in sieben Berufsfeldern vorbildlich, ebenso die Weiterbildung. «Dank permanenter Weiterbildung passen sich unsere Mitarbeiter laufend dem technologischen Wandel an, sodass sie gut Schritt halten und Produkte entwickeln können, die der Zukunft einen Schritt voraus sind», erklärt Jürg Möckli. Die regionale Verankerung der WRH zeigt sich besonders an der Zahl ihrer Zulieferer: Im Umkreis von 50 Kilometern um Hinwil versorgen gut 50 Firmen die Ferag AG mit Spezialteilen. «Jedes System, das die Werkhallen verlässt, ist ein speziell auf den Kunden zugeschnittenes Förderund Verarbeitungssystem», sagt Stefan Rutzer, Leiter Qualitätsmanagement und Produktion. HINWIL Das Patent eines schmierfreien Fördersystems für Zeitungen machte Walter Reist vor gut 60 Jahren zum Begründer eines weltweit agierenden Konzerns. Heute beliefert die Walter Reist Holding, zu der die Ferag AG gehört, auch Firmen abseits der Grafikbranche. Walter Reist hat sich vom Maschinenschlosser zum Inhaber eines internationalen Unternehmens hochgearbeitet. Die Walter Reist Holding AG (WRH) mit Hauptsitz in Hinwil ist eine Spezialistin für Förder- und Verarbeitungstechnik, die in der Schweiz und im Ausland ein hohes Ansehen geniesst. Ausgangspunkt von allem war die Idee, den Versandraum von Zeitungsdruckereien zu automatisieren: Als junger Konstrukteur bei der Daverio AG, einer Firma für Fördertechnik, entwickelte Reist ein neuartiges Klammersystem. Dieses ermöglichte den Transport grosser Mengen an Zeitungen, ohne die Druckerschwärze zu verschmieren. Damit hatte Reist den Grundstein für die industrielle Printmedienproduktion gelegt. Allerdings verkannte sein Arbeitgeber den Wert der neuen Technik. Im 1955 kaufte Reist das Patent zurück und machte sich selbständig. Bereits ein Jahr später durfte er den «Tages-Anzeiger» in Zürich mit dem neuen System ausrüsten. 1957 gründete er schliesslich die Ferag AG in Dietlikon. Grossauftrag aus Sowjetunion Die räumlichen Kapazitäten wurden schon bald knapp. 1963 zog das Unternehmen deshalb nach Hinwil in den deutlich grösseren Neubau. Im selben Jahr, auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs, kam der erste Grossauftrag aus dem Ausland zustande: Die Tageszeitungen «Prawda» und «Iswestija» aus der Sowjetunion kauften Versandraumsysteme der Ferag AG. Als in den 1970er Jahren die Digitalisierung langsam Einzug hielt, setzte Reist auf integrierte Einstecksysteme. Fortan war es möglich, einer Zeitung automatisch Werbe- und andere Bro- Fördertechnik im Wandel: Stefan Rutzer, Leiter Qualitätsmanagement und Produktion, im Showroom der Ferag AG in Hinwil. schüren beizulegen. Die Medientycoons Rupert Murdoch und Robert Maxwell erkannten das wirtschaftliche Potenzial und erteilten Grossaufträge für den britischen und australischen Markt. Heute gehören zur WRH neben der Ferag noch die WRHMarketing in Hinwil sowie die Firma Denipro in Weinfelden. Reist verstand sich in seinem unternehmerischen Handeln auch als «Treuhänder am Gemeinwohl»: Er gründete die Stiftung Lilienberg Unternehmer­ forum, die sich bis heute als Ideenschmiede und Ort des Austauschs zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft versteht. «Bei uns setzen sich die Unternehmer und Verantwortungsträger mit den ökonomischen, politischen, sozialen Herausforderungen auseinander und stärken damit den Standort Schweiz», sagt Christoph Vollenweider, Mitglied der Stiftungsleitung und verantwortlich für das Lilienberg-Programm. Folgen des Medienwandels 1997 ging das Unternehmen an Reists Tochter Susanne RauReist und ihren Mann Gerd Rau über. Die rasante Ausbreitung elektronischer Medien stellte nicht nur die traditionellen Verlags- und Medienhäuser vor grosse und anhaltende Herausforderungen, sondern auch die gesamte grafische Branche. Um zukunftsfähig zu