Projekte TO R H A U S A PA R T M E N T S Bekannte Größe in neuem Gewand Ein neues Gebäude ist an die Stelle des ehemaligen Torhauses im Friedrichsberger Park gerückt. Die gelungene Übersetzung des Vorgängerbaus in die Moderne wahrt jedoch das vertraute Erscheinungsbild an diesem Ort. 21 »Es sollte keine historisierendromantische Interpretation des Vorgängerbaus werden.« FRANK PAWLIK Das Original: 1912 als Eingangsgebäude für das ehemalige Krankenhaus Friedrichsberg erbaut Das wiederaufgebaute Torhaus vor dem Abriss, 2012: weit entfernt vom Original Der Nachfolger: die neuen Torhaus Apartments, April 2016 22 I m Frühjahr dieses Jahres konnten die neuen Bewohner in die Torhaus Apartments einziehen, ein Gebäude, das sich so harmonisch in sein Umfeld einpasst, als hätte es schon immer dort gestanden. Zu Recht drängt sich dieser Eindruck auf, denn in gewisser Weise verfügt der Neubau tatsächlich bereits über eine lange Geschichte. An seiner Stelle stand früher das sogenannte Torhaus Eilbek. Es war das Eingangsgebäude des früheren Krankenhauses Friedrichsberg, wurde 1912 im Rahmen der Erweiterung der Krankenhausanlage errichtet und später nach schweren Kriegsschäden in deutlich veränderter Form wieder aufgebaut. Durch die Neustrukturierung der heutigen Krankenhausanlage, die in einem neuen Klinikgebäude zusammengefasst wurde, der heutigen Schön Klinik Eilbek, kam Teilen der früheren Krankenhausanlage keine Funktion mehr zu, darunter auch dem Torhaus. Die frei werdenden Flächen wurden für den Wohnungsbau genutzt. Anfängliche Pläne, das bislang für Verwaltungszwecke genutzte Torhaus zu erhalten und in Wohnraum umzuwidmen, scheiterten aus verschiedenen Gründen. Nach kontroversen Diskussionen auf Stadtteilebene genehmigte INTERVIEW Weiterbauen als Leitmotiv Was wurde von der Gestalt des früheren Torhauses beim Neuentwurf gewahrt? Zunächst wurde der Tordurchgang mit seinem originalen Bogenmaß und den flankierenden massiven Erkern übernommen, das Gebäude sozusagen um diesen herum geplant. Die Gliederung der Fassaden mit ihren vertikalen und horizontalen Friesen und Ziegelreliefs lieferte, ebenso wie die repetitive Reihung der Fensterelemente, die Vorlage für den Neuentwurf, den so eine gewisse Feinmaßstäblichkeit und Handwerklichkeit von üblichen modernen Gebäuden unterscheidet. Worin zeigt sich die architektonische Neuinterpretation des Torhauses? Da der Vorgänger, errichtet Anfang des vergangenen Jahrhunderts als ein- bis zweigeschossiges Eingangsgebäude mit großen Walmdächern, nach dem Krieg gestalterisch reduziert und mit einem Flachdach versehen worden war, war »Weiterbauen« das Leitmotiv. Der Neubau hat Frank Pawlik ist Dipl.-Ing. Architekt mit eigenem Architekturbüro in Hamburg. ein Attikageschoss erhalten, das sich in seiner Farbigkeit vom Volumen des ehemaligen Bestandes abhebt. Die Schichten der Geschichte haben wir identifiziert, subtil ablesbar gemacht und als Gliederungsebene über die Fassaden gelegt. Wichtig war es, keine historisierend-romantische Interpretation des Vorgängerbaus zu entwerfen, der diese Eigenschaft gar nicht hatte. Woran erkennt man, dass man heute ein Wohngebäude vor sich hat? 24 Da es darum ging, das Erscheinungsbild des alten Torhauses zu transportieren, war dies tatsächlich eine anspruchsvolle Aufgabe, denn ein modernes Wohngebäude ist barrierefrei und somit ohne Sockel, hat wegen identischer Geschosshöhen keine Hierarchisierung in der Fassade und benötigt heutigen Ansprüchen genügende Balkone. Wir haben durch teilweise Zusammenfassung der Erdund Obergeschossfassaden erreicht, dass der Neubau eine sockelartige Basis erhält. Die Balkone sind durch Materialstärke, Farbe und eine »leise« Detaillierung in die Fassaden eingewebt, sodass sie wenig räumliche Präsenz zeigen, mehr gliedernde Elemente sind. Die Vertrautheit des massiven Vorgängerbaus, verbunden mit der nun wieder möglichen Durchwegung des Tores an dieser exponierten Stelle zwischen Quartier und Stadtraum, konnte wiederhergestellt werde – glückliches Ergebnis eines langen Gedanken- und Bauprozesses. der Bezirk den Abriss und machte damit den Weg frei für einen Neubau, der auf dem identischen Fußabdruck seines Vorgängers entstanden ist. Dabei wurden der Tordurchgang als besonderes, identitätsstiftendes Element des historischen Gebäudes und die originalen Schmuckelemente des Torbogens, die heute wieder an ihrer ursprünglichen Stelle angebracht sind, erhalten. Öffentliches Wegerecht durch das Tor wurde wiederhergestellt und der Neubau in den modernen Kontext von Park und neuer Wohnbe­ bauung im Umfeld eingegliedert. Dem historischen folgte dabei ein moderner Backsteinbau, der sich in Farbe, Oberflächenstruktur und Brand der Ziegel an seinen historischen Vorgänger anlehnt. Die Treue zum roten Backstein betont gleichsam die Insellage des Torhauses gegenüber den benachbarten neuen Wohnhäusern mit ihren weißen Putz- oder grauen Klinkerfassaden. Das Produkt kontroverser Diskussionen, durchdachter Planung und sorgfältiger Abwägungen ist nun ein Gebäude, das mit anspruchsvoller Architektur den Ausgleich zwischen Vergangenheit und Zukunft sucht und dabei allen Anforderungen an modernes Wohnen Genüge leistet. Altes Torhaus, Luftbild 2008 Visualisierung der Torhaus Apartments, 2014 Weitere Fotos im Netz Torhaus Apartments, Luftbild 2016 25