bleiben, musste sich die WRH auch für neue Märkte und Kunden öffnen. Dieser Schritt lag insofern nahe, als die ganze produzierende Industrie mit der Frage konfrontiert ist, wie sie ihre Waren am effizientesten sortieren, verpacken und versandfertig machen kann. «Mit unseren hochflexiblen Förder- und Verarbeitungssystemen helfen wir Verlegern und Logistikunternehmen, die Produktionen noch effizienter zu gestalten und neue Einnahmequellen zu erschliessen», sagt Jürg Möckli, CEO der Ferag. «Damit beleben wir die grafische Industrie und unterstützen den stark wachsenden Logistikmarkt.» Inzwischen hat die WRH ihre Kompetenzen im Bereich Distributionslogistik auf alle Indus­ triezweige ausgedehnt – so etwa mit dem Fördersystem Skyfall, einer Weiterentwicklung der für die Printmedienproduktion entwickelten «hängenden» Fördertechnik. Dieses System wird heute zu Verteilzwecken in der Textil- und Lebensmittelbranche sowie in der Autoindustrie eingesetzt, aber auch im Versandhandel und bei der Post. Urs Weisskopf Zudem eignet sich die rollende Fördertechnik, die im Komponentenbau hauptsächlich vom Schwesterunternehmen Denipro hergestellt wird, als System für die betriebsinterne Logistik. Ein Nebenprodukt dieser Forschungen ist die hydraulische Steffturbine. Sie dient der dezentralen Stromproduktion – in der Schweiz vor allem bei Kläranlagen, in Afrika zum Beispiel für den raschen Einbau in Fliessgewässern. Die Steffturbine bleibt aber ein Nischenprodukt. Starke regionale Verankerung Weltweit sind 1000 Mitarbeiter für das Unternehmen tätig. 98 Prozent seiner Güter werden exportiert. Die Entwicklung und Konstruktion der verschiedenen Systeme ist und bleibt am Standort Hinwil mit seinen 650 Mitarbeitern angesiedelt. Die Nach- Verjüngung im WFU-Vorstand Bei Fahrten und Energieverbrauch sparen VOLKETSWIL Seine diesjährige, 23. Generalversammlung hielt das Wirtschaftsforum Uster (WFU) am neuen Firmensitz des Transportunternehmens Ryffel AG in Volketswil ab. WFU-Präsidentin Ursula Mengelt kommentierte den im Jahr 2015 erfolgten Umzug mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits sei es bedauerlich, dass ein Traditionsunternehmen nach 119 Jahren Uster verlassen habe. Immerhin sei es aber als positiv zu werten, dass der 90 Mitarbeiter beschäftigende KMU, der in vierter Generation von Gian Ryffel geführt wird, in der Region geblieben sei. Der Rücktritt des langjährigen Vorstandsmitglieds Daniel Dietrich (Finanzen), welcher beim Werkheim Uster eine neue berufliche Herausforderung angetreten hat, stand im Fokus der GV. Als neue Mitglieder wählten die 59 Stimmberechtigten den Ustermer Verleger Patrick Borer sowie den Bankfachmann Joël Gloor in den Vorstand. Per Ende 2015 zählte das Wirtschaftsforum Uster insgesamt 246 Mitglieder. ts FEHRALTORF Die Brauch Transport AG feierte die Aufrichte ihres 18 000 Quadratmeter grossen Logistikcenters Neuwisen AG. Ziemlich genau ein Jahr nach der Grundsteinlegung lud gestern Freitag Carl Brauch, Patron des seit 90 Jahren in Volketswil ­a nsässigen Transportunternehmens, erneut an die Fehraltorfer Allmendstrasse ein. Das von ihm in der Nachbargemeinde mit Eigenmitteln und Hypotheken finanzierte 34-Millionen-Projekt steht kurz vor seiner Vollendung. Der 101 Meter lange, 71 Meter breite und 20 Meter hohe Bau umfasst insgesamt 18 000 Quadratmeter Fläche für Lager und Büroräume und verfügt über 38 Andockstellen für Lastwagen. Tür an Tür mit Hauptkunden Termingerecht wird im Herbst die Brauch Transport AG, die mittlerweile von Sohn Thomas Brauch geführt wird, zusammen mit ihren Grosskunden Saint Gobain Marmoran und der Früh Verpackungstechnik AG Kurz vor der Vollendung: das Logistikcenter Neuwisen AG. als Mieterin darin einziehen können. Der Transportunternehmer erhofft sich im Logistikzentrum Neuwisen AG nicht zuletzt auch einen effizienteren Betrieb als am bisherigen Standort an der Volketswiler Industriestrasse. Denn der stark wachsende Quellverkehr zu den Einkaufszentren in unmittelbarer Umgebung des Firmensitzes erschwere die Zu- und Wegfahrt der Lastwagen zunehmend. Toni Spitale Ein weiterer grosser Vorteil des Neubaus ist die Nähe zum Grosskunden Früh Verpackungstechnik AG, wie Carl Brauch betont. Die beiden Geschäftspartner werden künftig Tür an Tür arbeiten und durch eine Passerelle auch physisch miteinander verbunden sein. Das tägliche Pendeln zwischen Lager und Auftraggeber fällt weg – dadurch kann die Brauch Transport AG jährlich einige hundert Lastwagenfahrten einsparen. Gespart wird auch beim Energieverbrauch: Gewaschen werden die Lastwagen künftig mit Regenwasser, und beheizt wird der Megabau mit Abwärme aus der örtlichen Kläranlage. Weiter wurden während der bisher 14-monatigen Bauzeit rund 235 Millionen Liter Grundwasser abgepumpt und dem benachbarten Dorfbach zugeführt. «Während des Hitzesommers 2015 freuten sich natürlich die Fische darüber», führte der Gastgeber vor versammelter Runde aus und zeigte dabei weiter auf seine grüne Hose: «Diese trage ich ­ heute aus Überzeugung.» Brauch lobte auch die «kompetente, unternehmerfreundliche Regierung» und schloss mit den Worten in den Sprachen Deutsch, Spanisch und Portugiesisch: «Im Namen meiner ­Familie bin ich stolz über die beeindruckende Leistung.» Architekt Matthias Lanz freute sich anschliessend über die unfallfreie Bauzeit und den reibungslosen Ablauf. Der milde Winter habe sicher auch geholfen, dass der Bau termingerecht fertig sein werde. Toni Spitale Weltweite Tätigkeit Die WRH Marketing AG mit ihren 20 Vertriebs- und Servicegesellschaften ist die global präsente Marketingorganisation des Hinwiler Unternehmens. «Unser weltweites Netz von Tochtergesellschaften sorgt dafür, dass die Kunden vor Ort professionell betreut werden. Diese Gesellschaften nehmen auch eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der Produkte ein, da sie die Wünsche und Vorschläge der Kunden sofort aufnehmen können», erläutert Thomas Klumpp, CEO der WRH Marketing AG. Zu ihr gehören zwei weitere Unternehmen: die Valecom und die PMC Print Media Corporation. Erstere entwickelt und vermarktet Sonderwerbeformen, die durch leicht messbare Rücklaufquoten einen Mehrwert für die Werbenden und damit auch für die Verleger generieren. Die PMC in Oetwil am See ist ihrerseits spezialisiert auf die Weiterverarbeitung von Druckerzeugnissen. Neben der Erfüllung von unterschiedlichen Druckaufträgen für Dritte dient das Unternehmen auch als Showroom sowie als Aus- und Weiterbildungsstätte für das Gesamtunternehmen und deren Kunden. So schliesst sich auf allen Ebenen der Kreis von Produktion, Innovation und Förderung. Sabine Tschudi AVZO setzt auf Weiterbildung HINWIL Am Mittwoch richtete der Arbeitgeber-Verband Zürcher Oberland und rechtes Seeufer (AVZO) seine diesjährige Generalversammlung bei der Belimo Automation AG in Hinwil aus. Auch im vergangenen Jahr konnten zahlreiche Neumitglieder in den Verband aufgenommen werden. Dies zeige, dass es dem AVZO gelinge, die Bedürfnisse der Unternehmer im Zürcher Oberland abzudecken, sagte Geschäftsführer Jürg Neff. Der Vorstand wird in Zukunft insbesondere zwei Bereiche systematisch ausbauen: Zum einen will er dem nach wie vor akuten Problem des Fachkräftemangels mit einem Fokus auf der beruflichen Aus- und Weiterbildung begegnen. Dazu prüft der Verband die strategische Zusammenarbeit mit Partnern in der Bildungslandschaft. Zum anderen engagiert sich der AVZO in der Wirtschaftskonferenz Zürcher Oberland, um die Anliegen der regionalen Wirtschaft gemeinsam mit anderen Wirtschaftsverbänden zu bündeln und in der Politik und bei der Bevölkerung zu kommunizieren. zo